Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Juli 2006, Az. 4a O 243/03
I.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 383.468,91 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2004 Zug um Zug gegen Rückgabe
– der „Dokumentation – Digital-Positions-System XXXxxx„;
– einer Diskette 3 ½ Zoll mit den Dateien: Xxx.frm, Xxx.frx, Xxx2000.exe, XXX2000.PDM, XXX2000.TXT, XXX2000.vbp, XXX2000.vbw, XxxEin.frm, XxxEin.frx, XxxGlo.bas, XxxHlp.frm, XxxHlp.frx, XxxInf.frm, XxxInf.frx;
– einer Diskette 3 ½ Zoll mit den Dateien SH51_TO.EXE, SHELL51.INF im Grundverzeichnis, dem Dateiordner „BIN„ mit den Dateien A51.EXE, BIN51.EXE, D51.EXE, EDIT.COM, EX51.EXE, L51.EXE, R51.EXE, SLD51.EXE, TST51.EXE und dem Dateiordner „SRC„ mit den Dateien 80C535.DEF, 89C51.DEF, 89S8252.DEF, A51ERR.OUT, XXX.E51, XXX.LST, XXX.PRO, XXX_B13.BIN, XXX_B13.E51, XXX_C13.LST, XXX_C13.O51, XXX_C13.S51, M_LSTBIN.BAT;
– eines Drahtes bestehend aus 4 Teilstücken unterschiedlicher Länge;
– eines Gerätes bestehend aus einer CPU-Karte mit der Bezeichnung „XXX2000CPU„, einem Aluminium-Druckgussgehäuse, einer Sendereinheit, dieses wiederum bestehend aus einem gefrästen Aluminiumgehäuse, einer Leiterplatte mit der Bezeichnung „Transmitter XXX-xxx„, einer Senderspule sowie einem Transformator 220 V / 2 x 15 V / 3,2 VA auf einem Aluminiumdeckel, und einer Empfängereinheit, diese wiederum bestehend aus einem gefrästen Aluminiumgehäuse und einer Leiterplatte mit der Bezeichnung „Receiver XXX 200„ mit einer über ein Flachbandkabel verbundenen Messkapsel;
– zwei Gewichten bestehend aus jeweils zwei Flachstahlelementen verbunden durch drei Klemmschrauben mit jeweiliger Mutter und einem Silikonschlauch, der zwischen den Flachstahlelementen angeordnet ist;
– eines Gerätes bestehend aus einem Stahlblechgehäuse, in dem eine CPU-Karte mit der Bezeichnung „XXX200CPU„ und eine Relais-Grundkarte mit der Bezeichnung „XXX2000board„ mit vier aufgesteckten Relaiskarten mit der Bezeichnung „XXX-2000 Relais„ angeordnet ist, wobei die CPU-Karte und die Relais-Grundkarte über ein Flachbandkabel und eine zweipolige Litze verbunden sind, die durch ein Loch in einer Zwischenwand im Stahlblechgehäuse geführt werden, einer Sendereinheit, diese wiederum bestehend aus einem gefrästen Aluminiumgehäuse, einer Leiterplatte mit der Bezeichnung „Transmitter XXX-2000„, einer Senderspule sowie einem Transformator 220 V / 2 x 15 V / 3,2 VA auf einem Aluminiumdeckel, und einer Empfängereinheit, diese wiederum bestehend aus einem gefrästen Aluminiumgehäuse und einer Leiterplatte mit der Bezeichnung „Receiver XXX 200„ mit einer über ein Flachbandkabel verbundenen Messkapsel
– und einer Diskette 3 ½ Zoll mit den Dateien: XXX30.brd, XXX30stift.brd, XXXbord.brd, XXXbord.sch, XXXcpu.brd, XXXcpu.sch, XXX-Geh.doc, XXXpiezo.doc, XXXPrinzip.CDR, XXXrectran.brd, XXXrectran.sch, XXXrel.sch, XXXrelplat.brd, StücklisteBd.doc, StücklisteCPU.doc, StücklisteRel.doc, StücklisteRTN.doc
zu zahlen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Beide Parteien sind unternehmerisch auf dem Gebiet der Verbesserung und Verfeinerung von Aufzugstechnologie, unter anderem der Positionserfassung der Aufzugskabine im Aufzugsschacht tätig. Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung eines entrichteten Entgeltes in Höhe von 750.000,- DM (entsprechend 383.468,91 ) in Anspruch.
Betreffend die Technologie einer Vorrichtung zur Positionserfassung eines längs eines vertikalen Schachtes beweglichen Aufzugskorbes meldete die Beklagte am 20. Dezember 2000 eine Erfindung mit der Bezeichnung „Messkapsel für Körperschallmessungen„ bei dem Deutschen Patent- und Markenamt zum Patent an. Diese Anmeldung wird bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 100 64 xxx geführt.
In einer schriftlichen Vereinbarung vom 17. Juli 2001 (Anlage L1; fortan: „Vertrag„) kamen die Parteien darin überein, dass die Beklagte der Klägerin ihr technisches Wissen an einem mit der genannten Patentanmeldung übereinstimmenden Digital-Positions-System XXX 2000 veräußert. In der betreffenden Übereinkunft heißt es unter anderem wie folgt:
Präambel
1. S ist Inhaberin des deutschen Patentes 199 29 xxx beim Deutschen Patent- und Markenamt. S befasst sich mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Einrichtungen zur Positionserfassung eines längs eines vertikalen Schachtes beweglichen Aufzugkorbes.
2. P hat unter der Nummer … beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Patent über eine Messkapsel zur Erfassung einer Körperschallinformation angemeldet und bereitet die Serienreife des Produktes vor.
3. Die Parteien beabsichtigen, den Vertrieb des genannten Systems einschließlich des dabei entstehenden Know-hows vollständig und ausschließlich auf S zu übertragen.
Dies vorausgeschickt, kommen die Parteien wie folgt überein:
§ 1 Vertragsgegenstand
1. P verkauft hiermit an S
– das Know-how zum XXX 2000 inclusive des Nutzungsrechtes der vorgenannten Patentanmeldung.
2. Die Anmeldung und das Know-how zum XXX 2000 bleiben bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises Eigentum von P. Nach vollständiger Bezahlung
a) hat P das Recht, obige Patentanmeldung für sonstige Anwendungen außerhalb der Aufzugstechnik weiterhin zu nutzen.
b) übergibt P eine vollständige Dokumentation inR2ive eines Prototypen, aus dem das Know-how zum XXX 2000 ersichtlich ist, insbesondere eine eigene Produktion für S ermöglicht.
c) informiert P über alle zum Know-how zu XXX 2000 gehörenden Kenntnisse. Über diese Information wird ein von beiden Seiten zu unterschreibendes Protokoll angefertigt.
§ 2 Garantien
1. P sichert zu, dass das XXX 2000 serienreif ist. Serienreife bedeutet, dass sämtliche Unterlagen zur Einleitung einer standardisierten industriellen Produktion von absatzfähigen Stückzahlen genügen.
2. P haftet dafür, dass XXX 2000 und/oder Vorrichtungen gemäß dem Vertragsgegenstand nach § 1 Abs. 1 sämtliche Parameter gemäß dem Lastenheft (Anlage 1) erfüllen.
§ 3 Technische Hilfe
P verpflichtet sich, S bis zum Zeitpunkt der Erlangung der Serienreife des Produktes kostenlos technische Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Serienreife wird im Lastenheft definiert.
§ 4 Kaufpreis
Der Kaufpreis beträgt 750.000 DEM zuzüglich der geltenden Mehrwertsteuer. Mit der Zahlung des Kaufpreises sind sämtliche vertragsgegenständlichen Leistungen von P einschließlich der technischen Hilfe gemäß § 3 dieses Vertrages abgegolten.
§ 5 Geheimhaltungspflicht
P verpflichtet sich, nach Unterzeichnung des Vertrages Dritten gegenüber seine Kenntnisse an dem Vertragsgegenstand nach § 1 Abs. 1 geheim zu halten.
