4a O 242/03 – Thermocycler II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 351

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. April 2005, Az. 4a O 242/03

Rechtsmittelinstanz: 2 U 58/05

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland,

Thermocycler-Vorrichtungen, geeignet zur Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion, die wenigstens eine Probenvertiefung umfassen, die zur Aufnahme eines mit einer Kappe versehenen Probenröhrchens fähig ist, das ein Probengemisch enthält, eine beheizte Platte mit Heizmitteln, die zum Heizen der Platte bereitgestellt sind, um das Oberteil eines besagten Probenröhrchens so zu berühren sowie Heizgerät-Steuermittel zum Steuern der Heizmittel, so dass die Platte während der gesamten Polymerase-Kettenreaktion auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten wird und den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes derart erwärmt, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden wird,

herzustellen, anzubieten, zu gebrauchen, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei sich die Unterlassungsverpflichtung der Beklagten zu 2. nicht auf das Verbot der Herstellung bezieht;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 24. September 1998 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der einzelnen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei sich die Verpflichtung der Beklagten zu 2. zur Rechnungslegung auf die Angaben unter Buchstaben b)-e) beschränkt,

wobei die Angaben nach e) erst ab dem 5. April 2003 zu machen sind.

3. die im Besitz bzw. Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. zu vernichten.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind,

1. der Klägerin für die in Ziffer I.1. bezeichneten und in der Zeit vom 24. September 1998 bis zum 4. April 2003 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen,

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr bzw. der A (NY) durch die in Ziffer I.1. begangenen Handlungen seit dem 5. April 2003 entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Europäischen Patentes 0 810 030 (Anlage K 17, deutsche Übersetzung K 17 a; nachfolgend Klagepatent), welches am 29. November 1991 unter Inanspruchnahme zweier US-amerikanischer Prioritäten – US 620 xxx vom 29. November 1990 und US 670 xxx vom 14. März 1991 – angemeldet wurde. Die in englischer Sprache formulierte Patentanmeldung wurde am 3. Dezember 1997 offengelegt. Die deutsche Fassung der Patentansprüche wurde am 24. September 1998 veröffentlicht, die Mitteilung über die Erteilung des Klagepatentes am 5. März 2003.

Ursprünglich eingetragene Inhaberin des Klagepatentes war die A (NY), USA, welche der Klägerin im Rahmen eines „Assignment und Assumption Agreement“ am 28. Juni 2002 sämtliche Vermögenswerte, u.a. auch das Klagepatent sowie Ansprüche hieraus, abgetreten hat.

Ursprünglich hatte der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:

„Thermocycler-Vorrichtung, geeignet zur Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion, die wenigstens eine Probenvertiefung (66, 68) umfasst, die zur Aufnahme eines mit einer Kappe versehenen Probenröhrchens (376) fähig ist, das ein Probengemisch enthält, eine beheizte Platte mit Heizmitteln, die zum Heizen der Platte (14) bereitgestellt sind, um das Oberteil eines besagten Probenröhrchens zu berühren, sowie Heizgerät-Steuermittel (20) zum Steuern der Heizmittel, so dass die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes derart erwärmt, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden wird.“

Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes legte die Beklagte neben anderen mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2003 (Anlage B 1, deutsche Übersetzung Anlage B 1a) Einspruch bei dem Europäischen Patentamt ein. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes am 25. November 2004 beantragte die Klägerin unter anderem das Klagepatent in der Fassung des Hilfsantrages B 2 aufrechtzuerhalten.

Der Hilfsantrag B 2 hat – in die deutsche Sprache übersetzt – folgenden Wortlaut:

„Thermocycler-Vorrichtung, geeignet zur Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion, die wenigstens eine Probenvertiefung (66, 68) umfasst, die zur Aufnahme eines mit einer Kappe versehenen Probenröhrchens (376) fähig ist, das ein Probengemisch enthält, eine beheizte Platte mit Heizmitteln, die zum Heizen der Platte (14) bereitgestellt sind, um das Oberteil eines besagten Probenröhrchens zu berühren, sowie Heizgerät-Steuermittel (20) zum Steuern der Heizmittel, so dass die Platte während der gesamten Polymerase-Kettenreaktion auf einer Temperatur von 100° C bis 110°C gehalten wird und den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes derart erwärmt, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden wird.“

Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Einspruchsabteilung folgende Entscheidung, wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt (Anlage B 6 zur Anlage B 8, teilweise deutsche Übersetzung Anlage B 6a):

„After deliberation of the opposition division,

the chairman announced the following decision:

„Account being taken of the amendments made by the patent proprietor during the opposition proceedings, the patent and the invention to which it relates are found to meet the requirements of the European Patent Convention. The currently valid documents are those according to the Auxiliary Request B (2).“

