4a O 205/03 – Türholmversteifer

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  238

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. April 2004 , Az. 4a O 205/03

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin, werden der Klägerin auferlegt.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe 110% des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 15. März 1999 unter Inanspruchnahme zweier deutscher Prioritäten vom 20. März 1998 und vom 7. Dezember 1998 angemeldeten europäischen Patents 1 064 188 (Anlage K2, nachfolgend: Klagepatent), dessen Anmeldung am 3. Januar 2001 veröffentlicht und dessen Erteilung am 2. Januar 2002 im Patentblatt veröffentlicht und bekannt gemacht worden ist.

Das Klagepatent steht mit seinem nationalen deutschen Teil in Kraft.

Es betrifft ein Hohlprofil mit Innenversteifung und ein Verfahren zur Herstellung dieses Hohlprofils.

Wegen Verletzung des Klagepatents nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:

Verfahren zur Herstellung eines Hohlprofils mit Innenversteifung, insbesondere zur Verwendung bei Automobilkarossen, bei dem ein festes Kernmaterial (1) mit aktivierbaren Material (2) beschichtet und unter Bildung eines definierten Hohlraums (3) ein Außenblech (4) angeordnet wird, wobei der Hohlraum (3) durch den Schäumvorgang eines aktivierbaren Materials (2) voll ausgefüllt wird und das feste Kernmaterial (1) aus einem geschäumten oder ungeschäumten metallischen Werkstoff bzw. aus einem mit Metallfasern, Kohlefasern oder Glasfasern verstärkten synthetischen Werkstoff oder durch ein Hohlprofil gebildet wird und das Profil vor dem Schäumvorgang des aktivierbaren Materials (2) einem Korrosionstauchbad zugeführt und dabei das Korrosionsschutzmittel in alle Bereiche des Innenprofils gelangt und anschließend das Hohlprofil einem Trockenofen zugeführt wird und im Trockenofen eine Reaktion des aktivierbaren Materials (2) ausgelöst und dadurch der definiert vorgegebene Hohlraum (3) zwischen dem aktivierbaren Material (2) und dem Außenblech (4) ausgefüllt wird.

Die nachstehend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und dienen zur Erläuterung der beanspruchten Lehre anhand eines Ausführungsbeispiels.

Die Figur 1 ist eine schematische Darstellung eines Hohlprofils vor und die Figur 2 eine entsprechende Darstellung nach der Ausschäumung.

Gegen das Klagepatent legten die Beklagte mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2003 (Anlage B2), die Streithelferin mit Schriftsatz vom 27. September 2002 (Anlage L6) und die I KG aA mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2002 (Anlage L6) beim Europäischen Patentamt Einspruch ein, über die noch nicht entschieden worden ist.

Die Beklagte stellt her und vertreibt unter der Serienbezeichnung UI##xxx Personenkraftfahrzeuge. Ihre in den Jahren 1999 und 2000 aus dieser Serie in Produktion gegangenen Automobile sind im Dachträger oberhalb der B-Säule mit einer Innenversteifung ausgestattet, zu der die Klägerin neben einem wissenschaftlichen Beitrag in den VDI-Berichten Nr. 1543 (Anlage K12) zwei Lichtbilder (Anlagen K17 und K18) und die Streithelferin drei weitere Lichtbilder (Anlagen L11 und L12) vorgelegt hat, auf die Bezug genommen sind (fortan: angegriffene Ausführungsform 2).

Die betreffende Innenversteifung wurde in der Zwischenzeit modifiziert. Hierzu hat die Beklagte als Anlagen B3 und B3a mehrere Lichtbilder zur Gerichtsakte gereicht (fortan: angegriffene Ausführungsform 3).

Das zu beiden Innenversteifungen gehörende, mit aktivierbaren 1K Epoxid Strukturschaum beschichtete Kernmaterial erhält bzw. erhielt die Beklagte von der Streithelferin vorgefertigt geliefert.

