4a O 178/00 – Prepaid-Karten

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 496

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 1. August 2006, Az. 4a O 178/00

I. Die Beklagten werden – unter Abweisung der Klage im Übrigen – verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € , ersatzweise Ordnungshaft bis 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland

ein Verfahren zum Verarbeiten von im voraus bezahlten Telefonanrufen, insbesondere zur Verwendung im Zusammenhang mit öffentlichen Telefonen, anzuwenden, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

a) Programmieren eines jeweiligen öffentlichen automatischen Zweigamts (PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer beliebigen Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind;

b) einem Anrufer ermöglichen, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen;

c) Unterbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit/Zählimpulszeitraum;

d) Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank;

e) Markieren der Serien von Nummern, jede auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise; und

f) Anbieten der verkäuflichen Trägerelemente zum Verkauf an das öffentliche Publikum,

so dass Käufer der Trägerelemente nach Freilegen der jeweiligen Nummer die Möglichkeit haben, einen Anruf für die Dauer des genannten Zeitraums zu tätigen;

2. der Klägerin über den Umfang der vorstehend unter I. 1. bezeichneten und seit dem 10. Mai 1999, nur für den Beklagten zu 2. bis einschließlich zum 23. Januar 2001, begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der einzelnen Lieferungen von verkäuflichen Trägerelementen (Codekarten) unter Nennung

a) der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten oder variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise dem zu I. 1. genannten Verfahren unmittelbar zugeordnet werden,

und unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung

c) der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, und
d) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei den Beklagten nachgelassen wird, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer oder der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, der ermächtigt und verpflichtet wird, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch Handlungen der Beklagten nach I. 1. der I Corporation als vormaliger ausschließlicher Lizenznehmerin am Klagepatent in der Zeit vom 10. Mai 1999 bis zum 11. Januar 2000 entstanden ist und der der Klägerin in der Zeit seit dem 12. Januar 2000 entstanden ist und noch entstehen wird, für den Beklagten zu 2. nur für bis zum 23. Januar 2001 begangene Handlungen.

III. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die Vorlage einer selbstschuldnerischen, unbedingten, zeitlich unbefristeten Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzverpflichtung wegen Verletzung des Europäischen Patentes 0 572 xxx (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent) geltend. Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 2. Juni 1992 am 2. Juni 1993 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 8. Dezember 1993 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung am 30. Oktober 1996 bekannt gemacht. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört die Bundesrepublik Deutschland. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Verarbeiten von im voraus bezahlten Telefonanrufen. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Verfahren zum Verarbeiten von im Voraus bezahlten Telefonanrufen, insbesondere zur Verwendung im Zusammenhang mit öffentlichen Telefonen, welches die folgenden Schritte umfasst:

a) Programmieren eines jeweiligen öffentlichen automatischen Zweigamts (PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer beliebigen Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind;
b) einem Anrufer ermöglichen, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen;
c) Unterbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit/Zählimpulszeitraum;
d) Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank;
e) Markieren der Serien von Nummern, jede auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise; und
f) Anbieten der verkäuflichen Trägerelemente zum Verkauf an das öffentliche Publikum,
so dass Käufer der Trägerelemente nach Freilegen der jeweiligen Nummer die Möglichkeit haben, einen Anruf für die Dauer des genannten Zeitraums zu tätigen.“

Gegen den Rechtsbestand des Klagepatents erhob die Beklagte zu 1. Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht. Auf die mündliche Verhandlung vom 1. August 2001 erklärte das Bundespatentgericht das Klagepatent im Umfang des geltend gemachten Patentanspruchs 1 für nichtig. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bundesgerichtshof in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2006 das Urteil des Bundespatentgerichtes aufgehoben und die Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent im vollen Umfang abgewiesen.

Die Klägerin ist ausschließliche Lizenznehmerin an dem Klagepatent. Sie leitet diese Lizenz von der Lizenznehmerin I Corporation (I), USA, ab. Die I besitzt die unmittelbare exR2ive Lizenz an dem Klagepatent seit dem 10. Mai 1999, wie sich aus der als Anlage K 2 notariell beglaubigten Bestätigung des Patentinhabers vom 28. Oktober 1999 ergibt. Aus der in Anlage K 3 vorgelegten notariell beglaubigten Bestätigung ergibt sich die Berechtigung der Klägerin durch die I.