Die Beklagte zu 1. stellt her und vertreibt in Deutschland Thermocycler-Vorrichtungen unter der Bezeichnungen X1-X4. Aufbau und Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsformen ergeben sich aus einem Prospekt der Beklagten zu 1., welchen die Klägerin als Anlage K 18 überreichte und worauf Bezug genommen wird. Eine weitere Beschreibung ergibt sich aus dem Internetauftritt der Beklagten zu 1., welcher als Anlage K 19 überreicht wurde und worauf ebenfalls Bezug genommen wird. Anhand der als Anlage K 21 überreichten „Marktübersicht Thermocycler“ ergibt sich die jeweilige Ausstattung der angegriffenen Ausführungsformen.
Die Beklagte zu 2., ein britisches Unternehmen, betreibt unter der Domain eine Website (vgl. Anlage K 23). Auf ihrer Website wurden von der Beklagten zu 1. hergestellte Thermocycler wie in der Anlage K 23 Seite 5 und 6 abgebildet, worauf Bezug genommen wird. Durch Links verwies die Beklagte zu 2. in ihrem Internetauftritt auf die Website der Beklagten zu 1. (vgl. Anlage K 23 Seite 6 und 10).

Die Klägerin sieht in dem Anbieten und Vertrieb der angegriffenen Thermocycler durch die Beklagten sowie dem Herstellen durch die Beklagte zu 1. eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatentes.

Sie beantragt,

zu erkennen, wie geschehen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit auszusetzen bis eine beschwerdefähige Entscheidung des Europäischen Patentamtes im Einspruchsverfahren betreffend das Klagepatent ergeht.

Die Beklagten sind der Auffassung, die Klägerin stütze ihr Klagebegehren unzulässigerweise auf Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages B 2, weil ein Klagepatent mit dem genannten zusätzlichen Merkmal nicht existiere. Auch sei das Klagepatent in der geänderten Fassung nicht in die deutsche Sprache übersetzt worden.
Die Beklagten sind weiter der Ansicht, dass eine Verletzung des Klagepatentes nicht vorliege. Das neu eingeführte Merkmal schreibe vor, dass die Platte während der gesamten Polymerase-Kettenreaktion auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten werde, es handele sich somit um ein Verfahrensmerkmal. Zu den Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung hätte die Klägerin jedoch bisher keine Ausführungen gemacht.
Im Übrigen sei die angegriffene Ausführungsform nicht in der Lage, die Platte des Heizdeckels auf weit oberhalb von 110°C zu erwärmen. Eine solche Temperatur sehe das Klagepatent jedoch vor, wenn es heiße, dass die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes erwärmen solle. Der Kondensationspunkt betrage beispielsweise in der Phase der Denaturierung 122°C.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Die Akte Landgericht Düsseldorf, 4a O 244/02 lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzverpflichtung sowie Vernichtung nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 33, 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB zu, da die Beklagten mit den von ihnen hergestellten (durch die Beklagte zu 1.) und vertriebenen Thermocyclern von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch machen.

I.
Entgegen der Auffassung der Beklagten stützt die Klägerin ihr Klagebegehren zulässigerweise auf Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages B 2, dessen in die deutsche Sprache übersetzter Wortlaut im Tatbestand wiedergegeben wurde. Dem Vorbringen, ein Klagepatent mit dem im Hilfsantrag genannten zusätzlichen Merkmal existiere nicht, kann nicht gefolgt werden.
Denn ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass das Klagepatent auf Grund der vom Patentinhaber vorgelegten oder gebilligten Fassung aufrechterhalten werden kann, und hatten die Einsprechenden hinreichende Gelegenheit, zu dieser Fassung entweder im schriftlichen Verfahren oder im Rahmen einer mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen, entspricht es der ständigen – von der großen Beschwerdekammer gebilligten – Praxis, dass die Einspruchsabteilung eine Zwischenentscheidung erläßt, in der festgestellt wird, dass das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernisses des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) genügen (vgl. Benkard/Schäfers, EPÜ, Art. 102 Rdnr. 14; Singer/Stauder-Joos, EPÜ, 2. Aufl., Art. 106 Rdnr. 43 f.).

