4b O 480/04 – Arbeitsprojektor-Klapparm (Arbeitnehmererf.)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 430

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Juni 2005, Az. 4b O 480/04

Der Kläger nimmt den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A OHG (Gemeinschuldnerin) wegen des Ausgleichs von Arbeitnehmererfindervergütungsansprüchen im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung in Anspruch.

Der Kläger war von April 1964 bis Mai 1987 bei der B GmbH als industrieller Formgestalter beschäftigt. Am 25. April 1986 schloss die B GmbH mit der Gemeinschuldnerin eine Kooperationsvereinbarung hinsichtlich der Entwicklung und Vermarktung eines neuen portablen Overhead-Projektors, wobei der Vertrieb des Endprodukts von jedem Vertragspartner selbständig unter seiner Marke vorgenommen werden sollte (Ziff. 10 des Vertrages). Unter Ziff. 12 (Abs. 2 u. 3) der Vereinbarung finden sich folgende Regelungen:

„Sofern von einem Vertragspartner Schutzrechtsanmeldungen getätigt werden, stehen diese projektbezogen auch dem anderen Vertragspartner zu. Beide Vertragspartner verpflichten sich, an allen bestehenden und zukünftigen Schutzrechten für das gemeinsam entwickelte Gerät während der Laufzeit des Vertrages bzw. der Zusammenarbeit gegenseitig kostenlose Mitbenutzungsrechte am o.e. Projekt einzuräumen.

Verletzungen dieser Schutzrechte durch Dritte werden von dem jeweiligen Schutzrechtsinhaber auf eigene Kosten verfolgt. Sofern jedoch vom Schutzrechtsinhaber gesetzlich vorgeschriebene Erfindervergütungen zu zahlen sind, tragen diese Vergütungen beide Vertragspartner entsprechend ihrer Verkäufe an geschützten Geräten.“

Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den Vertragstext gemäß Anlage K 3 Bezug genommen.

Am 8. November 1986 meldete die B GmbH eine einen Klapparm für den Projektionskopf von Arbeitsprojektoren betreffende Diensterfindung der Klägers zum Patent an, dessen Erteilung am 10. Dezember 1987 veröffentlicht wurde (DE 36 38 xxx). Der Klapparm wurde als Bauteil des gemeinsam von der B GmbH und der Gemeinschuldnerin entwickelten Overhead-Projektors verwendet. Die Gemeinschuldnerin zahlte sodann unmittelbar an den Kläger Vergütungsbeträge und rechnete mit ihm ab. Für das Jahr 2002 zahlte die Gemeinschuldnerin nur für den Zeitraum vom 2. September bis zum 31. Dezember 2002 eine Vergütung (4.892,08 EUR). Mit Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 1. Dezember 2002 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger macht geltend: Aufgrund der Kooperationsvereinbarung zwischen der B GmbH und der Gemeinschuldnerin vom 24. April 1986 stehe ihm gegen den Beklagten ein Vergütungsanspruch als Arbeitnehmererfinder wegen Benutzung seiner Diensterfindung zu. Die Gemeinschuldnerin habe gegenüber ihm hinsichtlich der Frage der Erfindervergütung (konkludent) die Stellung eines Arbeitgebers eingenommen. Zwischen ihm und der Gemeinschuldnerin sei ein “Lizenzvergütungsvertrag” zustande gekommen. Der Beklagte sei (zumindest konkludent) in das Vertragsverhältnis eingetreten. Da der Beklagte aufgrund einer Vereinbarung mit der B GmbH vom 24. Juli 2003 eine einmalige Lizenzgebührenzahlung für die Benutzung des Diensterfindungspatents vereinbart hat, ohne dass – wie ursprünglich vorgesehen – der Ausschluss weiterer Zahlungen an die B GmbH einschließlich der Erfindervergütung vereinbart worden sei, sei die Zahlungspflicht des Beklagten bestehen geblieben.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten zu verurteilen,

1. ihm Auskunft über die Nettoverkaufserlöse der von ihm bzw. der Gemeinschuldnerin seit dem 25. September 2002 hergestellten und vertriebenen Overhead-Projektoren mit Klapparm gemäß den Merkmalen von Patentanspruch 1 des Diensterfindungspatents (DE 36 38 xxx) zu erteilen;

2. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben erforderlichenfalls an Eides Statt zu versichern;

3. ihm eine sich aus der Auskunft ergebende Summe nebst Zinsen zu zahlen (vgl. wegen der Einzelheiten der Antragsfassung GA 2).

Der Beklagte stellt eine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger in Abrede und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch zu, der die im Wege der Stufenklage verfolgten Auskunfts- und Zahlungsansprüche rechtfertigen könnte. Die Klage ist daher auf allen Stufen entscheidungsreif und abzuweisen.

I.

Der arbeitnehmererfinderrechtliche Vergütungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 ArbEG besteht gegenüber dem Arbeitgeber, der die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch nimmt. Das durch eine solche Inanspruchnahmeerklärung erwachsene gesetzliche Schuldverhältnis kann demnach vorliegend allein zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin, der B GmbH, bestehen.

II.

