4a O 191/08 – (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1290

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 5. November 2009, Az. 4a O 191/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 145/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. der Klägerin

1.1. Auskunft darüber zu erteilen, ob die Beklagte im Wirtschaftsjahr 2005/2006 Erntegut der Sorten

und im Wirtschaftsjahr 2006/2007 Erntegut der Sorten

das ein Landwirt durch den Anbau von Vermehrungsmaterial im eigenen Betrieb gewonnen und dort als Vermehrungsmaterial zu verwenden beabsichtigt hat, aufbereitet hat; und

1.2. – wenn und soweit die Beklagte derartige Aufbereitungshandlungen durchgeführt hat – Auskunft über

– die Namen und Anschriften des oder der Auftraggeber(s),
– die Sortenbezeichnungen des jeweils aufbereiteten Ernteguts,
– die Menge der jeweils zur Aufbereitung gelieferten Rohware in dt,
– die Menge der jeweils nach der Aufbereitung abgegebenen Saatware in dt und
– den jeweiligen Zeitpunkt und den Ort der Aufbereitung

zu erteilen,

mit der Maßgabe, dass die Auskünfte hinsichtlich derjenigen Sorten, die in den Anlagen einen Eintrag in der 5. Spalte („Sortenschutz ab/bis“) enthalten, nicht für das gesamte Wirtschaftsjahr, sondern

– über den Zeitpunkt seit dem in der 5. Spalte jeweils aufgeführten Zeitpunkt bzw.

– über die Zeit bis zu dem in der 5. Spalte jeweils aufgeführten Zeitpunkt

zu erteilen sind;

2. die gemäß Ziffer 1. erteilten Auskünfte jeweils durch geeignete Nachweise im Sinne von Art. 15 GemNachbV zu belegen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte für die Wirtschaftsjahre 2005/2006 und 2006/2007 auf Auskunft aus europäischem und nationalem Sortenschutzrecht in Anspruch. Die Klägerin wurde von verschiedenen Sortenschutzinhabern und Inhabern von ausschließlichen Nutzungsrechten an Sortenschutzrechten zur Wahrnehmung von deren Rechten gegenüber Landwirten im Zusammenhang mit dem von diesen betriebenen Nachbau ihrer Sorten beauftragt und ermächtigt, diese Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Dazu gehören auch die Sortenschutzinhaber und ausschließlichen Nutzungsberechtigten der in den Anlagen K 22 und K 23 näher bezeichneten und zum Gegenstand der Anträge gemachten Sorten. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Aufbereiterin, die im Auftrag von Landwirten die Aufbereitung von Erntegut zu Anbauzwecken betreibt.

Für die im Klageantrag bezeichneten Pflanzensorten bestand in den jeweiligen Wirtschaftsjahren Sortenschutz nach den Bestimmungen des Sortenschutzgesetzes (SortG) oder der Gemeinschaftssortenverordnung (GemSortV). Die in den zum Gegenstand der Anträge gemachten Anlagen K 22 und K 23 genannten Personen oder Unternehmen sind entweder die Inhaber des entsprechenden Sortenschutzrechts oder die ausschließlichen Nutzungsberechtigten.

Die Klägerin erhält jährlich Nachbauerklärungen der Landwirte, in welchen diese unter anderem angeben, ob sie Nachbau betrieben haben und gegebenenfalls – in der Rubrik „Fremdaufbereiter“ – bei welchem Aufbereiter sie das Saatgut haben aufbereiten lassen. Des Weiteren nennen die einzelnen Sortenschutzinhaber der Klägerin jährlich sämtliche Vermehrungen ihrer Sorten und in diesem Rahmen auch die für die Aufbereitung des Ernteguts zuständigen Aufbereiter.

Nach dem Vortrag der Klägerin ist sie, die Klägerin, auf diesem Weg unter anderem an Anhaltspunkte betreffend die durch die Beklagte in den hier streitgegenständlichen Wirtschaftsjahren möglicherweise aufbereiteten Sorten gelangt.