Die Klägerin sieht in diesen von ihr angegriffenen Ausführungsformen und in einem weiteren, durch den vorstehend bezeichneten Beitrag in den VDI-Berichten Nr. 1543 für die Innenversteifung eines Hohlprofil beschriebenen Verfahren (Anlage K12, S. 242f., fortan: angegriffene Ausführungsform 1) eine unberechtigte Benutzung des Klagepatents mit wortsinngemäßen Mitteln.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro – ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu vollstrecken an ihrem jeweils verantwortlichen Vorstandsmitglied, zu unterlassen,

a)

ein Verfahren zur Herstellung eines Hohlprofils mit Innenversteifung, insbesondere zur Verwendung bei Automobilkarossen anzuwenden, bei dem ein festes Kernmaterial mit aktivierbarem Material beschichtet und unter Bildung eines definierten Hohlraums ein Außenblech angeordnet wird, wobei der Hohlraum durch den Schäumvorgang des aktivierbaren Materials voll ausgefüllt wird und das feste Kernmaterial aus einem geschäumten oder ungeschäumten metallischen Werkstoff bzw. aus einem mit Metallfasern, Kohlefasern oder Glasfasern verstärkten synthetischen Werkstoff oder durch ein Hohlprofil gebildet wird und das Profil vor dem Schäumvorgang des aktivierbaren Materials einem Korrosionstauchbad zugeführt und dabei das Korrosionsschutzmittel in alle Bereiche des Innenprofils gelangt und anschließend das Hohlprofil einem Trockenofen zugeführt wird und im Trockenofen eine Reaktion des aktivierbaren Materials ausgelöst und dadurch der definiert vorgegebene Hohlraum zwischen dem aktivierbaren Material und dem Außenblech ausgefüllt wird;

b)

Automobilkarossen mit Hohlprofilen mit Innenversteifung, hergestellt nach dem vorstehend unter I.1.a) beschriebenen Verfahren, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

2.

ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 3. Februar 2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten, sowie der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Liefe­ran­ten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer­mengen, -zeiten und -preisen und Typen­bezeichnungen (der Autokarossen) sowie den Namen und Anschriften der Ab­nehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots­men­gen, -zeiten und -prei-sen und Typen­be­zeich­nungen (insbesondere der Autokarossen) sowie den Namen und Anschriften der Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsge-biet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei sich die Rechnungslegungspflicht zu vorstehend I.2.e) nur für die Zeit seit dem 2. Februar 2002 bemisst,

und wobei es der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt ihr (der Klägerin) einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, ihr (der Klägerin) auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger oder eine bestimmt bezeichnete Lieferung in der Aufstellung enthalten ist;

II.

festzustellen,

1.

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 3. Februar 2001 bis zum 1. Februar 2002 begangenen Hand­lungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 2. Februar 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

hilfsweise,

ihr im Unterliegensfall nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise

den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Europäischen Patentamts über die Einsprüche gegen das Klagepatent auszusetzen.

Gemeinschaftlich mit der Streithelferin wendet sie ein, entgegen der Lehre des Klagepatents werde der zwischen dem festen Kernmaterial und dem Außenblech befindliche Hohlraum bei den angegriffenen Ausführungsformen 2 und 3 nicht vollständig ausgefüllt. Über einem Teilumfang des aktivierbaren Materials sei bei der angegriffenen Ausführungsform 2 eine Klebefolie angeordnet gewesen, die bei der angegriffenen Ausführungsform 3 durch eine Trennkappe ersetzt worden sei. Sowohl durch die Klebefolie, wie auch die Trennkappe werde verhindert, dass das aktivierbare Material den gesamten Hohlraum zwischen dem festen Kernmaterial und den Außenblech aufzufüllen und mit der Innenwand des Außenbleches zu verkleben vermag.