Hinsichtlich der weiteren vertraglichen Vereinbarungen vom 17. Juli 2001, die in § 6 Abs. 2 für alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag den Gerichtsstand Düsseldorf vorsehen, wird auf die als Anlage L1 zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen. Die Klägerin entrichtete den in § 4 genannten Kaufpreis in voller Höhe und erhielt den im Vertrag genannten Prototyp. Nach diesem Muster bestellte die Klägerin weitere 25 Geräte, von denen ihr zehn von der Beklagten geliefert wurden.
Bereits am 15. Juni 2001 hatte die Klägerin zur Technologie der Positionserfassung einer Aufzugskabine im Aufzugsschacht eine Einrichtung zur Positionserfassung bei dem Deutschen Patent- und Markenamt zum Patent angemeldet. Diese am 02. Januar 2003 offengelegte Anmeldung wird bei dem Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 101 29 xxx geführt und führte zwischenzeitlich zur Patenterteilung.
Betreffend die vertragsgegenständliche Anmeldung der Beklagten (DE 100 64 xxx) teilte das Deutsche Patent- und Markenamt der Beklagten unter dem 21. Juni 2001 mit (Anlage L7), dass die Anmeldung voraussichtlich am 27. Juni 2002 veröffentlicht werde. Die Veröffentlichung unterbleibe, wenn die Anmeldung früher als 8 Wochen vor dem vorgesehenen Veröffentlichungstag zurückgenommen werde. Am 26. April 2002 erging ein Prüfbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts, der mit seinen Seiten 2 bis 4 dem eingeholten Sachverständigengutachten als Anlage beigefügt ist (Bl. 214-216 GA). In ihm werden die angemeldeten Patentansprüche als nicht gewährbar bezeichnet, wobei zunächst die mangelnde Ausformulierung der beanspruchten Gegenstände gerügt wird. Der Bescheid führt zehn Entgegenhaltungen auf, die nach klarer Formulierung des Anmeldungsgegenstands in den Ansprüchen auf ihre Relevanz zu überprüfen wären. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Kopie der Seiten 2 bis 4 des Prüfbescheids vom 26. April 2002 (Bl. 214-216 GA) Bezug genommen. Nach weiterer telefonischer Korrespondenz mit dem zuständigen Prüfer erklärte die Beklagte am 14. Mai 2002 gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt, die Patentanmeldung DE 100 64 xxx nicht weiter zu verfolgen (Anlage L6).
Mit Schreiben vom 18. Juni 2002 (Anlage B3; die dortige Datumsangabe „18. Juni 2001„ ist unstreitig irrtümlich erfolgt) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie vor wenigen Tagen mit dem Prüfer des Patentamtes gesprochen und erfahren habe, dass die Erteilung eines Patentes zur Messkapsel wegen der Nähe zum Wirkprinzip des Piezos sehr fraglich sei. Sie wolle daher die Patentanmeldung, die auch für die Klägerin wegen der Schließung ihrer Patentlücke wenig Sinn habe, nicht weiter unterstützen. Sollte die Klägerin daran weiter Interesse haben, solle sie kurzfristig Bescheid geben. Zu einer entsprechenden Rückmeldung der Klägerin kam es nicht. Die vertragsgegenständliche Patentanmeldung der Beklagten wurde am 04. Juli 2002 im Patentblatt veröffentlicht; die Offenlegungsschrift liegt als Anlage L9 vor.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagten sei es nicht gelungen, das im Vertrag vom 17. Juli 2001 zugesagte technische Wissen in einer die Serienfertigung ermöglichenden Weise zu vermitteln. Auch aus dem Prototyp und den weiteren zehn gelieferten Geräten habe sich das zur Serienfertigung erforderliche Wissen nicht in dem vertraglich geschuldeten Ausmaß ersehen lassen. Die Klägerin ist der Ansicht, ihr sei die Serienreife des Systems XXX 2000 vertraglich zugesichert worden. Sie behauptet, darüber hinaus habe der Kaufgegenstand eine Vielzahl erheblicher Mängel aufgewiesen. Zu den konkreten Beanstandungen der Klägerin wird auf ihr schriftsätzliches Vorbringen sowie die im ersten Fragenkomplex des Beweisbeschlusses vom 02. September 2004 genannten Fragestellungen Bezug genommen, aus denen sich die Beanstandungen der Klägerin in Einzelnen ergeben.
Des Weiteren liege in der Aufgabe der Patentanmeldung DE 100 64 xxx durch die Beklagte ein schwerwiegender Vertragsverstoß, der sie – die Klägerin – zum Rücktritt vom Vertrag berechtige. Durch die eigenmächtige Rücknahme am 14. Mai 2002 (und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Veröffentlichung der Patentanmeldung – wie der Beklagten bekannt – nicht mehr verhindert werden konnte), habe die Beklagte dem vertraglich geschuldeten Know-how endgültig die Möglichkeit späteren Patentschutzes genommen und es dadurch weiter entwertet.
Nachdem die Klägerin zunächst einen Anspruch aus Minderung in Höhe vom 90 % des Kaufpreises (345.122,02 ) geltend gemacht hatte, ließ sie mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 die Wandelung des Vertrags vom 17. Juli 2001 erklären und verlangt nunmehr Rückzahlung des gesamten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe sämtlicher ihr von der Beklagten überlassener Unterlagen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, wie geschehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die von der Klägerin erhobenen Beanstandungen der vertragsgemäß erbrachten Leistungen für sachlich nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, wegen widersprüchlicher Aussagen des Vertrags vom 17. Juli 2001 liege rechtlich keine Zusicherung der Serienreife des Vertragsgegenstandes vor. Dem Vertrag sei nicht zu entnehmen, ob das Know-how am XXX 2000 als bereits serienreif oder als noch zur Serienreife zu entwickeln veräußert worden sei. Etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin seien jedenfalls erloschen, weil diese es unterlassen habe, Mängel des Kaufgegenstandes unverzüglich zu rügen. Zudem erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
Die Beklagte meint, mit der Rücknahme der vertragsgegenständlichen Patentanmeldung vom 20. Dezember 2000 habe sie keine Vertragsverletzung begangen. Die genannte Patentanmeldung habe mangels Neuheit und erfinderischer Tätigkeit ohnehin nicht zur Erteilung eines Patents führen können, so dass sich durch die Rücknahme der Anmeldung lediglich ein dem Vertrag über die Nutzung einer Patentanmeldung immanentes Risiko der Klägerin realisiert habe. Die Beklagte behauptet, der zuständige Prüfer habe ihr telefonisch erläutert, bei dem Gegenstand der Anmeldung vom 20. Dezember 2000 handele es sich lediglich um einen neuen Anwendungsfall eines schon bekannten technischen Prinzips. Aufgrund der Auskunft des Deutschen Patent- und Markenamts sei sie fest davon ausgegangen, dass die Anmeldung nicht offengelegt werden würde. Zudem sei eine umfassende Neuformulierung der Patentansprüche erforderlich gewesen, zu deren Vornahme sie – die Beklagte – vertraglich nicht verpflichtet gewesen sei. Der Ausgang einer materiellen Prüfung auf der Grundlage einer solchen Neuformulierung der Patentansprüche stelle sich daher als völlig offen dar.
Unabhängig davon sei der Klägerin aus der Rücknahme der Anmeldung kein Nachteil erwachsen. Denn der eigenen Patentanmeldung der Klägerin vom 15. Juni 2001 (DE 101 29 xxx) liege eine Verbesserung der bereits durch die vertragsgegenständliche Patentanmeldung der Beklagten (DE 100 64 xxx) beanspruchten Messkapsel zugrunde. Durch ihre Anmeldung vom 15. Juni 2001 habe sich die Klägerin das technische Wissen der Anmeldung der Beklagten bereits gesichert und den Vertragsgegenstand patentrechtlich ausgenutzt, als ihr unter dem 18. Juni 2002 die Rücknahme der Patentanmeldung mitgeteilt wurde. Dies habe zur Folge, dass die Klägerin durch den erklärten Verzicht auf die Anmeldung der Beklagten keinen Nachteil erlitten habe. Konsequenter Weise habe die Klägerin daher auch davon abgesehen, auf eine Wiederaufnahme der Anmeldung vom 20. Dezember 2000 hinzuwirken.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und durch mündliche Anhörung des Sachverständigen in Termin auf Antrag der Klägerin. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Patentanwalt Kietzmann vom 30. Mai 2005 (Bl. 185ff. GA) sowie die Sitzungsniederschrift vom 13. Juni 2006 (Bl. 274ff. GA) verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung des von ihr geleisteten Kaufpreises in Höhe von 383.468,91 (entsprechend 750.000,- DM) Zug um Zug gegen Rückgewähr der Leistungen der Beklagten aus §§ 325 Abs. 1 Satz 1 und 2 (2. Alt); 327 Satz 1; 346 Satz 1; 348 BGB in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (nachfolgend: a.F.). Diese sind gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB auf das zwischen den Parteien am 17. Juli 2001 begründete Schuldverhältnis weiterhin anzuwenden.