Entgegen der Ansicht des Klägers folgt eine entsprechende Haftung des Beklagten nicht aus der Kooperationsvereinbarung zwischen der B GmbH und der Gemeinschuldnerin vom 25. April 1986, wenn dort unter Ziffer 12 dritter Absatz geregelt ist, dass, sofern für Schutzrechte einer Vertragspartei Erfindervergütungen zu zahlen sind, diese Vergütungen von beiden Vertragspartnern entsprechend ihren Verkäufen an den geschützten Geräten zu tragen sind. Die Regelung wirkt unmittelbar nur zwischen den Vertragsparteien und begründet kein eigenständiges Forderungsrecht des Arbeitnehmererfinders der einen Vertragspartei gegenüber der anderen Vertragspartei:

Die Regelung beinhaltet keine Schuldmitübernahme, die als Vereinbarung zwischen Schuldner (B GmbH) und Beitretendem (Gemeinschuldnerin) als Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) ein Forderungsrecht des Gläubigers (Klägers) begründet. Der Vertrag enthält lediglich eine Erfüllungsübernahme, nämlich eine Vereinbarung, mit der sich der Übernehmer verpflichtet, eine Verbindlichkeit des Schuldners zu erfüllen. Da die B GmbH und die Gemeinschuldnerin sich jeweils an ihren jeweiligen den Overhead-Projektor betreffenden Schutzrechten Freilizenzen eingeräumt haben (vgl. Ziff. 12 Abs. 2 des Kooperationsvertrages), steht dem Arbeitnehmererfinder gegen seinen Arbeitgeber auch ein Vergütungsanspruch in Bezug auf die vom Lizenznehmer und Partner des Kooperationsvertrages getätigten Umsätze zu. Die durch Umsätze des Freilizenznehmers anfallende Arbeitnehmererfindervergütung soll gemäß Ziffer 12 dritter Absatz der Kooperationsvereinbarung der Freilizenznehmer tragen bzw. erfüllen (= Erfüllungsübernahme). Gemäß § 329 BGB ist im Falle einer Erfüllungsübernahme im Zweifel nicht anzunehmen, dass der Gläubiger (sic. Arbeitnehmererfinder) unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung vom Übernehmer fordern zu können. Anhaltspunkte dafür, dass im Entscheidungsfall ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, liegen nicht vor. Der Umstand, dass die Gemeinschuldnerin direkt gegenüber dem Kläger abgerechnet und Vergütungszahlungen geleistet hat, lässt sich hierfür nicht heranziehen, da es Wesen der Erfüllungsübernahme ist, dass der Übernehmende den Schuldner direkt befriedigen kann. Auch regelt § 267 Abs. 1 BGB ausdrücklich, dass mit Ausnahme von personenbezogenen Leistungen jeder Dritte die Leistung mit Erfüllungswirkung gegenüber dem Schuldner erbringen kann, ohne dass damit ein Forderungsrecht des Schuldners gegenüber dem Dritten korrespondiert (vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 362 Rdn. 2). Gegen die Annahme eines eigenen Forderungsrechts des Arbeitnehmererfinders spricht zudem, dass es sich bei Ziffer 12 dritter Absatz des Kooperationsvertrages um eine allgemeine interne Ausgleichsklausel handelt, die erkennbar nicht den Zweck hat, dem Arbeitnehmererfinder einen zusätzlichen Gläubiger zu verschaffen. Derartiges erschiene auch wenig sinnvoll, da der ein Schutzrecht der anderen Seite benutzende Vertragspartner die für die Bemessung der Arbeitnehmererfindervergütung maßgeblichen Faktoren, die mit der Person des Arbeitnehmers zusammenhängen (wie z.B. Stellung und Aufgabe im Betrieb des anderen Vertragspartners), nicht ohne weiteres beurteilen kann.

Die Vereinbarung einer befreienden Schuldübernahme im Sinne von § 415 Abs. 1 BGB, der der Kläger zudem hätte zustimmen müssen, lässt sich gemäß dem zuvor Ausgeführten erst recht nicht dem Kooperationsvertrag entnehmen.

Soweit der Kläger geltend macht, die Gemeinschuldnerin habe gegenüber ihm hinsichtlich der Frage der Erfindervergütung (konkludent) die Stellung eines Arbeitgebers eingenommen, liegt dies neben der Sache, da – wie bereits ausgeführt – die Gemeinschuldnerin sich lediglich gegenüber der B GmbH zu einer Erfüllungsübernahme ohne korrespondierendes Forderungsrecht des Arbeitnehmererfinders verpflichtet hat. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger auf eine Vereinbarung der Gemeinschuldnerin mit der B GmbH vom 24. Juli 2003 verweist (GA 29). Daraus, dass die Vereinbarung keine (Neu-)Regelung hinsichtlich der Erfüllungsübernahme der Arbeitnehmererfindervergütung enthält, lässt sich nichts für einen Direktanspruch des Klägers gegen die Gemeinschuldnerin herleiten.

III.

Soweit der Kläger meint, zwischen ihm und der Gemeinschuldnerin sei ein “Lizenzvergütungsvertrag” zustande gekommen, in welchen der Beklagte eingetreten sei, kann auch dem nicht gefolgt werden. Dass zwischen ihm und der Gemeinschuldnerin ein solcher Vertrag ausdrücklich (womöglich sogar schriftlich) geschlossen worden ist, behauptet der Kläger selbst nicht in substantiierter Form. Für einen konkludenten Vertragsabschluss ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil: Der Kläger war und ist nicht Inhaber des Diensterfindungspatents und konnte folglich keine Lizenz an ihm vergeben, die eine Vergütungspflicht hätte auslösen können. Dass die Gemeinschuldnerin und der Beklagte Zahlungen an den Kläger leisteten und mit ihm unmittelbar abrechneten, stellt – wie oben dargelegt – lediglich die Leistung eines Dritten (§ 267 Abs. 1 BGB) zur Erfüllung der Schuld eines anderen dar und ist daher ebenfalls nicht geeignet, als Ansatzpunkt für eine konkludente Vergütungsverpflichtung herangezogen zu werden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert wird mit Rücksicht auf die vom Kläger vom Beklagten für das Jahr 2002 eingeforderten Beträge auf 25.000 EUR festgesetzt.