Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. Januar 2005, Az. 4b O 229/04
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz (Anlage K 9) am Gegenstand des deutschen Patents 199 ####1 (Klagepatent, Anlage K 1), dessen Erteilung am 28. August 2003 bekannt gemacht wurde. Gegen die Patenterteilung hat die Beklagte zu 1 Einspruch erhoben. Das Klagepatent betrifft einen Sauggreifer für Kleinstückgut. Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
Sauggreifer für Kleinstückgut, insbesondere quaderförmige Packungen, mit einem motorisch vor- und zurückverfahrbaren, stirnseitigen Saugkopf, der zwischen zwei seitlichen, parallelen Backen angeordnet ist, die zwischen sich einen nach vorn offenen Aufnahmeraum für das Kleinstückgut begrenzen und seitlich verfahrbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Backen (4) als Greifklemme (3) für Kleinstückgut S ausgebildet sind, die unabhängig vom Saugkopf (2) vor- und zurückverfahrbar ist.
Die nachfolgenden Abbildungen (Fig. 1 bis 3 der Klagepatentschrift) veranschaulichen den Erfindungsgegenstand anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.
Die Beklagte zu 1, deren Komplementärgesellschaft, die Beklagte zu 2, unter der Geschäftsführung der Beklagten zu 3 bis 5 steht, stellt her und vertreibt ein automatisiertes Lagersystem, zu dem ausweislich ihres Prospekts gemäß Anlage K 4 ein als kombinierter Saug- und Zangengreifer bezeichnetes Bediengerät zum Ein- und Auslagern von Päckchen gehört. Die nachfolgende Lichtbildabbildung (Anlage K 5, Fig. 1), welche von der Klägerin mit Bezugsziffern versehen worden ist, zeigt den Saug- und Zangengreifer. Mit 2 wird der Saugkopf, mit 4 die Backen, mit 6 der Saugkopfantrieb, mit 11 Führungselemente für die Backen und mit 14 eine Verriegelungsplatte bezeichnet, mit der sich die Backen an die Antriebsmechanik des Saugkopfes koppeln lassen, um die Backen (automatisch) vor und zurück bewegen zu können.
Die Klägerin ist der Ansicht, das vorbezeichnete Bediengerät mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß, zumindest aber mit äquivalenten Mitteln Gebrauch. Sie nimmt die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin macht geltend: Bei den Backen handele es sich um eine Greifklemme, die unabhängig vom Saugkopf vor und zurück verfahrbar sei, da die Backen in den seitlichen Führungselementen 11 beweglich geführt sind und sie je nach Bedarf über den elektromagnetischen Verriegelungsmechanismus mit dem Saugkopfantrieb mechanisch gekoppelt und auf diese Weise vor und zurück bewegt werden können. Dass auch der Saugkopf im Falle der mechanischen Kopplung mit den Backen vor und zurück bewegt wird, sei unschädlich. Da bei der angegriffenen Ausführungsform ohne Kontakt des Saugkopfes zum Stückgut die Backen zum Auslagern von Stückgut eingesetzt werden können, sei die vom Klagepatent geforderte Unabhängigkeit vom Saugkopf gegeben. Zumindest stelle es eine äquivalente Maßnahme zur patentgemäßen unabhängigen Verfahrbarkeit dar, die Greifklemme durch ein wahlweises Ankoppeln an den Antrieb des inaktiven Saugkopfes vor und zurück verfahrbar zu machen bzw. den (in diesem Fall inaktiven) Saugkopf entweder mit der Greifklemme oder – durch Lösen des Verriegelungsmechanismus – den (in diesem Fall aktiven) Saugkopf unabhängig von der Greifklemme vor und zurück fahren zu können.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
Sauggreifer für Kleinstückgut mit einem motorisch vor und zurück verfahrbaren, stirnseitigen Saugkopf, der zwischen zwei seitlichen, parallelen Backen angeordnet ist, die zwischen sich einen nach vorn offenen Aufnahmeraum für das Kleinstückgut begrenzen und seitlich verfahrbar sind,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu gebrauchen,
bei denen die beiden Backen als Greifklemme für Kleinstückgut ausgebildet sind, wobei der Saugkopf entweder gemeinsam mit der Greifklemme oder – durch Lösen eines Verriegelungsmechanismus – unabhängig von dieser vor und zurück verfahrbar ist;
2. ihr Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagten, die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28. September 2003 begangen haben, und zwar unter Angabe,
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei den Beklagten vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 28. September 2003 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen das Klagepatent eingelegten Einspruch auszusetzen.
