4a O 272/04 – Jalousie

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 354

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 4a O 272/04

Rechtsmittelinstanz: 2 U 90/05

I. Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Jalousie mit einem eine von der Rechteckform abweichende Konfiguration aufweisenden, vorzugsweise trapezförmigen Behang, der durch zur Horizontalen geneigt verlaufende Lamellen gebildet wird, die teilweise unterschiedlich lang sind, wobei der bis zum unteren Ende der kürzeren Behangseitenkante reichende obere Behangbereich die über die ganze Behangbreite reichenden, gleichlangen Lamellen und der unteren Behangbereich die unterschiedlich langen Kurzlamellen enthält, die mit ihrem tieferen Ende im Bereich einer Endschiene enden, die an seitenkantenparallelen, vertikalen Huborganen befestigt ist, die im Bereich des oberen, lamellenparallel zur Horizontalen geneigten Jalousieendes umgelenkt sind,

in der Bundesrepublik herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Huborgane auf jeweils zugeordnete, im Bereich des oberen Jalousierandes angeordnete Wickelrollen unterschiedlichen Durchmessers aufwickelbar sind, die mit koaxial zueinander angeordneten, separaten Wellen drehschlüssig verbunden sind, die mit jeweils einer Hälfte einer zur Wellenachse koaxialen Nockenkupplung drehschlüssig verbunden sind, deren Hälften, von denen eine in axialer Richtung verschiebbar ist, mittels eines Spindelbetriebs miteinander verbunden sind, der eine im Bereich einer Kupplungshälfte vorgesehene, zentrale Gewindebohrung und einen in diese eingreifenden, mit einer anderen Kupplungshälfte verbundenen Gewindestift aufweist, wobei die Einschraubrichtung der Aufwickeldrehrichtung der der oberen Wickelrolle zugeordneten Welle entspricht, die mittels einer mit ihr drehschlüssig verbundenen Antriebseinrichtung antreibbar ist, und der Einschraubweg soviel Gewindegänge umfaßt, wie Umdrehungen der oberen Wickelrolle zur Verkürzung des oberen Huborgans auf die Länge des unteren Huborgans erforderlich sind, dessen zugeordnete Wickelrolle einen Wickelkerndurchmesser aufweist, der gegenüber dem Wickelkerndurchmesser der oberen Wickelrolle um eine der Anzahl der vom Spindelbetrieb durchführbaren Umdrehungen entsprechende Anzahl von Lagen des Huborgans vergrößert ist,

2. der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. Juni 1994 begangenen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet
e) der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

Der Beklagten bleibt vorbehalten nach ihrer Wahl, die Namen und Anschriften ihrer Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin bezeichneten, zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A GmbH & Co. KG vom 19.06.1994 bis zum 15.10.1997 und der Klägerin seit dem 16.10.1997 durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entsteht.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch eine unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Geltungsbereich der Bundesrepublik als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 15. Oktober 1997 eingetragene Inhaberin des am 28. Februar 1990 angemeldeten deutschen Patents 40 06 xxx (nachfolgend Klagepatent). Veröffentlichungstag der Anmeldung war der 29. August 1991. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 19. Mai 1994. Das Klagepatent steht in Kraft.

Ursprüngliche Anmelderin und zunächst eingetragene Inhaberin des Klagepatents war die A GmbH & Co. KG. Deren Gesamtrechtsnachfolgerin, die Firma B, trat die ihr zustehenden Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadenersatz wegen Verletzung des Klagepatents am 11. Mai 2005 an die Klägerin ab, welche diese Abtretungserklärung annahm (Anlage K 9).

