Landgericht München I
Urteil vom 12. April 2006, Az. 21 O 6292/02
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführer, es zu unterlassen
Skibindungen mit einem Träger und einer Verriegelungseinrichtung
herzustellen, herstellen zu lassen, feil zu halten und/oder in Verkehr zu bringen,
die folgenden Merkmale aufweisen:
1. Der Träger
a. verbindet zwei Bindungsbacken, nämlich einen Vorderbacken und einen
Hinterbacken, und
b. ist mit den beiden Bindungsbacken um eine Querachse im Bereich des
Vorderbackens verschwenkbar gelagert.
2. Die Verriegelungseinrichtung besteht aus einem Verriegelungshebel.
3. Der Verriegelungshebel
a. ist auf eine Grundplatte um eine Querachse schwenkverstellbar,
b. hat ein Riegelstück für ein Raststück des über den Hinterbacken hinaus
verlängerten Trägers und
c. bildet einen Stützhebel mit einer Auflage für das Raststück.
4. Die Auflage des Stützhebels ist in die Bewegungsbahn des entriegelten Raststückes des Trägers einschwenkbar.
5. Der Verriegelungshebel
a. weist zusätzlich zum Riegelstück zwei Auflagen für das Raststück in unterschiedlichen Abständen von seiner Lagerachse und zum Riegelstück
auf und
b. ist in den einzelnen unterschiedlichen Schwenkstellungen für die Ver-
und Entriegelung sowie die Abstützung des Raststückes über eine Federrast verrastbar.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, welcher dieser aus den Verletzungshandlungen gemäß Ziff. I seit 20.04.2002 entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziff. I für die Zeit ab 20.04.2002 Rechnung zu legen durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben
1. Die Herstellungsmengen und Herstellungszeiten;
2: die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt, nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer;
3. die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
4. die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
5. die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und der erzielte Gewinn.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des Europäischen Patents Nr. 072xxx, das die Priorität vom 06.02.1995 in Anspruch nimmt und dessen Erteilung am 20.03.2002 bekannt gemacht wurde.
Anspruch 1 dieses Klagepatents lautet:
„1. Schibindung mit einem zwei Bindungsbacken, nämlich einen Vorderbacken und einen Hinterbacken, verbindenden Träger (1), der mit den beiden Bindungsbacken um eine Querachse im Bereich des Vorderbackens verschwenkbar gelagert ist, und mit einer Verriegelungseinrichtung, die aus einem auf einer Grundplatte (2) um eine Querachse schwenkverstellbaren Verriegelungshebeln (3) mit einem Riegelstück (9) für ein Raststück (7) des über den Hinterbacken hinaus verlängerten Trägers (1) besteht, wobei der Verriegelungshebel (3) einen Stützhebel bildet, der eine in die Bewegungsbahn des entriegelten Raststückes (7) des Trägers (1) einschwenkbare Auflage (10) für das Raststück (7) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Verriegelungshebel (3) zusätzlich zum Riegelstück (9) zwei oder mehrere Auflagen (10) für das Raststück (7) in unterschiedlichen Abständen von seiner Lagerachse (5) und zum Riegelstück (9) aufweist und in den einzelnen unterschiedlichen Schwenkstellungen für die Ver- und Entriegelung sowie die Abstützung des Raststückes (7) über eine Federrast (13) verrastbar ist.“
Die Klägerin leitet daraus folgende Merkmale ab:
1 Skibindung mit einem Träger und einer Verriegelungseinrichtung
2 Der Träger
a. verbindet zwei Bindungsbacken, nämlich einen Vorderbacken und einen Hinterbacken und
ist mit den beiden Bindungsbacken um eine Querachse im Bereich des Vorderbackens verschwenkbar gelagert
3. Die Verriegelungseinrichtung besteht aus einem Verriegelungshebel.
4. Der Verriegelungshebel
a. ist auf einer Grundplatte um eine Querachse schwenkverstellbar
b. hat ein Riegelstück für ein Raststück des über den Hinterbacken hinaus verlängerten Trägers und
c. bildet einen Stützhebel mit einer Auflage für das Raststück.