Zu der angegriffenen Ausführungsform 3 machen sie ergänzend geltend, ein vollständiges Ausfüllen des Hohlraums werde bei dieser Ausführung auch dadurch verhindert, dass das Kernmaterial und das hierauf geschichtete aktivierbare Material zur Durchführung von Kabeln und Leitungen mit drei durch Expansionsbegrenzungen gesicherte Durchbrüche versehen sei. Hinzu komme, dass die Trennkappe im Bereich ihrer Unterkappen bereits vor dem Schäumvorgang des aktivierbaren Materials an der Innenseite des Außenblechs anliege, mit der Folge dass sich in diesem Bereich kein Korrosionsschutz an dem Außenblech auftragen lasse.

Überdies werde der feste Kern nicht von der Beklagten mit dem aktivierbaren Material beschichtet. Den bereits beschichteten festen Kern erhalte die Beklagte zur weiteren Verarbeitung vorgefertigt aus dem Ausland zugeliefert.

Unter vertiefender Darlegung ihrer Einsprüche wenden die Beklagte und die Streithelferin schließlich ein, das vom Klagepatent beanspruchte Verfahren sei nicht in einer Weise offenbart, dass der Fachmann es ausführen könne. Es sei gegenüber der Schutzrechtsanmeldung unzulässig erweitert, gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neu und beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

Die Akte 4a 0 173 / 03 des Landgerichts E wurde dem Rechtsstreit zu Informationszwecken zugezogen und war Gegenstands der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz nach den Art. 64, 69 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 2 und 3, 33, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Denn die Beklagte macht mit dem von ihr für die Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen angewendeten Verfahren von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Daher stellt auch das Anbieten und Vertreiben dieser Ausführungsformen keine nach § 9 Nr. 3 PatG verbotene Benutzungshandlung dar.

I.

Das Klagepatent betrifft in seinem von der Klägerin hier geltend gemachten Schutzumfang ein Verfahren zur Herstellung eines Hohlprofils mit Innenversteifung.

Wie das Klagepatent in seinem allgemeinen Beschreibungsteil einleitend ausführt, finden im Maschinen- und auch insbesondere im Automobilbau gestanzte und vorgeformte Blechprofile Anwendung, die zweischalig miteinander verschweißt werden. Die in solcher Weise zusammengefügten Hohlprofile weisen nur dann ausreichende Widerstandsmomente und Biegefestigkeiten auf, wenn die Blechquerschnitte entsprechend vergrößert oder die Blechwandstärke erhöht wird. Eine Vergrößerung der Blechquerschnitte führt allerdings insbesondere bei Kraftfahrzeugen zu einer Veränderung der inneren und äußeren Abmaße, wohingegen eine Erhöhung der Wandstärke mit einem nicht gewünschten Mehrgewicht verbunden ist.

Für eine Versteifung von Hohlprofilen besteht nach dem Stand der Technik überdies die Möglichkeit, die Hohlprofile mit Rippenprofilen zu verstärken. Solche Rippenprofile sind indes bei Hohlprofilen, die von Innen einen Korrosionsschutz erhalten sollen, ungeeignet, wenn die gewünschte Schutzschicht – wie beim Automobilbau üblich – im Tauchverfahren erzeugt wird. Denn die Rippenprofile verhindern, dass das Korrosionsschutzmittel in alle Bereiche der Innenprofile gelangt. Die Rippenprofile vermögen zudem nicht gewünschte Taschen zu bilden.

Anknüpfend an diese Nachteile nimmt das Klagepatent auf den mit einem metallenen Hohlkörper und einem Kern ausgestatteten Träger nach der deutschen Offenlegungsschrift 42 27 393 (Anlage K6 zur Akte 4a 0 173/03) Bezug, bei dem eine Verringerung der Korrosionsanfälligkeit des Hohlkörpers im Bereich des von dem Hohlkörper umschlossenen Raums erreicht werden soll. Hierzu wird unter anderem eine elek-trisch leitende Schicht aus einem Opfermetall oder aus einer Folie in den Hohlkörper eingelegt. Durch den Aufschäumvorgang eines den Kern ummantelnden Materials wird diese Schicht zur Auflage auf der Innenfläche des Hohlkörpers gebracht. Zu einer solchen Funktionsweise führt das Klagepatent als nachteilig an, dass sich der Offenlegungsschrift kein Hinweis entnehmen lasse, wie eine zur Aufnahme von Kräften geeignete Innenversteifung bei Hohlprofilen erreichbar sei.

