Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. August 2007, Az. 4b O 346/06
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren und zu vollziehen an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern ihrer Komplementärgesellschaft, zu unterlassen,
Ausrüstungen zur Brandbekämpfung
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen
die Ausrüstung wenigstens einen Sprühkopf aufweist;
die Ausrüstung wenigstens einen hydraulischen Speicher aufweist, um den Sprühkopf über eine Auslassleitung mit Löschflüssigkeit zu versorgen;
wobei der wenigstens eine hydraulische Speicher ein auf hohen
Druck aufgeladener Hochdruckspeicher ist;
wobei der Druck dieses Speichers bei Auslösung allmählich abnimmt
und
der wenigstens eine Sprühkopf von der Bauart ist, der bei einem hohen Betriebsdruck ein konzentriertes Nebelmuster und bei einem Betriebsdruck, der niedriger als der hohe Betriebsdruck ist, einen weiter ausgebreiteten nebelartigen Flüssigkeitssprühstrahl abgibt;
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. Juli 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, mit der Maßgabe, dass die Fix- und variablen Gemeinkosten, die ausnahmsweise den vorstehend zu Ziffer 1. bezeichneten Feuerlöschgeräten unmittelbar zuzuordnen sind, gesondert ausgewiesen werden,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, ob ein bestimmter Empfänger eines Angebots in der Rechnungslegung enthalten ist.
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 9. Juli 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
V.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000.000,00 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist seit dem 09.07.2002 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 589 xxx B2, das auf eine PCT-Anmeldung vom 18.06.1992 zurückgeht. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 11.09.1996. Die in einem Beschwerdeverfahren erfolgte Änderung des Patents wurde am 29.11.2000 veröffent-licht. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die deutsche Übersetzung des Patents – welches mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt wurde – unter der Registernummer 692 13 735 am 23.05.2001 veröffentlicht (Klagepatent, Anlage KB 1 b).
Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Anspruch 4 hat in der deutschen Übersetzung gemäß Anlage KB 1 b folgenden Wortlaut:
Die nachfolgend wiedergegebene Abbildung (Figur 2 des Klagepatents) veranschaulicht den Gegenstand der technischen Lehre des Klagepatents anhand eines besonderen Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Anlage:
Die Beklagte hat unter dem 25.6.2007 gegen den deutschen Teil des Klagepatents Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben.
Die Beklagte bietet an und vertreibt Wassernebelsysteme zur Brandbekämpfung, bei denen Wasser bei einem Druck von 80 bis 200 Bar vernebelt wird. Diese Feuerlöschsysteme werden je nach Bedarf mit verschiedenen Sprühköpfen ausgestattet, von denen beispielhaft vier verschiedene Ausführungen nachfolgend wiedergegeben werden (Anlage KA 7, Seite 6):
Der in der vorstehend wiedergegebenen Abbildung als zweites von links dargestellte Sprühkopf wird von der Beklagten – je nach dem, mit welchen Sprühdüsen dieser Sprühkopf ausgestattet ist – unter der Produktbezeichnung A bzw. B angeboten und vertrieben. Nachfolgend wird eine Abbildung eines solchen Sprühkopfes wiedergegeben:
Sprühköpfe dieser Art versandte die Beklagte nebst weiterem Installationsmaterial und Zubehör im Oktober 2005 aufgrund vorangehender Bestellung an die Firma C mit Sitz in Großbritannien.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die von der Beklagten angebotenen und vertriebenen Brandbekämpfungsanlagen mit den vorstehend näher bezeichneten Sprühköpfen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch machen. Insbesondere verursache die gewählte Anordnung der Sprühdüsen in Verbindung mit dem entsprechenden Druckspeichersystem zunächst bei hohem Druck eine Sogwirkung, die dafür verantwortlich sei, dass die einzelnen Sprühstrahlen miteinander verbunden würden und hierdurch ein konzentriertes Strömungsmuster entstehe. Wenn der Druck dann nachlasse, werde dieses Strömungsmuster aufgefächert. Sowohl der Internetauftritt der Beklagten, wie auch deren werbende Aussagen in dem als Anlage KA 7 zur Akte gereichten Prospekt stellten Angebotshandlungen für solche Feuerlöschgeräte dar, die die technische Lehre des Klagepatents verwirklichten. Sie habe die Beklagte auch in Verkehr gebracht, indem sie aus der Bundesrepublik Deutschland heraus eine Anlage der bezeichneten Art an die Firma C geliefert habe. Die Klägerin nimmt die Beklagte daher auf Unterlassung, Rechnungslegung und Auskunftserteilung sowie Schadenersatz in Anspruch.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hilfsweise beantragt sie,
das Verfahren auszusetzen, bis über die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen den deutschen Teil des Klagepatents rechtskräftig entschieden wurde.
