Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. Februar 2015, Az. 4a O 50/13
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Kinderbetten in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu liefern oder zu vertreiben
wenn diese
eine Bettrahmenstruktur, die eine Vielzahl von senkrechten Röhren enthält, von denen jede eine Röhrenwand aufweist, welche ein aufnehmendes Loch vorgibt und einen Schlitz hat, der sich entlang der Länge der Röhrenwand erstreckt und der sich in räumlicher Kommunikation mit dem aufnehmenden Loch befindet;
ein Stoffbauteil, das auf der Bettrahmenstruktur montiert ist, um eine umgebende Wand um die Bettrahmenstruktur herum vorzugeben; und
eine Vielzahl von Positionierungspfosten, die auf dem Stoffbauteil montiert sind, und die jeweils in die aufnehmenden Löcher in den senkrechten Röhren montiert sind, wobei das Stoffbauteil zwischen jede der senkrechten Röhren und einem entsprechenden Positionierungspfosten geklemmt wird und sich durch den Schlitz in jede der aufrechten Röhren erstreckt,
aufweisen;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.07.2006 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
hinsichtlich der Angaben zu a) unter Vorlage von Kaufbelegen (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) – hinsichtlich der Abnehmer nur, soweit gewerbliche Abnehmer betroffen sind – ,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist und
wobei bei den vorzulegenden Belegen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1 bezeichneten und seit dem 28.07.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
TATBESTAND:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 550 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach in Anspruch.
Das Klagepatent, dessen eingetragene Inhaberin die Klägerin ist, wurde am 19.04.2004 unter Inanspruchnahme der Priorität der CN 04218XXX U vom 02.01.2004 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 28.06.2006. Das Klagepatent ist in Kraft. Über die durch die Beklagte mit Schriftsatz 25.11.2013 erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht bisher noch nicht entschieden.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Baby Crip“ („Kinderbett“). Der hier im Hauptantrag streitgegenständliche Patentanspruch 1 des Klagepatents ist wie folgt gefasst:
„A baby crip comprising:
a bed frame structure (1) including a plurality of upright tubes (11), each of which has a tube wall (110) defining a receiving hole (111) and having a slit (112) that extends along the length of said tube wall (110) and that is in spatial communication with said receiving hole (111);
a fabric member (2) mounted on said bed frame structure (1) to define a surrounding wall around said bed frame structure (1); and
a plurality of positioning posts (22) mounted on said fabric member (2) and inserted respectively into said receiving holes (111) in said upright tubes (11), said fabric member (2) being clamped between each of said fabric upright tubes (11) and a corresponding one of said positioning posts (22) and extending outward through said slit (112) in each of said upright tubes (11).“
In der eingetragenen deutschen Übersetzung des Klagepatents ist Patentanspruch 1 wie folgt formuliert:
„Kinderbett, aufweisend:
eine Bettrahmenstruktur (1), die eine Vielzahl von senkrechten Röhren (11) enthält, von denen jede eine Röhrenwand (110) aufweist, welche ein aufnehmendes Loch (111) vorgibt und einen Schlitz (112) hat, der sich entlang der Länge der Röhrenwand (110) erstreckt und der sich in räumlicher Kommunikation mit dem aufnehmenden Loch (111) befindet;
ein Stoffbauteil (2), das auf der Bettrahmenstruktur (1) montiert ist, um eine umgebende Wand um die Bettrahmenstruktur (1) herum vorzugeben; und
eine Vielzahl von Positionierungspfosten (22), die auf dem Stoffbauteil (2) montiert sind, und die jeweils in die aufnehmenden Löcher (111) in den senkrechten Röhren (11) montiert sind, wobei das Stoffbauteil (2) zwischen jede der senkrechten Röhren (11) und einem entsprechenden der Positionierungspfosten (22) geklemmt wird und sich durch den Schlitz (112) in jede de senkrechten Röhren erstreckt.“
Die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 3, 4 und 5 zeigen nach der Klagepatentbeschreibung eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung. Bei Figur 3 handelt es sich um eine perspektivische Explosionsansicht eines erfindungsgemäßen Kinderbettes.
In Figur 4 ist zur Veranschaulichung der Positionierung eines Stoffbauteils auf einer Bettrahmenstruktur schematisch eine Teilansicht des erfindungsgemäßen Kinderbettes gezeigt.