Das Klagepatent betrifft Jalousien. Anspruch 1 lautet wie folgt:
„Jalousie mit einem eine von der Rechteckform abweichende Konfiguration aufweisenden, vorzugsweise trapezförmigen Behang (1), der durch zur Horizontalen geneigt verlaufende Lamellen (4a, 4b) gebildet wird, die teilweise unterschiedlich lang sind, wobei der bis zum unteren Ende der kürzeren Behangseitenkante reichende obere Behangbereich die über die ganze Behangbreite reichenden, gleichlangen Lamellen (4a) und der untere Behangbereich die unterschiedlich langen Kurzlamellen (4b) enthält, die mit ihrem tieferen Ende im Bereich einer Endschiene (5) enden, die an seitenkantenparallelen, vertikalen Huborganen (11) befestigt ist, die im Bereich des oberen, lamellenparallel zur Horizontalen geneigten Jalousieendes umgelenkt sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Huborgane (11) auf jeweils zugeordnete, im Bereich des oberen Jalousierandes angeordnete Wickelrollen (14) unterschiedlichen Durchmessers aufwickelbar sind, die mit koaxial zueinander angeordneten, separaten Wellen (21, 22) drehschlüssig verbunden sind, die mit jeweils einer Hälfte (23a, 23b) einer zur Wellenachse koaxialen Reibkupplung (23) drehschlüssig verbunden sind, deren Hälften (23a, 23 b), von denen eine in axialer Richtung verschiebbar ist, mittels eines Spindelbetriebs miteinander verbunden sind, der eine im Bereich einer Kupplungshälfte vorgesehene, zentrale Gewindebohrung (26) und einen in diese eingreifenden, mit einer anderen Kupplungshälfte verbundenen Gewindestift (25) aufweist, wobei die Einschraubrichtung der Aufwickeldrehrichtung der der oberen Wickelrolle (14) zugeordneten Welle entspricht, die mittels einer mit ihr drehschlüssig verbundenen Antriebseinrichtung (24) antreibbar ist, und der Einschraubweg soviel Gewindegänge umfaßt, wie Umdrehungen der oberen Wickelrolle (14) zur Verkürzung des oberen Huborgans (11) auf die Länge des unteren Huborgans (11) erforderlich sind, dessen zugeordnete Wickelrolle (14) einen Wickelkerndurchmesser aufweist, der gegenüber dem Wickelkerndurchmesser der oberen Wickelrolle (14) um eine der Anzahl der vom Spindelbetrieb (25, 26) durchführbaren Umdrehungen entsprechende Anzahl von Lagen des Huborgans (11) vergrößert ist.„

Wegen des Wortlautes der weiteren Patentansprüche wird auf das Klagepatent verwiesen.
Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagepatent und dienen zur Erläuterung eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispieles. Figur 1 zeigt eine Frontansicht einer Jalousie mit ganz abgelassenem Behang, Figur 2 die Anordnung von Figur 1 mit teilweise aufgezogenem Behang, Figur 4 eine vergrößerte Darstellung der in Figur 1 mit II bezeichneten Einzelheit II und Figur 5 eine vergrößerte Darstellung der in Figur 2 mit III bezeichneten Einzelheit.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „Schräg-Raffstore„ Jalousien, die einen trapezförmigen Behang aufweisen.
Zur Erläuterung der Ausgestaltung und der Funktionsweise dieser Jalousie legte die Klägerin als Anlage K 7 von ihr erstellte und mit Bezugszeichen versehene Zeichnungen vor. Die Beklagte überreichte als Anlage H&P 4 eine Konstruktionszeichnung, als Anlage H&P 5 eine Explosionszeichnung, als Anlage H&P 7 mehrere Fotografien der Jalousie und als Anlage H&P 6 ein Muster des Lagers und Kegelradgetriebes. Auf die Anlagen wird Bezug genommen. Nachfolgend werden zum Teil verkleinert die Anlagen K 7 und H&P 5 wiedergegeben.

Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Jalousien verwirklichten die technische Lehre des Klagepatents zum Teil wortsinngemäß und zum Teil mit äquivalenten Mitteln.

Die Klägerin beantragt,
wie zuerkannt, aber ohne Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung wie zuerkannt.

Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. Ein Umlenken der Huborgane im Sinne des Klagepatents finde nicht statt; die Wickelrollen verfügten weder über unterschiedliche Durchmesser noch seien sie koaxial angeordnet. Die bei ihrer Jalousie vorhandene Nockenkupplung könne nicht als äquivalentes Mittel zu der vom Klagepatent als wesentlich erachteten und zwecks Abgrenzung zum vorbekannten Stand der Technik vorgesehenen Reibkupplung betrachtet werden. Es fehle an der Gleichwirkung zwischen einer Reibkupplung und einer (bloß) formschlüssigen Kupplung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz nach den §§ 139, 9 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB und § 140 b PatG zu. Abzuweisen war die Klage lediglich insoweit als sie auf eine Verurteilung zur Rechnungslegung ohne Einräumung eines Wirtschaftsvorbehalts gerichtet war.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Jalousie, die einen Behang aufweist, der von der üblichen Rechteckform abweicht und vorzugsweise trapezförmig ist.