5. Die Auflage des Stützhebels ist in die Bewegungsbahn des entriegelten Raststückes des Trägers einschwenkbar.
6. Der Verriegelungshebel
a. weist zusätzlich zum Riegelstück zwei Auflagen für das Raststück in unter
schiedlichen Abständen von seiner Lagerachse und zum Riegelstück auf und
b. ist in den einzelnen unterschiedlichen Schwenkstellungen für die Ver- und
Entriegelung sowie die Abstützung des Raststückes über eine Federrast verrastbar.
Die Beschreibungseinleitung bezieht sich auf eine bekannte gattungsgemäße Tourenbindung (Spalte 1, Gliederungspunkt 2), die entweder starr mit dem Ski zu verbinden oder im Fersenbereich vom Ski abhebbar zu halten ist, um sowohl den Anforderungen einer Abfahrt als auch eines Gehens zu entsprechen. Derartige bekannte Bindungen weisen auch Auflagen zur Steighilfe auf, wobei als Nachteile aus dem Stand der Technik eine durch eine Mehrzahl von Hebeln bedingte aufwendige Konstruktion als nachteilig geschildert wird.
Nach Spalte 2, Gliederungspunkt 0004 liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Bindung dadurch zu verbessern, dass bei einfacher Handhabung und konstruktiver Ausbildung die Möglichkeit geschaffen ist, mehrere Auflagen in unterschiedlicher Höhe für eine feinstufige Anpassung an unterschiedliche Geländesteigungen vorzusehen.
Bei der Lösung dieser Aufgabe durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 hebt die Beschreibung hervor (Spalte 2, Gliederungspunkt 0006), dass durch die Ausbildung des Verriegelungshebels als Stützhebel mit mehreren Auflagen und die Verrastung in den einzelnen Schwenkstellungen, die je eine Funktionsstellung für eine Auflage bestimmen, eine einfache Handhabung und Verstellung während des Steigens ermöglicht ist…
Es muss nur dafür gesorgt werden, dass das die Verriegelung des Trägers über das hintere Raststück bewirkende Riegelstück des Verriegelungshebels gegenüber der die Steighilfe ergebenden Auflage bezüglich der Lagerachse des Verriegelungshebels um einen Winkel versetzt ist, der in der Entriegelungsstellung ein freies Verschwenken des Raststückes zwischen dem Riegelstück und der Auflage erlaubt.
In Spalte 3, Gliederungspunkt 0008 ist ausgeführt, dass die konstruktive Ausgestaltung des Verriegelungshebels sehr unterschiedlich ausfallen kann und von der Form des trägerseitigen Raststückes abhängt.
Die Beklagte fertigt und vertreibt eine Tourenski-Bindung XY mit einem Träger und einer Verriegelungseinrichtung. Diese Bindung ermöglicht durch entsprechende Stellungen der Verriegelungseinsrichtung insgesamt drei Positionen des Bindungsträgers, von denen sich die unterste in der Abfahrtsstellung, die beiden oberen auf entsprechenden Abstützpositionen des nur für die Verriegelung benutzten Hebels befinden.
Der bindungsträger ist über den Hinterbacken hinaus verlängert und wird am Ende dieser Verlängerung durch den zur Verriegelung benutzten Hebel festgelegt (vgl. Anlage K 7).
Nach Entriegelung ist das Hinterende des Trägers, das zur Verriegelung benutzt wird, in der unteren Position (Abfahrtsposition) in einer unteren halbrunden Ausnehmung des Verriegelungshebels auflegbar; dieser weist sodann – zusätzlich zu dem zur Verriegelung benutzten in Bewegungsrichtung des Ski vordersten Teil – zwei Auflagen für das Hinterende des Trägers in unterschiedlichen Abständen von seiner Lagerachse auf. Der Hebel ist über Federrast verrastbar in die Bewegungsbahn des Trägers einschwenkbar und verrastet in den jeweils für eine Auflage des Trägers in den Lagerpositionen geeigneten Stellung.
