Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Februar 2007, Az. 4b O 77/06
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1) an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen,
einen Rückenschutz
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
der zwei vertikal ausgerichtete Stützen umfasst, die mit Einrichtungen zum Befestigen derselben am Körper des Trägers versehen sind, wobei jede der Stützen eine Vielzahl im Wesentlichen starrer Elemente trägt, die daran befestigt sind, und wobei die untere Stütze an einem Zapfen gelenkig mit der oberen Stütze verbunden ist;
2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01.09.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) des erzielten Gewinns, wobei dieser nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten dem unter 1. bezeichneten Gegenstand unmittelbar zugeordnet werden,
wobei
die Beklagten die Angaben zu a) durch Vorlage der entsprechenden Belege, nämlich Rechnungen und Lieferscheine, in Kopie nachzuweisen haben;
den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;
3.
die in ihrem (der Beklagten) unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu beauftragenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 01.09.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagten zu 90 %.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 500.000,00 € und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 1.800,00 €.
V.
Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung u.a. für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 001 xxx, dessen Erteilung am 01.08.2002 im Patentblatt veröffentlicht worden ist. Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Rückenprotektor, insbesondere für Motorradfahrer“. Der im vorliegenden Rechtsstreit hauptsächlich interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„Rückschutz, insbesondere für Motorradfahrer,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,
dass er zwei vertikal ausgerichtete Stützen (2, 4) umfasst, die mit Einrichtungen (8, 28) zum Befestigen derselben am Körper des Motorradfahrers versehen sind, wobei jede der Stützen eine Vielzahl im Wesentlichen starrer Elemente (10, 22) trägt, die daran befestigt sind, und wobei die untere Stütze (4) an einem Zapfen (26) gelenkig mit der oberen Stütze (2) verbunden ist.“
Die nachfolgende Abbildung (Figur 2 der Klagepatentschrift) verdeutlicht den Gegenstand der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.
Die Beklagte zu 1), deren gesetzlicher Vertreter der Beklagte zu 2) ist, hat auf der Fachmesse „ISPO“, die in der Zeit vom 06. bis 09.02.2005 in München stattgefunden hat, einen Rückenprotektor ausgestellt, wie er aus den Internetunterlagen gemäß Anlage K 8 sowie den nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (aus Anlage K 7) ersichtlich ist.
In diversen Werbeunterlagen ist die Beklagte zu 1) als die für Deutschland zuständige Vertriebsgesellschaft der A-Firmengruppe ausgewiesen (Anlagen K 14, K 17, K 18). Die Beklagten selbst haben eingeräumt, freie Mitarbeiter für den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform an die A International GmbH in Österreich auszuleihen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der streitbefangene Rückenprotektor wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Mit ihrer Klage nimmt sie die Beklagten deshalb aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatz in Anspruch. Nachdem die Klägerin ihre Anträge zunächst auch auf die Handlungsalternative des Herstellens gerichtet hat, beantragt sie – unter teilweiser Klagerücknahme – zuletzt,
wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreiten den Vorwurf der Patentverletzung und führen hierzu aus: Das Klagepatent verlange, dass der Rückenschutz aus zwei – und nicht mehr – vertikal ausgerichteten Stützen bestehe. Dies folge nicht nur aus der entsprechenden Zahlenangabe des Patentanspruchs, sondern ergebe sich des Weiteren daraus, dass der kennzeichnende Teil des Patentanspruchs lediglich eine untere und eine obere Stütze vorsehe, die mittels eines Zapfens gelenkig miteinander verbunden sein sollen. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien demgegenüber drei vertikale Stützen und zwei zapfenartige Gelenkverbindungen vorhanden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Der streitbefangene Rückenprotektor macht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Der Klägerin stehen deshalb die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatz zu.
I.
Das Klagepatent betrifft einen Rückenschutz, wie er beispielhaft als Schutzeinrichtung für Motorradfahrer gebräuchlich ist.
Nach den einleitenden Bemerkungen der Patentschrift ist es zum Schutz eines Motorradfahrers notwendig, demjenigen Teil der Wirbelsäule, der das Rückenmark umfasst, maximalen Schutz zu bieten, weil Verletzungen in diesem anatomischen Bereich außerordentlich schwerwiegend sein können. Als Ort des Rückenmarks bezeichnet die Patentschrift dabei die zwölf Brustwirbel und die ersten beiden Lendenwirbel. Zur Verdeutlichung ist nachstehend die als Anlage K 19 überreichte Abbildung wiedergegeben.
