4b O 63/07 – Hydroformpresse

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 765

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Dezember 2007, Az. 4b O 63/07

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zwangsweise durchzusetzenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d
Der Kläger ist gemeinsam mit Herrn A eingetragener Inhaber des am 1. April 2003 angemeldeten und am 30. September 2003 erteilten deutschen Patents 103 14 xxx B3 (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K 1). Das Klagepatent, das eine Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche betrifft, steht in Kraft. Über die beim Deutschen Patent- und Markenamt gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage vom 6. September 2007 (Anlage B 29) ist derzeit nicht entschieden.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche, bestehend aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern, in denen gegenüberliegende nahezu spaltfrei gleitend eingepasste halbkreisähnliche Formstücke angeordnet sind, zwischen denen eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden ist und wo im oberen oder unteren halbkreisähnlichen Formstück ein flacher Formkolben eingearbeitet ist, dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt und ein eingelegtes Blech über das Werkzeug gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst.“
Wegen des Wortlautes der weiteren Patentansprüche wird auf das Klagepatent verwiesen. Die zur Erläuterung der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispieles nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 stammen aus dem Klagepatent und zeigen eine bevorzugte Ausgestaltung einer erfindungsgemäßen Hydroformpresse in Seiten- sowie in Frontansicht.

Die unter Geschäftsführung der Beklagten zu 2) und 3) stehende Beklagte zu 1) bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland die von der Beklagten zu 1) hergestellte Hydroformpresse mit der Bezeichnung „C“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Deren konstruktiver Aufbau entspricht im wesentlichen der in dem für den Beklagten zu 2) eingetragenen DE 103 34 xxx B 3 (Anlage K 16) in Figur 1 (Anlage B 1) gezeigten Vorrichtung zur Herstellung von Formteilen durch Innenhochdruckumformung; darüber hinausgehend sind zwischen ihrem oberen und unteren Werkzeugträger Abstützzylinder vorhanden. Die weitere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ist zudem den Anlagen K 3-0, K 3-1, B 29a/1 bis 29 a/4 sowie den in der mündlichen Verhandlung überreichten Bildabfolgen und Handskizzen zu entnehmen. Auf die Anlagen wird Bezug genommen. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend die Anlage B 1 und die Anlagen B 29a/1 bis 29a/3 wiedergeben.

Der Kläger – an den Herr A unstreitig seine Rechte aus dem Patent zum Zwecke der Durchführung dieses Verfahrens abgetreten hat – ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die technische Lehre des Klagepatents wortsinngemäß. Er nimmt deshalb die Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Patentverletzung auf Unterlassen, Auskunft- sowie Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch. Daneben beruft er sich auf eine mit der Beklagten zu 1) – insoweit unstreitig – am 2./6. September 2002 (Anlage K 4) geschlossene Geheimhaltungsvereinbarung. Nach Abschluss dieser Vereinbarung habe er der Beklagten zu 1) die dem Klagepatent zugrunde liegenden entscheidenden Informationen mitgeteilt. Entgegen der ihr aus der Geheimhaltungsvereinbarung obliegenden Verpflichtung hätten die Beklagten die von ihm erfahrenen Informationen zur Anmeldung des DE 103 34 xxx B 3 (Anlage K 16) genutzt.

Der Kläger beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist,

zu unterlassen,

in der Bundesrepublik Deutschland Hydroformpressen zum Durchtakten breiter Bleche herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen, die aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern bestehen, in denen gegenüberliegende nahezu spaltfrei gleitend eingepasste halbkreisähnliche Formstücke angeordnet sind, zwischen denen eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden ist und wo im oberen oder unteren halbkreisähnlichen Formstück ein flacher Formkolben eingearbeitet ist, dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt und ein eingelegtes Blech über das Werkzeug gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst;

2. dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte zu 1) die zu I. 1 bezeichneten Handlungen seit dem 30.10.2004 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmenge und –zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, –zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betrieblichen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– von dem Beklagten zu 2) und dem Beklagten zu 3) sämtliche Angaben und von der Beklagten zu 1) die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 30.10.2004 zu machen sind,
– den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden und ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehender Ziffer 1. an einen von dem Kläger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu I. 1 bezeichneten und seit dem 30.10.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagten stellen sowohl eine Patentverletzung wie auch eine Verletzung der Geheimhaltungsvereinbarung in Abrede. Die angegriffene Ausführungsform sei zum Durchtakten breiter Bleche weder ausgestaltet noch geeignet. Aufgrund der zwischen den beiden Werkzeugträgern vorhandenen Abstützzylinder könnten keine breiten Bleche endlos durchgeführt und umgeformt werden. Es müsste vielmehr jeder Rohling einzeln eingelegt und nach Hineinfahren des oberen Werkzeugträgers einzeln umgeformt werden. Nach dem Umformen des eingelegten Rohlings müsste der obere Werkzeugträger nach hinten aus der Presse herausgefahren und das fertige Werkstück nach unten ausgestoßen werden. Angesichts des Verfahrens des oberen Werkzeugträgers gebe es auch keine schmale rechteckigförmig offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung. Wenn überhaupt von einer Beschickungsöffnung gesprochen werden könnte, sei diese halbkreisförmig. Eine Entnahmeöffnung habe die angegriffene Ausführungsform überhaupt nicht, da das geformte Werkstück in der dargestellten Weise nach unten ausgestoßen werde. Es mangele der angegriffenen Ausführungsform ferner an erfindungsgemäßen ringförmigen Zugankern, an nahezu spaltfrei gleitend in die Zuganker eingepassten Formstücken und an einem Formkolben, der in einem der Formstücke eingearbeitet sei. Selbst wenn von einer Verwirklichung des Klagepatents auszugehen wäre, stünde ihnen ein Vorbenutzungsrecht zur Seite. Im Übrigen sei der Rechtsstreit jedenfalls auszusetzen, da sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatz weder nach §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a, 140b, 9 PatG, §§ 242, 259 BGB noch aufgrund der Geheimhaltungsvereinbarung vom 2./6. September 2002 zu.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche, die vor allem in der Lage ist, immer wiederkehrende gleiche Strukturen abschnittsweise mittels Wasserdruck zu formen und nahtlos aneinander zu setzen, wie es z. B. für Höckerbleche, Noppenplatten oder Wärmetauscherplatten nötig ist.

Hydropressen sind in bezug auf die Materialbeanspruchung, die Dichtigkeit sowie die Lebensdauer der Pressenkomponenten hohen Anforderungen ausgesetzt, da beim Umformen mittels Wasserdruck mehrere Tausend Bar wirken. Um die damit verbundene Verformung des Rahmens zu kompensieren und die Ebenheiten und Dichtigkeiten des Umformbereichs zu gewährleisten, sind im Stand der Technik verschiedene Ausgleichsmechanismen entwickelt worden.

