4a O 116/08 – Klettstreifen II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1101

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. April 2009, Az. 4a O 116/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 58/09

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte zu 1) an ihrem jeweiligen Vorstandsvorsitzenden zu vollstrecken ist,
zu unterlassen,
im deutschen territorialen Geltungsbereich des europäischen Patents 0 705 xxx pilzförmige Hakenbänder, die in einem mechanischen Haken-Schlaufen-Verschluss verwendet werden können, wobei die Bänder aufweisen: einen homogenen Träger aus thermoplastischem Harz und, einstückig mit dem Träger, eine Anordnung aus Haken mit einer Hakendichte von über 60 Haken je cm2, wobei die Haken vom Träger vorstehende Stiele mit einer durch einen Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 nachgewiesenen Molekularorientierung und Köpfe an den Enden der Stiele entgegengesetzt zum Träger aufweisen,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Köpfe an den Enden der Stiele kreisförmig oder scheibenförmig sind, eine Höhe von 0,1 mm bis 1,27 mm, allgemein ebene Endaußenflächen entgegengesetzt zum Träger und Innenflächen benachbart zum Träger allgemein parallel zu den Außenflächen haben, wobei das Hakenband in dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9 des europäischen Patents 0 705 xxx B1 herstellbar ist,
insbesondere wenn die Haken im Querschnitt etwa wie folgt ausgestaltet sind:

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 02. Juni 2001 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A Company (zuvor: B Company), USA, durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 02. Juni 2001 begangenen Handlungen entstanden ist und künftighin entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 75 % der Klägerin, zu 25 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 125.000,– EUR, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die jeweilige Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin, die deutsche Tochtergesellschaft der US-amerikanischen A Company (die zuvor als B Company firmierte), nimmt die Beklagten gestützt auf den deutschen Teil des europäischen Patents 0 705 xxx B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung in Anspruch und begehrt Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten.
Die Muttergesellschaft der Klägerin ist alleinige, eingetragene und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des Klagepatents, das ausweislich seiner Bezeichnung ein „pilzförmiges Hakenband für einen mechanischen Verbinder“ betrifft. Das Klagepatent wurde am 07. März 1994 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 16. April 1993 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 02. Mai 2001. Das Klagepatent, gegen dessen Anspruch 10 die Beklagte zu 1) unter dem 01. September 2008 Teil-Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht (BPatG; Az.: 1 Ni 33/08 (EU)) eingereicht hat, steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Über die Rechtsbeständigkeit des Klagepatentanspruchs 10 hat das BPatG noch nicht entschieden.
Mit einer als Anlage 2-K4 in Kopie vorgelegten Prozessführungs- und Abtretungserklärung ermächtigte die A Company die Klägerin, die ihr unter anderem wegen Verletzung des Klagepatents gegen Verletzer zustehenden Ansprüche auf Unterlassung in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen, und trat ihr zustehende Ansprüche auf Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung, Schadensersatz und Kostenerstattung an die Klägerin ab. Die Klägerin selbst macht von der Lehre des Klagepatents Gebrauch.

Seine Ansprüche 1 bis 9 beziehen sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines „pilzförmigen Hakenbandes“ (womit naheliegender Weise ein Hakenband mit pilzförmigen Haken gemeint ist); die Verfahrensansprüche 1 bis 9 sind nicht unmittelbar Gegenstand dieses Rechtsstreits. Der mit der vorliegenden Klage allein geltend gemachte, auf ein Erzeugnis bezogene Anspruch 10 des Klagepatents lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

Pilzförmiges Hakenband (10), das in einem mechanischen Haken-Schlaufen-Verschluss verwendet werden kann, wobei das Band (10) aufweist: einen homogenen Träger (12) aus thermoplastischem Harz und, einstückig mit dem Träger (12), eine Anordnung aus Haken (14) mit einer Hakendichte von über 60 Haken (14) je Quadratzentimeter, wobei die Haken (14) vom Träger (12) vorstehende Stiele (16), mit einer durch einen Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 nachgewiesenen Molekularorientierung und Köpfe (18) an den Enden der Stiele (16) entgegengesetzt zum Träger (12) aufweisen, wobei das Hakenband (10) dadurch gekennzeichnet ist, dass die Köpfe (18) an den Enden der Stiele (16) kreisförmig oder scheibenförmig sind, eine Höhe von 0,1 mm bis 1,27 mm, allgemein ebene Endaußenflächen (19) entgegengesetzt zum Träger (12) und Innenflächen (17) benachbart zum Träger (12) allgemein parallel zu den Außenflächen (19) haben, wobei das Hakenband mit dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9 herstellbar ist.

Die Beklagte zu 1), eine Aktiengesellschaft mit Sitz in P. (Sachsen), deren Vorstand der Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Klettstreifen. Mit der vorliegenden Klage angegriffen werden die Klettstreifen mit den Artikelbezeichnungen „D2“ und „D1“ (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsformen). Die Ergebnisse von Messungen, die die Muttergesellschaft der Klägerin an den angegriffenen Ausführungsformen vorgenommen hat, liegen in Gestalt von Fotoserien gemäß Anlage 2-K5 (D2: Seite 17-20; D1: Seite 21-24) auszugsweise vor. Die Fotografien auf der jeweils linken Seite der Anlage 2-K5 zeigen die jüngste Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsformen, die Fotografien auf der jeweils rechten Seite eine ältere Ausgestaltung derselben.

Nachfolgend werden Abbildungen einzelner Haken der angegriffenen Klettbänder D2 (oberes Bildpaar, jüngere Fassung links, ältere rechts) und D1 (unteres Bildpaar, jüngere Fassung links, ältere rechts) wiedergegeben, die jeweils aus der Anlage 2-K5 stammen (Figuren 3 und 4: Seite 17 oben, Figuren 21 und 22: Seite 21 oben). Die Abbildungen zeigen exemplarisch einzelne klägerseits vermessene Haken in vergrößerter Seitenansicht:

Bei der Herstellung der angegriffenen Ausführungsformen werden Polypropylen (und zwar in einer Größenordnung von 85-90 %) und Polyethylen (in einer Größenordnung von 10-15 %) verwendet. Die Haken, von denen sich etwa 300 pro Quadratzentimeter des Klettbandes finden, sind einstückig mit dem Träger ausgebildet. Wegen weiterer Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsformen, insbesondere ihrer Dimensionen und ihrer Querschnittsgeometrie, wird auf die Fotodokumentation in Anlage 2-K5 Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten sämtlich von der technischen Lehre des Anspruchs 10 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Dies betreffe jeweils sowohl die alte als auch die neue Ausgestaltung der Klettbänder C1 und C2. Bedenken gegen die Schutzfähigkeit des Klagepatentanspruchs 10, die eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits rechtfertigen könnten, bestünden nicht.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagten hinsichtlich aller Varianten der angegriffenen Ausführungsformen zu verurteilen und die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten festzustellen, wie im Hinblick auf die ältere Ausgestaltung des angegriffenen Klettbandes D1 geschehen.

Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen,

hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zum Vorliegen der erstinstanzlichen Entscheidung des BPatG im Nichtigkeitsverfahren 1 Ni 33/08 (EU) betreffend den deutschen Anteil DE 694 27 xxx T2 des EP 0 705 xxx auszusetzen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagten bestreiten die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 10 im Hinblick auf die Merkmale 5, 7 und 8. Wie Figur 1 des Klagepatents zeige, müsse die mit der Bezugsziffer 17 gekennzeichnete Innenfläche der Köpfe 18 gemäß Merkmal 8 allgemein parallel zu ihrer Außenfläche 19 sein, dürfe also nicht etwa in einem schrägen Winkel zur Außenfläche des Kopfes hin verlaufen, wie dies bei den angegriffenen Ausführungsformen, deren oben wiedergegebene Ausgestaltung im Tatsächlichen unstreitig ist, der Fall sei. Eine solchermaßen parallele Ausbildung der Innenflächen der Köpfe sei für die Effizienz der vom Klagepatent erstrebten Verhakungsfunktion entscheidend. Mangels Parallelität fehle es zudem an der von Merkmal 5 vorausgesetzten Kreis- oder Scheibenform. Für eine „allgemein ebene Endaußenfläche (19)“ der Köpfe gemäß Merkmal 7 werde zwar nicht verlangt, dass die Oberseite der Köpfe völlig eben ist, sondern sie könne auch leicht konkav gestaltet sein. Die konkave Ausbildung der Oberseiten der Köpfe dürfe jedoch nicht so ausgeprägt wie bei den angegriffenen Ausführungsformen sein. Denn dies bewirke, dass nur die Ränder des Kopfes mit der Haut in Berührung kommen und das Hakenband in diesem Fall dieselbe Rauigkeit aufweise wie die aus dem Stand der Technik bekannten und für nachteilig erachteten Hakenbänder.
Darüber hinaus halten die Beklagten den hier allein geltend gemachten Anspruch 10 des Klagepatents für nicht schutzfähig, weshalb der Rechtsstreit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung des BPatG jedenfalls auszusetzen sei. Die mit Anspruch 10 geschützte technische Lehre sei ausgehend von der WO 92/04839 (Anlage D1 zur Nichtigkeitsklage), die sämtliche Merkmale außer Merkmal 7 offenbare, nicht erfinderisch. Anspruch 10 sei durch die Kombination der Entgegenhaltung D1 mit der DE-Offenlegungsschrift 1 435 838 (Anlage D2 zur Nichtigkeitsklage) nahegelegt. Die Entgegenhaltung D2 rege den Fachmann insbesondere mit ihrer in Figur 4 dargestellten Kopfform der Haken dazu an, die Endaußenflächen der Köpfe nicht gerundet, sondern eben auszugestalten, wenn der Fachmann das vorbekannte Hakenband dahingehend weiterbilden will, dass es benutzerfreundlicher ist und nicht an der Haut scheuert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nur insoweit begründet, als sie sich gegen die ältere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform D1 richtet, deren Haken eine Seitenansicht aufweisen, die der im Tenor zu I. 1. bildlich wiedergegebenen im Wesentlichen entspricht.
Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf unter dem Gesichtspunkt des § 32 ZPO (Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland, also auch in dem sich auf das gesamte Land Nordrhein-Westfalen erstreckenden Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf für Patentstreitsachen, § 143 Abs. 2 Satz 1 PatG in Verbindung mit der Verordnung vom 13. Januar 1998, GV NW Seite 106) sind keine Ausführungen veranlasst, nachdem die Beklagten ihre insoweit zunächst erhobene Rüge erklärtermaßen nicht mehr aufrecht erhalten haben.
In der Sache stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung sowie Vernichtung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2; 140a Abs. 1 Satz 1; 140b Abs. 1 und 3 PatG; §§ 242; 259 BGB zu, soweit sie sich gegen die ältere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform D1 richten. Dieses Hakenband macht von der technischen Lehre nach Anspruch 10 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Hinsichtlich der übrigen angegriffenen Ausführungsformen (D2 in der älteren wie auch jüngeren Ausgestaltung, D1 in der jüngeren Ausgestaltung) ist die Klage unbegründet, weil diese Hakenbänder das Merkmal 8 nicht verwirklichen.
Soweit der Klage stattgegeben wird, ist eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung über die gegen Anspruch 10 gerichtete Teil-Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) nicht veranlasst.

I.
Das Klagepatent betrifft mechanische Verschlüsse wie Klett- bzw. Haken-Schlaufen-Verschlüsse, insbesondere ein solches pilzförmiges Hakenband, das ein Kleidungsstück lösbar verschließen kann. Mit seinen Ansprüchen 1 bis 9 schützt das Klagepatent ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Hakenbandes, bestehend aus einem Träger und einer mit ihm einstückig ausgebildeten Anordnung aus hochstehenden Stielen und Köpfen. Die nebengeordneten Erzeugnisansprüche 10 bis 21 schützen ein „pilzförmiges Hakenband“ (womit erkennbar ein Hakenband mit pilzförmigen Häkchen gemeint ist), das sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass es mit dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9 herstellbar ist (product-by-process-Anspruch).
Im Stand der Technik waren Klettverschlüsse als Verschlüsse an Kleidungsstücken bereits umfangreich bekannt. Die Beschreibung schildert diversen Stand der Technik und unterschiedliche Verfahren zur Herstellung solcher Klettverschlüsse. Das Klagepatent beschreibt als nächstkommenden Stand der Technik insbesondere das in der WO 92/04839 (Melbye; der PCT-Anmeldung, aus der das in dem Ausgangsverfahren 4a O 82/08 mit seinem Anspruch 5 geltend gemachte EP 0 549 705 hervorgegangen ist) offenbarte Verfahren zur Ausbildung von pilzförmigen Haken mit konvexen harten Oberflächen. Die WO 92/04839 entspricht der Entgegenhaltung D1 zur Teil-Nichtigkeitsklage (Anlage KE1). Das vorbekannte Verfahren umfasst die Schritte (vgl. Anlage 2-K2, Seite 3 unten bis Seite 4 oben):
– Drehen einer Form um ihre Achse,
– kontinuierliches Evakuieren von Luft aus den in der Form vorgesehenen Hohlräumen,
– kontinuierliches Einspritzen eines geschmolzenen molekularorientierbaren thremoplastischen Harzes in die evakuierten Hohlräume im Überschuss gegenüber der Menge, die die Hohlräume füllen würde, wobei der Überschuss eine über den Hohlräumen liegende Harzschicht bildet,
– kontinuierliches Abkühlen der Formwände, um zu bewirken, dass das geschmolzene Harz molekularorientiert wird, während es die Hohlräume füllt,
– Erstarrenlassen des eingespritzten Harzes,
– kontinuierliches Abstreifen der Form von der erstarrten Harzschicht als Träger in einer einstückigen Anordnung aus hochstehenden Stielen und
– Verformen der Spitzen der Stiele, um einen mit konvexem Kopf versehenen Pilzkopf an der Spitze jedes Stiels herzustellen, wobei die Verformung durch ausreichendes Erwärmen der Außenspitzen der Stiele bewirkt wird, um einen Fluss des orientierten thermoplastischen Harzes zu einer konvex geformten Oberfläche zu veranlassen.