Wie das Klagepatent zu Beginn seiner Beschreibung ausführt, ist eine Jalousie dieser Art aus der deutschen Offenlegungsschrift 26 53 349 bekannt. Bei dieser bekannten Anordnung sind die Huborgane als von Hand ausziehbare, im ausgezogenen Zustand an einem Halter oder dergleichen einhängbare Zugseile unterschiedlicher Länge ausgebildet. Nachteilig hieran ist dem Klagepatent zufolge, dass im Falle großer Behangbreiten verhältnismäßig hohe Zugkräfte erforderlich sind, die durch manuelles Ziehen an den Zugseilen nur schwierig aufgebracht werden können. Daher erweise sich diese bekannte Anordnung nicht als bedienungsfreundlich genug.
Als Stand der Technik benennt das Klagepatent darüber hinaus das deutsche Gebrauchsmuster 82 16 185, welches eine Antriebseinrichtung für zwei unterschiedlich lange Jalousiehuborgane zeigt, die auf im Bereich des oberen Jalousierandes angeordnete Wickelrollen aufwickelbar sind, die mit separaten, zueinander koaxialen Wellen verbunden sind, von denen die eine ständig mit einer Antriebseinrichtung verbunden ist, während die andere hieran so an- bzw. abkuppelbar ist, dass die unterschiedlich langen Huborgane vollständig auf-bzw. abwickelbar sind. Bei dieser bekannten Anordnung ist eine formschlüssige Kupplung vorgesehen, die durch eine einerseits vorgesehene, axial verschiebbare Mehrkantwelle und eine andererseits vorgesehene, in axialer Richtung feststehende Mehrkantbüchse gebildet wird, in welche die Mehrkantwelle ein- bzw. ausfahrbar ist. Hierbei kommt es nach dem Klagepatent beim Ein- bzw. Auskuppeln zwangsläufig zu unerwünschten Kollisionen der beiden Kupplungselemente in Form von Mehrkantwelle und Mehrkantbüchse, da die Mehrkantwelle praktisch in die zugeordnete Büchse hineinsuchen muss, mit der Folge unerwünschter Geräusche und Beanspruchungen bzw. Verschleiß. Als nachteilig kritisiert das Klagepatent an dieser bekannten Anordnung zudem die Notwendigkeit einer einen beträchtlichen Aufwand verursachenden Rücklaufsperre, die verhindern muss, dass die Mehrkantwelle völlig außer Eingriff mit der zugeordneten Mehrkantbüchse kommt.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, bei einer Jalousie gattungsgemäßer Art eine hohe Bedienfreundlichkeit zu gewährleisten und gleichzeitig eine hohe Funktionssicherheit zu bewerkstelligen.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 eine Jalousie mit folgenden Merkmalen vor:

1. Jalousie mit einem eine von der Rechteckform abweichende Konfiguration aufweisenden Behang (1),
1.1 der durch zur Horizontalen geneigt verlaufende Lamellen (4a, 4b) gebildet wird,
1.2 die teilweise unterschiedlich lang sind;

2. der bis zum unteren Ende der kürzeren Behangseitenkante reichende obere Behangbereich enthält die über die ganze Behangbreite reichenden, gleichlangen Lamellen (4a) und der untere Behangbereich die unterschiedlich langen Kurzlamellen (4b);

3. die Kurzlamellen enden mit ihrem tieferen Ende im Bereich einer Endschiene (5)
3.1 die an seitenkanntenparallelen, vertikalen Huborganen (11) befestigt ist;

4. die Huborgane (11)
4.1 sind im Bereich des oberen, lamellenparallel zur Horizontalen geneigten Jalousieendes umgelenkt,
4.2 sind auf jeweils zugeordnete, im Bereich des oberen Jalousierandes angeordnete Winkelrollen (14) aufwickelbar;

5. die Wickelrollen (14)
5.1 haben unterschiedlichen Durchmesser,
5.2 sind mit separaten Wellen (21, 22) drehschlüssig verbunden, die koaxial zueinander angeordnet sind,

6. die Wellen (21, 22) sind mit jeweils einer Hälfte (23a, 23b) einer Kupplung (23) drehschlüssig verbunden,

7. die Kupplung,
7.1 ist zur Wellenachse koaxial,
7.2 ist als Reibkupplung ausgebildet;
7.3 deren Hälfte (23a, 23b) sind mittels eines Spindelbetriebs miteinander verbunden,
7.3.1 wobei eine Hälfte in axialer Richtung verschiebbar ist;

8. der Spindelbetrieb,
8.1 weist eine im Bereich einer Kupplungshälfte vorgesehene, zentrale Gewindebohrung (26) und einen in diese eingreifenden, mit einer anderen Kupplungshälfte verbundenen Gewindestift (25) auf;
8.2 die Einschraubrichtung der Aufwickeldrehrichtung entspricht der der oberen Wickelrolle (14) zugeordneten Welle (22),
8.2.1 die mittels einer mit ihr drehschlüssig verbundenen Antriebseinrichtung (24) antreibbar ist,
8.3 der Einschraubweg umfaßt so viele Gewindegänge, wie Umdrehungen der oberen Wickelrolle (14) zur Verkürzung des oberen Huborgans (11) auf die Länge des unteren Huborgans (11) erforderlich sind,
8.3.1 dessen zugeordnete Wickelrolle (14) einen Wickelkerndurchmesser aufweist, der gegenüber dem Wickelkerndurchmesser der oberen Wickelrolle (14) um eine der Anzahl der vom Spindelbetrieb (25, 26) durchführbaren Umdrehungen entsprechende Anzahl von Lagen des Huborgans (11) vergrößert ist.

