4b O 133/07 – Bohrfutter III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1182

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. August 2009, Az. 4b O 133/07

Rechtsmittelinstanz 1: 2 U 111/09
Rechtsmittelinstanz 2: 2 U 2/10

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 1.030.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 055 XXX (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadensersatz sowie auf eine Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,00 € in Anspruch. Die Klägerin ist seit dem 05.12.2005 eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 31.10.1994 am 10.04.1995 angemeldet und dessen Erteilung am 12.09.2001 veröffentlicht wurde. Das Patent steht in Kraft. Bevor die Klägerin am 05.12.2005 als Patentinhaberin eingetragen wurde, war zunächst Herr C Inhaber des Klagepatents. Als dieser am 10.04.2005 verstarb, wurde er von seiner Ehefrau A allein beerbt. Diese übertrug das Klagepatent mit Vereinbarung vom 10.08.2005 (Anlage K 4) „mit allen Rechten und Pflichten“ und – so war sich die Klägerin mit Frau Röhm einig – mit Wirkung zum Umschreibungstag auf die Klägerin. Das Klagepatent bezieht sich auf ein Bohrfutter.
Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, lautet wie folgt:
Bohrfutter, insbesondere zum Schlagbohren, mit einem an eine Bohrspindel anschließbaren Futterkörper (1), mit zwischen sich eine Aufnahme (4) für das Bohrwerkzeug bildenden, im Futterkörper (1) geführten Spannbacken (5), die zum Öffnen und Schließen des Bohrfutters durch einen am Futterkörper (1) drehbar und axial unverschiebbar geführten Spannring (8) mit einem an den Spannbacken (5) im Eingriff stehenden Spanngewinde (7’) verstellbar sind, ferner mit einer mittels mindestens eines mit einer Sperrfeder zusammenwirkenden Sperrgliedes (12) unerwünschte Verstellungen der Spannbacken (5) verhindernden Sperreinrichtung (11) zur Fixierung der Drehstellung des Spannrings (8) gegenüber dem Futterkörper (1), weiter mit einem zwischen Anschlägen (16’, 16’’) begrenzt verdrehbaren koaxialen Stellring (9), durch dessen Verdrehen das Sperrglied (12) verstellbar ist, und mit einer selbsttätige und unerwünschte Drehungen des Stellrings (9) gegenüber dem Spannring (8) verhindernden Rasteinrichtung (17) mit einem von der Kraft einer Rastfeder beaufschlagten Rastglied (38’’),
dadurch gekennzeichnet, dass
axial vor dem Stellring (9) ein Anschlagring (50) am Futterkörper (1) drehbar gelagert ist.

Wegen der lediglich insbesondere geltend gemachten Unteransprüche 2, 3 und 4 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt ein Bohrfutter nach der Erfindung, links in einem Axialschnitt, rechts in einer Seitenansicht, jeweils in der Stellung der Spannbacken bei geringstem Spanndurchmesser und im ungesperrten Futterzustand. Figur 2 zeigt den Schnitt II–II, Figur 3 den Schnitt III-III in Figur 1. Die Figuren 4.1 und 4.2 zeigen den Schnitt IV-IV in Figur 1, in der Teilfigur 4.1 im ungesperrten, in der Teilfigur 4.2 im gesperrten Futterzustand. Figur 5 zeigt eine weitere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Bohrfutters in einer Figur 1 entsprechenden Darstellung.

Mit Schreiben vom 14.05.2003 (Anlage K 16) wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass einzelne, von dieser vertriebene Bohrfutter das Klagepatent verletzen.
Die Beklagte ist ein chinesisches Unternehmen, das Bohrfutter herstellt. Auf der Internationalen Eisenwarenmesse in Köln, die vom 05.03. bis zum 08.03.2006 stattfand, legte die Beklagte die als Anlage K 7 vorgelegte Werbebroschüre aus, die zahlreiche Abbildungen, Zeichnungen und Skizzen von Bohrfuttern enthält.

Auf dem deutschen Markt hat die Klägerin ein von der Beklagten hergestelltes Bohrfutter erworben, von dem Abbildungen gemäß Anlage K 9 nachfolgend auszugsweise wiedergegeben werden.

Im August 2006 lieferte die Beklagte an die deutsche Firma D in Plau am See Bohrfutter, die auch in der Werbebroschüre Anlage K 7 beworben sind, wie sich aus der an die Firma D adressierten Rechnung vom 26.05.2006 (Anlage B 8) ergibt. Im Juni 2005 sowie am 06.07.2007 lieferte die Beklagte zudem Bohrfutter, die ebenfalls in der Werbebroschüre Anlage K 7 beworben sind, an die Firma K in Mannheim (Anlage B 9).

Darüber hinaus werden Bohrfutter aus der Werbebroschüre K 7 in der Bundesrepublik Deutschland durch die M (im Folgenden M GmbH) vertrieben, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Beklagte die M GmbH direkt mit den Bohrfuttern beliefert oder in sonstiger Weise für diesen Vertrieb haftet.

Desweiteren sind Bohrfutter an die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Firma N GmbH & Co. Elektromotorenfabrik (im Folgenden: N GmbH) gelangt, wobei zwischen den Parteien streitig ist, über welchen Weg die Belieferung der N GmbH erfolgt ist und wann diese Lieferungen eingestellt wurden. Unstreitig ist, dass die Lieferungen über die in China ansässige Firma O Ltd. (im Folgenden: Firma O) erfolgt sind. Das an N GmbH gelangte Bohrfutter ist in der Anlage K 15 abgebildet, die auszugsweise wiedergegeben wird.

