4a O 45/02 – Müllschredder

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  197

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Februar 2003, Az. 4a O 45/02

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 12.000,00 vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die früher unter der Bezeichnung Niro Separation A/S firmierende Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 20. März 1991 unter Inanspruchnahme einer dänischen Priorität vom 21. März 1990 angemeldeten europäischen Patents 0 521 081 (Anlage L1, nachfolgend: Klagepatent), dessen Anmeldung am 3. Oktober 1991 und dessen Erteilung am 21. September 1994 veröffentlicht wurde.

Die deutsche Übersetzung des in englischer Verfahrenssprache formulierten Klagepatents wurde unter der Registernummer 691 04 194 (Anlage L2) beim Deutschen Patent- und Markenamt hinterlegt und am 6. April 1995 im Patentblatt veröffentlicht.

Das Klagepatent betrifft eine Anlage für Materialzerkleinerung.

Wegen Verletzung des Klagepatents nimmt die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Der Anspruch 1 des Klagepatents hat in seiner nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebenden englischen Fassung folgenden Wortlaut:

An apparatus (1) for reducing materials such as organic waste, very bulky waste like refrigerators, tyres, furniture, tree stumps, demolition timber or the like, wherein said apparatus includes reducing means consisting of U-shaped knives (3) situated in a plane perpendicular to the axis of rotation for the shafts and which are arranged evenly along and around two substantially parallel and horizontal shafts (2) which are driven by a motor (24) being able to drive the shafts (2) in opposite directions and which are situated with the mutual distance a little wider than the double distance between the radially outer point (9) of a knife (3) and the axis of rotation (5), driving means (20, 21, 22, 23) are arranged between the motor (24) and the shafts (2), said material is supplied to the knives through an inlet disposed above the knives, said knives (3) co-operate with knives (6) fixedly mounted betwen said shafts (2) on a part (7) of the frame of the apparatus for reducing the material when said shafts rotate in opposite directions whereby the cutting edge (11) of the blades (8) is moved towards each other at the upperside of the fixed knives (6), characterized in that the mutual distance between the two shafts (2) is a fixed distance, and that said driving means comprise a suitable gear (20) for each of said two shafts (2), a hydraulic motor (21) with adjustable speeds of rotation for activating each shaft (2), an adjustable pump (22) for feeding each hydraulic motor (21), and gears (23) through which the motor (24) activates said pumps (22) which are able to revert the flow through the hydraulic motors (21) to rotate each shaft individually forwards and backwards according to a predetermined sequence.

Der Anspruch 1 ist in der Klagepatentschrift wie folgt ins Deutsche übersetzt:

Vorrichtung (1) zum Zerkleinern von Materialien, wie organischem Abfall, sehr sperrigem Abfall wie Kühlschränken, Reifen, Möbeln, Baumstümpfen, Abbruchholz oder dergleichen, wobei die Vorrichtung Zerkleinerungseinrichtungen einschließt, bestehend aus U-förmigen Messern (3), die in einer zur Drehachse für die Wellen senkrechten Ebene liegen und die gleichmäßig und rund um zwei im Wesentlichen parallele und horizontale Wellen (2), die von einem Motor (24) angetrieben werden, der fähig ist, die Wellen (2) in entgegengesetzten Richtungen anzutreiben, und die mit einem gegenseitigen Abstand angeordnet sind, der etwas größer als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt (9) eines Messers (3) und der Drehachse (5) ist, angeordnet sind, Antriebseinrichtungen (20, 21, 22, 23) zwischen dem Motor (24) und den Wellen (2) angeordnet sind, das Material den Messern durch einen über den Messern angeordneten Schacht zugeführt wird, die Messer (3) mit zwischen den Wellen (2) auf einem Teil (7) des Rahmens der Vorrichtung zur Materialzerkleinerung feststehend angebrachten Messern (6) zusammenarbeiten, wenn die Wellen in entgegengesetzten Richtungen rotieren, wodurch die Schnittkante (11) der Blätter (8) an der Oberseite der feststehenden Messer (6) aufeinander zubewegt werden, dadurch gekennzeichnet, dass der gegenseitige Abstand zwischen den zwei Wellen (2) ein fester Abstand ist, und dass die Antriebseinrichtungen ein geeignetes Getriebe (20) für jede der zwei Wellen (2), einen hydraulischen Motor (21) mit einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten zum Betrieben jeder Welle (2), eine einstellbare Pumpe (22) zum Versorgen jedes hydraulischen Motors (21), und Getriebe (23), durch die der Motor (24) die Pumpen (22) betreibt, die den Fluss durch die hydraulischen Motoren (21) umzukehren vermögen, um jede Welle individuell vorwärts und rückwärts gemäß einer vorbestimmten Sequenz zu drehen, umfassen.