Sie hat die Beklagte daher mit Schreiben vom 30.06.2006 (Anlage K 4), 07.08.2006 (Anlage K 5), 15.09.2006 (Anlage K 6) und vom 30.04.2007 (Anlage K 7) für das Wirtschaftsjahr 2005/2006 und mit Schreiben vom 25.06.2007 (Anlage K 8), 29.06.2007 (Anlage K 9), 23.11.2007 (Anlage K 10) sowie vom 29.05.2008 (Anlage K 11) für das Wirtschaftsjahr 2006/2007 zur Auskunftserteilung hinsichtlich verschiedener Sorten aufgefordert. Den Schreiben lag jeweils eine tabellarische Übersicht bei, in welcher zumindest die Fruchtart, die Sortenbezeichnung, ein Zahlencode, der Name des Landwirtes, dessen Wohnort und das Wirtschaftsjahr angegeben waren. Ablichtungen der Nachbauerklärungen waren diesen Schreiben nicht beigefügt. Die Beklagte hat die von ihr geforderte Auskunft nicht erteilt.

Die Klägerin beantragt daher zuletzt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten ist sie, die Beklagte, nicht zur Auskunft verpflichtet, da den Auskunftsverlangen keine Belege beigelegen hätten und die Auskunftsverlangen darüber hinaus nicht jeweils in dem Wirtschaftsjahr zugegangen seien, für das Auskunft begehrt werde. Für den Vertragsanbau bestehe ohnehin keine Auskunftspflicht.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin, deren Prozessführungsbefugnis nicht in Frage gestellt wurde, steht gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch aus § 10a Abs. 6 SortG bzw. Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27.07.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (im Folgenden: GemSortV) i.V.m. Art. 9 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24.07.1995 über die Ausnahmeregelung gemäß Art. 14, Abs. 3 GemSortV (im Folgenden: GemNachbV) zu, wobei sich der Umfang der Auskunftsverpflichtung aus Art. 9 Abs. 2 GemNachbV ergibt. Die Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen folgt aus Art. 15 Abs. 1 GemNachbV.

I.
Die Klägerin hat hinreichend dargelegt und bewiesen, dass sie über Anhaltspunkte verfügt, dass die den Gegenstand der Klageanträge bildenden Sorten in den hier maßgeblichen Wirtschaftsjahren von der Beklagten aufbereitet worden sind.

1.
Art. 14, Abs. 3, 6. Gedankenstrich der GemSortV ist nicht dahingehend auszulegen, dass er dem Inhaber des gemeinschaftlichen Schutzes für eine Pflanzensorte das Recht gibt, die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Informationen von einem Erbringer vorbereitender Dienstleistungen bzw. Aufbereiter zu verlangen, wenn er nicht über Anhaltspunkte dafür verfügt, dass dieser hinsichtlich des Ernteerzeugnisses, das Landwirte durch Anbau von Vermehrungsgut einer vom Privileg erfassten Sorte des Sortenschutzinhabers gewonnen haben, zum Zweck des Anbaus solche Dienstleistungen erbracht hat oder zu erbringen beabsichtigt bzw. dieses Ernteerzeugnis aufbereitet hat oder aufzubereiten beabsichtigt (vgl. EUGH GRUR 2005, 236 – Saatgut-Treuhand/Brangewitz; BGH GRUR 2005, 668 – Aufbereiter; BGH GRUR 2006, 407, 409 – Auskunftsanspruch bei Nachbau III). Soweit demgegenüber konkrete Anhaltspunkte für eine Sorte vorliegen, muss der Aufbereiter auf ein entsprechendes Auskunftsverlangen für diese Sorte Auskunft für alle von ihm betreuten Landwirte erteilen. Der Anspruch ist sortenbezogen (BGH GRUR 2005, 668 – Aufbereiter).