Da sich die Schutzwirkung vorzugsweise auch auf den restlichen Teil der Wirbelsäule, d.h. die übrigen drei Lendenwirbel, erstreckt, sei es – so führt die Klagepatentschrift aus – bekannt, die Rückenschutzeinrichtung über die Taille hinaus in den entsprechenden Gesäßteil der Wirbelsäule zu verlängern.
Wird eine insgesamt starre Struktur verwendet, behindert dies nach den Erläuterungen der Patentschrift die beim Fahren notwendigen Bewegungen, insbesondere die seitliche Biegung des Rumpfes und das Beugen nach vorne.
Diesen Nachteil schreibt die Klagepatentschrift auch dem aus der europäischen Patentanmeldung 0 212 206 bekannten Rückenprotektor zu. Er besteht – wie die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1, 6 und 8) verdeutlichen –
aus einer Vielzahl von Platten, die einander überdeckend in einer länglichen Anordnung positioniert sind, welche sich an der Wirbelsäule entlang erstreckt. Die Platten sind durch Gelenke schwenkbar miteinander verbunden, und zwar dergestalt, dass sie in beschränktem Maße eine Drehung sowie eine Längsbewegung der Platten zueinander ermöglichen.
Vor dem Hintergrund dieser Würdigung formuliert die Klagepatentschrift die Aufgabe der Erfindung dahin, einen Rückenschutz
für das Rückenmark und den Gesäßteil der Wirbelsäule zu schaffen,
der ein ungehindertes Biegen des Rumpfes in Querrichtung sowie ein Beugen nach vorne, jedoch nur ein mäßiges Beugen nach hinten ermöglicht,
und dabei stets seine Schutzfunktion erfüllt.
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 des Klagepatents die Kombination folgender Merkmale vor:
(1) Rückenprotektor (insbesondere für Motorradfahrer).
(2) Der Rückenschutz umfasst zwei vertikal ausgerichtete Stützen (2, 4).
(3) Die Stützen (2, 4) sind mit Einrichtungen (8, 28) zum Befestigen derselben am Körper des Motorradfahrers versehen.
(4) Jede Stütze (2, 4) trägt eine Vielzahl im Wesentlichen starrer Elemente (10, 22), die daran befestigt sind.
(5) Die untere Stütze (4) ist an einem Zapfen (26) gelenkig mit der oberen Stütze (2) verbunden.
In bevorzugter Weise sieht Unteranspruch 3 darüber hinaus vor, dass die als Platten ausgebildeten starren Elemente jeder Stütze durch Gelenkelemente miteinander verbunden sind. Zu den Vorteilen einer solchen bevorzugten Ausführungsform heißt es im Beschreibungstext, dass der Rückenprotektor der Erfindung nicht nur einen vollständigen Schutz der Wirbel des Rückenmarks und des Gesäßteils gewährleistet, sondern dass er es durch die gelenkige Verbindung der zwei Stützen und die gelenkige Verbindung zwischen aneinander grenzenden Platten außerdem ermöglicht, den Rumpf seitlich zu biegen sowie nach vorne und nach hinten zu beugen.
II.
Der angegriffene Rückenprotektor der Beklagten macht von der vorbeschriebenen technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
Zwischen den Parteien selbst steht dies nur insoweit im Streit, als die angegriffene Ausführungsform nicht über zwei, sondern über drei vertikal ausgerichtete Stützen verfügt und dementsprechend nicht nur ein, sondern zwei Zapfengelenke aufweist. Dass alle übrigen Merkmale dem Wortsinn nach verwirklicht sind, stellen die Beklagten – mit Recht – nicht in Abrede, so dass sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen. Gegeben ist – anders als die Beklagten meinen – auch das Merkmal (2), welches vorsieht, dass der Rückenschutz zwei vertikal ausgerichtete Stützen umfasst.
1.