Figur 5 ist eine Schnittansicht entlang der Linie V-V aus Figur 4.
Zu sehen sind insbesondere eine Röhrenwand (110), ein Stoffbauteil (2) und ein Positionierungspfosten (22).
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt von Kinderprodukten in Form von faltbaren Kinderbetten, Kinderwagen und Kinderliegen. Auf der Messe „A 2012“ in E stellte die Beklagte unter der Marke „B“ das Kinderbett „C“ aus (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Aufgrund eines von der Klägerin gestellten Strafantrages wurde auf der vorgenannten Messe ein Kinderbett der Beklagten beschlagnahmt. Eine durch die Klägerin gefertigte Fotografie des beschlagnahmten Kinderbettes ist nachfolgend eingeblendet:
Mit Beschluss vom 06.05.2013, hinsichtlich dessen vollständigen Inhalts auf die Anlage B 2 Bezug genommen wird, erklärte das Landgericht Köln die Beschlagnahme für rechtswidrig.
Die technische Gestaltung der bei der angegriffenen Ausführungsform verwendeten Befestigung des Stoffes in den Eckbereichen lässt sich den nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 3 und 4 einer US-Patentanmeldung der Beklagten entnehmen, deren vollständiger Inhalt sich aus der Anlage B 3 erschließt.
Die vorstehend eingeblendete Figur 3 der US-Patentanmeldung der Beklagten zeigt eine von vier Eckanordnungen des Kinderbettes „C“ der Beklagten mit jeweils zwei angeformten Nuten (118) zu beiden Seiten dieser Eckanordnung. Die Befestigung des Stoffbauteils erfolgt über die in die Nuten eingeschobenen Bauteile (130), die am Stoffbauteil mittels einer Naht befestigt sind (131), die sich zwischen Stoff und Nutinnenwand erstrecken und deren äußerer Rand über die äußeren Schenkel (114) der Nut hinausreicht. Zum Zwecke der Befestigung des Stoffbauteils findet eine Verspannung des Stoffes statt, indem der Stoff über das herausragende Ende eines der Bauteile (130) herum straff nach außen gezogen wird und dann jeweils zur nächstgelegenen Nut der benachbarten Eckanordnung verläuft. Zusätzlich ist in der Nut (118) ein Verschlussstück (150) eingeschoben, das die Positionierung/Sicherung des Bauelementes (130) unterstützt.
Bei der angegriffenen Ausführungsform sind die vier, aus Netztextil gebildeten Seitenwände jeweils mit einem weiteren Textilabschnitt verbunden und bilden damit ein einheitliches Stoffbauteil.
Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform, welche die Beklagte auf der Messe „A 2012“ angeboten habe, wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen, wie geschehen.
Hinsichtlich der Formulierung des durch die Klägerin lediglich in Form eines „insbesondere, wenn“ -Antrages geltend gemachten Patentanspruchs 4 wird auf die Klageschrift Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht (Az. 2 Ni 52/13) auszusetzen.
Sie meint, es fehle bereits an der Darlegung einer Verletzungshandlung im Inland. Die Klägerin behaupte zwar, dass das angegriffene Kinderbett auf der Messe „A“ in E angeboten und vertrieben worden sei. Dieser Vortrag reiche jedoch unter Berücksichtigung der Entscheidung „Pralinenform II“ des Bundesgerichtshofes (BGH, GRUR 2010, 1103) nicht, um eine Verletzungshandlung durch ein vermeintliches Anbieten im Inland darzulegen. Insbesondere trage die Klägerin nicht vor, dass die angegriffene Ausführungsform tatsächlich Kunden zum Kauf angeboten worden sei. Vielmehr behaupte sie ein Angebot lediglich pauschal und ins Blaue hinein. Durch ein bloßes Ausstellen der angegriffenen Ausführungsform auf einer inländischen Messe werde demgegenüber weder eine Wiederholungs- noch eine Erstbegehungsgefahr dafür begründet, dass das ausgestellte Produkt alsbald im Inland angeboten oder in Verkehr gebracht werde.