Die Beklagte macht geltend, mit dem von ihr vertriebenen Feuerlöschgerät könne die technische Lehre des Klagepatents nicht verwirklicht werden. Entgegen der Anforderung des Klagepatents würden sich die einzelnen Sprühstrahlen der in den Sprühköpfen angeordneten Sprühdüsen bei hohem Druck allein aufgrund der Geometrie der Anordnung der Düsen miteinander verbinden. Des Weiteren stellten die von der Klägerin herangezogenen Handlungen kein Anbieten solcher Feuerlöschgeräte im Sinne des Klagepatents dar, da es hierfür bereits an den für solche Löschgeräte erforderlichen Branddetektionssystemen sowie der Antriebs- oder Speichereinheiten für die Feuerlöschflüssigkeit fehle. Die Lieferung an die Firma C stelle kein Inverkehrbringen in der Bundesrepublik Deutschland dar, da das zur Lieferung gehörende Flaschensystem –wie unstreitig ist– von der Herstellerfirma in Großbritannien direkt an die Abnehmerin in Großbritannien geliefert worden sei, ohne dass dieses Flaschensystem je bei der Beklagten gewesen sei. Zudem könne das Klagepatent keinen Rechtsbestand haben, da es ihm an der hierfür erforderlichen Neuheit fehle. Daneben sei der Fachmann vor dem Hintergrund des in der gegen das Klagepatent erhobenen Nichtigkeitsklage angeführten Standes der Technik ohne erfinderisches Zutun in der Lage gewesen, zu der Lösung des Klagepatents zu gelangen.
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten, insbesondere zum Rechtsbestand des Klagepatents, entgegen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist auch begründet. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadenersatzfeststellung zu, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 PatG, 140 b PatG, §§ 242, 259 BGB, § 256 ZPO.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Brandbekämpfung insbesondere in Maschinenräumen von Schiffen und ähnlichem. An dem vorbekannten Stand der Technik kritisiert das Klagepatent als nachteilig, dass weder Sprinkleranlagen – trotz Verwendung großer Wassermengen – noch Schaumlöschanlagen geeignet sind, Brände in Maschinenräumen wirksam zu bekämpfen. Vor dem im Klagepatent beschriebenen und gewürdigten Stand der Technik stellt sich dieses die Aufgabe, ein neues Verfahren und eine neue Ausrüstung zu schaffen, die geeignet sind, schwierig zu löschende Brände in Maschinenräumen von Schiffen oder ähnlichen wirksam zu löschen.
Hinsichtlich der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierenden Ausrüstung zur Brandbekämpfung sieht Anspruch 4 zur Lösung der Aufgabe die Kombination der folgenden Merkmale vor:
a) Die Ausrüstung weist wenigstens einen Sprühkopf (1; 13; 21, 22, 23; 43, 44, 45; 81) auf.
b) Die Ausrüstung weist wenigstens einen hydraulischen Speicher (2; 10; 26, 27; 41, 41a; 60) auf, um den Sprühkopf (1; 13; 21, 22, 23; 43, 44, 45; 81) über eine Auslassleitung (3; 11; 25; 42) mit Löschflüssigkeit zu versorgen.
c) Die Ausrüstung ist dadurch gekennzeichnet, dass der wenigstens eine hydraulische Speicher (2; 10; 26, 27; 41, 41a; 60) ein auf hohen Druck aufgeladener Hochdruckspeicher ist.
d) Die Ausrüstung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Druck dieses Speichers (2; 10; 26, 27; 41, 41a; 60) bei Auslösung allmählich abnimmt.
e) Die Ausrüstung ist dadurch gekennzeichnet, dass der wenigstens eine Sprühkopf (1; 13; 21, 22, 23; 43, 44, 45; 81) von der Bauart ist, der bei einem hohen Betriebsdruck ein konzentriertes Nebelmuster und bei einem Betriebsdruck, der niedriger als der hohe Betriebsdruck ist, einen weiter ausgebreiteten nebelartigen Flüssigkeitssprühstrahl abgibt.