Als Vorteil erweist sich nach dem Klagepatent hierbei unter anderem, dass mit Hilfe des Spindelbetriebs die Reibkupplung zuverlässig geschlossen bzw. gelüftet wird, ohne dass Bauteile in unzulässiger Weise miteinander kollidieren können. Zugleich ist sichergestellt, dass trotz des durch den Gewindeeingriff herbeiführbaren Kontakts der beiden Kupplungshälften eine Drehrichtungsumkehr ohne Aufhebung dieser Kontakte möglich ist, solange das kürzere Huborgan nicht seine längste Abwickellänge erreicht hat. Infolge der erfindungsgemäßen Durchmesserverhältnisse ist zudem nicht nur gewährleistet, dass während der Phase gleichzeitigen Antriebs beide Wickelrollen gleichen Wirkdurchmesser aufweisen, sondern auch, dass das kürzere Huborgan vollständig von der zugeordneten Wickelrolle abgewickelt werden kann, was sich vorteilhaft auf die Lüftung der erfindungsgemäßen zum Einsatz kommenden Reibkupplung auswirkt.

II.

Die Jalousie mit der Bezeichnung „Schräg-Raffstore„ (nachfolgend angegriffene Ausführungsform) verwirklicht die in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Lehre des Klagepatents.

1)
Zu Recht ist zur Frage der Verletzung zwischen den Parteien eine wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmalsgruppen 1, 2, 3 und 6 sowie der Merkmale 4, 4.2, 5, 7, 7.3, 7.3.1, 8, 8.1, 8.2, 8.2.1 und 8.3 außer Streit, so dass es insoweit keiner weiteren Erläuterungen bedarf.

Die angegriffene Ausführungsform entspricht darüber hinaus dem Wortsinn nach auch den Erfordernissen der Merkmale 4.1, 5.1, 5.2, 7.1 und 8.3.1.

a)
Nach Merkmal 4.1 sind die Huborgane der Jalousie im Bereich des oberen, lamellenparallel zur Horizontalen geneigten Jalousieendes umgelenkt. Besondere Anforderungen mit Blick auf ein Umlenken finden sich im Patentanspruch 1 nicht, so dass entsprechend dem allgemeinen Verständnis hierunter jede Richtungsänderung des Huborgans zu verstehen ist. Diese Sicht wird bestärkt durch den Umstand, dass auch die allgemeine Beschreibung des Klagepatents keine davon abweichenden Hinweise bereit hält. Die Lehre des Klagepatents umfasst deshalb auch solche Ausführungen die, wie die angegriffene Ausführungsform, ein Aufwickeln der Huborgane auf die ihnen jeweils zugeordneten Wickelrollen vorsieht, wodurch deren Richtung geändert wird.

Der Ansicht der Beklagten, der Fachmann verstehe den Begriff des Umlenkens infolge der Merkmale 4 und 5.2 in eingeschränkter Weise, vermag die Kammer nicht zu folgen. Weder der Begriff des Huborgans noch das Erfordernis der drehschlüssigen Verbindung der Wickelrollen mit den separaten Wellen, die koaxial zueinander angeordnet sind, führen zu besonderen Anforderungen für das Umlenken.
Soweit die Beklagte vorträgt, der Fachmann wisse, dass es sich bei Huborganen um steife Bänder handele, die zwar wickelbar seien, aber nicht geknickt werden dürften, weshalb koaxial angeordnete Wickelrollen bei Jalousien notwendigerweise ein Umlenken im Sinne eines um 90 Grad geführten Verschränkens der Huborgane erforderten, um so ein unkontrolliertes Knicken der Huborgane zu vermeiden, und sie sich zum Beleg für dieses Verständnis auf die Beschreibung des Klagepatents (Anlage K 2) in Spalte 3, Zeile 48 bis Spalte 4 Zeile 4 beruft, überzeugt dies nicht. Merkmal 4 formuliert keine besonderen Anforderungen an die Art der zu verwendenden Huborgane; es wird lediglich das Vorhandensein solcher vorgesehen. Die genaue Beschaffenheit der Huborgane ist dem Wortlaut des Patenanspruchs 1 nach mithin in das Belieben des Fachmanns gestellt. Die Ausgestaltung der Huborgane als Hubbänder ist erst Gegenstand des Unteranspruchs 2; die Schränkung der Hubbänder im Bereich zwischen der jeweils zugeordneten Wickelrolle und der oberen Behangkante um 90 Grad und die Ablenkung um eine zur Behangebene lotrechte, waagerechte Achse um den Neigungswinkel der Lamelle erst Gegenstand des Unteranspruchs 5. Anhaltspunkte dafür, dass diese zurückbezogenen (Unter-)Ansprüche, die definitionsgemäß spezielle Ausführungsvarianten des im Patentanspruch 1 nach allgemeinen Merkmalen umschriebenen Erfindungsgegenstandes betreffen, den Gegenstand des Hauptanspruchs ausnahmsweise auf die genannten konstruktiven Gestaltungen beschränken, sind nicht ersichtlich.
Dem Merkmal 5.2 kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht das Erfordernis einer koaxialen Anordnung der Wickelrollen mit koaxial zueinander liegenden Wellen und einer koaxial angeordneten Reibkupplung entnommen werden, wodurch ein Umlenken der vertikal angeordneten Huborgane bedingt werde. Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 sieht insoweit lediglich vor, dass die Wickelrollen mit separaten Wellen drehschlüssig verbunden sind, die koaxial zueinander angeordnet sind. Eine koaxiale Anordnung der Wickelrollen ist hingegen nicht beschrieben. Eine derartige Anordnung ergibt sich auch weder zwingend aus der Funktion der Wickelrollen noch ist sie ersichtlich konstruktionsbedingt. Soweit die Beklagte auf die Beschreibung des Klagepatents rekurriert, in der infolge einer koaxialen Lageranordnung auch eine koaxiale Anordnung der den Hubbändern zugeordneten Wickelrollen beschrieben wird (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 3 Z. 47 ff), ist dies unbehelflich. Hier handelt es sich um die Beschreibung eines erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels. Auch in diesem Zusammenhang sind keine Anhaltspunkte vorhanden, dass es sich hierbei nicht nur um die exemplarische Erläuterung des Erfindungsgegenstandes handelt, sondern hieraus ausnahmsweise eine Beschränkung des Schutzumfangs des Patentanspruchs 1 hierauf eintritt.