I.
Nachdem die Beklagte die vertragsgegenständliche Patentanmeldung DE 100 64 xxx mit Schreiben vom 14. Mai 2002 zurückgenommen hat und es im Anschluss daran am 04. Juli 2002 gleichwohl zur Offenlegung der Patentanmeldung kam, ist der Beklagten die Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem lizenzvertraglichen Vertragsteil, der Klägerin ein Nutzungsrecht an der Patentanmeldung DE 100 64 xxx zu gewähren, unmöglich geworden. Darin liegt eine teilweise Unmöglichkeit im Sinne des § 325 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., die die Beklagte zu vertreten hat (§ 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.) und die dazu führt, dass die teilweise Erfüllung des Vertrags vom 17. Juli 2001 hinsichtlich des kaufvertraglichen Teils ungeachtet der Frage der Mangelhaftigkeit für die Klägerin kein Interesse hat.
1.
Nach § 325 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. ist der Gläubiger bei teilweiser Unmöglichkeit, wenn die teilweise Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 280 Abs. 2 BGB a.F. zu verlangen oder von dem ganzen Vertrag zurückzutreten.
a)
Mit Vertrag vom 17. Juli 2001 wurde der Klägerin hier ein ausschließliches Nutzungsrecht am Gegenstand der Patentanmeldung der Beklagten im Bereich der Aufzugstechnik eingeräumt. § 1 Abs. 1 des Vertrags spricht zwar ohne Einschränkung auf ein ausschließliches Nutzungsrecht lediglich davon, dass die Beklagte an die Klägerin das Know-how zum XXX 2000 einschließlich des „Nutzungsrechtes„ der Patentanmeldung DE 100 64 xxx verkauft. Der Ausschließlichkeitscharakter des Nutzungsrechts im Bereich der Aufzugstechnik ergibt sich aber im Umkehrschluss aus der Regelung des § 1 Abs. 2 Buchstabe a) des Vertrags, wonach die Beklagte das Recht haben sollte, die Patentanmeldung für sonstige Anwendungen außerhalb der Aufzugstechnik weiterhin zu nutzen. Dieses Vertragsverständnis wird weiter gestützt durch Absatz 3 der Präambel, wonach die Vertragsparteien beabsichtigten, den Vertrieb des genannten Systems einschließlich des dabei entstehenden Know-hows vollständig und „ausschließlich„ auf die Klägerin zu übertragen.
b)
Als Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der Patentanmeldung DE 100 64 xxx hätte der Klägerin nicht nur ein positives Nutzungsrecht am Gegenstand der Anmeldung und des zu einem späteren Zeitpunkt erteilten Patents zugestanden, sondern sie wäre ab dem Zeitpunkt der Patenterteilung auch berechtigt gewesen, Dritte von der Nutzung des Patents auszuschließen. Diese Möglichkeit, Dritten nach Patenterteilung die Nutzung zu untersagen, ist durch die eigenmächtige Rücknahme der Patentanmeldung seitens der Beklagten vereitelt worden. Die Beklagte kann der Klägerin daher nicht mehr wie vertraglich geschuldet ein ausschließliches Nutzungsrecht am Gegenstand der Anmeldung und dem zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilenden Patent einräumen.
Die am 14. Mai 2002 gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt erklärte Rücknahme der Anmeldung (Anlage L6) führte dazu, dass das Patenterteilungsverfahren unwiderruflich beendet wurde. Die Erklärung der Beklagten, die Patentanmeldung nicht mehr weiter zu verfolgen, die Angelegenheit sei für sie abgeschlossen, war aus Sicht des Deutschen Patent- und Markenamts als Rücknahme der Anmeldung zu verstehen. Aus ihr ging der Wille, das Erteilungsverfahren zu beenden, unmissverständlich hervor. Die Erklärung der Rücknahme einer Patentanmeldung kann nach ihrem Eingang nicht widerrufen werden (vgl. Benkard, Patentgesetz, 10. Auflage 2006, § 34 PatG Rn. 149; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Auflage 2003, § 34 PatG Rn. 144). Grundsätzlich kommt allenfalls eine Anfechtung in Betracht, deren Voraussetzungen hier aber ersichtlich nicht gegeben sind. Es ist daher im vorliegenden Zusammenhang unerheblich, dass die Klägerin auch auf die Mitteilung der Beklagten vom 18. Juni 2002, die Patentanmeldung zurückgenommen zu haben, nicht darauf hingewirkt hat, das Erteilungsverfahren fortzusetzen. Die von der Beklagten angenommene Möglichkeit, innerhalb von sechs Monaten die Folgen einer nicht rechtzeitigen Zahlung von Gebühren durch die Nachzahlung zu beseitigen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG), besteht nur bei der Rücknahmefiktion (§ 6 Abs. 2 PatKostG), nicht jedoch bei einer wie hier erklärten Rücknahme. Es wäre der Klägerin daher ohnehin nicht möglich gewesen, durch eine entsprechende Bitte an die Beklagte eine Fortführung des Erteilungsverfahrens zu bewirken. Denn selbst der Beklagten als Anmelderin stand diese Möglichkeit nicht zur Verfügung.
Trotz der Rücknahme der Anmeldung kam es am 04. Juli 2002 zur Offenlegung der Anmeldung (Anlage L9). Entgegen ihrem anfänglichen Bestreiten ist die Beklagte der von der Klägerin vorgetragenen Offenlegung am 04. Juli 2002, substantiiert durch Vorlage der Offenlegungsschrift DE 100 64 xxx A1 als Anlage L9, nicht mehr entgegengetreten, sondern hat diese mit Schriftsatz vom 19. Juli 2004 (Bl. 103 GA) zugestanden. Infolge dieser Offenlegung, die durch die erst am 14. Mai 2002 erklärte Rücknahme der Anmeldung nicht mehr verhindert werden konnte, wurde der Gegenstand der Patentanmeldung DE 100 64 xxx allgemein bekannt und somit zu Stand der Technik. Dies hat zur Folge, dass beiden Parteien damit jegliche Möglichkeit genommen wurde, die Technologie, die Gegenstand der Anmeldung der Beklagten war, erneut zum Gegenstand eines Schutzrechts zu machen. Die Klägerin kann damit Verbietungsrechte zum Schutz des ihr eingeräumten ausschließlichen Nutzungsrechts gegenüber Dritten endgültig nicht mehr durchsetzen.
c)
Die Beklagte kann sich hier nicht mit Erfolg darauf berufen, die vertragsgegenständliche Patentanmeldung hätte auch ohne ihre Rücknahme nicht zur Patenterteilung führen können.