Die nachfolgenden Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und dienen zur Erläuterung der Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels.

Die verkleinert wiedergegebene Figur 1 zeigt einen Aufriss einer erfindungsgemäßen Vorrichtung. Die Figur 5 ist eine graphische Darstellung, mit der die Betriebseinrichtung der Vorrichtung veranschaulicht wird.

Mit patentanwaltlichem Schriftsatz vom 29. Dezember 2001 (Anlage B8) reichte die Beklagte beim Bundespatentgericht gegen den deutschen Teil des Klagepatents Nichtigkeitsklage ein, über die noch nicht entschieden worden ist.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Zwei-Wellen- und Dreiwellen-Werkstoffzerkleinerer, zu denen die Klägerin mehrere Werbeinformationsschriften der Beklagten (Anlagen L7, L21 und L23) und beispielhaft mehrere Lichtbilder eines Zwei-Wellen-Werkstoffzerkleinerers (Anlage L8) und eines Drei-Wellen-Werkstoffzerkleinerers (Anlage L22) zur Gerichtsakte gereicht hat.

Nach den vorgelegten Lichtbildern sind die Werkstoffzerkleinerer wie folgt aufgebaut:

Die Klägerin sieht in diesen von ihr angegriffenen Ausführungsformen eine Verletzung des Klagepatents mit wortsinngemäßen, jedenfalls aber mit äquivalenten Mitteln.

Sie macht geltend, der Anspruchswortlaut des Klagepatents sei unzutreffend ins Deutsche übersetzt worden. Bei dem in dem Anspruch 1 beschriebenen „suitable gear (20)“ und den „gears (23) through which the motor (24) activates said pumps (22)“, handele es sich nicht um Getriebe, mit denen eine Bewegungsveränderung bewirkt werde, sondern um Antriebsorgane, die allein dazu dienen würden, eine vorgegebene Bewegung auf ein anderes Bauteil zu übertragen.

Die Klägerin beantragt,

I.

die Beklagte zu verurteilen,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

a)

Vorrichtungen zum Zerkleinern von Materialien, wie organischer Abfall, sehr sperriger Abfall wie Küchenschränke, Reifen, Möbel, Baumstümpfe, Abbruchholz oder dergleichen, wobei die Vorrichtungen Zerkleinerungsmittel einschließen, bestehend aus U-förmigen Messern, die in einer zur Drehachse für die Wellen senkrechten Ebene liegen und die gleichmäßig entlang und rund um zwei im Wesentlichen parallele und horizontale Wellen, die von einem Motor angetrieben werden, der fähig ist, die Wellen in entgegengesetzten Richtungen anzutreiben, und die mit einem gegenseitigen Abstand angeordnet sind, der etwas größer als der doppelte Abstand zwischen den radialen Außenpunkten eines Messers und der Drehachse ist, angeordnet sind, Antriebsmittel zwischen dem Motor und den Wellen angeordnet sind, das Material den Messern durch einen über den Messern angeordneten Schacht zugeführt wird, die Messer mit zwischen den Wellen auf einem Teil des Rahmens der Vorrichtung zur Materialzerkleinerung feststehend angebrachten Messern zusammenarbeiten, wenn die Wellen in entgegengesetzten Richtungen rotieren, wodurch die Schnittkanten der Blätter an der Oberseite der feststehenden Messer aufeinander zu bewegt werden,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der gegenseitige Abstand zwischen den zwei Wellen ein fester ist und die Antriebsmittel ein geeignetes Antriebsorgan für jede der zwei Wellen, einen hydraulischen Motor mit einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten zum Antreiben jeder Welle, eine einstellbare Pumpe zum Versorgen jedes hy- draulischen Motors und Antriebsorgane aufweisen, über die der Motor die Pumpen antreibt, die den Fluss durch die hydraulischen Motoren umzukehren vermögen, um jede Welle individuell vorwärts und rückwärts gemäß einer vorbestimmten Sequenz zu drehen;

b)