Abgesehen davon mache die angegriffene Ausführungsform aber auch von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da das Stoffbauteil nicht, wie von Patentanspruch 1 gefordert, zwischen jede der senkrechten Röhren und einem entsprechenden Positionierungspfosten geklemmt werde. Die Befestigung des Stoffes erfolge durch dessen Verspannen zwischen zwei benachbarten Ecken des Bettes. An dem Stoff seien dabei an zwei gegenüberliegenden Seiten Bauteile (130; Bezugszeichen beziehen sich auf die vorstehend eingeblendeten Figuren der US-Patentanmeldung) befestigt, die in die Nuten der jeweiligen Ecken eingeschoben würden. Die Bauteile (130) würden sich dabei zwischen der Nutinnenwand und dem Stoff befinden. Ferner unterstütze ein Verschlussstück (150), das in den Freiraum zwischen der Innenseite des Arms (112) der Nut (118) und dem Stoff eingeschoben werde, die Positionierung des Elements (130) in der Nut. Der Stoff werde daher von einem zwischen ihm und der Innenwand der Nut angeordneten Bauteil (130) in Position gehalten, so dass er sich infolge der angelegten Zugspannung an den über die Nutinnenwand hinausragenden Schenkel des Bauteils (130) anlege. Dadurch, und unterstützt durch das Verschlussstück (150), werde das Bauteil (130) im Bereich der Ausnehmung so an einen von der Nutinnenwand vorragenden Vorsprung (122) gedrückt und in der Nut gehalten, dass die Ausnehmung den Vorsprung (122) ergreife. Das Verschlussstück (150) unterstütze diese Befestigung, indem es den verbleibenden Freiraum in der Nut (118) ausfülle und so das Element (130) in Position halte.
Selbst wenn man in dem Bauteil (130) einen Positionierungspfosten sähe, erfolge die Befestigung, indem die Stoffbahn (88) an dem Bauteil (130) durch eine Naht (131) befestigt sei, wobei das Bauteil seinerseits so geformt sei, dass es mit einer Ausnehmung einen nach innen vorspringenden Vorsprung (122) der Innenwand der Nut (118) ergreife und dadurch vor dem Herausrutschen gesichert sei. Das Bauteil werde zusätzlich zur Zugspannung, die ohnehin auf dem Stoff laste, durch ein den Freiraum ausfüllendes Verschlussstück (150) in Position gehalten. Überdies fände bei einer solchen Betrachtung eine Klemmung des Stoffes nicht zwischen den Positionierungspfosten und der Röhre statt, weil der vermeintliche Positionierungsposten, also das Bauteil (130), zwischen Stoff und Röhre liege.
Im Übrigen werde das Stoffbauteil (2) auch dann nicht zwischen jede der senkrechten Röhren (11) und einem entsprechenden Positionierungspfosten eingeklemmt, wenn man das Bauteil (150) als potentiellen „Positionierungspfosten“ ansehe. Zum einen erfolge die Klemmung auch dann nicht wie im Anspruch beschrieben, weil der Stoff nicht zwischen der Innenseite des distalen Arms (112) und dem Bauelement (150) liege, sondern zwischen den Elementen (130) und (150). Zum anderen sei das Bauelement (150) nicht am Stoff befestigt und damit auf diesem wie von Patentanspruch 1 verlangt montiert.
Schließlich werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren sowohl unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Neuheit, als auch im Hinblick auf das Fehlen eines erfinderischen Schrittes als nicht schutzfähig erweisen.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Da die angegriffene Ausführungsform von der Beklagten in Deutschland angeboten wurde und auch wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie auf Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m.
§§ 242, 259 BGB zu.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Kinderbett, welches sich leicht zusammenbauen lässt.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, sei aus der GB-A-2 284 988 ein Kinderbett, wie es aus den nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift ersichtlich ist, bekannt.
Das aus dem Stand der Technik bekannte Kinderbett weise eine Bettrahmenstruktur (8) und ein Einfassungsbauteil (9) auf. Letzteres sei auf der Bettrahmenstruktur montiert, so dass es einen Aufnahmeraum für ein Kleinkind vorgebe, damit dieses schlafen oder spielen könne. Die Bettrahmenstruktur (8) habe gewöhnlich eine senkrechte Röhre (81), die an jeder Ecke des Bettes angeordnet sei. Das Einfassungsbauteil (9) sei über die vier senkrechten Röhren (81) der Bettrahmenstruktur (8) geschoben und werde dadurch fest gedehnt. Eine Schraube (82) werde über eine Verpackungsplatte (83) und das Einfassungsbauteil (9) geschoben und erfasse einen Bodenendteil der entsprechenden senkrechten Röhre (81), um das entsprechende Einfassungsbauteil (9) auf der Bettrahmenstruktur (8) zu befestigen.
