4a O 545/05 – Seitenplanenspanner

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 669

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juni 2007, Az. 4a O 545/05

Rechtsmittelinstanz: 2 U 61/07

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 043 xxx (Klagepatent) sowie des Gebrauchsmusters DE 200 04 xxx (Klagegebrauchsmuster) auf Unterlassung in Anspruch. Soweit sich die Klage darüber hinaus zunächst auf Rechnungslegung und Schadensersatz gerichtet hat, ist der Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt verwiesen worden. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das unter Inanspruchnahme deutscher Prioritäten vom 09.04.1999 und 10.08.1999 am 15.03.2000 angemeldet wurde und dessen Erteilung am 12.05.2004 veröffentlicht wurde. Das Patent steht in Kraft. Aus der Patentanmeldung wurde das gleichlautende Klagegebrauchsmuster abgezweigt, das am 29.06.2000 eingetragen wurde. Das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster beziehen sich auf einen Seitenplanenspanner. Die folgenden Ausführungen zum Klagepatent gelten für das gleichlautende Klagegebrauchsmuster entsprechend.
Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, lautet wie folgt:
Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) bestehend aus einem als einarmigen Hebel ausgebildeten, um eine Schwenkachse (10) schwenkbar angelenkten Spannhebel (7, 26) und einem Haken (11, 28) zum Hintergreifen eines gegenüber der zu spannenden Plane (2) als Widerlager dienenden ortsfesten Elements (3) und mit Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane, dadurch gekennzeichnet, dass das Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) des Seitenplanenspanners (1) schwenkbar gegenüber einem Grundelement (15, 22) angelenkt ist und der Haken (11, 28) schwenkbar um eine von der Schwenkachse (10) des Spannhebels (7, 26) beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse (12) an dem Hebelarm des Spannhebels (7, 26) angelenkt ist und die Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegung auf die Plane mit dem Grundelement (15, 22) verbunden sind.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine schematisierte Seitenansicht eines Seitenplanenspanners. Figur 2 zeigt eine Unteransicht des Seitenplanenspanners. Figur 3 zeigt eine schematisierte Darstellung einer Plane mit einem im unteren Bereich angeordneten Seitenplanenspanner. Im Vergleich dazu zeigt die aus der Klagepatentschrift stammende Figur 4 eine schematisierte Darstellung einer Plane mit einem im unteren Bereich angeordneten Seitenplanenspanner, wie er aus dem Stand der Technik bekannt war.

Die Beklagte hat am 27.04.2007 beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent eingereicht, über die noch nicht entschieden ist.
Die Beklagte ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Genua, Italien. Sie produziert und vertreibt Zubehör für LKWs, insbesondere auch Seitenplanenspanner.
Die Klägerin behauptet, vom 07. bis 09.06.2005 sei an dem Messestand der D S.n.c. auf der TechTextil-Messe in Frankfurt am Main ein Seitenplanenspanner ausgestellt worden. Dieser Seitenplanenspanner habe folgende Gestalt gehabt:

Folgende Zeichnung gibt die technische Ausgestaltung wieder:

Die Parteien streiten darüber, ob die Seitenplanenspanner tatsächlich auf der Messe gezeigt wurden und ob dieser Messeauftritt der Beklagten zurechenbar ist. Die Klägerin mahnte zunächst mit Schreiben vom 23.06.2005 (Anlage rop 11) die D S.n.c. wegen des Messeauftritts ab. Die D S.n.c. erwiderte mit Fax vom 12.07.2005 (Anlage rop 10), dass sie auf der Messe ein anderes Unternehmen zu Gast gehabt habe, das die Seitenplanenspanner gezeigt habe. Herstellerin der Seitenplanenspanner sei die Beklagte. Darüber hinaus meldete sich auf die Abmahnung der Patentanwalt der Beklagten mit Schreiben vom 06.07.2005 (Anlage rop 12) und argumentierte, dass der von der Beklagten hergestellte Seitenplanenspanner das Klagepatent nicht verletze.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent. Die Präsentation der angegriffenen Ausführungsform auf der Messe TechTextil in Frankfurt a.M. sei mit Wissen und Wollen der Beklagten geschehen. Dies ergebe sich schon daraus, dass auf dem Messestand zusätzlich zu der angegriffenen Ausführungsform ein weiteres, unstreitig von der Beklagten stammendes Produkt, der Seitenplanenspanner GSG 2004, ausgestellt worden sei.

