Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. Januar 2005, Az. 4b O 459/03
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 23.000,– EUR vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 642 xxx (Klagepatent, Anlage ROP 1), dessen Erteilung am 14. Mai 1997 bekannt gemacht wurde. Gegen die Patenterteilung wurde Einspruch erhoben. Mit Entscheidung vom 26. April 2002 (Anlage ROP 2) hielt die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Klagepatent aufrecht. Das Klagepatent betrifft Formgebilde aus einem thermoplastischen Kunststoff. Der im vorliegenden Rechtsstreit vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Formgebilde aus einem thermoplastischen Kunststoffschaum, dessen eine Oberfläche geschlossen und dessen andere Oberfläche zumindest in einem Teilbereich geöffnet ist, so dass die an diese Oberfläche angrenzenden Zellen für Flüssigkeit zugänglich sind, wobei der Kunststoffschaum im Inneren zumindest 10 Volumen-Prozent offene Zellen enthält, die Zellen (2, 4) eine polyederähnliche Gestalt besitzen, in einer Raummatrix (8) aneinandergrenzen und Zellenwände (5, 6) aufweisen, die mit Öffnungen (7) versehen sind, ansonsten keinerlei mechanische Deformationen aufweisen und zumindest zwei Zellenwände (5, 6) jeder offenen Zelle (4) mit solchen Öffnungen (7) ausgestattet sind, unter Beibehaltung der mechanischen Festigkeit der Raummatrix (8).
Zur Veranschaulichung des Erfindungsgegenstandes sind nachfolgend die Figuren 1a und 1b der Klagepatentschrift wiedergegeben. Sie zeigen einen schematischen Schnitt durch Formgebilde aus Kunststoffschaum, wobei Figur 1b eine erfindungsgemäße Variante darstellt und Figur 1a in Abgrenzung dazu ein Formgebilde wiedergibt, das gemäß dem vorbekannten Stand der Technik durch Extrusion einer Kunststoffschmelze und nachfolgender Druckbelastung der extrudierten Kunststoffschaumfolie erhalten wird.
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung XY Kunststoffschaumschalen für die Verpackung von Frischwaren. Die Schalen sind geeignet, aus dem Verpackungsgut (z.B. Fleisch) austretende Flüssigkeit zu absorbieren. Die Beklagte zu 1 bewirbt ihr Produkt in der nachfolgend wiedergegebenen Weise (Anlage B 2).
Die Klägerin hat als Anlage ROP 5 zwei Musterstücke der Verpackungsschale sowie zur Verdeutlichung des Aufbaus des Produkts der Beklagten zu 1 (u.a.) die nachfolgend wiedergegebenen REM-Aufnahmen eines Probenquerschnitts im Rahmen ihres Untersuchungsberichts gemäß Anlage ROP 6 (dort Seiten 3 u. 4) zur Akte gereicht, wobei Abbildung 1 den gesamten Schichtenaufbau mit eingebrachter Öffnung und Abbildung 2 einen Ausschnitt aus der offenzelligen Schicht zeigt.
Die Klägerin sieht durch das Verhalten der Beklagten ihre Rechte aus dem Klagepatent verletzt und nimmt sie deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz und Vernichtung in Anspruch.
Die Klägerin macht geltend: Wie sich aus ihrem Untersuchungsbericht gemäß Anlage ROP 6 und den darin enthaltenen Schnittbildaufnahmen, aber auch aus den von den Beklagten zur Akte gereichten Schnittbildaufnahmen (Anlagen B 9, B 12 u. B 14) ergebe, wiesen die Zellen neben den erfindungsgemäßen Zellwandöffnungen keinerlei zusätzliche mechanische Deformationen auf. Die mechanische Festigkeit der Raummatrix werde beim angegriffenen Produkt beibehalten.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
Formgebilde aus einem thermoplastischen Kunststoffschaum, dessen eine Oberfläche geschlossen und dessen andere Oberfläche zumindest in einem Teilbereich geöffnet ist, so dass die an diese Oberfläche angrenzenden Zellen für Flüssigkeiten zugänglich sind, wobei der Kunststoffschaum im Inneren zumindest 10 Vol.-% offene Zellen enthält, die Zellen eine polyederähnliche Gestalt besitzen, in einer Raummatrix aneinandergrenzen und Zellwände aufweisen, die mit Öffnungen versehen sind, ansonsten keinerlei mechanische Deformationen aufweisen und zumindest zwei Zellenwände jeder offenen Zelle mit solchen Öffnungen ausgestaltet sind, unter Beibehaltung der mechanischen Festigkeit der Raummatrix,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
insbesondere, wenn das Formgebilde als Verpackungsmaterial für Feuchtigkeit enthaltendes Gut verwendet wird;
2. ihr unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig und wahrheitsgemäß darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagten, die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. November 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften etwaiger Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Herstellungs-/Liefermengen und Lieferzeiten sowie der Lieferpreise und der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den zu I.1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden;
