4a O 2/11 – Druckmaterialbehälter 2 II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1859

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 28. Februar 2012, Az. 4a O 2/11

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ord-nungshaft bis zu sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, diese zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu unterlassen,

Druckmaterialbehälter in der Bundesrepublik Deutschland anzu-bieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen, der

(1) an einer Druckvorrichtung mit einem Druckkopf und einer Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen einschließlich einer Vielzahl erster vorrichtungsseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Speichersteuerschaltung verbunden sind, einer Vielzahl zweiter vorrichtungsseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Hochspannungsschaltung verbunden sind, und mindestens einem dritten vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsanschluss, der mit einer vorrichtungsseitigen Kurzschlusser-fassungsschaltung verbunden ist, abnehmbar angebracht werden kann, wobei der Druckmaterialbehälter umfasst:

(2) eine erste Einrichtung, wobei die erste Einrichtung ein Speicher ist, und

(3) eine Anschlussgruppe, die eine Vielzahl von ersten An-schlüssen enthält, wobei die Vielzahl von ersten Anschlüssen mit der ersten Einrichtung verbunden ist und jeweils einen ersten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden, ersten vorrichtungsseitigen An-schlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen An-schlüssen enthält,

wobei der Druckmaterialbehälter des Weiteren umfasst:

(4) eine zweite Einrichtung; und

(5) eine Vielzahl von zweiten Anschlüssen und mindestens einen dritten Anschluss in der Anschlussgruppe, wobei:

(6) die Vielzahl von zweiten Anschlüssen mit der zweiten Ein-richtung verbunden ist und jeweils einen zweiten Kontakt-abschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden, zweiten vorrichtungsseitigen Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen enthält,

(7) die Vielzahl von zweiten Anschlüssen so angeordnet ist, dass an sie extern eine höhere Spannung angelegt wird als an die Vielzahl von ersten Anschlüssen, die zweite Einrichtung wird mit einer höheren Spannung betrieben als die erste Einrichtung,

(8) der mindestens eine dritte Anschluss ist ein Kurz-schlusserfassungsanschluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem zweiten Anschluss und dem mindestens einen dritten Anschluss und enthält einen dritten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren des dritten vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsanschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen;

(9) die zweiten Kontaktabschnitte mit einem Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitten so angeordnet sind, dass sie eine erste Zeile bilden,

(10) die zweiten Kontaktabschnitte jeweils an jedem Ende der ersten Zeile angeordnet sind, und

(11) der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt und der verbleibende Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte so angeordnet sind, dass sie eine zweite Zeile bilden, und

(12) der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt an einem der zwei Enden der zweiten Zeile angeordnet ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläge-rinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen in Bezug auf die in Ziffer I. begangenen Handlungen seit dem 15.08.2009 entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägerinnen in einem ge-ordneten Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. aufgeführten Handlungen seit dem 15.08.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe

1. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse so-wie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und Vorbesitzer,

2. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lie-fermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen, sowie der Typenbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Abnehmer,

3. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange-botsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreisen, sowie Ty-penbezeichnungen und der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

4. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträ-gern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Ver-breitungsgebiet,

5. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs- und Vertriebskosten und des erzielten Ge-winns,

wobei

– die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu Ziffer III. 1. und 2. Bestellformulare, Lieferscheine oder Rechnungen vorzulegen hat;

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschrif-ten ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsemp-fänger statt den Klägerinnen einem von diesen zu bezeichnenden, ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, den Klägerinnen auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer bzw. bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz oder Eigentum be-findlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Gegenstände zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

V. Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 15.07.2009 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, de-nen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patentes EP 1 800 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gege-benenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerinnen nehmen die Beklagte aus dem europäischen Patent 1 800 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht in An-spruch.

Das Klagepatent wurde am 22.12.2006 unter Inanspruchnahme der Priorität zweier japanischer Schriften vom 26.12.2005 bzw. vom 11.08.2006 in engli-scher Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Offenlegung der Patentanmeldung am 27.06.2007 erfolgte. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 15.07.2009 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Auf einen Einspruch der A AG hin hat das Europäische Patentamt das Klagepatent am 29.11.2011 beschränkt aufrecht erhalten. Hinsichtlich der Gründe der Einspruchsentscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlage HLB 7a Bezug genommen.

Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die Klägerin zu 1), deren Tochter-gesellschaft die Klägerin zu 2) ist, die von der Klägerin zu 1) mit dem Vertrieb von Druckern und Druckerzubehör in Deutschland betraut ist. Das Klagepatent ist Gegenstand eines ausschließlichen Lizenzvertrages, den die Klägerin zu 1) mit Wirkung vom 01.01.1993 mit der Klägerin zu 2) geschlossen hat. Nach diesem Lizenzvertrag ist die Klägerin zu 1), die der Klägerin zu 2) eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt hat, vertraglich verpflichtet, mit der Klägerin zu 2) bei der Verfolgung etwaiger Schutzrechtsverletzungen im Lizenzgebiet zusammenzuarbeiten. Haben sich die Klägerinnen darauf verständigt, gemeinsam Klage zu erheben, trifft die Klägerin zu 1) eine Rechts-pflicht, bei der Verfolgung von Verletzungen ihrer lizenzierten Schutzrechte im Klageweg als Partei mitzuwirken. Hinsichtlich des vollständigen Inhaltes dieses Lizenzvertrages wird auf die Anlagen HE 1 und HE 2 Bezug genommen.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Printing material container and board mounted on printing material container“ („Tintenbehälter und Platine darauf montiert“). Sein Patentanspruch 1 lautet in der durch die Klägerinnen zuletzt geltend gemachten eingeschränkten Fassung, die der im Ein-spruchsverfahren aufrecht erhaltenen Fassung entspricht:

„Druckmaterialbehälter (100), der an einer Druckvorrichtung (1000) mit ei-nem Druckkopf (5) und einer Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen einschließlich einer Vielzahl erster vorrichtungsseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Speichersteuerschaltung verbunden sind, einer Vielzahl zweiter vorrichtungsseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Hochspannungsschaltung verbunden sind, und mindestens einem dritten vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsanschluss, der mit einer vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsschaltung verbunden ist, abnehmbar angebracht werden kann, wobei der Druckmaterialbehälter umfasst:

eine erste Einrichtung (203), wobei die erste Einrichtung ein Speicher ist, und

eine Anschlussgruppe, die eine Vielzahl von ersten Anschlüssen (220, 230, 260, 270, 280) enthält, wobei die Vielzahl von ersten Anschlüssen mit der ersten Einrichtung verbunden ist und jeweils einen ersten Kontaktabschnitt (cp) zum Kontaktieren eines entsprechenden, ersten vorrichtungsseitigen Anschlusses unter der Vielzahl von vor-richtungsseitigen Anschlüssen enthält,

dadurch gekennzeichnet, dass er des Weiteren umfasst:

eine zweite Einrichtung (104); und

eine Vielzahl von zweiten Anschlüssen (250, 290) und mindestens einen dritten Anschluss (210, 240) in der Anschlussgruppe, wobei:

die Vielzahl von zweiten Anschlüssen mit der zweiten Einrichtung verbunden ist und jeweils einen zweiten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden, zweiten vorrichtungsseitigen Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen enthält;

die Vielzahl von zweiten Anschlüssen so angeordnet ist, dass an sie ex-tern eine höhere Spannung angelegt wird als an die Vielzahl von ersten Anschlüssen, die zweite Einrichtung wird mit einer höheren Spannung betrieben als die erste Einrichtung,

der mindestens eine dritte Anschluss ist ein Kurzschlusserfassungsan-schluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem zweiten An-schluss und dem mindestens einen dritten Anschluss und enthält einen dritten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren des dritten vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsanschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen,

die zweiten Kontaktabschnitte mit einem Teil der Vielzahl der ersten Kon-taktabschnitte(n) so angeordnet sind, dass sie eine Zeile bilden,

die zweiten Kontaktabschnitte jeweils an jedem Ende der ersten Zeile an-geordnet sind, und

der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt und der verbleibende Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte so angeordnet sind, dass sie eine zweite Zeile bilden, und

der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt an einem der zwei Enden der zweiten Zeile angeordnet ist.“