aa)
Im Ausgangspunkt zutreffend verweist die Beklagte allerdings darauf, dass bei einer schon der Anmeldung innewohnenden anfänglichen Unmöglichkeit, für den Gegenstand des vertraglich geschuldeten ausschließlichen Nutzungsrechts ein Patent erteilt zu bekommen, keine Vertragspflicht der Beklagten unmöglich geworden sein könnte. Wenn bereits die Anmeldung vom 20. Dezember 2000 zu keiner Patenterteilung führen konnte (und zwar auch nicht nach Durchführung einer unter den gegebenen Umständen unvermeidbaren Neuformulierung der Patentansprüche), hätte sich mit dem durch die Rücknahme und anschließende Offenlegung der Anmeldung eingetretenen, oben unter b) geschilderten Ergebnis lediglich das Risiko realisiert, das den Parteien als jedem Erteilungsverfahren immanent bewusst gewesen sein muss. Das Risiko, dass es bei der Lizenz über eine Schutzrechtsanmeldung nicht zur Erteilung kommt, müsste die Klägerin als Lizenznehmerin tragen. Dieser Fall ist in der Risikoverteilung demjenigen gleich zu behandeln, dass bei einem Lizenzvertrag über ein bereits erteiltes Patent dieses nachträglich vernichtet wird. Trotz der Rückwirkung der Nichtigerklärung tritt dann keine rückwirkende Unwirksamkeit des Lizenzvertrags ein, der Lizenznehmer bleibt bis zur Nichtigerklärung zur Entrichtung der Lizenzgebühren verpflichtet (vgl. Benkard, aaO, § 15 PatG Rn. 192f.). Korrespondierend damit hat der Lizenzgeber grundsätzlich nicht dafür einzustehen, dass auf die lizenzierte Anmeldung tatsächlich ein Patent erteilt wird (vgl. Benkard, aaO, § 15 PatG Rn. 197). Für die Zeit bis zur Zurückweisung des Antrags bliebe der Lizenznehmer daher zur Zahlung vereinbarter Lizenzgebühren verpflichtet, weil das Ausbleiben der Erteilung in seinen Risikobereich fällt. Wäre der Beklagten darin zu folgen, dass der Gegenstand der Patentanmeldung schlechthin nicht patentfähig war, hätte sich im Ergebnis nur das ohnehin von der Klägerin zu tragende Risiko realisiert, dass es nicht zur Patenterteilung kommt, wobei die Rücknahme der Anmeldung nur eine „überholende„ Ursache gesetzt hätte.
bb)
Nach Durchführung der Beweisaufnahme steht jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Gegenstand der Patentanmeldung jedenfalls nach Neuformulierung der Patentansprüche erteilungsfähig war, die formellen Mängel der Anmeldung also mit gegebenenfalls patentanwaltlicher Hilfe zu beheben waren (1) und der Gegenstand der Anmeldung neu war und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte (2).
(1)
Die Kammer schließt sich uneingeschränkt dem Ergebnis des Sachverständigen Patentanwalt Kietzmann an, dass sich aus dem Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung DE 100 64 xxx der Anregung der Prüfungsstelle folgend ein den formellen Anforderungen genügender Patentanspruch hätte formulieren lassen. Bereits der Prüfbescheid des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. April 2002 (Seite 2-4: Bl. 214-216 GA) weist unmissverständlich darauf hin, dass und aus welchen Gründen die in der Anmeldung der Beklagten nebengeordneten Ansprüche 1 bis 14 mangels Klarheit ihres beanspruchten Gegenstandes nicht gewährbar waren. Nach der dort vertretenen Auffassung sei es sehr zweifelhaft, ob aus dem in den Anmeldungsunterlagen offenbarten technischen Inhalt ein gegebenenfalls patentierbarer Gegenstand extrahiert werden könne. Zugleich weist die Prüfungsstelle aber bereits den von ihr als „die derzeit einzige Möglichkeit„ angesehenen Weg, „die detailliert in der Figur offenbarten bautechnischen Fakten in einem einzigen Anspruch zusammenzufassen„ (Seite 4 des Prüfbescheids, Bl. 216 GA). Auch der zuständige Prüfer erachtete es also durchaus für möglich, einen einzigen Anspruch zu formulieren.
Der Sachverständige hat in einer ohne weiteres nachvollziehbaren Weise dargelegt, welche Merkmale im Sinne einer Merkmalsanalyse sich aus der ursprünglichen Patentanmeldung der Beklagten entnehmen lassen Seite 15-17 des Gutachtens; Bl. 199-201 GA). Diese Merkmalsgliederung wird nachfolgend wiedergegeben, wobei in kursiver Schrift jeweils angegeben ist, an welcher Stelle der Anmeldung sich die entsprechende Offenbarung findet. Dabei wird zur Vereinfachung der Zitierung auf die als Anlage L9 vorgelegte Offenlegungsschrift DE 100 64 xxx A1 Bezug genommen, der eine entsprechende Figur einer Messkapsel beigefügt ist:
Vorrichtung zur Erfassung von Körperschallimpulsen zur Positionsbestimmung eines längs einer vorgegebenen Strecke beweglichen Gegenstandes (Spalte 1 Zeile 3-7), wobei
1. entlang der vorgegebenen Strecke ein Messmedium, vorzugsweise ein Stahldraht oder eine Stahlschiene angeordnet ist (Spalte 1 Zeile 5f.),
2. der Stahldraht mit nach einem vorgegebenen Signalmuster getakteten Schallimpulsen von einem am beweglichen Gegenstand angeordneten elektromagnetischen Sender beaufschlagt ist (Spalte 1 Zeile 11-14),
3. die Schallimpulse mittels eines Empfängers in Form einer Messkapsel an einem Ende des Stahldrahtes erfassbar sind (Spalte 1 Zeile 15-18),
3.1 die Messkapsel in einem festen thermisch und elektromagnetisch unempfindlichen Gehäuse angeordnet ist (Spalte 1 Zeile 32-35),
3.2 die Messkapsel innen beheizbar ist, so dass eine konstante, für die Piezo-Keramik optimale Temperatur besteht (Spalte 2 Zeile 37-41, Anspruch 14),
3.2.1 die Heizung durch einen elektrisch beheizbaren Widerstand erfolgt (Spalte 2 Zeile 37-41, Anspruch 14),
4. die Messkapsel einen Messstift enthält, der mit den Stahldraht direkt verbunden ist, derart, dass die erzeugten Impulse aufgenommen und piezoelektrisch in elektrische Impulse umgewandelt werden (Spalte 1 Zeile 35-38, 15-18 und 26-28),
4.1 die Verbindung zwischen Stahldraht und Messstift eine Klemmverbindung bestehend aus einer Bohrung und eine in diese seitlich einschraubbarer Schraube ist (Spalte 1 Zeile 39-42),
5. der Messstift
5.1 aus leichtem und hochfestem Material zur besten Resonanzübertragung besteht (Spalte 1 Zeile 68 bis Spalte 2 Zeile 2, Anspruch 2),
5.2 eine geringste Eigenmasse aufweist (Spalte 2 Zeile 3f., Anspruch 3),
5.3 in einem Gehäuse beweglich gelagert ist, so dass keine Resonanzbeeinflussung besteht (Spalte 2 Zeile 5-7, Anspruch 4),
5.4 in die Messkapsel hineinragt (Spalte 2 Zeile 8f., Anspruch 5),
5.5 durch Dichtungsringe die Messkapsel gegen Feuchtigkeit und Staub abdichtet (Spalte 2 Zeile 10-12, Anspruch 6),
5.5.1 die Dichtringe den Messstift gegen Verschieben sichern (Spalte 2 Zeile 13f., Anspruch 7),
6. der Messstift über einen Nocken verfügt, der direkt auf einen Piezo-Sensor wirkt (Spalte 2 Zeile 16-18, Anspruch 8),
6.1 die Einwirkung des Nocken auf den Piezo-Sensor mittig erfolgt (Spalte 2 Zeile 16-18, Anspruch 8),
6.2 der Messstift auf die Piezo-Keramik des Piezo-Sensors kraftschlüssig wirkt (Spalte 2 Zeile 19f., Anspruch 9),
6.3 zwischen Messstift und Piezo-Keramik ein Metallplättchen fest verbunden angeordnet ist, um die Piezo-Keramik bei größeren Kräften am Messstift nicht zu beschädigen (Spalte 2 Zeile 24-28, Anspruch 11),
7. die Piezo-Keramik
7.1 extrem dünn ausgeführt ist und damit geringsten Resonanzen folgen kann (Spalte 2 Zeile 21-23, Anspruch 10),
7.2 auf der dem Messstift gegenüberliegenden Seite durch einen dauerelastischen Kleber mit einer Halterung verbunden ist, wobei der dauerelastische Kleber die Resonanzen nicht behindert (Spalte 2 Zeile 29-32, Anspruch 12),
7.3 federbelastet ist, derart, dass die Piezo-Keramik ständig mit gleicher Kraft gegen den Messstift drückt (Spalte 2 Zeile 33-36, Anspruch 13).