Schließlich sind Bohrfutter aus der Werbebroschüre Anlage K 7 an die Firma P gelangt, wobei auch insoweit zwischen den Parteien streitig ist, ob P unmittelbar von der Beklagten beliefert wurde.

Die Beklagte unterhielt jedenfalls am 26.10.2007 eine englisch-sprachige Internetseite www.Q.com (Anlage K 12), auf der unter anderem Bohrfutter gezeigt werden, die auch in der Werbebroschüre K 7 aufgeführt werden und die auch in den Rechnungen an die Firmen D und K erscheinen, wie etwa die Modelle E, F, G, H, I und J. Auf der Internetseite werden – in englischer Sprache – unteren anderem die mit ihrer Zentrale in Deutschland ansässigen Unternehmen M, R, S und N als Kunden der Beklagten bezeichnet. Ferner gibt die Beklagte auf der Internetseite an, dass sie auf zwei deutschen Messen in Krohne und in Hannover ausgestellt habe.

Mit Schriftsatz vom 10.07.2007 hat die Beklagte eine Erklärung abgegeben, durch die sie sich zu der von der Klägerin begehrten Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und zur Zahlung des begehrten Schadensersatzes verpflichtet hat. Dabei hatte die Beklagte die Unterlassungserklärung dahingehend formuliert, dass sie sich „bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Vorständen/Geschäftsführern der Beklagten“ zur Unterlassung verpflichte. Daraufhin schrieb der Klägervertreter den Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 16.07.2007 (Anlage K 10) an mit der Bitte, die Unterlassungsverpflichtungserklärung einleitend mit einem Vertragsstrafeversprechen zu versehen und nicht mit einem Versprechen der Festsetzung der gesetzlichen Ordnungsmittel durch das Gericht. Der Klägervertreter führte hierzu aus, die Unterlassungsverpflichtungserklärung solle ein Vertragsstrafeversprechen enthalten, das wie folgt laute: „Die Beklagte verpflichtet sich (…) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die nachfolgend übernommene Unterlassungsverpflichtung fällig werdenden, an die Klägerin zahlbaren und von der Klägerin zu bestimmenden, im Einzelfall nicht unter 50.000,00 liegenden Vertragsstrafe, über deren über 50.000,00 hinausgehende Angemessenheit im Streitfall das Landgericht Düsseldorf entscheiden soll, zu unterlassen,….“. Ansonsten könne die Verpflichtungserklärung im Unterlassungsteil nicht angenommen werden. Mit Schreiben vom 17.07.2007 (Anlage K 11) gab der Beklagtenvertreter für die Beklagte eine Erklärung ab, in der er sich zu der begehrten Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und zur Zahlung des begehrten Schadensersatzes verpflichtete, wobei er die vom Klägervertreter vorgeschlagene Formulierung der Einleitung der Unterlassungsverpflichtungserklärung übernahm, jedoch die Mindesthöhe der Vertragsstrafe auf 15.000,00 € herabsetzte. Mit Schreiben vom 27.07.2007 (Anlage K 26) kommentierte der Klägervertreter dies gegenüber dem Patentanwalt der Klägerin dahingehend, dass das Vertragsstrafeversprechen seines Erachtens ausreichend sei und es deshalb insgesamt keinen Grund gebe, die von der Gegenseite mit Schreiben vom 17.07.2007 abgegebenen Erklärungen abzulehnen. Spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung werde man gezwungen sein, die Erledigungserklärung abzugeben. Mit Schriftsatz vom 21.09.2007 hat die Klägerin erklärt, sie werde den Rechtsstreit in Bezug auf den Unterlassungsanspruch und den Schadensersatzanspruch in der mündlichen Verhandlung teilweise für erledigt erklären. Mit Schriftsatz vom 06.11.2007 hat die Klägerin dann dazu vorgetragen, dass die Beklagte noch im Oktober 2007 patentverletzende Bohrfutter an die N GmbH geliefert habe und patentverletzende Bohrfutter auf ihrer Internetseite zeige, weshalb eine Erledigungserklärung nicht mehr in Betracht komme.

Die Klägerin ist der Ansicht, die in den Anlage K 9 und K 15 gezeigten Bohrfutter der Beklagten verletzten das Klagepatent, wobei das in K 9 abgebildete Bohrfutter dem Bohrfutter auf Seite 27 des Werbeprospekts K 7 und das in K 15 abgebildete Bohrfutter dem auf Seite 35 des Werbeprospekts K 7 gezeigten Bohrfutter entspreche. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin klargestellt, dass darüber hinaus alle in den Anlagen B 8 und B 9 genannten Bohrfutter sowie all diejenigen Bohrfutter-Modelle aus dem Werbeprospekt (Anlage K 7) und dem Internetauftritt (Anlage K 12) mit der Klage angegriffen werden sollen, die sich in den an die Firmen D und K gerichteten Rechnungen gemäß B 8 und B 9 wiederfinden. Schließlich richte sich die Klage gegen sämtliche in dem Werbeprospekt K 7 auf den Seiten 25 bis 40 gezeigten Bohrfutter-Modelle, da es aufgrund der Explosionszeichnungen nahe liege, dass das Klagepatent verletzt werde. Möglicherweise verletzten noch mehr Bohrfutter aus der K 12 das Klagepatent; insoweit beantrage sie, die Beklagte zu deren Vorlage zu verpflichten, § 142 ZPO.

