4b O 218/04 – Bodenablauf

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 399

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. November 2005, Az. 4b O 218/04

Rechtsmittelinstanz: 2 U 135/05

I.
Die Beklagte wird – unter Abweisung der weitergehenden Klage – verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

a) Bodenabläufe mit einem Ablaufrohrstutzen und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung ausdehnt und dabei den Bodenablauf gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf ein Geruchsverschluss angeordnet ist, der einen Glockenkörper und einen Stutzen aufweist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Brandschutzvorrichtung eine in den Stutzen des Geruchsverschlusses steckbare Brandschutzkartusche aufweist oder die Brandschutzkartusche mit dem Stutzen des Geruchsverschlusses fest verbunden ist, die Brandschutzkartusche durchströmbar ist, die Brandschutzkartusche wenigstens ein Brandschutzelement aufweist, die Brandschutzkartusche im unteren Teil des Stutzens angebracht ist;

b) Brandschutzvorrichtungen für einen Bodenablauf mit einem Ablaufrohrstutzen

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland zur Benutzung dortselbst anzubieten oder zu liefern,

bei denen die Brandschutzvorrichtung sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung ausdehnt, dabei den Bodenablauf gasdicht verschließt, im Bodenablauf ein Geruchsverschluss angeordnet ist, der einen Glockenkörper und einen Stutzen aufweist, und bei denen die Brandschutzvorrichtung eine in den Stutzen des Geruchsverschlusses steckbare Brandschutzkartusche aufweist oder die Brandschutzkartusche mit dem Stutzen des Geruchsverschlusses fest verbunden ist, die Brandschutzkartusche durchströmbar ist, die Brandschutzkartusche wenigstens ein Brandschutzelement aufweist, die Brandschutzkartusche im unteren Teil des Stutzens angebracht ist.

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagte, die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 18.04.2004 begangen hat,

und zwar unter Angabe

– der Herstellungsmengen und –zeiten (nur bezüglich 1.a),

– der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

– der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

– der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, insbesondere der Angabe der Anzahl der Zugriffe auf die entsprechende Internet-Werbung,

– der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns unter Einschluss der Angabe des Gemeinkostenanteils für die Vorrichtung gemäß Ziffer 1.,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und ihrer Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

3.
die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer 1. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und seit dem 18.04.2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ein Viertel, die Beklagte drei Viertel.

IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 750.000,– € und für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der jeweils beizutreibenden Forderung.

V.
Der Streitwert wird auf 750.000,– € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 102 01 xxx (Klagepatent; Anlage MBP – C 1), dessen Erteilung am 18. März 2004 veröffentlicht wurde.

Auf den von der Beklagten erhobenen Einspruch gegen die Patenterteilung hat das Bundespatentgericht das Patent mit den in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2005 eingereichten Hauptansprüchen beschränkt aufrechterhalten (Beschluss vom 02.06.2005, Az. 6 W (pat) 320/04; Anlage MBP – C 14); das BPatG hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die Beklagte hat gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt.

Das Klagepatent betrifft einen Bodenablauf mit einem Ablaufrohrstutzen und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf ein Geruchsverschluss angeordnet ist, der einen Glockenkörper und einen Stutzen aufweist.

Die Klägerin hat die Beklagte mit ihrer Klage, die sie durch Schriftsatz vom 20.09.2005 nach Durchführung des Einspruchsverfahrens geändert und teilweise zurückgenommen hat, zunächst wegen unmittelbarer und mittelbarer Verletzung der erteilten Patentansprüche 1 und 7 in Anspruch genommen. Die Ansprüche 1 und 7 lauteten in ihrer ursprünglichen Fassung:

1. Bodenablauf (1) mit einem Ablaufrohrstutzen (3) und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung ausdehnt und dabei den Bodenablauf (1) gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf (1) ein Geruchsverschluss (7) angeordnet ist, der einen Glockenkörper (8) und einen Stutzen (9) aufweist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Brandschutzvorrichtung eine – vor oder nach einer Montage des Bodenablaufs (1) – in den Ablaufrohrstutzen (3) steckbare oder an dem Ablaufrohrstutzen (3) anordenbare, diesen verlängernde durchströmbare Brandschutzkartusche (2) mit wenigstens einem Brandschutzelement (4) aufweist, und dass an der Innenseite (10) des Glockenkörpers (8), gegenüber einer Einlauföffnung (12) des Ablaufrohrstutzens (3), wenigstens ein Zusatz-Brandschutzelement (11) angeordnet ist, welches den Glockenkörper (8) von innen gegen Hitzeeinfluss thermisch isoliert;

