4a O 482/05 – Thermische Behandlung von Insektenstichen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 533

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. März 2006, Az. 4a O 482/05

Die Klage wird hinsichtlich der Anträge zu 3. bis 6. aus der Klageschrift abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 231 xxx B1, betreffend eine Einrichtung zur lokalen thermischen Behandlung von Insektenstichen und -bissen (nachfolgend: Streitpatent). Eingetragene Erfinder dieses – auch Stichheiler genannten – medizinischen Geräts sind die Herren Rainer K, Prof. Dr. Dietmar E und Hansgeorg S. Die europäische Patentanmeldung, die zur Erteilung des Streitpatents führte, ging aus einer PCT-Anmeldung hervor, die die deutsche Patentanmeldung DE 199 54 xxx A1 vom 11.11.1999 weiterführte.
Die europäische Patentanmeldung wurde am 21.08.2002 veröffentlicht. Die Klägerin erwarb diese kraft Vertrags vom 08.04.2004 von den damaligen Inhabern, bewirkte die Umschreibung auf sich und ließ das Streitpatent in den im ursprünglichen Antrag zu 1. genannten Staaten in Kraft setzen. Der Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents wurde am 15.09.2004 veröffentlicht. Die Klägerin bietet unter der Bezeichnung „bite away„ ein Produkt an, das von dem Streitpatent Gebrauch macht.
Anspruch 1 des Streitpatents lautet in der deutschen Verfahrenssprache wie folgt:
Einrichtung zur lokalen thermischen Behandlung von Insektenstichen und -bissen, die mittels Wärmeeintrag auf die Einstichstelle einwirkt, wobei
a) die Einrichtung ein Heizelement (1) umfasst, das als elektrische Heizplatte (2) ausgeführt ist, die durch eine Spannungsquelle (3) gespeist wird,
b) die Heizplatte (2) in einer Aufheizphase auf eine maximale Temperatur aus einem Bereich von 50 bis 65°C, vorzugsweise 55 bis 60°C, erhitzbar ist und die maximale Temperatur in einer Heizphase für einen Zeitraum von 2 bis 12 s, vorzugsweise 3 bis 6 s, aufrechterhalten werden kann,
c) mit dem Heizelement (1) ein Temperatursensor (4) und eine Steuereinrichtung verbunden sind, wobei das vom Temperatursensor (4) erzeugte elektrische Signal der Steuereinrichtung (5) zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass mit der Steuereinrichtung das Aufheizen der Heizplatte (2) auf die maximale Temperatur und die Dauer der Aufrechterhaltung der maximalen Temperatur gesteuert wird.

Die Produktion und Vermarktung dieser und einer zweiten (nicht zur Patenterteilung gelangten) Variante des Stichheilers war in der Phase ihrer Entwicklung im Auftrag der Patentanmelder durch die XYZ mbH Gesellschaft für angewandte Technik betrieben worden. Die XYZ mbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) fiel im Jahre 2002 in Insolvenz. In ihrem Vermögen befanden sich zu diesem Zeitpunkt auch verkaufsfertige Stichheiler und diverse Einzelteile, deren Umfang aus dem als Anlage K3 zu den Akten gereichten „Vermögensverzeichnis mit Summen„ vom 24.06.2002 hervorgeht.
Die Beklagte erwarb kraft Kaufvertrags vom 09.04.2003 aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin eine zwischen den Parteien im einzelnen umstrittene Menge von Stichheilern, die die Merkmale des Hauptanspruchs 1 des Streitpatentes unstreitig wortsinngemäß verwirklichen, sowie Komponenten für die Montage solcher Stichheiler. Die als Anlage K4 vorgelegte „Anlage zum Kaufvertrag vom 09.04.2003„ weist unter der Überschrift „MosDef-Mausteile„ („MosDef„ ist die Vertriebsbezeichnung der Stichheiler) 1.049 Stück „Maus verpackt„ und 289 Stück „Maus (ohne Verpackung)„ sowie diverse Komponenten und Einzelteile auf. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlage K4 verwiesen. In einer „Übersicht über verkaufte Stichheiler„ (Anlage K5) ist neben Angaben zu anderen Abnehmern für die Beklagte unter dem Datum 09.04.2003 eine Menge von 1.338 Stück aufgeführt.
Bei dem Erwerb der Streitpatentanmeldung verpflichtete sich die damals noch in Gründung befindliche Klägerin unter dem 08.04.2004 in einem „Zusatz zum Patentkauf- und Übertragungsvertrag„ (Anlage K6) gegenüber den Inhabern des Streitpatentes, keinerlei Schritte gegen das Recht der Beklagten zur Vermarktung der aus der Insolvenzmasse der XYZ mbH stammenden Stichheiler „MosDef„ zu unternehmen.
Mit patentanwaltlichem Schreiben vom 01.06.2004 (Anlage K7) machte die Klägerin die Beklagte auf die bevorstehende Patenterteilung aufmerksam und bat sie um Mitteilung, wie viele Stichheiler aus der Insolvenzmasse noch zum Verkauf stünden. Diese Auskunftsbitte wies die Beklagte unter dem 11.06.2004 mit Hinweis auf die noch ausstehende Patenterteilung zurück (Anlage K8).
Nach Erteilung des Streitpatentes ließ die Beklagte mit Schreiben vom 21.09.2004 (Anlage K9) mitteilen, dass sie eine Gesamtmenge von 44.910 Stichheilern übernommen habe, von denen 9.500 Stück vermarktet seien. Mit Schreiben vom 27.10.2004 (Anlage B3) zweifelte sie die Maßgeblichkeit des Vermögensverzeichnisses vom 24.06.2002 (Anlage K3) im Hinblick auf zwischenzeitliche Bestandsveränderungen bis zum Abschluss des Kaufvertrags am 09.04.2003 an. Nachdem die Beklagte unter dem 10.11.2004 (Anlage K10) patentanwaltlich zugesagt hatte, sich um die Aufklärung der beanstandeten Differenzen zu bemühen, antwortete sie mit Schreiben vom 18.11.2004 (Anlage B4) und verwies darauf, dass der Kaufvertrag nur die „werthaltigen Lagerpositionen„ aufführe, sie mit dem insgesamt übernommenen Inventar hingegen auch eine Vielzahl von im Kaufvertrag nebst Anlagen nicht aufgeführten Bauteilen für Stichheiler aus der Insolvenzmasse erworben habe. Welche Anzahl von Stichheilern sich daraus herstellen lasse, könne vorerst, wie im Schreiben vom 21.09.2004 geschehen, nur geschätzt werden. Mit Schreiben vom 30.11.2004 (Anlage B5) teilte die Beklagte mit, bis zum damaligen Zeitpunkt lediglich aus der Insolvenzmasse erworbene Stichheiler veräußert zu haben.
