4a O 15/08 – Papierhandtuchspender II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1023

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Januar 2009, Az. 4a O 15/08

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, diese bei der Beklagten zu 1) zu vollziehen an ihrem gesetzlichen Vertreter,
zu unterlassen,
Endstopfen für Materialrollen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, mit den folgenden Merkmalen:
A. Endstopfen für eine Materialrolle zum Einsetzen in eine Arretiervorrichtung.
B. Der Endstopfen umfasst einen Aufnahmeabschnitt, welcher in einen hohlen Kern der Materialrolle hereinpassende Abmessungen aufweist.
C. Der Endstopfen umfasst ein Lagerelement, welches in die Arretiervorrichtung hereinpassende Abmessungen aufweist.
C.1 Das Lagerelement umfasst einen Lagerzapfen.
C.1.1 Der Lagerzapfen umfasst eine Gegenoberfläche, welche zum Aufnahmeabschnitt hin zeigt.
C.2 Das Lagerelement umfasst eine Verriegelungsoberfläche zum Verriegeln des Endstopfens in der Arretiervorrichtung in einer Endposition.
C.2.1 Die Verriegelungsoberfläche ist zwischen dem Aufnahmeabschnitt und dem Lagerzapfen angeordnet.
C.2.2 Die Verriegelungsoberfläche weist zumindest einen Abschnitt auf, der bezüglich der Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel im Bereich von 117° bis 141°, insbesondere 117,8° bis 119,8°, insbesondere 118,8° bezüglich der Längsachse des Lagerzapfens geneigt ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus seit dem 12. August 2007 begangenen Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin in einem geordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. aufgeführten Handlungen seit dem 12. August 2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen, sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen, sowie Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Bestell-, Lieferscheine und Rechnungen vorzulegen haben und
wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 85 % den Beklagten zu gleichen Teilen, zu 15 % der Klägerin auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000,-.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Gebrauchsmusters DE 20 2005 021 xxx U1 (Anlage K1, nachfolgend: Klagegebrauchsmuster). Das Klagegebrauchsmuster wurde aus der europäischen Patentanmeldung EP 05 02 6xxx.x (veröffentlicht als EP 1 795 xxx) abgezweigt und nimmt deren Anmeldetag (07. Dezember 2005) in Anspruch. Die Eintragung des Klagegebrauchsmusters erfolgte am 06. Juni 2007 und wurde am 12. Juli 2007 im Patentblatt bekannt gemacht. Das EP 1 795 xxx ist zwischenzeitlich zur Erteilung gelangt; sein erteilter Anspruch 1 ist in der deutschen Übersetzung mit Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters identisch.

Der in erster Linie geltend gemachte Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters, das die Bezeichnung „Endstopfen für eine Materialrolle und Arretiervorrichtung in einem Spender“ trägt, lautet wie folgt:
Endstopfen (5, 5´, 5´´) für eine Materialrolle zum Einsetzen in eine Arretiervorrichtung (1), umfassend:
– ein Lagerelement (70), welches in die Arretiervorrichtung hereinpassende Abmessungen aufweist,
gekennzeichnet durch
– einen Aufnahmeabschnitt (60), welcher in einen hohlen Kern der Materialrolle hereinpassende Abmessungen aufweist, wobei das Lagerelement umfasst:
– einen Lagerzapfen (80) umfassend eine Gegenoberfläche (82), welche zum Aufnahmeabschnitt hin zeigt, und
– eine Verriegelungsoberfläche (90) zum Verriegeln des Endstopfens in der Arretiervorrichtung in einer Endposition (250), wobei die Verriegelungsoberfläche zwischen dem Aufnahmeabschnitt und dem Lagerzapfen angeordnet ist, wobei die Verriegelungsoberfläche zumindest einen Abschnitt aufweist, der bezüglich der Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel (α1, α2, α3) im Bereich von 117° bis 141° bezüglich der Längsachse (500) des Lagerzapfens geneigt ist.

Hinsichtlich des Wortlauts der zum Gegenstand von „insbesondere“-Anträgen gemachten Schutzansprüche, 4, 5 und 10 bis 17 wird auf die Klagegebrauchsmusterschrift in Anlage K1 verwiesen.