Auf der Grundlage dieser Merkmalsgliederung hält der Sachverständige (Seite 23f. des Gutachtens; Bl. 207f. GA) und mit ihm die Kammer die folgende Formulierung einer Aufgabenstellung und eines abgegrenzten Anspruchs für möglich, die der weiteren Prüfung hätten zugrunde gelegt werden können. Dabei waren hier offen gelassene Bezugszeichen in der vorliegenden Patentanmeldung nicht benannt und hätten noch belegt werden müssen:
„Aufgabe der Erfindung ist es, für eine Positionsfeststellung die von einem bewegten Gegenstand in einen Messdraht eingekoppelten Schallimpulse mit optimaler Resonanzübertragung durch einen piezoelektrischen Sensor zu erfassen und in elektrische Impulse umzuwandeln.„
„Patentansprüche:
1. Vorrichtung zur Erfassung und Umwandlung der von einem bewegten Gegenstand in einen Messdraht (8) eingekoppelten Schallimpulse mittels einer an einem Ende des Messdrahtes (8) in einem Messkapselgehäuse (…) auf einer Halterung (1) angeordneten Piezokeramik (3) eines piezokeramischen Sensors, wobei die Schallimpulse mittig auf die Piezokeramik durch eine mechanische Kopplung übertragen werden, indem im Messkapselgehäuse (…) ein Messstift (…) beweglich gelagert ist, der Messstift (…) einseitig aus dem Messkapselgehäuse (…) herausragt und hier kraftschlüssig und lösbar mit dem Ende des Messdrahtes (8) verbunden ist, und der Messstift (…) auf seiner Mantelfläche über einen Nocken (5) verfügt, der kraftschlüssig auf die Piezokeramik (3) wirkt.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen der Mantelfläche des Messstiftes (…) und dem Messkapselgehäuse (…) beidseitig vom Nocken (5) Dichtringe (6) angeordnet sind, die das Innere des Messkapselgehäuses (…) gegen Feuchtigkeit und Staub abdichten und den Messstift (…) gegen Verschieben sichern.
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Nocken (5) des Messstiftes (…) und der Piezokeramik (3) ein fest mit der Piezokeramik (3) verbundenes Metallplättchen (4) angeordnet ist.
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Halterung (1) der Piezokeramik (3) durch eine im Messkapselgehäuse (…) angeordnete Druckfeder (9) belastet ist, derart, dass die Halterung ständig mit gleicher Kraft gegen den Messstift (…) gehalten wird.„
Die Beklagte ist der dargelegten Möglichkeit, den Offenbarungsgehalt der Anmeldung in die oben wiedergegebenen Ansprüche umzuformulieren, nicht entgegengetreten. Zur Irrelevanz ihres einzigen Einwands, sie sei zu einer Umformulierung der angemeldeten Patentansprüche vertraglich nicht verpflichtet gewesen, wird auf die Ausführungen unter cc) verwiesen.
(2)
Der oben unter (1) umschriebene Gegenstand der Anmeldung der Beklagten war zum Zeitpunkt des 20. Dezember 2000 neu und beruhte auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Soweit das als Anlage B12 vorliegende Privatgutachten der Beklagten zu dem Schluss gelangt, der Gegenstand der Anmeldung sei nicht neu, weil die Signalerfassung durch die DE 44 34 xxx und die DE 199 22xxx, die Signalübertragung durch die DE 199 29 xxx C1 direkt neuheitsschädlich vorweggenommen seien, während die Signalauskopplung über einen Messstift lediglich eine Auswahl aus verschiedenen vorhandenen technischen Mitteln darstelle, die eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen kann, ist dem nicht zu folgen. Durch die Kombination verschiedener Entgegenhaltungen kann allenfalls die erfinderische Tätigkeit in Frage gestellt werden, nicht die Neuheit. Eine Erfindung ist neu, wenn die sie beschreibende Kombination von Merkmalen vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen sind. Für eine neuheitsschädliche Vorwegnahme müssen aus der jeweiligen den Stand der Technik beschreibenden Veröffentlichung alle erfindungsgemäßen Merkmale bekannt sein (Busse/Keukenschrijver, aaO, § 3 PatG Rn. 24, 108). Für keine der Entgegenhaltungen hat die Beklagte dargetan, dass sie sämtliche Merkmale der vertragsgegenständlichen Patentanmeldung der Beklagten neuheitsschädlich vorwegnehme.
Der Gegenstand der Patentanmeldung DE 100 64 xxx der Beklagten beruhte auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (§ 4 PatG), wobei die im Zusammenhang mit der Lösung der Aufgabe bereits bekannten Wirkungs-Mittel-Zusammenhänge auch aus unterschiedlichen Veröffentlichungen vor dem Anmelde- bzw. Prioritätstag stammen können (Busse/Keukenschrijver, aaO, § 4 PatG Rn. 32). Die Kammer folgt der Feststellung des Sachverständigen, dass es sich bei dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Fachmann um einen Elektroingenieur mit messtechnischen Kenntnissen handelt, der über praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Fördertechnik verfügt (vgl. Gutachten Seite 18; Bl. 202 GA). Von den vier im Beweisbeschluss genannten Entgegenhaltungen (1) DE-PS 199 22 xxx, (2) DE-PS 44 34 xxx, (3) DE-PS 199 29 xxx und (4) EP-A 1 024 372 unterfällt nur die Entgegenhaltung (2) DE 44 34 xxx der Hauptklasse der zu beurteilenden Anmeldung, der Patentklassifikation G01H – Messen von mechanischen Schwingungen oder Ultraschall, Schall- oder Infraschallwellen. Die Entgegenhaltungen (3) DE 199 29 xxx und (4) EP-A 1 024 372 unterfallen lediglich dem ähnlich gelagerten Problemfeld der „Ermittlung der Anwesenheit mittels Ultraschallwellen„ (G01S). Die Erfindungsbeschreibung (1) DE 199 22 xxx wurde unter anderem klassifiziert in die Klasse „Tonerzeugung mittels piezoelektrischer Antriebe„ (G10K). Mit dem Sachverständigen geht die Kammer davon aus, dass diese Entgegenhaltung nicht dem unmittelbaren Fachwissen des hier maßgeblichen Fachmanns zuzuordnen ist. Dem sind die Parteien, auch die Beklagte, nicht mehr entgegengetreten.
Die Merkmale 1. bis 3. der obigen Merkmalsgliederung sind aus der Entgegenhaltung (3) DE 199 22 xxx, deren Inhaberin die Klägerin ist, bekannt. Auch dort kommt ein Schallsignalleiter (3), der lotrecht im Schacht (1) angeordnet ist, zur Positionserfassung des Aufzugkorbs (2) zur Anwendung. Für das Auskoppeln des Schallsignals aus dem Schallsignalleiter ist ein Signalauskoppler (10) vorgesehen, der hinsichtlich der Funktion in der Gesamtvorrichtung der Messkapsel der Patentanmeldung der Beklagten entspricht. Die Entgegenhaltung (3) DE 199 22 xxx beschreibt jedoch nicht, wie die Signalauskopplung selbst erfolgt, also auf welche Art die von dem Signaleinkoppler (9) in den Schallsignalleiter (3) eingekoppelten Schallsignale auf den Signalauskoppler (10) übertragen und mit welchen Mitteln sie dort in ein elektrisches Signal umgewandelt werden. Patentanspruch 1 spricht nur davon, dass der Signalauskoppler (10) mit einer Auswerteschaltung (11) zur Erzeugung eines für die momentane Position des Auszugkorbs (2) repräsentativen Signals verbunden ist (DE 199 29 xxx C1, Spalte 4 Zeile 18-22). Insoweit sieht sich der Fachmann daher vor die Aufgabe gestellt, nach einer eigenständigen Lösung zu suchen, die zum einen die Resonanzauskopplung optimal gewährleistet und sich zum anderen möglichst als Montagebaustein in ein bestehendes Aufzugssystem integrieren lässt.