Nachfolgend werden einige Figuren aus der Klagepatentschrift wieder-gegeben. Die Figuren 3A und 15C zeigen verschiedene Möglichkeiten der Konstruktion der Gestaltung der Platine. In Figur 13 ist das Szenarium eines Kurzschlusses dargestellt.
Die Beklagte bietet in der Bundesrepublik Deutschland an, bringt in Verkehr und/oder führt dazu Tintenpatronen ein, die für die Verwendung in Aufzeich-nungseinrichtungen (Tintenstrahldrucker) der Klägerin zu 1) geeignet sind. Dabei handelt es sich um folgende Tintenpatronen (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen):

XXX, XXXX, XXXX und XXXX
für XXXX, XXX, XXXX, XXXXX, XXXXXX, XXXXXX, XXXXX, XXXXXX, XXX, XXXXXX et al.

XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX für XXXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXX, XXXFW et. al.
Jeder dieser zwei Sätze von Tintenpatronen umfasst eine schwarze und meh-rere farbige Einzelpatronen. Beispielhaft wird nachfolgend die cyanfarbige Tintenpatrone aus dem Set „XXXX, XXXX, XXXX und XXX“ eingeblendet, der die übrigen angegriffenen Tintenpatronen in den hier maßgeblichen technischen Merkmalen entsprechen:
Die Oberfläche der Platine ist nachfolgend nochmals vergrößert eingeblendet:
Die Rückseite der Platine weist folgende Gestaltung auf, wobei die ellipsenför-migen Markierungen von den Klägerinnen zur Kennzeichnung der ersten und zweiten Einrichtung angebracht wurden:
Die Anschlussgruppen lassen sich anhand der nachfolgend verkleinert einge-blendeten und durch die Klägerinnen eingereichten Skizze wie folgt darstellen, wobei die Beklagte dieser Darstellung nicht entgegen getreten ist:
Die Verbindung der Anschlüsse mit den auf der Rückseite der Platine zu fin-denden Einrichtungen ist in dem nachfolgend eingeblendeten Schaltkreis dar-gestellt, den die Klägerinnen vorgelegt haben. Die Richtigkeit der eingezeich-neten Verbindungen hat die Beklagte nicht in Frage gestellt.

Während es sich bei dem in dem vorstehend eingeblendeten Schaltkreis durch die Klägerinnen mit „Erste Einrichtung“ gekennzeichneten Bauteil um eine Halbleiterspeichereinrichtung (EEPROM) handelt, die mit einer Spannung von 3,2 V (bzw. 3,3 V) betrieben wird, handelt es sich bei der durch die Klägerinnen als „Zweite Einrichtung“ markierten Schaltung um eine Schaltung mit einer Diode und einer Spule, die mit verschiedenen Spannungen betrieben werden kann („elektrischer Schwingkreis“).

Die Lage der Kontaktabschnitte nach Einführung der Patrone in den Drucker lässt sich auf der Grundlage eines durch die Klägerinnen mit Hilfe des Druckers XXX mit der vorstehend gezeigten Patrone durchgeführten „Scratch Tests“ wie folgt darstellen, wobei die Beklagte die markierte Lage der Kontaktabschnitte nicht in Frage gestellt hat:

Nach Auffassung der Klägerinnen machen die angegriffenen Ausfüh-rungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Die Klägerinnen beantragen daher zuletzt,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:
das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den von der B AG gegen das Klagepatent EP 1 800 XXX B1 erhobenen Einspruch auszusetzen.

Sie meint, der geltend gemachte Anspruch enthalte mehrere Merkmale, die nicht die Gestaltung der Tintenpatrone, sondern die Gestaltung des mit der Tintenpatrone zusammenwirkenden Druckers beschreiben würden. Aus diesen Merkmalen ergebe sich keinerlei Information darüber, wie die Tintenpatrone selbst ausgestaltet sein müsse. Insbesondere handele es sich bei den Kontaktabschnitten so lange um einen gedachten Bereich, bis die Tintenpatrone in den Drucker eingesetzt werde, weshalb unter dem „Kontaktabschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden Anschlusses“ die gesamte Fläche des Anschlussstückes zu verstehen sei, die zum Kontaktieren eines Gegenstückes objektiv geeignet sei.