Die Beklagte sei auch für die von der M GmbH in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Bohrfutter verantwortlich. Nachdem die Klägerin zunächst vorgetragen hat, die Beklagte habe die M GmbH direkt beliefert und die Belieferung eines ungarischen Unternehmens bestreite sie mit Nichtwissen, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Beklagte habe die Bohrfutter tatsächlich zunächst an ein Unternehmen in Ungarn geliefert. Von dort seien die Bohrfutter an ein in Ungarn ansässiges Tochterunternehmen der M GmbH geliefert worden, die diese schließlich an die M GmbH in Deutschland geliefert habe. Die technischen Spezifikationen für die Bohrfutter seien direkt mit M Deutschland abgesprochen worden. Zudem passten die gelieferten Bohrfutter nur auf so genannte Skill-Bohrmaschinen. Hierbei handele es sich um Bohrmaschinen, die das ungarische Tochterunternehmen der M GmbH produziere. Es sei daher davon auszugehen, dass die Beklagte in Kenntnis des Klagepatents an die Firma in Ungarn geliefert und auch gewusst habe, dass diese nach Deutschland weiterliefere. Durch den „Umweg“ über Ungarn habe die Beklagte eine Patentverletzung in mittelbarer Täterschaft begangen, indem sie sich eines dolosen oder undolosen Werkzeugs zur Begehung der Patentverletzung bedient habe.

An die N GmbH habe die Beklagte zwischen dem 06.02. und dem 01.10.2007 patentverletzende Bohrfutter für Bohrmaschinen der Modellnummern XXX und XXX geliefert. Die technischen Gespräche zum Erwerb der Bohrfutter seien direkt zwischen der N GmbH und der Beklagten geführt worden, weil die Bohrfutter auf die jeweiligen Bohrmaschinen abzustimmen seien. Aus der letzten Lieferung vom 01.10.2007 stamme ein Bohrfutter, das in der Anlage K 15 abgelichtet sei. Wie sich aus der dort erkennbaren Einstanzung ergebe, sei dieses Bohrfutter noch in der 40. Kalenderwoche 2007 hergestellt worden.
Auch an P habe die Beklagte direkt geliefert.

Neben Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Schadensersatz und Vernichtung verlangt die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,00 €. Dies begründet sie damit, dass die Beklagte nach Wirksamwerden der Vertragsstrafenvereinbarung noch Verletzungshandlungen begangen habe, nämlich durch die Belieferung der N GmbH und durch die Internetpräsentation gemäß Anlage K 12, in der patentverletzende Bohrfutter aufgeführt seien. Eine Vertragsstrafe in Höhe des Doppelten der in der Vertragsstrafenvereinbarung pro Verstoß vorgesehenen Mindest-Vertragsstrafe von 15.000,00 € sei daher angemessen.

Die Klägerin beantragt,
I. Die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Vorständen/ Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Bohrfutter, insbesondere zum Schlagbohren, mit einem an eine Bohrspindel anschließbaren Futterkörper, mit zwischen sich eine Aufnahme für das Bohrwerkzeug bildenden, im Futterkörper geführten Spannbacken, die zum Öffnen und Schließen des Bohrfutters durch einen am Futterkörper drehbar und axial unverschiebbar geführten Spannring mit einem an den Spannbacken im Eingriff stehenden Spanngewinde verstellbar sind, ferner mit einer mittels mindestens eines mit einer Sperrfeder zusammenwirkenden Sperrgliedes unerwünschte Verstellungen der Spannbacken verhindernden Sperreinrichtung zur Fixierung der Drehstellung des Spannrings gegenüber dem Futterkörper, weiter mit einem zwischen Anschlägen begrenzt verdrehbaren koaxialen Stellring, durch dessen Verdrehen das Sperrglied verstellbar ist, und mit einer selbsttätige und unerwünschte Drehungen des Stellrings gegenüber dem Spannring verhindernden Rasteinrichtung mit einem von der Kraft einer Rastfeder beaufschlagten Rastglied,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen axial vor dem Stellring ein Anschlagring am Futterkörper drehbar gelagert ist;

2. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 21.10.2004 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Auflage pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den vorstehend unter Ziffer I. 1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden.
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3. die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten;
4. an die Klägerin 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.11.2007 zu zahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der
a) A, geb. B, durch die vorstehend unter I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 21.10.2004 bis zum 04.12.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird,
b) der Klägerin durch die vorstehend unter I. 1. bezeichneten, seit dem 05.12.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, bei den angegriffenen Ausführungsformen fehle es an einem axial vor dem Stellring am Futterkörper gelagerten Anschlagring, so dass das Merkmal 6 nicht verwirklicht sei. Zudem fehle es an einer Wiederholungsgefahr. Diese sei durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt worden. Nach Abgabe dieser Erklärung habe sie, die Beklagte, keine patentverletzenden Bohrfutter ausgeliefert, auch nicht an die N GmbH. Falls diese noch bis zum 01.10.2007 Lieferungen erhalten haben sollte, müsse dies durch die Firma O erfolgt sein, die den Kauf vermittelt habe. Im Hinblick auf die an die M GmbH gelangten Bohrfutter behauptet die Beklagte, sie habe diese an eine – nicht näher bezeichnete – Firma in Ungarn geliefert und nicht gewusst, dass diese die Bohrfutter weiter an die M GmbH in der Bundesrepublik Deutschland liefern werde. An P habe sie, die Beklagte, nicht direkt geliefert; vielmehr müsse P die Bohrfutter von einem inländischen Händler, beispielsweise der N GmbH erhalten haben.