Nachdem die abgetrennten Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz an das Landgericht Frankfurt verwiesen worden sind, beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul bestehend aus einem als einarmigen Hebel ausgebildeten, um eine Schwenkachse schwenkbar angelenkten Spannhebel und einem Haken zum Hintergreifen eines gegenüber der zu spannenden Plane als Widerlager dienenden ortsfesten Elements und mit Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane,
anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen das Spannhebel-Haken-Modul des Seitenplanenspanners schwenkbar gegenüber einem Grundelement angelenkt ist und der Haken schwenkbar um eine von der Schwenkachse des Spannhebels beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels angelenkt ist und die Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane mit dem Grundelement verbunden sind.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Hilfsweise beantragt die Beklagte,
das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die seitens der Beklagten beim Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage hinsichtlich des Klagepatents auszusetzen.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Es bestehe keine Erstbegehungsgefahr. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass die angegriffene Ausführungsform auf der Messe TechTextil in Frankfurt a.M. ausgestellt worden sei. Selbst wenn dies der Fall sei, sei ihr der Messeauftritt der D S.n.c. nicht zuzurechnen. Ihre Verbindung zu der angegriffenen Ausführungsform sei folgende: Sie, die Beklagte, habe ihrer Vertriebspartnerin für Italien, der E s.r.l. , in der Vergangenheit einen Produktkatalog über ihr Produkt GSG 2004 übergeben. Hierbei handele es sich um einen anderen, hier nicht streitgegenständlichen Seitenplanenspanner. Die E habe im April 2004 Muster dieses Produkts an die D S.n.c. weitergegeben. Als die Klägerin daraufhin der Beklagten mitgeteilt habe, dass sie dieses Produkt als patentverletzend ansehen würde, sei sie, die Beklagte, dazu übergegangen, Muster und Produkte nur noch unter restriktiven Bedingungen an Dritte weiterzugeben. Die vorliegend streitgegenständlichen Seitenplanenspanner seien im Hause der Beklagten hergestellt worden. Allerdings habe es sich um einen bloßen Prototypen gehandelt, einen Zwischenschritt bei der Entwicklung eines neuen Seitenplanenspanners. Als im Mai 2005 Herr H von der E bei ihr, der Beklagten, gewesen sei, habe dieser darauf gedrängt, Muster dieser Ausführungsform mitnehmen zu dürfen. Daraufhin seien Herrn H fünf Muster der angegriffenen Ausführungsform übergeben worden, allerdings mit der Auflage, diese Muster nur ausgewählten Kunden in Italien zeigen zu dürfen, nicht aber an Dritte weiterzugeben, öffentlich zu zeigen oder aus Italien zu verbringen. Die fünf Prototypen hätten keine Kennzeichnung aufgewiesen, die auf die Beklagte hingewiesen hätte. Mit der D S.n.c. habe sie, die Beklagte, keinerlei Kontakt.
Im Übrigen verwirkliche die angegriffene Ausführungsform nicht die Merkmale 7 und 8 des Klagepatents. Gemäß Merkmal 7 müsse ein Spannhebel-Haken-Modul am Grundelement angelenkt sein. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien aber der Spannhebel und der Haken separat voneinander am Grundelement befestigt. Ein „Modul“ bestehend aus beiden Bauteilen sei nicht vorhanden. Die Schwenkbewegung von Spannhebel und Haken seien voneinander entkoppelt. Der Haken sei auch nicht im Sinne des Merkmals 8 am Hebelarm angelenkt. Vielmehr sei der Haken bei der angegriffenen Ausführungsform am Grundelement angelenkt. Dadurch werde auch die technische Wirkung dieses Merkmals nicht erreicht, nämlich das Ziel, den Haken in der Offen-Stellung in einen Abstand zu dem Rahmenprofil zu bringen. In Bezug auf den Aussetzungsantrag wird auf das Vorbringen der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 13.10.2006 (Bl. 100ff.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.
Die Klage ist zulässig. Die internationale und zugleich örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Die Klägerin hat schlüssig dargetan, dass eine unerlaubte Handlung der Beklagten im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts ernstlich und greifbar zu besorgen ist. Ebenso wie dies bereits für den Geltungsbereich der EuGVÜ anerkannt war (LG Düsseldorf, GRURInt 1999, 775 – Impfstoff II), kann – wie sich schon aus dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ergibt – im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch eine vorbeugende Unterlassungsklage erhoben werden.
Um diesen Gerichtsstand zu begründen, reicht es aus, wenn die Gefahr einer Schutzrechtsverletzung im Inland schlüssig dargetan wird (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. 2003, § 143 Rn. 14; BGH GRUR 2005, 431 – Hotel Maritime). Vorliegend behauptet die Klägerin, dass die Beklagte auf dem Messestand der D S.n.c. in Frankfurt patentverletzende Seitenplanenspanner ausgestellt habe. Bei der TechTextil-Messe in Frankfurt a.M. handelt es sich unstreitig um eine internationale Messe, die sich dementsprechend an ein überregionales Publikum – auch an ein Publikum aus Nordrhein-Westfalen – richtet. Wird der Vortrag der Klägerin im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung als wahr unterstellt, so ist demnach davon auszugehen, dass die Beklagte patentverletzende Produkte (unter anderem) nordrhein-westfälischen Abnehmern angeboten hat. Vor diesem Hintergrund ist die Besorgnis begründet, dass die Beklagte dieselben Seitenplanenspanner ihren Abnehmern auch unmittelbar in Nordrhein-Westfalen anbieten wird.