Die Klägerin ist der Auffassung, sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents würden durch die Bindung der Beklagten erfüllt. Die Verriegelungseinrichtung weise einen Verriegelungshebel im Sinne des Klagepatents auf. Zur Betätigung der Ver- bzw. Entriegelung sei ein um eine geometrische Achse drehbarer Körper vorhanden, an dem der Benutzer mit seiner Kraft angreifen könne, um die gewünschte Ver- bzw. Entriegelung zu bewirken, dies sei ein Verriegelungshebel im Sinne des Klagepatents.
Dieser Hebel sei gleichzeitig auch ein Körper für die unterschiedlichen Stützstufen, an dem der Benutzer wiederum angreifen könne, um die gewünschte Stützstufe einzustellen. Dies sei nichts anderes als ein Stützhebel.
Der Verriegelungshebel bildet gleichzeitig den Stützhebel und entspreche daher den Merkmalen des Patents, mit dem sich dieses vom Stand der Technik abgrenze, bei dem mehrere Hebel für die jeweiligen Funktionen erforderlich seien.
Eine Drehachse sei ein geometrisches Zentrum. Wenn bei der angegriffenen Ausführungsform das untere Ende des Hebels, welches das Riegelstück bildet, tatsächlich in der geometrischen Drehachse selbst sei, würde es sich beim Drehen des Hebels nicht verschieben.
Es gebe folglich keine Möglichkeit, den Träger frei zu geben, weil sich das genannte Ende nicht von seinem Ort weg bewegen würde. Die Tatsache, dass bei der angegriffenen Ausführungsform durch Drehen des Stützhebels ein Ver- und Entriegeln möglich sei, beweise, dass sehr wohl ein Verriegelungshebel vorhanden sei.
Die angegriffene Vorrichtung besitze auch ein Riegelstück und ein Raststück. Gemäß der Patentschrift seien diese komplementären Teile funktionell bestimmt. Das Raststück sei fest mit dem Träger verbunden und das Riegelstück sei einteilig am Verriegelungshebel ausgebildet.
Beides sei auch mit separaten Stücken möglich. Die Idee, das Riegelstück einteilig am Hebel anzuformen, entspreche dem Ausführungsbeispiel; die Begriffe Träger und Raststück seien nur funktionell als Unterschied zum Ausdruck gebracht.
Die Auflagen als solche seien auch nach dem Klagepatent nicht schwenkbar, sondern Bestandteile des Trägers. Nach dem Anspruch des Klagepatents seien zwei oder mehr Auflagen am Hebel vorhanden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, wie im Tenor geschehen. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, das Klagepatent werde durch die angegriffene Ausführungsform nicht verletzt. Die Beklagte definiert den Begriff des Hebels als ein um eine Achse drehbaren Körper, an dem Kräfte angreifen können. Sie ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform weise zwar einen Stützhebel, nicht aber einen Verriegelungshebel auf. Das untere Ende des Stützhebels, das die Verrastung des Trägerendes auf der Platte in die Grundstellung bewirkt, liege nämlich quasi in der Drehachse selbst, die einen verhältnismäßig großen Durchmesser aufweise. Eine Hebelwirkung im Sinne des Drehmoments werde daher auch nicht ausgeübt, wenn der so fixierte Träger nach oben bewegt werde. Vielmehr könne derselbe Effekt dadurch erreicht werden, dass die Drehachse entsprechend ihrer Aufhängung auf der Innenseite durchgehend ausgebildet werde.
Die Beklagte führt weiter anhand einer Ausführungsform der Klägerin aus, ein Raststück sei bei der Beklagten nicht vorhanden; dieses verlange das Anspruchsmerkmal aber zusätzlich zum Träger. Der Träger der angegriffenen Ausführungsform bestehe vielmehr aus einem Rohr, das an seinem rückwärtigen Ende um 180 Grad, also halbkreisförmig, umgebogen ist.