Zur Veranschaulichung wird nachfolgend die Figur 1 der Klagegebrauchsmusterschrift wiedergegeben, die einen schematischen Querschnitt der Arretiervorrichtung und eine Seitenansicht des Endstopfens zeigt:

Die Klägerin ist eine international tätige Herstellerin von Hygienepapieren und anderen Hygieneprodukten mit Sitz in Schweden. Zum Produktportfolio der Klägerin gehören auch Papierhandtuchrollen, die sie unter anderem für die von ihr hierfür speziell entwickelten Handtuchspender anbietet. Diese unter der Marke „A“, vereinzelt auch unter den markenrechtlich geschützten Bezeichnungen „B“ oder „C“, angebotenen und vertriebenen Papierhandtuchrollen und Papierhandtuchspender der Klägerin werden beispielsweise in Waschräumen in öffentlichen Gebäuden, Gaststätten und Büros eingesetzt. Im April 2006 führte die Klägerin eine neue Generation derartiger Papierhandtuchspender ein, die sich durch ein verbessertes System aus einem Arretiermechanismus zur Aufnahme der Papierhandtuchrollen in den A-Papierhandtuchspendern und entsprechenden, in den Papierhandtuchrollen eingebrachten Endstopfen auszeichnen. Die Endstopfen sind dabei in den hohlen Rollenkernen der Papierhandtuchrollen eingesetzt und dienen dazu, die Papierrollen in dem Arretiermechanismus zu haltern. Auf einen derartigen Endstopfen bezieht sich Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters.

Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beklagten zu 1). Zugleich betreibt er als eingetragener Kaufmann unter der Firma „D, Inhaber E e.K.“ ein einzelkaufmännisches Unternehmen.
Die Beklagten vertreiben bundesweit Papierhandtuchrollen mit dazugehörigen Endstopfen, die sie auch als „Achsenadapter“ bezeichnen, zur Verwendung in A-Papierhandtuchspendern der Klägerin. Die Klägerin greift mit ihrer vorliegenden Klage den Vertrieb der Endstopfen durch die Beklagten an, verlangt auf der Grundlage des Klagegebrauchsmusters Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und begehrt Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach.
Ein Muster des angegriffenen Endstopfens, den die Klägerin ausweislich der Anlagen K10 und K11 hinsichtlich seiner Dimensionierung vermessen hat, liegt als Anlage K7 vor. Er passt mit seinen Dimensionen einerseits in die endseitigen Öffnungen des hohlen Kerns der A-Papierhandtuchrollen der Klägerin sowie andererseits in die Arretiervorrichtung der A-Papierhandtuchspender.
Nachfolgend ist eine der Klageschrift (Seite 13) entnommene Abbildung eines der von den Beklagten vertriebenen Endstopfen in perspektivischer Ansicht wiedergegeben. Die Beschriftung stammt von der Klägerin und gibt an, worin diese die Verwirklichung der Merkmale des Schutzanspruchs 1 des Klagegebrauchsmusters im Einzelnen erblickt:

Die kegelstumpfförmige Verriegelungsoberfläche des von der Klägerin untersuchten Endstopfens ist gegenüber der Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel von umlaufend 118,8° geneigt, wobei in der praktischen Herstellung aus fertigungstechnischen Gründen eine Streuung von +/- 1° möglich ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Endstopfen (auch: angegriffenen Ausführungsformen) machten von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch. Dieses sei schutzfähig, wie schon die jüngst erfolgte Erteilung des europäischen Patents 1 759 xxx belege.

Nachdem die Klägerin zunächst auch ein Verbot der Benutzungshandlung des Herstellens beantragt hatte, hat sie ihren Klageantrag zu I. insoweit auf gerichtlichen Hinweis der Kammer, dass sie ein Herstellen durch die Beklagten nicht schlüssig dargetan hat, mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, der von ihnen vertriebene Adapter sei kein sklavischer Nachbau des geschützten Adapters, da insbesondere die Winkel der Verriegelungsoberflächen deutlich voneinander abwichen.
Dem Klagegebrauchsmuster fehle die Schutzfähigkeit. Allein auf dem deutschen Markt existierten mindestens 50 weitere Adapter für Handtuchrollenhalter mit nahezu identischer Funktionsweise und tausende von vergleichbaren Achsenadaptern mit Arretiervorrichtung, die in nahezu sämtlichen Abrollsystemen mit Wechseladaptern zum Einsatz kämen und ebenfalls über einen Lagerzapfen, eine Gegenoberfläche zur Arretierung sowie eine Verriegelungsoberfläche zur Auslösung des Verriegelungsmechanismus verfügten. Die entsprechenden Adapter unterschieden sich lediglich in nicht schützenswerten Bereichen wie etwa dem Durchmesser oder der Länge des Lagerzapfens sowie dem Winkel der Verriegelungsoberfläche. Diese Abweichungen stellten jedoch keine eigene geistige Schöpfung dar, welche die Annahme eines erfinderischen Schrittes rechtfertigen könne. Die Klägerin habe das Klagegebrauchsmuster allein zu dem Zweck angemeldet, den – so die Beklagten – von ihr beherrschten Markt für Handtuchrollenhalter wirksam abzuschotten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und im Umfang der zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch gestellten Anträge begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 24 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2; 24b Abs. 1 und 3 GebrMG; §§ 242; 259 BGB zu. Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig und die Beklagten machen durch Angebot und Inverkehrbringen der angegriffenen Endstopfen von seiner technischen Lehre Gebrauch, ohne hierzu berechtigt zu sein (§ 11 Abs. 1 Satz 2 GebrMG).