II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 9 Nr. 1 PatG nicht zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin hinreichend dargelegt und unter Beweis gestellt hat, dass zum einen die angegriffene Ausführungsform auf der Messe TechTextil in Frankfurt am Main tatsächlich ausgestellt worden ist, was die Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat, und dass zum anderen diese Ausstellung der Beklagten zurechenbar ist. Denn jedenfalls ist eine Verletzung des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters nicht gegeben. Das Merkmal 8 ist nicht erfüllt.

1.
Das Klagepatent schützt – ebenso wie das gleichlautende Klagegebrauchsmuster – im Patentanspruch 1 einen Seitenplanenspanner. Derartige Seitenplanenspanner werden etwa zum Spannen von Planen eines Nutzfahrzeugs eingesetzt. Um die Plane zu spannen, wird ein Haken an einem ortsfesten Teil des Nutzfahrzeugs eingehakt und mit einem Spannhebel die Plane bzw. ein an der Plane befestigter Gurt gespannt. Als Stand der Technik erwähnt die Klagepatentschrift die DE 44 15 042 (im Folgenden: DE ’042). Nachfolgend wiedergegeben ist eine Abbildung einer bevorzugten Ausführungsform nach der DE ’042:

Die Klagepatentschrift gibt die DE ’042 wie folgt wieder: Es werde ein Seitenplanenspanner beschrieben, der aus einem Unterteil 4 und einem Spannhebel 6 bestehe. Das Unterteil weise an seinem einen Ende einen Haken 11 auf. Der Spannhebel 6 sei über eine Drehwelle 5 schwenkbar an dem Unterteil 4 angelenkt. Der Gurt 2a, der an der Plane 2 befestigt sei, werde über einen Spannsteg durch den Spannhebel hindurch nach innen geführt und um die Drehwelle gelegt. Wenn der Gurt gespannt werden solle, werde der Spannhebel aus einer seitlich abstehenden Offen-Stellung in Richtung des nach links zeigenden Pfeils 17 nach unten gedrückt, bis er in einen Verriegelungsmechanismus 11, 18 einraste.

In der Klagepatentschrift wird an diesem Stand der Technik kritisiert, dass der Einsatz von Spanngurten die Gefahr von Manipulationen in sich berge, weshalb die für einen Einsatz des Seitenplanenspanners als Zollverschluss notwendige Sicherheit nicht gegeben sei (Spalte 1, Zeilen 54-58). Ein weiterer Nachteil der als textiles Material ausgebildeten Spanngurte bestehe darin, dass deren Handhabung bei kalten Temperaturen aufgrund der Materialsteifigkeit erschwert werde (Spalte 2, Zeilen 14-17).
Weiter könne es vorkommen, dass der Spannhebel in seiner geschlossenen Stellung nicht vollständig verriegelt sei. Dadurch könne die Plane bei Fahrtwind flattern und gegen den Spanngurt schlagen, was zu einem Aufspringen des Spannhebels führen könne (Spalte 1, Zeile 58 bis Spalte 2, Zeile 5).
Im Übrigen sei bei dem vorbekannten Seitenplanenspanner eine Anbringung nur mit zwei Händen möglich, da ein unkontrolliertes Aufspringen des Spannhebels verhindert werden müsse (Spalte 2, Zeilen 18-26). Bei der Öffnung des Seitenplanenspanner stelle sich weiter das Problem, dass der Haken in der geöffneten Stellung des Seitenplanenspanners in derselben vertikalen Ebene pendele wie das Rahmenprofil 3, an dem er in der Geschlossen-Stellung befestigt sei. Deshalb müsse beim Anheben der Plane besonders darauf geachtet werden, dass der Haken nicht wieder das Rahmenprofil hintergreife (Spalte 2, Zeilen 29-41).
Schließlich kritisiert das Klagepatent an dem Stand der Technik, dass sich die zu spannende Plane beim Spannvorgang in Falten legen könne, weil sich das Unterteil beim Spannvorgang unmittelbar auf der Außenseite der Plane von unten nach oben bewege (Spalte 2, Zeilen 42-55).