Da zwischenzeitlich MosDef-Stichheiler unter Angabe der Beklagten als Hersteller durch verschiedene Händler angeboten wurden, wobei die Stichheiler zum Teil auch als „patentiertes HighTech Medizinprodukt„ bzw. „patentiertes high tech Medizingerät„ beworben wurden (so gemäß Anlagen K13 bis K15), ging die Klägerin zunächst außergerichtlich gegen diese Händler vor. Die PARALYSIERT Großhandelsgesellschaft mbH (Hamburg) gab unter dem 08.07.2005 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, mit der sie sich verpflichtete, die Stichheiler in Werbeschriften nicht mehr als patentiertes Medizingerät zu bewerben (Anlage B10). Die Aussage der Händler, es handele sich um ein „patentiertes HighTech Medizinprodukt„ (bzw. -gerät), geht auf eine dahingehende Werbeaussage in einem Flyer der Beklagten zurück, den diese ihren Vertriebspartnern auf Wunsch überlässt. Die bereits zum damaligen Zeitpunkt patentanwaltlich vertretenen Parteien korrespondierten im Juli und August 2005 über die Berechtigung der Beklagten, die oben geschilderten Werbeaussagen zu tätigen. Insoweit wird auf die als Anlagen B10 sowie K16 bis K19 zu den Akten gereichten wechselseitigen Schreiben verwiesen.
Unter dem 15.07.2005 beantragte die Beklagte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Klägerin, mit der es dieser durch Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 19.08.2005 (Anlage B2) untersagt wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Vertriebspartner oder Abnehmer der Beklagten im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Stichheilers „MosDef„ im Hinblick auf das europäische Patent EP 1 231 xxx B1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent zu verwarnen und aufzufordern, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Stichheilers „MosDef„ im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Werbeschriften, darauf zu verweisen, dass es sich um ein patentiertes Medizingerät handelt, sofern es sich dabei um das europäische Patent EP 1 231 xxx B1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent handelt. Auf den Widerspruch der Klägerin hielt das Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 14.10.2005 (vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 01.12.2005) aufrecht. Das Verfügungsverfahren ist in der Berufungsinstanz anhängig.
Die Klägerin behauptet, bei der in Anlage K4 mit 17.632 Stück genannten Position „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ handele es sich nur um Oberteile mit Lichtemitterdioden, Schalter und drei Anschlussleitern. Die Steuerungselektronik sei bei diesen Komponenten nicht enthalten gewesen.
Mit der vorliegenden, zunächst bei dem Landgericht Braunschweig eingereichten Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Auskunft über die Stückzahl der aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin erworbenen und von dem Streitpatent Gebrauch machenden sowie der zwischenzeitlich vermarkteten Stichheiler sowie auf Unterlassung der in den nachfolgenden Anträgen genannten Vermarktungshandlungen in Anspruch.
Im frühen ersten Termin vom 06.12.2005 vor der Kammer hat die Beklagte das Anerkenntnis bezüglich der Auskunftsansprüche zu 1. und 2. der Klageschrift erklärt. Am 06.12.2005 ist insoweit Teil-Anerkenntnisurteil (Bl. 40ff. GA) ergangen. Die Parteien stellen in Bezug auf den anerkannten Teil wechselseitige Kostenanträge.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb eines Medizingerätes zur Behandlung von Insektenstichen in geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Werbeschriften, darauf zu verweisen, dass die Beklagte Hersteller des Medizingerätes ist, sofern dabei das europäische Patent EP 1 231 xxx A1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent benutzt wird;
2. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb eines Medizingerätes zur Behandlung von Insektenstichen in geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Werbeschriften, darauf zu verweisen, dass es sich um ein patentiertes Medizingerät handelt, sofern es sich dabei um das europäische Patent EP 1 231 xxx A1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent handelt;
3. den Vertrieb von Werbeschriften mit dem Herstellerhinweis nach Ziffer 1 und / oder der Patentberühmung nach Ziffer 2 zu stoppen und nicht verteilte Werbeschriften einzuziehen;
4. mit dem Vertrieb des Medizingerätes beauftragte Händler, ausgenommen die PARALYSIERT Großhandelsgesellschaft mbH, Hamburg, die ebenfalls das europäische Patent EP 1 231 xxx B1, in Kraft in AT, BE, CH, DE, DK, ES, FI, FR, GB, IT, NL, PT und SE, berühmen und / oder die Klägerin als Hersteller benennen, soweit das unter Ziffer 1 benannte Patent berühmt oder benutzt wird, aufzufordern, auch den Vertrieb von Werbeschriften zu stoppen und nichtverteilte Werbeschriften einzuziehen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Zulässigkeit des vorliegenden Verfahrens im Hinblick auf den verbliebenen Klageantrag zu 2. und die auf ihn rückbezogenen Anträge zu 3. und 4. stehe das einstweilige Verfügungsverfahren umgekehrten Rubrums entgegen.
Sie behauptet, aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin nicht lediglich 1.338 endmontierte Stichheiler erworben zu haben, sondern mit dem vorhandenen Warenbestand auch eine erheblich größere Anzahl von Komponenten und Bauteilen zur Herstellung von streitpatentgemäßen Stichheilern. Wie sich aus der Anlage K4 ergebe, habe es sich dabei um 17.632 Mausoberteile (komplett ohne Batteriedeckel), 1.715 komplette Mausinnenteile, die nur noch in ein Gehäuse hätten eingesetzt werden müssen, 1.500 Mausinnenteile (ohne Elektronik) und 1.584 Elektronikbauteile gehandelt. Weitere 1.000 Stück fertig montierte Stichheiler habe die Beklagte aus Beständen der Gemeinschuldnerin von dem Insolvenzverwerter J aus G übernommen. Die im Schreiben vom 21.09.2004 (Anlage K9) erteilte Auskunft über „44.910 Stichheiler„ sei darauf zurückzuführen, dass sie damals auch sämtliche weiteren Komponenten für Stichheiler aus dem Warenlager der Gemeinschuldnerin zugrunde gelegt habe.
Bei den unter der Position „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ aufgeführten Komponenten handele es sich um komplett montierte Stichheiler, denen nur der Batteriefachdeckel fehlte.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist mit den verbliebenen, im Tatbestand aufgeführten Klageanträgen zulässig (I.), aber nicht begründet (II.). Die Kosten des Rechtsstreits sind – auch hinsichtlich der durch Anerkenntnisurteil erledigten Klageanträge zu 1. und 2. – insgesamt der Klägerin aufzuerlegen (III.).

I.
Die Klage ist – über die unzweifelhafte Zulässigkeit des oben wiedergegebenen Klageantrags zu 1. Hinaus – auch mit den verbliebenen Anträgen zu 2., 3. und 4. zulässig. Der von der Beklagten erhobene Einwand entgegenstehender Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO im Hinblick auf das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung umgekehrten Rubrums vor dem Landgericht Hamburg (inzwischen in der Berufungsinstanz anhängig bei dem Oberlandesgericht Hamburg) ist nicht gerechtfertigt. Das Landgericht Hamburg hat der Klägerin mit dem auf ihren Widerspruch durch Urteil vom 14.10.2005 aufrechterhaltenen Beschluss vom 19.08.2005 verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Vertriebspartner oder Abnehmer der Beklagten im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Stichheilers „MosDef„ im Hinblick auf das europäische Patent EP 1 231 xxx B1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent zu verwarnen und aufzufordern, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb des Stichheilers „MosDef„ im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Werbeschriften, darauf zu verweisen, dass es sich um ein patentiertes Medizingerät handelt, sofern es sich dabei um das europäische Patent EP 1 231 xxx B1 oder ein daraus resultierendes nationales Patent handelt.