2.
Diesen Anforderungen hat die Klägerin genügt. Sie hat für alle Sorten, für welche sie Auskunft begehrt, Nachbauerklärungen (vgl. Anlagen K 16. 1 – 16.79 sowie K 18.1 – K 18.71) bzw. Anhaltspunkte für einen Vertragsanbau dieser Sorten (vgl. Anlagen K 17.1 – K 17.36 und K 19.1 – K 19.69) vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte (ggf. in ihren Niederlassungen) die streitgegenständlichen Sorten aufbereitet hat. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, in einigen – durch die Beklagte im einzelnen aufgeführten – Nachbauerklärungen hätten die Landwirte nicht angegeben, ob das jeweilige Saatgut in Eigen- oder Fremdaufbereitung aufbereitet wurde, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Auch ohne eine entsprechende Angabe stellen diese Nachbauerklärungen, in denen die Beklagte als Fremdaufbereiter angegeben ist, einen für die Begründung des Auskunftsanspruchs der Klägerin hinreichenden Anhaltspunkt dafür dar, dass die Beklage die jeweilige Sorte auch tatsächlich aufbereitet hat. Darauf, ob eine entsprechende Aufbereitung durch die Beklagte tatsächlich stattgefunden hat, kommt es demgegenüber für die Entstehung des Auskunftsanspruchs nicht an.

3.
Auch der Vertragsanbau stellt einen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für einen Nachbau dar. Dabei geht es um Sorten, die im Rahmen eines Vermehrungsvertrages vermehrt und dann aufbereitet worden sind. § 10a Abs. 6 SortG bzw. Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortV i.V.m. Art. GemNachbV ist eine den Vertragsanbau ausschließende Einschränkung nicht zu entnehmen. Zwar ist das Recht des Sortenschutzinhabers, die relevanten Informationen von einem Aufbereiter anzufordern, dadurch bedingt, dass dieser das Ernteerzeugnis für einen Landwirt aufbereitet, der die in Art. 14 Abs. 1 GemSortV vorgesehene Ausnahmeregelung für sich in Anspruch nimmt oder in Anspruch nehmen wird (vgl. EuGH GRUR 2005, 236, 238 Saatgut/Brangewitz). Gleichwohl ist es für den Auskunftsanspruch des Sortenschutzinhabers ausreichend, wenn der Landwirt – wie dies auch im Rahmen des Vertragsanbaus der Fall ist – jedenfalls die konkrete Möglichkeit zum Nachbau hatte (vgl. BGH GRUR 2006, 407, 409 – Auskunftsanspruch für Nachbau III). Dafür spricht auch, dass das Vermehrungsmaterial aus dem Vertragsanbau von sonstigem Vermehrungsmaterial, das von vornherein Nachbauzwecken dient, nicht zu unterscheiden ist.

Dass neben den gesetzlichen Ansprüchen des Sortenschutzinhabers auch (anders gelagerte) Auskunftsrechte der Sortenschutzinhaber aus den abgeschlossenen Vermehrungsverträgen bestehen, hindert die Entstehung des gesetzlichen Anspruchs des Sortenschutzinhabers gegen den Aufbereiter im Zusammenhang mit Nachbauhandlungen der Landwirte aus Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortVO nicht (so auch LG München I, Urteil v. 17.07.2008, 7 O 8332/07, Anlage K 14, sowie i. E. übereinstimmend LG Braunschweig, Urteil v. 30.04.2008, Az. 9 O 1490/07 Anlage K 15). Soweit sich in diesen Vermehrungsverträgen eine vertragliche Verpflichtung des Landwirts als Vermehrer findet, nach welcher sich der Landwirt verpflichtet, die von ihm vermehrte Rohware, aus der zertifiziertes Saatgut (Z-Saatgut) erzeugt werden soll, vollständig für den Züchter an die VO-Firmen abzuliefern, steht auch dies dem Auskunftsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Auch dann lässt sich für die Sortenschutzinhaber nicht ausschließen, dass das durch die Landwirte als Vermehrer erzeugte Saatgut entgegen der vertraglichen Verpflichtungen zumindest teilweise für den Nachbau eingesetzt wurde.

II.
Die Klägerin hat, wie von Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortV gefordert, für die hier maßgeblichen Wirtschaftsjahre 2005/2006 und 2006/2007 jeweils ein entsprechendes Auskunftsverlangen an die Beklagte gerichtet.