Die Beklagten stellen den Vorwurf der Patentverletzung in Abrede und machen geltend: Mangels Aufbringung hinreichender Anpresskräfte handele es sich bei den Backen der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine erfindungsgemäße Greifklemme. Da ein Verfahren der Backen lediglich im Falle ihrer (starren) mechanischen Kopplung an den Sauggreifermechanismus stattfindet, fehle es an der erfindungsgemäßen vom Saugkopf unabhängigen Verfahrbarkeit der Backen. Als patentrechtlich äquivalent könne diese Maßnahme ebenfalls nicht angesehen werden.
Das Klagepatent – so die Beklagten – werde sich im anhängigen Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, weshalb der Rechtsstreit zumindest auszusetzen sei.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz nicht zu, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch macht.
I.
Das Klagepatent betrifft einen Sauggreifer für Kleinstückgut.
Automatisierte Lagereinrichtungen verfügen der Klagepatentschrift zufolge über automatisierte Handhabungsvorrichtungen zum Aufnehmen und Handhaben von leichtem Kleinstückgut. Das eigentliche Greiforgan am Manipulatorarm ist dabei häufig ein sog. Sauggreifer. Dieser verfügt über einen mit Unterdruck beaufschlagbaren, im wesentlichen als Saugnapf ausgebildeten Saugkopf, der auf der Oberfläche des jeweiligen Stückguts fest ansaugbar ist. Die Haltekraft ist für leichteres Stückgut mit glatten Oberflächen (z.B. Arzneimittelverpackungen) hinreichend.
Die Klagepatentschrift verweist auf die aus der DE-PS 195 09 951 (Anlage K 2) vorbekannte Greifeinrichtung. Nachfolgend ist Figur 3 dieser Druckschrift abgebildet.
Die vorbekannte Vorrichtung verfügt über ein Saugorgan (20) und Backen (22) zur Handhabung von Stückgut (10). Die parallelen Backen (22) dienen als Führungseinrichtungen, die sicherstellen, dass das aufgenommene bzw. abgelegte Stückgut stets rechtwinklig zum Saugkopf positioniert ist und angesaugt bzw. abgelegt werden kann. Die Klagepatentschrift sieht insoweit als problematisch an, dass bei kleinen und leichten Packungen der zum Andocken des Saugkopfs erforderliche Anpressdruck zum Teil erst dann erzielt werden kann, wenn die Packungen vom Saugkopf gegen einen rückwärtigen Anschlag des Lagerregals geschoben worden sind. Ferner ist eine unerwünschte manuelle Handhabung hinsichtlich solcher Packungen weiter notwendig, bei denen der Saugkopf keinen hinreichenden Unterdruck aufbauen kann, weil deren Oberflächen zu rauh sind oder sie Kanten (z.B. von aufgeklebten Etiketten) aufweisen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Erfindung nach dem Klagepatent die Aufgabe, einen verbesserten Sauggreifer zur Verfügung zu stellen, der ohne einen rückwärtigen Anschlag für das zu entnehmende Stückgut auskommt und überdies gewährleistet, dass Stückgut mit unregelmäßiger, durch den Saugkopf schlecht oder nicht ansaugbarer Oberfläche dennoch sicher aufgenommen und abgelegt werden kann. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 die nachfolgende Merkmalskombination vor:
1. Sauggreifer (1) für Kleinstückgut (S) mit einem stirnseitigen Saugkopf (2),
a. der motorisch vor und zurück gefahren werden kann,
b. der zwischen zwei seitlichen, parallelen Backen (4) angeordnet ist.
2. Die Backen (4)
a. begrenzen zwischen sich einen nach vorn offenen Aufnahmeraum für das Kleinstückgut,
b. sind seitlich verfahrbar,
c. sind als Greifklemme (3) für Kleinstückgut (S) ausgebildet, die
d. unabhängig vom Saugkopf (2) vor und zurück verfahrbar ist.
Gemäß den weiteren Darlegungen der Klagepatentschrift ist erfindungsgemäß parallel zum Saugkopf eine zweite, unabhängige Greifvorrichtung für das Stückgut installiert. Ein rückwärtiger Anschlag für das Stückgut beim Andocken des Saugkopfes ist nicht mehr erforderlich, da sich mit der der Bewegung des Sauggreifers vorauseilenden Greifklemme Stückgut greifen und in seiner Position im Regal halten lässt, so dass der Saugkopf optimal gegen die anzusaugende Oberfläche angepresst werden kann. Die Arbeitsgeschwindigkeit wird hierdurch erhöht und es lässt sich auch bei unebenen Packungsoberflächen problemlos der erforderlich hohe Anpressdruck aufbringen.