Die Beklagte zu 1. bietet ein Trägerelement mit dem Namen „A“ in der Bundesrepublik an. Als Anlage K 6 überreichte die Klägerin eine Kopie einer handelsüblichen Version eines entsprechenden Trägerelementes, worauf Bezug genommen wird. Der Beklagte zu 2. war bis zum 24. Januar 2001 alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1, welche vormals als L GmbH firmierte.

Die Klägerin sieht in dem Vertrieb des Trägerelements eine unmittelbare Verletzung des Verfahrens nach Patentanspruchs 1 des Klagepatents, hilfsweise eine mittelbare Verletzung.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu 2. vollumfänglich zur Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzverpflichtung zu verurteilen. Nachdem der Beklagte zu 2. zum 23. Januar 2001 als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. ausgeschieden ist, hat sie die auf den Beklagten zu 2. bezogenen Ansprüche auf den Ausscheidenszeitpunkt beschränkt.

Sie beantragt nunmehr,

zu erkennen wie geschehen, mit Ausnahme des eingeräumten Wirtschaftsprüfervorbehaltes, sowie

hilfsweise, die Beklagten wegen mittelbarer Patentverletzung zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden,

hilfsweise den Beklagten den beantragten Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

Sie stellen eine unmittelbare Patentverletzung in Abrede. Sie würden die genannten Verfahrensschritte nicht selbst durchführen, so dass eine Täterschaft nicht vorliege, da auch Anhaltspunkte für eine Mittäterschaft an Handlungen Dritter nicht zu erkenne sei. Auch unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe liege keine Verwirklichung der Verfahrensmerkmale vor, da es an einer vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat fehle. Im Übrigen werde bei dem angegriffenen Verfahren nicht jede Nummer, die gewählt worden sei, sofort aus der Datenbank gelöscht, sondern erst nach sechzig Tagen bzw. nach Verbrauch des Guthabens. Das Klagepatent sehe jedoch eine unmittelbare Löschung vor.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadenersatz zu, weil die Beklagten durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform den Gegenstand des Klagepatents benutzen, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 2, 14, 139 Abs. 1 und 2, 140 b PatG, 242 BGB.

Die Aktivlegitimation der Klägerin steht zwischen den Parteien nicht mehr im Streit. Die Klägerin hat substantiiert dargetan, dass sie Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz am Gegenstand des Klagepatentes ist, die sie von der I Corporation erworben hat. Der I Corporation hat der eingetragene Inhaber des Klagepatentes, S, mit dem als Anlage K 9 überreichten Lizenzvertrag vom 10. Mai 1999 eine ausschließliche Lizenz am Gegenstand des Klagepatentes eingeräumt. Die I Corporation übertrug der Klägerin diese Lizenz ihrerseits mit dem als Anlage K 10 überreichten Übertragungsvertrag vom 12. Januar 2000. Mit dem als Anlage K 11 überreichten „Assignment“ hat die Klägerin konkret dargetan, was von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wurde, dass ihre Rechtsvorgängerin der Klägerin die ihr bis zur Lizenzübertragung entstandenen Schadenersatzansprüche abgetreten hat.

I.
Das Klagepatent betrifft das Gebiet der Telekommunikation und insbesondere die Übertragung von öffentlichen Telefonzellen, d.h. im voraus bezahlte Telefonanrufe.

Zum Hintergrund der Erfindung wird in der Klagepatentschrift ausgeführt, dass auf Grund des Umstandes, der breiten Öffentlichkeit einen leistungsfähigen und bequemen Telefonzellen-Fernmeldeservice anzubieten, große Anstrengungen und Investitionen unternommen und eine ausgeklügelte Entwicklung vorangetrieben worden sei. Zu den nächsten Erfindung zähle die Einführung von magnetischen Karten, die entwickelt worden seien, um die münzbetriebenen öffentlichen Telefonapparate zu ersetzen. Diese Entwicklung habe sich aus der Erkenntnis ergeben, dass münzbetriebene Apparate mit vielen Nachteilen verbunden seien, nämlich einerseits, dass der Benutzer im Besitz einer passenden Anzahl von Münzen sein müsse und andererseits, dass die Apparate regelmäßig Wartung erforderten und Vandalismus und Diebstahl ausgesetzt seien.