1.
Die Auskunftverpflichtung des Aufbereiters nach Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortV besteht nur für das Wirtschaftsjahr, für welches der Berechtigte ein entsprechendes Auskunftsverlangen an den Aufbereiter gerichtet hat. Nach Art. 9 Abs. 3 GemNachbauV können zwar gegebenenfalls auch Angaben für bis zu drei vergangene Wirtschaftsjahre verlangt werden. Dies setzt jedoch nach Art. 9 Abs. 3 S. 2 GemNachbauV ebenfalls voraus, dass der Berechtigte in dem ersten der vergangenen Jahre bereits ein Auskunftsverlangen an den Aufbereiter gerichtet hat. Dabei ist auch ein erstes Auskunftsverlangen nur beachtlich, wenn es seinerseits auf entsprechenden Anhaltspunkten beruht (vgl. BGH GRUR 2005, 668, 669 – Aufbereiter).

2.
Diesen Anforderungen hat die Klägerin mit den als Anlagen K 4 bis K 11 vorgelegten Auskunftsersuchen genügt. Die Klägerin hat mit diesen Schreiben die Beklagte nicht nur zur Auskunft aufgefordert, sondern diese jeweils durch eine Anlage konkretisiert, welche in tabellarischer Form zumindest die Sorte, einen Zahlencode, den Namen und die Anschrift des Landwirtes und das Wirtschaftsjahr enthielt. Weiterer Angaben bedurfte es demgegenüber ebenso wenig wie der Beifügung von Belegen, insbesondere von Kopien der Nachbauerklärungen. Das Erfordernis eines „konkreten“ Auskunftsverlangens trägt der Rechtsprechung des EuGH/BGH Rechnung, dass der Auskunftsanspruch gegen den Aufbereiter nur besteht, wenn konkrete Anhaltspunkte für die Aufbereitung einer bestimmten Sorte durch den auf Auskunft in Anspruch genommenen Aufbereiter bestehen. Demgegenüber ist ein in dem Sinne „qualifiziertes Auskunftsverlangen“, welchem neben der unstreitig erforderlichen Konkretisierung auf bestimmte Sorten Belege beigefügt sind, nicht erforderlich.

a)
Art. 9 Abs. 4 i.V.m. Art. 8 Abs. 4 der GemNachbauV sieht nur vor, dass der Sortenschutzinhaber in dem Auskunftsersuchen seinen Namen, die Anschrift und die Sorte unter Bezugnahme auf das Sortenschutzrecht zu nennen hat. Dies hat die Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass die Auskunftsverpflichtung des Aufbereiters nach Art. 14 Abs. 3, 6. Gedankenstrich GemSortV voraussetzt, dass der Berechtigte ein entsprechendes Auskunftsverlangen an den Aufbereiter richtet (vgl. BGH GRUR 2005, 668, 669 – Aufbereiter). Eine Grundlage dafür, darüber hinaus auch die Beifügung von Belegen bereits in dem Auskunftsersuchen zu verlangen, ist nicht erkennbar. Die Frage der formalen Anforderungen an das Auskunftsersuchen darf nicht damit vermengt werden, was materiell Voraussetzung des Auskunftsverlangens ist und welche Darlegung im Prozess erforderlich ist, um das Auskunftsverlangen gerichtlich durchzusetzen. Es ist nicht erkennbar, warum die Klägerin bereits in der vorprozessualen Phase verpflichtet sein sollte, zusätzlich Belege beizufügen. Aufgrund der konkreten Angaben können die Aufbereiter, die zur Aufzeichnung der Aufbereitungshandlungen verpflichtet sind, leicht die Anhaltspunkte nachprüfen. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn in den den Auskunftsersuchen beigefügten Tabellen nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass die Klägerin ihre Informationen aus einer Nachbauerklärung erlangt hat oder dass es sich um Vertragsanbau handelt (so auch LG Braunschweig, Urteil v. 30.04.2008, Az. 9 O 1490/07, Anlage K 15; LG München I, Urteil v. 17.07.2008, Az. 7 O 8332/07, Anlage K 14).