Ungeachtet der Frage, ob ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem ein entsprechender Verfügungsanspruch zugrunde liegt, überhaupt zur Rechtshängigkeit des Hauptsacheanspruchs führen kann (vgl. Zöller / Greger, ZPO, 24. Auflage 2004, § 261 Rn. 2), liegt dem Verfahren vor dem Landgericht (Oberlandesgericht) Hamburg ein anderer Streitgegenstand zugrunde als dem vorliegenden Rechtsstreit. Nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Streitgegenstand bestimmt durch den mit der Klage (bzw. dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung) geltend gemachten Anspruch und den diesem Anspruch zugrunde gelegten Lebenssachverhalt. Im Verfahren umgekehrten Rubrums geht es um Verbietungsrechte der Beklagten (dortigen Antragstellerin) gegenüber der Klägerin (dortigen Antragsgegnerin), die unter Berufung auf eine vermeintliche Patentrechtsberühmung Vertriebspartner der Beklagten abgemahnt hatte, die von Werbeaussagen der Beklagten Gebrauch gemacht hatten. Für die Berechtigung der Schutzrechtsverwarnungen durch die Klägerin kam es inzident darauf an, ob die Beklagte zu den beanstandeten Werbeaussagen („patentiertes … Gerät„) berechtigt war. Im vorliegenden Verfahren geht es hingegen darum, ob im umgekehrten Sinne die Klägerin von der Beklagten das Unterlassen bestimmter Werbeaussagen und in der Folge die Einwirkung der Beklagten auf ihre Vertriebspartner, ihrerseits derartige Werbeaussagen zu unterlassen, verlangen kann. Für das Verfügungsverfahren war bzw. ist die Frage, ob die Beklagte zu derartigen Werbeaussagen wettbewerbsrechtlich berechtigt war, also lediglich eine Vorfrage. Derartige Vorfragen präjudizieller Art sind vom Streitgegenstand sowie in der Folge vom Umfang der materiellen Rechtskraft einer anderweitigen Entscheidung nicht erfasst. Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann rechtskraftfähig festgestellt, wenn sie Streitgegenstand waren, etwa im Rahmen eines Feststellungsantrags, nicht dagegen, wenn über sie nur als Vorfragen zu entscheiden war (Zöller / Vollkommer, aaO, vor § 322 Rn. 34).

II.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte weder ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Angabe der Herstellereigenschaft (1.) noch bezogen auf die Angabe zu, bei den beworbenen Stichheilern handele es sich um ein „patentiertes„ Produkt (2.). Demzufolge fehlt es auch an einer weitergehenden Verpflichtung der Beklagten, entsprechend den Anträgen zu 3. und 4. positiv tätig zu werden (3.).

1.
Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 3; 5; 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zu. Zwischen den Parteien besteht zwar ein Wettbewerbsverhältnis bezüglich des von der Beklagten vermarkteten Stichheilers, weil beide Parteien auf dem Markt für Medizinprodukte derartige Stichheiler, die von dem Streitpatent Gebrauch machen, anbieten. Die Klägerin vertreibt ein dem unter der Bezeichnung „MosDef„ vertriebenen Stichheiler technisch vergleichbares Produkt unter der Bezeichnung „bite away„.
Die Beklagte betreibt aber keinen unlauteren Wettbewerb durch irreführende Werbung, indem sie im geschäftlichen Verkehr, insbesondere auf Werbeschriften, darauf verweist, dass sie Hersteller des Stichheilers ist (§§ 3; 5 UWG). Die Beklagte ist zur Herstellerangabe in der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung des Medizinproduktes nach § 5 Satz 1 und 3 des Medizinproduktegesetzes gesetzlich verpflichtet. Hersteller im Sinne des Medizinproduktegesetzes ist diejenige natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinproduktes im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist (§ 3 Nr. 15 Medizinproduktegesetz). Dies gilt auch dann, wenn die genannten Handlungen tatsächlich durch Dritte vorgenommen werden. Durch die Herstellerangabe wird der angegebene „Hersteller„ im Sinne des Gesetzes für das erstmalige Inverkehrbringen des Medizinproduktes im haftungsrechtlichen Sinne verantwortlich.
Wenn die Beklagte lediglich ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommt, ihre Firma und Anschrift als „Hersteller„ anzugeben, kann aus der Tatsache, dass sie sich in Werbepublikationen und Produktverpackungen als „Hersteller„ bezeichnet, keine Irreführung im Sinne des UWG abgeleitet werden. Denn die Angabe dient in diesem Fall gar nicht der Information darüber, wer das betreffende Medizinprodukt tatsächlich hergestellt hat, sondern (nur) der Befolgung der gesetzlichen Pflicht zur Angabe des Herstellers im haftungsrechtlichen Sinne.
Wollte man für den Tatbestand einer Irreführung darauf abstellen, dass die Beklagte nicht zugleich darüber aufklärt, dass sie nur Hersteller im gesetzlichen, nicht im tatsächlichen Sinne ist, käme dies nur bei denjenigen Stichheilern in Betracht, die sie bereits fertig montiert aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin übernommen hat. Bei denjenigen, die sie aus übernommenen Komponenten zusammengesetzt hat, ist sie unproblematisch auch tatsächlicher Hersteller. Auch im Falle der ohne eigene Montage in den Verkehr gebrachten Stichheiler ist es für die angesprochenen Verkehrskreise aber nicht erkennbar von Belang für die zu treffende Entscheidung zum Vertragsschluss (§ 5 Abs. 2 Satz 2 UWG), durch wen die tatsächliche Herstellung erfolgt ist. Auf ein Verschweigen der Angabe, wer möglicherweise abweichend von der Beklagten der tatsächliche Hersteller ist, kann zur Begründung einer Irreführung nicht abgestellt werden. Aus denselben Gründen ist es von der Beklagten nicht zu verlangen, der Herstellerangabe den Zusatz „(Hersteller) im Sinne des (Medizinprodukte-) Gesetzes„ beizufügen, um zu vermeiden, dass die angesprochenen Verkehrskreise, die in Unkenntnis des Herstellerbegriffs aus § 3 Nr. 15 und § 5 Medizinproduktegesetz nicht zwischen einem tatsächlichen und einem rechtlichen Hersteller unterscheiden, die Beklagte für den tatsächlichen Hersteller halten. Solange die Beklagte der Herstellerangabe in ihrem Werbeauftritt nicht weitere Angaben hinzufügt, die die angesprochenen Verkehrskreise zu einem falschen Verständnis der Herstellerangabe verleiten könnten, sondern sich auf die schlichte Angabe „Hersteller: …„ beschränkt, sind ihr etwaige Fehlvorstellungen nicht zuzurechnen, weil sie nur auf gesetzlichen Pflichtangaben beruhen.

2.
Auch durch die Angabe im geschäftlichen Verkehr, bei dem unter der Bezeichnung „MosDef„ vertriebenen Stichheiler handele es sich um ein „patentiertes … Medizinprodukt„ (bzw. „patentiertes … Medizingerät„), verwirklicht die Beklagte den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs durch irreführende Werbung (§§ 3; 5 UWG) insoweit nicht, als es sich bei den beworbenen Stichheilern um solche handelt, die entweder unmittelbar als fertig montierte Geräte aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin stammen oder aber nahezu vollständig und in ihren wesentlichen Teilen aus solchen Einzelteilen zusammengesetzt werden können, die aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin übernommen wurden. Soweit dies der Fall ist, muss die Klägerin die Beklagte und deren Vertriebspartner wie ihre Lizenznehmer bzw. wie Unterlizenznehmer behandeln.