Das Klagepatent erwähnt dann das aus der deutschen Offenlegungsschrift 196 35 734 (Anlage K7 zur Akte 4a 0 173/03) bekannte, durch Ausschäumen von Hohlteilen in seiner mechanischen Widerstandsfähigkeit gegen Deformation verstärkte Formteil, bei dem es sich überwiegend um nahtlose oder geschweißte Rohre handelt, die gegebenenfalls umgeformt werden können. Besondere Maßnahmen zur Verringerung der Korrosionsanfälligkeit sind in der genannten Offenlegungsschrift allerdings nicht aufgezeigt.

Abschließend zum Stand der Technik geht das Klagepatent auf einen aus dem US-amerikanischen Patent 5 194 199 (Anlage K10) bekannten Konstruktionsentwurf ein, bei dem das Aufschäumen des Materials und hierdurch das Ausfüllen von größenmäßig vorgegebenen Zwischenräumen durch eine Tauchlackierung erfolgt. Eine solche Funktionsweise führt es zwangsläufig mit sich, dass das warme Tauchbeschichtungsmaterial entweder an der Wandung trocknet und dann die Wärmereaktion auslöst, mit der Folge, dass das gesamte Tauchbeschichtungsmaterial, jedenfalls aber ein großer Teil ausgeerdet sein muss. Andernfalls muss der aktivierte Schaum das Tauchbewegungsbad verdrängen, was wegen des dann notwendigen Blähdrucks die Ausbildung des Schaums einschränkt und Fehlstellen im Schaum und eine durch solche Fehlstellen im Falle eines Unfalls reduzierte Übertragung der Aufprallenergie mit sich führt. Außerdem besteht die Gefahr, dass zumindest ein Teil des Tauchbeschichtungsmaterials in den Schaum eindringt und zu nicht definierten Eigenschaften in dem Materialverbund führt. Wie das Tauchbeschichtungsmaterial aushärtet, lässt das US-amerikanische Patent offen.

Hiervon ausgehend liegt dem Klagepatent das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, die Herstellung eines Hohlprofils mit einem ausgeschäumten Hohlraum derart zu verbessern, dass der Korrosionsschutz erhöht ist.

Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Es handelt sich um ein Verfahren zur Herstellung eines Hohlprofils mit Innenversteifung, insbesondere zur Verwendung bei Automobilkarossen;

2.

bei dem Verfahren wird ein festes Kernmaterial (1) verwendet;

3.

das feste Kernmaterial (1) wird mit aktivierbaren Material (2) beschichtet;

4.

unter Bildung eines definierten Hohlraums (3) wird ein Außenblech (4) angeordnet,

5.

der Hohlraum (3) wird durch den Schäumvorgang des aktivierbaren Materials (2) voll ausgefüllt;

6.

das feste Kernmaterial (1) wird gebildet

a)

aus einem geschäumten oder ungeschäumten metallischen Werkstoff,

b)

bzw. aus einem mit Metallfasern, Kohlefasern oder Glasfasern verstärkten synthetischen Werkstoff

c)

oder durch ein Hohlprofil;

7.

das Profil wird vor dem Schäumvorgang des aktivierbaren Materials (2) einem Korrosionstauchbad zugeführt, wobei das Korrosionsschutzmittel in alle Bereiche des Innenprofils gelangt;

8.

anschließend wird das Hohlprofil einem Trockenofen zugeführt;

9.

im Trockenofen wird eine Reaktion des aktivierbaren Materials (2) ausgelöst und dadurch der definiert vorgegebene Hohlraum (3) zwischen dem aktivierbaren Material (2) und dem Außenblech (4) ausgefüllt.

Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren – so das Klagepatent in seiner allgemeinen Beschreibung weiter – wird zunächst in einem Tauchbad das Korrosionsmittel aufgebracht und, nachdem das überschüssige Material entfernt worden ist, die Reaktion des Schaums im nachgeschalteten Trockenofen eingeleitet. Hierdurch besteht keine Abhängigkeit zwischen der Reaktionstemperatur der Tauchbeschichtung und der Temperatur im Trockenofen. Vielmehr kann durch die Variation von Temperatur und Durchlaufzeit des Trockenofens eine Einstellung gewählt werden, bei der zunächst das Korrosionsschutzmittel trocknet und dann die Reaktion des Schaums ausgelöst wird. Hierdurch kann sich der Schaum intensiv mit der bereits getrockneten Oberflächenschicht verbinden.

II.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen von dem Merkmal 9 in Verbindung mit dem Merkmal 5 des Klagepatents keinen Gebrauch.

Das Merkmal 9 besagt, dass in dem Trockenofen eine Reaktion des aktivierbaren Materials ausgelöst und dadurch der definiert vorgegebene Hohlraum zwischen dem aktivierbaren Material und dem Außenblech ausgefüllt wird.

Entgegen dem von der Klägerin geltend gemachten Verständnis wird das Merkmal 9 des Klagepatents nicht durch solche Ausführungen verwirklicht, bei denen der durch den beschichteten festen Kern und die Innenseite des Außenblechs in seinen Abmessungen festgelegte Hohlraum lediglich in Teilbereichen mit dem aktivierbaren Material ausgefüllt wird.

Mit dem Merkmal 9 legt sich das Klagepatent auf ein Verfahren zur Innenversteifung von Hohlprofilen fest, das zu einem vollständigen Ausfüllen des Hohlraums durch den mit der Reaktion des aktivierbaren Materials freigegebenen Schaum führt.

Ein solches Verständnis folgt aus dem nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ für die Schutzbereichsbestimmung des Klagepatents in erster Linie heranzuziehenden Anspruchswortlaut.

In seinem Anspruchswortlaut schreibt das Klagepatent durch das Merkmal 5 vor, dass der Hohlraum durch den Schäumvorgang des aktivierbaren Materials voll ausgefüllt wird.

Es ist nicht einzusehen und von der Klägerin auch nicht schlüssig dargetan worden, dass dem Merkmal 9 des Klagepatents im Hinblick auf das Ausfüllen des Hohlraumes ein anderes Verständnis zugrundeliegt, als dem Merkmal 5. Die Merkmale 5 und 9 des Klagepatents stehen zueinander in funktionalem Zusammenhang. Während das Merkmal 5 Vorgaben für die räumliche Ausgestaltung des Hohlraumes enthält (der Hohlraum soll unter Berücksichtigung des vorhandenen aktivierbaren Materials so bemessen sein, dass das aktivierbare Material ihn voll auszuschäumen vermag), befasst sich das Merkmal 9 mit der durch die Reaktion des aktivierbaren Materials erfolgenden Ausfüllung des Hohlraums.

Dafür, dass sich das Klagepatent trotz der in dem Merkmal 5 enthaltenen Vorgabe, den Hohlraum durch den Schäumvorgang voll auszufüllen, im Hinblick auf das Merkmal 9 auf ein lediglich teilweises Ausfüllen des Hohlraumes beschränkt, gibt die Klagepatentschrift keinen Hinweis.

Hiergegen spricht, dass die Klagepatentschrift keine unter Bestimmtheitsgesichtspunkten gebotenen Angaben zu dem Ausmaß enthält, mit welchem der Hohlraum nach der beanspruchten Lehre durch das ausgeschäumte aktivierbare Material teilweise auszufüllen ist.

Zu der von der Klägerin geltend gemachten Betrachtungsweise wird der Fachmann auch nicht durch technisch funktionale Überlegungen geführt.