hilfsweise es bei Meidung der oben dargelegten Ordnungsmittel zu unterlassen,

Vorrichtungen zum Zerkleinern von Materialien, wie organischem Abfall, sehr sperrigem Abfall wie Kühlschränken, Reifen, Möbeln, Baumstüpfen, Abbruchholz oder dergleichen, wobei die Vorrichtung Zerkleinerungseinrichtungen einschließt, bestehend aus U-förmigen Messern, die in einer zur Drehachse für die wellen senkrechten Ebene liegen und die gleichmäßig entlang und rund um zwei im Wesentlichen parallele und horizontale Wellen, die von Motoren angetrieben werden, die fähig sind, die Wellen in entgegengesetzten Richtungen anzutreiben, und die in einem gegenseitigen Abstand angeordnet sind, der etwas kleiner als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse ist, aber wesentlich größer als die Summe des Abstandeszwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und dessen Drehachse und des Abstandes zwischen dem radialen Innenpunkt des anderen Messers und dessen Drehachse, angeordnet sind, Antriebsmittel zwischen den Motoren und den Wellen angeordnet sind, das Material den Messern durch einen über den Messern angeordneten Schacht zugeführt wird, die Messer mit zwischen den Wellen auf einem Teil des Rahmens der Vorrichtung zur Materialverkleinerung feststehend angebrachten Messern zusammenarbeiten, wenn die Wellen in entgegengesetzten Richtungen rotieren, wodurch die Schnittkanten der Blätter an der Oberseite der feststehenden Messer aufeinander zu bewegt werden,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken in den Verkehr einzuführen oder zu besitzen,

bei denen der gegenseitige Abstand zwischen den Wellen ein fester Abstand ist und die Antriebsmittel einen Anschluss der Welle zum Anschließen an eine Hohlwelle des zugehörigen Hydraulikmotors, einen Hydraulikmotor mit einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten zum Antreiben einer jeden Welle, eine einstellbare Pumpe zum Versorgen jedes Hydraulikmotors, und Anschlüsse aufweisen, über die die Motoren die Pumpen einzeln antreiben, die den Fluss durch die Hydraulikmotoren umzukehren vermögen, um jede Welle individuell vorwärts und rückwärts gemäß einer vorbestimmten Sequenz zu drehen;

2.

ihr -der Klägerin- darüber schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I.1.a), hilfsweise die zu I.1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 21. Oktober 1994 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten und/oder der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Liefe­ran­ten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefer­mengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typen­bezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Ab­nehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots­men­gen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typen­be­zeich­nungen sowie der Namen und Anschriften der Ange­bots­empfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe­trä­gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver­breitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

sie der Beklagten vorbehält, die Namen und An­schrif­ten der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt ihr einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirt­schafts­prüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, ihr auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein be­stimm­ter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Auf­stel­lung enthalten ist;

II.

festzustellen,

dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1.a), hilfsweise durch die zu I.1.b) bezeichneten, seit dem 21. Oktober 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise,

im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung ihr nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

weiter hilfsweise,

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von ihr erhobene Nichtigkeitsklage vom 29. Dezember 2001 gegen den deutschen Teil des EP 0 521 081 auszusetzen.

Ausgehend vom deutschen Übersetzungswortlaut des Klagepatents wendet sie ein, die von ihr hergestellten und vertriebenen Werkstoffzerkleinerer würden von der Lehre des genannten Schutzrechtes keinen Gebrauch machen, weil deren Wellen von separaten Motoren angetrieben würden.

Zwischen den hydraulischen Motoren und den Wellen befinde sich kein Getriebe; vielmehr seien die Wellen unmittelbar mit den Motoren verbunden. Auch zwischen den Motoren und den Hydraulikpumpen sei kein Getriebe vorhanden.

Dessen ungeachtet würden sich die Flugkreise der äußeren Messer oberhalb des Schneidtisches im Bereich zwischen den Wellen überschneiden.

Überdies seien die hydraulischen Motoren mit einem gleichbleibenden Schluckvolumen an Hydraulikflüssigkeit eingestellt, was zur Folge habe, dass sich die Rotationsgeschwindigkeit an den hydraulischen Motoren nicht einstellen lasse.

Gegenüber einer äquivalenten Benutzung des Klagepatents macht die Beklagte geltend, die angegriffenen Ausführungsformen seien dem Fachmann durch die europäische Patentanmeldung 0 015 877 (Anlage B7) nahegelegt.