In demjenigen Umfang, in dem von der Beklagten lediglich solche Stichheiler beworben werden, die bereits als fertig montierte Geräte aus der Insolvenzmasse der XYZ mbH stammen oder aber nahezu vollständig und in ihren (schutzrechts-) wesentlichen Teilen aus Einzelteilen zusammengesetzt werden können, die ihrerseits aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin übernommen wurden, stellt die streitgegenständliche Werbeaussage, es handele sich um ein „patentiertes„ Medizingerät, keine ungerechtfertigte Patentberühmung und damit auch keinen Fall der irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 UWG dar. Bei der Angabe, der beworbene Stichheiler sei „patentiert„, handelt es sich in erster Linie um eine Angabe betreffend die Beschaffenheit des beworbenen Produkts (vgl. Baumbach/Hefermehl – Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage 2004, § 5 Rz. 5.112). Sie besagt lediglich, dass das betreffende Produkt (sachlich) Gegenstand eines Patentes ist und die Beklagte hinsichtlich der insoweit beworbenen Produkte zur Patentnutzung berechtigt ist. Eine Aussage über die Inhaberschaft an dem betreffenden Patent wird damit nicht getroffen. Auch im vorliegenden Fall bezieht sich diese Angabe aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verkehrskreise hinreichend deutlich auf das Produkt und wird von der Beklagten nicht für sich als (im Verhältnis zum Endabnehmer mittelbar über ihre Vertriebspartner) Werbende vereinnahmt. Unstreitig machen die von der Beklagten beworbenen Stichheiler von der technischen Lehre des Streitpatentes Gebrauch. Dass die Beklagte selbst oder aber ihre Vertriebspartner Inhaber des betreffenden, nicht näher genannten Patentes seien, behauptet die Beklagte in ihren Werbeaussagen nicht und legt dies auch nicht unausgesprochen nahe. Denn das Partizip „patentiert„ steht, lediglich durch den (als solchen nicht angegriffenen Zusatz „HighTech„) getrennt, in direktem Bezug zum Substantiv „Medizinprodukt„, mit dem der „MosDef„-Stichheiler gemeint ist.
Zugleich darf nicht verkannt werden, dass die Angabe „patentiert„ zumindest insoweit auf den Anbieter des Produkts zurückstrahlt, als er damit suggeriert, im Hinblick auf die konkret beworbenen Waren in einer nicht näher spezifizierten Weise zur Patentbenutzung berechtigt zu sein (vgl. auch Benkard/Rogge, Patentgesetz, 9. Auflage 1993, § 9 Rn. 13: „Der Berechtigte darf …„). Andernfalls (d.h. bei einer reinen Produktbezogenheit der Angabe) stünde es jedem Patentverletzer unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs offen, mit der Eigenschaft des „patentierten„ Produkts zu werben, obwohl sein gewerblicher Abnehmer ein rechtsmängelbehaftetes Produkt erwürbe, wenn der Veräußerer nicht zur Patentbenutzung berechtigt ist. Mit der produktbezogenen Aussage „patentiert„ verbindet sich folglich die Angabe, auch zur Patentbenutzung berechtigt zu sein. Es wird damit allerdings keine Aussage darüber getroffen, worauf die Berechtigung des Anbietenden im Einzelfall beruhe. Denn insoweit gibt es verschiedenste Möglichkeiten, wie ein patentbenutzendes Produkt berechtigterweise in den Verkehr gelangen kann. Nicht selten ist der Hersteller und Anbieter seinerseits nur (Unter-) Lizenznehmer, aber gleichwohl berechtigt, das patentgemäß hergestellte Produkt mit der Angabe des Patentschutzes in den Verkehr zu bringen. Ebenso kommt der Gedanke der Erschöpfung des Patentschutzes in Betracht. Herausgestellt wird mit der Angabe „patentiert„ primär eine besondere technische Stellung des Produkts. Dass der Verkehr mit dem Hinweis auf technische Schutzrechte zugleich die Schlussfolgerung verbinden mag, der Inhaber des Schutzrechts verfüge über eine gewisse technische Sonderstellung gegenüber Wettbewerbern, ist solange nicht von Bedeutung, wie sich der Werbende nicht geriert, seinerseits Inhaber des Schutzrechtes zu sein. Eine Alleinstellung im Markt wird mit der Angabe des Patentschutzes für das Produkt nur dann (unberechtigterweise) suggeriert, wenn der Werbende unzutreffender Weise vorgibt, das Schutzrecht persönlich innezuhaben. Aus der bloßen Angabe, das Produkt sei „patentiert„, lässt sich eine weitergehende Berühmung jedoch nicht ableiten.
Da die Angabe „patentiert„ im Ausgangspunkt auf das Produkt bezogen ist, kann die Klägerin auch aus dem Verschweigen der Tatsache, dass die Beklagte nicht selbst Schutzrechtsinhaberin ist, keine Irreführung herleiten. Relevant wäre die Tatsache der aus Sicht der Beklagten fremden Schutzrechtsinhaberschaft erst dann, wenn die Beklagte durch andere Maßnahmen – und sei es an anderer Stelle der Werbeaussage – nahe legen würde, Patentinhaberin zu sein. Aus sich selbst heraus versteht sich dies nicht, weil auch aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise vielfältige andere Möglichkeiten in Betracht kommen, dass ein Produkt als solches zwar „patentiert„, derjenige, der es berechtigterweise in den Verkehr bringt oder bewirbt, aber nicht persönlicher Inhaber des Patentes ist.
Daraus, dass der Gesetzgeber des UWG geistige Eigentumsrechte in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG den geschäftlichen Verhältnissen des Werbenden und nicht den Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UWG) zugeordnet hat, kann die Klägerin nicht ableiten, dass auch die konkrete Werbeaussage (gleichsam im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses) auf den Werbenden bezogen sei. Entscheidend ist hierfür nicht eine abstrakte gesetzliche Zuordnung, sondern das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen wird durch die primär produktbezogenen Werbeaussagen der Beklagten aber gerade keine Vorstellung darüber hervorgerufen, wer Inhaber des zugrunde liegenden Patents ist, sondern allenfalls, dass die Beklagte berechtigterweise über die patentgemäßen Produkte verfügt.