Mit seinen Merkmalen 5 und 9 grenzt sich das Klagepatent von dem aus der deutschen Offenlegungsschrift 42 27 393 (Anlage K6 zur Akte 4a 0 173/03) und dem US-amerikanischen Patent 5 194 199 (Anlage K10) bekannten Stand der Technik ab.

Um die Korrosionsanfälligkeit des metallischen Hohlkörpers im Bereich des von dem Hohlkörper umschlossenen Raumes zu verringern, sieht die deutsche Offenlegungsschrift unter anderem eine elektrisch leitende Schicht aus einem Opfermaterial oder einer Folie vor, die durch den Ausschäumvorgang eines den Kern ummantelnden Materials zur Auflage auf der Innenfläche des Hohlkörpers gebracht werden soll. Nach dem US-amerikanischen Patent erfolgt ein Ausschäumen des Materials und dadurch das Ausfüllen der größenmäßig vorgegebenen Zwischenräume durch eine Tauchlackierung.

Zu der deutschen Offenlegungsschrift hebt das Klagepatent als nachteilig hervor, ihr lasse sich kein Hinweis entnehmen, wie eine zur Aufnahme von Kräften geeignete Innenversteifung bei Hohlprofilen zu erreichen sei (Anlage K2, Spalte 1, Zeilen 31 bis 39).

Es kann dahingestellt bleiben, ob die vom Klagepatent gewünschte Innenversteifung bei der deutschen Offenlegungsschrift – wie von der Beklagten und der Streithelferin geltend gemacht – durch die auf der Innenfläche des Hohlkörpers aufliegende, elektrisch leitende Schicht beeinträchtigt wird. Hierfür spricht, dass die genannten Schicht ein Verkleben des ausgeschäumten, den Kern ummantelnden Materials mit der Innenfläche des Hohlkörpers verhindert. Wie sich aus den Vorteilsangaben zu der beanspruchten Lehre erschließt, will das Klagepatent eine entsprechende Verklebung zwischen dem aktivierbaren Material und der Innenfläche des Hohlkörpers gewährleistet wissen. In den Vorteilsangaben hebt das Klagepatent hervor, dass sich durch eine Variation von Temperatur und Durchlaufzeit des Trockenofens eine Einstellung wählen lasse, bei der zunächst das Korrosionsschutzmittel trocknet und dann die Reaktion des Schaums ausgelöst wird. Hierdurch könne sich der Schaum intensiv mit der bereits getrockneten Oberflächenschicht verbinden (Anlage K2, Spalte 3, Zeilen 11 bis 17).

Selbst wenn die elektrisch leitende Schicht nach der deutschen Offenlegungsschrift 42 27 393 für eine geeignete Innenversteifung unerheblich sein sollte, lässt sich aus der vom Klagepatent zu diesem Stand der Technik geäußerten Kritik nicht herleiten, dass der Hohlraum bei dem vom Klagepatent beanspruchten Verfahren lediglich teilweise durch das ausgeschäumte aktivierbare Material ausgefüllt sein braucht. Hierzu trifft das Klagepatent – wie bereits dargelegt – keine Aussage.

Gleiches gilt im Hinblick auf die vom Klagepatent zu dem US-amerikanischen Patent 5 194 199 geübten Kritik. Zu dem im US-amerikanischen Schutzrecht beschriebenen Verfahren hebt das Klagepatent als nachteilig hervor, dass der aktivierbare Schaum das Tauchbeschichtungsmaterial verdrängen müsse, was wegen des hierfür nötigen Blähdrucks die Ausbildung des Schaums einschränke und zu Fehlstellen im Schaum führe. Außerdem bestehe die Gefahr, dass zumindest ein Teil des Tauchbeschichtungsmaterials in den Schaum eindringe und in dem Materialverbund zu nicht definierten Eigenschaften führe (Anlage K2, Spalte 1, Zeile 55 bis Spalte 2, Zeile 5). Der Kritikpunkt, Einschränkungen bei der Ausbildung des Schaums und Fehlstellen im Schaum zu vermeiden, bestätigt vielmehr, dass es dem Klagepatent darum geht, den Hohlraum mit dem aktivierbaren Material vollständig auszufüllen.