Eine solche Lösung sei jedoch aus mehreren Gründen nachteilig. So benötige der Zusammenbau eines derartigen Kinderbettes sehr viel Zeit. Des Weiteren trete die Schraube (82) durch das Einfassungsbauteil (9) durch, wodurch dieses im Umfang des Loches einreißen könne. Die von außerhalb der Bettrahmenstruktur (8) sichtbare Schraube (82) wirke sich zudem nachteilig auf das äußere Erscheinungsbild des Kinderbettes aus.
Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Kinderbett bereitzustellen, welches leicht zusammengebaut werden kann und das ein Stoffbauteil aufweist, welches wirksam auf der Bettrahmenstruktur positioniert ist und ein ansprechendes äußeres Erscheinungsbild hat.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der hier allein streitgegenständliche Patentanspruch 1 eine Kombination der folgenden Merkmale vor:
1. Das Kinderbett weist auf:
1.1. eine Bettrahmenstruktur (1);
1.2. ein Stoffbauteil (2);
1.3. eine Vielzahl von Positionierungspfosten (22).
2. Die Bettrahmenstruktur (1)
2.1. enthält eine Vielzahl von senkrechten Röhren (11), von denen jede
2.1.1. eine Röhrenwand (110) aufweist, welche ein aufnehmendes Loch (111) vorgibt, und
2.1.2. einen Schlitz (112) hat, der sich entlang der Länge der Röhrenwand (110) erstreckt, und der sich in räumlicher Kommunikation mit dem aufnehmenden Loch (111) befindet.
3. Die Positionierungspfosten (22) sind
3.1. auf dem Stoffbauteil (2) montiert;
3.2. jeweils in die aufnehmenden Löcher (111) in den senkrechten Röhren montiert.
4. Das Stoffbauteil (2)
4.1. ist auf der Bettrahmenstruktur (1) montiert,
4.1.1. um eine umgebende Wand um die Bettrahmenstruktur (1) herum vorzugeben;
4.2. wird zwischen jede der senkrechten Röhren (11) und einem entsprechenden Positionierungspfosten (22) geklemmt;
4.3. erstreckt sich durch den Schlitz (112) in jede der aufrechten Röhren.
Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, die aus dem Stand der Technik bekannte Befestigung des Stoffbauteils mittels Schrauben durch eine Klemmbefestigung zu ersetzen, so dass das Stoffbauteil bei der Befestigung an der Bettrahmenstruktur nicht beschädigt und zugleich das äußere Erscheinungsbild des Kinderbettes verbessert wird (vgl. Abschnitt [0021]). Anders als im Stand der Technik wird das Stoffbauteil somit nicht mehr an der Bettrahmenstruktur verschraubt, sondern zwischen den senkrechten Röhren (11) der Bettrahmenstruktur (1) und einem entsprechenden Positionierungspfosten (22) geklemmt (Merkmal 4.2.).
Um eine solche Verklemmung zu ermöglichen, weisen die senkrechten Röhren der Bettrahmenstruktur jeweils eine Röhrenwand (110) auf, die ein aufzunehmendes Loch (111) vorgibt (Merkmal 2.1.1.), in welches die auf dem Stoffbauteil (2) montierten Positionierungspfosten (22) montiert sind (Merkmalsgruppe 3). Damit das Stoffbauteil, wie von Merkmal 4.1.1. gefordert, trotz der auf ihm und in dem Loch (111) der senkrechten Röhren montierten Positionierungspfosten eine umgebende Wand um die Bettrahmenstruktur herum vorgeben kann, müssen die senkrechten Röhren der Bettrahmenstruktur entlang der Länge der Röhrenwand (110) einen Schlitz haben, der räumlich mit dem aufnehmenden Loch (111) korrespondiert (Merkmal 2.1.2). Nur so ist es zudem möglich, dass sich das Stoffbauteil durch den Schlitz (112) in jede der aufnehmenden aufrechten Röhren (11) erstrecken kann (Merkmal 4.3.).