Das Klagepatent macht es sich vor diesem Hintergrund zur Aufgabe, einen gattungsgemäßen Seitenplanenspanner dergestalt weiterzubilden, dass nicht nur seine Handhabbarkeit zum Öffnen einer Seitenplane verbessert ist, sondern bei dem ein Spannen der Seitenplane auch ohne eine Faltenbildung möglich ist.

Dies soll durch den Patentanspruch 1 erreicht werden, der folgende Merkmale aufweist:
1. Seitenplannenspanner (1) mit einem Spannhebel-Haken-Modul (5, 21)
2. bestehend aus
a) einem Spannhebel (7, 26)
b) und einem Haken (11, 28)
3. Der Spannhebel (7, 26)
a) ist als einarmiger Hebel ausgebildet und
b) um eine von der Schwenkachse (10) schwenkbar angelenkt;
4. der Haken (11, 28), dient zum Hintergreifen eines ortsfesten Elements (3), das als Widerlager gegenüber der zu spannenden Plane (2) dient.
5. Der Seitenplannenspanner (1) umfasst Mittel zum Übertragen einer durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegung auf die Plane (2).
6. Die Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegung auf die Plane sind mit einem Grundelement (15, 22) verbunden.
7. Das Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) des Seitenplanenspanners (1) ist schwenkbar gegenüber dem Grundelement (15, 22) angelenkt.
8. Der Haken (11, 28) ist schwenkbar um eine Schwenkachse (12) an dem Hebelarm des Spannhebels (7, 26) angelenkt.
9. Die Schwenkachse (12) des Hakens (11, 28) ist
a) von der Schwenkachse (10) des Spannhebels (7, 26) beabstandet und
b) parallel zu der Schwenkachse (10) des Spannhebels (7, 26) ausgerichtet.

2.
Gemäß Merkmal 8 des Klagepatents muss der Haken schwenkbar um eine Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels angelenkt sein. Die Klägerin meint, es spiele nach dem Wortlaut des Merkmals keine Rolle, ob der Haken direkt oder über Zwischenglieder – wie vorliegend bei der angegriffenen Ausführungsform die Stelllaschen – an dem Spannhebel befestigt sei. Im Gegenteil, es komme dem Klagepatent offensichtlich gerade darauf an, dass der Haken nicht zusammen mit dem Spannhebel nach außen verschwenkt werde. Denn sonst könne er nicht in eine das Rahmenprofil hintergreifende Position gebracht werden.
Dieser Ansicht folgt die Kammer nicht. Zwar mag es der Wortlaut des Patentanspruchs bei philologischer Betrachtung nicht zwingend vorgeben, dass die Schwenkachse, um die der Haken schwenkbar sein soll, an dem Hebelarm angebracht sein muss. Dies ergibt sich allerdings für den Fachmann zwingend aus der in der Klagepatentschrift ausführlich beschriebenen Funktion dieses Merkmals. So heisst es im allgemeinen Teil der Beschreibung der Erfindung (Spalte 3, Zeilen 38-56, Unterstreichungen hinzugefügt):
„Bei dem beanspruchten Seitenplanenspanner wird als Spanneinrichtung das Zusammenwirken zwischen dem schwenkbar angelenkten Spannhebel und dem daran angelenkten Haken eingesetzt, so dass eine unmittelbare Anbindung des Grundelements an der Plane möglich ist. (…)
Durch die schwenkbare Anordnung des Hakens am Hebelarm des Spannhebels befindet sich der Haken bei geöffnetem Spannhebel mit Abstand von der Schwenkachse des Spannhebels zusätzlich vom Rahmenprofil beabstandet, so dass der Haken selbst von dem Rahmenprofil bei dem Öffnungsvorgang des Spannhebels wegbewegt wird.“
Weiter wird in der Spalte 4, Zeilen 4-12 ausgeführt:
„Bei einem Öffnen einer solchen Seitenplane ist es grundsätzlich nur erforderlich, die Seitenplanenspanner selbst zu öffnen; die Haken befinden sich – wie dargelegt – außerhalb der beispielsweise das Rahmenprofil hintergreifenden Stellung. Anschließend kann die Seitenplane nach oben gezogen oder seitlich verschoben werden, ohne dass zu befürchten wäre, dass die Haken der Seitenplanenspanner wieder in ihre Verriegelungspositionen einschwingen.“