Ein Schadensersatzanspruch sei schon deshalb nicht gegeben, weil es an einem Verschulden fehle. Nachdem sie, die Beklagte, die angegriffene Ausführungsform im Jahr 2004 konstruiert habe, habe sie in der ersten Hälfte des Jahres 2005 einen chinesischen Patentanwalt mit einer Recherche nach relevanten Patenten in Europa beauftragt. Dieser habe zwei Patente gefunden, nicht aber das Klagepatent. Sie habe dann einen deutschen Patentanwalt mit der Prüfung beauftragt, ob die zwei gefundenen Patente durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt seien. Dies habe dieser verneint.

Die Vertragsstrafe sei schon deshalb nicht verwirkt, weil eine wirksame Vereinbarung über eine Vertragsstrafe mangels Annahme durch die Klägerin nicht zu Stande gekommen sei. Im Übrigen sei die Höhe unangemessen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Vernichtung aus §§ 139 Abs. 1, 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Die Beklagte schuldet der Klägerin auch keine Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,00 €.

Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

I.
Das Klagepatent schützt im Patentanspruch 1 ein Bohrfutter, insbesondere zum Schlagbohren. Dabei muss eine Bohrspindel in einem Futterkörper der Bohrmaschine befestigt werden. Im Stand der Technik war bereits bekannt, dass die Spindeln mit Hilfe von Spannbacken gehalten werden. Diese Spannbacken werden ihrerseits von einem Spannring fixiert.

Das Klagepatent nennt als Stand der Technik die DE 43 13 742, die ein nur von Hand spannbares Bohrfutter offenbart und die DE 23 41 642, die ein selbstspannendes Futter offenbart. Beide Bohrfutter verfügen über einen Spannring, der die Spannbacken fixiert. Um den Spannring in der Position, in der die Spannbacken gespannt sind, in seiner Position gegenüber dem Futterkörper zu halten, ist eine Sperreinrichtung zwischen dem Spannring und einem Schleppring wirksam. Dabei greift ein an dem Schleppring angebrachtes Sperrglied in Sperrausnehmungen an der Innenseite des Spannrings ein. Die Sperreinrichtung wird aktiviert, indem ein Stellring betätigt wird, der mittels einer Rasteinrichtung mit dem Schleppring verbunden ist. Das Klagepatent kritisiert daran, dass ein solches Bohrfutter zum Spannen oder Lösen der Betätigung sowohl des Spannrings als auch des Stellrings bedarf, also eine Handhabung mit zwei Händen.

Das Klagepatent bezeichnet es vor diesem Hintergrund als seine Aufgabe, ein Bohrfutter vorzuschlagen, das auf möglichst einfache Weise derart ausgebildet ist, dass beim Durchbohren einer Wand sich das Bohrfutter nicht so festzieht, dass es nur noch mit Mühe geöffnet werden kann (Abschnitt [0004]).

Dies soll durch den Patentanspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:
Bohrfutter, insbesondere zum Schlagbohren,
1. mit einem Futterkörper (1), der an eine Bohrspindel anschließbar ist;
2. mit Spannbacken (5),
a) die zwischen sich eine Aufnahme (4) für das Bohrwerkzeug bilden,
b) die im Futterkörper (1) geführt sind,
c) die zum Öffnen und Schließen des Bohrfutters verstellbar sind
(1) durch einen durch einen Spannring (8), der am Futterkörper (1) drehbar und axial unverschiebbar geführt ist;
(2) mit einem Spanngewinde (7’), das an den Spannbacken (5) im Eingriff steht;
3. ferner mit einer Sperreinrichtung (11),
a) die mittels mindestens eines Sperrgliedes (12), das mit einer Sperrfeder zusammenwirkt, unerwünschte Verstellungen der Spannbacken (5) verhindert,
b) die die Drehstellung des Spannrings (8) gegenüber dem Futterkörper (1) fixiert;
4. weiter mit einem koaxialen Stellring (9),
a) der zwischen Anschlägen (16’, 16’’) begrenzt verdrehbar ist,
b) durch dessen Verdrehen das Sperrglied (12) verstellbar ist, und
5. mit einer Rasteinrichtung (17),
a) die selbsttätige und unerwünschte Drehungen des Stellrings (9) gegenüber dem Spannring (8) verhindert,
b) die ein Rastglied (38’’) aufweist, welches mit der Kraft einer Rastfeder beaufschlagt ist;
6. axial vor dem Stellring (9) ist ein Anschlagring (50) am Futterkörper drehbar gelagert.