Aus der Entgegenhaltung (4) EP-A 1 024 372 erfährt er nur, dass der Signalauskoppler (6) neben induktiv oder kapazitiv arbeitenden vorzugsweise ein piezoelektrischer Signalauskoppler sein kann (EP 1 024 372 A1, Abschnitt 0014). Über die konkrete Ausführung eines piezoelektrischen Signalauskopplers erfährt der Fachmann hingegen auch aus der Entgegenhaltung (4) nichts. Insbesondere offenbart sie ihm nicht, dass der Signalauskoppler (die Messkapsel) einen Messstift enthält, der mit der Schallsignalleiter (dem Stahldraht) direkt verbunden ist und zwar dergestalt, dass die erzeugten Impulse aufgenommen und piezoelektrisch in elektrische Impulse umgewandelt werden (Merkmal 4. der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung). Des Weiteren erfährt der Fachmann nichts darüber, dass der Messstift auf seiner Mantelfläche über einen Nocken verfügt, der mittig und kraftschlüssig auf die Piezo-Keramik einwirkt (Merkmale 6., 6.1 und 6.2 der obigen Merkmalsgliederung, wie sie ebenfalls Bestandteil des von dem Sachverständigen formulierten Hauptanspruchs 1 sind).
Bei dem Auffinden der patentgemäßen Signalauskopplung mittels eines Messstiftes entsprechend Merkmal 4. kann der Fachmann auch der Entgegenhaltung (2) DE 44 34 xxx keine Maßnahmen entnehmen, die denen der vertragsgegenständlichen Patentanmeldung entsprechen, obwohl auch die DE 44 34 xxx die piezoelektrische Umwandlung von Ultraschallwellen in elektrische Signale beinhaltet. Bei ihr erfolgt die Übertragung auf die piezoelektrische Membran jedoch über die Luft, nicht mittels eines Messstiftes. So spricht Abschnitt 0007 der Beschreibung der DE 44 34 xxx davon, dass ein Ausgleichsschwinger (10) auf der Ultraschallwellen empfangenden Seite mit dem mittleren Bereich der piezoelektrischen Membran (3) verbunden ist; der Ausgleichsschwinger (10) besteht aus einem stabilen Material mit konischer Form, die zur Ultraschallwellen empfangenden Seite hin geöffnet ist. Die Übertragung des Impulses auf die piezoelektrische Membran über die Luft (Lufterregung) führt jedoch nicht in naheliegender Weise zu einer entsprechend dem Merkmal 4. der Patentanmeldung DE 100 64 xxx ausgebildeten Lösung unter Verwendung eines in seiner Ausgestaltung dort näher beschriebenen Messstiftes mit besonderen Funktionalitäten wie der Echoimpulsverstärkung. Diese Lösung unterscheidet sich, wie auch der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, so dass ihm die Kammer folgt, so grundlegend von der Lufterregung gemäß der DE 44 34 xxx, dass der Fachmann dieser Entgegenhaltung keine Anregung im Hinblick auf die Lösung nach der Patentanmeldung der Beklagten entnehmen konnte. Wollte man darüber hinaus auch die Entgegenhaltung (1) DE 199 22 xxx zum maßgeblichen Stand der Technik zählen, gälten insoweit dieselben Bedenken wie bei der Entgegenhaltung (2) DE 44 34 xxx. Auch in der DE 199 22 xxx C2 wird nicht offenbart, dass die Auskopplung und Übertragung des Impulses auf das piezoelektrische Element mittels eines Messstifts erreicht wird. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, wieso es sich bei dem Messstift gemäß der vertragsgegenständlichen Patentanmeldung um ein technisches Mittel handeln sollte, das dem durchschnittlichen Fachmann auf dem hier maßgeblichen Gebiet im Anmeldezeitpunkt bekannt gewesen sei. Auch insoweit folgt die Kammer der Würdigung des Sachverständigen, dass dies im Stand der Technik nicht vorweggenommen war (Seite 22 des Gutachtens, Bl. 206 GA).
Über die vier im Beweisbeschluss genannten Entgegenhaltungen hinaus hat der Sachverständige auch die weitere Entgegenhaltung DE 35 24 xxx(vgl. die Anlage zum Gutachten; Bl. 217-220 GA) auf ihren Offenbarungsgehalt im Hinblick auf Merkmal 4 der Patentanmeldung DE 100 64 xxx untersucht. Bei der hier offenbarten Erfindung ist ein Sensordraht (10), der mechanische Schwingungen eines zu detektierenden Objektes aufnimmt, mechanisch mit einem piezoelektrischen Wandler in einer baulichen Einheit gekoppelt. Die unlösbare bauliche Verbindung beider Bauteile bringt jedoch im Hinblick auf das Anwendungsgebiet der Patentanmeldung der Beklagten (Auszugstechnik) Probleme hinsichtlich Wartung und Montage mit sich. Der nachvollziehbaren Wertung des Sachverständigen, dass der Fachmann, der sich im Rahmen der oben genannten Aufgabenstellung um eine Lösung bemüht, die Lehre der DE 35 24 xxx als praktisch untauglich verwerfen würde, schließt sich die Kammer an. Dieser Würdigung ist auch die Beklagte in ihrer Auseinandersetzung mit dem Gutachten nicht entgegengetreten.
Über das Merkmal 4. hinaus ist dem Sachverständigen darin zu folgen, dass die Ausgestaltung eines Messstiftes nach Merkmal 5., der für die Signalauskopplung mittels eines piezoelektrischen Sensors verwendet wird, im Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt war. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Einsatz eines Messstiftes zu diesen Zwecken neu war und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte, mithin erst recht seine bauliche Ausgestaltung Grundlage für einen abgegrenzten Anspruch bilden konnte. Daraus folgt zugleich auch, dass Merkmal 6., wonach der Messstift über einen Nocken verfügt, der direkt auf einen Piezo-Sensor wirkt, nicht vorweggenommen war. Bei der in der Entgegenhaltung DE 44 34 xxx offenbarten piezoelektrischen Membran mit einem Schwinger in konischer Form ist dieser nicht als Bestandteil eines Messstiftes vorgesehen.
Aus der abschließenden Einschätzung des Sachverständigen auf Seite 25 seines Gutachtens (Bl. 209 GA), da die Prüfungsstelle im Prüfbescheid vom 26. April 2002 angekündigt hat, nach Neufassung der angemeldeten Ansprüche eine zielgerichtete Recherche durchzuführen, sei nicht abzusehen, ob der oben genannte Anspruch zu einer Erteilung hätte führen können, kann nicht im Sinne der Beklagten abgeleitet werden, es hätte keine ausreichende Gewissheit für eine Patenterteilung bestanden. Eine objektive Basis für diese Einschätzung hat die Beklagte entgegen ihrer dahingehenden prozessualen Obliegenheit nicht dargetan. Der Sachverständige hat sich mit insgesamt fünf Entgegenhaltungen hinsichtlich ihrer Neuheitsschädlichkeit und des Naheliegens befasst. Darunter befanden sich all jene Entgegenhaltungen, die die Beklagte mit dem von ihr als Anlage B12 vorgelegten Privatgutachten vom 14. Juli 2004 für relevant gehalten hat (DE 44 34 xxx, DE 199 22 xxx und DE 199 29 948) sowie die von der Beklagten schriftsätzlich erörterte Entgegenhaltung EP-A 1 024 372 und die weitere, von dem Sachverständigen selbst ermittelte Entgegenhaltung DE 35 24 xxx Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, in Kenntnis des im Gutachten neu und formell ordnungsgemäß formulierten Patentanspruchs darzulegen, welche weiteren Entgegenhaltungen über die von dem Sachverständigen untersuchten hinaus gegen die Erteilungsfähigkeit dieser Anspruchsfassung sollten angeführt werden können. Dass sich der Prüfer in dem Prüfbescheid vom 26. April 2002 vorbehalten hat, in Kenntnis eines noch zu formulierenden ordnungsgemäßen Patentanspruchs eine zielgerichtete Recherche vorzunehmen, entbindet die Beklagte nicht von ihrer prozessualen Pflicht, diese Aufgabe nunmehr selbst zu übernehmen und etwaigen weiteren zu ermittelnden Stand der Technik darzulegen sowie darzutun, inwieweit er dem neu formulierten Patentanspruch entgegenstehen soll. Ein schlichter Rekurs auf den Prüfungsvorbehalt im Prüfbescheid vom 26. April 2002 genügte in Kenntnis der neu formulierten Patentansprüche jedenfalls nicht mehr.