Eine Benutzung des Klagepatents lässt sich insoweit zwar noch nicht mit der Erwägung bejahen, dass die untere und die mittlere Stütze der angegriffenen Ausführungsform für sich betrachtet bereits einen erfindungsgemäßen Rückenprotektor darstellen und die obere (dritte) Stütze lediglich eine für die Merkmalsverwirklichung unbeachtliche Zutat repräsentiert. Wie die Aufgabenformulierung unmissverständlich klarstellt, soll der Rückenprotektor einen Schutz für das Rückenmark und den Gesäßteil der Wirbelsäule schaffen. Die vorangehenden Bemerkungen des Beschreibungstextes stellen dabei klar, über welchen Teil der Wirbelsäule sich die Schutzeinrichtung erstrecken muss, nämlich sämtliche zwölf Brustwirbel sowie die beiden ersten Lendenwirbel (als Sitz des Rückenmarks) sowie die übrigen drei Lendenwirbel (als Gesäßteil der Wirbelsäule). Im Verhandlungstermin vom 30.01.2007 ist mit den Parteien erörtert worden, ob ein solcher räumlicher Schutz bereits durch die beiden unteren vertikalen Stützen des angegriffenen Protektors bereitgestellt wird. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang den Darlegungen der Beklagten nicht widersprochen, dass die obere vertikale Stütze mit in die Betrachtung einbezogen werden muss, wenn der streitbefangene Rückenprotektor sämtliche zwölf Brustwirbel (und damit das gesamte Rückenmark) überdecken soll.
2.
Die Frage der Patentverletzung hängt demgemäß davon ab, ob Patentanspruch 1 des Klagepatents zwei vertikal ausgerichtete Stützen nicht nur als Mindestausstattung verlangt, sondern die Zahl der Stützen gleichzeitig im Sinne einer maximalen Ausstattung auch nach oben – eben auf zwei – begrenzt.
Gegen die Auffassung der Beklagten, die letzteres verficht, spricht bereits der Anspruchswortlaut, welcher ausdrücklich besagt, dass der patentgemäße Protektor zwei Stützen „umfasst“. Der verwendete Begriff „umfasst“ beinhaltet üblicherweise eine offene Formulierung, die besagt, dass zwei vertikale Stützen vorhanden sein müssen, ohne damit jedoch eine darüber hinausgehende Anzahl von Stützen auszuschließen. Die Beklagten können dem nicht entgegenhalten, dass die Wendung „umfasst“ deshalb gewählt worden ist, weil der Rückenprotektor weitere Bauteile (z.B. die Befestigungseinrichtungen) aufweist. Die Argumentation der Beklagten verbietet sich schon deshalb, weil Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht dahingehend formuliert ist, dass der beanspruchte Rückenschutz „zwei vertikal ausgerichtete Stützen sowie Einrichtungen zum Befestigen derselben am Körper des Motorradfahrers“ umfasst, sondern eindeutig dahin lautet, dass der Rückenschutz „zwei vertikal ausgerichtete Stützen umfasst, die mit Einrichtungen zum Befestigen derselben am Körper des Motorradfahrers versehen sind“. Das Wort „umfasst“ bezieht sich demnach zweifelsfrei lediglich auf die beiden vertikalen Stützen, und nicht auf die sonstigen Bauteile des Protektors. Argumente für eine Festlegung auf lediglich zwei – und nicht mehr – Stützen lassen sich ebenso wenig daraus herleiten, dass Merkmal (5) vorsieht, dass die untere Stütze mittels eines Zapfens gelenkig mit der oberen Stütze verbunden ist. Die besagte Forderung lässt sich ohne weiteres und zwanglos auch mit einem Verständnis des Klagepatents in Einklang bringen, wonach die Zahl der Stützen auf mindestens zwei festgelegt ist, nach oben jedoch keine Begrenzung erfahren hat, solange – wie sich aus Merkmal (4) ergibt – für jede der (gegebenenfalls mehr als zwei) Stützen sichergestellt ist, dass sie aus einer Vielzahl starrer Elemente besteht. Dieser Anforderung ist auch dann genügt, wenn drei vertikal ausgerichtete Stützen vorgesehen werden, wie die angegriffene Ausführungsform beispielhaft belegt.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht angenommen werden, dass sich eine dritte Stütze – und eine damit zwangsläufig einhergehende zweite Zapfenverbindung – deswegen verbietet, weil der Protektorschutz im Bereich des zweiten Zapfengelenks graduell geringer ist im Vergleich zu einer Ausführungsform, bei der die mittlere und die obere Stütze zu einem einheitlichen Stützenelement zusammengefasst sind. Auch die Beklagten machen nicht geltend, dass der Protektor im Bereich des Zapfengelenks seine Schutzfunktion für die Wirbelsäule und das Rückenmark etwa einbüßen oder in einem Maße verlieren würde, den das Klagepatent nicht toleriert. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, dass das Klagepatent keinesfalls auf Schutzeinrichtungen für Motorradfahrer beschränkt werden kann. Ob die Erwähnung eines Motorradfahrers im Merkmal (1) nicht ohnehin eine bloße Zweckangabe beinhaltet, kann insofern dahinstehen. In jedem Fall ist die Verwendung des erfindungsgemäßen Protektors für Motorradfahrer lediglich „insbesondere“, d.h. beispielhaft genannt. In Anbetracht dessen kann kein ernstlicher Zweifel daran bestehen, dass sich das Klagepatent auf Rückenschutzeinrichtungen jeglicher Art bezieht, und damit auch auf solche, die – wie die angegriffene Ausführungsform – von Snowboard-Fahrern gebraucht werden. Dem Durchschnittsfachmann ist hierbei klar, dass die Schutzbedürfnisse je nach dem konkreten Verwendungszweck ganz unterschiedliche sind, wobei die Anforderungen an einen Protektor für Motorradfahrer schon wegen der in Rede stehenden hohen Geschwindigkeiten und der denkbaren Verletzungssituationen deutlich höher sind als bei einem Protektor, der (lediglich) beim Snowboard-Fahren zum Einsatz kommt. Gerade mit Blick auf solche zuletzt genannten Verwendungsformen, bei denen Unfall- und Verletzungssituationen mit vergleichsweise geringer Gewalteinwirkung zu befürchten sind, besteht kein Grund zu der Annahme, dass mit einem zweiten – oberen – Zapfengelenk die erforderliche Schutzfunktion verloren gehen könnte. Das gilt umso mehr angesichts der Tatsache, dass das Klagepatent trotz des zwingend vorgesehenen Zapfengelenks zwischen der unteren und der oberen Stütze auch in diesem Bereich einen hinreichenden Schutz für das Rückenmark als gegeben ansieht, und zwar auch unter den besonderen Anforderungen, die sich ergeben, wenn ein derartiger Protektor von einem Motorradfahrer benutzt wird. Soweit die deutlich geringeren Unfalleinwirkungen beim Snowboard-Fahren in Rede stehen, kann der Fachmann deshalb aufgrund der Klagepatentschrift nicht zu der Überlegung kommen, dass bei Vorsehen eines zweiten Zapfengelenks (und einer dritten vertikal ausgerichteten Stütze) der beabsichtigte Wirbelsäulenschutz nicht mehr gewährleistet wäre. Im Gegenteil wird der Fachmann annehmen, dass gegen eine derartige Konstruktionsmaßnahme jedenfalls unter den geringeren Schutzbedürfnissen, die z.B. beim Snowboard-Fahren bestehen, keinerlei Bedenken existieren und das Vorsehen eines zweiten Zapfengelenks – im Gegenteil – Vorteile insofern bietet, als der Träger des Rückenprotektors hierdurch nicht nur im Taillenbereich, sondern auch im Bereich des Oberkörpers eine bei der Sportausübung vorteilhafte, wenn nicht sogar notwendige Bewegungsfreiheit erhält.
III.
Da die Beklagten nach allem widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht haben, sind sie der Klägerin im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet. Nachdem die Beklagten die angegriffene Ausführungsform unstreitig auf der „ISPO 2005“ präsentiert und damit angeboten haben und überdies einräumen, ihre freien Mitarbeiter zum Zwecke des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform an die A International GmbH in Österreich auszuleihen, ist das Verbot auf sämtliche Benutzungshandlungen – außer der des Herstellens – auszudehnen. Die Beklagten trifft ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie die Schutzrechtsverletzung erkennen und vermeiden können. Sie sind der Klägerin deswegen zum Schadenersatz verpflichtet. Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst gerichtlich festgestellt wird. Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, ihren Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet. Hierzu gehört auch die Vorlage der betreffenden Belege. Zur Beseitigung des Störungszustandes haben die Beklagten schließlich die patentverletzenden Rückenprotektoren zu vernichten.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 108 ZPO.