Bei dem Bohrfutter nach der Lehre des Klagepatents ist eine einhändige Betätigung möglich. Es muss lediglich der Stellring 9 betätigt werden. Im geöffneten Zustand befinden sich die Spannbacken 5 auseinander, wie Figur 3 zeigt. Damit die Spannbacken 5 eine Bohrspindel halten können, müssen sie zusammengeführt werden, wie die Figur 2 zeigt. Die Zusammenführung der Spannbacken 5 wird über den Spannring 8 bewirkt. Dies ist anhand des in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiels nachvollziehbar. Zunächst ist erkennbar, dass die Spannbacken 5 langgezogene Körper sind, die über ein Spanngewinde 7’ verfügen und in den Futterkörper 1 eingelassen sind. Weiter ist gezeigt, dass der Spannring 8 über ein Gewinde mit dem Spanngewinde 7’ der Spannbacken 5 im Eingriff steht (Merkmal 2 c) (2)). Der Spannring 8 ist – wie Merkmal 2 c) (1) besagt -, axial unverschiebbar am Futterkörper geführt. Wenn nun der Spannring 8 gedreht wird, greift er in das Spanngewinde 7’ der Spannbacken 5 ein und bewegt diese – je nach Drehrichtung – entlang dem Gewinde axial nach oben oder unten. Werden die Spannbacken nach unten bewegt, so schließen sie sich um die eingesteckte Bohrspindel.
Die vorgenannte Drehung des Spannrings 8, die die Spannbacken anzieht, wird allerdings nach der klagepatentgemäßen Lehre vom Benutzer nicht direkt an dem Spannring 8 ausgeführt, sondern sie erfolgt über den Stellring 9, der in der Figur 1 als eine Hülse dargestellt ist. Wie der Stellring 9 mit dem Spannring 8 verbunden ist, damit die auf den Stellring 9 vom Benutzer ausgeübte Drehbewegung auf den Spannring übertragen werden kann, ist beispielhaft in den Figuren 4.1 und 4.2 gezeigt, wobei in diesen Figuren an Stelle des Spannrings 8 ein Zwischenring 18 gezeigt ist, bei dem es sich um ein optionales Bauteil handelt (vgl. Unteranspruch 2), das einzelne Haltefunktionen des Spannrings übernehmen kann (vgl. Abschnitt [0014]). Wie Figur 4.1 zeigt, ist der Zwischenring 18 mit dem Stellring 9 dadurch verbunden, dass an dem Zwischenring 18/Spannring 8 ein Federbügel 38’ vorhanden ist, der mit diesem in Verbindung steht. Dieser Federbügel weist einen Vorsprung 38’ auf, der in die Rasteinrichtung 17/17’ eingreift. Wird nun am Stellring gedreht, so wird – vermittelt über die Verbindung zwischen Federbügel 38’ und Rasteinrichtung 17 – der Zwischenring 18/Spannring 8 mit bewegt. Dadurch werden die Spannbacken angezogen. Wenn nun die Spannbacken maximal ausgefahren sind, also gegen die eingesteckte Bohrspindel stoßen, dann dreht sich der Zwischenring 18/ Spannring 8 nicht mehr mit; er bleibt stehen. Wird nun der Stellring 9 weiter gedreht, so tritt der Zustand ein, der in der Figur 4.2 gezeigt ist: der Federbügel 38’ ist aus der Rasteinrichtung 17 herausgedrückt worden. Dadurch ist das Stellglied 12 des Federbügels 38’ in eine Ausnehmung 10 des Futterkörpers 1 gedrückt worden. Durch dieses Einrasten kann sich nun der Zwischenring 18/Spannring 8 nicht mehr gegenüber dem Futterkörper 1 bzw. gegenüber den Spannbacken 5 bewegen; so ist vermieden, dass das Gewinde des Spannringes bei starker Beanspruchung der Spannbacken durch das Schlagbohren nachgibt und sich löst. Dabei ist der Spannring 8 aber nur derart am Futterkörper 1 arretiert, dass er sich nicht in Richtung eines Öffnens (Pfeil 14 in Figur 4.1) bewegen kann. Eine Bewegung in die Richtung des Schließens (Pfeil 15) ist jedoch auch nach der Arretierung des Sperrgliedes 12 noch möglich. Tatsächlich sieht das Klagepatent vor, dass eine solche Bewegung auch nach der Arretierung noch stattfinden kann. Nach dem Einrasten des Sperrgliedes 12 in die Ausnehmung 10 kann der Spannring 8 noch weiter gedreht, d.h. also, die Spannbacken weiter angezogen werden (vgl. Abschnitt [0024]). Dieses weitere Anziehen kann über die Anschläge 16‘ und 16’‘ erfolgen, deren Ausgestaltung in Abschnitt [0018] beschrieben ist. Die Anschläge 16‘, 16‘‘ bewirken, dass sich der Stellring 9 nur in einem bestimmten Winkel um den Spannring 8 drehen lässt (Merkmal 4. a)). Dies bedeutet, dass der Stellring 9, der sich nach dem Ausrücken des Vorsprungs 38‘ des Federbügels aus der Rasteinrichtung 17/17’ zunächst dreht, ohne den Zwischenring 18/Spannring 8 mitzunehmen, nach einer Drehung um einen bestimmten Winkel um den Zwischenring 18/Spannring 8 diesen wieder mitnimmt – und zwar, weil ein Bauteil an die Anschläge 16‘, 16‘‘ des anderen Bauteils anschlägt. Wird der Zwischenring 18/Spannring 8 vermittelt über die Anschläge 16‘, 16‘‘ in diese Richtung des Schließens (Pfeil 15) mitbewegt, so werden die Spannbacken noch weiter festgezogen. Bei diesem weiteren Anziehen der Spannbacken „klickert“ das Sperrglied 12 über die Ausnehmungen 10 hinweg.

II.
Die angegriffenen Ausführungsformen verletzen das Klagepatent nicht. Das Merkmal 6 ist nicht verwirklicht.

1.
Zunächst ist festzustellen, dass entgegen der Ansicht der Klägerin die Verwirklichung des Merkmals 6 bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht als unstreitig angesehen werden kann. Das Bestreiten der Beklagten kann nicht unberücksichtigt bleiben, auch wenn die Patentverletzung bis zu deren Schriftsätzen vom 12.01.2009 und vom 19.06.2009 zwischen den Parteien unstreitig gewesen ist.