Bekannt sind – so das Klagepatent unter Nennung zahlreicher Schutzrechte – Rahmenpressen mit ein- oder zweiseitigen Kissen oder mit zusätzlichem Balg und Rahmenpressen mit beidseitigen Ausgleichskolben. Als Nachteil dieser Bauarten wertet das Klagepatent die Ungeeignetheit der Pressen, breite Bleche hindurchzuführen. Die bei diesen Bauarten verfolgten Rahmen- und Tischbauweisen würden extrem hoch, breit und massiv ausfallen. Um einen 1250 mm breiten und 400 mm tiefen Bereich mit 1500 bar gleichzeitig ausformen zu können, müsste die Presse eine Schließkraft von 75 MN (7500 Tonnen) beherrschen können. Diese Kräfte könnten nur durch hohen Aufwand untergebracht werden. Hohe Spannungen in den Rahmenecken sowie große Tischdurchbiegungen, die es dann wieder zu kompensieren gelte, seien unerwünschte Begleiterscheinungen, die das Abdichten des Umformbereichs erschwerten.
Als geeigneter sieht das Klagepatent die – im Einzelnen genannten – Bauarten zum Hydroformen flächiger Blechausprägungen an, bei denen die Schließkräfte über Ringsegmente, durchgehende zylindrische Rohre oder ringförmige Ummantelungen aufgenommen werden. Das Blech wird hier über einen verbleibenden Spalt – in einer Rollwanne liegend – eingeführt und innerhalb der Presse positioniert, wo es indirekt durch eine Gummi-Membran getrennt mit Wasserdruck beaufschlagt und umgeformt wird. Der Rahmen der Rollwanne bildet dabei einen umlaufend abschließenden Dichtrahmen aus, gegen den sich beim Schließen die Presse vorspannt. Eine nicht mit einer Gummiblase, sondern mit einem Gummikissen arbeitende Abwandlung dieser Bauarten verwendet mehrere Druckzylinderkolben, wobei das eingelegte Blech über einen steifen Werkzeugtisch mit aufgesetztem Werkzeug in das Gummikissen gepresst und dabei umformt wird. Auch diese Bauarten sind jedoch – wie das Klagepatent kritisch hervorhebt – nicht für breite streifenartige Umformungen bei großer Umformfläche (z. B. 1,25 m breit x 0,4 m tief = 0,5 m2) konzipiert. Das Durchtakten von Blechen ist nicht möglich, da ein die Presse überragendes langes Blech nicht abschnittsweise durchgesetzt werden könne.

Vor diesem technischen Hintergrund hat sich das Klagepatent die Aufgabe gestellt, dieses Problem zu lösen und eine Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche bereit zu stellen.

Zur Lösung der Aufgabe sieht das Klagepatent in seinem Anspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche (11);
2. die Hydroformpresse besteht aus einem oder mehreren ringförmigen Zugankern (1);
3. in dem Zuganker (1) bzw. den Zugankern sind gegenüberliegende halbkreisähnliche Formstücke (2, 2´) angeordnet;
4. die Formstücke (2, 2´) sind nahezu spaltfrei gleitend eingepasst;
5. zwischen den Formstücken (2, 2´) ist eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden;
6. im oberen oder im unteren halbkreisähnlichen Formstück (2, 2´) ist ein flacher Formkolben (3) eingearbeitet;
a. dessen Querschnittsfläche sich möglichst vollständig über den quergestreckten Umformbereich erstreckt
b. und der ein eingelegtes Blech (11) über das Werkzeug (5) gegen das zweite halbkreisähnliche Formstück (2, 2´) zum Abdichten und Zuhalten des Umformbereichs anpresst.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre keinen Gebrauch. Es fehlt an einer Verwirklichung der Merkmale 1 und 5. Die angegriffene Ausführungsform dient weder dem Durchtakten breiter Bleche im Sinne des Klagepatents noch verfügt sie über eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung.

1.
Merkmal 1 verlangt das Bereitstellen einer Hydroformpresse zum Durchtakten breiter Bleche. Als Durchtakten versteht das Klagepatent – wie bereits der Einleitung und der Beschreibung des Standes der Technik zu entnehmen ist – das abschnittsweise Durchsetzen bzw. Umformen eines die Presse überragenden langen und breiten Bleches. Immer wiederkehrende gleiche Strukturen sollen auf einem Blech mittels Wasserdruck geformt und nahtlos sowie ohne Rand aneinandergesetzt werden können (Anlage K 1, Absätze [0001], [0003]). Bei der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels heißt es sodann erläuternd, dass nach Umformen eines Blechabschnittes der Formkolben (3) einschließlich der Platte (4) und das Werkzeug (5) durch Rückstellmechanismen zurückgefahren werden und das Blech einige Kavitäten weitergesetzt wird, wonach sich der Durchtaktprozess wiederholt (Anlage K 1, Absatz [0005]).