Schließlich erwächst auch aus Unteranspruch 3 keine besondere Anforderung für das Umlenken. Zwar sieht Unteranspruch 3 nicht nur eine koaxiale Anordnung der Wickelrollen zueinander vor, sondern die Anordnung der Wickelrollen zur oberen Jalousiekante parallel ausgerichtet zur Achse (a) im Bereich des oberen Jalousierandes. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass damit zugleich Patentanspruch 1 die koaxiale Anordnung der Wickelrollen zueinander vorsieht. Eine Beschränkung des diese Anforderung nicht enthaltenden Patentanspruchs 1 infolge des Unteranspruchs ist nicht ersichtlich.

b)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht des weiteren das Merkmal 5.2, da – wie dargelegt – eine koaxiale Anordnung der Wickelrollen von Patentanspruch 1 nicht gefordert wird. Es bedarf nur einer drehschlüssigen Verbindung der Wickelrollen mit separaten Wellen, welche koaxial zueinander angeordnet sein müssen. Unerheblich ist deshalb, dass die angegriffene Ausführungsform Wickelrollen vorsieht, die mit ihren Drehachsen parallel zueinander liegen und Antriebswellen, die senkrecht zu den Drehachsen der Wickelrollen liegen. Ausschlaggebend ist allein, dass bei der angegriffenen Ausführungsform der Drehschluss zwischen der Welle und der Wickelrolle unstreitig über ein Kegelradgetriebe und weitere Wellen bewirkt wird. Die separaten Wellen sind koaxial zueinander angeordnet.

c)
Die Merkmale 5.1 und 8.3.1 sehen unterschiedliche Durchmesser der Wickelrollen vor, wobei die Wickelrolle, die dem unteren Huborgan zugeordnet ist, einen Winkeldurchmesser aufweist, der gegenüber dem oberen Wickelkerndurchmesser der oberen Wickelrolle um eine der Anzahl der vom Spindelbetrieb durchführbaren Umdrehungen entsprechenden Anzahl von Lagen des Huborgans vergrößert ist. Auch diese Erfordernisse sind bei der angegriffenen Ausführungsform gegeben.

Patentanspruch 1 enthält dem Wortlaut nach keine Vorgaben für die Frage, auf welche Art und Weise die unterschiedlichen Durchmesser sowie das entsprechende Verhältnis zueinander zu erzielen ist. Derartige Vorgaben folgen auch nicht bei einer funktionsorientierten Auslegung der Merkmale. Sinn und Zweck der Durchmesserverhältnisse ist entsprechend der Aufgabe des Klagepatents zum einen sicherzustellen, dass während der Phase gleichzeitigen Antriebs beide Wickelrollen den gleichen Wirkdurchmesser aufweisen und zum anderen zu gewährleisten, dass das kürzere Huborgan vollständig von der zugeordneten Wickelrolle abgewickelt werden kann (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 2, Z. 10 bis 14). Für dieses synchrone Auf- bzw. Abrollen der Huborgane bei gleichzeitigem Antrieb bedarf es unterschiedlicher Durchmesser der Wickelrollen, weil beim Anheben des Behangs zunächst über eine Wickelrolle nur das der längeren Seitenkante benachbarte Huborgan hochgezogen wird, und zwar soweit bis es die Länge des der kürzeren Seitenkante benachbarten Huborgans erreicht hat, bevor sodann infolge der in diesem Zeitpunkt schaltenden Kupplung die Wellen drehschlüssig verbunden werden, so dass ab dann die andere Wickelrolle auch das der kürzeren Seitenkante zugeordnete Huborgan aufrollt. Gleiches gilt für das in umgekehrter Richtung ablaufende Ablassen des Behangs.
In Anbetracht dessen kommt es nicht darauf an, ob bzw. dass die Wickelrollen bereits werkseitig vor ihrem Einbau in die Jalousie mit unterschiedlichen Durchmessern in dem angegebenen Verhältnis zueinander versehen sind. Entscheidend ist die konkrete Anwendungssituation. Wie den aus den unterschiedlichen Längen der Huborgane und dem nicht rechteckigen Behang folgenden (Längen-)Differenzen beim Auf- bzw. Abwickeln der Huborgane auf den Wickelrollen ausgleichend Rechnung getragen wird, ist unerheblich, solange diese in dem maßgeblichen Zeitpunkt – dem Schluss der Kupplung –einen gleich wirksamen Durchmesser aufweisen.