Die mit Magnetkarten (auch als TELECARD bekannt) betriebenen Apparate, die im vorliegenden Zusammenhang auch die mit Kreditkarten betriebenen Telefone umfassen, lösten das Problem zum Teil in dem Sinn, dass ein Artikel – in Form einer einzigen Karte – für eine größere Anzahl von Anrufen dienen konnte. Dieses Verfahren umfasste jedoch – wie das Klagepatent ausführt – eine beträchtliche Anfangsinvestition in Ausstattung, Einrichtung und Instandhaltung. Darüber hinaus hat man erkannt, dass die große Anzahl an weggeworfenen Magnetkarten sich zu einem ökologischen Problem entwickelte.

Zum Stand der Technik, der US-Patentschrift 4,706,xxx (Anlage K 5, 5a), führt das Klagepatent aus, dass darin ein Verfahren und System zur Verarbeitung von im voraus bezahlten Telefonanrufen vorgeschlagen worden sei, das sich auf spezielle, zertifizierbare Codezahlen stütze, die den anrufenden Parteien gegen Erwerb eines Kredits zugeteilt werden würden. Die Kreditbeträge würden im Computer spezieller zentraler Stationen gespeichert, was ermöglichte, dass von jedem beliebigen privaten Telefon Anrufe getätigt werden konnten. Dieses Verfahren habe jedoch den großen Nachteil gehabt, dass die interessierte Öffentlichkeit eine ganze Reihe von vorbereitenden Schritten durchlaufen musste – meistens über Kreditkartenunternehmen -, bevor sie zur Nutzung der Vorteile des Verfahrens berechtigt gewesen sei.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich das Klagepatent zur Hauptaufgabe gemacht, die Verarbeitung von im voraus bezahlten Telefonanrufen zu ermöglichen, was einerseits die Nachteile sowohl der münzbetriebenen als auch der Magnetkarten-betriebenen öffentlichen Telefonzellenanschlüsse beseitigt und andererseits jede vorherige Verbindung mit jeglicher Art von Organisation, sei es mit den Telefonkarten- und/oder den Kreditkartenunternehmen, überflüssig macht. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, die Verarbeitung von im voraus bezahlten Telefonanrufen zu ermöglichen, indem man eine leere Karte, Umschlag oder ähnliches erwirbt, die eine unsichtbare – aber leicht freilegbare – geheime Codenummer (SNC) tragen, die den Zugang zu einem lokalen öffentlichen automatischen Telefonamt (PABX) ermöglicht, das dafür programmiert ist, diese Art von Anrufen eine vorher festgesetzte Zeit lang zu verarbeiten (Zählimpulse). Zur Lösung dieser Aufgaben sieht die Anspruch 1 des Klagepatentes ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:

1. Verfahren zum Verarbeiten von im voraus bezahlten Telefonanrufen, insbesondere zur Verwendung im Zusammenhang mit öffentlichen Telefonen, welches die folgenden Schritte umfasst:

1a. Programmieren eines jeweiligen öffentlichen automatischen Zweigamts (PABX) zum gebührenfreien Zugang für eingehende Anrufe durch Wählen einer beliebigen Nummer aus einer Serie von vorbestimmten Nummern, die in einer Datenbank des PABX gespeichert sind;

1b. einem Anrufer ermöglichen, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen;

1c. Unterbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit/Zählimpulszeitraum;

1d. Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank;

1e. Markieren der Serien von Nummern, jede auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise;

1f. Anbieten der verkäuflichen Trägerelemente zum Verkauf an das öffentliche Publikum,

2. so dass Käufer der Trägerelemente nach Freilegen der jeweiligen Nummer die Möglichkeit haben, einen Anruf für die Dauer des genannten Zeitraums zu tätigen.