Mit einer solchen erfindungsgemäßen Ausrüstung zur Brandbekämpfung ist es beispielsweise möglich, einen Brand in einem Maschinenraum eines Schiffes mit einer kleinen Wassermenge nieder zu halten, indem diese mit einem hohen Druck zu Beginn der Aktivierung versprüht wird. Wenn sich dann im weiteren Verlauf der Systemdruck der Löschanlage reduziert, wird nur noch ein ausgebreiteter nebelartiger Sprühnebel verteilt, der in der Lage ist, einen feuergefährlichen Gegenstand so weit abzukühlen, dass nicht mehr die Gefahr des Wiederaufloderns besteht.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch. Dies steht hinsichtlich der Merkmale a) – d) zwischen den Parteien zu Recht außer Streit.
Die von der Beklagten mit den Sprühköpen D und E vertriebenen Brandbekämpfungsanlagen sind entsprechend Merkmal e) auch dadurch gekennzeichnet, dass der verwendete Sprühkopf von der Bauart ist, der bei einem hohen Betriebsdruck ein konzentriertes Nebelmuster und bei einem Betriebsdruck, der niedriger als der hohe Betriebsdruck ist, einen weiter ausgebreiteten nebelartigen Flüssigkeitssprühstrahl abgibt. Die Klägerin hat zu der Frage der Bauart im Termin zur mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und von der Beklagten unwidersprochen geltend gemacht, dass das Klagepatent hiermit nicht eine bestimmte konstruktive Maßnahme für die Ausgestaltung der Sprühköpfe verlangt, sondern dass hiermit nur die allgemeine Bauart bezeichnet werde. Unter dieser allgemeinen Bauart sei z.B. die Anordnung der einzelnen Düsen sowie deren Öffnungsweite und die von ihnen abgegebenen Sprühwinkel gemeint. Diese spezielle Bauart der Sprühköpfe bewirkt, dass bei Zuführung eines Feuerlöschmittels mit hohem Druck eine Sogwirkung entsteht, die dazu führt, dass die einzelnen Sprühstrahlen jeder einzelnen Düse konzentriert zusammengefasst werden. Wenn sich der Druck im Laufe der Aktivierung der Feuerlöschanlage bei abnehmendem Flaschenfüllstand reduziert, bricht diese Sogwirkung bei Unterschreiten eines bestimmten Schwellenwertes zusammen, so dass dann der in Merkmal e) beschriebene Effekt auftritt, dass der Sprühkopf einen weiter ausgebreiteten nebelartigen Flüssigkeitssprühstrahl abgibt.
Dass dem bei der angegriffenen Ausführungsform so ist, hat die Klägerin anhand der im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgeführten Video-Dokumentation der von der Klägerin durchgeführten Versuche belegt. Anhand des dort gezeigten Versuchsablauf war deutlich zu erkennen, dass bei Auslösen des Sprühstrahles und Erreichen des hohen Druckes die Sprühstrahlen schlagartig zusammengefasst werden, während sich bei Erreichen eines Druckes von nur noch 17 Bar ein im Wesentlichen ausgebreiteter und nebelartiger Flüssigkeitssprühstrahl zeigte. Dass es sich bei der in der Video-Dokumentation gezeigten Anordnung um einen Sprühkopf handelte, der von der Klägerin aus der Lieferung an die Firma C entnommen wurde, ist von der Beklagten im Termin nicht mehr in Abrede gestellt worden. Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung konnte sich die Kammer auch durch eigene Wahrnehmung davon überzeugen, dass der bei einem Druck von 16 –17 Bar auftretende Strahl nicht lediglich aus Stickstoff bestand, der nur noch einen zu vernachlässigenden Bestand an Restfeuchte aus den Leitungen mit sich gerissen habe. Es ist gerichtsbekannt, dass das Gas Stickstoff selber bei Austreten aus Druckflaschen unsichtbar ist. Aufgrund dessen kann es sich bei dem die Sprühdüsen verlassenden Muster in der von der Klägerin im Termin vorgeführten Videodokumentation (Versuch 1) und der nachfolgend mit der Replik wiedergegebenen Abbildung, das die Verhältnisse bei einem niedrigen Betriebsdruckes von ca. 4 Bar zeigt (vgl. Bl. 44 d.A.), nicht um das Treibgas Stickstoff handeln.
Dass es sich hierbei nur um die in der Leitung befindliche Restfeuchtigkeit des verwendeten Feuerlöschmittels Wasser handeln soll, ist aufgrund der zu erkennenden Intensität und der dem Video zu entnehmenden Dauer des Austrittes dieses Sprühnebels nicht nachvollziehbar.