Eine solche Entscheidung hat die Einspruchsabteilung am Ende der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2004 verkündet, wie sich aus dem als Anlage B 6 zur Anlage B 8 vorgelegten Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt. Denn darin wird – wie zitiert – festgestellt, dass unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber vorgenommenen Änderungen das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, die Erfordernisse des EPÜ erfüllt. Dies bezieht sich, wie dem Protokoll in Randnummer 23 entnommen werden kann, auf das Patent in der Fassung des geänderten Hilfsantrages B 2.
Dass bereits im Verhandlungstermin vom 25. November 2004 eine beschwerdefähige Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des europäischen Klagepatentes in geändertem Umfang ergangen ist, wird weiterhin durch die an die Einsprechenden gerichtete Information gestützt, dass sie gemäß Art. 106 EPÜ in der in Art. 108 EPÜ vorgesehenen Frist gegen die Entscheidung Einspruch erheben können.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist vorliegend auch nicht Art. II § 3 Abs. 2 EPÜ einschlägig, wonach bei nicht fristgerechter Einreichung der deutschen Übersetzung eines europäischen Patentes, dessen Verfahrenssprache nicht Deutsch ist, die Wirkungen des europäischen Patentes für die Bundesrepublik Deutschland als nicht eingetreten gelten. Denn nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 2 EPÜ ist für den Fall, dass das Europäische Patentamt – wie hier – beabsichtigt, das Patent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten, erst innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Entscheidung über den Einspruch die deutsche Übersetzung der geänderten Patentschrift einzureichen. Der Hinweis auf die Entscheidung über den Einspruch ist aber bislang noch nicht veröffentlicht worden. Gerade um dem Patentinhaber Aufwendungen zu ersparen, erläßt die Einspruchsabteilung vielmehr eine anfechtbare Zwsichenentscheidung. Die Entrichtung der Druckkostengebühr und die Übersetzung der Ansprüche hat dann erst nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens nur bezüglich der von der Beschwerdekammer für gewährbar erachteten Fassung zu erfolgen (Benkard/Schäfers, a.a.O., Rdnr. 14). Von einer nicht fristgerechten Übersetzung des Klagepatentes in der Fassung des Hilfsantrages B 2 kann also nicht die Rede sein, so dass dessen Wirkungen für die Bundesrepublik Deutschland auch nicht als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Sind die Rechtsfolgen des Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG noch nicht eingetreten, kann aus dem Klagepatent jedoch auch dann vorgegangen werden, wenn die Übersetzung noch nicht erfolgt ist (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., Art. II § 3 IntPatÜG Rdnr. 7).

II.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung und Gefäße zur Durchführung einer Polymerase-Kettenreaktion, bezieht sich mithin auf das Gebiet von rechneradressierten Instrumenten zur Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion (nachstehend PCR). Insbesondere bezieht sich die Erfindung nach dem Klagepatent auf automatisierte Instrumente, die die PCR gleichzeitig an vielen Proben mit einem sehr hohen Präzisionsgrad durchführen können, was die für jede Probe erhaltenen Ergebnisse betrifft.

Um Desoxyribonukleinsäure (DNA) unter Verwendung des PCR-Verfahrens zu amplifizieren, ist es notwendig, dass ein speziell konstitutiertes flüssiges Reaktionsgemisch durch ein PCR-Protokoll einschließlich mehrerer verschiedener Temperatur-Inkubationsperioden zyklisch durchläuft. Das Reaktionsgemisch besteht aus verschiedenen Komponenten, wie der zu amplifizierenden DNA, und wenigstens zwei Primern, die in einer vorbestimmten Weise ausgewählt wurden, um hinreichend komplementär zu der Proben-DNA und damit in der Lage zu sein, Verlängerungsprodukte der zu amplifizierenden DNA zu schaffen. Das Reaktionsgemisch schließt verschiedene Enzyme und/oder andere Reagenzien ein, genauso wie mehrere Desoxyribonukleinsäure-Triphosphate wie dATP, dCTP, dGTP und dTTP. Im Allgemeinen sind die Primer Oligonukleotide, die in der Lage sind, als Ausgangspunkt der Synthese zu fungieren, wenn sie unter Bedingungen gestellt werden, in welchen die Synthese eines Primer-Verlängerungsprodukts, das zu einem Nukleinsäurestrang komplementär ist, induziert wird, d.h. in Gegenwart von Nukleotiden und induzierenden Mitteln wie thermostabile DNA-Polymerase bei einer geeigneten Temperatur und einem geeigneten pH-Wert.

Die PCR hat sich als eine außergewöhnlich erfolgreiche Technologie zur genetischen Analyse erwiesen, größtenteils, da sie einfach durchzuführen ist und eine kostengünstige instrumentelle Ausrüstung erfordert. Die Thermocyclierung stellt ein Verfahren zur Durchführung der PCR dar. Dabei erfolgen abwechselnde Schritte des DNA-Schmelzens, des Anlagerns kurzer Primer an die resultierenden Einzelstränge und des Verlängerns jener Primer, um neue Kopien der doppelsträngigen DNA herzustellen. Bei der Thermocyclierung durchläuft das PCR-Reaktionsgemisch wiederholt einen Kreislauf von hohen Temperaturen (> 90°C) zum Schmelzen der DNA zu niedrigeren Temperaturen (40° C bis 70° C) für das Primer-Anlagern und die Verlängerung. Das erste kommerzielle System zur Durchführung der in der Polymerase-Kettenreaktion erforderlichen Thermocyclierung, der Perkin-Elmer Cetus DNA-Thermocycler, wurde 1987 vorgestellt.