In dem Umstand, dass die Beklagte die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen zunächst nicht bestritten und angegeben hat, auch die Lieferungen an die Firmen D und K hätten vermutlich das Klagepatent verletzt, ist kein Geständnis der Beklagten im Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO zu sehen, dessen Bindungswirkung nach § 290 ZPO nur dann endet, wenn die widerrufende Partei beweist, dass ihr Geständnis der Wahrheit nicht entspricht und durch einen Irrtum veranlasst ist. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Erklärungen der Beklagten nicht in der von § 288 Abs. 1 ZPO vorgeschriebenen Form abgegeben worden sind. § 288 Abs. 1 ZPO schreibt vor, dass die Erklärung, mit der ein Geständnis erfolgen soll, in der mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters abgegeben werden muss. Schriftsätzlicher Vortrag kann grundsätzlich nur dann die Bindungswirkung eines Geständnisses entfalten, wenn es die zugestehende Partei ausdrücklich oder schlüssig im Rechtsstreit wiederholt, z.B. durch Bezugnahme auf den das Geständnis enthaltenden Schriftsatz (Zöller/Greger, 29. Aufl. 2009, § 288 Rn. 5; Musielak/Huber, 6. Aufl. 2008, § 288 Rn. 2). Dies ist vorliegend nicht erfolgt: Weder in der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2007 noch in der Verhandlung vom 14.07.2009 hat die Beklagte konkret auf ihren Vortrag, mit dem die Patentverletzung – zunächst – nicht bestritten wurde, verwiesen. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Beklagte die Patentverletzung im Laufe des Verfahrens nie ausdrücklich zugestanden, sondern sie lediglich nicht bestritten hat, indem sie etwa mit Schriftsatz vom 18.06.2007 vorgetragen hat, sie plane, sich zu unterwerfen, da sie es für wirtschaftlich nicht lohnenswert halte, sich gegen die vier Klagen zu verteidigen. In ihrer schriftsätzlich abgegebenen Unterlassungserklärung hat die Beklagte die Patentverletzung durch den Zusatz „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ ebenfalls offen gelassen, und schließlich hat die Beklagte auch im Hinblick auf die an die Firmen D und K gelieferten Bohrfutter lediglich von „vermutlichen“ Patentverletzungen gesprochen. Ein solches Nichtbestreiten kann nur in Ausnahmefällen förmliche Geständniswirkung haben, nämlich dann, wenn weitere Umstände hinzutreten, die den Schluss auf ein Geständnis nahelegen (BGH NJW 1994, 3109; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.11.2003, 2 U 101/02 – Kettenrad für Gelenkketten). Erkennbar sein muss das Einverständnis der nichtbestreitenden Partei, dass die vom Gegner behaupteten Tatsachen zur Grundlage der zu fällenden Entscheidung gemacht werden (BGH NJW 1994, 3109). Dies war vorliegend nicht der Fall, denn es war gerade das Ziel der Beklagten, durch ihren Sachvortrag zu verhindern, dass es in dem Rechtsstreit überhaupt zu einem Gerichtsurteil kommt. Sie wollte vielmehr erreichen, dass der Rechtsstreit von der Klägerin für erledigt erklärt bzw. zwischen den Parteien eine gütliche Einigung erzielt wird. Im Übrigen hat die Beklagte – wie bereits ausgeführt – stets offen gelassen, ob eine Patentverletzung tatsächlich vorliegt.
Anhaltspunkte für ein prozessual treuwidriges Verhalten der Beklagten sind nicht zu erkennen.
Mit ihren Schriftsätzen vom 12.01.2009 und vom 19.06.2009 hat die Beklagte die Verwirklichung dieses Merkmals nun substantiiert bestritten.

2.
Tatsächlich ist das Merkmal 6 bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht verwirklicht.

a)
Nach Merkmal 6 muss axial vor dem Stellring ein Anschlagring am Futterkörper drehbar gelagert sein. Welche Funktion dieses allein kennzeichnende Merkmal erfüllen soll, wird in Abschnitt [0006] näher ausgeführt. Danach soll der Anschlagring den Stellring davor schützen, beim Durchbohren einer Wand anzustoßen und dadurch gebremst zu werden, was dazu führen könnte, dass das Bohrfutter sich festzieht. Außerdem soll der Anschlagring den Stellring gegen größere axiale Belastung nach vorn schützen, damit die axiale Abstützung des Stellrings nach hinten entsprechend gering beansprucht wird. Weiter soll der Anschlagring den häufig als reines Kunststoffteil ausgebildeten „Spannring“ (an dieser Stelle dürfte – wie noch ausgeführt wird – aber „Stellring“ gemeint sein) vor im vorderen Ringteil besonders hohen Verschleißbeanspruchungen schützen. Ein weiterer Vorteil des Anschlagrings soll darin bestehen, dass bei einem Betrieb des Bohrfutters im Linkslauf die Sperreinrichtung beim Durchbohren einer Wand geschont wird, weil die Bremswirkung auf den Anschlagring und nicht den Stellring ausgeübt wird, so dass die Sperreinrichtung nicht das Bremsmoment aufnehmen muss.

Aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass es das Klagepatent aus verschiedenen Gründen als entscheidend ansieht, den Stellring zum einen vor axial wirkenden Kräften und zum anderen vor Kräften, die die Drehung des Stellrings abbremsen, zu schützen.