Als weiteren Vorteil bezeichnet die Klagepatentschrift es, dass bei völligem Versagen des Saugkopfes das Kleinstückgut allein mit der erfindungsgemäßen Greifklemme gehandhabt werden kann. Die Notwendigkeit, in dem automatisierten Lagersystem manuelle Korrekturen vornehmen zu müssen, wird hierdurch erheblich reduziert.
II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Merkmal 2d, nach welchem die erfindungsgemäße Greifklemme unabhängig vom Saugkopf vor und zurück verfahrbar sein muss, ist weder wortsinngemäß (nachfolgend unter 1) noch mit äquivalenten Mitteln (nachfolgend unter 2) verwirklicht.
1.
Mit den kennzeichnenden Merkmalen 2c und 2d grenzt sich das Klagepatent von der DE-PS 195 09 951 (Anlage K 2) ab. An der hieraus vorbekannten Vorrichtung kritisiert die Klagepatentschrift (Sp. 1 Z. 59-62) u.a., dass dann, wenn der für ein Andocken erforderliche Anpressdruck des Saugkopfs zu hoch wird, was insbesondere bei kleinen und leichten Stückgutverpackungen oder solchen mit rauhen Oberflächen möglich ist, die Packungen vom Saugkopf nach hinten geschoben und erst dann sicher erfasst werden, wenn sie gegen einen rückwärtigen Anschlag des Lagerregals stoßen und dem Saugkopf damit den für das Andocken erforderlichen Widerstand bieten. Diesen die Arbeitsgeschwindigkeit herabsetzenden Nachteil überwunden zu haben, zählt die Klagepatentschrift zu den Vorteilen der Erfindung (vgl. Abs. 0010). Diesbezüglich heißt es im allgemeinen Teil der Patentbeschreibung (Sp. 2 Z. 43-49) wie folgt:
„Durch die Greifklemme, die der Bewegung des Sauggreifers vorauseilt, lässt sich ein Stückgut nämlich greifen und in seiner momentanen Position im Regal halten und wird überdies zwischen den Klemmbacken exakt parallel ausgerichtet, so dass der Saugkopf optimal gegen die anzusaugende Oberfläche angepresst werden kann.“
Die Patentschrift umschreibt damit die Funktionsweise der erfindungsgemäßen Vorrichtung dergestalt, dass zunächst die Greifklemme das aufnehmende Stückgut greift und so fest fixiert, dass der nunmehr nach vorne bewegte Saugkopf ausreichend Widerstand findet, um am Stückgut andocken zu können (vgl. auch Abs. 0029). Diese Vorgehensweise setzt zwingend eine relative (automatisierte) Beweglichkeit von Greifklemme und Saugkopf voraus. Die Greifklemme muss sich unabhängig vom Saugkopf bewegen können, um das Stückgut in einem ersten Verfahrensschritt zu fixieren, damit dann in einem zweiten Schritt der Saugkopf unabhängig von der Greifklemme zum Stückgut bewegt werden und dort den zum Andocken erforderlichen Druck aufbringen kann. Anderenfalls bestünde weiterhin die Gefahr, dass das Stückgut nach hinten weggeschoben wird.
Eine Vorrichtung, die im vorgenannten Sinne nicht eine jeweils unabhängige Verfahrbarkeit von Greifklemme und Saugkopf aufweist und damit einen wesentlichen Vorteil der Erfindung außer acht lässt, verwirklicht Merkmal 2d nicht. So liegen die Verhältnisse jedoch bei der angegriffenen Ausführungsform. Sie bietet für den Anwender lediglich die Option, die Backen über einen automatisierten Verrieglungsmechanismus (14, 18) starr mit dem Saugmechanismus zu koppeln. Ist die Verbindung aber starr und eine automatisierte Führung der Backen unabhängig vom Saugkopf nicht möglich, ist es naturgemäß ausgeschlossen, die Backen relativ zum Saugkopf zu verschieben und so in erfindungsgemäßer Weise eine vom Einsatz des Saugkopfs unabhängige Fixierung des Stückguts zu erreichen, die sodann genutzt werden kann, um den Saugkopf unabhängig von den Backen an das Stückgut anzupressen.