Bei dem Erfordernis „zum Durchtakten breiter Bleche“ handelt es sich nicht – wovon auch der Kläger nicht ausgeht – (nur) um eine bedeutungslose Wirkungs- oder Funktionsangabe. Es nimmt vielmehr als Bestandteil des Patentanspruchs an dessen Aufgabe teil, die geschützte Vorrichtung zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen (BGH, GRUR 2006, 923 () – Luftabscheider für Milchsammelanlage; BGHZ 112, 140 (155 f.) – Befestigungsvorrichtung II). Das Erfordernis des Merkmals 1 entspricht keiner bloßen Selbstverständlichkeit, sondern definiert die Hydroformpresse dahingehend, dass diese aufgrund ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung die Funktion des Durchtaktens breiter Bleche erfüllen kann.

Dies zeigt sich in der besonderen Bedeutung, die das Klagepatent dem Durchtakten breiter Bleche beimisst. Nicht nur, dass bereits in der Einleitung der Klagepatentschrift hervorgehoben wird, ein über die „heutigen Möglichkeiten“ hinausgehendes Durchtakten solle mit der Erfindung bewirkt werden können. Auch im Rahmen der Würdigung des Standes der Technik wird das Gewicht dieser Bedingung deutlich herausgestellt. Die Abgrenzung der Erfindung zum Stand der Technik erfolgt über eben dieses Kriterium; an allen bekannten Bauarten kritisiert das Klagepatent allein deren Ungeeignetheit für das Hindurchführen bzw. Durchtakten die Presse überragender langer und breiter Bleche. Das Durchtakten dieser Bleche ist das zentrale Anliegen der Erfindung.

Darüber hinaus ist das Zusammenspiel mit Merkmal 5 zu beachten, welches eine notwendige Voraussetzung für das Durchtakten eines Bleches beinhaltet und damit die Bedeutung dieser Funktion gleichfalls unterstreicht. Nach Merkmal 5 muss zwischen den Formstücken eine schmale rechteckförmige offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung vorhanden sein. Die Form der Öffnung entspricht – in der Frontsicht der Hydroformpresse – erkennbar der äußeren Form eines der Presse horizontal bzw. waagerecht zugeführten und entnommenen breiten Bleches. „Offenbleiben“ muss die Öffnung zum Beschicken und zur Entnahme des zu verformenden Bleches, wenn ein über die Presskomponenten hinausragendes Blech Abschnitt für Abschnitt nahtlos umgeformt werden soll. Für das hierbei erforderliche abschnittsweise Versetzen des Bleches muss ein kontinuierliches Zu- und Abführen des Bleches in den und aus dem Umformbereich und damit zugleich wegen der Länge und Breite des Bleches ein Beschicken und ein Entnehmen möglich sein. Die Beschickungs- und Entnahmeöffnung muss stets einen Materialdurchsatz gewährleisten und zwar so, dass es beim Umformen nicht zur Ausbildung einer Krage oder eines Randes am Blech infolge des Schließens einer Öffnung kommt. Käme es hingegen nicht auf ein Durchtakten breiter Bleche an, wäre eine offen bleibende Beschickungs- und Entnahmeöffnung ohne technischen Sinn.

2.
Dies zugrunde gelegt, verbietet sich die Annahme, die angegriffene Ausführungsform werde zum Durchtakten breiter Bleche verwendet bzw. sei dafür vorgesehen.

Die Beklagten haben vorgetragen, dass der obere Werkzeugträger der angegriffenen Ausführungsform während des Umformprozesses mit Hilfe von Stützzylindern abgestützt wird. Anders sei bei der angegriffenen Ausführungsform das Gewicht des oberen Werkzeugträgers nicht vollständig aufzufangen. Die Stützzylinder seien radial um das Werkzeug des oberen Werkzeugträgers angeordnet. Das umzuformende Blech liege nicht auf den Abstützzylindern auf. Der lichte Abstand der Stützzylinder zueinander sei von dem benutzten Werkzeug abhängig. Bei Verwendung eines kleinen Werkzeuges sei der Abstand der Abstützzylinder geringer als bei Verwendung eines großen Werkzeuges, wobei die Größe des verwendeten Werkzeuges wiederum von der Größe des umzuformenden Bleches und dem darauf aufzubringenden Druck abhänge. In jedem Fall sei der lichte Abstand zwischen den Abstützzylindern kleiner als die Breite und Länge des Bleches. Bei einem äußeren Durchmesser eines Bleches von beispielsweise 550 mm betrage der Abstand der Stützzylinder am Werkzeug 250 mm bis 300 mm. Diesen Angaben ist der Kläger nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Er hat vielmehr nur behauptet, dass gleichwohl ein Durchtakten möglich sei. Dem kann nicht gefolgt werden.