Im Allgemeinen schließt die PCR-Thermocyclierung wenigstens zwei Inkubationen bei unterschiedlichen Temperaturen ein. Eine dieser Inkubationen dient zur Primer-Hybridisierung und einer katalysierten Primer-Verlängerungsreaktion. Die andere Inkubation dient zur Denaturierung, d.h. Trennung der doppelsträngigen Verlängerungsprodukte in Einzelstrang-Template zur Verwendung im nächsten Hybridisierungs- und Verlängerungs-Inkubationsintervall. Der Zweck einer Polymerase-Kettenreaktion besteht darin, ein großes Volumen an DNA herzustellen, das mit einem anfänglich bereitgestellten kleinen Volumen der „Saat“-DNA identisch ist. Die Reaktion schließt das Kopieren der DNA-Stränge ein und verwendet dann die Kopien, um andere Kopien in nachfolgenden Zyklen zu erzeugen. Unter idealen Bedingungen wird jeder Zyklus die Menge der vorliegenden DNA verdoppeln und hat dadurch eine geometrische Progression im Volumen der Kopien der im Reaktionsgemisch vorliegenden „Ziel“-oder „Saat“-DNA-Stränge zur Folge. Ein typischer PCR-Temperaturzyklus erfordert, dass das Reaktionsgemisch bei jeder Inkubationstemperatur für eine vorgeschriebene Zeit genau gehalten wird und dass der identische Zyklus oder ein ähnlicher Zyklus mehrere Male wiederholt wird. Ein typisches PCR-Programm beginnt bei einer Probentemperatur von 94° C, die 30 Sekunden gehalten wird, um das Reaktionsgemisch zu denaturieren. Dann wird die Temperatur des Reaktionsgemisches auf 37° C abgesenkt und 1 Minute gehalten, um Primer-Hybridisierung zu erlauben. Daraufhin wird die Temperatur des Reaktionsgemisches auf eine Temperatur im Bereich von 50° C bis 72° C angehoben, bei welcher dieses 2 Minuten gehalten wird, um die Synthese von Verlängerungsprodukten zu unterstützen. Dies vervollständigt einen Zyklus. Der nächste PCR-Zyklus beginnt dann durch Anheben der Temperatur des Reaktionsgemisches wieder auf 94° C für die Strangtrennung der Verlängerungsprodukte, die im vorherigen Zyklus ausgebildet worden sind (Denaturierung). Typischerweise wird der Zyklus 25 bis 30 Mal wiederholt.

Im Allgemeinen ist es wünschenswert, die Probentemperatur zu der nächsten Temperatur im Zyklus so schnell wie möglich zu ändern, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zunächst weist die chemische Reaktion eine optimale Temperatur für jede ihrer Stufen auf. Daher bedeutet eine kürzere Zeit, die bei nicht-optimalen Temperaturen zugebracht wird, dass ein besseres chemisches Resultat erzielt wird. Ein weiterer Grund besteht darin, dass eine minimale Zeit zum Halten des Reaktionsgemisches bei jeder Inkubationstemperatur erforderlich ist, nachdem die jeweilige Inkubationstemperatur erreicht ist. Diese minimalen Inkubationszeiten begründen die minimale Zeit, die es braucht, um einen Zyklus zu vervollständigen. Jedweder Übergang zwischen Proben-Inkubationstemperaturen stellt Zeit dar, die zu dieser minimalen Zykluszeit addiert wird. Da die Anzahl der Zyklen groß ist, dehnt diese zusätzliche Zeit die Gesamtzeit, die benötigt wird, um die Amplifikation zu vervollständigen, unnötig aus.

Im Stand der Technik bekannte automatisierte PCR-Instrumente hatten – so die Klagepatentschrift – den Nachteil, dass nicht alle Proben genau den gleichen Temperaturzyklus erfahren haben. Bei diesen PCR-Instrumenten wurden Fehler in der Probentemperatur durch Ungleichmäßigkeit der Temperatur von Stelle zu Stelle innerhalb des Metallprobenblocks erzeugt, d.h., es existierten Temperaturgradienten innerhalb des Metalls des Blocks, wodurch bewirkt wurde, dass einige Proben unterschiedliche Temperaturen als andere Proben zu einzelnen Zeiten im Zyklus aufwiesen. Weiterhin gab es Verzögerungen im Wärmetransfer von dem Probenblock zu der Probe, aber die Verzögerungen waren nicht dieselben für alle Proben. Um das PCR-Verfahren erfolgreich und effizient durchzuführen und um die sog. quantitative PCR zu ermöglichen, müssen diese Zeitverzögerungen und Temperaturfehler in großem Umfang minimiert werden.