Der Erfindung nach dem Klagepatent, auch wie sie in Anspruch 10 ihren Ausdruck als product-by-process-Anspruch gefunden hat, liegt die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein pilzförmiges Hakenband für einen mechanischen Verschluss wie einen Haken-Schlaufen-Verschluss zu schaffen, das aufgrund der Dichte und der Form seiner Haken gegenüber vorbekannten pilzförmigen Hakenbändern den Vorteil hat, einen besseren Schereingriff mit bestimmten Arten herkömmlicher Waren und Schlaufenmaterialien als bekannte pilzförmige Hakenbänder herzustellen, während es billiger herzustellen ist (Anlage 2-K2, Seite 4 unter „Zusammenfassung der Erfindung“).

Der Erzeugnisanspruch 10 schlägt zur Lösung dieser Aufgabe die Kombination folgender Merkmale vor:

Pilzförmiges Hakenband (10), das in einem mechanischen Haken-Schlaufen-Verschluss verwendet werden kann, wobei das Band (10) aufweist:
(1) einen homogenen Träger (12) aus thermoplastischem Harz;
(2) einstückig mit dem Träger (12) eine Anordnung aus Haken (14),
(3) mit einer Hakendichte von über 60 Haken (14) je Quadratzentimeter;
(4) die Haken (14) weisen auf:
(a) vom Träger (12) vorstehende Stiele (16),
(b) mit einer durch einen Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 nachgewiesenen Molekularorientierung
(c) und Köpfe (18) an den Enden der Stiele (16) entgegengesetzt zum Träger (12);
(5) die Köpfe (18) an den Enden der Stiele (16) sind kreisförmig oder scheibenförmig
(6) haben eine Höhe von 0,1 mm bis 1,27 mm,
(7) allgemein ebene Endaußenflächen (19) entgegengesetzt zum Träger (12)
(8) und Innenflächen (17) benachbart zum Träger (12) allgemein parallel zu den Außenflächen (19);
(9) das Hakenband ist mit dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9 herstellbar.

Die erfindungsgemäße Lösung der Aufgabe, einen besseren Schereingriff als bei vorbekannten pilzförmigen Hakenbändern zu ermöglichen, während das Hakenband billiger herzustellen ist, erfolgt durch die Kombination der Merkmale 5 bis 9, von denen sich Merkmale 5 bis 8 mit den Haken (14) befassen, deren gegenständlicher Umfang durch Merkmalsgruppe 4 bestimmt wird. Danach bestehen die Haken (14) aus vom Träger (12) vorstehenden Stielen (16) – mit einer aus der WO 92/04839 vorbekannten Molekularorientierung, die mit einem Doppelbrechungswert von mindestens 0,001 einhergeht – einerseits und aus Köpfen (18) an den vom Träger (12) abgewandten Enden der Stiele (16) andererseits. Die Köpfe (18) an den (freien) Enden der Stiele (16) sollen kreis- oder scheibenförmig sein (Merkmal 5). Der Wortlaut des Merkmals 6 deutet bei unbefangener Betrachtung darauf hin, dass die weiterhin angesprochenen „Köpfe“ eine Höhe von 0,1 mm bis 1,27 mm aufweisen sollen (dazu nachfolgend). Merkmale 7 und 8 schreiben vor, dass die Köpfe (18) entgegengesetzt zum Träger (12) eine allgemein ebene Oberfläche – vom Klagepatent als „Endaußenflächen (19)“ bezeichnet – und Innenflächen (17) benachbart zum Träger (12) aufweisen, die allgemein parallel zu den (End-) Außenflächen (19) sind.
Im Hinblick auf Merkmal 6, dessen Verwirklichung durch die angegriffenen Ausführungsformen die Beklagten im Ergebnis nicht in Abrede stellen, ist zu berücksichtigen, dass der Anspruchswortlaut offenbar missverständlich gewählt ist. Im Kontext der Merkmale des kennzeichnenden Teils scheint sich die beanspruchte Höhe auf die „Köpfe“ der Haken zu beziehen (vgl. den Anspruchswortlaut zu Merkmal 5: „die Köpfe (…)“, Merkmal 6: „und eine Höhe von (…) aufweisen“), während die Köpfe neben dem Stiel aber (nur) einen Teil der Längserstreckung des Hakens ausmachen. Der angesprochene Fachmann entnimmt jedoch der Beschreibung der Klagepatentschrift, dass mit Merkmal 6 in Wahrheit die Höhe der gesamten Haken, also die Summe aus Länge des Stiels und Dicke des Kopfes gemeint ist. Dies ergibt sich zum einen aus der Beschreibung auf Seite 8, wo es ab der zehnten Zeile heißt (Hervorhebung hier):
„Allgemein haben die Haken eine gleichmäßige Höhe, vorzugsweise eine Höhe von etwa 0,10 bis 1,27 mm (…).“
Abgesehen davon, dass Anspruch 10 die genannte Höhe nicht nur „vorzugsweise“, sondern zwingend als Bestandteil der Lehre des Anspruchs 10 voraussetzt, gibt die Beschreibung hier Merkmal 6 mit der Maßgabe wieder, dass sich die Höhenangabe auf die Haken bezieht. Das ist kongruent mit der übrigen Beschreibung von Dimensionsangaben. Soweit das Klagepatent die Erstreckung der kreis- oder scheibenförmigen Köpfe in axialer Richtung beschreibt, spricht es konsequent von „Dicke“, nicht von „Höhe“ (vgl. Anlage 2-K2, Seite 7, letzter Absatz; Seite 8, ab der achtletzten Zeile des ersten Absatzes). Der Terminus „Höhe“ hingegen wird in der Beschreibung durchgängig für die Länge der gesamten Haken (bestehend aus Stiel und Kopf) verwendet, so auch auf Seite 15 der Beschreibung, wo in der Tabelle die Begriffe „Kopfdicke“ und „Hakenhöhe“ unmittelbar gegenübergestellt werden. Im Ergebnis entspricht es damit zu Recht auch der übereinstimmenden Auffassung beider Parteien, dass Merkmal 6 aus der Sicht des die Beschreibung mit in den Blick nehmenden Fachmanns richtigerweise so zu verstehen ist, dass die Haken, nicht die Köpfe, eine Höhe von 0,1 bis 1,27 mm aufweisen müssen.
Haken mit derartigen Köpfen, wie sie in Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift in idealtypischer Form zeichnerisch wiedergegeben sind, zeichnen sich nach der Beschreibung des Klagepatents dadurch aus, dass das Haltevermögen des Kopfes im Eingriff mit einer Schlaufe verstärkt ist. Unter einer Pilzform der Haken, die Anspruch 10 erkennbar mit dem Terminus „pilzförmiges Hakenband“ meint, ist zunächst nur zu verstehen, dass der Durchmesser des Kopfes – bezogen auf die radiale Richtung des ihn tragenden Stiels – größer ist als der Durchmesser des Stiels selbst, so dass der Kopf allseitig über den Stiel radial übersteht (vgl. auch Anlage 2-K2, Seite 8 Mitte: „Köpfe, die über die Stiele auf jeder Seite (…) radial überstehen“). Bedingt wird die Pilzform beispielsweise durch das von Ansprüchen 1 bis 9 geschützte Herstellungsverfahren. Nach ihm werden die Pilzköpfe nachträglich dadurch geformt, dass die zunächst ohne Kopf hergestellten Stiele durch eine erwärmte Walze endseitig erweicht und verformt werden.
Eine Aussage über die genaue Form des Pilzkopfes ist mit der allgemeinen Vorgabe einer „Pilzform“ gemäß Merkmal 1 allerdings noch nicht getroffen. Merkmal 5 präzisiert dies zunächst dahin, dass der Kontakt der Stielspitze mit der erwärmten Oberfläche einer Metallwalze die Spitze zu einem kreisförmigen bzw. scheibenförmigen Pilzkopf an der Spitze jedes Stiels formt, wobei der Kopf eine im Wesentlichen flache Innenfläche hat, die sein Haltevermögen im Eingriff mit einer Schlaufe verstärkt (Anlage 2-K2, Seite 7, letzter Satz des ersten Absatzes). Mit der in der Beschreibung so genannten „im Wesentlichen flache[n] Innenfläche“ ist Merkmal 8 angesprochen, das dies mit Rückbezug auf Merkmal 7 dahingehend formuliert, die zum Träger weisenden Innenflächen der Köpfe müssten „allgemein parallel zu den Außenflächen“ sein, die ihrerseits von Merkmal 7 als „allgemein ebene Endaußenflächen“ bezeichnet werden.
Im Hinblick auf Merkmal 7 führt die Klagepatentbeschreibung (Anlage 2-K2, Seite 7, zweiter vollständiger Absatz) aus, die geschützten Pilzköpfe seien wegen ihrer kreisförmigen (insoweit Merkmal 5), allgemein flachen bis leicht konkaven Oberfläche (insoweit Merkmal 7) benutzerfreundlich, scheuerten nicht an der Haut des Benutzers und seien daher insbesondere als Verschlüsse für Babywindeln ideal geeignet. Zugleich befähigten unter anderem die scheibenartige Kopfform (Merkmal 5), der enge Abstand und die hohe Dichte einzelner Haken (Merkmal 3) das erfindungsgemäße Hakenband, einen problemlosen, festen und lösbaren Schereingriff mit Schlaufenmaterial herzustellen (Anlage 2-K2, Seiten 7 und 8 übergreifender Satz).