Zudem würden die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen, da diese bereits keine zweite Einrichtung im Sinne des Klagepatents aufweisen würden. Wie aus den durch die Klägerinnen als Anlage HE 15 vorgelegten Unterlagen ersichtlich sei, sei lediglich eine einzige zusammenhängende Schaltung auf einer einzigen Platine vorhanden. Darüber hinaus diene der zweite, von den Klägerinnen definierte Teil-Schaltkreis nicht, wie nach dem Klagepatent vor-gesehen, dazu, eine mit Hochspannung betriebene Einrichtung wie zum Beispiel einen Piezosensor zu betreiben. Vielmehr habe dieser Teil-Schaltkreis bei den angegriffenen Ausführungsformen die Funktion, dem Drucker ein bestimmtes Antwortsignal zur Verfügung zu stellen, das dieser erwarte. Der zweite Teil-Schaltkreis sei ein aus einer Diode und einer Spule bestehender elektrischer Schwingkreis, der bei Anlegen von Spannungen lediglich ein Response-Signal in Form von Schwingungen ausgebe. Dieser Schwingkreis sei nicht für eine bestimmte Betriebsspannung ausgelegt, sondern könne mit beliebigen Spannungen beaufschlagt werden. Der zweite Teil-Schaltkreis könne somit mit höherer, gleicher oder mit niedrigerer Spannung betrieben werden als der erste Teil-Schaltkreis.

Ferner genüge es für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht, wenn ein Anschluss objektiv geeignet sei, einen Kurzschluss zu detektieren. Vielmehr müsse der Drucker, der mit dem Druckmaterialbehälter zusammenwirke, einen Anschluss tatsächlich für eine Kurzschluss-Detektierung einsetzen, damit dieser einen „dritten Anschluss“ im Sinne des Klagepatents darstelle. Die Klägerinnen hätten nichts dazu vorgetragen, ob und wie ihre Drucker eine Kurzschlussdetektion durchführen würden, wenn die Patrone in den Drucker eingesetzt sei und zwischen welchen Anschlüssen ein solcher Kurzschluss ermittelt werde. Die Beklagte bestreitet deshalb, dass Drucker der Klägerinnen tatsächlich eine solche Kurzschlussdetektion zwischen zwei Kontakten durchführen und das eine solche Kurzschlussdetektion zwischen dem einen zweiten Anschluss und einem dritten Anschluss erfolgt. Zudem bestreitet die Beklagte, dass die angegriffenen Ausführungsformen über einen Kurz-schlusserfassungsanschluss verfügen, der mit einer vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsschaltung verbunden ist.

Überdies wäre, wenn ein Ablauf zur Kurzschlussdetektion vorgesehen wäre, die Anwendung dieses Ablaufs durch den Betreiber des Druckers gestattet, weil die aus dem Klagepatents erwachsenden Rechte durch den Verkauf eines Druckers mit einer entsprechenden Erfassungseinrichtung erschöpft wären. Die Erschöpfung erstrecke sich auch auf den auf eine Tintenpatrone gerichteten, hier geltend gemachten Anspruch, weil sich die darin enthaltenen Merkmale betreffend der Kurzschlusserfassung auf die Gestaltung des Druckers beziehen würden und Rechte betreffend der Druckermerkmale mit dem Verkauf des Druckers erschöpft seien. Im Übrigen sei den Abnehmern der Drucker konkludent eine Lizenz zur Benutzung der klagepatentgemäßen Kurzschlussdetektion erteilt worden, die auch das Gebrauchen des für das Durchführen der Detektion zwingend erforderlichen Objekts, nämlich der Tintenpatrone, abdecke.

Schließlich sei das Klagepatent auch nicht schutzfähig, da die nunmehr bean-spruchte Erfindung weder neu sei, noch auf einer erfinderischen Tätigkeit be-ruhe. Zudem beruhe der durch die Klägerinnen geltend gemachte Patentanspruch auf einer unzulässigen Erweiterung.

Die Klägerinnen treten diesem Vorbringen entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die einge-reichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Den Klägerinnen stehen die gel-tend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 a Abs. 1 und 3, 140 b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu.