Etwas anderes folgt schließlich nicht aus dem in der Klagepatentschrift enthaltenen Unteranspruch 5, nach dem das feste Kernmaterial nur in Teilbereichen mit dem aktivierbaren Material beschichtet ist. Der Unteranspruch 5 befasst sich nicht mit dem Ausfüllen des Hohlraums. Er enthält Vorgaben für die Beschichtung des festen Kernmaterials mit dem aktivierbaren Material. Diese Vorgaben schließen es nicht aus, dass das aktivierbare Material durch das Ausschäumen derart expandiert, dass der gesamte Hohlraum hiervon ausgefüllt wird.

Für die Verwirklichung des Merkmals 9 und die Frage einer Verletzung des Klagepatents unerheblich ist die angegriffene Ausführungsform 1, zu der es in den VDI-Berichten Nr. 1543 unter der Überschrift „Oberflächenqualität der Außenhaut“ heißt, ein anderes Problem sei die Sicherstellung der Oberflächenqualität der Außenhaut im Bereich des Strukturschaumrohres gewesen. Nach dem Lackieren der Versuchsfahrzeuge hätten sich jeweils am vorderen und am hinteren Ende des Verstärkungsrohres im sichtbaren Bereich des seitlichen Daches Markierungen ausgebildet. Nach genauerer Analyse hätten sich diese Markierungen als Reaktion der Seitenwand außen auf das unterschiedliche thermische Verhalten des beteiligten Werkstoffe PA, Epoxidstrukturschaum und Stahlblech herausgestellt. Aufgrund von Materialschwindungen und unterschiedlichen Ausdehnungsraten komme es hierbei zu einer Überlagerung von Kräften (Anlage K12, S. 242f.).

Denn aus diesem wissenschaftlichen Beitrag gehen Benutzungshandlungen i.S.v. § 9 Nr. 2 und 3 PatG durch die Beklagte nach der Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents (3. Januar 2001) nicht hervor. Der Beitrag beschreibt die historische Entwicklung von Dachrahmenverstärkungen im Pkw UI##xxx. Dafür, dass das der angegriffenen Ausführungsform 1 für die Verstärkung des Dachrahmens zugrundeliegende Verfahren von der Beklagten nach der Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents angewendet worden ist, gibt der Beitrag keinen Hinweis. Solche Benutzungshandlungen sind von der Klägerin auch im übrigen nicht geltend gemacht worden.

Im Ergebnis nichts anderes gilt für die angegriffene Ausführungsform 2.

Zu dieser Ausführungsform hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass sie von ihr seit Oktober 2000 nicht mehr hergestellt wird. Wenn die Anmeldung des Klagepatents erst am 3. Januar 2001 veröffentlicht und dessen Erteilung am 2. Januar 2002 veröffentlicht und bekannt gemacht worden ist, vermag diese Ausführungsform selbst den zeitlich vorgelagerten, nach § 33 PatG mit der Schutzrechtsanmeldung verknüpften Entschädigungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer Benutzung nach § 9 Nr. 2 und § 9 Nr. 3 PatG nicht zu rechtfertigen, zumal nicht einzusehen und von der Klägerin auch nicht dargetan worden ist, dass die Beklagte Exemplare ihrer aus der Zeit vor Oktober 2000 stammenden Produktion erst zu einem Zeitpunkt angeboten oder in den Verkehr gebracht hat, als die Anmeldung des Klagepatents bereits veröffentlicht war. Erst recht fehlt es insoweit in der Darlegung einer Verletzungshandlung nach Erteilung des Klagepatents.