wobei die Angaben zu a) und b) anhand von Belegen wie Auftragsschreiben Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Liefer- und Zollpapieren nachzuweisen sind;
3. die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter I.1 beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
II. festzustellen, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher ihr durch die unter I.1 bezeichneten, seit dem 1. November 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie machen geltend: Eine mehrschichtige Konstruktion – wie bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht und aus Stabilitätsgründen erforderlich – falle nicht unter das Klagepatent, welches Formgebilde aus (nur) einem Kunststoffschaum unter Schutz stelle. Die offenzellige B-Schicht weise keine geschlossenen Oberflächen auf, von denen eine zumindest in Teilbereichen geöffnet worden sei. Die (offenen) Zellen verfügten über keine polyederähnliche Gestalt und würden nicht in einer Raummatrix aneinander angrenzen. Die Zellen und ihre Wände wiesen mechanische Deformationen auf. Bei der Herstellung (insbesondere dem Walzen im Rahmen der Verbindung der verschiedenen Schichten) würden eine Vielzahl von noch geschlossenen Zellen durch mechanische Druckbelastungen aufgesprengt. Beim nochmaligen Erhitzen kollabiere die B-Schicht sogar weitestgehend und müsse beim Formungsvorgang wieder auseinandergezogen („gestretcht“) werden. Auf den von ihr vorgelegten mikroskopisch vergrößerten Schnittaufnahmen (etwa Anlage B 3) sei die mechanische Deformation zu erkennen, da die Zellwände weitgehend weggeplatzt, aufgebrochen, zerrissen und ausgefranst und im wesentlichen nur Stränge und Knotenpunkte verblieben seien. Von der Beibehaltung der mechanischen Festigkeit einer Raummatrix könne in Bezug auf die B-Schicht keine Rede sein. Dies lasse sich auch aus der von ihr vorgelegten Untersuchung gemäß Anlage B 7 herleiten, wonach die Druckbelastbarkeit und das Elastizitätsmodul der offenzelligen B-Schicht deutlich unter derjenigen bzw. demjenigen der geschlossenzelligen C-Schicht liege. Die Zellen wiesen nicht zumindest zwei Zellwände mit patentgemäßen Öffnungen auf, die nicht mit aus dem Schutzbereich des Klagepatents fallenden mechanischen Deformationen der Zellwände einhergingen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz und Vernichtung nicht zu. Dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, lässt sich auf Grundlage des Klägervortrags nicht feststellen.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Formgebilde aus einem thermoplastischen Kunststoffschaum.
In seinen einleitenden Darlegungen unterscheidet die Klagepatentschrift zwischen Kunststoffschaumfolie mit geschlossenen und geöffneten Zellen. Kunststoffschaumfolie, in der die Zellen geöffnet und durchgängig sind, ist im Gegensatz zu geschlossenzelliger Kunststoffschaumfolie in der Lage, Flüssigkeiten ähnlich wie ein Schwamm zu speichern. Die offenen Zellen stehen untereinander über die Gasphase in Verbindung und bestehen im Extremfall nur noch aus Zellstegen.
Am Stand der Technik kritisiert die Klagepatentschrift, dass bei der Ausübung von mechanischem Druck zur Öffnung der Kunststoffschaum-Zellen die mechanische Festigkeit und Stabilität einer entsprechenden Folie aufgrund der durch den mechanischen Druck deformierten Zellwände deutlich herabgesetzt ist (Abs. 0006 zu WO 90/14159), dass die offenen Zellen zerplatzt bzw. zerbrochen sind und keine intakten Zellwände aufweisen (Abs. 0007 zu US-A 5 116 881), dass die gesamte Zellstruktur zusammengebrochen sein kann (Abs. 0008 zu GB-A 1 345 975) sowie dass keine Zellstruktur erhalten wird, bei der die einzelnen Zellen untereinander in Verbindung stehen (Abs. 0010 zu EP-A 0 090 507).
Das Klagepatent stellt sich vor diesem Hintergrund die Aufgabe, ein Formgebilde aus einem Kunststoffschaum mit einer offenzelligen Zellenstruktur, die in weiten Bereichen variierbar ist, zur Verfügung zu stellen, wobei die Zellen miteinander in Verbindung stehen und die im Inneren des Formgebildes liegenden Zellen ohne mechanische Zerstörung von Zellenwänden für Medien durchgängig sind und Flüssigkeit speichern. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 nachfolgende Merkmalskombinationen vor:
1. Formgebilde (1) aus einem thermoplastischen Kunststoffschaum,
1.1 dessen eine Oberfläche geschlossen ist und
1.2 dessen andere Oberfläche (10) zumindest in einem Teilbereich geöffnet ist, so dass die an diese Oberfläche (10) angrenzenden Zellen (2) für Flüssigkeiten zugänglich sind.