Mit der erfindungsgemäßen Hydroformpresse sollen breite Bleche durchgetaktet werden, wobei das Klagepatent solche Bleche als breit ansieht, die z.B. 400 mm bis 1250 mm Breite aufweisen. Dies folgt aus der Nennung beispielsweise der Wärmeaustauschplatten in der Einleitung (Anlage K 1, Absatz [0001]), die nach der Erläuterung des Klägers in der mündlichen Verhandlung z.B. 400 mm breit sind, und der Beschreibung des Standes der Technik (Anlage K 1, Absatz [0002] f.), in welcher die genannten Maße aufgeführt sind.

Bei der angegriffenen Ausführungsform versperren die vom oberen Werkzeugträger herausragenden Abstützzylinder derartigen Blechen jedoch den Weg. Ein Durchsetzen eines solchen Bleches vorbei an den Abstützzylindern, deren Abstand stets kleiner als die Länge und Breite des Bleches ist, ist nicht möglich, weder in der Länge noch in der Breite. Das Blech muss bei der angegriffenen Ausführungsform in den durch die Abstützzylinder letztlich abgesteckten und begrenzten Raum passen. Es kann nicht auf den das Gewicht des oberen Werkzeugträgers stützenden Abstützzylindern aufliegen und diese in irgendeiner Weise überragen. Ein Versetzen eines umgeformten breiten Bleches, so dass ein weiterer Abschnitt des selben Bleches im Anschluss daran umgeformt werden kann, ist aufgrund dieser konstruktiven Ausgestaltung nicht möglich.

Gegen ein Durchtakten spricht überdies das Verfahren des oberen Werkzeugträgers bei der angegriffenen Ausführungsform. Der obere Werkzeugträger wird vor dem Umformen des Bleches in die Presse hinein und nach dem Umformen aus der Presse herausgefahren, wie auch der Kläger – der sich lediglich gegen die damit verbundene Folgerung der Beklagten gewandt hat, deswegen sei ein Durchtakten nicht möglich – im Tatsächlichen nicht in Abrede gestellt hat.
Ein Hinein- und Herausfahren des oberen Werkzeugträgers, in der Diktion des Klagepatents des oberen Formstücks, entbehrt jedoch eines technischen Sinns, wenn ein Versetzen eines Bleches um einige Kavitäten erforderlich ist, um einen anderen Abschnitt des selben Bleches umzuformen. Das vollständige Herausfahren des oberen Werkzeugträgers bringt das gesamte Blech aus dem Umformbereich der Presse, sorgt aber – ohne weitere konstruktive Vorgaben – nicht für einen Vorschub des Materials. Dass es bei der angegriffenen Ausführungsform (zusätzliche) Mechanismen gibt, die neben oder trotz des Hinein- und Herausfahrens des oberen Werkzeugträgers einen abschnittsweisen Materialvorschub bewirken, ist weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen.
Das Hinein- und Herausfahren des oberen Werkzeugträgers macht demgegenüber beim Umformen nur eines einzeln eingelegten und einem einmaligen Pressvorgang unterworfenen Bleches durchaus Sinn. Mittels des Verfahrens kann das ungeformte Blech eingelegt und das gepresste Blech entnommen werden. Dies ist vor allem dann notwendig, wenn keine anderen Mechanismen gegeben sind, mit Hilfe derer insbesondere das umgeformte und somit u. U. nunmehr eine andere Tiefe aufweisende Blech vom Werkzeug abgehoben werden kann, um danach aus dem Umformbereich abtransportiert zu werden. Dass es bei der angegriffenen Ausführungsform derartige Mechanismen gibt, ist gleichfalls nicht erkennbar oder vom Kläger dargetan.