Die Klägerin hat dargelegt, dass der Sprühkopf des Typs D vergleichbare Ergebnisse wie der in dem Versuchsaufbau gezeigte Sprühkopf E aufweist. Dies ist von der Beklagten nicht erheblich in Abrede gestellt worden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass bei der Verwendung eines Sprühkopfes derselben Bauart, bei dem „nur“ andere Düseneinsätze verwendet wurden, die prinzipielle Wirkungsweise eine andere sein soll, d.h. dass die Sogwirkung bei hohem Druck nicht mehr auftritt und bei Unterschreiten eines bestimmten Schwellenwertes zusammenbricht, so dass der Sprühstrahl auffächert. Um den Vortrag der Klägerin erheblich zu bestreiten, hätte es der Beklagten oblegen, substantiiert dazu vorzutragen, aufgrund welcher Umstände welches exakte Sprühverhalten von dem Sprühkopf des Typs D an den Tag gelegt wird.
Die Beklagte hat ihrerseits zu dem Sprühkopf F im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Abbildung überreicht, die nachfolgend eingeblendet wird und die nach dem Vortrag der Beklagten das Strömungsmuster zeigt, welches dieser Sprühkopf bei Beaufschlagung mit einem Druck von 17 Bar hat, ohne dass auch Stickstoff mit ausströmt:
Auch dieser Abbildung ist jedoch zu entnehmen, dass das Nebelmuster wesentlich weiter aufgefächert ist als bei einem Betriebsdruck von ca. 160 Bar. Dies ist von der Beklagten auch zugestanden worden, indem sie im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte, dass eine Veränderung des Druckes selbstverständlich auch das Sprühmuster verändern würde. Das Klagepatent beschränkt sich in Anspruch 4 aber darauf zu verlangen, dass bei niedrigerem Druck ein weiter ausgebreiteter nebelartiger Flüssigkeitssprühstrahl abgegeben wird. Der Fachmann kann dem Klagepatent keine Angaben dazu entnehmen, in welchem Umfang diese Erweiterung auftreten soll. Wenn neben der Absenkung des Druckes und dem Wegfall der Sogwirkung auch noch das zusätzlich austretende Treibgas zu einer weiteren Verbreiterung führt, so ist das für die Frage der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents unschädlich.
Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es auch nicht darauf an, ob das konzentrierte Nebelmuster ein solches mit hoher Durchschlagskraft ist, denn das Erfordernis der hohen Durchschlagskraft hat keinen Eingang in den Wortlaut des Patentanspruchs 4 gefunden, so dass eine Beschränkung des Schutzbereiches auf nur solche konzentrierten Nebelmuster unzulässig ist, die gleichzeitig eine hohe Durchdringungskraft haben.
III.
1.
Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents mit der angegriffenen Ausführungsform rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin insoweit zur Unterlassung verpflichtet, Artikel 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Es besteht auch die für den Ausspruch der Unterlassungsverpflichtung erforderliche Besorgnis, dass es künftig zu Patentverletzungen kommen wird, denen mit dem Unterlassungsanspruch begegnet werden soll. Mit der Klage wurde begehrt, der Beklagten für die Zukunft patentverletzende Handlungen in Form von Angebot und Inverkehrbringen zu untersagen. Sind bereits Verletzungshandlungen für diese Handlungsalternativen vorgefallen, so ergibt sich aus ihnen ohne weiteres die Gefahr, dass in Zukunft weitere Rechtsverletzungen stattfinden werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die patentverletzenden Gegenstände sowohl angeboten wie auch in Verkehr gebracht.
a)
Beim Anbieten handelt es sich um eine eigenständige Benutzungshandlung im Sinne des Patentgesetzes. Verstanden wird hierunter jede im Inland begangene Angebotshandlung, die nach ihrem objektiven Erklärungswert das Erzeugnis der Nachfrage wahrnehmbar zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereitstellt (BGH, GRUR 2006, 927 – Kunststoffbügel). Es ist unerheblich, ob der Anbietende den Gegenstand selbst herstellt oder ob er ihn – zum Teil – von dritter Seite bezieht. Das „Angebot“ muss keine gemäß § 145 BGB rechtswirksame Vertragsofferte enthalten. Aus dem Angebot, also etwa einem Werbeprospekt mit einer Darstellung des Gegenstandes, müssen sich nicht einmal sämtliche Merkmale der geschützten Lehre ergeben, sofern deren Vorliegen aus sonstigen, objektiven Gesichtspunkten zuverlässig geschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 665 – Radschützer). Wenn das Angebot als solches im Inland geschieht, kommt es nicht darauf an, ob die spätere Lieferung im Inland oder im schutzrechtsfreien Ausland erfolgen soll (OLG München, InstGE 5 – 15, Messeangebot im Ausland II).
Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Feuerlöschsysteme im Sinne des Patentgesetzes angeboten hat. Sowohl die Internet-Auftritte gemäß Anlage KB 2 – KB 4 wie auch der Prospekt nach Anlage KB 6 stellen eindeutige Angebotshandlungen für Brandbekämpfungsanlagen dar, die über Sprühköpfe verfügen. Diese Sprühköpfe weisen mehrere Düsen auf, aus denen Feuerlöschmittel im Brandfall austreten. Den vorstehend unter II. angeführten Textstellen in dem Prospekt gemäß Anlage KB 6 kann der interessierte potentielle Abnehmer auch die Wirkungsweise der von der Beklagten angebotenen Feuerlöschsysteme entnehmen. Vorliegend tritt als weiteres hinzu, dass die Klägerin mit Anlage KB 7 Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich die Abwicklung eines Geschäftes der Beklagten mit der Firma C ergibt. Als zeitlich erstes Dokument hat sie eine „modifizierte Auftragsbestätigung“ vom 07.09.2005 eingereicht. Aus der gewählten Begrifflichkeit folgt bereits, dass es zuvor schon eine Auftragsbestätigung (nicht modifizierte) gegeben haben muss. Dies und die Lebenserfahrung sprechen dafür, dass diesem Kauf-/Werklieferungsvertrag Angebotshandlungen vorausgegangen sein müssen, denn solche Anlagen werden von den Abnehmern nicht auf „gut Glück“ bestellt. Dass der Angebotsempfänger im Ausland residiert, ist unerheblich, da das diesem Geschäft zugrunde liegende Angebot von der Beklagten jedenfalls aus der Bundesrepublik Deutschland heraus abgesandt wurde.
b)
Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform auch in Verkehr gebracht. Das Inverkehrbringen setzt das Verschaffen der Verfügungsgewalt über das Erzeugnis voraus. Ein mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteiltes europäisches Patent ist bereits dann verletzt, wenn die fragliche Handlung wenigstens teilweise im Inland vorgenommen wird und sie, soweit sie im Inland vorgenommen wird, den Tatbestand einer der dem Patentinhaber allein vorbehaltenen, in § 9 PatG genannten Benutzungshandlungen erfüllt. Beim Inverkehrbringen ist der Absendeort genauso wichtig wie der Zugangsort (Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Auflage, § 9 Rdnr. 10). Unstreitig ist der Verkauf der Anlage an die Firma C gemäß Anlage KB 7 erfolgt. Der Einwand, dass in dieser Lieferung keine Branddetektionssysteme enthalten waren, ist unbehelflich, denn das Klagepatent befasst sich mit solchen Brandmeldeeinrichtungen nicht. Die Beklagte selber weist zudem in ihrem Prospekt auf Seite 7 der Anlage KB 6 darauf hin, dass eine Anbindung an bestehende Brandmeldeanlagen erfolgen kann. Auch der weitere Einwand, die Flaschensysteme seien direkt vom Hersteller an die Kundin geliefert worden, ist unerheblich. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung zudem eingeräumt, dass es sich auch bei der Lieferung der Flaschensysteme um eine Lieferung der Beklagten gehandelt hat. Diese hat
lediglich den Vorteil ausgenutzt, dass die Herstellerfirma der von ihr, der Beklagten, vertriebenen Flaschen in Großbritannien sitzt und der Lieferweg dadurch abgekürzt werden konnte. Der Absender für die an die Firma C veräußerten Feuerlöschanlagen war ausweislich der mit dem Anlagenkonvolut KB 7 zur Akte gereichten Speditionsdokumente die Beklagte, so dass der Absendeort der streitgegenständlichen Anlage – mit Ausnahme der aus Großbritannien direkt angelieferten Flaschensysteme – die Bundesrepublik Deutschland war.