Weiter hilfsweise für den Fall, dass der im Klagepatent benutzte Begriff „gear“ in der von der Klägerin dargelegten Weise zu übersetzen ist, beruft sich die Beklagte auf ein Weiterbenutzungsrecht, zu dem sie vorträgt, sie habe Maschinen, bei denen die Motoren mit den Hydraulikpumpen bzw. Wellen ohne Zwischenschaltung eines Getriebes verbunden seien, bereits hergestellt, bevor die Klägerin die deutsche Übersetzung des Anspruchswortlautes erstmals im Rahmen der vorliegenden Klage korrigiert habe.

Unter Vertiefung ihrer Darlegungen zur Nichtigkeitsklage wendet die Beklagte schließlich ein, die Vorrichtung nach dem Klagepatent beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Das von der Klägerin ursprünglich angerufene Verwaltungsgericht Düsseldorf hat sich mit Beschluss vom 14. Januar 2002 für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an die hier erkenndende, nach § 143 PatG funktionell zuständige Kammer für Patentstreitigkeiten verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz nach Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 2 PatG, §§ 242, 259 BGB nicht zu. Denn die Beklagte macht mit den von ihr hergestellten und vertriebenen Werkstoffzerkleinerern von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Anlage zum Zerkleinern von Materialien, wie organischen oder sehr sperrigem Abfall.

1.

Für eine solche Vorrichtung nimmt das Klagepatent zu Beginn seiner allgemeinen Beschreibung auf die US-amerikanische Patentschrift 3.845.907 (Anlage B1) Bezug, die eine Doppelwellen-Anlage zum Zerkleinern von Abfall offenbart, bei der die auf der einen Welle angebrachten Messer mit Messern auf der anderen Welle zusammenarbeiten. Die Wellen werden über ein Reduktionsgetriebe durch einen Elektromotor angetrieben. In Abhängigkeit von einem Zeit- oder Drehmoment lässt sich die Rotationsrichtung des Motors umkehren. Die Umkehrung wirkt sich auf beide Wellen aus, was zur Folge hat, dass sich die Drehrichtung der Wellen nicht einzeln einstellen lässt.

Hieran anschließend erwähnt das Klagepatent die europäische Patentanmeldung 0 174 148 (Anlage B2), die gleichfalls eine Doppelwellen-Anlage zum Zerkleinern von Abfall beschreibt, bei der die an den Wellen befindlichen Messer mit feststehend auf dem Rahmen angebrachten Messern zusammenarbeiten. Ebenso wie nach der US-amerika-nischen Patent 3.845.907 sind die Wellen bei dem in der europäischen Patentanmeldung 0 174 148 beschriebenen Kon-struktionsentwurf nicht für individuelle Rotationsgeschwindigkeiten und Rotationssequenzen ausgelegt, weshalb die Kapazität dieser Vorrichtung begrenzt ist.

Das Klagepatent geht schließlich auf die schwedische Offenlegungsschrift 437 477 (Anlage B4) ein, zu der es ausführt, dass die dort beschriebene Anlage keine U-förmigen Messer umfasst und im Übrigen unter den gleichen Nachteilen leidet, wie die in der europäischen Patentanmeldung 0 174 148 beschriebene Vorrichtung. Der Verbraucher könne nicht sicher sein, dass das Material, das die Vorrichtung passiert hat, tatsächlich zerkleinert worden ist.

Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das technische Problem (die Aufgabe) zugrunde, eine Vorrichtung zur effizienten und ökonomischen Zerkleinerung von Materialien zu liefern, ungeachtet des Materials, bestehend aus einer inhomogenen Zusammensetzung, wie zum Beispiel organischem Abfall oder sehr sperrigem Abfall.

Zur Lösung des Problems schlägt das Klagepatent nach seiner deutschen Übersetzung im Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1.

Es handelt sich um eine Vorrichtung (1) zum Zerkleinern von Materialien, wie organischer Abfall, sehr sperriger Abfall wie Kühlschränke, Reifen, Möbel, Baumstümpfe, Abbruchholz oder dergleichen;

2.

die Vorrichtung schließt Zerkleinerungsmittel ein, die aus U-förmigen Messern (3) bestehen;

a)

die Zerkleinerungsmittel liegen in einer zur Drehachse für die Wellen senkrechten Ebene,

b)

Die Zerkleinerungsmittel sind gleichmäßig und rund um zwei im Wesentlichen parallele und horizontale Wellen angeordnet;

3.