Bei der angegriffenen Ausführungsform bleiben unstreitig auf der Wickelrolle, die das der kürzeren Seitenkante benachbarte Huborgan aufwickelt, ständig soviel Lagen des Huborgans aufgewickelt, wie die der längeren Seitenkante zugeordnete obere Wickelrolle abgibt bzw. aufnimmt, während die untere Wickelrolle steht. Hierdurch wird unstreitig gewährleistet, dass in dem Zeitraum des Schlusses der Kupplung und des gleichzeitigen Antriebs der Wickelrollen ein gleichmäßiger Aufwicklungsdurchmesser besteht und dadurch bedingt eine gleichmäßige Hubbewegung der Huborgane erfolgt. Die ständig aufgerollten Lagen des (kürzeren) Huborgans auf der unteren Wickelrolle bewirken folglich erfindungsgemäß einen unterschiedlichen Durchmesser der Wickelrolle entsprechend Merkmal 5.1 und das in Merkmal 8.3.1 geforderte Verhältnis der Wickelkerndurchmesser beider Wickelrollen zueinander.

d)
Wortsinngemäß verwirklicht ist zudem das Merkmal 7.1, welches eine koaxiale Anordnung der Kupplung zur Wellenachse vorsieht.
Diese Anordnung erfolgt erfindungsgemäß, um ein An- und Abkuppeln der mit der unteren Wickelrolle drehschlüssig verbundenen Welle von der mit der oberen Wickelrolle drehschlüssig verbundenen Welle zu ermöglichen, je nachdem, ob nur das der längeren Seitenkante benachbarte oder auch das der kürzeren Seitenkante benachbarte Huborgane auf- bzw. abgerollt werden sollen.
Der Ansicht der Beklagten, die Kupplung der angegriffenen Ausführungsform sei nicht koaxial, sondern in einem rechten Winkel zur Wellenachse angeordnet, ist nicht zuzustimmen. Entgegen den Ausführungen der Beklagten ist als Welle im Sinne dieses Merkmales nicht die in Anlage H&P 5 als „Wendewelle„ bezeichnete Welle anzusehen. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen (notwendigen) Teil des Antriebszuges.
Die von Merkmal 7.1. geforderte Welle ist bei der angegriffenen Ausführungsform die in der Anlage K 7 rot unterlegte Welle. Diese ist mit der unteren Wickelrolle (in der Anlage K 7 grün unterlegt) drehschlüssig verbunden. Eine zweite Welle (in der Anlage K 7 ocker unterlegt) ist nach Umlenkung um 90 Grad mit einer weiteren Welle – dem oben genannten Teil des Antriebszuges –, die parallel zu den Lamellen verläuft, mit der oberen Wickelrolle (in der Anlage K 7 grün unterlegt) ebenfalls drehschlüssig verbunden. Sowohl die in Anlage K 7 grün unterlegte als auch die ocker unterlegte Welle sind koaxial zueinander angeordnet. Zu dieser Wellenachse ist die Kupplung entsprechend dem Klagepatent koaxial angeordnet.
Der Umstand, dass die in Anlage K 7 ocker unterlegte zweite Welle nicht unmittelbar mit der oberen Wickelrolle verbunden ist, stellt eine Verwirklichung des Merkmals 7.1 nicht in Frage, weil weder diesem Merkmal noch sonst dem Patentanspruch 1 die zwingende Forderung zu entnehmen ist, dass beide Teile unmittelbar miteinander verbunden sein müssen. Allein erforderlich ist eine drehschlüssige Verbindung, d. h. es muss Kraft durch Drehschluss übertragen werden. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform über die parallel zu den Lamellen laufende weitere Welle unzweifelhaft der Fall.