Unteranspruch 5 des Klagepatents, der ein Ein- und Ausführen des Bleches zum Gegenstand hat, steht diesen Überlegungen nicht entgegen. Ihm kann nicht entnommen werden, dass trotz eines Verfahrens des Werkzeugträgers (d. h. des Formstücks im Sinne des Klagepatents) ein Durchtakten grundsätzlich möglich ist. Der abhängige Anspruch 5 stellt eine Hydroformpresse unter Schutz, bei welcher die Beschickungsöffnung in der Höhe verkleinerbar ist und bei der das Werkzeug gemeinsam mit dem Blech ein- sowie heraus führbar ist. Führbar soll folglich nur das Werkzeug und nicht das Formstück selbst sein. Dies bedingt die zweite im Unteranspruch genannte Anforderung. Die Beschickungsöffnung muss in der Größe variierbar sein, so dass ein Verfahren nur des Werkzeugs gemeinsam mit dem umgeformten Blech innerhalb des Pressbereichs überhaupt machbar ist. Es muss ausreichend Platz für das Verfahren geschaffen werden.

Die zur Akte gereichten Unterlagen führen schließlich auch nicht zu einer anderen Betrachtungsweise.
Auf den Fotografien der Anlage K 3-0 ist zwar die angegriffene Ausführungsform zu sehen, sie befindet sich jedoch nicht in Betrieb. Wie welche Bleche zum Umformen eingelegt bzw. zugeführt werden, ob ein Durchtakten erfolgt, ist deshalb nicht zu erkennen. Das Gutachten von Prof. Dr. Feldhusen (Anlage K 20) bietet gleichfalls keinen Beleg, da er zum einen die angegriffene Ausführungsform nicht selber in Augenschein genommen und zum anderen nur festgestellt hat, dass „die Materialzuführungen mit den Werkzeugbereichen (Matrize und Patrize) gleich seien“. Soweit der Beklagte zu 3) auf einem Seminar in Fellbach am 26.10.2005 (Anlage K 3-1, Seite 291) einen „Zyklusablauf vom Coil“ beschrieben hat, könnte darin zwar ein starkes Indiz für ein Durchtakten zu sehen sein. Ob dieser Beschreibung aber die angegriffene Ausführungsform in der Ausgestaltung zugrunde gelegen hat, wie sie tatsächlich benutzt wird – insbesondere mit Abstützzylinder –, ist nicht zu erkennen. Eine Abbildung oder Beschreibung der Presse findet sich in den Seminarunterlagen hierzu nicht; lediglich unter der Überschrift „Platine“ ist eine schematische Zeichnung abgebildet (Anlage K 3-1, Seite 292), die denjenigen entspricht, welche die (heutige) Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform zeigen.

3.
Bei der angegriffenen Ausführungsform fehlt es ebenso an einer schmalen rechteckförmigen offen bleibenden Beschickungs- und Entnahmeöffnung zwischen den Formstücken entsprechend Merkmal 5.

Zu Sinn und Zweck dieses Merkmals kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden. Mit Hilfe dieser stets offen bleibenden Öffnung soll das Durchtakten breiter Bleche gewährleistet werden. Die Öffnung dient dem Beschicken der Presse mit einem umzuformenden Blech und der Entnahme des umgeformten Bleches, wobei das Klagepatent erkennbar von einer im Vergleich zur Presse horizontalen bzw. waagerechten Zufuhr und Entnahme eines breiten Bleches ausgeht und die erfindungsgemäße Rechteckform in dem Zeitpunkt fordert, in dem das Beschicken und das Entnehmen stattfindet.

