Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Juni 2007, Az. 4a O 435/06
I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.092,18 Eur nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2006 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist für die Klägerin in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist die in Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengeschlossene Sozietät „A & B Patent- und Rechtsanwälte“, vertreten durch die im Rubrum genannten Gesellschafter. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ansprüche wegen Rechts- und Patentanwaltsgebühren gegenüber dem Beklagten vor dem nachfolgendem Hintergrund geltend.
Der Beklagte nahm in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf (34 O (Kart.) 41/06) eine Tochtergesellschaft der C Nutzfahrzeuge AG, der C Nutzfahrzeug Vertrieb GmbH Service Düsseldorf (nachfolgend C), unter Berufung auf die Vorschriften der §§ 33, 20 GWB, Art. 81 EGV sowie Art. 4 (2) VO (EG) Nr. 1400/2002 im Hinblick auf einen Belieferungsanspruch hinsichtlich des C Fahrzeug-Diagnose-Systems „C-CATS II“ in Anspruch. C verwies in dem genannten Rechtsstreit in der Klageerwiderung zur Begründung eines nicht vorhandenen Belieferungsanspruches auf geheimes „Know-How“ sowie auf ihre das Diagnosesystem betreffenden Patente, um die streitgegenständliche Zugangsverweigerung zu dem Diagnose-System unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 (2) 3. Unterabsatz der (EU) VO Nr. 1400/2002 zu rechtfertigen. Der Beklagte des hiesigen Rechtsstreits setzte sich in dem genannten Rechtsstreit mit den Schutzrechten nicht näher auseinander. Mit Urteil vom 25. Oktober 2006 wurde die Klage vom Landgericht Düsseldorf abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts der Entscheidung wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Ablichtung des Urteils verwiesen.
Unter dem 20. September 2006, mithin vor Verkündung des genannten Urteils, meldete sich der Beklagte telephonisch im Büro der Klägerin und kündigte das genannte Urteil des Landgerichts Düsseldorf an, mit der Bitte, die Berufungsaussichten in Ansehung dieses Urteils zu prüfen. Von diesem Telephongespräch fertigte die das Gespräch entgegen nehmende Rechtsanwältin Frau D eine Telephonnotiz an, welche nachfolgend wiedergegeben wird.
Am 22. September 2006 setzte sich Herr Patentanwalt Dr. B mit dem Bevollmächtigten des Beklagten im Ausgangsverfahren, Herrn Rechtsanwalt E aus W, telephonisch in Verbindung und bat um Übersendung von dessen Handakte sowie des Urteils des Landgerichts Düsseldorf. Die Kopie der Handakte ging bei der Klägerin am 19. Oktober 2006 ein. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf wurde der Klägerin mit Schreiben vom 3. November 2006 durch Herrn Rechtsanwalt E übersandt. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 bestätigte die Klägerin dem Beklagten den Eingang der Handakte der Bevollmächtigten des Ausgangsverfahrens. Am 9. November 2006 rief der Beklagte im Büro der Klägerin an, um sich nach dem weiteren Fortgang zu erkundigen. Herr Patentanwalt Dr. B rief am gleichen Tag zurück und teilte ihm mit, dass eine Bearbeitung Anfang der übernächsten Woche erfolgen würde und dann eine schriftliche Stellungnahme sowie ein Terminsvorschlag erfolgen solle. Gleichzeitig wurde der Beklagte gebeten eine Gegenüberstellung von „Vollversion“ und „eingeschränkter Version“ zu übermitteln.
Unter dem 21. November 2006 fertigten die beiden Gesellschafter der Klägerin ein achtzehnseitiges Gutachten, in welchem die Aussichten einer Berufung gegen das landgerichtliche Urteil vom 25. Oktober 2006 überprüft wurden. Dem Beklagten wurde das Gutachten mit der Kostennote der Nr. A00881 und Datum vom 1. Dezember 2006 zur Verfügung gestellt. Die Kostennote vom 1. Dezember 2006 ist nachfolgend auszugsweise wiedergegeben.