7. Bodenablauf (1) mit einem Ablaufrohrstutzen (3) und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung ausdehnt und dabei den Bodenablauf (1) gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf (1) ein Geruchsverschluss (7) angeordnet ist, der einen Glockenkörper (8) und einen Stutzen (9) aufweist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Brandschutzvorrichtung eine in den Stutzen (9) des Geruchsverschlusses (7) steckbare mit ihm fest verbundene durchströmbare Brandschutzkartusche (2) mit wenigstens einem Brandschutzelement (4) aufweist.

Der allein noch geltend gemachte, nebengeordnete Patentanspruch 6, der auf dem (beschränkt aufrecht erhaltenen) Anspruch 7 beruht, hat folgenden Wortlaut:

Bodenablauf (1) mit einem Ablaufrohrstutzen (3) und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung ausdehnt und dabei den Bodenablauf (1) gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf (1) ein Geruchsverschluss (7) angeordnet ist, der einen Glockenkörper (8) und einen Stutzen (9) aufweist,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Brandschutzvorrichtung eine in den Stutzen (9) des Geruchsverschlusses (7) steckbare mit ihm fest verbundene durchströmbare Brandschutzkartusche (2) mit wenigstens einem Brandschutzelement (4) aufweist, die im unteren Teil des Stutzens (9) angebracht ist.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Brandschutzeinsätze, die sie als „XY 100“ (angegriffene Ausführungsform I) und „XY 200“ (angegriffene Ausführungsform II) bezeichnet. Als Anlagen MBP – C3 und C4 hat die Klägerin einen Ausdruck der Produktpräsentation der Beklagten im Internet sowie als Anlagen MBP – C5 und C6 Lichtbilder zweier Muster der angegriffenen Ausführungsform I, deren eines mittig durchschnitten ist, zur Akte gereicht. In der Produktpräsentation der Beklagten, auf die Bezug genommen wird, wird auf Seite 6 die Wirkweise der angegriffenen Ausführungsformen dargestellt (Anlage MBP – C3).

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, mit den angegriffenen Ausführungsformen unmittelbar von der technischen Lehre des Klagepatents im Umfang des aufrecht erhaltenen Anspruchs 6 wortsinngemäß Gebrauch zu machen, indem sie Bodenabläufe zusammen mit den „XY“- Brandschutzvorrichtungen herstellt und anbietet, und die technische Lehre von Patentanspruch 6 des Weiteren mittelbar dadurch zu verletzen, dass sie die „XY“- Brandschutzvorrichtungen als einzelne Nachrüstartikel anbietet.

Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung in Anspruch.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

sinngemäß zu erkennen wie geschehen, jedoch ohne Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen,

2. hilfsweise, ihr im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung einen Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen und Vollstreckungsschutz zu gewähren;

3. weiter hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren bzw. bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in dem die parallelen Gebrauchsmuster 202 20 498 und 202 00 625 betreffenden Löschungsverfahren.

Die Beklagte macht geltend: Die Klage sei unzulässig, weil ihr der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Die Klägerin habe sich die Patenterteilung erschlichen, da sie gegen die ihr im Patenterteilungsverfahren obliegende Wahrheitspflicht gemäß § 124 PatG verstoßen habe. Die Klägerin habe im Erteilungsverfahren schuldhaft keinen Auszug aus dem „Handbuch des Sanitärinstallateurs“ vorgelegt, obwohl dieser gewichtige Bedeutung bei der Bestimmung des Fachmannsbegriffs gehabt hätte und diesem Begriff ausweislich der Niederschrift der Anhörung im Erteilungsverfahren (Anlage B4) erhebliche Bedeutung zukam. Sie ist der Ansicht, der Schutzgegenstand des Klagepatents sei weder neu noch erfinderisch, und ist im Übrigen der Meinung, dass sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde. Mit Rücksicht darauf sei jedenfalls der hilfsweise gestellte Aussetzungsantrag gerechtfertigt.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten und dem Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Der Klägerin stehen die zuerkannten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung und Schadenersatz zu, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents widerrechtlich Gebrauch macht. Lediglich soweit die Beklagte Rechnungslegung ohne Einräumung des tenorierten Wirtschaftsprüfervorbehalts verlangt, erweist sich das Klagebegehren als nicht gerechtfertigt.