II.
Ausgehend von diesen Überlegungen macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
1.
Zu Recht ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmalsgruppen 1 bis 3 sowie der Merkmale 4., 4.1., 4.1.1. sowie 4.3. nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, bei der angegriffenen Ausführungsform seien die vier, aus Netztextil gebildeten Seitenwände jeweils mit einem weiteren, die jeweiligen Ecken abdeckenden Textilabschnitt verbunden, ist klar, dass die angegriffene Ausführungsform auch über ein anspruchsgemäßes Stoffbauteil verfügt.
2.
Dieses Stoffbauteil wird bei der angegriffenen Ausführungsform auch zwischen jede der senkrechten Röhren und einen entsprechenden Positionierungspfosten geklemmt (Merkmal 4.2.).
Wie die bereits im Tatbestand eingeblendeten Figuren 3 und 4 der US-Patentanmeldung zeigen, ist das mit der Bezugsziffer (130) bezeichnete Bauteil über eine Naht (131) mit dem Stoffbauteil verbunden und damit auf diesem montiert. Auch wird das Bauteil (130) in die Nut (118) eingeschoben. Da der Fachmann weder dem Klagepatentanspruch noch der Klagepatentbeschreibung Vorgaben zur räumlich-körperlichen Gestaltung der senkrechten Röhren und insbesondere der Löcher (111) entnimmt, lassen sich die Randbereiche der Eckbauteile bei der angegriffenen Ausführungsform auch als mit einem aufnehmenden Loch (111) und einem Schlitz (112) versehene senkrechte Röhren im Sinne des Klagepatents ansehen, so dass es sich bei dem Bauteil (130) tatsächlich um einen in den aufnehmenden Löchern der senkrechten Röhren montierten Positionierungspfosten handelt.
Des Weiteren wird der Stoff bei der angegriffenen Ausführungsform auch zwischen diesen Positionierungspfosten und die Bettrahmenstruktur geklemmt, und zwar unabhängig davon, ob man das Bauteil (150) als Bestandteil der Bettrahmenstruktur ansieht oder nicht.
Ist das Bauteil (150) Bestandteil einer mehrteiligen Bettrahmenstruktur, wird der Stoff, wie von Patentanspruch 1 gefordert, zwischen den Positionierungspfosten (Bauteil (130)) und die Bettrahmenstruktur (Bauteil 150 und Wand (112)) geklemmt. Da der Fachmann weder dem Patentanspruch selbst noch der Klagepatentbeschreibung konkrete Vorgaben zur räumlich-körperlichen Gestaltung der einen Bestandteil der Bettrahmenstruktur bildenden senkrechten Röhren (110) entnimmt, führt eine solche mehrstückige Gestaltung nicht ohne Weiteres aus dem Schutzbereich des Klagepatents heraus. Vielmehr lässt sich das Bauteil (150) zumindest dann als Bestandteil der Bettrahmenstruktur ansehen, wenn es auch zur Klemmung des Stoffes beiträgt. In diesem Fall macht es technisch keinen Unterschied, ob die Wand (112) und das Bauteil (150) ein- oder mehrstückig ausgestaltet sind.
Dass das Bauteil (150) bei der angegriffenen Ausführungsform einen solchen Beitrag zur Klemmung leistet, lässt sich nicht nur anhand des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Musters erkennen, sondern wird vielmehr auch durch die Außenkontur der Bauteile (150) und (130) deutlich. Die Beklagte räumt selbst ein, dass die Kanten dieser Bauteile so gestaltet sind, dass ein Herausrutschen verhindert wird. Hierfür bedarf es jedoch eines gewissen Druckkontakts zwischen den Bauteilen. Dass ein solcher Druckkontakt bei der angegriffenen Ausführungsform besteht, hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung selbst eingeräumt. Dort führt sie aus, das Bauteil (130) werde, unterstützt durch das Verschlussstück (150), im Bereich der Ausnehmung so an einen von der Nutinnenwand vorragenden Vorsprung (122) gedrückt und dadurch in der Nut gehalten, dass die Ausnehmung den Vorsprung (122) ergreife (vgl. Klageerwiderung, S. 14, unten).