die Wellen (2)

a)

werden von einem Motor (24) angetrieben;

b)

der Motor ist fähig, die Wellen (2) in entgegengesetzten Richtungen anzutreiben;

c)

die Wellen sind mit einem gegenseitigen Abstand angeordnet, der etwas größer ist als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt (9) eines Messers (3) und der Drehachse (5);

4.

zwischen dem Motor (24) und den Wellen (2) sind Antriebsmittel (20, 21, 22, 23) angeordnet;

5.

das Material wird den Messern durch einen über den Messern angeordneten Schacht zugeführt;

6.

die Messer (3)

a)

arbeiten mit zwischen den Wellen (2) auf einem Teil (7) des Rahmens der Vorrichtung zur Materialzerkleinerung feststehend angebrachten Messern (6) zusammen, wenn

b)

die Wellen in entgegengesetzten Richtungen rotieren, wodurch

c)

die Schnittkante (11) der Blätter (8) an der Oberseite der feststehenden Messer (6) aufeinander zubewegt werden;

7.

der gegenseitige Abstand zwischen den zwei Wellen (2) ist ein fester Abstand;

8.

die Antriebsmittel umfassen die folgenden Elemente:

a)

ein geeignetes Antriebsorgan (20) für jede der zwei Wellen (2),

b)

einen hydraulischen Motor (21) mit einstellbaren Rotationsgeschwindigkeiten zum Antreiben jeder Welle (2),

c)

eine einstellbare Pumpe (22) zum Versorgen jedes hydraulischen Motors (21) und

d)

Antriebsorgane (23), über die der Motor (24) die

Pumpen (22) antreibt;

9.

die Antriebsmittel vermögen den Fluss durch die hydraulischen Motoren (21) umzukehren, um jede Welle individuell vorwärts und rückwärts gemäß einer vorbestimmten Sequenz zu drehen.

Aufgrund der Positionierung der Messer, so das Klagepatent in seiner allgemeinen Beschreibung weiter, wird das Material ohne die Gefahr, dass eine große Menge von Material von Zeit zu Zeit zwischen die rotierenden Messer und die feststehenden Messer eingeführt wird, gleichmäßig transportiert. Der gleichmäßige Transport und die folglich gleichmäßige Zerkleinerung des Materials kann durch Positionierung der Messer um die zwei Wellen in einer zufälligen oder schraubenförmigen Weise gewährleistet werden. Wenn an der Oberseite des Rahmens die Schneidemesser aufeinander zubewegt werden, transportieren sie das Material, das zerkleinert wird, wenn die Kanten der Schneidemesser mit den feststehenden Messern zusammenarbeiten. So tragen die Messer in einer wirksamen Weise dazu bei, sicherzustellen, dass das Material zugeführt wird, und eine geeignete Ausführungsform macht es möglich, die Menge des zugeführten Materials relativ zur Kapazität der Betriebseinrichtung und der Beschickung, die die Messer vertragen, einzustellen.

Um zu verhindern, dass die Messer nur eine Spur in das Material schneiden und keinen weiteren Transport ausführen, sind die Betriebseinrichtungen der Vorrichtung in einer Weise angeordnet, dass sie die Wellen in Intervallen individuell in einer zur Rotationsrichtung der Schnittbewegung des Messers entgegengesetzten Richtung drehen. Diese vorwärts und rückwärts gerichtete individuelle Rotation der Wellen wird gemäß einer vorbestimmten Sequenz bewirkt, die in Hinsicht auf das zu zerkleinernde Material bestimmt wird.

II.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die deutsche Übersetzung des Anspruchs 1 mit Rücksicht auf den für das Klagepatent nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebenden englischen Wortlaut dahingehend zu berichtigen ist, dass es sich bei den mit den Bezugsziffern 20 und 23 bezeichneten gears nicht um Getriebe, sondern um Antriebsmittel handelt.

Selbst wenn man der Klägerin – wie auch in der vorstehenden Merkmalsanalyse wiedergegeben – in einem solchen Verständnis folgt, macht die Beklagte mit den angegriffenen Ausführungsformen von dem Merkmal 3.c) des Klagepatents keinen wortsinngemäßen und auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

Das Merkmal 3.c) besagt, dass die Wellen in einem gegenseitigen Abstand angeordnet sind, der etwas größer ist, als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse.

Entgegen dem Verständnis der Klägerin werden von dem Merkmal keine Ausführungen umfasst, bei denen sich die Flugkreise der äußeren Messer zwischen den Wellen leicht überschneiden.