Dieses rückwärtige Ende, das über den Hinterbacken hinaus steht, werde in der Grundstellung parallel zum Ski festgeklemmt und liege in den Stützstellungen in den halbrunden Ausnehmungen des Verriegelungshebels auf. Das Raststück gemäß Figur 1 bis 4 des Klagepatents sei ein vom Träger separates konstruktives Element der Vorrichtung. Dies sei auch bei der Ausführungsform der Klägerin so, bei dem dieses aus Plastik und am hinteren Ende des aus Metall gefertigten Trägers aufgeschraubt sei.
Auch die Tatsache, dass der Anspruch zwei verschiedene Begriffe, nämlich Träger und Raststück verwendet, zeige, dass hier nicht ein und dasselbe gemeint sein könne. Man täte der deutschen Sprache auch Gewalt an, würde man das rückwärtige Trägerende als Raststück bezeichnen.
Auch ein Riegelstück sei nicht vorhanden, da der Hebel der angegriffenen Ausführungsform keine räumlich und körperlich erkennbar eigenständige Komponente aufweise, wie es nach Figuren 2 bis 4 des Klagepatents erforderlich sei. Dasselbe gelte für das Riegelstück, das anders als der Verriegelungshebel bei der Ausführungsform der Klägerin nicht aus Kunststoff, sondern aus Metall gefertigt ist.
Die Auflagen des Trägers seien auch nicht als solche in die Bewegungsbahn des Trägers einschwenkbar; dies sei ein Reflex, wenn der Träger selbst eingeschwenkt werde.
Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, aus einer Gesamtschau des Patentanspruchs ergebe sich, dass insgesamt mindestens 3 Auflagen vorliegen müssten. Dies ergebe sich zum einen schon daraus, dass der Stützhebel eine Auflage für das Raststück bilde, wozu die zwei oder mehren Auflagen des Verriegelungshebels zusätzlich kommen müssten.
Weiter ist die Beklagte der Auffassung, das Klagepatent sei nicht schutzfähig. Sie hat hierzu gegenüber dem Erteilungsverfahren neuen Stand der Technik, insbesondere mit der Schweizerischen Patentschrift CH 516319 vorgelegt und weiter ein vom Erfinder dieses Schutzrechts gefertigtes Modell, aus dem sie entnimmt, dass ein schwenkbarer Verriegelungshebel mehrere Auflagen des Trägers ermöglicht.
Die Kammer hat im Hinblick hierauf mit Beschluss vom 22.01.2003 das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von der Beklagten beim Europäischen Patentamt gegen das Klagepatent eingelegten Einspruch ausgesetzt (Blatt 72 bis 85 d. A.).
Auf den Beschluss wird ebenso Bezug genommen wie auf die Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamts vom 25.03.2004 (Anlage K 9) und die Entscheidung der technischen Beschwerdekammer vom 08.06.2005 (Anlage K 10), mit denen das Patent jeweils aufrechterhalten worden ist.
Die Beklagte beantragt weiterhin, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die von ihr nunmehr beim Bundespatentgericht erhobene Nichtigkeitsklage (Anlage B 22) auszusetzen.
Die Klägerin ist der Auffassung, das Schutzrecht sei bestandskräftig und beantragt unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Europäischen Patentamts sowie auf den Antrag,
die Nichtigkeitsklage abzuweisen (Anlage K 11) den weiteren Aussetzungsantrag zurück zuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30.10.2002 und 03.03.2006 (Blatt 60/61 und 117/118 d. A.; den Aussetzungsbeschluss der Kammer (vgl. oben) und die genannten Entscheidungen des Europäischen Patentsamts sowie die Schriftstücke zur Nichtigkeitsklage und weiter auf die Entgegenhaltungen gemäß Anlage B 1, 3) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet; eine weitere Aussetzung des Rechtsstreits war angesichts der Feststellungen des Europäischen Patentamts nicht veranlasst.