Dass die Aussage „patentiert„, die auf den Zustand der Patenterteilung abhebt, bezogen auf den Zeitpunkt, als die Beklagte die Stichheiler aus der Insolvenzmasse erwarb, unzutreffend war (zum 09.04.2003 war lediglich die Anmeldung veröffentlicht), ist für die mit dem Erwerb der Stichheiler und ihrer wesentlichen Komponenten zugleich erworbene Berechtigung der Beklagten zur Vermarktung dieser Stichheiler nicht von Bedeutung. Da die Prüfung der Patentfähigkeit einen langen Zeitraum beanspruchen kann, besteht ein Bedürfnis der Praxis, auf eine technische Sonderstellung bereits vor Erteilung des Patentes werbend hinzuweisen. Auch durch das Patentgesetz wird der Anmelder schon vor dem Zeitpunkt der Patenterteilung nicht schutzlos gestellt. Vielmehr räumt ihm § 33 PatG für die unbefugte Benutzung der offen gelegten Erfindung (gemäß Art. II § 1 des Gesetzes über internationale Patentanmeldungen auch für veröffentlichte europäische Patentanmeldungen) einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung ein. Als im Hinblick auf § 33 PatG unbeachtlich angesehen wird ein Irrtum des Verkehrs, wenn von der Werbung mit einer offen gelegten Patentanmeldung bereits auf die Patenterteilung geschlossen wird (Baumbach/Hefermehl – Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage 2004, § 5 Rz. 5.119). Lediglich dann, wenn das Patent nur angemeldet ist, aber der Eindruck erweckt wird, es sei bereits erteilt, liegt eine Irreführung vor. Im vorliegenden Fall ist zwischenzeitlich (am 15.09.2004) jedoch auch die Erteilung des Streitpatents veröffentlicht worden. Die Aussage, dass es sich bei den seit diesem Zeitpunkt beworbenen Stichheilern um ein „patentiertes„ Produkt handelt, ist jedenfalls vom Zeitpunkt der Patenterteilung an inhaltlich nicht zu beanstanden. Werbehandlungen der Beklagten mit der Eigenschaft „patentiert„ vor dem 15.09.2004 hat die Klägerin nicht dargelegt. Das aus der Insolvenzmasse stammende Produkt nimmt weiterhin an dem Schutz teil, den es zum Erwerbszeitpunkt mit offengelegter Patentanmeldung hatte. Dass bei späterer Patenterteilung der Zeitraum zwischen Anmeldung und Erteilung dem Zustand nach Patenterteilung angenähert werden soll, lässt sich der Vorschrift des § 33 PatG entnehmen.
Des Weiteren ist die Beklagte wie auch ihre Abnehmer berechtigt, damit zu werben, dass die aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin stammenden Stichheiler Gegenstand eines erteilten Patentes sind. In unmittelbarem Zusammenhang mit dem Erwerb der Anmeldung des Streitpatentes hat die Klägerin gegenüber der Gemeinschuldnerin das Recht der Beklagten zur „Vermarktung der aus der Insolvenzmasse der XYZ GmbH stammenden Stichheiler `MosDef`„ anerkannt. Bei dem ausschließlich zugunsten der Beklagten zustande gekommenen „Zusatz zum Patentkauf- und Übertragungsvertrag„ (Anlage K6) handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB), aus dem die Beklagte von der Klägerin verlangen kann, dass diese Werbemaßnahmen betreffend die von der Beklagten aus der Insolvenzmasse erworbenen Stichheiler durch die Beklagte und deren Vertriebspartner dulde. Insoweit ist die Beklagte wie eine Lizenznehmerin und sind ihre Vertriebspartner wie Unterlizenznehmer zu behandeln. Dies ist angemessen, da die Gewährung einer Lizenz in Bezug auf ein Patent zum Gegenstand hat, dass der Patentinhaber Dritten das Gebrauchmachen von einem Patent gestattet. Im Zusammenhang mit Werbeaussagen sind Lizenznehmer wie der Patentinhaber selbst zur Werbung mit dem Begriff „patentiert„ berechtigt, soweit diese Aussage im Übrigen inhaltlich zutreffend ist (RGZ 112, 305, 308; Benkard/Rogge, PatG, 9. Auflage 1993, § 146 Rn. 13). Zur Vermarktung, wie sie die Klägerin der Beklagten hier vertragsgemäß zugestanden hat, gehören neben dem Vertrieb der betreffenden Waren auch die zu dessen Vorbereitung erforderlichen Maßnahmen, also etwa die Bewerbung als „patentgemäßes„ Produkt. Die Tatsache, dass das Patent erst erteilt wurde, nachdem die Beklagte Stichheiler und Komponenten aus der Insolvenzmasse erworben hatte, ändert an dem lizenzvertragsähnlichen Verhältnis zwischen den Parteien nichts.

Eine Erschöpfung des Verbietungsrechts der Klägerin ist nicht nur insoweit eingetreten, als die Beklagte bereits vollständig montierte Stichheiler aus der Insolvenzmasse der Gemeinschuldnerin erworben hat. Das der Beklagten entweder bereits unter Erschöpfungsgesichtspunkten oder jedenfalls aufgrund Vertrags zugunsten Dritter zustehende „Recht zur Vermarktung der aus der Insolvenzmasse der XYZ GmbH stammenden Stichheiler `MosDef`„ (Anlage K6) erstreckt sich vielmehr auch auf solche Stichheiler, die vollständig oder nahezu vollständig aus Einzelteilen zusammengesetzt werden können, die die Beklagte aus der Insolvenzmasse erworben hat. Abzustellen ist dabei allerdings nur auf solche Bauteile, die den wesentlichen „Wert„ der Erfindung ausmachen, weil sich in ihnen die erfindungsgemäße Lehre verkörpert.
Die Patentschrift des Streitpatents (Anlage K2) geht von einem Stand der Technik aus, bei dem mittels intensiver Wärmestrahlung auf eine Insekteneinstichstelle eingewirkt wurde, wobei der Startknopf solange gedrückt gehalten werden musste, bis die maximale Behandlungstemperatur erreicht war (Absatz 0007). Daran kritisiert es die Patentschrift als nachteilig (Absatz 0009), dass mit der vorbekannten Vorrichtung der Wärmeeintrag weder in Bezug auf die Höhe der Temperatur noch in Bezug auf die Dauer der Einwirkung exakt dosiert werden konnte, sondern vom Geschick des Anwenders abhing. Dadurch konnte es leicht entweder zum Ausbleiben des Behandlungserfolges oder zum Überschreiten der schadlos erträglichen Temperatur kommen (Absatz 0010). Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der streitpatentgemäßen Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur thermischen Behandlung von Insektenstichen und -bissen zu schaffen, mit der unabhängig von den äußeren Bedingungen die für das Neutralisieren der thermolabilen Insektengifte erforderliche Wärmemenge eingebracht wird, ohne dass es dabei zu auf die Wärmeeinwirkung zurückzuführenden Hautreizungen kommt (Absatz 0012). Zur Lösung sieht es das Streitpatent im kennzeichnenden Teil vor, dass mit einer Steuereinrichtung das Aufheizen der Heizplatte auf die maximale Temperatur und die Dauer der Aufrechterhaltung der maximalen Temperatur gesteuert wird. Wesentliches Merkmal für die patentgemäße Erfindung ist es demnach, dass die maximale Temperatur und die Dauer ihrer Aufrechterhaltung durch elektronische Steuerelemente gesteuert und damit dem unmittelbaren Einfluss des Anwenders sowie möglichen Fehlbedienungen entzogen wird. Überträgt man diese funktionale Betrachtung auf die technisch-konstruktive Ebene, handelt es sich bei den Elektronikbauteilen um die patentwesentliche Komponente der herzustellenden Stichheiler. Zugleich kann die Anwendung der Stichheiler aber nur dann erfolgen, wenn die Geräte auch über Gehäuseoberteile verfügen, die (unter anderem mittels der von dort zugänglichen Schalter) dem Zugriff des Anwenders ausgesetzt sind, und über Bodenteile, in denen die funktionswesentliche Heizplatte untergebracht ist. Dies rechtfertigt es, nicht lediglich an der Anzahl übernommener Elektronikbauteile anzuknüpfen, sondern nur an der gemeinsamen Schnittmenge zwischen Elektronikbauteilen, Gehäuseoberteilen und Bodenelementen mit integrierter Heizplatte. Nicht wesentlich ist hingegen der Batteriedeckel, der für die Konstruktion und Funktion der Stichheiler nur eine untergeordnete Rolle spielt und in den Ansprüchen des Streitpatents nicht erwähnt wird.