cc)
Der von der Beklagten vorgetragene Einwand, sie sei zu einer Änderung der angemeldeten Patentansprüche, insbesondere zu einer umfassenden Umformulierung und Abgrenzung der Patentansprüche zum Stand der Technik, nicht vertraglich verpflichtet gewesen, geht an dem ihr hier zu machenden Vorwurf vorbei. Dabei kann man mit der Beklagten davon ausgehen, dass Vertragsgegenstand die Ansprüche aus der Patentanmeldung waren, wie sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem Deutschen Patent- und Markenamt vorlag und als solche unzweifelhaft nicht erteilungsfähig war. Selbst wenn man dies zugrunde legt, hätte die Beklagte die Anmeldung aber jedenfalls nicht ohne vorherige Information der Klägerin als der ausschließlich Nutzungsberechtigten zurücknehmen dürfen, insbesondere nicht zu einem Zeitpunkt, in dem die Offenlegung der Patentanmeldung nicht mehr zu verhindern war. Wäre die Klägerin rechtzeitig informiert worden, hätte wenigstens sie die Möglichkeit gehabt, ihrerseits auf eine erteilungstaugliche Anspruchsfassung hinzuwirken. Ohne eine vorherige Mitteilung der Probleme im Verfahren der Patenterteilung war der Klägerin aber jegliche Mitwirkung bei der Neuformulierung der Ansprüche schon grundsätzlich verwehrt. Auch wenn man mit der Beklagten annehmen wollte, die Klägerin sei an einer positiven Nutzung des Gegenstands der Patentanmeldung DE 100 64 xxx gar nicht interessiert gewesen, sondern habe nur Verbietungsrechte gegenüber Dritten erstrebt, um ihre eigene technische Lösung auf dem Markt vor derjenigen der Beklagten zu schützen, hätte der Klägerin an einer Patenterteilung gelegen sein müssen. Schon nach den konkreten Umständen, wie sie die Beklagte behauptet, wäre daher davon auszugehen, dass die Klägerin an einer erteilungsfähigen Formulierung der Patentansprüche mitgewirkt hätte. Hierfür streitet zudem die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens bei vertragspflichtwidrigem Unterlassen einer Aufklärungspflicht (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Auflage 2004, § 280 Rn. 39). Danach besteht bei Verletzung einer Aufklärungspflicht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich der Aufzuklärende bei gehöriger Aufklärung entsprechend dem pflichtgemäßen Rat verhalten hätte. Wäre die Klägerin hier von der Beklagten über den Inhalt des Prüfbescheids vom 26. April 2002 (Seiten 2-4: Bl. 214-216 GA) informiert worden, hätte sie, gegebenenfalls unter Inanspruchnahme patentanwaltlicher Hilfe, die mangelhafte Ausformulierung der beanspruchten Gegenstände beheben können, so wie dies auch durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen Patentanwalt Kietzmann im vorliegenden Rechtsstreit möglich war. Durch die tatsächlich vor der unwiderruflichen Rücknahme der Anmeldung unterbliebene Information der Klägerin war ihr aber jegliche Möglichkeit zur Einflussnahme auf das Erteilungsverfahren genommen.
Für die Kammer steht fest, dass eine Erfolg versprechende Neuformulierung der Patentansprüche bei rechtzeitiger Information der Klägerin innerhalb des Erteilungsverfahrens möglich gewesen wäre. Das Erteilungsverfahren ist regelmäßig von einem Dialog zwischen Prüfer und Anmelder geprägt, in dem der Prüfer etwaige noch bestehende Bedenken mitteilt und Gelegenheit gibt, diese seitens des Anmelders auszuräumen. Soweit es dem Sachverständigen im vorliegenden Rechtsstreit ohne einen solchen Dialog mit einem Prüfer möglich war, auf der Grundlage der Anmeldung formell ordnungsgemäße Patentansprüche zu formulieren, musste dies auch im Anmeldeverfahren möglich sein. Wenn sich die Beklagte selbst nicht in der Lage sah, die Anmeldung mit Aussicht aus Erfolg weiterzuführen, hätte sie zumindest der Klägerin als der ausschließlich Nutzungsberechtigten am Gegenstand der Patentanmeldung die Gelegenheit dazu einräumen müssen. Inkonsequent ist es insoweit, wenn die Beklagte darauf hinweist (Stellungnahme zum Gutachten vom 01. Dezember 2005, Seite 4; Bl. 253 GA), sie hätte sicher dazu beigetragen, dass das Verfahren erfolgreich weitergeführt wird, wenn sie von der Klägerin dazu aufgefordert worden wäre. Die Klägerin habe insoweit aber keinerlei Aktivitäten entfaltet. Die Beklagte berücksichtigt dabei nicht, dass es der Klägerin mangels Information gar nicht möglich war, ihrerseits tätig zu werden oder die Beklagte als Anmelderin zu einer Tätigkeit aufzufordern.
d)
Das Unmöglichwerden des lizenzvertraglichen Teils ihrer Verpflichtungen hat die Beklagte auch zu vertreten. Sie hat am 14. Mai 2002 in rechtsverbindlicher und unwiderruflicher Weise die Rücknahme der vertragsgegenständlichen Patentanmeldung erklärt, ohne die Klägerin zuvor von ihrer Absicht in Kenntnis zu setzen. Sie hätte der Klägerin als der ausschließlich Nutzungsberechtigten vor Rücknahme die Möglichkeit geben müssen, auf eine Neuformulierung der angemeldeten Patentansprüche hinzuwirken. Die erst einen Monat später erfolgte Mitteilung an die Klägerin vom 18. Juni 2002 (Anlage B3) vermochte daran nichts mehr zu ändern, weil beiden Parteien – wie bereits ausgeführt – die rechtliche Möglichkeit fehlte, die Wirkungen der Rücknahme zu beseitigen.
Daher kann es die Beklagte auch nicht entlasten, dass sie meinte, aufgrund ihrer Rücknahmeerklärung vom 14. Mai 2002 werde es nicht mehr zur Offenlegung der Anmeldung kommen. Ausweislich der Mitteilung vom 21. Juni 2001 (Anlage L7) musste ihr bekannt sein, dass die Veröffentlichung der Anmeldung voraussichtlich am 27. Juni 2002 erfolgen werde und unterbleibe, wenn die Anmeldung früher als acht Wochen vor dem vorgesehenen Veröffentlichungstag zurückgenommen wird. Angesichts dieser Mitteilung ist es nicht nachvollziehbar, aus welchem Grunde die Beklagte meinte, durch eine Rücknahme, die hier erst sechs Wochen und zwei Tage vor dem vorgesehenen Veröffentlichungsdatum erfolgte, eine Offenlegung noch verhindern zu können.
e)
Infolge des Wegfalls des vertraglich eingeräumten Nutzungsrechts am Gegenstand der Patentanmeldung ist auch die Überlassung des auf denselben Gegenstand bezogenen Know-hows für die Klägerin berechtigter Weise nicht mehr von Interesse (§ 325 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F.). Sowohl die Patentanmeldung als auch das vereinbarungsgemäß übertragene Know-how bezogen sich gleichermaßen auf eine Messkapsel zur Erfassung von Körperschallinformationen, wie sich schon aus § 1 Abs. 1 des Vertrags („das Know-how zum XXX 2000 inclusive des Nutzungsrechtes der vorgenannten Patentanmeldung„) ergibt. Die endgültige Übertragung des Know-hows gegen Zahlung eines einmaligen Betrags, auf die Kaufrecht analog anwendbar ist, einerseits und die Lizenzierung der mit dem Know-how zusammenhängenden Patentanmeldung andererseits verfolgten auch hier das gemeinsame Ziel, dem Lizenznehmer zunächst das technische Know-how für den Gegenstand zu vermitteln, der durch das erwartete Ausschließlichkeitsrecht geschützt werden sollte. Der Wert des übertragenen Know-hows für den Zeitraum, in dem die Patentanmeldung noch nicht offengelegt ist, ergab sich für die Klägerin daraus, dass das Know-how noch geheim und dadurch (in tatsächlicher Hinsicht) geschützt war. Mit der Offenlegung der Patentanmeldung geht der Geheimnischarakter zwar regelmäßig verloren, an seine Stelle tritt aber mit der Patenterteilung ein entsprechendes Ausschließlichkeitsrecht. Für den Zeitraum zwischen Offenlegung der Anmeldung und Patenterteilung ist der spätere Inhaber zumindest mittelbar über § 33 PatG geschützt.