Mag zur Zeit der Beschickung und der Entnahme des Bleches bei der angegriffenen Ausführungsform trotz des nach hinten verschobenen oberen Werkzeugträgers – bei Ansicht der Front – noch eine Öffnung in Rechteckform zu erkennen sein, so ist diese jedoch weder schmal noch als eine solche anzusehen über bzw. durch die ein Blech eingelegt oder herausgenommen wird. Das Blech wird bei der angegriffenen Ausführungsform nicht in horizontaler bzw. waagerechter Bewegungsrichtung eingelegt oder herausgenommen, sondern von oben durch einen dann halbkreisähnlichen Freiraum hinein eingelegt und später vom oberen Werkzeugträger nach unten ausgeworfen.

4.
Da mangels Vorliegen der Merkmale 1 und 5 eine Verwirklichung der im Klagepatent unter Schutz gestellten Lehre nicht festzustellen ist, erübrigen sich Ausführungen zu den weiteren zwischen den Parteien umstrittenen Merkmalen oder dem von der Beklagten geltend gemachten Vorbenutzungsrecht. Gleiches gilt für die Frage der hilfsweise begehrten Aussetzung.

III.
Der Kläger kann seine geltend gemachten Ansprüche auch nicht auf die mit der Beklagten zu 1) geschlossene Geheimhaltungsvereinbarung vom 2./6. September 2002 (Anlage K 4) stützen.

Hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu I. 3 begehrten Vernichtung von Erzeugnissen der Beklagten, die von der im Klagepatent unter Schutz gestellten Lehre Gebrauch machen, scheidet die Geheimhaltungsvereinbarung offensichtlich als Anspruchsgrundlage aus. Auch der Kläger erläutert nicht, aufgrund welcher Bestimmung dieser Vereinbarung eine Vernichtung in Betracht kommen können sollte.

Eine Unterlassungsverpflichtung könnte hingegen zwar grundsätzlich aus Nr. 1 und 2 der Geheimhaltungsvereinbarung i. V. m. § 1004 BGB erwachsen, kommt im Ergebnis vorliegend jedoch nicht zum Tragen.
Ungeachtet der weiteren zwischen den Parteien in diesem Zusammenhang diskutierten Punkte ist zu berücksichtigen, dass der Kläger – wie seine Klageanträgen zeigen – die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform untersagen lassen möchte. Er betrachtet mithin die angegriffene Ausführungsform als die Verwertung und Verwendung der von ihm übermittelten Informationen. Dies ist jedoch – wie unter II. ausgeführt – nicht zu konstatieren. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die Lehre des Klagepatents nicht. Dass der Kläger den Beklagten weitere Informationen zuteil werden ließ, die über den Gegenstand des Klagepatents hinausgehen und welche abredewidrig von den Beklagten bei der angegriffenen Ausführungsform genutzt werden, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die vom Kläger in der Klageschrift erwähnte Anmeldung des DE 103 34 660 B 3 (Anlage K 16) als Verwendung und Verwertung geheimzuhaltender Informationen steht nicht im Vordergrund des Klagebegehrens und kann mittels der gestellten Klageanträge auch nicht (mehr) „untersagt“ werden.

Ein denkbarer Schadenersatzanspruch des Klägers – und damit eventuell verbundene Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche – gemäß Nr. 6 der Geheimhaltungsvereinbarung ist nicht zu erkennen. Soweit der Kläger auf die Herstellung und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform als schadensstiftende Handlungen abstellt, scheitert die Feststellung eines etwaigen Schadens an der fehlenden widerrechtlichen Benutzung des Klagepatents. Einen von der angegriffenen Ausführungsform unabhängigen Schaden durch Verwendung geheimzuhaltender über das Klagepatent hinausgehender Informationen hat der Kläger nicht vorgetragen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1, 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.500.000,00 € festgesetzt.

Bei der Entscheidung fanden die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsätze der Parteien keine Berücksichtigung. Schriftsatznachlässe sind nicht gewährt worden. Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bot der Inhalt der Schriftsätze nicht.