Wie sich aus mehreren von der Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Lichtbildern (Anlagen K3 und K3a) erschließt, ist bei der angegriffenen Ausführungsform 3 über einen Teilumfang des aktivierbaren Materials eine Trennkappe angeordnet, die dazu dient, Deformationen an dem nach Außen gerichteten Abschnitt des Hohlprofils durch Materialschwindungen oder Wärmedehnungen in dem aktivierbaren Material zu vermeiden (vgl. Anlage K12, S. 246). Zu diesem Zweck wird durch die Trennkappe verhindert, dass das aktivierbare Material in dem betreffenden Bereich bis zur Innenwand des Außenblechs auszuschäumen und sich mit der Innenwand zu verkleben vermag. Nach dem Vorbringen der Streithelferin, das mit einem von der Klägerin in der Sitzung vom 16. März 2003 überreichten Augenscheinsobjekt übereinstimmt, ist die Trennkappe an dem festen Material mit einem Gleitstift befestigt. Der Gleitstift ist so bemessen, dass die Trennkappe beim Ausschäumen des aktivierbaren Materials bis zu 2mm radial nach außen bewegt werden kann.

Zur Durchführung von Kabeln und Leitungen und um das Hohlprofil mit hieran angrenzenden Trägerteilen zu verbinden, sind das Kernmaterial und das hierauf geschichtete aktivierbare Material mit mehreren Bohrungen und Durchbrüchen versehen. Die Bohrungen und Durchbrüche sind mit Expansionsbegrenzungen davor gesichert, dass das aktivierbare Material in die betreffenden Bereiche einzuschäumen vermag.

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich solche Bohrungen und Durchbrüche aus Gründen fertigungstechnischer Notwendigkeit mit der Lehre des Klagepatents in Einklang bringen lassen.

Von dem Merkmal 9 des Klagepatents macht die angegriffene Ausführungsform jedenfalls deshalb keinen wortsinngemäßen Gebrauch, weil sich der zwischen dem aktivierbaren Material und dem Außenblech befindliche Hohlraum infolge der hierin angeordneten Trennkappe durch das Ausschäumen des aktivierbaren Materials nicht vollständig auffüllen lässt. Durch die Trennkappe wird verhindert, dass das ausschäumende aktivierbare Material in dem betreffenden Bereich bis zum Außenblech zu expandieren und sich mit der Innenseite des Außenblechs zu verbinden vermag. Wie die Klägerin in der Sitzung vom 16. März 2004 eingeräumt hat, zieht sich der aus dem aktivierbaren Material gebildete Schaum nach Abschluss der an dem aktivierbaren Material hervorgerufenen Reaktion in einem gewissen Umfang wieder zusammen. Weil der Schaum sich im Bereich der Trennkappe nicht mit dem Außenblech zu verkleben vermag, führt dieser Vorgang zwischen der Trennkappe und der Innenwand des Außenblechs zu einem Luftspalt.

Es mag sein, dass ein solcher Luftspalt – wie von der Klägerin in der Sitzung vom 16. März 2004 geltend gemacht – unter sicherheitstechnischen Gesichtspunkten hinnehmbar ist. Infolge der in dem Hohlraum angeordneten Trennkappe und des auf die Trennkappe zurückzuführenden Luftspaltes macht das bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform 3 angewendete Verfahren von dem Merkmal 9 des Klagepatents keinen wortsinngemäßen Gebrauch.

Die Frage, ob das Merkmal 9 des Klagepatents von der Beklagten mit äquivalenten Mitteln verwirklicht wird, stellt sich nicht, weil die Klägerin in der Sitzung vom 16. März 2004 auf Bedenken, die das Gericht im Hinblick auf eine wortlautgemäße Benutzung des Merkmals 9 geäußert hat, ausdrücklich erwidert hat, Äquivalenz werde von ihr nicht geltend gemacht.

III.

Die Darlegungen der Streithelferin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 23. April 2004 rechtfertigen keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709, 108 ZPO.

Für den von der Klägerin hilfsweise beantragten besonderen Vollstreckungsschutz besteht kein Anlass, weil sie die hierfür nach § 712 ZPO bestehenden Voraussetzungen nicht dargetan hat.

V.

Der Streitwert wird auf 500.000,00 Euro festgesetzt.

Dr. H2 N2 L2