b)
Eine hinreichende Angabe von Anhaltspunkten im Auskunftsersuchen liegt auch dann vor, wenn die von der Klägerin angegebenen Anhaltspunkte nicht mit den Unterlagen der Beklagten übereinstimmen. Eine derartige Übereinstimmung ist nicht Voraussetzung für das Vorliegen eines konkreten Auskunftsersuchens. Die Rechtsprechung verlangt vom Sortenschutzinhaber allein die Darlegung des Nachbaus einer aufbereiteten Sorte durch den Landwirt (vgl. BGH GRUR 2005, 668 – Aufbereiter), nicht jedoch zusätzlich die Übereinstimmung der dargelegten Nachbauhandlungen mit den Aufzeichnungen des auskunftspflichtigen Aufbereiters. Soweit die Aufzeichnungen des Aufbereiters abweichen, betrifft dies allein den Inhalt der zu erteilenden Auskunft, nicht jedoch den grundsätzlichen Bestand der Auskunftspflicht (vgl. LG München I, a. a. O.).

c)
Die Klägerin hat durch die als Anlagenkonvolute K 16 – K 19 vorgelegten Nachbauerklärungen und Belege über den durchgeführten Vertragsanbau nachgewiesen, dass die an die Beklagte gerichteten Auskunftsersuchen für jede Sorte auch jeweils auf konkreten Anhaltspunkten beruhten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass die in den Auskunftsersuchen als Anhaltspunkt für einen Nachbau aufgeführten Nachbauerklärungen mit denjenigen Nachbauerklärungen übereinstimmen, die später im Prozess zur Begründung der Auskunftsverpflichtung vorgelegt werden. Bei dem Erfordernis eines konkreten vorprozessualen Auskunftsersuchens handelt es sich im Wesentlichen um ein formales Kriterium, dass dem Aufbereiter die Möglichkeit der Nachprüfung der Berechtigung der konkret verlangten Auskunft ermöglichen soll. Dass der Auskunftsberechtigte in einem späteren Prozess keine weiteren oder anderen konkreten Anhaltspunkte für die Berechtigung des Auskunftsanspruchs mehr vortragen können soll, lässt sich daraus nicht ableiten. Insbesondere besteht die durch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung behauptete Missbrauchsgefahr nicht, da der Aufbereiter anhand der ihm übermittelten Auskunftsersuchen die angegebenen Indizien für eine Aufbereitung ohne Weiteres mit seinen Unterlagen abgleichen und, soweit die genannten Indizien in seinen Unterlagen keine Grundlage finden, die Mitteilung weiterer Indizien sowie ggf. die Vorlage der in dem Auskunftsersuchen genannten Nachbauerklärung verlangen kann.

Entscheidend ist somit, dass die Auskunftsersuchen tatsächlich auf entsprechenden Anhaltspunkten beruhten. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat für jede Sorte eine entsprechende Nachbauerklärung vorgelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Auskunftsersuchen der Klägerin gleichwohl nicht auf konkreten Anhaltspunkten für einen Nachbau beruhten, bestehen nicht. Ohne Erfolg macht die Beklagte insbesondere geltend, für die Sorte „A“ habe die Klägerin in den Anlagenkonvoluten K 4 und K 5 jeweils die Nachbauerklärung von Herrn B angegeben, welcher diese Sorte ausweislich der Anlage K 16.73 lediglich als Eigenaufbereiter aufbereitet habe. Zumindest in den als Anlagen K 6 und K 7 vorgelegten Auskunftsersuchen ist für die Sorte „A“ als Anhaltspunkt für eine Aufbereitung durch die Beklagte eine Nachbauerklärung von Herrn C (Anlage K 6) bzw. von Herrn D(Anlage K 7) angegeben. Anhaltspunkte dafür, dass auch diese Angaben unzutreffend sind, bestehen nicht.