Diesen aus dem allgemeinen Teil der Klagepatentschrift stammenden Textstellen entnimmt der Fachmann, dass durch die Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Vorrichtung ein wesentliches Ziel erreicht werden soll: Es soll sichergestellt werden, dass sich der Haken in der Offen-Stellung des Spannhebels in einem Abstand zum Rahmenprofil befindet, so dass verhindert wird, dass die Haken beim Entfernen der Seitenplane am Rahmenprofil hängen bleiben. Die Bedeutung dieses Ziels kommt in der Aufgabe des Klagepatents zum Ausdruck. Danach setzt sich das Klagepatent unter anderem zum Ziel, die Handhabbarkeit des Seitenplanenspanners zum Öffnen einer Seitenplane zu verbessern.
Der im Stand der Technik vorhandene Nachteil, wonach sich der Haken in der Offen-Stellung nach wie vor in derselben Ebene befindet, in der er das Rahmenprofil hintergreift, weshalb beim Aufrollen der Seitenplane darauf geachtet werden muss, dass die Haken aus der am Rahmenprofil anliegenden Stellung herausgeschwungen werden (Spalte 2, Zeilen 33-41), soll damit durch die erfindungsgemäße Vorrichtung beseitigt werden. Durch die Lösung gerade auch dieses Problems grenzt sich das Klagepatent vom Stand der Technik ab. Indem in der Aufgabe des Klagepatents gerade dieser Aspekt herausgegriffen wird, wird deutlich gemacht, dass von den zahlreichen Nachteilen des Standes der Technik, die das Klagepatent aufzählt, dieser Punkt als besonders verbesserungswürdig angesehen wird.
Besonders betont wird dieser Vorteil der erfindungsgemäßen Vorrichtung gegenüber dem Stand der Technik auch dadurch, dass das Klagepatent in den Figuren 3 und 4 die Offen-Stellung im Stand der Technik mit der Offen-Stellung nach dem Klagepatent gegenüber stellt. Dort ist ersichtlich, dass der Haken bei der erfindungsgemäßen Ausführung in der Offen-Stellung von dem Rahmenprofil weggeschwenkt ist. Diese Verschwenkung kommt durch die im Merkmal 8 genannte Anordnung zu Stande, bei der der Haken mit seiner Schwenkachse nicht unmittelbar am Rahmenprofil anliegt – wie im Stand der Technik – , sondern bei der dessen Schwenkachse am Hebelarm des Spannhebels angebracht ist.
Auch im Rahmen der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (Spalte 6, Zeilen 49-52) führt das Klagepatent aus, dass durch den Versatz der beiden Schwenkachsen zueinander der Haken im Unterschied zu seiner eingehängten Stellung von dem Rahmenprofil beabstandet sei. Zur Veranschaulichung verweist das Klagepatent auf die Figur 3. Daraus ergibt sich, dass der „Versatz der beiden Schwenkachsen“ dadurch erzielt werden soll, dass die Schwenkachse des Hakens an dem Spannhebel angebracht ist. Ein Ausführungsbeispiel schränkt zwar den Schutzbereich des Klagepatents nicht ein, allerdings bestätigt die vorgenannte Beschreibungsstelle das, was bereits im allgemeinen Teil mehrfach betont wurde: die Beabstandung des Hakens von dem Rahmenprofil in der Offen-Stellung wird dadurch erreicht, dass der Haken derart an dem Spannhebel angelenkt ist, dass er beim Öffnen des Spannhebels gemeinsam mit diesem nach außen verschwenkt wird.