Dass das Stoffbauteil darüber hinaus auch dadurch befestigt wird, dass es zwischen zwei benachbarten Ecken des Bettes verspannt wird, rechtfertigt keine andere Bewertung. Weder dem streitgegenständlichen Patentanspruch noch in der Patentbeschreibung entnimmt der Fachmann einen dahingehenden Hinweis, dass die Befestigung des Stoffbauteils ausschließlich durch die im Anspruch erwähnte Verklemmung erfolgen darf. Somit reicht für ein anspruchsgemäßes Klemmen, dass dieses zumindest auch zur Befestigung des Stoffes beiträgt. Dies ist – wie bereits ausgeführt – bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall.
Letztlich kann es sogar dahinstehen, ob das Bauteil (150) als Teil der Bettrahmenstruktur anzusehen ist. Denn der Stoff ist selbst dann zwischen dem, den Positionierungspfosten im Sinne des Klagepatents bildenden Bauteil (130) und der Bettrahmenstruktur (112) geklemmt, wenn die Kraft lediglich über ein weiteres Bauteil (hier: Bauteil (150)) übertragen wird. Weder verlangt Patentanspruch 1, dass der Stoff unmittelbar zwischen der Bettrahmenstruktur und dem Positionierungspfosten geklemmt wird, noch legt sich Patentanspruch 1 auf eine bestimmte Art der Klemmung fest. Es reicht somit, wenn sich das Bauteil (150) auf dem Bauteil (112) abstützt, so dass dessen Kraft auf den Stoff mitübertragen wird. Die durch das Klagepatent angestrebte Einfachheit (vgl. Abschnitt [0021]) wird bereits durch die Klemmlösung an sich, nicht aber über eine bestimmte Art der Klemmung bereitgestellt.
III.
Indem die Beklagte die angegriffene Ausführungsform auf der Messe „A 2012“ in E ausgestellt hat, hat sie diese auch widerrechtlich angeboten.
Im Interesse eines nach dem Gesetzeszweck gebotenen effektiven Rechtschutzes für den Schutzrechtsinhaber ist der Begriff des Anbietens im wirtschaftlichen Sinn zu verstehen. Entscheidend ist, ob eine im Inland begangene Handlung nach ihrem objektiven Erklärungswert einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage Dritter wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel; GRUR 1970, 358 – Heißläuferdetektor; OLG Karlsruhe, GRUR 2014, 59, 62 – MP2-Geräte; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rz. 195).
Vor diesem Hintergrund ist das Ausstellen von Waren auf einer inländischen Fachmesse ein Anbieten im Sinne dieser Vorschrift, soweit es sich nicht ausnahmsweise um die Teilnahme an einer reinen Leistungsschau handelt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Auflage, Rz. 196; Schulte/Rinken/Kühnen, Patentgesetz, 9. Auflage, § 9 Rz. 52). Der abweichenden Auffassung, der Patentinhaber müsse darlegen und ggf. beweisen, dass die Ware auf der Messe konkret zum Kauf angeboten worden sei und die sogar beim Ausstellen eines Erzeugnisses auf einer inländischen Messe eine Erstbegehungsgefahr für ein Anbieten verneint (LG Mannheim, InstGE 13,11 – Sauggreifer; für das Markenrecht: BGH, GRUR 2010, 1103 – Pralinenform II; vgl. auch BGH, Urt. v. 23.10.2014, Az. I ZR 133/12 „Keksstangen“), folgt die Kammer nicht.
Zweck des § 9 PatG ist es, dem Patentinhaber einerseits grundsätzlich alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Daher ist nicht erforderlich, dass das Anbieten die Voraussetzungen eines rechtswirksamen und verbindlichen Vertragsangebotes im Sinne von § 145 BGB erfüllt. Ferner kommt es nicht darauf an, ob der Anbietende eigene oder fremde Geschäftsabschlüsse bezweckt und ob er bei einem Angebot zugunsten eines Dritten überhaupt von diesem beauftragt oder bevollmächtigt ist (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Maßgeblich ist vielmehr nur, ob mit der fraglichen Handlung tatsächlich eine Nachfrage nach schutzrechtsverletzenden Gegenstand geweckt wird, die zu befriedigen mit dem Angebot in Aussicht gestellt wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.02.2014 – I-2 U 42/13). Davon ausgehend werden von einem „Anbieten“ im Sinne von § 9 PatG insbesondere auch vorbereitende Handlungen umfasst, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder fördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstands einschließt. Dies kann derart geschehen, dass Interessenten Gebote auf Überlassung abgeben können (BGH, GRUR 2003, 1031 – Kupplung für optische Geräte).