I.
Das Klagegebrauchsmuster betrifft ausweislich seiner Bezeichnung unter anderem einen Endstopfen für eine Materialrolle in einem Spender und damit das technische Gebiet der Spender für auswechselbare Materialrollen, insbesondere Papierhandtuchrollen, wie sie üblicherweise in öffentlichen Waschräumen zur Händetrocknung verwendet werden.
Im Stand der Technik sind zahlreiche Spender zum Ausgeben von Papierhandtüchern, Küchenpapier, Toilettenpapier, Folien und anderer auf Rollen aufgewickelter Materialien bekannt. Üblicherweise sind derartige Spender mit einer haltenden Führungsstütze versehen, welche Halteelemente in der Form von Armen aufweist, wobei an jedem dieser Arme ein Ende der auswechselbaren Rolle drehbar angebracht werden kann. Der Haltearm trägt üblicherweise ein daran drehbar gehaltenes Nabenelement, auf welches ein Ende des Rollenkerns beim Auswechseln der Rolle aufgesetzt wird (vgl. Anlage K1, Abschnitt [0002]).
Ist eine solche Materialrolle aufgebraucht, muss sie durch eine neue ersetzt werden. Hierzu ist es erforderlich, dass der verbleibende hohle Rollenkern aus dem Spender entfernt und eine neue Papierhandtuchrolle in den Spender eingesetzt wird. Wie sich den Vorteilsangaben in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters entnehmen lässt (Anlage K1, insbesondere Abschnitte [0007] und [0008]), besteht praktische Veranlassung dafür, die Einsetz-, Lager- und Verriegelungseigenschaften des Endstopfens zu verbessern und eine verbesserte Gleitfähigkeit und Einschiebbarkeit des Endstopfens in die Arretiervorrichtung zur Verfügung zu stellen. Dem Fachmann auf dem Gebiet des Klagegebrauchsmusters war zum Anmeldezeitpunkt geläufig, dass ein immer wieder auftretendes Problem darin bestand, dass sich die auszutauschenden Papierrollen beim Austausch verkanteten oder verklemmten.

Das Klagegebrauchsmuster verfolgt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (die Lösung des technischen Problems), einen Endstopfen für eine Materialrolle bereitzustellen, der eine verbesserte Einsetzbarkeit in eine Arretiervorrichtung, bessere Verriegelungskräfte und eine verbesserte Auswechselbarkeit gewährleistet (vgl. Anlage K1, Abschnitt [0003]).

Zur Lösung schlägt Schutzanspruch 1 die Kombination folgender, bereits in Gestalt einer Merkmalsanalyse wiedergegebener Merkmale vor:

A. Endstopfen (5, 5´, 5´´) für eine Materialrolle zum Einsetzen in eine Arretiervorrichtung (1).
B. Der Endstopfen umfasst einen Aufnahmeabschnitt (60), welcher in einen hohlen Kern der Materialrolle hereinpassende Abmessungen aufweist.
C. Der Endstopfen umfasst ein Lagerelement (70), welches in die Arretiervorrichtung hereinpassende Abmessungen aufweist.
C.1 Das Lagerelement umfasst einen Lagerzapfen (80).
C.1.1 Der Lagerzapfen umfasst eine Gegenoberfläche (82), welche zum Aufnahmeabschnitt hin zeigt.
C.2 Das Lagerelement umfasst eine Verriegelungsoberfläche (90) zum Verriegeln des Endstopfens in der Arretiervorrichtung in einer Endposition (250).
C.2.1 Die Verriegelungsoberfläche ist zwischen dem Aufnahmeabschnitt und dem Lagerzapfen angeordnet.
C.2.2 Die Verriegelungsoberfläche weist zumindest einen Abschnitt auf, der bezüglich der Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel (α1, α2, α3) im Bereich von 117° bis 141° bezüglich der Längsachse (500) des Lagerzapfens geneigt ist.