Die axial wirkenden Kräfte sollen einerseits deshalb verhindert werden, um die axiale Abstützung des Stellrings nach hinten zu schonen (also in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 das Kugellager 22 und den Druckring 21, vgl. Abschnitt [0012])). Andererseits sollen Verschleißerscheinungen im vorderen Ringteil vermieden werden. Das Klagepatent spricht in Abschnitt [0006] in diesem Zusammenhang von Verschleißerscheinungen des „Spannrings“. Tatsächlich wird der Fachmann dies aber so verstehen, dass es sich um eine Verwechselung handelt und in Wahrheit der Stellring gemeint ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass das Klagepatent dieselbe Verschleißproblematik in Abschnitt [0017] erneut beschreibt und dort zwar auch wieder das Wort „Spannring“ verwendet, diesem Wort jedoch die Bezugsziffer 9 zuordnet, die für den Stellring und nicht für den Spannring steht. Vor allem aber wird der Fachmann die vorgenannte Textstelle deshalb im korrigierten Sinne verstehen, weil auf der Hand liegt, dass nicht vom Spannring die Rede sein kann, wenn es heißt, das Bauteil sei „häufig als reines Kunststoffteil“ ausgebildet. Da der Spannring die Funktion hat, die metallenen Spannbacken durch ein Gewinde sehr fest anzuziehen, ist eine Ausbildung des Spannrings aus Kunststoff fernliegend. Auf den Stellring dagegen passt diese Umschreibung genau – schon aus den Figuren der Ausführungsbeispiele ergibt sich, dass es nahe liegt, diesen aus Kunststoff auszubilden. Schließlich ist auf den Gesamtzusammenhang des Absatzes [0006] zu verweisen.

Die Kräfte, die die Drehung des Stellrings abbremsen, sollen deshalb vom Anschlagring aufgenommen und dadurch vom Stellring ferngehalten werden, um einerseits ein unerwünschtes Festziehen des Bohrfutters und andererseits eine zu starke Beanspruchung der Sperreinrichtung im Linkslauf des Bohrfutters zu vermeiden.

Das Merkmal 6 enthält für jedes der vorgenannten Probleme eine Lösung: Zur Lösung des letztgenannten Problems, nämlich die Kräfte, die die Drehung des Stellrings abbremsen, vom Stellring fernzuhalten, sieht das Merkmal vor, dass der Anschlagring drehbar gelagert ist. Aufgrund seiner Drehbarkeit kann der Anschlagring dann, wenn er zwischen die Wand und den sich drehenden Stellring gerät, die von der Wand ausgehende Bremswirkung aufnehmen, so dass sich der Stellring ungehindert weiter drehen kann und demnach auch die Sperreinrichtung im Linkslauf nicht beansprucht wird – wobei sich allerdings bei starkem axialen Druck auf den Anschlagring durch die Reibung zwischen Anschlagring und Stellring auch eine gewisse Bremswirkung auf den Stellring und damit auch auf die Sperreinrichtung übertragen wird. Zur Lösung des erstgenannten Problems, nämlich eine Übertragung der axialen Kräfte auf den Stellring zu verbinden, sieht das Merkmal vor, dass der Anschlagring am Futterkörper gelagert ist. Das bedeutet, dass der Anschlagring derart am Futterkörper anliegt, dass er sich gegen diesen und nicht gegen den Stellring abstützt, wenn axiale Kräfte auf ihn – den Anschlagring – wirken. Darüber hinaus hilft die Lagerung am Futterkörper auch dabei, sogar die geringfügige Bremswirkung auf den Stellring, die sich bei starkem Druck durch die Reibung zwischen Anschlagring und Stellring ergibt, zu verhindern. Insgesamt erfüllt der Anschlagring die ihm gemäß der Vorteilsbeschreibung des Klagepatents zugedachte Funktion nur dann vollständig, wenn beide Teilbestandteile des Merkmals 6 gegeben sind.

In diesem Verständnis des Klagepatents, wonach sich der Anschlagring axial am Futterkörper abstützen muss, sieht sich der Fachmann bestätigt, wenn er berücksichtigt, welchen allgemeinen technischen Wortsinn der Begriff der Lagerung hat. So wird – wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat – im Maschinenbau als Lager ein Element zum Tragen oder Führen relativ zueinander beweglicher Maschinenteile verstanden, wobei dieses Element die jeweils auftretenden Kräfte aufnimmt und auf ein anderes Bauteil ableitet. Auch nach dieser Definition muss demnach das Lager die Kräfte des auf ihm gelagerten Bauteils aufnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klagepatentschrift den Begriff der Lagerung abweichend von diesem allgemeinen technischen Wortsinn definieren will, sind nicht ersichtlich.

Freilich bedeutet diese Auslegung nicht, dass der Anschlagring nach Merkmal 6 den Stellring überhaupt nicht berühren darf. Selbst in den Figuren 5 und 9 berührt der Anschlagring 50 den Stellring 9. Allerdings ist auch dort der Anschlagring 50 stets so gelagert, dass die axialen Kräfte über die Ringschulter 51 und den Sprengring 52 auf den Futterkörper 1 und nicht auf den Stellring abgeleitet werden.