Gegen eine solche ausweitende Betrachtungsweise spricht der Anspruchswortlaut. Wenn der Abstand zwischen den gegenüberliegenden Wellen etwas größer sein soll, als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse, so setzt dies bei philologischer Betrachtung voraus, dass sich die radialen Außenpunkte der Messer im Bereich zwischen den Wellen nicht überschneiden.

Gleiches erschließt sich dem Fachmann aus technisch funktionalen Überlegungen.

Mit dem Merkmal 3.c) grenzt sich das Klagepatent von dem in Bezug genommenen Stand der Technik nach der US-amerikanischen Patentschrift 3.845.907 (Anlage B1) und der europäischen Patentanmeldung 0 174 148 (Anlage B2) ab, aus denen Anlagen zum Zerkleinern von Abfällen bekannt sind, bei denen die auf Wellen rotierenden Messer sich zwischen den Wellen mit ihren Außenradien überschneiden. Wenn das Klagepatent in seinem Merkmal 3.c) verlangt, dass die Wellen in einem Abstand zueinander angeordnet sind, der etwas größer ist, als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse, greift es die im Stand der Technik für die Wellen bekannte Anordnung nicht auf. Durch die in dem Merkmal 3.c) für die Wellen vorgeschriebene Beabstandung soll vermieden werden, dass bereits durch die auf den rotierenden Wellen angeordneten Messer ein nennenswerter Beitrag für das Zerschneiden des zu zerkleinernden Materials geleistet wird. Wie durch das Merkmal 6.a) hervorgehoben, soll die Materialzerkleinerung vielmehr durch das Zusammenwirken der rotierenden Messer mit den an einem Teil des Rahmens feststehend angebrachten Messern geschehen. Hierdurch wird vermieden, dass sich Zerkleinerungsmaterial zwischen den auf den Wellen angeordneten, nach dem Merkmal 6.b) entgegengesetzt rotierenden Messern verklemmt und so den Zerkleinerungsvorgang behindert. Auch ausgesprochen sperriger Abfall, wie Kühlschränke, Reifen oder Möbel soll sich zerkleinern lassen, ohne dass es zu Betriebsstörungen durch Verklemmung der rotierenden Wellen und der hieran angeordneten Messer kommt.

Um solche Betriebsstörungen zu vermeiden, nimmt das Klagepatent für die Anordnung der gegenüberliegenden Wellen bewußt in Kauf, dass die in ihren radialen Außenpunkten zwischen den Wellen voneinander beabstandeten Messer nur eine Spur in das Zerkleinerungsmaterial schneiden und einen weiteren Transport des zu zerkleinernden Gutes nicht in jedem Fall sicherzustellen vermögen. Wie sich dem Fachmann aus der allgemeinen Beschreibung des Klagepatents erschließt, soll dieser Nachteil durch eine nach dem Merkmal 9 zeitabschnittsweise für jede der Wellen gegenläufige Rotationsrichtung ausgeglichen werden (Anlage L2, Seite 3, Zeilen 16 bis 24).

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich die das Merkmal 3.c) kennzeichnende Aufgabe, ein Verklemmen der rotierenden Messer durch sich zwischen den Wellen bzw. den Messern festsetzendes Zerkleinerungsgut zu verhindern, auch durch eine Ausführung verwirklichen lässt, bei der die gegenüberliegenden Wellen in einem Abstand zueinander angeordnet sind, der etwas kleiner ist, als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse.

Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde eine solche Ausführung nicht von dem Wortsinn des Merkmals 3.c) umfasst. Hiergegen steht die im Anspruchswortlaut enthaltene eindeutige Maßangabe.

Für solche im Patentanspruch genannten Zahlen- und – wie hier – Maßangaben gilt, dass sie den geschützten Gegenstand grundsätzlich abschließend bestimmen und begrenzen. Deren Über- oder Unterschreitung lässt sich in aller Regel nicht mehr zum Patentanspruch zählen. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass der Fachmann eine gewisse, beispielsweise übliche Toleranzen umfassende Unschärfe als mit dem technischen Sinngehalt einer Zahlenangabe vereinbar ansieht (BGH, GRUR 2002, 511, 512f. – Kunststoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 519, 522 – Schneidmesser II).