2)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht schließlich auch das Merkmal 7.2, wonach die Kupplung als Reibkupplung ausgebildet ist. Zwar ist unstreitig nicht von einer wortsinngemäßen Verwirklichung auszugehen, da die angegriffene Ausführungsform keine Reib-, sondern eine Nockenkupplung vorsieht. Durch die Verwendung dieser Nockenkupplung verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 7.2 jedoch mit äquivalenten Mitteln.

Bei einer vom Sinngehalt der Ansprüche eines Patents abweichenden Ausführung kann eine äquivalente Benutzung der patentgemäßen Lehre dann vorliegen, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen des Patents unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der patentgeschützten Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte. Dabei erfordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereiches bildet, welche sich an den Patentansprüchen auszurichten hat (BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; BGH GRUR 2002, 515 – Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519 – Schneidmesser II; BGH GRUR 2002, 523 – Custodiol I; BGH GRUR 2002, 527 – Custodiol II).
Danach ist es, um eine Benutzung der Lehre eines Patents unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz bejahen zu können, nicht nur erforderlich, dass die vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführungsform das der Erfindung zugrundeliegende Problem zwar mit abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und dass der Durchschnittsfachmann mit den Fachkenntnissen des Prioritätstages des Patents ohne erfinderische Bemühungen in der Lage war, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden, sondern darüber hinaus auch, dass die vom Fachmann dafür anzustellenden Überlegungen derart am Sinngehalt der in den Patentansprüchen unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführungsform mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht.

Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz sind hier erfüllt.

a)
Eine Gleichwirkung zwischen Reib- und Nockenkupplung ist gegeben.
Der Ausgestaltung der Kupplung als Reibkupplung kommt nach dem Klagepatent die technische Funktion zu, ein zuverlässiges Schließen bzw. Lüften der (Reib-)Kupplung zu gewährleisten, ohne dass Bauteile in unzulässiger Weise miteinander kollidieren können und zugleich sicherzustellen, dass trotz des durch den Gewindeeingriff herbeiführbaren Kontakts der beiden Kupplungshälften eine Drehrichtungsumkehr ohne Aufhebung dieser Kontakte möglich ist, solange das kürzere Huborgan nicht seine längste Abwickellänge erreicht hat (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 2, Z. 1 bis 11). Diese Funktionen erfüllt auch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Nockenkupplung. Statt durch Reibschluss erfolgt die Kupplung durch Eingriff der an den beiden Kupplungshälften vorhandenen Nocken. Während des Aufziehvorgangs schaltet die Nockenkupplung in dem Moment, in dem das längere Huborgan durch das einseitige Aufrollen der ihm zugeordneten Wickelrolle die Länge des kürzeren Huborgans erreicht hat. Bei dem Wechsel von Aufwickel- und Abwickelvorgang und dem damit einhergehenden Drehrichtungswechsel bleibt der Kontakt der beiden Kupplungshälften bestehen und beim Abwickelvorgang schaltet die Kupplung in dem Augenblick, in dem die dem kürzeren Huborgan zugeordnete Wickelrolle anhält, da der Behang an dieser kürzeren Seite vollständig abgelassen ist.

Dem Einwand der Beklagten, formschlüssige Kupplungen wie eine Nockenkupplung seien bereits im mitgeteilten Stand der Technik bekannt gewesen, aber seitens des Klagepatents gerade als nachteilig und zu überwinden kritisiert worden, mit der Folge, dass eine Nockenkupplung nicht Gegenstand einer äquivalenten Verwirklichung sein könnte, ist nicht beizutreten.
Zwar ist zutreffend, dass in der Beschreibung des Klagepatents als Stand der Technik das deutsche Gebrauchsmuster 82 16 185 (Anlage K 4) erwähnt wird, bei der eine formschlüssige Kupplung, zweckmäßigerweise eine Klauenkupplung, vorgesehen ist, deren Kupplungsteile entsprechend der Axialverschiebebewegung ineinander schiebbar sind (Anlage K 4, S. 3 1. Absatz). Die dort beschriebene bevorzugte Kupplung wird einerseits durch eine axial verschiebbare Mehrkantwelle und andererseits durch eine in axialer Richtung feststehende Mehrkantbüchse gebildet, in welche die Mehrkantwelle ein- und ausführbar ist (Anlage K 4, S. 5). Das Klagepatent kritisiert jedoch an diesem Stand der Technik nicht die Verwendung einer formschlüssigen Kupplung an sich, sondern allein die aus dem Umstand des „Hineinsuchen müssen„ der Mehrkantwelle in die Mehrkantbüchse folgenden Konsequenzen. Beim Ein- bzw. Auskuppeln komme es infolge dessen nämlich zwangsläufig zu unerwünschten Kollisionen der beiden Kupplungselemente in Form von Mehrkantwelle und Mehrkantbüchse, was zu unerwünschten Geräuschen und Beanspruchungen und in der Folge davon zu Verschleiß führen könne (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 1, Z. 31 bis 36). Da zudem die Mehrkantwelle völlig außer Eingriff mit der zugeordneten Mehrkantbüchse kommen könne, benötige die hiermit verbundene Wickelrolle eine Rücklaufsperre, welche einen nicht unbeträchtlichen Aufwand verursache (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 1, Z. 36 bis 43).
Die konkret aufgezeigten Nachteile sucht das Klagepatent durch die Ausgestaltung der Kupplung als Reibkupplung sowie durch die Ausgestaltung entsprechend den weiteren Merkmalen der Merkmalsgruppe 7 zu vermeiden. Vermieden werden diese Nachteile jedoch auch mit Hilfe der bei der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Nockenkupplung. Das Problem des „Hineinsuchen müssen„ stellt sich auch bei dieser Ausgestaltung nicht. Deren verschiebbare Kupplungshälfte bewegt sich nur in der Welle (in K 7 rot gekennzeichnet); sie wird – anders als im vorgenannten Stand der Technik – nicht aus dieser herausgeführt. Folglich kann diese Kupplungshälfte ebensowenig völlig außer Eingriff geraten. Die angegriffene Ausführungsform ersetzt damit die Reibkupplung durch ein Mittel, dass die vom Klagepatent als nachteilig beschriebenen konkreten Probleme der vorbekannten formschlüssigen Kupplungen vermeidet und somit insoweit die gleichen Vorzüge wie die erfindungsgemäße Lösung aufweist.