3.
Die Auskunftsersuchen der Klägerin sind auch hinsichtlich aller Sorten rechtzeitig bei der Beklagten eingegangen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es hierfür nicht erforderlich, dass die Auskunftsersuchen jeweils noch innerhalb des betreffenden Wirtschaftsjahres bei ihr eingehen.

Eine besondere Frist für den Eingang des Auskunftsersuchens bei dem Aufbereiter ist durch den Sortenschutzinhaber nicht einzuhalten. Art. 9 Abs. 3 GemNachbauV bestimmt zwar nach seinem Wortlaut, dass der Aufbereiter Angaben zu machen hat, die sich auf das laufende Wirtschaftsjahr sowie auf ein oder mehrere der drei vorangegangenen Wirtschaftsjahre beziehen. Diese Vorschrift ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, dass Auskunft nur dann erteilt werden muss, wenn das Auskunftsverlangen auch in dem Wirtschaftsjahr zugeht, für das Auskunft begehrt wird. Den Regelungsgegenstand der Vorschrift bildet nicht der Eingang des Auskunftsersuchens, sondern nur der Umfang der Auskunftspflicht des Aufbereiters. Auch wenn der europäische Normgeber möglicherweise davon ausging, dass die Auskunft in der Regel im Laufe des Wirtschaftsjahres angefordert werden würde (der Wortlaut der englischen und französischen Fassung stimmen insoweit überein), ist dies nicht als Ausschlussfrist zu verstehen (vgl. BGH GRUR 2005, 668, 669 – Aufbereiter). Die Vorschrift ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass die Auskunft jeweils für das Wirtschaftsjahr verlangt werden kann, für das dem Sortenschutzinhaber die erforderlichen Anhaltspunkte für eine Nachaufbereitung durch den Aufbereiter hinsichtlich einer bestimmten Sorte vorliegen. Eine andere Auslegung der Vorschrift würde zudem die praktische Durchsetzbarkeit des Auskunftsanspruchs vielfach verhindern. Unstreitig erfolgt die Neuaussaat bei einigen Sorten erst kurz vor Ende des Wirtschaftsjahres am 30.06.. Erst dann können die Landwirte auch hinsichtlich dieser Sorten die entsprechenden Mitteilungen an die Klägerin machen, die sie wiederum als Anhaltspunkt für die Auskunftsaufforderung an die Aufbereiter benötigt. Die Mitteilung durch die Landwirte und die Verarbeitung der umfangreichen Informationen bei der Klägerin nimmt unweigerlich einen gewissen Zeitraum in Anspruch. Organisatorische Gründe der Aufbereiter, das Aufforderungsersuchen innerhalb des laufenden Wirtschaftsjahres erhalten und bearbeiten zu müssen, sind weder konkret vorgetragen, noch ersichtlich (so auch LG München I und LG Braunschweig a. a. O.).

4.
Die obigen Ausführungen für die europarechtlich geschützten Sorten gelten für die nach nationalem Recht geschützten Sorten entsprechend (§ 10 Abs. 6 SortG). Denn auch das deutsche Recht verpflichtet (nur) Landwirte, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, sowie die von ihnen beauftragten Aufbereiter zur Auskunft über den Umfang des Nachbaus und setzt damit voraus, dass hinsichtlich einer bestimmten geschützten Sorte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass von der Berechtigung zum Nachbau Gebrauch gemacht wird (vgl. BGH GRUR 2002, 238 – Auskunftsanspruch für Nachbau). Auch nach nationalem Recht ist zu verlangen, dass der Anspruchsberechtigte darlegt, dass der Landwirt bestimmte für den Sortenschutzinhaber geschützte Sorten nachbaut. Das entspricht der Selbstständigkeit der einzelnen Sortenschutzrechte und der aus ihnen resultierenden Ansprüche und stellt im Übrigen den vom deutschen Gesetzgeber gewollten Einklang mit dem gemeinschaftsrechtlichen Sortenschutz sicher (BGH GRUR 2005, 668; OLG München, GRUR-RR 2003, 361, 363).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 (1. Halbsatz) ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 50.000,- EUR festgesetzt.