Eine Zahlung im Hinblick auf die Kostennote wurde von Seiten des Beklagten nicht geleistet. Vielmehr wandte er sich mit Telefax vom 5. Dezember 2006, zugegangen am 7. Dezember 2006, an die Klägerin und bat um eine Stornierung der Rechnung. Eine Beauftragung zu der im geleisteten Umfang erfolgten Ausführlichkeit der Berufungsaussichten sei nicht erfolgt. Es habe lediglich eine kurze Überprüfung der Sachlage erfolgen sollen. Vor diesem Hintergrund solle eine neue Rechnung erstellt werden. Auf den weiteren Inhalt des genannten Telefaxes wird Bezug genommen..
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass der Beklagte zur Zahlung der klageweise geltend gemachten Forderung verpflichtet sei. Er habe sowohl Frau A als Rechtsanwältin als auch Herrn Dr. B als Patentanwalt beauftragt, die Aussichten einer Berufung gutachterlich zu überprüfen. Bei seinem Anruf am 20. September 2006 habe er selbst darauf hingewiesen, dass sein bisheriger Bevollmächtigter Familienrechtler sei und er einsehe, dass für dieses Verfahren ein Fachmann, d.h. ein Patentanwalt, beauftragt werden müsse. Es sei auch eine Beauftragung zu einer schriftlichen Stellungnahme erfolgt. Entsprechend sei ein Vergütungsanspruch nach §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit Nr. 2201 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG bei einem Streitwert von 25.000,- Eur sowohl für die rechtsanwaltliche als auch patentanwaltliche Leistung gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen, wie geschehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er stellt eine Beauftragung des Patentanwalts Dr. B ebenso in Abrede wie die Erstellung einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme. Er wisse nicht, welche Erklärungen der erstinstanzliche Kollege fernmündlich am 22. September 2006 gegenüber der Klägerin abgegeben habe. Entsprechend wisse er nicht, ob Herr E erklärt habe, die Einschaltung eines Patentanwaltes sei erforderlich und die Erstellung eines schriftlichen Gutachtens sei in Auftrag gegeben worden. Selbst wenn dies der Fall gewesen sei, hätte dem Beklagten deutlich gemacht werden müssen, dass dann zwei Gebühren anfallen würden. Dies sei jedoch nicht geschehen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 2.092,18 EUR nebst Zinsen zu.
Der Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich aus dem Mandatsverhältnis, welches zwischen den Parteien bestanden hat und das als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstvertragscharakter zu bewerten ist (§§ 675, 611 BGB).
1.
Der Beklagte beauftragte die Klägerin telephonisch in einem Telephonat am 20. September 2006. Er kündigte ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf an für den 25. Oktober 2006, um dessen Überprüfung er im Hinblick auf etwaige Berufungsaussichten bat. Hierfür sollte auch ein Patentanwalt zu Rate gezogen werden, da – wie der im Tatbestand wiedergegebenen Telephonnotiz der Rechtsanwältin D vom gleichen Tag entnommen werden kann und deren Inhalt vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde – für die Beurteilung der technischen Details ein Fachmann notwendig sei. Am 19. Oktober 2006 ging die Handakte der den Ausgangsprozess am Landgericht Düsseldorf begleitenden Prozessbevollmächtigten E und Kollegen im Büro der Klägerin ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag bestätigte die Klägerin den Eingang der Handakte und wies darauf hin, dass eine Bearbeitung erst nach Eingang des Urteils sinnvoll sei. Mit Rückruf vom 9. November 2006 bestätigte die Klägerin durch Herrn Patentanwalt Dr. B, wie der Telephonnotiz vom gleichen Tag entnommen werden kann, dass eine Bearbeitung bis „Anfang der übernächsten Woche“ erfolgen werde und dann eine schriftliche Stellungnahme und ein Terminsvorschlag erfolgen solle.
Die Klägerin hat diese Beauftragung unter Angabe der sie begleitenden Umstände schlüssig dargelegt. Das Bestreiten des Beklagten ist unerheblich, da es einerseits unsubstantiiert und andererseits im Widerspruch zu den vom Kläger vorgelegten Anlagen und dem unstreitigen Geschehen steht.