Das Problem Zeitverzögerungen zu minimieren, wird nach den Ausführungen in der Klagepatentschrift erst recht akut, wenn die Ausdehnung des Proben-enthaltenden Bereichs groß ist. Eine in hohem Maße wünschenswerte Eigenschaft für ein PCR-Instrument liegt darin, dass es einen Metallblock aufweist, der groß genug ist, um 96 Probenröhrchen aufzunehmen, die im Format einer Industriestandard-Mikrotiterplatte angeordnet sind. Diese große thermisch wirksame Masse des Blocks macht es jedoch schwierig, die Blocktemperatur nach oben und unten in dem Betriebsbereich mit großer Schnelligkeit zu verstellen. Zweitens erzeugt der Bedarf, den Block an verschiedenen äußeren Vorrichtungen, wie Verteiler für die Zufuhr und den Abzug von Kühlflüssigkeit, Blockhalterungsbefestigungspunkte und dazugehörige andere Peripheriegeräte zu befestigen, das Potential, dass Temperaturgradienten über dem Block existieren, die tolerierbare Grenzen überschreiten. Es bestehen ferner zahlreiche andere Konflikte zwischen den Erfordernissen im Design eines Thermocyclisierungssystems für die automatisierte Durchführung der PCR-Reaktion oder anderen Reaktionen, die eine schnelle, genaue Temperaturcyclisierung einer großen Anzahl von Proben erfordern. Beispielsweise muss, um die Temperatur eines Metallblocks schnell zu ändern, eine große Wärmemenge in einer kurzen Zeitdauer dem Probenblock zugeführt oder aus dem Probenblock abgeführt werden. Wärme kann von elektrischen Widerstandsheizelementen oder durch Anströmen eines geheizten Fluids in Berührung mit dem Block zugeführt werden. Wärme kann durch Anströmen eines abgekühlten Fluids in Berührung mit dem Block schnell abgeführt werden. Es ist jedoch scheinbar unmöglich, große Wärmemengen in einem Metallblock durch diese Mittel schnell zuzuführen oder abzuführen, ohne große Unterschiede in der Temperatur von Stelle zu Stelle im Block zu verursachen, wodurch Temperaturgradienten ausgebildet werden, die zu einer Ungleichmäßigkeit der Temperatur zwischen den Proben führen können.

Das Klagepatent sucht nun das technische Problem (die Aufgabe) zu lösen, ohne dies ausdrücklich zu formulieren, die aus dem Stand der Technik bekannte Nachteile einer Vorrichtung, insbesondere die Ausbildung eines Temperaturgradienten zu vermeiden. Hierzu schlägt es in seinem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsanspruches B 2 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen (vgl. Anlage K 20a) vor:

1. Thermocycler-Vorrichtung, geeignet zur Durchführung der Polymerase-Kettenreaktion,

2. umfassend wenigstens eine Probenvertiefung, die zur Aufnahme eines mit einer Kappe versehenen Probenröhrchens fähig ist, das ein Probengemisch enthält,

3. umfassend eine beheizte Platte mit Heizmitteln, die zum Heizen der Platte bereitgestellt sind, um das Oberteil eines besagten Probenröhrchens zu berühren,

4. umfassend Heizgerät-Steuermittel zum Steuern der Heizmittel,

5. so dass die Platte

5.1 während der gesamten Polymerase-Kettenreaktion auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten wird und

5.2 den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes derartig erwärmt, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden wird.

III.
Zwischen den Parteien im Streit steht die Verwirklichung der Merkmale 5.1 und 5.2. Die Beklagten haben eine fehlende Verwirklichung der Merkmale 1 und 2, wie anfänglich vorgetragen, nicht mehr geltend gemacht.

Merkmal 5.1 besagt, dass die Platte während der gesamten Polymerase-Kettenreaktion auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten wird.
Die Beklagten stellen eine Verwirklichung des Merkmals 5.1 mit der Begründung in Abrede, dass darunter nur Thermocycler-Vorrichtungen fallen würden, die vom Benutzer für die Polymerase-Kettenreaktion eingesetzt werden würden und deren Platte während der gesamten PCR auf einer Temperatur von 100°C gehalten werde. Die bloße Eignung eines Thermocyclers für einen solchen Einsatz reiche für die Verwirklichung des Merkmals nicht aus, da es sich insoweit um ein Verfahrensmerkmal handeln würde. Es komme daher allenfalls eine mittelbare Patentverletzung dadurch in Betracht, dass sie, die Beklagten, den Abnehmern Thermocycler anbiete, die durch die Abnehmer patentgemäß verwendet werden könnten. Zu den Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung habe die Klägerin jedoch bisher nichts vorgebracht.

Der Auffassung der Beklagten kann nicht gefolgt werden. Denn durch den Patentanspruch 1 wird kein Verfahren, sondern eine Vorrichtung – Thermocycler-Vorrichtung nach Maßgabe der Merkmale 1 bis 5.2 – geschützt. In diesem Zusammenhang ist auch Merkmal 5.1 so zu verstehen, dass die Platte der patentgemäßen Thermocycler-Vorrichtung auf Grund der räumlich-körperlichen Beschaffenheit der gesamten Vorrichtung während der Durchführung der PCR auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten werden kann. Allein eine solche Eignung ist daher für die Verwirklichung des Merkmals erforderlich. Demgegenüber ist es unerheblich, ob der Verwender tatsächlich die PCR durchführt und dabei die Platte auf den genannten Temperaturbereich einstellt, wie dies bei einem Verfahrensanspruch der Fall wäre.
Da die angegriffenen Ausführungsformen unstreitig geeignet sind, während der gesamten PCR auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten zu werden, liegt eine Verwirklichung des Merkmals 5.1 vor.