Dem Wortlaut des Merkmals 3.c) ist im Sinne einer Maßangabe eindeutig zu entnehmen, dass der Abstand zwischen den beiden Wellen größer als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse ist. Auslegungsspielraum besteht allein hinsichtlich der Frage, in welchem Ausmaß der Abstand zwischen den beiden Wellen größer ist, als die im Anspruchswortlaut genannte Bezugsgröße. Dafür, dass die beiden Wellen auch etwas kleiner als die Bezugsgröße voneinander beabstandet sein können und das Merkmal 3.c) – wie von der Klägerin vertreten – lediglich eine vorzugsweise Ausführung beschreibt, bietet der Anspruchswortlaut keinen Anhalt. Auch aus der Beschreibung und den Zeichnungen lässt sich nicht ersehen, dass der eindeutige Wortlaut des Merkmals 3.c) im Sinne der Klägerin auszulegen ist.

Zu den angegriffenen Ausführungsformen hat die Beklagte unter Bezugnahme auf eine als Anlage B5 zur Gerichtsakte gereichte Skizze dargetan, dass die Flugkreise der auf den einander gegenüberliegenden Wellen angeordneten außenliegenden Messer sich zwischen den Wellen entgegen dem Merkmal 3.c) einander seitenversetzt überschneiden.

Dem ist die zur Verletzungsform darlegungsbelastete Klägerin nicht spezifiziert entgegengetreten.

Die von der Klägerin zu den angegriffenen Ausführungsformen vorgelegten Lichtbilder (Anlagen L8 und L22), aus denen zu ersehen ist, dass die für die rotierenden Messer im Schneidtisch vorgesehenen Schlitze eine Achse bilden, die in der Draufsicht mittig zwischen den Wellen angeordnet ist, stehen den Darlegungen der Beklagten nicht entgegen, weil die Achsen der Wellen oberhalb des Schneidtisches angeordnet sind.

Soweit die Klägerin in der Sitzung vom 4. Februar 2003 ergänzend vorgetragen hat, der Scheitelpunkt der Messerspitzen, durch welche die wesentliche Zerkleinerungsarbeit geleistet werde, sei bei den angegriffenen Ausführungsformen zu den Achsen der rotierenden Wellen hin abgeneigt, so dass sich die Scheitelpunkte in ihren Außenabschnitten nicht zwischen den Wellen überschneiden würden, vermag auch dies eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals 3.c) nicht zu begründen. Denn die Klägerin vermochte für ihren die Scheitelpunkte der Messerspitzen betreffenden Sachvortrag keine schlüssigen Anknüpfungstatsachen darzutun. Auf gerichtliche Nachfrage hat sie eingeräumt, die angegriffenen Ausführungsformen nicht zur Ausrichtung der Messerspitzen untersucht zu haben. Zu der Erkenntnis, dass der Scheitelpunkt der Messerspitzen so zu den Achsen der rotierenden Wellen hin abgeneigt ist, dass sich die Scheitelpunkte in ihren Außenabschnitten nicht zwischen den Wellen überschneiden, will sie durch Einsichtnahme in die als Anlagen L8 und L22 vorgelegten Lichtbildern gelangt sein. Auf den genannten Lichtbildern lässt sich an den Scheitelpunkten der Messerspitzen indes keine nennenswerte Neigung hin zu den Achsen der rotierenden Wellen erkennen.

Mit einer Beabstandung der gegenüberliegenden Wellen, die etwas kleiner ist, als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse, machen die angegriffenen Ausführungsformen von dem Merkmal 3.c) auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch.

Zwar umfasst der Schutzbereich eines Patentes gemäß Art. 69 EPÜ, § 14 PatG nicht nur den wortlautgemäßen bzw. wortsinnge-mäßen (identischen) Gegenstand, sondern er schließt auch äquivalente (inhaltsgleiche) Ausführungsformen ein (vgl. BGH, GRUR 1986, 803, 805 – Formstein ; BGH, GRUR 1988, 896, 899 – Ionenanalyse ; BGH, GRUR 1991, 436, 439 – Befestigungsvorrichtung II ; BGH , GRUR 1994, 597, 599f. – Zerlegvorrichtung für Baumstämme). Äquivalente (inhalts-gleiche) Mittel sind dabei solche, die den patentgemäßen Mitteln in ihrer technischen Funktion entsprechen und mit ihnen im Wesentlichen gleichwirkend sind. Außerdem muss der Fachmann beim Studium der in den Patentansprüchen beschriebenen Erfindung die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel unter Einsatz seines Fachwissens auffinden können.

Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen bei den angegriffenen Ausführungsformen im Hinblick auf das Merkmal 3.c) nicht vor.