Insbesondere dient die gegenüber der Längsachse (500) des Lagerzapfens (80) um mehr als 90°, nämlich um zwischen 117° und 141° geneigte Verriegelungsoberfläche (90) nach Merkmalsgruppe C.2 dazu, die vom Klagegebrauchsmuster erstrebten Vorteile einer verbesserter Einsetzbarkeit und einer höheren Belastbarkeit zu erreichen. Die Beschreibung führt in Abschnitt [0006] insoweit aus, die solcherart geneigte Verriegelungsoberfläche könne einerseits besser in die Arretiervorrichtung hinein gleiten und halte andererseits höheren Belastungen stand, ohne deformiert zu werden, im Vergleich zu Belastungen, die durch einen sich senkrecht zur Planfläche des Endstopfens erstreckenden Zapfen getragen werden können. Hierdurch wird im Ergebnis die Einsetzbarkeit des Endstopfens in eine Arretiervorrichtung verbessert: Mit der Gefahr einer Deformation des Lagerzapfens, wie sie im Stand der Technik auftreten kann, wird zugleich das Risiko einer Verkantung verringert und die Einsetzbarkeit vereinfacht.

II.
Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig (§§ 1 Abs. 1; 3 Abs. 1 GebrMG), so dass die Klägerin aus seiner Eintragung die begehrten Rechtsfolgen ableiten kann.
Da es sich bei einem eingetragenen Gebrauchsmuster – anders als bei einen erteilten Patent – nicht um ein geprüftes technischen Schutzrecht handelt, ist das Verletzungsgericht nach allgemeiner Auffassung dazu berufen, über die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmusters etwa unter den Gesichtspunkten der Neuheit und des erfinderischen Schrittes selbst positiv zu befinden, bevor es aus dem Gebrauchsmuster Rechtsfolgen ableitet. Denn § 13 Abs. 1 GebrMG sieht ausdrücklich vor, dass ein Gebrauchsmusterschutz durch die Eintragung nicht begründet wird, soweit gegen den als Inhaber Eingetragenen für jedermann ein Anspruch auf Löschung (§ 15 Abs. 1 und 3 GebrMG) besteht. Die Schutzfähigkeit ist daher für ein Gebrauchsmuster vom Verletzungsgericht positiv festzustellen, wobei der Maßstab für den erfinderischen Schritt im Gebrauchsmusterrecht kein anderer ist als für eine erfinderische Tätigkeit im Patentrecht. Insbesondere ist sowohl die Patentierungsvoraussetzung der erfinderischen Tätigkeit im Patentrecht als auch das Kriterium des erfinderischen Schritts im Gebrauchsmusterrecht kein quantitatives, sondern ein qualitatives; die Beurteilung des erfinderischen Schritts ist wie die der erfinderischen Tätigkeit das Ergebnis einer Wertung (BGH, GRUR 2006, 842-847 = BGHZ 168, 142-152 – Demonstrationsschrank).
Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis der §§ 11 und 13 GebrMG ist nach überwiegender Auffassung abzuleiten, dass der Verletzer die Darlegungs- und Beweislast für die Einwendung des Mangels der Schutzfähigkeit trägt (Benkard/Rogge/Grabinski, Patentgesetz / Gebrauchsmustergesetz, 10. Auflage 2006, § 24 GebrMG Rn. 18; Loth, Gebrauchsmustergesetz, 2001, § 24 Rn. 19, 21; Meier-Beck, GRUR 1988, 861, 864; a.A.: Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage 2003, § 24 GebrMG Rn. 4). Es wäre daher Aufgabe der Beklagten gewesen, zu der von ihnen behaupteten mangelnden Schutzfähigkeit, für die es maßgeblich auf den Stand der Technik zum Prioritätsdatum des Klagegebrauchsmusters (07. Dezember 2005) ankommt, substantiiert vorzutragen. Das ist nicht geschehen. Die Beklagten haben nicht dargelegt, auf welchen vorbekannten Stand der Technik sie sich konkret beziehen und aus welchen Gründen dieser der Neuheit oder der Erfindungshöhe der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters entgegenstehen soll. Der Vortrag, allein auf dem deutschen Markt existierten mindestens 50 weitere Adapter für Handtuchrollenhalter „mit nahezu identischer Funktionsweise“, kann ein dezidiertes Vorbringen, dass und in welcher Weise die konkret geschützte und mit der vorliegenden Verletzungsklage geltend gemachte Merkmalskombination im Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt neuheits- oder erfindungsschädlich vorweggenommen sein soll, nicht ersetzen. Dass sämtliche der vorbekannten Systeme bereits über einen Lagerzapfen, eine Gegenoberfläche zur Arretierung sowie eine Verriegelungsoberfläche zur Auslösung des Arretierungsmechanismus verfügten, besagt beispielsweise nichts darüber, dass auch der von Merkmal C.2.2 vorausgesetzte Winkel zumindest eines Abschnittes der Verriegelungsoberfläche vorbekannt oder ohne erfinderischen Schritt auffindbar war. Ohne dezidierte Darlegungen zum Stand der Technik ist die Kammer nicht imstande zu beurteilen, ob sich die Wahl des geschützten Winkelbereichs aus dem Stand der Technik ohne erfinderischen Schritt naheliegender Weise ergab oder nicht vielmehr die erforderliche Erfindungshöhe aufweist.
Mit zumindest indizieller Bedeutung spricht auch die zwischenzeitlich erfolgte Erteilung des europäischen Patents 1 795 xxx B1, dessen Hauptanspruch 1 mit Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters identisch ist, dafür, dass auch dem Klagegebrauchsmuster Erfindungsqualität zukommt. Das sachkundig besetzte Europäische Patentamt hat den Gegenstand der Patentanmeldung, aus der das Klagegebrauchsmuster abgezweigt wurde, nach amtlicher Recherche und Prüfung der Patentierungsvoraussetzungen für schutzfähig, das heißt neu und erfinderisch erachtet und das parallele Patent erteilt. Auch von denjenigen, die (anders als die überwiegende Ansicht) nicht dem Verletzer die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Schutzfähigkeit des geltend gemachten Gebrauchsmusters zuweisen wollen, wird die Erteilung eines parallelen Patents als berücksichtigungsfähige gutachterliche Stellungnahme angesehen (vgl. Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 24 GebrMG Rn. 4 a.E.).