2. Der Kunststoffschaum enthält im Inneren zumindest 10 Volumen-Prozent offene Zellen.
3. Die Zellen (2, 4)
3.1 besitzen eine polyederähnliche Gestalt,
3.2. grenzen in einer Raummatrix (8) aneinander an,
3.3 weisen Zellenwände (5, 6) auf, die mit Öffnungen (7) versehen sind,
3.4 weisen ansonsten keinerlei mechanische Deformationen auf.
4. Zumindest zwei Zellenwände (5, 6) jeder offenen Zelle (4)sind mit solchen Öffnungen (7) ausgestattet,
5. unter Beibehaltung der mechanischen Festigkeit der Raummatrix (8).
Die Klagepatentschrift hebt als Vorteil der Erfindung hervor, dass die Kunststoffschaumfolie selbst dann, wenn der Anteil an offenzelliger Struktur mindestens 50 Volumen-Prozent beträgt, sich in ihren mechanischen Eigenschaften wie Reißfestigkeit und Elastizitäts-Modul gegenüber den gleichen Eigenschaften einer gleichartigen Kunststoffschaumfolie mit überwiegend geschlossenzelliger Struktur so gut wie nicht unterscheidet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Zellen im Rahmen des Herstellungsprozesses zwar durch erhöhten Gasdruck geöffnet werden, dies jedoch ohne Aufplatzen und Deformation, so dass das eigentliche Zellengerüst erhalten bleibt und weder mechanisch noch thermisch verformt bzw. zerstört wird (vgl. Abs. 0020 u. 0036 der Klagepatentschrift).
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Der Sachvortrag der Klägerin rechtfertigt nicht die Feststellung, dass im Sinne von Merkmal 3.4 die offenen Zellen der streitgegenständlichen B-Schicht mit Ausnahme von erfindungsgemäßen Zellenwandöffnungen keinerlei zusätzliche mechanische Deformationen aufweisen.
1.
Zur Darlegung des Verletzungstatbestandes reicht der Verweis der Klägerin auf die vergrößerten Schnittbildaufnahmen des Verletzungsgegenstandes (insbesondere Abb. 2 gemäß Anlage ROP 6, dort Seite 4) und die darauf bezogene Behauptung nicht aus, zusätzliche mechanische Deformationen gemäß Merkmal 3.4 seien nicht zu erkennen. Da es sich um ein negativ formuliertes Merkmal handelt, bedarf es für eine auf lediglich optischer Betrachtung beruhende Darlegung des Verletzungstatbestands schlüssigen Vortrages dazu, wie sich Zellen mit und ohne zusätzliche mechanische Deformationen optisch unterscheiden lassen bzw. welche konkreten optischen Merkmale der in Bezug genommenen Schnittbildaufnahmen den diesbezüglichen Unterschied aufzeigen.
Kein ausreichendes Abgrenzungs- bzw. Unterscheidungskriterium ist, dass auf den Schnittbildern nicht eine zusammengefallene bzw. zusammengepresste Zellenstruktur – wie z.B. im Übergangsbereich zwischen der B-Schicht und C-Schicht ersichtlich -, sondern eine Struktur bzw. Raummatrix mit Volumen erkennbar sei, die aus Zellstegen, Knoten und verbleibenden Zellwänden gebildet werde und die Flüssigkeiten absorbieren und speichern könne. Hierbei handelt es sich um Eigenschaften, die nach der technischen Lehre des Klagepatents auch mechanisch deformierte offene Zellen aufweisen können. In der Klagepatentschrift heißt es in Bezug auf den abgehandelten Stand der Technik ganz allgemein, dass offenzellige Schaumstoffe, die im Extremfall nur noch aus Zellstegen bestehen, Flüssigkeiten ähnlich wie ein Schwamm speichern können (Abs. 0005), und wird in Bezug auf die erfindungsgemäße Ausgestaltung lediglich der Vorteil verbesserter mechanischer Eigenschaften (Reißfestigkeit, Elastizitätsmodul) hervorgehoben. Bestätigung findet dies zudem in der den entsprechenden Stand der Technik illustrierenden Schemazeichnung gemäß Figur 1a der Klagepatentschrift (vgl. auch Abs. 0030), die eine Zellenstruktur mit demselben Volumen wie die erfindungsgemäße Ausführungsvariante nach Figur 1b der Klagepatentschrift zeigt und die offenkundig ebenfalls in der Lage ist, Flüssigkeiten wie ein Schwamm zu absorbieren und zu speichern. Kann eine offenzellige Zellenstruktur, bei der die Zellen neben den Zellwandöffnungen noch zusätzliche Spuren mechanischer Deformationen aufweisen, Flüssigkeit speichern und absorbieren, muss diese Zellenstruktur zwangsläufig ein räumliches Volumen aufweisen, welches die Aufnahme und Speicherung der Flüssigkeit erlaubt. Dabei kann die Zellenstruktur auch nur noch aus Zellstegen bestehen, wobei es sich nach den eigenen Darlegungen der Klagepatentschrift (Abs. 0005 letzter Satz) jedoch nur um einen Extremfall handelt, was bedeutet, dass es nach dem Stand der Technik noch weitergehende Verbindungen im Rahmen der Zellenstruktur geben kann (z.B. über Zellwände). Weshalb bei der angegriffenen Ausführungsform die optisch erkennbare Zellenstruktur der B-Schicht und ihr Volumen auf das Fehlen zusätzlicher mechanischer Deformationen im Sinne von Merkmal 3.4 hindeuten soll, ist vor diesem Hintergrund nicht nachzuvollziehen.