Die Darlegungen der Klägerin rechtfertigen bereits nicht die Annahme, dass die genannten Ausführungsformen im Hinblick auf das Merkmal 3.c) zur technischen Lehre des Klagepatents gleichwirkend sind.

Wie bereits oben dargelegt, soll durch die in dem Merkmal 3.c) für die Wellen festgelegte Beabstandung ein Verklemmen der rotierenden Messer durch sich zwischen den Wellen bzw. den Messern festsetzendes Zerkleinerungsgut vermieden werden.

Es ist von der Klägerin nicht spezifiziert dargetan worden und auch im Übrigen nicht zu erkennen, dass sich diese technische Aufgabe gleichfalls durch eine Ausführung verwirklichen lässt, bei der die gegenüberliegenden Wellen in einem Abstand zueinander angeordnet sind, der etwas kleiner ist als der doppelte Abstand zwischen dem radialen Außenpunkt eines Messers und der Drehachse. Die zur Bejahung patentrechtlicher Äquivalenz gebotene Gleichwirkung ergibt sich insbesondere entgegen den Darlegungen der Klägerin im Termin vom 4. Februar 2003 nicht daraus, dass die Messer auf den gegenüberliegenden Wellen radial versetzt zueinander angeordnet sein sollen. Der diesbezügliche Sachvortrag der Klägerin steht im Widerspruch zu dem unstreitig von den angegriffenen Ausführungsformen wortlautgemäß verwirklichten Merkmal 9. Wenn sich die Wellen bei den angegriffenen Ausführungsformen nach dem Merkmal 9 individuell vorwärts und rückwärts drehen lassen, so steht dies mit einem radial versetzten Zusammenwirken der auf den gegenüberliegenden Wellen angeordneten Messer nicht in Einklang. Jedenfalls vermochte die Klägerin auf entsprechenden Vorhalt nicht schlüssig darzutun, warum bei den angegriffenen Ausführungsformen trotz individueller Steuerbarkeit der Wellen ausgeschlossen sein soll, dass die Außenabschnitte der auf den gegenüberliegenden Wellen angeordneten Messer seitenversetzt schneidend miteinander zusammenwirken. Ihre inhaltlich nicht näher spezifizierte Behauptung, es müsse so sein, dass die angegriffenen Ausführungsformen über eine Steuerung verfügen, durch die ein kämmendes Zusammenwirken der auf den gegenüberliegenden Wellen angeordneten Messer vermieden werde, ist unter Darlegungsgesichtspunkten unbeachtlich, zumal das Klagepatent mit dem Merkmal 3.c) auf eine bestimmte Sequenz, nach der die Wellen und die hierauf angeordneten Messer individuell vorwärts und rückwärts gedreht werden, nicht abstellt.

Ungeachtet der nicht bestehenden Gleichwirkung geht aus dem Sachvortag der Klägerin nicht schlüssig hervor, anhand welcher an der Lehre des Klagepatents ausgerichteten Überlegungen der Fachmann das bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandene Austauschmittel hätte auffinden können.

Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass es – wie oben erläutert – entgegen den Darlegungen der Klägerin für die Funktionalität der klagepatentgemäßen Zerkleinerungseinrichtung sehr wohl einen Unterschied macht, wenn die Flugkreise der auf den einander gegenüberliegenden Wellen angeordneten außenliegenden Messer nicht voneinander beabstandet sind, sondern sich geringfügig überschneiden.

Selbst bei Außerachtlassung dieses Unterschiedes lässt sich nicht erkennen, dass der Fachmann die bei den angegriffenen Ausführungsformen zwischen den gegenüberliegenden Wellen bestehende Beabstandung anhand von Überlegungen aufzufinden vermag, die an der Lehre des Klagepatents ausgerichtet sind. Wie bereits dargelegt, gibt das Klagepatent dem Fachmann vor, dass es zu keinem Ineinandergreifen der rotierenden Messer kommen darf. Beschränkt sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung und gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre, darf die Fachwellt darauf vertrauen, dass der Schutz in entsprechender Weise beschränkt ist. Dem Patentinhaber ist es dann aber verwehrt, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, das er nicht unter den Schutz hat stellen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn der Fachmann erkennt, dass die erfindungsgemäße Wirkung als solche über den im Patentanspruch unter Schutz gestellten Bereich hinaus erreicht werden kann (BGH, GRUR 2002, 511, 513 – Kunststoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 519, 522 – Schneidmesser II).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

IV.

Der Streitwert beträgt € 204.516,75 (DM 400.000,00).

Dr. H N2 L