Soweit der Beklagte eine Auftragserteilung zur Erstellung eines schriftlichen Gutachtens über die Erfolgsaussichten der Berufung in Abrede stellt mit der Begründung, es sollte lediglich ein kurzer „Dreizeiler“ erstellt werden, sind seine dahingehenden Ausführungen nicht zur Feststellung geeignet, dass eine Beauftragung zur Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens nicht erfolgte. Der Telephonnotiz des Herrn Patentanwalt Dr. B vom 9. November 2006, deren Richtigkeit von dem Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde, kann entnommen werden, dass eine schriftliche Stellungnahme erfolgen sollte. Eine solche schriftliche Stellungnahme stellt im Regelfall kein „Dreizeiler“ dar, sondern eine umfängliche Überprüfung der prozessualen und materiellrechtlichen Rechtslage.
Der Beklagte hat die Klägerin auch zur Mitwirkung eines Patentanwaltes beauftragt, wie der Telephonnotiz vom 20. September 2006 entnommen werden kann. Dort ist niedergelegt, dass der Beklagte gesagt habe, dass der bisherige Prozessbevollmächtigte, ein Familienrechtler, nicht ausreichend sei, vielmehr ein Fachmann, d.h. ein Patentanwalt mit dem Fall befasst werden müsste. Gleiches machte der bisherige Prozessbevollmächtigte E in einem Telephonat am 22. September 2006 deutlich, wenn er dort mitteilte – wie die Klägerin vorgetragen hat -, dass nach seiner Beurteilung nunmehr die Einschaltung eines Patentanwaltes erforderlich sei. Der Beklagte mag zwar in eigener Person keine Kenntnis vom Inhalt dieses Telefonates gehabt habt. Nach § 139 Abs. 3 ZPO kann er den Inhalt jedoch nicht zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten, da ihm insoweit ohne weiteres die Möglichkeit als auch die Verpflichtung oblag sich bei seinem früheren Anwalt über den Inhalt des Gespräches zu informieren. Insoweit gilt daher das Vorbringen der Klägerin als zugestanden.
Gegen eine Beauftragung eines patentanwaltlichen Vertreters spricht auch nicht der Umstand, dass auf die Entstehung einer „doppelten Gebühr“ nicht hingewiesen worden sei. Denn hierfür bestand von Seiten der Klägerin keine Notwendigkeit. Sie konnte im Hinblick auf den Umstand, dass der Beklagte selbst von der Notwendigkeit einer patentanwaltlichen Beratung ausging, davon ausgehen, dass dem Beklagten der Umstand entweder bekannt oder jedenfalls egal wäre. Im Übrigen hätte der Beklagten auch ohne weiteres bei seinem früheren Bevollmächtigten wie auch der Klägerin über die Höhe der Vergütung Nachfragen anstellen können.
2.
Die Erbringung der von der Klägerin geleisteten Tätigkeit sind im Sinne des § 612 Abs. 1 BGB nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Der Patentanwalt kann, in Ermangelung einer Honorarvereinbarung, wie ein Rechtsanwalt seine Vergütungsansprüche in entsprechender Anwendung des § 11 RVG abrechnen (vgl. Benkard/Rogge-Grabinski, Patentgesetz, 10. Aufl. § 143 PatG Rdnr. 19).
Danach hat die Klägerin entsprechend ihrer Kostennote vom 1. Dezember 2006 Anspruch auf zwei 1,3 Gebühren für die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels, hier der Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf nach §§ 2, 13 i.V.m. VV 2201 RVG nebst Telekommunikationspauschale und 16 % Umsatzsteuer bei einem Streitwert in Höhe von 25.000,- Eur, wie er vom Landgericht Düsseldorf in dem Ausgangsrechtsstreit festgesetzt wurde.
Insgesamt ergibt sich damit ein Vergütungsanspruch in Höhe von 2.092,18 Eur.
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus § 286 Abs. 1 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB. Der Verzug des Beklagten trat am 8. Dezember 2006 ein. In seinem Telefax vom 5. Dezember 2006, eingegangen bei der Klägerin am 7. Dezember 2006 21.41 Uhr, ist eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung zu sehen. Der Beklagte forderte in dieser Email die Klägerin auf, ihm eine neue, der Auftragserteilung entsprechende Rechnung zukommen zu lassen. Damit hat der Beklagte deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt ist, die ihm obliegende Leistung zu erbringen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 709, 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 2.092,18 Eur festgesetzt.