Die im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 5. April 2005 vorgelegte begründete Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung vom 11. März 2005 bietet keinen Anlass zu einer anderen Sichtweise. Anhand der Ausführungen der Einspruchsabteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass es sich bei dem Klagepatent um ein Verwendungspatent handelt. Die von den Beklagten angeführten Zitate lassen nicht den Schluss zu, dass unter den Schutzbereich des Klagepatentes, insbesondere des Merkmals 5.1, nur solche Vorrichtungen fallen, die sinnfällig dafür hergerichtet sind, dass der beheizten Deckels während der gesamten PCR bei einer Temperatur vom 100°C bis 110°C gehalten wird. Denn die Beklagte übersieht, dass die Einspruchsabteilung im Hinblick auf die Entgegenhaltung D1 auch ausgeführt hat (Seite 8 der Entscheidung):

„“The feature „the platen is kept at a temperature from 110°C to 110°C during the entire PCR” implies that the heating means and the heater control means of the claimed apparatus are configured in such a way that the temperature of the heaten plate is maintained during all heating and cooling steps of the PCR at a temperature from 100°C to 110°C.”

Hieraus kann ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass es genügt, wenn die Vorrichtung dazu geeignet („are configured“) ist, während der gesamten PCR auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten zu werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund der Änderung der Beschreibung des Klagepatentes in Absatz 0233. Denn hierbei handelt es sich lediglich um die Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform.

Merkmal 5.2 besagt, dass die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes derartig erwärmt, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden wird.

Die Beklagten stellen – nachdem das Merkmal zwischen den Parteien ursprünglich unstreitig war – nunmehr eine Verletzung mit der Begründung in Abrede, dass für die Bestimmung der Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes, auf die die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens derartig erwärmen soll, dass Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Röhrchen vermieden werden, auch die Druckverhältnisse im Probenröhrchen zu berücksichtigen seien. Wie die Klägerin selbst in der Klageschrift ausgeführt habe, solle die Temperatur der Probe in der Denaturierungsphase der PCR 90°C bis 100°C und in der Elongationsphase ca. 72°C betragen. Bei einer Probentemperatur von im Mittel 72°C betrage der Druck im Röhrchen ca. 1.100 Torr und liege der Kondensationspunkt bei 111°C, bei einer Probentemperatur von 90°C betrage der Druck 1.450 Torr und der Kondensationspunkt liege bei 119°C und bei einer Probentemperatur von 100°C betrage der Druck 1.700 Torr und der Kondensationspunkt liege bei 124°C. Damit liege der Kondensationspunkt in der Denaturierungs- und Elongationsphase bei über 110°C, der obere Teil des Probenröhrchens müsse daher durch die Platte auf Temperaturen weit oberhalb von 110°C erwärmt werden. Die angegriffenen Ausführungsformen seien hierzu jedoch nicht in der Lage.

Der von den Beklagten vertretenen Auslegung des Klagepatentes, wonach bei der Bestimmung des Kondensationspunktes der in dem Probenröhrchen vorhandene Druck zu berücksichtigen sei, kann nicht zugestimmt werden. Denn konkrete Anhaltspunkte für ein entsprechendes Verständnis des Patentanspruches lassen sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Maßgebend für die Auslegung eines Patentes ist der Patentanspruch. Beschreibung und Zeichnungen sind für die Auslegung des Patentanspruches mit heranzuziehen, Art. 69 Abs. 1 EPÜ. Dies berücksichtigend versteht ein Fachmann das Merkmal 5.2 so, dass mit einer Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes von Wasser bei 100°C gemeint ist. Der Fachmann wird Patentanspruch 1 dahingehend auslegen, dass in Übereinstimmung mit der Aufgabe des Klagepatentes eine Vorrichtung geschützt ist, die Kondensation und Rückfluss in einem Probenröhrchen durch eine Erwärmung der Platte vermeidet. Hiernach wird der Fachmann entgegen der Auffassung der Beklagten den Begriff Kondensationspunkt so verstehen, dass hiermit eine Temperatur gemeint ist, die Kondensation und Rückfluss von Probenflüssigkeit vermeidet, was der Fall ist, wenn die Platte oberhalb des Kondensationspunktes von Wasser bei 100°C gehalten wird, weil die Temperatur der Probenflüssigkeit bei den PCR-Temperaturzyklen typischerweise unterhalb dieser Einstellung bleiben (vgl. Klagepatent, deutsche Übersetzung Anlage K 17a, Seite 3, wonach die Probentemperatur bei einem typischen PCR-Programm maximal 94°C während der Denaturierung liegt).

Gegen die Ansicht der Beklagten, dass für die Bestimmung der Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes, auf die die Platten den oberen Teil eines Probenröhrchens erwärmen soll, auch auf die Druckverhältnisse im Probenröhrchen abzustellen ist, spricht zudem das Merkmal 5.1, dessen Aufnahme in den Anspruch von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes als mit den Erfordernissen des EPÜ übereinstimmend angesehen wurde. Danach wird gefordert, dass die Platte während der gesamten PCR auf einer Temperatur von 100°C bis 110°C gehalten wird. Temperaturen oberhalb von 110°C, wie sie nach den Berechnungen der Beklagten bei Berücksichtigung der Druckverhältnisse im Probenröhrchen in der notwendigerweise zum Verfahren der PCR gehörenden Denaturierungsphase vorliegen müssten, sind damit ausgeschlossen.