Genau dies geschieht jedoch regelmäßig auf einer Fachmesse. Die Aussteller verfolgen mit ihren Präsentationen den Zweck, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie präsentieren ihre Produkte in der Erwartung, dass sie von den Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen ist bestimmt und dazu geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogene Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen, was für ein Anbieten gemäß § 9 PatG ausreicht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-2 U 19/14).
Davon ausgehend hat die Klägerin hinreichend dargelegt, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland angeboten hat. Dass die angegriffene Ausführungsform durch die Beklagte auf der Messe „A 2012“ in E ausgestellt wurde, hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Bereits dieses Ausstellen erfüllt den Benutzungstatbestand des
§ 9 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 PatG. Bei der vorgenannten Messe handelt es sich um keine bloße Leistungsschau, sondern um eine weltweite Messe für Kinderprodukte, die von allen wichtigen Herstellern und gewerblichen Abnehmern bzw. Großhändlern besucht wird. Dass dem so ist, verdeutlichen die durch die Klägerin als Anlagen K 8 und K 9 zur Akte gereichten Unterlagen. Danach verspricht die Messe nicht nur „beste Geschäfte in bester Atmosphäre“ (vgl. Anlage K 8, S. 1), sondern ist auch „als Plattform für Ordergeschäfte, Trendscouting und neue Businesskontakte für die Branche unverzichtbar“ (vgl. Anlage K 9, S. 2).
Schließlich steht der Einordnung des Verhaltens der Beklagten als Angebot im Sinne von § 9 PatG auch nicht entgegen, dass die Beklagte ihren Sitz im Ausland hat. Angebotshandlungen auf einer inländischen Messe stellen eine Verletzung des Klagepatents dar, selbst wenn der Aussteller ausschließlich im Ausland residiert und nur dort angebotsgerechte Lieferungen vornehmen will. Voraussetzung ist in einem solchen Fall nur, dass sich das Angebot aus Empfängersicht zumindest auch auf das Inland beziehen kann. Davon geht der Messebesucher jedoch regelmäßig aus, sofern ihm – wie offenbar hier – nicht ausdrücklich etwas anderes mitgeteilt wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.03.2014, Az.: I-15 U 19/14).
IV.
Da die Beklagte die angegriffene Ausführungsform somit in der Bundesrepublik Deutschland zumindest angeboten und damit widerrechtlich von der Lehre des Klagepatents im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG Gebrauch gemacht hat, stehen der Klägerin folgende Ansprüche zu:
1.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet, da die Benutzung des Erfindungsgegenstands ohne Berechtigung erfolgt.
2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn sie hätte als Fachunternehmen die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.
Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.10.2010, Az.: I-2 U 42/09).
V.
Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht keine Veranlassung,
§ 148 ZPO.
1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Eine Aussetzung ist vielmehr grundsätzlich erst dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (vgl. BGH, Az.: X ZR 61/13, Beschluss v. 16.09.2014). Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
2.
Dies vorausgeschickt kommt eine Aussetzung der Verhandlung vorliegend nicht in Betracht.
a)
Die FR 1.306.748 (Anlagen NK 7 und NK 8 im Nichtigkeitsverfahren) lässt nicht den Schluss zu, dass Klagepatent werde mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Nichtigkeitsverfahren vernichtet.
Bei dem in der Entgegenhaltung offenbarten Kinderbett werden, wie die nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren verdeutlichen, vier, beispielsweise aus Kunststoff gebildete Platten rechtwinklig zueinander zusammengesteckt.