Vor diesem Hintergrund überzeugt die Argumentation der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht, die in der Klagepatentschrift beschriebenen Vorteile würden im Wesentlichen bereits dadurch erreicht, dass der Anschlagring drehbar gelagert sei und es komme nicht mehr darauf an, ob dieser sich am Futterkörper abstütze oder am Stellring. Dieser Argumentation kann – über die vorstehenden Erwägungen zur Funktion und zum technischen Wortsinn des Merkmals hinaus – auch deshalb nicht gefolgt werden, weil es nach diesem Verständnis unverständlich wäre, weshalb im Patentanspruch die Lagerung „am Futterkörper“ vorgeschrieben wurde. Es hätte dann ausgereicht, vorzugeben, dass der Anschlagring „drehbar gelagert“ sein solle.

b)
Bei dem Bohrfutter gemäß Anlage K 9 liegt der Anschlagring, den die Klägerin in dem silbernen Ringteil sieht, ausschließlich auf dem orangefarbenen Stellring auf. Zwar ist an dem Futterkörper noch eine Nut vorhanden; auf dieser liegt der Anschlagring aber in keiner Weise auf. Besonders deutlich wird dies, wenn man bei dem in der mündlichen Verhandlung überreichten Muster den Stellring einmal entfernt und den silbernen Ring so weit wie möglich auf das Futterkörper aufsteckt. Der silberne Ring passiert dann ohne jeden Widerstand die Nut, liegt also nicht an dessen Unterkante auf. In der mündlichen Verhandlung war zwischen den Parteien auch unstreitig, dass tatsächlich nicht der silberne Ring in die Nut eingreift, sondern ein Sicherungsring, der aufgesteckt wird, um zu verhindern, dass der Anschlagring nach vorne abrutscht. Dieser Sicherungsring mag mit dem Sprengring 52 des Klagepatents verglichen werden, der axial hinter der Außenkante des Anschlagrings liegt; er ändert aber nichts daran, dass sich der silberne Ring nicht am Futterkörper abstützt.

Gleiches gilt für das Bohrfutter gemäß Anlage K 15. Auch dort ist der Anschlagring nicht am Futterkörper abgestützt, insbesondere liegt er nicht auf der Nutunterkante auf.

Dass dies bei den Bohrfuttern auf den Seiten 25 bis 40 des Werbeprospekts K 7 und denjenigen Bohrfuttern, die in den Rechnungen B 8 und B 9 aufgeführt sind, anders ist, hat die Klägerin nicht dargetan, so dass die Klage auch insoweit abzuweisen war.

Dem Antrag der Klägerin, gemäß § 142 ZPO der Beklagten aufzugeben, Originale der auf ihrer Internetseite gemäß Anlage K 12 beworbenen Bohrfutter vorzulegen, war nicht nachzugehen. Denn die Klägerin verlangt mit dem Antrag die Vorlage von 28 Bohrfuttern (sämtliche Bohrfutter aus der Anlage K 12), ohne konkret darzulegen, weshalb im Hinblick auf die einzelnen Bohrfutter eine Patentverletzung wahrscheinlich sein soll. Der pauschale Hinweis darauf, dass sich dies weitgehend aus den Explosionszeichnungen ergebe, die in der K 7 wiedergegeben seien, stellt keine konkrete Auseinandersetzung mit den einzelnen Modellen und den Indizien für die Verwirklichung der einzelnen Merkmale des Klagepatents dar, die – wie die Kammer in der mündlichen Verhandlung beanstandet hat – erforderlich gewesen wäre, um den Vorlageantrag angemessen zu begründen. Dies erst recht vor dem Hintergrund, dass die in der K 7 gezeigten Explosionszeichnungen vieler auch in der K 12 gezeigten Modelle allenfalls Ziermanschetten („decorative sleeve“) wie diejenigen der K 9 und K 15 aufweisen.

III.
Da die Beklagte das Klagepatent nicht verletzt, stehen der Klägerin weder der Unterlassungsanspruch noch der Anspruch auf Auskunft, Rechnungslegung, Schadensersatz und Vernichtung zu. Ebensowenig hat die Beklagte eine Vertragsstrafe in Höhe von 30.000,00 € verwirkt.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

V.
Der Streitwert beträgt 1.030.000,00 €. Die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 18.06.2007 eingereichte „Beschwerde“ gegen die vorläufige Festsetzung des Streitwerts auf 1.000.000,00 € ist als solche gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht zulässig. Die Einwände der Beklagten hat die Kammer jedoch bei der abschließenden Streitwertfestsetzung berücksichtigt. Maßgeblich für den Streitwert ist das wirtschaftliche Interesse, das die Klägerin mit ihrer Klage objektiv verfolgt. Indizien für die Bemessung des Streitwerts sind dabei zum einen die Verhältnisse bei der Klägerin, das heißt ihre Größe, ihr mit dem eigenen Patent erzielter Umsatz sowie die Marktstellung und zum anderen die Intensität der Verletzungshandlung, das heißt die Art, das Ausmaß und die Schädlichkeit der Verletzungshandlung. Die vom Ausgang des Verfahrens noch unbeeinflusste Wertangabe des Gläubigers in der Antragsschrift stellt in der Regel ein wesentliches Indiz dar. Vorliegend hat die Klägerin von vornherein geltend gemacht, dass die Beklagte nicht nur einmalig auf einer Messe aufgetreten ist, sondern auch sonst für die Lieferung von patentverletzenden Bohrfuttern in das Bundesgebiet verantwortlich ist. Jedenfalls nachdem auch der Internetauftritt der Beklagten und die Lieferungen an die Firma O bzw. die N GmbH zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht wurden, war ein Streitwert von 1.000.000,00 € gerechtfertigt. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten unstreitig ein großes chinesisches Unternehmen handelt, das in China marktführend bei Bohrfuttern ist und auch nach Europa liefert.