Aber auch in der Beschreibung der Erfindung findet das von den Beklagten vertretene Verständnis keine Stütze. So heißt es im Hinblick auf ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel, dass die Platte bei einer Temperatur gehalten werden kann, die erfindungsgemäß irgendwo zwischen 94°C und 110°C liegt, obwohl der Bereich von 100°C bis 110°C bevorzugt ist, um Rückfluss zu verhindern, da der Siedepunkt von Wasser bei 100°C liegt (vgl. Klagepatent, deutsche Übersetzung Anlage K 17a, Seite 59 Abs. 2). Dass die Temperatur, auf die die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens erwärmen soll damit Kondensation und Rückfluss von Probe in einem Probenröhrchen vermieden werden soll, oberhalb von 100°C liegen soll, wird auch durch eine weitere Beschreibungsstelle betreffend das genannte erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel gestützt, wonach die Innenflächen jeder Kappe vollkommen trocken bleiben, weil die Kappentemperatur während des gesamten PCR-Zyklus oberhalb des Siedepunkts von Wasser liegt (vgl. Klagepatent, deutsche Übersetzung Anlage K 17a, Seite 59, Abs. 4 Satz 1). Auch wurde an anderer Stelle der Beschreibung ausgeführt, dass mit der zuvor näher beschriebenen Struktur der gesamte obere Teil des Röhrchens und der Kappe auf eine Temperatur gebracht wird, die hoch genug ist, dass sich wenig oder keine Kondensation auf den Innenflächen des Röhrchens und der Kappe bildet, da die beheizte Platte bei einer Temperatur oberhalb des Siedepunktes von Wasser gehalten wird (vgl. Klagepatent, Seite 56 Abs. 2 Satz 4).

Das entsprechende Verständnis des Klagepatentes wird auch durch die praktische Überlegung gestützt, dass Kondensation und Rückfluss in einer Probe dann vermieden werden, wenn die Oberseite eines Reaktionsgefäßes wärmer ist, als der untere Teil in welchem sich das Reaktionsgemisch befindet. Entsprechendes wird auch in einer Abbildung der Beklagten zu 1. aus ihrem Produktkatalog unter „Technical Information“ gezeigt, welche in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin überreicht wurde. Dort werden entsprechend der nachfolgenden Abbildungen drei Reaktionsgefäße gezeigt. In der Beschreibung zu dem untersten Reaktionsgefäß wird dann ausgeführt:

„If the upper part of the tube ist hotter than the lower part, condensation ist prevented.“

Diesem Verständnis des Merkmals 5.2. vermochten die Beklagten keine Stelle in der Beschreibung aufzuzeigen, aus der sich ergeben könnte, dass die Platte den oberen Teil eines Probenröhrchens nach Merkmal 5.2 auf eine Temperatur oberhalb des Kondensationspunktes erwärmen soll, der sich unter Berücksichtigung der Druckverhältnisse im Röhrchen für die einzelnen Phasen des PCR-Zyklus errechnet.

IV.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatentes unter Verstoß gegen § 9 PatG benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG.

Die Beklagte zu 2. kann nicht mit dem Einwand durchdringen, sie habe keine Benutzungshandlungen nach § 9 PatG vorgenommen, insbesondere habe sie auf ihrer Homepage die Verletzungsformen nicht angeboten. Auf der Homepage der Beklagten zu 2. wurde ein streitgegenständlicher Thermocycler unter der Rubrik „Products & Applications“ und einem weiteren Anklicken auf die Rubrik „X“ abgebildet. Unter „Products X“ wurde dann wie folgt ausgeführt:

„Whatman X develops, manufactures and markets products for molecular biology and biochemistry. The range of innovative equipment for thermocycling and electrophoresis is used extensively in scientific and medical research, sequencing laboratories and the pharmaceutical industry.

Whatman X products include a comprehensive line of thermocyclers, gel electrophoresis systems, video documentation and hybridization ovens.

For further information visit the X web site.“

Auf der Eingangsseite der Website der Beklagten zu 2. wird ausgeführt:

„Welcome to the Whatman web site.

This site is designed to provide you with all the information you need about our products, technologies and services.“

Sich selbst bezeichnet die Beklagte zu 2. auf ihrer Website (Anlage K 23 Seite 7) als „Corporate Headquarters“.

In diesem Internetauftritt ist ein Anbieten im Sinne des § 9 PatG zu sehen, jedenfalls aber eine Mitwirkungshandlung an einer patentverletzenden Benutzung durch die Beklagte zu 1. Denn die Beklagte zu 1. stellt und vertreibt die angegriffenen Thermocycler in Deutschland. Die Beklagte zu 2. spricht auf ihrer Eingangsseite in ihrem Internetauftritt von „our products“ und verweist den Nutzer unter der Rubrik „Products and Applications“ auf die Produkte „X“, wo dann die von der Beklagten zu 1. hergestellten und vertriebenen Thermocycler abgebildet sind, so dass von eigenen Angebotshandlungen der Beklagten zu 2. ausgegangen werden kann.