1. Die Kammer legt übereinstimmend mit den Diskussionen der Parteien die für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens genügende Merkmalsanalyse der Beklagten in Anlage B 2 zugrunde, die die Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents wie folgt aufschlüsselt:
1. Skibindung mit einem Träger und einer Verriegelungseinrichtung
2. Der Träger
a. verbindet zwei Bindungsbacken, nämlich einen Vorderbacken und einen
Hinterbacken und
b. ist mit den beiden Bindungsbacken um eine Querachse im Bereich des
Vorderbackens verschwenkbar gelagert.
3. Die Verriegelungseinrichtung besteht aus einem Verriegelungshebel
4. Der Verriegelungshebel
a. ist auf einer Grundplatte um eine Querachse schwenkverstellbar,
b. hat ein Riegelstück für ein Raststück des über den Hinterbacken hinaus verlängerten Trägers und
c. bildet einen Stützhebel mit einer Auflage für das Raststück
5. Die Auflage des Stützhebels ist in die Bewegungsbahn des entriegelten Raststückes des Trägers einschwenkbar.
6. Der Verriegelungshebel
a. weist zusätzlich zum Riegelstück zwei oder mehrere Auflagen für das
Raststück in unterschiedlichen Abständen von seiner Lagerachse und
zum Riegelstück auf und
b. ist in den einzelnen unterschiedlichen Schwenkstellungen für die Ver-
und Entriegelung sowie die Abstützung des Raststückes über eine Federrast verrastbar.
2. Diese Merkmale werden entgegen der Auffassung der Beklagten von deren Ausführungsform identisch verwirklicht. Dies gilt auch für die besonders von der Beklagten abgehandelten Merkmale 3, 4 b, 5 und 6 a.
a. Wie nicht nur die zitierten Teile der Beschreibung des Klagepatents deutlich zeigen, ist der Verriegelungshebel funktionell zu verstehen; der Klägerin ist in ihrer Argumentation dahin zu folgen, dass gerade die Zusammenfügung von Stütz- und Verriegelungshebel das Merkmal ist, mit dem sich das Klagepatent vom Stand der Technik abgrenzt. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Einstückigkeit letztlich in der Entgegenhaltung gemäß Anlage B 1, also der Schweizerischen Patentschrift 516319 sich als vorbekannt erwies, da bei der
Verletzungsprüfung das Klagepatent, wie es erteilt ist, zugrunde zu legen war.
Das Klagepatent schreibt nach Auffassung der Kammer keine spezielle Funktionsweise oder körperliche Ausgestaltung der für die Verriegelung benutzten Konstruktionselemente der Bindung vor mit Ausnahme der Tatsache, dass die Verriegelung durch einen Hebel erfolgt und die Verriegelung des Trägers am gleichen Punkt erfolgt, an dem die Auflage in verschiedenen Ebenen bewirkt wird, nämlich am sog. Raststück. Gerade die Ausführungen in Spalte 3, Gliederungspunkt 0008 – Zeile 33 bis 55 -zeigen, dass die konstruktive Ausgestaltung ansonsten frei ist. Insbesondere ist die Kammer der Auffassung, dass die Drehachse eines Hebels nicht mit beliebiger Dicke zu wählen, sondern geometrisch als ideales Konstruktionselement zu sehen ist. Bereits bei geringem Abstand von dieser idealen Drehachse treten nämlich die im Klagepatent erwähnten Hebelkräfte auf.
Auch das Merkmal 4 b ist gegeben: Auch insoweit ist das Klagepatent funktionell zu verstehen; auch die Beklagte stellt dabei nicht in Abrede, dass bei ihr eine Verriegelung durch ein Teil des später als Stützhebel benutzten einzigen Hebels, der sich im Bereich hinter dem Träger befindet, erfolgt.