I.
Das Klagepatent betrifft Druckmaterialbehälter, bei denen es sich ins-besondere um Tintenpatronen handeln kann.

Wie das Klagepatent einleitend ausführt, sei es beispielsweise aus der EP 1 219 XXX A2 bekannt, Tintenpatronen mit einer Platine zu versehen, auf der eine Halbleiterspeichereinrichtung sowie elektrische Anschlüsse zum Zugreifen auf diese Halbleiterspeichereinrichtung vorgesehen sind. Zudem sei es, zum Beispiel aus der US 2004/0155913 A1, im Stand der Technik auch bekannt, Tintenpatronen mit einer Einrichtung zum Erfassen der Tintenmenge der Tintenpatrone zu versehen.

An den bekannten Tintenpatronen bezeichnet es das Klagepatent jedoch als nachteilig, dass die Tintenpatrone dort nicht mit einer Vielzahl von Einrichtun-gen ausgerüstet sei. Würden Tintenpatronen mit mehreren Einrichtungen ver-sehen, bestehe jedoch das Risiko eines Kurzschlusses zwischen den verschiedenen Anschlüssen, welcher zu Schäden an der Tintenpatrone oder der Druckvorrichtung führen könne.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen Druckmaterialbehälter mit einer Mehrzahl von Ein-richtungen bereitzustellen, bei welchem ein Schaden für den Druckmaterialbehälter und die Druckvorrichtung, der durch Kurzschluss zwischen den Anschlüssen verursacht wird, verhindert wird.

Zur Lösung dieser Aufgabe ist in Patentanspruch 1 in der durch die Klägerinnen zuletzt geltend gemachten Fassung ein Druckmaterialbehälter mit folgenden Merkmalen vorgesehen:

(1) Druckmaterialbehälter (100), der an einer Druckvorrichtung (1000) mit einem Druckkopf (5) und einer Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen einschließlich einer Vielzahl erster vorrichtungssseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Speichersteuerschaltung verbunden sind, einer Vielzahl zweiter vorrichtungsseitiger Anschlüsse, die mit einer vorrichtungsseitigen Hochspannungsschaltung verbunden sind, und mindestens einem dritten vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsanschluss, der mit einer vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsschaltung verbunden ist, abnehmbar angebracht werden kann, wobei der Druckmaterialbehälter umfasst:

(2) eine erste Einrichtung (203), wobei die erste Einrichtung ein Speicher ist, und

(3) eine Anschlussgruppe, die eine Vielzahl von ersten An-schlüssen (220, 230, 260, 270, 280) enthält, wobei die Vielzahl von ersten Anschlüssen mit der ersten Einrichtung verbunden ist und jeweils einen ersten Kontaktabschnitt (cp) zum Kontaktieren eines entsprechenden, ersten vorrichtungsseitigen Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen enthält;

(4) eine zweite Einrichtung (104); und

(5) eine Vielzahl von zweiten Anschlüssen (250, 290) und min-destens einen dritten Anschluss (210, 240) in der An-schlussgruppe, wobei:

(6) die Vielzahl von zweiten Anschlüssen mit der zweiten Ein-richtung verbunden ist und jeweils einen zweiten Kontakt-abschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden, zweiten vorrichtungsseitigen Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen enthält,

(7) die Vielzahl von zweiten Anschlüssen so angeordnet ist, dass an sie extern eine höhere Spannung angelegt wird als an die Vielzahl von ersten Anschlüssen, die zweite Einrichtung wird mit einer höheren Spannung betrieben als die erste Einrichtung,

(8) der mindestens eine dritte Anschluss ist ein Kurzschlusser-fassungsanschluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem zweiten Anschluss und dem mindestens einen dritten Anschluss und enthält einen dritten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren des entsprechenden Kurzschlusserfassungsanschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen;

(9) die zweiten Kontaktabschnitte mit einem Teil der Vielzahl der ers-ten Kontaktabschnitten so angeordnet sind, dass sie eine erste Zeile bilden,

(10) die zweiten Kontaktabschnitte jeweils an jedem Ende der ersten Zeile angeordnet sind, und

(11) der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt und der verbleibende Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte so angeordnet sind, dass sie eine zweite Zeile bilden, und

(12) der mindestens eine dritte Kontaktabschnitt an einem der zwei Enden der zweiten Zeile angeordnet ist.