II.
Zwischen den Parteien ist im Hinblick auf die Verwirklichung der technischen Lehre des Anspruchs 10 insbesondere die Auslegung der Merkmale 7 und 8 umstritten; auf ihr ursprüngliches Bestreiten des Merkmals 5 sind die Beklagten – auch in der mündlichen Verhandlung – nicht mehr zurückgekommen. Während die ältere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform D1 (exemplarisch dargestellt in Anlage 2-K5, Seiten 21-24, jeweils Abbildungen in der rechten Spalte) vom sämtlichen, auch den Merkmalen 7 und 8 wortsinngemäß Gebrauch macht, verwirklichen die übrigen angegriffenen Hakenbänder, das heißt die jüngere Ausgestaltung des Modells D1 sowie das Modell D2 insgesamt, jedenfalls Merkmal 8 nicht. Bei den zuletzt genannten Ausführungsformen sind die benachbart zum Träger liegenden Innenflächen der Köpfe nicht allgemein parallel zu den (End-) Außenflächen der Köpfe, weil ihre Ausrichtung in zu großem Maße von derjenigen der Außenflächen abweicht.

1.
Mit der Anforderung des Merkmals 7, die Köpfe der Haken müssten über „allgemein ebene Endaußenflächen“ verfügen, wird keine vollständige Planarität der von Träger wegweisenden Oberfläche des Kopfes verlangt. Dies kommt im Wortlaut schon dadurch zum Ausdruck, dass es sich nur um eine „allgemein“ ebene Außenfläche handeln muss. In dem adverbialen Zusatz „allgemein“ liegt eine Relativierung der grundsätzlich verlangten Planarität, wie sie in Patentschriften sonst häufig auch durch die Einschränkung „im Wesentlichen“ zum Ausdruck gebracht wird.
Mit einer Außenfläche gemäß Merkmal 7 grenzt sich die technische Lehre des Klagepatents lediglich von einer konvexen Oberfläche der pilzförmigen Hakenelemente ab, wie sie aus dem nächstkommenden Stand der Technik bekannt waren (so zur WO 92/04839, entsprechend der Entgegenhaltung D1 die Beschreibung in Anlage 2-K2, Seite 3 unten). Im allgemeinen Beschreibungsteil, den der Fachmann für das Verständnis des Merkmals 7 neben den Figuren zur Auslegung des Anspruchs 10 zunächst heranzieht, werden die äußeren Oberflächen der erfindungsgemäßen Pilzköpfe als „allgemein flach[…] bis leicht konkav[…]“ beschrieben (Anlage 2-K2, Seite 7, erster Satz des zweiten vollständigen Absatzes). Jedenfalls eine konkave Wölbung der Kopfoberflächen wird somit bis zu einem gewissen Grad toleriert. In Abgrenzung zum nächstkommenden Stand der Technik (WO 02/04839) strebt die Erfindung des Klagepatents benutzerfreundliche, nicht an der Haut scheuernde Oberflächen der Pilzköpfe an (vgl. Anlage 2-K2, Seite 7, erster Satz des zweiten vollständigen Absatzes). Solche benutzerfreundlichen Oberflächen müssen auch unter funktionalen Gesichtspunkten nicht flach im strengen geometrischen Sinne sein, eine Relativierung, die im Anspruchswortlaut durch den Zusatz „allgemein“ angelegt ist. Die idealisierende Darstellung der im Querschnitt bzw. in der Seitenansicht auch im geometrischen Sinne ebenen Außenflächen in den Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift kann daher sowohl angesichts der Anspruchsfassung als auch unter funktionalen Gesichtspunkten nicht verallgemeinert werden.
Zu Merkmal 7 vertreten die Beklagten die Ansicht, von „allgemein ebenen Endaußenflächen“ könne nur dann gesprochen werden, wenn die konkave Form nicht so ausgeprägt ist, dass nur die Ränder des Kopfes mit der Haut eines Benutzers in Berührung kommen. Denn in diesem Fall weise das Hakenband dieselbe Rauigkeit auf wie die vorbekannten Hakenbänder, gegenüber denen das Klagepatent gerade ein benutzerfreundlicheres Hakenband mit nicht an der Haut scheuernden Köpfen anstrebe. Die Außenseiten der Köpfe der angegriffenen Ausführungsformen wiesen hingegen eine wesentlich stärkere konkave Wölbung auf, als sie nach Merkmal 7 zulässig sei.
Darin ist den Beklagten nicht zu folgen. Welcher Grad an konkaver Wölbung der äußeren Oberfläche der Köpfe vom Klagepatent geduldet wird, zeigen anschaulich die Figuren 3 bis 5 und 7 der Klagepatentschrift. Diese stellen vergrößerte fotografische Abbildungen von erfindungsgemäßen pilzförmigen Hakenbändern dar (so ausdrücklich die Beschreibung, Anlage 2-K2, Seite 10 zu Figuren 3, 4, 5 und 7). Betrachtet man – wie der Fachmann, der feststellen will, bis zu welchem Grad die geschützte technische Lehre eine konkave Abweichung von einer völligen Planarität toleriert – die Figuren 3, 4, 5 und 7, stellt man bei Betrachtung aller dargestellten Köpfe (insbesondere anhand der Figuren 3 und 7) fest, dass die kreis- bzw. scheibenförmigen Köpfe an ihren Außenflächen in der Nähe der Ränder durchweg deutliche Aufwölbungen aufweisen, die teilweise nicht einmal symmetrisch, sondern an einer Seite besonders ausgeprägt sind. Die Beschreibung der Ausführungsbeispiele unterstützt dies durch die Aussage (Anlage 2-K2, Seite 13, erster Satz des ersten vollständigen Absatzes):
„Wie aus Fig. 3 und 7 hervorgeht, sind die Außenflächen 19 und 19a der Köpfe 18 und 18a (die wir als allgemein eben definieren) etwas unregelmäßig und leicht konkav.“
„Leicht konkav“ und damit immer noch „allgemein eben“ im Sinne des Merkmals 7 sind demzufolge auch noch die Endaußenflächen der Haken, die in Figuren 3 bis 5 und 7 dargestellt sind. Im Vergleich dazu stellen sich die in Anlage 2-K5 abgebildeten Köpfe der angegriffenen Ausführungsformen als mindestens in gleicher Weise allgemein eben dar. Inwieweit sie eine „wesentlich stärkere konkave Wölbung“ aufweisen sollen „als nach Merkmal 7 des Klagepatents zulässig“, wie die Beklagten meinen, ist im Vergleich mit den erfindungsgemäßen Köpfen nach Figuren 3 bis 5 und 7 nicht nachvollziehbar.