b)
Das abgewandelte Mittel war für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents ohne besondere Überlegungen aufgrund seines allgemeinen Fachwissens unstreitig auffindbar und naheliegend.

Darüber hinaus war die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Abwandlung für den Fachmann auch aufgrund an der Lehre des Klagepatents ausgerichteter Überlegungen als gleichwertig aufzufinden.
Das Klagepatent hebt die zu beseitigenden Nachteile deutlich hervor. Zur Beantwortung der Frage, wie diese Nachteile anders als mithilfe der vom Klagepatent vorgesehenen Reibkupplung vermieden werden können, offeriert das Klagepatent Anhaltspunkte, die zur Nockenkupplung als Austauschmittel führen. Zunächst wendet sich das Klagepatent wie dargelegt nicht grundsätzlich gegen formschlüssige Kupplungen. Zudem enthält es mehrere Hinweise auf den möglichen Einsatz von Nocken im Rahmen der Kupplung. Das bewegliche Kupplungsteil des erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels zeigt in den Figuren 4 und 5 bereits einen Nocken (29), der an der Reibfläche (28) des feststehenden Kupplungsteils anstellbar ist. In der Beschreibung des Klagepatents heißt es insoweit, dass die hierbei bewirkte punktförmige Anlage eine zuverlässige Lüftung der Kupplung bei zur Aufwickeldrehrichtung gegenläufiger Drehrichtung des angetriebenen Kupplungselements ermöglicht (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 5, Z. 31 bis 38). Weiter wird der Eingriff der Nocke mit der gegenüberliegenden Reibfläche beschrieben (Klagepatent, Anlage K 2, Sp. 5, Z. 62 bis Sp. 6, Z. 1). Schließlich sieht Unteranspruch 7 eine der Reibfläche gegenüberliegende Kupplungshälfte vor, die wenigstens eine in axialer Richtung vorspringende Nocke aufweist.
Davon ausgehend lag es orientiert am Sinngehalt des Klagepatents für den Fachmann nahe, als Widerhalt für einen am feststehenden Kupplungsteil vorhandenen Nocken auch an dem beweglichen Kupplungsteil anstatt einer Reibfläche einen (weiteren) Nocken vorzusehen mit der Folge, dass beim Kupplungsvorgang die eine Nocke in die andere Nocke eingreift.

III.

Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Die Beklagte ist der Klägerin gegenüber gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da sie den Gegenstand des Klagepatents unberechtigt benutzt hat.

2.
Die Beklagte hat der Klägerin darüber hinaus Schadensersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Überdies ist es hinreichend wahrscheinlich, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt. Ein rechtliches Interesse der Kläger an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ist demnach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerin den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern kann, ist die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Die Beklagte hat zudem über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 140b PatG. Die danach geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.
Hinsichtlich der Angebotsempfänger war zugunsten der Beklagten wie beantragt ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen. § 140 b PatG, der einen solchen grundsätzlich nicht geboten erscheinen lässt, findet keine Anwendung. Bloße Angebotsempfänger werden von der vertriebswegbezogenen Auskunftspflicht nicht erfasst (BGH GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. § 140 b, Rdnr. 15).

IV.
Das Vorbringen der Parteien in ihren Schriftsätzen vom 07.06.2005, 15.06.2005 und 27.06.2005 nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist gemäß § 296 a ZPO unberücksichtigt geblieben. Es bot keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709, 108 ZPO.

VI.
Der Streitwert beträgt 150.000,00 EUR.