III.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch, wie die Beklagten nicht substantiiert bestritten haben.
Die von ihnen vertriebenen Endstopfen sind für eine Materialrolle (und zwar für Papierhandtücher) zum Einsetzen in eine Arretiervorrichtung, hier die Arretiervorrichtung des A-Handtuchspenders der Klägerin, bestimmt (Merkmal A). Sie verfügen in Gestalt der zylinderförmigen Schürze über einen Aufnahmeabschnitt, dessen Abmessungen so bemessen sind, dass er in den hohlen Kern einer in die Arretiervorrichtung einzusetzenden Materialrolle hineinpasst (Merkmal B). Auf der dem Aufnahmeabschnitt axial gegenüberliegenden Seite weisen die angegriffenen Ausführungsformen ein Lagerelement mit Abmessungen auf, die auf eine korrespondierende Arretiervorrichtung, die Arretiervorrichtung der Klägerin, abgestimmt sind (Merkmal C). Das Lagerelement umfasst in der von Merkmal C.1 geforderten Weise einen Lagerzapfen mit einer Gegenoberfläche, die zum Aufnahmeabschnitt hin zeigt (Merkmal C.1.1). Diese befindet sich unterhalb des distalen Endes des Lagerzapfens am Übergang dieses äußeren Abschnittes zum mittleren Abschnitt geringeren Durchmessers. In Gestalt der kegelstumpfförmigen Erhebung des Lagerelements verfügen die angegriffenen Endstopfen über eine Verriegelungsoberfläche, die dazu dient, den Endstopfen in der Arretiervorrichtung in einer Endposition zu verriegeln (Merkmal C.2). Diese Verriegelungsoberfläche ist zwischen dem Aufnahmeabschnitt und dem Lagerzapfen angeordnet (Merkmal C.2.1) und ihre dem Lagerzapfen zugewandte Oberfläche stellt einen Abschnitt dar, der in Bezug auf die Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel im Bereich von 117° bis 141°, nämlich konkret 118,75° bzw. 118,8° geneigt ist (Merkmal C.2.2).
Letzteres ergibt sich in nicht zu beanstandender (und von den Beklagten auch nicht bestrittener) Weise aus den Messungen, deren Ergebnisse die Klägerin als Anlagen K10 und K11 zur Gerichtsakte gereicht hat. Berücksichtigt man, dass aus fertigungstechnischen Gründen unstreitig eine Abweichung im Winkelmaß von +/- 1° in Betracht kommt, ist die Angabe eines Winkelbereiches von 117,8° bis 119,8° im Antrag zu I. zur hinreichend genauen Kennzeichnung der Ausgestaltung der angegriffenen Endstopfen nicht zu beanstanden.
Die Beklagten haben den Verletzungstatbestand nicht erheblich in Abrede gestellt. Soweit sie in der Klageerwiderung vom 10. März 2008 darauf hinweisen, „insbesondere“ die Winkel der Verriegelungsoberflächen wichen deutlich voneinander ab, bezieht sich diese Abweichung allein darauf, dass eingangs ein sklavischer Nachbau „des geschützten Adapters“ der Klägerin bestritten wird. Einen sklavischen Nachbau macht die Klägerin allerdings gar nicht geltend, sondern (ausschließlich) eine Gebrauchsmusterverletzung. Für diese kommt es indes nicht auf einen Vergleich der angegriffenen mit der vom Schutzrechtsinhaber selbst (sei es auch schutzrechtsgemäß) vertriebenen Vorrichtung, sondern allein darauf an, ob das angegriffene Erzeugnis von sämtlichen Merkmalen des Hauptanspruchs des Klagegebrauchsmusters entweder wortsinngemäß oder mit äquivalenten Mitteln Gebrauch macht. Die Frage einer „deutlichen“ Abweichung der Winkel der Verriegelungsoberflächen des von der Klägerin selbst vertriebenen Endstopfens einerseits und der angegriffenen Achsadapter andererseits ist damit falsch gestellt, weil Maßstab für eine Benutzung des Klagegebrauchsmusters allein dessen Ansprüche sind. Schutzanspruch 1 setzt mit Merkmal C.2.2 voraus, dass die Verriegelungsoberfläche zumindest einen Abschnitt aufweist, der in Bezug auf die Längsachse des Lagerzapfens um einen Winkel im Bereich von 117° bis 141° geneigt ist. Dem substantiierten Vorbringen der Klägerin, wonach dies bei den angegriffenen Endstopfen mit einem durch Messungen ermittelten Winkel von 118,75° bzw. 118,8° der Fall ist, sind die Beklagten nicht erheblich entgegen getreten.