Wenn die Klägerin schriftsätzlich darauf verweist, dass eine Beabstandung des Hakens vom Rahmenprofil nicht vorgesehen und sogar unerwünscht sei, weil dann der Haken das Rahmenprofil nicht hintergreifen könne, so kann dies nicht überzeugen. Vielmehr kann der Haken, der in der Offen-Stellung von dem Rahmenprofil beabstandet ist, durchaus in der Geschlossen-Stellung das Rahmenprofil hintergreifen. Beide Stellungen schließen sich nicht gegenseitig aus. Der Haken, der während der Offen-Stellung von dem Rahmenprofil beabstandet ist, wird in die das Rahmenprofil hintergreifende Stellung gebracht, indem er während des Schließvorgangs des Spannhebels näher an das Rahmenprofil herangeführt wird.

Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin keine Gesichtspunkte aufzuzeigen vermocht, die ein anderes Verständnis des Klagepatents nahe legen würden. Die Klägerin hat vorgetragen, es komme dem Klagepatent lediglich darauf an, dass in der Offen-Stellung überhaupt eine Beabstandung, nicht notwendig aber eine große Beabstandung des Hakens von dem Rahmenprofil gegeben sei. Diese Beabstandung werde aber bereits dadurch erzielt, dass das Grundelement unmittelbar an der Plane angebracht sei. Denn im Stand der Technik habe sich der Punkt, an dem die Plane mit dem Seitenplanenspanner verbunden sei, nämlich der den Gurt aufnehmende Spannsteg, in der Offen-Stellung sehr weit außerhalb der Pendelachse der Plane befunden. Dies habe dazu geführt, dass in der Offen-Stellung der Seitenplanenspanner seinen Schwerpunkt so finde, dass der Haken zwangsläufig in Richtung des Rahmenprofils schwenke. Dies werde durch die erfindungsgemäße Ausführung verhindert, indem die Verbindung zwischen Plane und Seitenplanenspanner unmittelbar an dem Rahmenprofil anliegend angebracht werde. Bereits dadurch, dass also der Haken in der Offen-Stellung nicht in Richtung des Rahmenprofils gedrückt werde, werde eine Beabstandung des Hakens von dem Rahmenprofil erreicht. Durch ein Anlenken des Haken direkt am Spannhebel– wie etwa im Ausführungsbeispiel -, könne allenfalls noch eine zusätzliche Beabstandung des Hakens von dem Widerlager erreicht werden. Insofern verweist die Klägerin auf Spalte 3, Zeilen 50-56 der Beschreibung, wo von einer solchen „zusätzlichen“ Beabstandung die Rede ist.
Diesen Ausführungen folgt die Kammer nicht. Selbst wenn durch die Anordnung des Grundelements unmittelbar an der Plane bzw. am Rahmenprofil verhindert werden mag, dass sich der Haken in der Offen-Stellung sogar noch in Richtung des Rahmenprofils getrieben wird, so sieht das Klagepatent gleichwohl zusätzlich vor, dass der Haken unmittelbar an dem Spannhebel angelenkt ist. Das zu Grunde liegende Problem wird also erfindungsgemäß nicht nur dadurch gelöst, dass ein Zurückpendeln des Hakens in die hintergreifende Stellung verhindert wird, sondern zusätzlich dadurch, dass der Haken sogar in eine von dem Rahmenprofil entfernte Stellung verbracht wird. Nur indem ein solcher, sicherer Abstand des Hakens vom Rahmenprofil herbeigeführt wird, wird ein störungsfreies Aufrollen der Plane ohne festhängende Haken ermöglicht. Diesem Ziel dient das Merkmal 8, das für den Fachmann bei Heranziehung der vorgenannten Stellen der Beschreibung die klare Vorgabe macht, dass der Haken mit seiner Schwenkachse unmittelbar an dem Spannhebel angebracht werden soll.

3.
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist Merkmal 8 nicht erfüllt. Der Haken ist mit seiner Schwenkachse nicht unmittelbar an dem Spannhebel angelenkt. Dadurch wird er auch nicht – wie es das Klagepatent erfordert – mit dem Spannhebel nach außen verschwenkt, sondern er verbleibt auch in der Offen-Stellung in der vertikalen Ebene des Grundelements. Eine Wegbewegung von dem Rahmenprofil findet nicht statt.

III.
Auch das gleichlautende Gebrauchsmuster ist aus den vorstehenden Gründen nicht verletzt.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Streitwert: 500.000,00 EUR.