Durch die unwiderrufliche Rücknahme der Patentanmeldung durch die Beklagte und die am 04. Juli 2002 erfolgte Offenlegung der Patentanmeldung DE 100 64 xxx hat die Klägerin aber jegliche Aussicht verloren, den Gegenstand der Patentanmeldung jemals ausschließlich nutzen zu können: Durch die Offenlegung ist der Gegenstand der Anmeldung auf druckschriftlichem Wege offenkundig geworden und kann daher auch durch eine erneute Anmeldung nicht mehr patentrechtlich geschützt werden. Zwar endet ein Lizenzvertrag über Know-how nicht ohne Weiteres dadurch, dass das dem Know-how zugrunde liegende Betriebsgeheimnis zum Patent angemeldet wird, doch führt die Veröffentlichung zum Verlust des Geheimnischarakters mit der Folge eines vom Lizenzgeber zu vertretenden Unmöglichwerdens (Busse/Keukenschrijver, aaO, § 15 PatG Rn. 91; BGH, GRUR 1976, 140, 141f. – Polyurethan, zum alten Schuldrecht). Berechtigter Weise hat die Überlassung des Know-hows für die Klägerin daher kein Interesse, so dass sie zum Rücktritt vom (gesamten) Vertrag berechtigt ist.
Dass aus Sicht der Klägerin insbesondere die Erlangung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber der Nutzung des Know-hows als solchem im Vordergrund stand, ergibt sich insbesondere aus dem ihr von der Beklagten unterstellten Interesse am Vertragsschluss. Die Beklagte meint im Zusammenhang mit der Frage des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts, die Klägerin sei an einer eigenen Fertigung nach dem Know-how der Beklagten gar nicht interessiert gewesen, sondern habe mittels des ausschließlichen Nutzungsrechts nur etwaige nach dem Know-how gefertigte Produkte Dritter vom Markt fernhalten wollen, um ihr eigenes Produkt, das ohne Verwendung des vertragsgemäßen Know-hows hergestellt wurde, zu schützen. Unterstellt man mit der Beklagten dieses Interesse auf Seiten der Klägerin als richtig, konnte es nur dann befriedigt werden, wenn der Klägerin ein ausschließliches Nutzungsrecht, das mit entsprechenden Verbietungsrechten gegenüber Dritten einhergeht, eingeräumt werden konnte. Dies war nach Rücknahme der Anmeldung aber nicht mehr der Fall, so dass auch das Nutzungsrecht am Know-how für die Klägerin nicht mehr von Interesse sein konnte.
2.
Gegenüber ihrer Haftung aus § 325 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. kann die Beklagte schließlich nicht mit Erfolg unter Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einwenden, die Klägerin sei trotz der Rücknahme der Patentanmeldung und der anschließenden Offenlegung ihres Gegenstandes in ihrem Verbietungsinteresse gegenüber Dritten durch ihre eigene Patentanmeldung vom 15. Juni 2001, die zwischenzeitlich zur Patenterteilung geführt hat (die Patentschrift DE 101 29 xxx C2 liegt als Anlage L10 vor), hinreichend geschützt. Denn die Beklagte hat bereits nicht schlüssig dargetan, dass Anspruch 1 der Anmeldung und des nunmehrigen Patents der Klägerin (Anlage L10) sämtliche Merkmale umfasst, die Gegenstand der Anmeldung vom 20. Dezember 2000 waren. Nur dann wäre der Schluss gerechtfertigt, die Klägerin habe an einer Erteilung des Patents DE 100 64 xxx von Anfang an kein Interesse aufweisen können, weil sie im Umfang seines Gegenstands bereits durch eigene Schutzrechte geschützt war. Es ist aber von der Beklagten nicht dargetan worden und auch sonst nicht erkennbar, dass in der Patentschrift DE 101 29 xxx C2 etwa die Merkmale 4ff. der unter 1. c) bb) (1) wiedergegebenen Merkmalsgliederung geschützt sind.
Dessen ungeachtet verweist die Beklagte selbst bereits in der Klageerwiderung (Seite 10; Bl. 44 GA) auf grundlegende Unterschiede in der Technik des XXX 2000 (Patentanmeldung DE 100 64 xxx) zur patentrechtlich geschützten Aufzugstechnik der Klägerin. Aufgrund der Verwendung der durch den besonderen Piezo-Sensor verbesserten Messkapsel seien anders als nach dem System der Klägerin keine weiteren Signaldämpfer zur Vermeidung störender Signalreflexionen erforderlich und es werde nur ein Signalauskoppler benötigt. Bereits daraus wird deutlich, dass mit dem System des XXX 2000 aufgrund der Verwendung eines piezoelektrischen Elements in der Messkapsel eine andernfalls technisch erforderliche Bedämpfung eines Echosignals entbehrlich wurde. Dies belegt zugleich, dass es sich bei dem Gegenstand der Patentanmeldung der Beklagten um eine sinnvolle Ergänzung der bereits vorhandenen bzw. angemeldeten Schutzrechte der Klägerin handelte. Andernfalls wäre auch nicht erklärlich, aus welchem Grund die Klägerin mit Vertrag vom 17. Juli 2001 die Nutzungsberechtigung am Know-how des XXX 2000 und der darauf bezogenen Patentanmeldung käuflich erwerben sollte, nachdem sie ihr Patent DE 101 29 xxx bereits einen Monat zuvor am 15. Juni 2001 angemeldet hatte. Auch das von der Beklagten behauptete Interesse der Klägerin, mittels des Erwerbs lediglich Dritte von einem Angebot von Produkten nach dem XXX 2000 abzuhalten, um ihr Produkt auf dem Markt zu schützen, hätte den Erwerb der Nutzungsrechte am XXX 2000 nicht geboten, wenn die Klägerin durch ihre frühere Anmeldung vom 15. Juni 2001 schon in dem gleichen Umfang geschützt gewesen wäre.
3.
Aufgrund des wirksam erklärten Rücktritts vom Vertrag (§ 349 BGB a.F.) sind beide Parteien einander zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen Zug um Zug verpflichtet (§§ 346 Satz 1; 348 BGB a.F.). Mit Schriftsatz vom 16. Juni 2004 hat die Klägerin zwar explizit nur die „Wandlung des Vertrags vom 17. Juli 2001„ erklärt, darin liegt zugleich aber auch eine konkludente Rücktrittserklärung, soweit sich die Klägerin auf die Rechtsfolgen der Rücknahme der Patentanmeldung durch die Beklagte beruft. Denn die Klägerin hat mit ihrer schriftsätzlichen Erklärung vom 16. Juni 2004 zu verstehen gegeben, dass sie sich vom Vertrag mit der Beklagten vollständig lösen will. Ob dies im Wege der Wandelung nach altem Recht oder des Rücktritts wegen teilweiser Unmöglichkeit, jeweils unter den gegebenen Voraussetzungen, erfolgt, tritt gegenüber dem wesentlichen Erklärungsgehalt, sich vollständig vom Vertrag lösen zu wollen, zurück. Hinsichtlich der Rückgewährpflicht aus § 346 Satz 1 BGB a.F. geht der von der Beklagten erhobene Verjährungseinwand ins Leere, weil seit dem 01. Januar 2002 auf das vorliegende Rückgewährschuldverhältnis die allgemeine Verjährungsfrist aus § 195 BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes Anwendung findet (Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB).
II.
Ob der Klägerin daneben auch ein Anspruch aus §§ 459 Abs. 1 oder 2; 462; 465; 467; 346 Satz 1 BGB a.F. nach Wandelung des Vertrags vom 17. Juli 2001 wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft oder wegen eines der geltend gemachten Fehler der Kaufsache zusteht, kann im Hinblick auf den gegebenen Anspruch wegen nachträglicher teilweiser Unmöglichkeit dahin gestellt bleiben. Es ist daher weder im Rechtlichen zu entscheiden, ob die Beklagte der Klägerin die Serienfertigungsreife des zur Verfügung gestellten technischen Wissens im Sinne des § 459 Abs. 2 BGB a.F. zugesichert hat, noch ob es an der Serienreife im Tatsächlichen fehlte oder die von der Klägerin erhobenen Beanstandungen berechtigt sind und einen Fehler der Kaufsache darstellen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
– Ursprünglich: 345.122,02
– Seit dem 16. Juni 2004: 383.468,91
Dr. R1 R3 R2