2.
Steht damit angesichts des Merkmals 7 fest, welche Anforderungen das Klagepatent an die „allgemein ebenen Endaußenflächen (19)“ der Köpfe stellt, muss sich die Geometrie der gegenüberliegenden Innenflächen (17), die benachbart zum Träger (12) (d.h. ihm zugewandt) sind, an dieser Vorgabe orientieren. Denn als Bezugsobjekt für die Geometrie der Innenflächen zieht Merkmal 8 ausdrücklich die (gemäß Merkmal 7 „allgemein ebenen“) Außenflächen heran.
Die Beklagten meinen, Merkmal 8 schlösse es generell aus, dass die der (End-) Außenfläche (19) gegenüberliegende Innenfläche (17) in einem schrägen Winkel zur Außenfläche verläuft. Eine solche Stellung im schrägen Winkel sei bei den angegriffenen Ausführungsformen aber gerade gegeben. Nur dann, wenn die Innenfläche tatsächlich parallel zu der allgemein ebenen (End-) Außenfläche verläuft, werde eine Schlaufe, in die der pilzförmige Haken eingreift, die also an der Unterseite des Kopfes entlang verläuft, nicht zur Seite hin abgelenkt. Einer strengen Parallelität der Innenflächen sowohl zur (End-) Außenfläche (Merkmal 8) als auch zum Träger (Merkmal 8 in Verbindung mit Merkmal 7) komme eine besondere technische Wirkung für die Effizienz der vorausgesetzten Verhakungsfunktion zu, wie dies auch in der Beschreibung des Klagepatents (Anlage 2-K2, Seite 7 Zeilen 3-7) betont werde.
In so weitgehendem Maße ist den Beklagten zwar nicht zu folgen. Gleichwohl gestattet die technische Lehre des Anspruchs 10 keine so deutliche Abweichung der Ausrichtung von Innen- und Außenfläche voneinander, dass sämtliche angegriffenen Hakenbänder das Merkmal 8 verwirklichen würden.
Welche praktischen Anforderungen das Klagepatent an „allgemein parallel zu den Außenflächen“ verlaufende Innenflächen knüpft, muss sich – ausgehend vom Anspruchswortlaut – an der in der Beschreibung genannten Funktion dieses Merkmals und an der Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele orientieren, wobei der Wortsinn von „allgemein parallel“ die Grenze der Auslegung bildet. Im Ausgangspunkt bezeichnet „Parallelität“ die Eigenschaft mindestens zweier Ebenen (oder Linien), einen konstanten Abstand voneinander aufzuweisen, so dass sie sich auch bei gedachter Fortführung an keinem Punkt schneiden. Bei diesem streng geometrischen Verständnis des Wortes „parallel“ kann die Auslegung allerdings schon deswegen nicht stehen bleiben, weil sich auch in Merkmal 8 die ausdrückliche Relativierung „allgemein“ findet. Angesichts des Rückbezugs auf Merkmal 7 („allgemein ebene Endaußenflächen“) sind die Anforderungen an eine „allgemeine Parallelität“ daher sogar in doppelter Hinsicht relativiert.
Zugleich darf der Bedeutungsgehalt des Merkmals 8 jedoch nicht auf dasjenige reduziert werden, was bereits durch Merkmal 5 beschrieben wird. Danach sind die Köpfe (der pilzförmigen Haken) an den Enden der Stiele kreis- oder scheibenförmig. Nimmt man beides zusammen – die Pilzform der Haken und die Kreis- oder Scheibenform der Köpfe – versteht es sich von selbst, dass die Unterseite der Köpfe, in die die Stiele mit ihrem oberen Ende münden, eine allseits nach außen gerichtete Orientierung aufweisen muss: Ohne diese Orientierung könnten die Köpfe weder über eine Kreis- oder Scheibenform verfügen, noch die Haken insgesamt eine Pilzform aufweisen, die sich – wie oben unter I. der Entscheidungsgründe bereits erwähnt – dadurch auszeichnet, dass die Köpfe allseitig radial über die sie tragenden Stiele überstehen. Ohne entgegenstehende Anhaltspunkte muss eine zu den Außenflächen allgemein parallele Innenfläche der Köpfe gemäß Merkmal 8 demgegenüber eine weitergehende Bedeutung haben, die sich nicht bereits in der Kreis- oder Scheibenform der Köpfe bzw. der Pilzform der Haken erschöpft. Es widerspräche dem Wortsinn des Merkmals 8, wenn schon jede in irgendeiner Weise radial nach außen strebende Innenfläche bereits „allgemein parallel“ zur Endaußenfläche verliefe, nur weil sie dem Haken insgesamt eine Pilzform oder dem Kopf eine Kreis- bzw. Scheibenform verleiht. Mit anderen Worten: Es muss bei zutreffendem Verständnis der technischen Lehre theoretisch auch eine Innenfläche geben können, die „ihrem“ Kopf zwar eine Kreis- oder Scheibenform nach Merkmal 5 und dem Haken eine Pilzform verleiht, allein deswegen aber noch nicht „allgemein parallel“ zur Endaußenfläche verläuft. Dieser Zusammenhang zwischen den verschiedenen Merkmalen spiegelt sich wider in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels nach Figur 1, wo die Innenfläche des Hakenkopfes wie folgt beschrieben wird (vgl. Anlage 2-K2, Seite 11, erster Absatz, kursive Ergänzungen in eckigen Klammern nur hier):
„… eine allgemein kreisförmige plattenartige Kappe oder einen Kopf 18 [Merkmal 5], der über den Stiel 16 radial vorspringt oder übersteht [Pilzform], mit einer allgemein ebenen, aber leicht konkaven Außenfläche 19 [Merkmal 7] und einer allgemein ebenen, sich radial erstreckenden Innenfläche 17 benachbart und parallel zu den Hauptflächen des Trägers 12 [Merkmal 8].“
Dies spricht dafür, die vom Klagepatent tolerierte Abweichung von einer geometrischen Parallelität nicht so weit gehen zu lassen, dass auch ein Winkel von 25° (D1, neuere Ausgestaltung) oder gar 40° (D2) zwischen allgemein ebener Endaußenfläche und zugehöriger Innenfläche noch einen „allgemein parallelen“ Verlauf darstellen könnte. Denn in diesem Fall verlöre Merkmal 8 jegliche selbstständige Bedeutung neben Merkmal 5.