Gegen das Vorliegen eines Angebotes spricht nicht, dass nicht sämtliche patentgemäßen Merkmale dem im Internet abgebildeten Thermocycler entnommen werden können. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung „Kupplung für optische Geräte“ (GRUR 2003, 1031 ff.) ausgeführt, dass die Tatsachen, die ein patentverletzendes Anbieten begründen, auch aus außerhalb eines Werbemittels liegenden Umständen gewonnen werden können. Wenn das Angebot eines Erzeugnisses durch Verteilen eines Werbeprospektes erfolge, der eine bildliche Darstellung dieses Erzeugnisses enthält, fehle es an einem unmittelbaren Bezug zu einem körperlich vorhandenen Gegenstand, dessen Gestalt und Beschaffenheit durch diese Existenz feststehen würde und in einem Streitfall dem Beweis zugänglich sei. Das zwinge zur Heranziehung anderer Umstände. Ob ein patentgemäßes Erzeugnis angeboten werde, müsse deshalb anhand derjenigen objektiven Gegebenheiten des Streitfalles geprüft werden, die in vergleichbarer Weise eine verlässliche Aussage über Gestalt und Beschaffenheit des Erzeugnisses zulassen würden. Damit bilde weder das Verständnis des Werbenden noch das Verständnis einzelner Empfänger des Prospektes oder einer bestimmten Gruppe von Personen, an die sich das Werbemittel richtet, einen brauchbaren Maßstab. Entscheidend sei vielmehr, ob bei objektiver Betrachtung der im Streitfall tatsächlich gegebenen Umstände davon ausgegangen werden müsse, dass das mittels Verteilen des Werbeprospektes angebotene Erzeugnis dem Gegenstand des Patentes entspricht.

Dies berücksichtigend bestehen keine Zweifel, dass der auf der Homepage der Beklagten zu 2. abgebildete Thermocycler den von der Beklagten zu 1. hergestellten und vertriebenen Thermocyclern entspricht, welche von dem Klagepatent Gebrach machen. Auf der Abbildung Seite 6 gemäß der Anlage K 23 ist ein Metallblock mit mehreren Probenvertiefungen abgebildet, wobei jede Probenvertiefung zur Aufnahme eines mit einer Kappe versehenen Probenröhrchens fähig ist. Dass das Gerät für das Thermocycling geeignet ist, ergibt sich aus der nebenstehenden Beschreibung. Die weiteren Merkmale lassen sich dem Katalog der Beklagten zu 1. (Anlage K 18) sowie der Marktübersicht (Anlage K 21) ohne Weiteres entnehmen.

Dass die Beklagte zu 2. die Verfügungsgewalt über die streitgegenständlichen Thermocycler nicht selbst verschafft, ist für die Frage des Vorliegens einer patentverletzenden Angebotshandlung im Sinne des § 9 PatG nicht erheblich. Die Kammer hat in der Entscheidung „Sportschuhsohle“ (InstGE 3, 54 ff.) ausgeführt – woran sie auch festhält -, dass ein eigenes Angebot gemäß § 9 Nr. 1 PatG vorliege, wenn die Verfügungsgewalt der patentverletzenden Vorrichtung von Dritten übertragen werde, mit denen der Anbieter kooperiert, beispielsweise, indem er auf die Website Dritter verweist (Kammer, a.a.O. 54, 57 Rdnr. 13). Die Beklagte zu 2. verweist auf Seite 6 des als Anlage K 23 vorgelegten Internetauftrittes auf die Website der Beklagten zu 1. und bezeichnet diese darüber hinaus als ihre Vertriebspartnerin.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend lediglich eine allgemeine Leistungsschau in der Internetpräsentation zu sehen, mit der Folge einer möglichen Anwendung der von dem Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Heißläuferdetektor“ (GRUR 1977, 358 ff.) sind vorliegend nicht ersichtlich. Die Beklagte zu 2. bezeichnet auf der Eingangsseite die Produkte als „our products“.

Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich nicht vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2005, 262 – soco.de). Denn der der Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem vorliegenden. Denn die Beklagte zu 2. hat auf ihrer Internetseite konkret Bezug genommen auf die Internetseite der Beklagten zu 1. und auch – entsprechend der vorstehenden Ausführungen – einen streitgegenständlichen Thermocycler abgebildet. Hierin ist jedoch – wie ausgeführt – eine Mitwirkungshandlung an den entsprechenden Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. zu sehen.

2.
Die Klägerin kann zudem von den Beklagten nach § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Das gleiche gilt hinsichtlich des von der Klägerin nach § 33 PatG geltend gemachten Entschädigungsanspruchs.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, sind die Beklagte ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Gemäß § 140 b PatG haben die Beklagten ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Ansatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

5.
Gemäß § 140b PatG sind die Beklagten zur Vernichtung der patentverletzenden Vorrichtungen verpflichtet. Sie haben keine Umstände vorgetragen, nach denen eine Vernichtung als unverhältnismäßig erscheinen würde.

V.
Veranlassung zur Aussetzung des Rechtsstreits bis zum Vorliegen einer beschwerdefähigen Entscheidung bestehen vor dem Hintergrund der Ausführungen unter Ziffer I. nicht.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,- EUR.