c)
Zutreffend geht die Klägerin auch gegen die Beklagte wegen unmittelbarer Patentverletzung vor, denn die Lieferung von Einzelteilen und einer entsprechenden Begleitdokumentation – wie sie von der Klägerin als Anlage KB 8 zur Akte gereicht wurde – stellt jedenfalls dann eine unmittelbare Benutzungshandlung dar, wenn der Erfindungsgedanke bis auf selbstverständliche und wirtschaftlich sinnvolle Ergänzungen verwirklicht ist. In der Begleitdokumentation wird dem Empfänger genauestens angegeben, wie die Installation der Feuerlöschanlage zu erfolgen hat. Er kann dieser Begleitdokumentation auch die für die Installation erforderlichen Abmessungen entnehmen. Um eine unmittelbare Verletzungshandlung feststellen zu können, muss es bei wertender Betrachtung als unerheblich erscheinen, ob der letzte für die erfinderische Leistung bedeutungslose Akt der Herstellung der Gesamtvorrichtung von Dritten vorgenommen wird ( vgl. LG Düsseldorf, GRUR-RR 2001, 201 – Cam-Carpet). Vorliegend hat die Beklagte alle für die Installation erforderlichen Teile geliefert. Dies hat auch – wie vorstehend bereits ausgeführt – für das Flaschensystem zu gelten, das zudem in der modifizierten Auftragsbestätigung, in der Rechnung und in der Begleitdokumentation der Beklagten gemäß Anlage KB 7 enthalten ist. Des weiteren waren alle Ingenieurleistungen mit der Begleitdokumentation erbracht, so dass die Abnehmerin nur noch – entsprechend den Vorgaben der Beklagten – einen weisungsgetreuen Zusammenbau der ihr gelieferten Gegenstände vornehmen musste. Eine solche nur noch handwerklich vorzunehmende Tätigkeit ist für die Frage der unmittelbaren Patentverletzung bei der gebotenen wertenden Betrachtung aber irrelevant.
2.
Die Beklagte hat infolge der patentverletzenden Handlungen der Klägerin außerdem dem Grunde nach Schadenersatz zu leisten, Artikel 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentbenutzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.
IV.
Zu einer nach § 148 ZPO möglichen Aussetzung der Verhandlung besteht keine hinreichende Veranlassung.
Im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Aussetzungsentscheidung kommt es nicht bloß auf die Erfolgsaussichten des Einspruchs bzw. der Nichtigkeitsklage an. Vielmehr ist auch ein zögerliches Verhalten des Verletzers bei der vom Verletzungsgericht zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. Derjenige der zögerlich handelt, verdient nämlich grundsätzlich nicht den „Schutz“ einer Aussetzung (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2000 – 2 U 25/98; LG Düsseldorf, InstGE Band 3, 54, 58 – Sportschuhsohle). Hiervon ausgehend kommt im Streitfall schon deshalb eine Aussetzung der Verhandlung nicht in Betracht, weil die von der Beklagten eingereichte Nichtigkeitsklage, welche der Klägerin bisher unstreitig noch gar nicht zugestellt worden ist, erst vom 25. Juni 2007 datiert und von der Beklagten bei Gericht auch erst mit der Duplik am 26.06.2007 vorgelegt wurde. Innerhalb der nur noch kurzen Frist vor dem Haupttermin am 10.07.2007 hatte die Klägerin keine Möglichkeit, angemessen und sachgerecht auf die Nichtigkeitsklage zu erwidern.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
VI.
Der Streitwert war, wie vorliegend gemäß § 51 GKG nach freiem Ermessen geschehen, auf 2.000.000,00 € festzusetzen. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse, das die Klägerin mit ihrem Antrag objektiv verfolgt. Ist Gegenstand des Rechtsstreits – wie hier – (auch) ein Unterlassungsanspruch, kommt es für dessen Bemessung darauf an, mit welchen Nachteilen die Klägerin bei einer Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens rechnen muss. Zu berücksichtigen sind insoweit die Verhältnisse bei der Klägerin, die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden geben, des weiteren Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität der Begehungs- und Wiederholungsgefahr. Die Restlaufzeit des Klagepatents betrug bei Klageeinreichung noch mehr als sechs Jahre. Unstreitig ist, dass die Klägerin im Jahre 2006 mit stationären Brandschutzanlagen einen Jahresumsatz von 54,5 Mio. € erzielt hat. Dies stellt bereits einen wirtschaftlich beträchtlichen Umsatz dar. Hinzu tritt, dass der Angriffsfaktor vorliegend nicht als gering zu bewerten ist, da die Beklagte die angegriffene Ausführungsform jedenfalls auch im Internet und somit für jedermann abrufbar bewirbt. Schließlich ist für die Festsetzung des Streitwertes zu berücksichtigen, dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um relativ hochpreisige Anlagen handelt; so hat die streitbefangene Lieferung an die Firma C bereits ein Auftragsvolumen von etwa 21.000,00 € gehabt.