Die aus der Beschreibung abzuleitende Funktion des Merkmals 8 im Gesamtgefüge der Anspruchsmerkmale steht einem derartigen Verständnis nicht entgegen. Merkmal 8 soll ausweislich der Beschreibung dazu beitragen, dass die Haken einen besseren Schereingriff mit dem zugehörigen Schlaufenmaterial eingehen (Anlage 2-K2, Seite 4 unter „Zusammenfassung der Erfindung“; Seiten 7/8 übergreifender Satz) bzw. dass das Haltevermögen im Eingriff mit einer Schlaufe, mit der sie in der Anwendungssituation zusammenwirken, verstärkt wird (Anlage 2-K2, Seite 7 a.E. des die Seiten 6 und 7 übergreifenden Absatzes). Was das Klagepatent unter „Schereingriff“ versteht, erläutert die Beschreibung auf Seite 15 a.E. des ersten Absatzes im Zusammenhang mit der Darstellung von Beispielen: Danach ist „relative Scherbewegung“ die Relativbewegung in Parallelrichtung zum Träger des Hakenbandes zwischen dem Hakenband und den Waren oder Laminaten, in die seine Haken eingreifen. Das deckt sich mit dem allgemeinen fachmännischen Verständnis einer Scherbewegung. Die von den Beklagten aufgeworfene Frage, wie sich eine Schlaufe verhält, die in Stielrichtung (also rechtwinklig vom Träger weg) abgezogen wird, ist damit vor dem Hintergrund der vom Klagepatent zu lösenden Aufgabe an sich falsch gestellt, weil es um eine (Scher-) Bewegung in Richtung des Trägers geht: In dieser Richtung soll der Eingriff verbessert werden. Gleichwohl erfährt der Fachmann aus der Klagepatentbeschreibung (Anlage 2-K2, Seite 7 a.E. des ersten Absatzes), dass „der Kopf eine im Wesentlichen flache Innenfläche hat“ – womit erkennbar die Anforderungen des Merkmals 8 angesprochen sind -, wodurch sein Haltevermögen im Eingriff mit einer Schlaufe verstärkt werde. Auch vor dem Hintergrund der mit Merkmal 8 verfolgten Aufgabe, den Schereingriff zu verbessern, behält jedoch die Kontrollüberlegung, welchen zusätzlichen Gehalt Merkmal 8 gegenüber Merkmal 5 enthält, ihre Berechtigung.
Wenn der Fachmann schließlich auf der Suche nach Anhaltspunkten für das tolerierte Maß an Abweichungen von geometrisch verstandener Parallelität diejenigen Figuren der Klagepatentschrift betrachtet, in denen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele dargestellt sind, wird er vorrangig die fotografischen Darstellungen der Figuren 3 bis 5 und 7 in den Blick nehmen. Dem Fachmann ist schon angesichts der Dimensionen der Haken des geschützten Hakenbandes (vgl. Merkmal 6) geläufig, dass die idealtypische und geometrisch streng parallele Darstellung in Figuren 1 und 2 nicht als zwingende Vorgabe zu verstehen sein kann. Maßgeblich für die tolerierten Abweichungen muss vielmehr eine Querschnittsbetrachtung der Fotografien sein, die in der Praxis hergestellte Hakenbänder zeigen und die praktischen Schwierigkeiten einer ebenmäßigen Herstellung von Haken, die den Anforderungen der Merkmale 5, 7 und 8 genügen, dokumentieren. Der Erkenntnisgewinn bei Betrachtung der Figuren 3 bis 5 und 7 ist schließlich dadurch erschwert, dass die Darstellung mit zahlreichen Grauwerten nicht in allen Einzelheiten deutlich ist.
Die Klägerin meint, den fotografischen Darstellungen insbesondere der Figuren 3 und 5 entnehmen zu können, dass ein schräger Verlauf der Innenfläche eines Kopfes zu der zugehörigen Außenfläche, wie er bei den angegriffenen Ausführungsformen vorliegt, vom Klagepatent toleriert werde. Dies ergebe sich etwa aus dem zweithintersten Haken in der in Figur 3 diagonal verlaufenden Hakenreihe oder auch dem rechten oberen Haken in Figur 5. Das überzeugt in zweierlei Hinsicht nicht. Zum einen lässt der in den genannten Figuren erkennbare schräg verlaufende Übergang nicht den Schluss zu, dass sich nicht in Stielnähe noch ein weiterer ringförmiger Abschnitt der Innenfläche befindet, der nicht in vergleichbarer Weise auf die Außenfläche zuläuft, mithin seinerseits annähernd parallel zur Außenfläche, in den fotografischen Abbildungen jedoch nicht erkennbar ist. Ein solcher Abschnitt könnte eine Innenfläche nach Merkmal 8 darstellen, die die dargestellten Haken patentgemäß sein lässt, ohne dass es auf den in den Figuren erkennbaren schrägen Übergang zur Außenfläche überhaupt ankäme. Zum anderen geht es schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht an, gezielt einzelne der fotografisch dargestellten Haken herauszugreifen und anhand ihrer zu argumentieren, da die Innenfläche schräg zur Außenfläche verlaufe, müsse das Klagepatent einen derartigen Winkel generell noch als „allgemein parallel“ tolerieren. Wie erwähnt muss bei der Betrachtung der Fotografien maßgeblich sein, welche Kopfform tatsächlich praktisch herstellbar ist. Die Fotografien nach Figuren 3 bis 5 und 7 zeigen jedoch nicht nur innerhalb einer einzelnen Abbildung, sondern auch im Vergleich zwischen verschiedenen Fotografien eine große Bandbreite möglicher Hakenformen. Die erkennbaren Kopfformen divergieren schon in den Figuren 3 bis 5 und 7 ganz erheblich. Offensichtlich war es zum Prioritätszeitpunkt des Klagepatents also nicht möglich, Haken von stärker ausgeprägter Ähnlichkeit, mithin Hakenbänder mit größerer Gleichmäßigkeit der Hakenform herzustellen. Unter diesen Umständen muss maßgeblich sein, welche Hakenform im Durchschnitt praktisch realisierbar war, wobei Figuren 3 bis 5 und 7 die große Vielfalt möglicher Hakenformen illustrieren. Selbst wenn einzelne Haken also darauf hindeuten mögen, dass ihre Innenfläche ausschließlich schräg zur Außenfläche verläuft, lässt dies noch nicht den Schluss zu, dass das Klagepatent dies auch generell duldet. Unter Berücksichtigung des Anspruchswortlauts und der von ihm gezogenen Grenzen kann daher aus den Figuren 3 bis 5 und 7 nicht gefolgert werden, „allgemein parallel“ sei auch noch eine Innenfläche, die in einem Winkel von 25° oder 40° auf die Außenfläche zuläuft.
Dies ist bei den angegriffenen Ausführungsformen D2 und D1 (jüngere Gestaltung) hingegen der Fall, wie die im Tatbestand wiedergegebenen Seitenansichten gemäß Figuren 3, 4 und 21 der Anlage 2-K5 zeigen. Der vom Träger aufragende Stiel geht bei ihnen in eine Innenfläche über, die ohne jeden auch nur annähernd parallelen Verlauf zur Außenfläche bzw. zum Träger in einem Winkel von etwa 40° (D2) bzw. etwa 25° (D1 jüngere Ausgestaltung) auf die jeweils allgemein ebene Außenfläche zuläuft. Damit überschreiten diese angegriffenen Ausführungsformen die im Hinblick auf Merkmal 8 hinzunehmenden Toleranzen. Der Gegenstand von Anspruch 10 des Klagepatents wird dadurch nicht verwirklicht. Bei dem angegriffenen Hakenband D1 in der älteren Ausgestaltung (Figur 22 der Anlage 2-K5) hingegen geht der Stiel in eine Innenfläche über, die nahezu parallel zur (ihrerseits in der Mitte leicht konkaven) Außenfläche verläuft, bevor sie in geschwungener Form in die Außenfläche mündet. Diese Formgebung ist noch vom Wortsinn eines „allgemein parallelen“ Verlaufs der Innenfläche zur Außenfläche gedeckt.