Auch auf Nachfrage der Kammer in der mündlichen Verhandlung konnte die Klägerin keine über das soeben Abgehandelte hinausgehenden Kriterien oder Merkmale benennen oder aufzeigen, die aus den vorgelegten Schnittbildern ersichtlich sind und in objektiver Hinsicht einen optischen Anhaltspunkt dafür bieten, dass die offenzellige B-Schicht mit Ausnahme von Zellwandöffnungen keinerlei zusätzliche mechanische Deformationen aufweist. Sie hat insoweit lediglich vorgebracht, für einen fachkundigen Sachverständigen sei derartiges zu erkennen, weshalb zumindest ein Sachverständigengutachten über ihre Behauptung einzuholen sei. Ohne substantiierte Darlegungen dazu, weshalb die vorgelegten Schnittbildabbildungen einen Sachverständigen, nicht aber auch die fachkundige Klägerin in die Lage versetzen können sollen, das Fehlen zusätzlicher mechanischer Deformationen anhand optischer Kriterien positiv feststellen zu können, ist jedoch auch dieses Vorbringen unbeachtlich und der entsprechende Beweisantritt auf die Erhebung eines unzulässigen Ausforschungsbeweises gerichtet, da erst der Sachverständige diejenigen optischen Anhaltspunkte ermitteln soll, welche notwendig sind, um anschließend das Fehlen zusätzlicher mechanischer Deformationen feststellen zu können.
Dies gilt um so mehr, als die eigene Gutachterin der Klägerin im Rahmen der vorgelegten Untersuchung gemäß Anlage ROP 6 keine eindeutige Aussage zum Fehlen zusätzlicher mechanischer Deformationen macht, sondern lediglich in Bezug auf eine konkrete Schnittaufnahme (Abb. 2 gemäß Anlage ROP 6, dort S. 4) ausführt, Hinweise auf eine mechanische Deformation der Zellwände seien nicht zu erkennen, und sogar lediglich im Konjunktiv in den Raum stellt, die mechanische Festigkeit des Systems „dürfte“ im Vergleich zu einem System aus weitgehend geschlossenen Zellen nicht wesentlich beeinträchtigt seien. Dass und – wenn ja – welche objektiven optischen Merkmale zur Feststellung des negativen Merkmals 3.4 herangezogen worden sind und welche Aussagekraft sie in Abgrenzung zu (zusätzlich) mechanisch deformierten offenen Zellen haben, ist auch hier nicht erkennbar, so dass auch der Untersuchungsbericht das unsubstantiierte Vorbringen der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht nicht stützt.
2.
Schließlich lässt sich eine Verwirklichung des Merkmals 3.4 nicht – was an sich möglich erscheint – aus dem Verfahren zur Herstellung der angegriffenen Schalen und/oder den mechanischen Eigenschaften der B-Schicht herleiten.
Die Klägerin ist dem substantiierten Vorbringen der Beklagten zum Herstellungsprozess und den dadurch bedingten mechanischen Deformationen der Zellen nicht konkret entgegengetreten oder hat aufgezeigt, weshalb es auch bei Anwendung dieses Herstellungsverfahrens entgegen dem Beklagtenvortrag zu keinerlei mechanischen Deformationen kommen kann.
Angaben zu den mechanischen Eigenschaften der streitgegenständlichen offenzelligen B-Schicht hat die Klägerin ebenfalls nicht gemacht. Nicht einmal hilfsweise hat sie sich die entsprechenden Angaben der Beklagten zu eigen gemacht mit der Behauptung, die Angaben zur Druckbelastung und zum Elastizitätsmodul würden eine mechanische Stabilität der B-Schicht dergestalt belegen, dass im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents davon gesprochen werden könne, die Stabilität der Raummatrix werde beibehalten und die Zellen wiesen deshalb mit Ausnahme der Zellwandöffnungen keinerlei zusätzliche mechanische Deformationen auf.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgen aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 1.000.000,– EUR.