II.
Das Verfahren, welches beim Vertrieb der Trägerelemente „A“ angewandt wird, macht von der Lehre nach dem Klagepatent unmittelbaren Gebrauch. Den Einwendungen der Beklagten hiergegen kann nicht gefolgt werden. Im Einzelnen:

Die Beklagten begehen entgegen ihrer Auffassung eine unmittelbare Verletzung des Klagepatentes durch den Vertrieb der Trägerelemente „A“.

Hinsichtlich der Verfahrensschritte 1a. bis 1d. ergibt sich dies aus der als Anlage K 6 vorgelegten Verletzungsform, dem Trägerelement. Auf deren Rückseite ist unter „Gebrauchsanweisung“ ausdrücklich vermerkt:

„Der Service wird von L Prepaid bereit gestellt.“

Dies ergibt sich ferner aus dem vorgelegten Auszug aus dem Internetauftritt der ehemals unter „L“ firmierenden Beklagten zu 1. Darin heißt es:

„L investiert in Telekommunikations-Verbindungsstellen (Switches) in den Vereinigten Staaten und Europa. Die Verbindungsstellen ermöglichen es L Kunden in Zukunft, von vielen Ländern aus die lokale Verbindungsstelle anzuwählen und somit keine teuren internationalen Verbindungsgebühren zahlen zu müssen.

L investiert in großem Umfang in eine internationale Kabel- und Satelliteninfrastruktur, Telekommunikations-Verbindungsstellen und neue Technologien….

Mit L können Sie in Deutschland bis zu 240 Länder telefonisch erreichen.“

Auch nachdem die Beklagte zu 1. in „XY GmbH“ umfirmiert hat, folgt dies aus ihrem Internetauftritt, welchen die Klägerin auszugsweise als Anlagenkonvolut K 13 vorlegte. Unter „Key differentiators“ heißt es:

„Einzelanbieter für Telekommunikations (Leitungsmiete und Fernmeldewesen) & Internetdienste.“

Folglich stellt die Beklagte zu 1. nicht nur die Trägerelemente selbst, sondern zusätzlich noch das in Merkmal 1a. beschriebene öffentliche automatische Zweigamt nebst entsprechender Datenbank zur Verfügung, ermöglicht es darüber und über freigeschaltete Leitungsverbindungen einem Anrufer, eine Verbindung mit einem Angerufenen herzustellen (Merkmal 1b.) und trägt für ein Unterbrechen der Verbindung nach einer festgesetzten Zeit/Zählimpulszeitraum Sorge (Merkmal 1c.) ebenso wie für das Löschen jeder Nummer, die einmal gewählt ist, aus der Datenbank (Merkmal 1d.).

Soweit die Beklagten demgegenüber vortragen, sie würden lediglich das als Anlage K 6 vorgelegte Trägerelement an das öffentliche Publikum verkaufen, ist ihr Vorbringen vor dem Hintergrund des vorstehend geschilderten Internetauftritts der Beklagten sowie der Angaben auf dem Trägerelement unsubstantiiert. Insoweit hätte es den Beklagten oblegen, Tatsachen vorzutragen, aus welchem Grund ihre werblichen Angaben auf der Karte und ihrer Internetseite unzutreffend sind. Unterlässt sie dies – wie hier –, geht ihr Einwand ins Leere.

Auch das Merkmal 1.e., welches von einem Markieren der Serien von Nummern, jede auf einem verkäuflichen Trägerelement in unsichtbarer, jedoch leicht freilegbarer Weise spricht, benutzen die Beklagten. Die Beklagten haben zwar vorgetragen, dass die Beklagte zu 1. die Trägerelemente von einem anderen Unternehmen bezieht, d.h. die beanspruchte Markierung durch ein anderes Unternehmen erfolgt. Dies steht einer Benutzung des Verfahrensschrittes 1e. jedoch nicht entgegen. Die Trägerelemente in Gestalt der „A Prepaid Cards“ sind optisch und in ihrer Programmierung individuell für die Beklagten gefertigt worden. Die Beklagten können nicht mit Erfolg in Abrede stellen, dass die Fertigung und Markierung durch sie in Auftrag gegeben wurde. Das beauftragte Unternehmen ist dabei, wie die Klägerin zu recht angeführt hat, als „verlängerte Werkbank“ anzusehen. Dementsprechend wirkt sie willentlich und adäquat kausal an der Benutzung des Verfahrensschrittes 1e. mit.