Allein der Umstand, dass nach dem Vorbringen der Klägerin die Backen im nicht verriegelten Zustand in den seitlichen Führungselementen (11) beweglich gelagert sind, reicht für die Verwirklichung von Merkmal 2d nicht aus. Das Klagepatent betrifft keine irgendwie theoretisch geartete Möglichkeit der (manuellen) Bedienung der Klemmbacken unabhängig vom Saugkopf, sondern eine solche Bedienung, die im Rahmen eines automatisierten Prozesses (vgl. Sp. 1 Z. 10/11: „automatisierte Handhabungsvorrichtung“; Sp. 1 Z. 20: „automatisierte Lagereinrichtungen“) stattfindet und von der Vorrichtung in ihrer konkreten Gestalt und im Rahmen ihrer Funktionsmöglichkeiten tatsächlich ausgeführt werden kann. Eine solche ist unabhängig von der Betätigung des Saugkopfes vorliegend aber unstreitig nicht gegeben. Entsprechendes gilt für das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerte Vorbringen, es sei theoretisch möglich, den Verriegelungsmechanismus nach dem Greifen einer Packung durch die Klemmbacken zu lösen, um den Sauggreifer dann in Richtung zur Packung zu bewegen. Im Übrigen macht auch dies die Backen nicht unabhängig vor und zurück verfahrbar.
Dass bei der angegriffenen Ausführungsform im verriegelten Zustand die Backen unabhängig von der Verwendung des Sauggreifers eingesetzt werden können, um Stückgut auszulagern, lässt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Rückschluss auf das Vorliegen einer vom Saugkopf unabhängigen Verfahrbarkeit der Backen zu. Das Stückgut im Falle des Versagens des Saugkopfs allein mit der Greifklemme auslagern zu können, betrifft lediglich einen weiteren Vorteil der Erfindung (vgl. Abs. 0011), der bei unabhängiger Verfahrbarkeit der Greifklemme gegenüber dem Saugkopf unproblematisch erreicht wird. Wie die angegriffene Ausführungsform belegt, ist die unabhängige Verfahrbarkeit aber keine zwingende Voraussetzung für diesen Vorteil, da im Falle der (abhängigen) Kopplung der Greifklemme an den Antrieb des Saugkopfes die Greifklemme gleichwohl als Greifmittel eingesetzt werden kann, wenn der Saugkopf an das Stückgut nicht andocken kann. Da die unabhängige Verfahrbarkeit der Greifklemme aber erfindungsgemäß auch ein Fixieren und anschließendes Andocken des Saugkopfes gewährleisten muss, reicht aus den oben genannten Gründen eine abhängige mechanische Kopplung der Greifklemme an die Bewegungsmechanik des Saugkopfs nicht aus. Gemäß der technischen Lehre des Klagepatents sollen durch die Unabhängigkeit von Greifklemme und Saugkopf nämlich beide Vorteile erzielt werden (Fixieren durch Greifklemme und anschließendes Andocken des Saugkopfes; Auslagern allein mit der Greifklemme). Dies setzt voraus, dass Greifklemme und Saugkopf völlig unabhängig voneinander und damit relativ zueinander verfahrbar sind. Dass nach dem in der mündlichen Verhandlung geäußerten Vorbringen der Klägerin die Fixierung durch die Greifklemme und das anschließende Andocken durch den Saugkopf in der Praxis nicht so bedeutend sein soll wie das Auslagern allein mit der Greifklemme, rechtfertigt keine schutzbereichserweiternde Auslegung. Nach dem Klagepatent – und allein dies ist maßgeblich – handelt es bei beidem um wesentliche Vorteile der Erfindung, die kumulativ durch die unabhängige Verfahrbarkeit erzielt werden.
2.
Die Greifklemme durch ein wahlweises Ankoppeln an die Bewegungsmechanik des Saugkopfes (automatisiert) verfahrbar zu machen, stellt keine patentrechtlich äquivalente Maßnahme gegenüber einer wortsinngemäßen unabhängigen Verfahrbarkeit von Greifklemme und Saugkopf dar. Es fehlt insoweit schon an der objektiven Gleichwirkung des Ersatzmittels, da die vom Klagepatent als wesentlich erachteten und erstrebten Wirkungen nicht eintreten, wenn mangels jeweils unabhängiger Verfahrbarkeit von Greifklemme und Saugkopf das Stückgut vor dem Andocken des Saugkopfs nicht durch die Greifklemme fixiert werden kann, sondern wie im kritisierten Stand der Technik (problematische) Packungen bis zu einem hinteren Regalanschlag geschoben werden müssen, um ein Andocken zu ermöglichen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgen aus §§ 709 S. 1 u. 2, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 1.000.000,– EUR.
Dr. R1 Dr. R2 R3