Anders als nach der durch das Klagepatent beanspruchten technischen Lösung besteht das Kinderbett somit nicht aus einer Bettrahmenstruktur, auf der das Stoffbauteil über Positionierungspfosten montiert wird. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb es sich bei den Seitenteilen um ein Stoffbauteil im Sinne des Klagepatents handeln soll. Die Entgegenhaltung befasst sich vielmehr mit der Zusammensteckbarkeit von vier Platten.
b)
Darüber hinaus kommt auch im Hinblick auf die AU 715 XXX (Anlagen NK 9 und NK 11 im Nichtigkeitsverfahren) eine Aussetzung der Verhandlung nicht in betracht.
Soweit die Beklagte diese Schrift in ihrer Duplik unter dem Gesichtspunkt der Neuheit diskutiert, steht dies im Widerspruch zu ihren ursprünglichen Ausführungen in der Klageschrift im Nichtigkeitsverfahren, wo sie selbst eingeräumt hat, dass die in der Entgegenhaltung offenbarten Eckpfosten nicht wie in den Merkmalen 2.1.1. und 2.1.2. beschrieben gestaltet sind (= Merkmale 3. lit. a) bis lit. c) im Nichtigkeitsverfahren, vgl. Anlage B 4, S. 18).
Dass die Beklagte die Offenbarung der vorgenannten Merkmale im Nichtigkeitsverfahren zu Recht verneint hat, verdeutlicht die nachfolgend verkleinert eingeblendete Figur 1 der Entgegenhaltung:
In der Entgegenhaltung wird ein Eckpfosten gezeigt, der im Allgemeinen leicht zylindrisch und üblicherweise hohl ist und der an der Außenseite einen Biegeradius aufweist. Ein Halteelement (22) weist eine Röhrenwand (24) und ein im Wesentlichen zylindrisches Inneres (26) auf. Im hohlen Inneren (26) befindet sich eine Bohrungswand (28), deren Biegeradius nicht größer ist als der Radius der äußeren Oberfläche des Eckpfostens (20). Dadurch, dass der Radius der Bohrungswand (28) nicht größer als der Radius des Eckpfostens (20) ist, steht die Röhrenwand (24) nach dem Anbringen unter einer internen Spannung, wodurch die Kanten der Röhrenwand (24) Druck auf die Stoffseitenwand (14) ausüben. Dadurch zwingt das Halteelement (22) die Stoffseitenwand (14) um den Eckpfosten (20) und hält sie damit in Bezug auf den Eckpfosten (20) fest (vgl. Anlage B 4 – NK 11, S. 4). Einer, aus einer Vielzahl von jeweils mit einem Schlitz und einem Loch versehenen Röhren bestehenden Bettrahmenstruktur bedarf es somit nicht.
c)
Unter Zugrundelegung des o. g. Aussetzungsmaßstabes scheidet eine Aussetzung auch unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit aus.
Es ist bereits nicht ersichtlich, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, von der in der Entgegenhaltung NK 9/NK 11 offenbarten Lösung, bei welcher der um den Eckpfosten geführte Stoff über ein zusätzliches Bauteil festgeklemmt wird, naheliegend dazu überzugehen, den Stoff mit einem Positionierungspfosten und die Eckpfosten mit einem Loch und einem Schlitz zu versehen, so dass der Stoff zwischen den Röhren und den Positionierungspfosten festgeklemmt werden kann. Dies gilt umso mehr, da auf Seite 6 der Übersetzung der Entgegenhaltung sogar vorgeschlagen wird, das Befestigungsteil am Eckpfosten zu verschrauben (vgl. Anlage B 4 – NK 11, S. 6).
Soweit die Beklagte schließlich im Nichtigkeitsverfahren zur Begründung des aus ihrer Sicht fehlenden erfinderischen Schrittes auf eine Kombination der Entgegenhaltung NK 9/NK 11 mit der US 5,992,XXX (= Entgegenhaltung NK 12 im Nichtigkeitsverfahren) abgestellt hat, ist bereits nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Fachmann beide Schriften, die jeweils in sich abgeschlossene Lösungen präsentieren, miteinander kombinieren sollte. Die NK 12 betrifft kein Kinder-, sondern ein Tierbett. Ihr liegt unter anderem die Aufgabe zugrunde, ein solches Tierbett bereitzustellen, das vor dem Kauen durch ein Tier geschützt und einfacher zu pflegen und kostengünstiger zu reinigen ist (vgl. Anlage B 4 – NK 12, S. 6, linke Spalte).
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 500.000,- EUR festgesetzt.