In tatsächlicher Hinsicht kann mit dem Landgericht Hamburg in dessen Urteil vom 14.10.2005 zugrundegelegt werden, dass die Beklagte berechtigt war und ist, insgesamt eine Anzahl von 19.170 Stück „MosDef„-Stichheilern zu vermarkten. Da die Beklagte nach ihrer mit Schreiben vom 17.01.2006 (vorgelegt als Anlage K20) erteilten Auskunft bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 14.298 Stichheiler an Dritte geliefert hat, hat sie ihre Vermarktungsbefugnis bislang noch nicht ausgeschöpft. Eine höhere Zahl von durch die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vermarkteten Stichheilern hat auch die Klägerin nicht behauptet. Wenn sie die Angaben zu den Verkaufszahlen (von April 2003 bis September 2004: 9.500 Stück, bis September 2005 insgesamt 13.000 Stück und bis zum 17.01.2006 insgesamt 14.298 Stück) nunmehr als „wenig glaubwürdig„ bezeichnet (Schriftsatz vom 01.03.2006, Seite 4; Bl. 75 GA), ist dies nicht nachvollziehbar. Jedenfalls enthebt es die Klägerin nicht ihrer Obliegenheit, größere, d.h. die Zahl von 19.170 Stichheilern überschreitende Verkäufe durch die Beklagte substantiiert zu behaupten und – soweit ihr dies unter Wahrung der Wahrheitspflicht nicht möglich sein sollte – zum Zwecke einer substantiierten Behauptung notfalls aus dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 06.12.2005 und den darauf erteilten Auskünften der Beklagten die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen, wenn die Klägerin die Richtigkeit der Auskünfte in Abrede stellen möchte.
Die maßgebliche Anzahl von 19.170 Stichheilern ergibt sich aus der Anzahl von 1.338 fertig montierten Stichheilern aus der Insolvenzmasse (davon 1.049 verpackte und 289 ohne Verpackung, vgl. Anlage K4) zuzüglich 17.632 „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ und weiterer 200 Stück, die sich aus der Kombination der 200 erworbenen Mausoberteilgehäuse mit der entsprechenden Zahl kompletter Mausinnenteile, von denen die Beklagte insgesamt 1.715 Stück übernommen hat. Den 200 erworbenen Mausoberteilgehäusen steht jedenfalls eine entsprechende Anzahl an kompletten Mausinnenteilen (insgesamt 1.715 Stück) gegenüber, so dass 200 weitere Stichheiler aus übernommenen Teilen zusammengesetzt werden können, ohne Teile nachproduzieren zu müssen, die für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre wesentlich sind. Dass den 17.632 (wie die Beklagte schlüssig behauptet) mit Ausnahme der Batteriedeckel kompletten Stichheilern nur 4.846 erworbene Batteriedeckel gegenüberstehen, ist unschädlich, da diese nachproduziert werden können, ohne die fertigen Stichheiler aus dem Schutzbereich des Streitpatentes herauszuführen. Denn Batteriefachdeckel finden in den Ansprüchen des Streitpatentes keine Erwähnung. Inwieweit den 19.170 (1.338 + 17.632 + 200) Stichheilern noch weitere 1.000 Stichheiler hinzuaddiert werden können, die die Beklagte über den Insolvenzverwerter J aus G fertig montiert übernommen hat, was die Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht erkennbar bestritten hat, kann für die Entscheidung offen bleiben.
Den Vortrag der Beklagten, bei den 17.632 „Mausoberteilen (komplett, ohne Batteriedeckel)„ handele es sich um komplette Stichheiler, denen lediglich der Batteriedeckel fehlt, die aber über die maßgebliche Steuerungselektronik verfügen, hat die Klägerin nicht erheblich bestritten. Die Klägerin kann dem zunächst nicht mit Erfolg entgegenhalten, in dem Vermögensverzeichnis vom 24.06.2002 (Anlage K3) seien diese Zahlen nicht erkennbar. Angesichts des bis zum Abschluss des Kaufvertrags der Gemeinschuldnerin mit der Beklagten am 09.04.2003 verstrichenen Zeitraums können sich sowohl bei der Zahl fertig montierter Stichheiler (gemäß K3 immerhin noch 16.484 Stück) als auch bei der Zahl der Komponenten gravierende Veränderungen ergeben haben. Auch aus der Aufstellung gemäß Anlage K5, die für die Beklagte unter dem 09.04.2003 die Zahl von 1.338 „verkauften Stichheilern„ enthält, lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass von der Beklagten darüber hinaus nicht auch weitere, eben nur „fast vollständige„ Stichheiler aus der Insolvenzmasse übernommen wurden. Denn die Aufstellung gemäß Anlage K5 betrifft nur „Stichheiler„, die – sei es verpackt, sei es ohne Verpackung – in fertig gestelltem Zustand übernommen wurden. Der Übernahme auch weiterer Komponenten durch die Beklagte steht dies nicht entgegen. Da ausweislich der Aufstellung Anlage K5 die Beklagte die letzte Abnehmerin von Stichheilern war und die mit Abstand größte Anzahl übernommen hat, spricht viel dafür, dass sie – wie die Klägerin als solches nicht in Abrede stellt – zugleich auch sämtliche restlichen Materialbestände aus der Insolvenzmasse übernommen hat, die in der Aufstellung Anlage K5 keine Erwähnung gefunden haben müssen.
Nach dem Vortrag der Klägerin umfassen die „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ gemäß der dritten Position in der Anlage K4 lediglich Gehäuse, Leuchtemitterdioden, Schalter und drei Anschlussleiter zur Verbindung von Schalter, Dioden und der Elektronik im Bodenelement. Die Stichheiler setzen sich demgegenüber (in konstruktiver Hinsicht unstreitig) zusammen aus Oberteil, Boden mit Heizplatte und Batteriefach, der Steuerungselektronik, die sich auf dem Bodenteil befindet, und einem Batteriedeckel.
Im Hinblick auf den tatsächlichen Umfang der einzelnen „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ hat die Beklagte plausibel dargelegt, dass die Bezeichnung „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ angesichts der konkreten technisch-konstruktiven Gestaltung der Stichheiler sinnvoller Weise nur so verstanden werden kann, dass auch die Elektronik von dieser Bezeichnung bereits mit erfasst ist: Unstreitig kann der Batteriefachdeckel nur am Mausinnenteil bzw. (gleichbedeutend) Boden angebracht werden, wie sich dies auch anhand der von der Klägerin vorgelegten Fotografie eines demontierten Stichheilers nachvollziehen lässt. Die Elektronik befindet sich also konstruktiv zwingend zwischen dem Gehäuseoberteil und dem Bodenteil bzw. dem Mausinneren (worunter nur die Aufnahme für die Elektronik gemeint sein kann, denn ein gesondertes Bauteil neben dem Bodenteil mit Aufnahme für die Elektronik lässt auch die Abbildung nicht erkennen). Die in der Aufstellung gemäß Anlage K4 enthaltene Angabe „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ kann daher sinnvoller Weise nur so verstanden werden, dass es sich dabei um Oberteile handelt, die bereits mit dem Mausboden- bzw. Mausinnenteil und der darauf angebrachten Elektronik verbunden waren, so dass der Batteriedeckel (wenn er denn vorgelegen hätte), mit diesen Teilen hätte verbunden werden können. Ohne Bodenteil mit der Steuerungselektronik macht die Erwähnung des Batteriedeckels in der Aufstellung keinen Sinn. Denn die Frage, ob der Batteriedeckel vorliegt oder nicht, stellt sich erst dann, wenn die Stichheiler im Übrigen vollständig vorliegen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Aufstellung gemäß Anlage K4 von mit der Verwertung der Insolvenzmasse befassten technischen Laien gefertigt wurde, von denen eine aussagekräftige Unterscheidung zwischen „Mausoberteilen„ (in Abgrenzung zu Bodenteilen mit Elektronik) und kompletten Stichheilern nicht erwartet werden konnte.