IV.
Da die Beklagten zur Benutzung des Klagegebrauchsmusters nicht berechtigt sind, machen sie durch Angebot und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsformen von der technischer Lehre des Klagegebrauchsmusters widerrechtlich Gebrauch. Daher sind die tenorierten Rechtsfolgen gerechtfertigt.
Die Beklagten sind der Klägerin im zuerkannten Umfang zur Unterlassung der Benutzungshandlungen aus § 11 Abs. 1 Satz 2 GebrMG verpflichtet, für die eine Wiederholungsgefahr festgestellt werden kann, § 24 Abs. 1 GebrMG.
Des Weiteren haben die Beklagten schuldhaft gehandelt, so dass sie gegenüber der Klägerin im tenorierten Umfang zum Schadenersatz verpflichtet sind, § 24 Abs. 2 GebrMG. Als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Gebrauchsmusterverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 Abs. 1 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242; 259 BGB. Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, § 24b Abs. 1 GebrMG. Die nach Absatz 3 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu III. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind. Dabei umfasst der Anspruch der Klägerin auch die Vorlage von Belegen in Form von Bestellungen und Rechnungen, da – soweit Namen und Anschriften von Lieferanten sowie der gewerblichen Angebotsempfänger zu offenbaren sind – der Schutzrechtsverletzer auch zur Vorlage entsprechender Belege (Einkaufs- und Verkaufsbelege wie Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferscheine, Zollpapiere) verpflichtet ist (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a.a.O., § 24 GebrMG Rn. 13 in Verbindung mit § 139 PatG Rn. 89a, § 140b PatG Rn. 8), wobei die Beklagten für jede konkrete Verletzungshandlung nur zur Vorlage eines Beleges verpflichtet sind.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz); 100 Abs. 1; 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 708 Nr. 11; 709 Satz 1 und 2; 711 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf EUR 50.000,- festgesetzt.