I.

Die Erfindung betrifft einen Bodenablauf mit einem Ablaufrohrstutzen und einer Brandschutzvorrichtung, welche sich im Brandfall gasdicht verschließt, wobei im Bodenablauf ein Geruchsverschluss angeordnet ist, der einen Glockenkörper und einen Stutzen aufweist.

Nach den einleitenden Ausführungen der Klagepatentschrift müssen bauliche Anlagen aufgrund der Brandschutzanforderungen so beschaffen sein, dass u.a. der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird. Bei einem Neubau müssen diese von vornherein berücksichtigt und können relativ einfach realisiert werden. Dies ist anders bei einem Altbau; dort ist ein Nachrüsten, etwa von bereits eingegossenen Abläufen nur mit größerem Aufwand möglich. In der Regel müssen diese komplett demontiert werden, so dass die Nachrüstung ein aufwendiger und kostenintensiver baulicher Eingriff ist.

Die Klagepatentschrift sieht es als Aufgabe der Erfindung an, einen Bodenablauf aufzuzeigen, der bei Erfüllung der Brandschutzvorschriften kostengünstig und nachrüstbar ist.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 6 die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Ein Bodenablauf (1), der

a) einen Ablaufrohrstutzen (3) und

b) eine Brandschutzvorrichtung aufweist.

aa) Die Brandschutzvorrichtung dehnt sich im Brandfall durch Hitzeeinwirkung aus.

bb) Durch das Ausdehnen verschließt sie den Bodenablauf (1) gasdicht.

c) Im Bodenablauf (1) ist ein Geruchsverschluss (7) angeordnet, der

aa) einen Glockenkörper (8) und

bb) einen Stutzen (9) aufweist.

2. Die Brandschutzvorrichtung

a) weist eine durchströmbare Brandschutzkartusche (2) auf.

aa) Die Brandschutzkartusche (2) ist in den Stutzen (9) steckbar oder

bb) ist mit dem Stutzen (9) fest verbunden.

b) Die Brandschutzkartusche (2) weist wenigstens ein Brandschutzelement (4) auf.

c) Die Brandschutzkartusche (2) ist im unteren Teil des Stutzens (9) angebracht.

II.

Der Verletzungstatbestand ist sowohl hinsichtlich der unmittelbaren als auch der mittelbaren Verletzung (§ 10 PatG) von Patentanspruch 6 unstreitig und bedarf deshalb keiner weiteren Darlegungen.

III.

Die Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent stellt keine unzulässige, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßende Rechtsausübung dar. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Einrede der Patenterschleichung mit der Begründung berufen, die Klägerin habe im Erteilungsverfahren das Lehrbuch gemäß Anlage D 13 („Der Sanitärinstallateur“) nicht vorgelegt. Maßstab für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht gemäß § 124 PatG vorliegt, ist die subjektive Einschätzung des Anmelders (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 124 Rdn. 15). Ein Verstoß läßt sich – ausgehend hiervon – nicht annehmen, weil es offenkundig auf der subjektiven Einschätzung der Klägerin beruhte, dass die Druckschrift D 13 das relevante Fachwissen des einschlägigen Fachmanns nicht wiedergibt. Die von der Klägerin vorgenommene Wertung führt auch als solche nicht zu einem Rechtsmissbrauch. Bei dem einschlägigen Fachmann handelt es sich nämlich unstreitig nicht um einen Sanitärinstallateur; von dem Wissen eines solchen Installateurs kann allenfalls mittelbar auf das Wissen des vorliegend interessierenden Durchschnittsfachmanns geschlossen werden, was letztlich einer Wertung bedarf und damit gerade die subjektive Wahrhaftigkeit betrifft.

IV.

Da die Beklagte das Klagepatent widerrechtlich benutzt hat, ist sie der Klägerin gemäß § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet. Eine andere (gemeinfreie) Verwendung kommt für die angegriffenen Brandschutzvorrichtungen nicht in Betracht; die mittelbaren Verletzungshandlungen der Beklagten haben deswegen ein Schlechthin-Verbot zur Folge. Die Schadenersatzpflicht der Beklagten folgt aus § 139 Abs. 2 PatG, weil die Beklagte ein zumindest fahrlässiges Verschulden trifft. Da die genaue Schadenshöhe derzeit noch nicht feststeht, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO). Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang verpflichtet, über ihre Verletzungshandlungen Rechnung zu legen (§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB). Hinsichtlich der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger war der Beklagten allerdings nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger) ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen. Der Vernichtungsanspruch der Klägerin beruht auf § 140a PatG.