Entgegen der Auffassung der Beklagten benutzen diese auch das Verfahrensmerkmal 1d., wonach jede Nummer, die einmal gewählt worden ist, aus der Datenbank gelöscht wird. Die Beklagten stellen eine Benutzung mit der Begründung in Abrede, dass bei ihnen die Nummern entweder nach Ablauf des 60-tägigen Benutzungszeitraumes oder Verbrauch des Guthabens erfolge. Das Klagepatent sehe hingegen eine sofortige Löschung der Nummer nach einmaliger Anwahl vor.

Dieser Auslegung des Patentanspruches 1 kann nicht gefolgt werden. Denn das Klagepatent sieht eine entsprechende Beschränkung des Schutzbereiches auf eine sofortige Löschung der gewählten Nummern nicht vor. Der Wortlaut des Merkmals 1d. gibt für eine unmittelbar nach einmaliger Anwahl erfolgende Löschung nichts her. Er enthält lediglich die Aussage, dass eine einmal gewählte Nummer aus der Datenbank gelöscht wird. Zu welchem Zeitpunkt dies erfolgen soll, wird offengelassen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Beschreibung der Erfindung nach dem Klagepatent. Dort ist an keiner Stelle von einer unmittelbaren Löschung die Rede.

Die von den Beklagten zur Begründung ihrer Auffassung herangezogenen Textstellen der Beschreibung lassen den Schluss auf eine sofortige Löschung nicht zu. So wird zwar auf Seite 6 Absatz 3 ausgeführt:

„Selbstverständlich wird eine SCN, die einmal benutzt worden ist, automatisch aus der SCN-Datenbank des PABX gelöscht.“

Das genannte Textstelle betrifft jedoch nur die Tatsache, dass eine einmal gewählte Nummer aus der Datenbank gelöscht wird. Wann dies patentgemäß geschieht, ergibt sich hieraus nicht. Ein automatisches Löschen der SCN, die einmal benutzt worden ist, muss nicht bedeuten, dass diese SCN unmittelbar nach dem ersten Gebrauch gelöscht wird, sondern nur, dass die erstmalige Nutzung zu einem in der Folge automatisierten Löschen führt, ohne dass es einer weiteren Handlung bedarf. Dem Nutzer wäre auch nicht damit gedient, wenn nach einmaligem Gebrauch die SCN automatisch gelöscht würde. Denn dann könnte er etwa noch vorhandenes Guthaben wegen der Löschung der SCN aus der Datenbank nicht mehr nutzen.

Auch die weiter von den Beklagten zitierte Beschreibungsstelle auf Seite 6 Absatz 3 Satz 2 enthält keine Aussage über den Zeitpunkt der Löschung. Sie meinen, dass dort insbesondere das Problem des Missbrauchs der Telefonkarten angesprochen werde und sich hieraus ergebe, dass zur Vermeidung eines Missbrauchs die SCN unmittelbar gelöscht werden müssten. So heißt es:

„Es kann auch nötig werden, alle SCN-Karten in regelmäßigen Abständen zu ersetzen, was erfordert, dass die Öffentlichkeit den Bestand an Karten in ihrem Besitz kostenfrei austauscht.“