Des Weiteren spricht die (auch von technischen Laien zu erwartende) Systematik innerhalb der Aufstellung (Anlage K4) dafür, dass die Position „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ grundsätzlich komplette Stichheiler meinte, denen lediglich die Batteriefachdeckel fehlten. Die Aufstellung geht von einem hohen Fertigstellungsgrad („Maus verpackt„) aus und nimmt in den weiteren Positionen von oben nach unten im Fertigstellungsgrad ab (sodann: „Maus (ohne Verpackung)„). Die danach nächste Stufe wäre unter logischen Gesichtspunkten ein kompletter Stichheiler, dem lediglich eine einzelne Komponente, der Batteriedeckel, fehlt. Dies spricht neben den genannten technischen Notwendigkeiten dafür, dass genau dies mit der Bezeichnung „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ gemeint und zum Ausdruck gebracht worden ist.
Auch der Zusatz „komplett„ deutet auf das Vorhandensein der Elektronik hin. Die Terminologie in der Aufstellung benutzt den Begriff „komplett„ in Abgrenzung zu „ohne Elektronik„. So stehen „Mausinnenteile (komplett)„ unmittelbar vor „Mausinnenteile (ohne Elektronik)„, komplett bedeutet im Rahmen der Aufstellung also offensichtlich „mit Elektronik„. Dies stützt die Auslegung, dass auch die Bezeichnung „Mausoberteile (komplett, …)„ Mausoberteile „mit Elektronik„ meint, wobei lediglich die Beschränkung auf Mausoberteile unzutreffend ist. Dies ist aber unschädlich, wenn man berücksichtigt, dass die Elektronik (unstreitig) nur auf dem Bodenteil befestigt werden kann, wie auch der Batteriedeckel nur am Bodenteil angebracht werden kann, weil nur von dort aus der Zugang des Benutzers zum Batteriefach zum Austausch der Batterie gewährleistet werden kann. Das Zusammenspiel der Zusätze „komplett„ und „ohne Batteriedeckel„ lässt demnach nur den Schluss zu, dass der Begriff „Mausoberteile„ in der Aufstellung lediglich fälschlich für „komplette Stichheiler„ benutzt wurde. Unter Berücksichtigung eines konsequenten Gebrauchs des Zusatzes „komplett„, der auch von einem technischen Laien erwartet werden kann, und der Systematik der Aufstellung stellt sich für die Kammer alleine der Vortrag der Beklagten als überzeugend dar.
Dieses Verständnis hat die Klägerin auch mit ihrem neuen Sachvortrag im Schriftsatz vom 01.03.2006 (Bl. 63ff. GA) nicht zu erschüttern vermocht. Nachdem die Klägerin zuvor nie in Frage gestellt hat, dass die von der Beklagten aus der Insolvenzmasse übernommenen Stichheiler und Einzelteile die streitpatentgemäße zweite Variante der Stichheiler betroffen haben, verweist die Klägerin nunmehr auf eine in Kopie als Anlage K21 vorgelegte Nutzungsvereinbarung zwischen den ursprünglich eingetragenen Inhabern der Patentanmeldung (unterzeichnet allerdings lediglich von dem Mitinhaber K) und der Beklagten. Diese Vereinbarung bezieht sich ausdrücklich nur auf die andere (die erste) Variante des Stichheilers, deren Patentanmeldung unter der Nummer DE 198 28 xxx geführt wurde und die einen Stichheiler betraf, dessen Heizplatte nach Beendigung der Wärmeeinwirkung von der Kontaktstelle zurückgezogen wird (vgl. die als Anlage K1 vorgelegte Offenlegungsschrift). Die gemäß dem Streitpatent (der zweiten Variante der Stichheiler) von der Gemeinschuldnerin hergestellten Stichheiler und deren Komponenten finden in dieser Nutzungsvereinbarung, die das Datum des 13. Mai 2003 trägt und damit nach dem Kaufvertrag über die Gegenstände aus der Insolvenzmasse unterzeichnet wurde, keine Erwähnung. Dies lässt aber lediglich den Schluss zu, dass es zumindest einen oder einige Stichheiler gegeben hat, die der Variante 1 unterfallen sein müssen und den Unterzeichnern der Nutzungsvereinbarung gemäß Anlage K21 Veranlassung geboten haben, eine einvernehmliche Regelung über das diesbezügliche Nutzungsrecht der Beklagten herbeizuführen. Den nicht aus der Vereinbarung ersichtlichen Umfang, in dem die Aufstellung gemäß Anlage K4 sich in Wahrheit auf Stichheiler und Komponenten der nicht streitgegenständlichen Variante 1 bezogen haben soll, hätte die Klägerin angeben müssen. Die schlichte Existenz der Nutzungsvereinbarung kann von der Klägerin aber nicht dazu herangezogen werden, nunmehr insgesamt zu bestreiten, dass die Beklagte nach Maßgabe der Aufstellung gemäß Anlage K4 überhaupt Teile aus der Insolvenzmasse erworben habe, die zum Zusammenbau von unter das Streitpatent fallenden Stichheilern geeignet waren. Insbesondere leuchtet nicht ein, warum bei der Aufstellung gemäß Anlage K4 ohne Unterscheidung zwischen den verschiedenen Varianten, die in technischer Hinsicht auch für einen Laien erkennbare Unterschiede aufgewiesen haben müssen, sämtliche Komponenten, also auch solche, die nur für die nicht streitgegenständliche Variante 1 geeignet waren, aufgeführt worden sein sollten.
Die nunmehr als Anlage K23 vorgelegten Fertigungsunterlagen lassen ebenfalls keine Rückschlüsse auf die Bedeutung der 17.632 „Mausoberteile (komplett, ohne Batteriedeckel)„ im Sinne der Klägerin zu. Dies würde voraussetzen, dass derjenigen Person, die die Aufstellung gemäß Anlage K4 gefertigt hat, diese Fertigungsunterlagen zur Verfügung standen und sie sich bei der Wahl der Terminologie an ihnen orientiert hat. Dies ist nicht anzunehmen. Die Aufstellung (Anlage K4) wurde nicht zu Fertigungs-, sondern allein zu kaufmännischen Überblickszwecken erstellt. Vorausgesetzt, bei Erstellung der Anlage K4 hätten die Fertigungsunterlagen vorgelegen, so ist nicht erkennbar, aus welchem Grund sich die Aufstellung an ihnen orientiert haben sollte. Vielmehr spricht die Terminologie und innere Systematik der Aufstellung wie ausgeführt klar dafür, dass die dritte Position fast fertig montierte Stichheiler betrifft, denen lediglich der Batteriedeckel fehlte. Dies hat die Klägerin auch durch Vorlage der Fertigungszeichnungen nicht erheblich in Frage gestellt.