Das weitere Untermerkmal (korrekterweise wäre Merkmal 4 b bei der Merkmalsanalyse in zwei Merkmale aufzuteilen) des Raststücks ist ebenfalls funktionell zu sehen; die Tatsache, dass bei der Ausführungsform der Klägerin dieses Raststück aus einem zusätzlichen Kunststoffteil besteht, wie es auch die Zeichnungen des Klagepatents nahe legen, ändert hieran nichts; das Klagepatent ist hier in der Anspruchsformulierung wie in der Beschreibung der Erfindung außerhalb der Beschreibung von Ausführungsbeispielen in keiner Weise so formuliert, dass eine Beschränkung angenommen werden könnte. Dem Fachmann ist es aber geläufig, gerade dann, wenn er seine Aufmerksamkeit auf eine einfache Konstruktion richtet, die ausdrücklich als Vorteil des Klagepatents beschrieben wird, Bauelemente, die mehrere Funktionen aufweisen einstückig auszugestalten.
d. Dies zeigt im Übrigen auch die genaue Betrachtung der Argumentation der
Beklagten beim Merkmal 5. Nach dem Klagepatent hat das hinterste Stück
des Trägers, das sich hinter dem Hinterbacken befindet, zwei Funktionen,
nämlich als zur Verrastung dienendes Raststück und als Gegenstück zur Auflage, um die verschiedenen Positionen in der Steighaltung zu ermöglichen.
Dies ist, wie ausgeführt, die einzige konkrete konstruktive Anweisung des Patents und das Merkmal ist auch so bei der angegriffenen Ausführungsform
verwirklicht:
Es dient nämlich genau der Teil des Trägers, mit dem dieser in der Abfahrtsstellung verriegelt wird, zur Auflage in der Steigstellung.
e. Die Kammer sieht sich auch nicht in der Lage, die Auffassung der Beklagten
nach zu vollziehen, wonach nach dem Klagepatent mehr als zwei Auflagen
am Verriegelungshebel erforderlich seien. Die Zeichnung des Klagepatents
weist exakt die selben Möglichkeiten auf, wie sie die angegriffene Ausführungsform bietet, nämlich eine untere Auflage am Ski in der Abfahrtsposition,
aber ohne Verriegelung, sowie zwei Auflagen am Stützhebel, also insgesamt
3, wobei das Klagepatent die Zahl der Auflagen nach oben nicht beschränkt.
3. Der Rechtsstreit war nicht mehr weiter auszusetzen, da die Kammer nicht mehr von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der Nichtigkeitsklage ausgehen kann.
1. Bereits im Aussetzungsbeschluss ist die Kammer nicht von einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme ausgegangen; die Kammer hat nur die Erfindungshöhe angezweifelt, nachdem sie davon ausgegangen ist (Seite 13 des Aussetzungsbeschlusses = Blatt 84 d. A.), dass aus der Schweizer Patentschrift gemäß Anlage B 1 eine Auflage am Verriegelungsstück zu entnehmen sei.
Gerade zu diesem Punkt enthält die Entscheidung der technischen Beschwerdekammer auf Seite 10 bis 14 bedenkenswerte Ausführungen, auch im Hinblick auf das vorgelegte Modell des Erfinders der Schweizerischen Patentschrift. Die Kammer ist der Auffassung, dass diese Einschätzung der fachkundigen technischen Beschwerdekammer bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Vernichtung des Klagepatents zu berücksichtigen ist. Die technische Beschwerdekammer hat ausgeführt, der Fachmann entnehme dem Modell gemäß Anlage B 5 nicht, dass eine zweite Auflage auf dem U-förmigen Bauteil des Modells gemäß B 13 möglich sei. Auch im Weiteren hat das Europäische Patentamt den Stand der Technik im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit vollständig und sorgfältig abgehandelt. Danach ist die Kammer der Auffassung, dass zwar weiterhin Zweifel an der Schutzfähigkeit des Klagepatents bestehen mögen; die Voraussetzungen für eine weitere Aussetzung, an die nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen zu stellen sind, sind aber nicht mehr gegeben.
Die Beklagte war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO zu verurteilen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.