Dort wird lediglich erwähnt, dass es nötig werden kann, alle SCN-Karten in regelmäßigen Abständen auszutauschen. Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass dies gerade – wie die Beklagten meinen – dem Schutz der Nutzer vor einer unberechtigten Nutzung ihres Guthabens durch Hacker dienen soll und ein entsprechender Schutz auch durch eine sofortige Löschung der gewählten Nummer realisiert wird. Denn eine Hackerproblematik erwähnt das Klagepatent an keiner Stelle. Entsprechend fand diese Problematik auch in dem Berufungsnichtigkeitsurteil des Bundesgerichtshofes vom 7. März 2006, welches in der mündlichen Verhandlung in Schriftform vorlag, keine Erwähnung. Dem Klagepatent geht es vielmehr um die Vermeidung eines beträchtlichen Investitions- bzw. Verwaltungsaufwandes für die Einrichtung und den Betrieb münzbetriebener Fernsprechzellen sowie einer vereinfachten Handhabung von Prepaid-Karten, die gerade nicht, wie im Stand der Technik, einer vorherigen Anmeldung und Abrechnung über ein Kreditkartenkonto bedürfen. Dementsprechend geht das Klagepatent auch davon aus, dass eine SCN auch für mehrere Anrufe Gültigkeit besitzt, solange ein entsprechendes Guthaben vorhanden ist, wie sich auf Grund der Textstellen auf Seite 2 letzter Absatz, Seite 4 Absatz 3 und Absatz 5 ergibt.

Dass das Klagepatent nur eine eingeschränkte Nutzbarkeit einer SCN durch mehrere Anrufe im Rahmen nur einer einzigen Verbindung schützen will, ist fernliegend. Denn gerade der Umstand, dass das Klagepatent auch die Nutzung einer SCN im Rahmen einer erneuten Verbindungsherstellung bei noch bestehendem Guthaben schützt, wird dadurch bestätigt, dass ein noch nicht verbrauchtes Guthaben zugunsten des Anrufers gespeichert werden kann (Seite 6 Absatz 2 am Ende).

Ein entsprechendes Verständnis des Klagepatentes vertrat auch der gerichtliche Sachverständige in der Berufung gegen die Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1. vor dem Bundesgerichtshof in seinem Gutachten vom 22. August 2005 (Anlage K 14). Dort führte er auf Seite 6 Absatz 3 aus, dass die Löschung einer einmal gewählten PIN/SCN ungewöhnlich wäre, da das per Vorauszahlung erworbene Gebührenguthaben in der Regel für mehrere Telefongespräche genutzt werden soll, eine einmal gewählte PIN/SCN also zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb eines bestimmten Gültigkeitszeitraumes erneut gewählt und benutzt werden können soll, um das Restguthaben zu verbrauchen. Diese Auffassung wird auch von dem Privatgutachter der Klägerin im Nichtigkeitsverfahren in seinem Gutachten vom 3. Februar 2006 (Anlage K 15, Seite 2) geteilt.

Da die Beklagten mithin die Verfahrensschritte des Patentanspruches 1 des Klagepatentes benutzen, liegt eine Verletzung vor.

III.
1.
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. Hinsichtlich des Beklagten zu 2., des Geschäftsführers der Beklagten zu 1. bis zum 23. Januar 2001, hat die Kammer die Anträge der Klägerin dahingehend ausgelegt, dass Ansprüche gegen den Beklagten zu 2. nur während seiner Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. geltend gemacht werden sollen. Insoweit bedurfte es daher nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 2. als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. keiner Teilerledigungserklärung. Da der Beklagte zu 2. eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgebeben hat, besteht die Wiederholungsgefahr fort.

2.
Die Beklagten haben der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. § 840 BGB. Denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Hinsichtlich des Beklagten zu 2., ehemals verantwortlicher Geschäftsführer der Beklagten zu 1., hat die Beklagte den Antrag auf Feststellung der Schadenersatzverpflichtung auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens zu Recht beschränkt.

3.
Außerdem sind die Beklagten zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte – die auch für die Zeit nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu erteilen sind, § 259 ZPO – nicht unzumutbar belastet.

4.
Gemäß § 140b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind. Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vergleiche die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. September 2001, 2 U 91/00).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen §§ 92 Absatz 2, 100 Absatz 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den Paragraphen 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt EUR 255.645,94 (DM 500.000,00).

Für die Bewilligung von besonderem Vollstreckungsschutz besteht kein Anlass, weil die Beklagten die nach § 712 ZPO bestehenden besonderen Voraussetzungen nicht dargetan und glaubhaft gemacht haben.