Im Hinblick auf die noch nicht erreichte Stückzahl von 19.170 Stichheilern fehlt es an der für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr, da die Beklagte bislang lediglich von der ihr zustehenden Vermarktungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Einer Erstbegehungsgefahr steht ihre schriftsätzliche Verpflichtung im Schreiben vom 17.01.2006 (Anlage K20) entgegen, nicht mehr als 19.170 komplette Stichheiler anzubieten und zu vertreiben.

3.
Mangels Unterlassungsanspruchs ist die Beklagte schließlich auch nicht – wie mit dem Antrag zu 3. erstrebt – verpflichtet, den Vertrieb von Werbeschriften mit der Herstellerhinweis nach den im Tatbestand wiedergegebenen Antrag zu 1. und / oder der Angabe, es handele sich um ein „patentiertes„ Produkt (obiger Antrag zu 2.), zu stoppen und nicht verteilte Werbeschriften einzuziehen. Gleiches gilt für den mit dem Antrag zu 4. geltend gemachten Anspruch, mit dem Vertrieb des Stichheilers beauftragte Händler, die das Produkt unter Verwendung der Werbeunterlagen der Beklagten als „patentiert„ bewerben und / oder die Beklagte als Hersteller benennen, aufzufordern, den Vertrieb von Werbeschriften zu stoppen und nicht verteilte Werbeschriften einzuziehen. Beide Ansprüche würden einen Unterlassungsanspruch aus §§ 3; 5; 8 Abs. 1 UWG voraussetzen, der der Klägerin nicht zusteht.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1; 93 ZPO.
Mit Blick auf die ursprünglichen Klageanträge zu 1. und 2. (Auskunftsansprüche), hinsichtlich derer die Beklagte ihr Anerkenntnis erklärt hat, sind die Kosten abweichend von der allgemeinen Kostenvorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten zu tragen hat, gemäß § 93 ZPO ebenfalls der Klägerin aufzuerlegen. Die Beklagte hat die Ansprüche im frühen ersten Termin sofort anerkannt und hat der Klägerin keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.
Die Klägerin durfte nicht davon ausgehen, die Auskunft nur durch eine sofortige Klageerhebung ohne vorherige Aufforderung der Beklagten zur Auskunftserteilung über die aktuell bekannte Anzahl an fertig gestellten Stichheiler und den aktuellen Stand der Verkäufe zu erlangen. Sie hat die Beklagte nicht unter Androhung gerichtlicher Schritte zur Auskunftserteilung aufgefordert und eine Aktualisierung der Zahlen vor Klageerhebung angemahnt. Aus den Schreiben der Beklagtenvertreter vom 18.11.2004 und 30.11.2004 (Anlagen B4 und B5) musste der Klägerin bekannt sein, dass eine exakte Angabe der Zahlen aus Sicht der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt einen unzumutbaren Aufwand erforderte, die Beklagte aber zugleich gewillt war, nach Erteilung des Streitpatents grundsätzlich die ihr möglichen Auskünfte zu erteilen. Dafür spricht auch die unverzügliche Auskunftserteilung vom 21.09.2004 (Anlage K9), nachdem die Erteilung des Streitpatents am 15.09.2004 veröffentlicht worden war. Aus dieser Mitteilung war für die Klägerin ersichtlich, dass die Beklagte grundsätzlich bereit war, umfassend, richtig und vollständig Auskunft zu erteilen, sie sich vor Rücksprache mit dem Insolvenzverwalter und weiterer Sichtung der aus der Insolvenzmasse übernommenen Restbestände (auch an Einzelteilen und Bausätzen) dazu lediglich nicht mit einem zumutbaren Aufwand in der Lage sah (Schreiben vom 18. und 30.11.2004; Anlagen B4 und B5). Vor Erhebung der Klage zum Landgericht Braunschweig mit Schriftsatz vom „15. August 2004„ (2005) hätte daher für die Klägerin hinreichende Veranlassung bestanden, die Beklagte auch hinsichtlich der Auskunftsansprüche erneut zur Auskunft über ihre aktuellen Erkenntnisse und den Stand der zwischenzeitlich erzielten Verkäufe unter Androhung einer Klageerhebung aufzufordern.
Das Aufforderungsschreiben der Klägerin vom 26.07.2005 gemäß Anlage K18, dem eine Unterlassungsverpflichtungserklärung beigefügt war, bezog sich nicht auf die Auskunftspflicht, sondern ausschließlich auf die Unterlassungsansprüche und die daraus resultierenden Folgeansprüche gemäß den Anträgen zu 4., 5. und 6. aus der Klageschrift. Die Auskunft über die Menge aus der Insolvenzmasse erworbener Stichheiler findet im Schreiben der Klägervertreter vom 26.07.2005 (Anlage K18) lediglich insoweit Erwähnung, als es im dritten Absatz der Seite 2 im Zusammenhang mit der „Patentberühmung„ heißt:
„Ihre Mandantin verfügt über Restposten aus der Konkursmasse, über deren Höhe bedauerlicherweise keine verbindliche und vor allem von beiden Seiten akzeptierte Angabe vorliegt.„
Eine erneute Aufforderung zur Auskunftserteilung ließ die Klägerin mit dieser Erwähnung nicht verbinden, obwohl dies nach Ablauf von fast acht Monaten seit der letzten diesbezüglichen Mitteilung der Beklagten (vom 30.11.2004; Anlage B5) zu erwarten gewesen wäre.
Auch die Abfolge des Schriftwechsels im Jahre 2004 hätte die Klägerin veranlassen müssen, vor Klageerhebung nochmals die Auskunftserteilung anzumahnen. Mit dem Schreiben vom 02.11.2004 (Anlage B6) hatte die Klägerin der Beklagten eine Frist zur abschließenden Stellungnahme bis zum 09.11.2004 gesetzt. Daraufhin antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 10.11.2004 (Anlage K10) mit dem Angebot, die Stückzahldifferenzen aufklären zu wollen. Nachdem die Beklagte Lizenzverhandlungen angeregt hatte (Schreiben vom 12.11.2004, Anlage B7), forderte die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 15.11.2004 (Anlage B8) keine weitere Aufklärung der Stückzahlen mehr, sondern kündigte ein Vorgehen gegen die Vertriebspartner der Beklagten an. Die Beklagte lehnte die von der Klägerin geforderte Stücklizenz in der verlangten Höhe ab (Schreiben vom 30.11.2004, Anlage B5). Daraufhin meldete sich die Klägerin bei der Beklagten nicht mehr mit dem Ziel, die Frage der Stückzahldifferenzen zu klären. Unter diesen Umständen musste die Beklagte im Sommer 2005 nicht mehr mit einer klageweisen Geltendmachung rechnen und durfte die Klägerin nicht davon ausgehen, ihr diesbezügliches Rechtsschutzziel nur mit einer Klageerhebung erreichen zu können.

IV.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

V.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
Bis zum 06.12.2005: 75.000,00 €
Seitdem: 60.000,00 €

Dr. R1 R3 R2