V.

Anlass, den Rechtsstreit auszusetzen, besteht nicht (§ 148 ZPO). Die anhängige Rechtsbeschwerde gegen die Einspruchsentscheidung des Bundespatentgerichts bietet keine eine Aussetzungsanordnung rechtfertigende Erfolgsaussicht.

Die Aussetzung steht im Ermessen des Gerichts. Von ihr wird in der Praxis außerordentlich zurückhaltend Gebrauch gemacht. Der Grund liegt darin, dass ein Patent nur eine begrenzte Laufzeit von 20 Jahren seit seiner Anmeldung hat (§ 16 Abs. 1 Satz 1 PatG) und seinem Inhaber deshalb auch nur während einer begrenzten Zeitspanne (20 Jahre abzgl. der Dauer des der Erteilung vorgeschalteten Anmelde- und Prüfungsverfahrens) einen gesetzlichen Schutz vermittelt. Würde ein Verletzungsprozess wegen eines schwebenden Einspruchs- oder Nichtigkeitsangriffs auf das Klagepatent vorschnell ausgesetzt, würde der Patentinhaber für die Dauer der Aussetzung seine Verbietungsrechte, namentlich den wirtschaftlich besonders wichtigen Unterlassungsanspruch, endgültig einbüßen. Diese Konsequenz wäre um so unerträglicher, als sich Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren erfahrungsgemäß über mehrere Jahre hinziehen und das Gesetz dem Einspruch und der Nichtigkeitsklage gerade keinen die Patentwirkungen hemmenden Suspensiveffekt beigelegt hat. Aus den vorstehenden Erwägungen kommt im landgerichtlichen Verfahren eine Aussetzung nur dann in Betracht, wenn es in hohem, an Sicherheit grenzendem Maße wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund des Einspruchs oder der Nichtigkeitsklage widerrufen oder vernichtet werden wird. Davon ist regelmäßig nicht auszugehen, wenn der dem Klageschutzrecht entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren berücksichtigt worden ist. Gleiches gilt, wenn erstinstanzlich das Patent aufrechterhalten worden ist und im zweitinstanzlichen Verfahren kein neuer Stand der Technik vorgetragen wird bzw. kein Stand der Technik eingeführt wird, der der Lehre des Patentes näher kommt.

Im Streitfall ist – ausgehend von diesen Grundsätzen – zunächst von Bedeutung, dass die von der Beklagten eingelegte Rechtsbeschwerde, weil sie vom Bundespatentgericht nicht zugelassen worden ist, auf bestimmte in § 100 Abs. 3 PatG einzeln aufgeführte Rügen beschränkt ist, zu denen sachliche Fehler bei der Beurteilung von Neuheit und Erfindungshöhe nicht gehören (vgl. Busse/Keukenschrijver, 6. Aufl. 2003, § 100 PatG Rn 103). Die Beklagte rügt dementsprechend mit der Rechtsbeschwerde die Verletzung rechtlichen Gehörs im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG, hilfsweise das Fehlen einer Begründung im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG. Sie stützt ihre Rügen im wesentlichen darauf, dass die Einspruchsentscheidung nicht auf die von der Beklagten entgegengehaltene Gebrauchsmusterschrift DE 79 31 426 U1 (D10) eingegangen ist. Die Ausführungen in der Begründung der Einspruchsentscheidung, eine Zusammenschau des gesamten nachgewiesenen Standes der Technik liefere keinen Hinweis auf die Anordnung der Brandschutzvorrichtung auf dem Geruchsverschluss, lasse den Schluss zu, dass die erwähnte Schrift nicht berücksichtigt worden sei, da das in Figur 3 der Schrift dargestellte Standrohr als Teil des Geruchsverschlusses jenes Bodenablaufs anzusehen sei und sich deswegen die Anbringung einer (vorbekannten) Brandschutzvorrichtung durch Einschieben in das Standrohr aufdränge. Bei der gegebenen Sachlage fehle es der Einspruchsentscheidung auch an einer Begründung, weil sich das Bundespatentgericht nicht im Einzelnen mit Figur 3 der D 10 auseinandergesetzt habe.