III.
Aus der wortsinngemäßen Verletzung des Klagepatents durch die ältere Ausgestaltung der angegriffenen Hakenbänder D1 ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen. Da die Beklagten durch diese Hakenbänder widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben (§ 9 Satz 2 Nr. 1 PatG), sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 PatG).
Die Beklagten haben der Klägerin im Hinblick auf diese Hakenbänder außerdem Schadensersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ; § 139 Abs. 2 PatG). Denn als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2), die Patentverletzung durch die Hakenbänder D1 in der älteren Ausgestaltung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Die Beklagten haften als Gesamtschuldner auf Schadensersatz, § 840 Abs. 1 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin lediglich noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung dem Grund nach hier anzuerkennen, § 256 Abs. 1 ZPO.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242; 259 BGB). Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG. Die nach Absatz 3 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Auskunft und Rechnungslegung vorzunehmen sind.
Gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 Satz 1 PatG sind die Beklagten zur Vernichtung der patentverletzenden Gegenstände verpflichtet.

IV.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung zumindest bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung des BPatG über die gegen Klagepatentanspruch 10 gerichtete Teil-Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) besteht keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Monopolrecht verleiht und dass ein wesentlicher Teil dieses Rechtes, nämlich der Unterlassungsanspruch gegenüber einem Patentverletzer, durch eine Aussetzung der Verhandlung des Verletzungsrechtsstreits praktisch suspendiert würde, kommt eine Aussetzung wegen eines gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens nur dann in Betracht, wenn ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klageschutzrechtes nicht nur möglich, sondern mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Ist dies nicht der Fall, so verdient das Interesse des Patentinhabers an einer alsbaldigen Durchsetzung seiner – zeitlich ohnehin begrenzten – Rechte aus dem Patent den Vorrang vor dem Interesse der Gegenpartei, nicht aus einem Patent verurteilt zu werden, das sich möglicherweise später als nicht rechtsbeständig erweist. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der ihm am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht keine Veranlassung zur Aussetzung des vorliegenden Verletzungsrechtsstreits.
Die technische Lehre des Klagepatentanspruchs 10 ist weder neuheitsschädlich vorweggenommen (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 52 Abs. 1; 54 EPÜ) noch nahegelegt (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 52 Abs. 1; 56 EPÜ). Die Beklagten machen gegen Anspruch 10 des Klagepatents keine neuheitsschädliche Vorwegnahme geltend, sondern berufen sich von vornherein lediglich auf fehlende Erfindungshöhe. Lediglich Merkmal 7 werde von der Entgegenhaltung D1 (WO 92/04839) nicht offenbart; allgemein ebene Endaußenflächen nach Merkmal 7 entnehme der Fachmann jedoch ohne erfinderische Tätigkeit aus der D2 (DE-Offenlegungsschrift 1 435 838), die dies in Figur 4 zeige.
Für die Tragfähigkeit dieser Argumentation besteht keine für eine Aussetzung der Verletzungsverhandlung hinreichende Wahrscheinlichkeit. Grundsätzlich ist zu beachten, dass die D1 im Erteilungsverfahren bereits berücksichtigt und in der Beschreibung zumindest hinsichtlich ihres Verfahrensanspruchs ausdrücklich gewürdigt wurde (Anlage 2-K2, Seiten 3 unten und 4 oben). Doch auch bei näherer Betrachtung werden jedenfalls die Merkmale 8 und 9 entgegen der von den Beklagten vertretenen Auffassung durch die D1 ebenfalls nicht offenbart.
Da Merkmal 8 auf Merkmal 7 rückbezogen ist, das seinerseits von D1 unstreitig nicht offenbart wird (diese zeigt ausschließlich Köpfe mit einer konvexen Außenfläche), müssen die Beklagten mit einer gedachten ebenen Außenfläche argumentieren, indem sie über die jedenfalls im Querschnitt gerundeten Köpfe etwa der Figur 1 eine Tangentiallinie legen (vgl. die Linie A in Anlage KE2, Seite 4). Andernfalls würde es ihnen an einem Bezugspunkt für die festzustellende Parallelität fehlen. Diese Argumentation unter Zuhilfenahme einer künstlich über die äußersten Punkte der Köpfe gelegten Hilfslinie überzeugt nicht. Bezugspunkt für die von Merkmal 8 vorausgesetzte Parallelität ist nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs 10 ausdrücklich eine „allgemein ebene Endaußenfläche“ gemäß Merkmal 7, an der es den Köpfen aus der D1 unstreitig fehlt. Gekrümmte Oberflächen solcher Köpfe, die im Randbereich im nahezu rechten Winkel auf die Innenflächen treffen, eignen sich hierfür ersichtlich nicht.
Auch das Verfahren, mit dem nach der D1 die Köpfe hergestellt werden, wird in der D1 nicht offenbart. Das Verfahren der D1, das diese unter Verwendung der Figuren 3A und 3B (die den Figuren 6A und 6B der Klagepatentschrift entsprechen) schildert, unterscheidet sich maßgeblich von dem der Ansprüche 1 bis 9 des Klagepatents. Übereinstimmend ist lediglich, dass die Köpfe unter Verwendung einer beheizten oberen Walze 52 bzw. 52a durch Wärmeeinwirkung verformt werden. Bei der D1 (Pilzköpfe mit konvexer Außenfläche) geschieht dies jedoch dadurch, dass sich die Stielspitzen infolge des Wärmeauftrags zurückziehen und so ihre Pilzkopfform erhalten (vgl. D1, Seite 5 Zeilen 32-35 und Seite 9 Zeilen 19-28). Ein weitergehender Druck durch Berührung zwischen der oberen Walze und den Stielenden wird offenbar bei dem Verfahren der D1 nicht ausgeübt. Bei dem Verfahren des Klagepatents (vgl. Anlage 2-K2, Anspruch 1 und Seiten 21 und 22 übergreifender Absatz) werden die Vorsprünge hingegen gegen die erwärmte Oberfläche zusammengedrückt, wobei die Parameter (1.) Geschwindigkeit, (2.) Spaltmaß und (3.) Wärmekapazität der erwärmten Oberfläche so ausgewählt sind, dass sich die mit Anspruch 10 beanspruchten kreis- oder scheibenförmigen Pilzköpfe mit allgemein ebenen Außenflächen ergeben. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es sich bei Anspruch 10 um einen product-by-process-Anspruch handelt, der keineswegs voraussetzt, dass das geschützte Erzeugnis nach einem bestimmten Verfahren tatsächlich hergestellt wird, sondern nur, dass es nach einem bestimmten Verfahren hergestellt werden kann. Die unterschiedlichen Verfahren der D1 einerseits, des Klagepatents andererseits schlagen sich jedoch auch in konkreten strukturellen Merkmalen der jeweiligen Verfahrenserzeugnisse nieder, und zwar in Gestalt der Endaußenflächen der Köpfe, die bei der D1 im Rahmen der „Pilzkopfform“ beliebig sein kann, bei Anspruch 10 des Klagepatents jedoch eine „allgemein ebene“ nach Merkmal 7 sein muss. Seitens der Beklagten ist nicht dargetan worden, dass und inwiefern die oben genannten Verfahrensparameter Geschwindigkeit, Spaltmaß und Wärmekapazität, mit denen nach Anspruch 1 des Klagepatents Köpfe mit „allgemein ebenen Endaußenflächen“ hergestellt werden können, sich für den Fachmann von selbst verstehen sollen.
Im Hinblick auf die neben Merkmal 7 nicht durch die D1 offenbarten weiteren Merkmale 8 und 9 ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Fachmann auf dem Gebiet des Klagepatents erkannt haben sollte, die aus der D1 vorbekannten Pilzköpfe mit konvexer Außenfläche im Sinne dieser Merkmale fortzubilden. Soweit Merkmal 9 betroffen ist, handelt es sich nicht um eine triviale handwerkliche Maßnahme. Wenn die D1 den Fachmann lediglich darüber aufklärt, die Pilzform der Köpfe werde aus den zunächst kopflos geformten Stielen dadurch hergestellt, dass sich die Stielenden unter Wärmebeaufschlagung „zurückziehen“, dürfte es erfinderische Qualität haben zu erkennen, dass unter Modifikation der Prozessparameter (1.) Geschwindigkeit, (2.) Spaltmaß und (3.) Wärmekapazität der erwärmten Oberfläche kein Zurückziehen, sondern ein Zusammendrücken durch Berührung der erhitzten Walze und damit ein kontrolliertes Formen „allgemein ebener Endaußenflächen“ stattfindet.
Unabhängig davon bestehen erhebliche Bedenken, ob es dem Fachmann durch die D2 nahegelegt worden wäre, statt der in der D1 offenbarten konvexen Pilzköpfe kreis- oder scheibenförmige Pilzköpfe mit einer allgemein ebenen Außenfläche gemäß Merkmal 7 vorzusehen. Dabei soll im Weiteren zugunsten der Beklagten unterstellt werden, dass das ausgehend von der D1 zu lösende technische Problem allein in einer unzureichenden Hautverträglichkeit bestand, das nach der geschützten technischen Lehre von Merkmal 7 gelöst wird. Zu diesem Zweck hätte der Fachmann in einem ersten Schritt erkennen müssen, dass die konvexen Köpfe der D1 zu einem Hautscheuern führen und aus diesem Grund nicht benutzerfreundlich sind. Die D1 selbst vermittelt ihm diese Erkenntnis nicht. Sodann hätte der Fachmann auf die Idee kommen müssen, eine Lösung dieses Problems in der Umgestaltung der Form der Köpfe, nicht etwa in einer Materialveränderung, beispielsweise durch Wahl eines weicheren Materials, zu suchen. Selbst wenn man aber auch dies zugunsten der Beklagten annehmen wollte, müsste der Fachmann erkennen, dass er die Benutzerfreundlichkeit durch allgemein ebene bzw. leicht konkave Köpfe erhöhen kann. In der D2 finden sich keine Hinweise darauf, dass die dort etwa in Figur 4 gezeigten Befestigungsglieder diesem Problem aufgrund ihrer Form abzuhelfen vermögen. Der D2 geht es vielmehr allein darum, Befestigungsglieder vorzuschlagen, die aus einem Kunststoff hergestellt sind und aus Vorsprüngen bestehen, die materialeinheitlich in einen festen, aber biegsamen Grundstreifen eingegossen sind und die Form von Haken oder dergleichen besitzen (vgl. Anlage D2 zu KE1, Beschreibung Seite 1 unten). Zudem erscheint es höchst zweifelhaft, ob der Fachmann überhaupt auf die Idee gekommen wäre, aus der D2 Anregungen zur Verbesserung des Hakenbandes der D1 zu entnehmen, weil die D2 ein Spritzgussverfahren zur Herstellung unter Verwendung auseinanderbewegbarer Formteile vorschlägt, das mit dem kontinuierlichen Herstellungsverfahren der D1 (vgl. deren Figuren 3A und 3B) nicht kompatibel ist.
Aus diesem Grunde kann schließlich offen bleiben, ob die D2 überhaupt kreis- oder scheibenförmige Pilzköpfe nach Merkmal 5 offenbart, denn die in der Nichtigkeitsklage in Bezug genommene Figur 4 zeigt einen lotrechten Querschnitt durch das Hakenband, lässt die dritte Dimension folglich nicht einmal andeutungsweise (etwa durch eine Perspektive andeutende Schraffur wie in Figur 2 der D1) erkennen. Bei einem Querschnitt auch durch den Kopf der Haken ließe Figur 4 keine Rückschlüsse auf die Flächengestaltung in der dritten Dimension zu. Ob der Querschnitt in Figur 4 auch durch die Köpfe selbst ausgeführt ist oder wiederum nur durch den Träger, mag angesichts der zeichnerischen Abtrennung der Köpfe vom Stiel durch einen waagerechten Strich bezweifelt werden können. Auch ungeachtet dessen geht aus Figur 4 jedoch nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor, dass die Köpfe die Kreis- oder Scheibenform nach Merkmal 5 aufweisen. Alternativ käme etwa auch eine T-Form mit in der dritten Dimension lediglich abschnittsweise vorgenommener (aber nicht unbedingt insgesamt kreisförmiger) Erweiterung in Betracht, etwa dergestalt, dass der Kopf eines insgesamt T-förmigen Hakens einen etwas größeren Durchmesser hat als der ihn tragende Stiel. Auch dies würde den Trennstrich in Figur 4 erklären, ohne zugleich den Schluss auf eine Kreis- oder Scheibenform zuzulassen.

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt.; 100 Abs. 4 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 500.000,– EUR festgesetzt.