Ob die Beklagte mit diesem Begehren durchdringen kann, erscheint fraglich. Wie sich aus dem angefochtenen Beschluss ergibt, hat das Bundespatentgericht die Anlage D10 zur Kenntnis genommen, weshalb eine Verletzung des der Beklagten zu gewährenden rechtlichen Gehörs ausscheiden dürfte. Auch geht die Entscheidung auf den Komplex der Neuheit und Erfindungshöhe ein, was dem Begründungszwang im Allgemeinen genügt.

Letztlich kann zugunsten der Beklagten aber sogar von einem Erfolg ihrer Rechtsbeschwerde ausgegangen werden. Da der Bundesgerichtshof keine eigenen Tatsachenfeststellungen zur Neuheit und Erfindungshöhe treffen kann, besteht der maximale, von der Beklagten zu erreichende Erfolg darin, dass die Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen wird. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Bundespatentgericht der Aussetzungsbeschluss der Kammer bekannt war und dass die der Aussetzungsanordnung zugrunde liegende Argumentation der Beklagten auch in der Einspruchsverhandlung umfänglich mündlich vorgetragen worden ist. Zwar hält die Kammer nach wie vor an ihrer Auffassung fest, dass es ausgehend vom vorbekannten Stand der Technik keiner erfinderischen Leistung bedurfte, um zum Gegenstand des Klagepatents zu gelangen. In den auf die parallelen Gebrauchsmuster gestützten Klageverfahren ist der Rechtsstreit deshalb trotz der Einspruchsentscheidung am 20. Oktober 2005 weiter ausgesetzt worden. Dies beruht jedoch darauf, dass eine Verurteilung wegen Gebrauchsmusterverletzung nur in Betracht kommt, wenn das Verletzungsgericht die positive Überzeugung von der Schutzfähigkeit der geschützten Erfindung gewinnen kann. Die äußerst knappe Begründung des Bundespatentgerichts, die mit keinem Wort auf die Aussetzungsentscheidung eingeht, ist nicht geeignet, die Kammer davon zu überzeugen, dass ein Durchschnittsfachmann – entgegen dem, was im Aussetzungsbeschluss im Einzelnen ausgeführt wurde – erfinderisch tätig werden musste, um zu der Lehre des Klagepatents zu finden. Andererseits hat die Kammer jedoch zur Kenntnis zu nehmen, dass das – sachkundig besetzte – Bundespatentgericht im Ergebnis eine andere Auffassung für richtig gehalten hat als sie der Aussetzungsentscheidung entspricht. Da die Frage des Rechtsbestandes originär und verantwortlich nicht vom Verletzungsgericht, sondern von den Erteilungsinstanzen (einschließlich des Bundespatentgerichts) zu beurteilen ist, kann es im Verfahren um das Klagepatent nicht darum gehen, ob sich die Kammer der Einspruchsentscheidung aus eigener Überzeugung anschließt. Ein verurteilendes Erkenntnis darf der Klägerin vielmehr nur dann vorenthalten werden, wenn die Entscheidung über den Einspruch schlicht unvertretbar wäre. Das gilt vorliegend um so mehr, als der Verletzungsprozess bereits einmal ausgesetzt war mit der Folge, dass die Klägerin ihre Rechte aus dem Klagepatent zeitweise nicht hat durchsetzen können. Im Falle einer Zurückverweisung der Sache wird das Bundespatentgericht voraussichtlich keine andere Entscheidung treffen als bisher. Bei aller Kürze der Begründung, die die Erwägungen für die Aufrechterhaltung des Klagepatents kaum nachvollziehbar machen, und bei allen Bedenken gegen die Richtigkeit des vom Bundespatentgericht vertretenen Standpunktes kann nicht davon gesprochen werden, dass die Einspruchsentscheidung schlechterdings unhaltbar ist. Im gegenwärtigen Stadium des Rechtsstreits müssen sich deshalb die gesetzlich verbrieften Verbietungsrechte der Klägerin gegenüber dem mit der erfolgten Aussetzung bereits berücksichtigten Interesse der Beklagten, nicht aus einem schutzunfähigen Patent in Anspruch genommen zu werden, durchsetzen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung folgen aus §§ 709, 108 ZPO. Der Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten ist unbegründet. Es ist nichts dafür vorgetragen, dass eine Vollstreckung der Beklagten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.