II.
Den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der nunmehr durch die Klä-gerinnen geltend gemachten Fassung bildet somit ein Druckmaterialbehälter, der zwei Einrichtungen (203, 104) umfasst. Während es sich bei der ersten Einrichtung zwingend um einen Speicher handeln muss, enthält Patentanspruch 1 im Hinblick auf die Gestaltung der zweiten Einrichtung keine konstruktiven Vorgaben. Dass die zweite Einrichtung jedoch gleichwohl nicht mit jeder Leitung gleichzusetzen ist, sondern eine über das bloße Leiten hinausgehende Funktion haben muss, erkennt der Fachmann bereits aus der Formulierung des Patentanspruches, welcher ausdrücklich zwischen erster und zweiter Einrichtung und deren Verbindung unterscheidet.

Wie der Fachmann Patentanspruch 1 weiter entnimmt, soll der beanspruchte Druckmaterialbehälter drei Arten von Anschlüssen enthalten. Während die ersten, jeweils einen ersten Kontaktabschnitt (cp) aufweisenden Anschlüsse (220, 230, 260, 270, 280) mit dem die erste Einrichtung bildenden Speicher verbunden sind (Merkmal 3), sind die zweiten Anschlüsse, die jeweils einen zweiten Kontaktabschnitt enthalten, mit der zweiten Einrichtung verbunden (Merkmal 6) und so angeordnet, dass an sie extern eine höhere Spannung angelegt werden kann als an die Vielzahl von ersten Anschlüssen, wobei die zweite Einrichtung bei einer höheren Spannung betrieben werden muss als die erste Einrichtung (Merkmal 7). Im Hinblick auf die räumliche Anordnung der ersten und zweiten Abschnitte zueinander enthält Patentanspruch 1 die weitere Vorgabe, dass diese mit einem Teil der Vielzahl von ersten Kontakt-abschnitten so angeordnet sein sollen, dass sie eine erste Zeile bilden, in wel-cher sich die zweiten Kontaktabschnitte jeweils am Ende der ersten Zeile befinden (Merkmale 9 und 10). Wie der Fachmann der Klagepatentbeschreibung entnimmt, soll durch diese Anordnung gewährleistet werden, dass die Zahl der gegenüber den zweiten Anschlüssen benachbarten Anschlüsse klein ist, so dass die Gefahr eines Kurzschlusses der zweiten Anschlüsse zu anderen Anschlüssen möglichst gering gehalten wird (vgl. Anlage HLB 2, Abschnitt [0083]).

Neben den ersten und zweiten Anschlüssen sieht Patentanspruch 1 in der nunmehr streitgegenständlichen Fassung mindestens einen dritten Anschluss (210, 240) vor, bei dem es sich um einen Kurzschlusserfas-sungsanschluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen den zweiten Anschlüssen und dem mindestens einen dritten Anschluss handelt und der einen dritten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden Kurzschlusserfassungsanschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen besitzt (Merkmale 5 und 8). Patentgemäß soll dieser mindestens eine dritte Anschluss räumlich in einer zweiten Zeile mit dem verbleibenden Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte angeordnet sein, wobei der mindestens eine dritte Anschluss an einem der zwei Enden der zweiten Zeile angeordnet sein muss (Merkmale 11 und 12). Damit ist laut der Beschreibung des Klagepatents der erfindungsgemäße Vorteil verbunden, dass, wenn ein Fremdmaterial von einer der Seiten eintreten sollte (vgl. Figur 13, Tintentropfen S1 und Wassertropfen S2), dieses Eindringen erfasst werden kann, bevor das Fremdmaterial zu den anderen An-schlüssen (220, 230, 260 – 270) vordringt. Somit kann ein Schaden an den Schaltungen des Speichers (204) und der Druckvorrichtung durch das Eindringen des Fremdmaterials verhindert oder reduziert werden (vgl. Anlage HLB 2, Abschnitt [0088] und [0084]).

Dass sich die Lage der Kontaktabschnitte nicht unabhängig von einem Zusammenwirken der Patrone mit einem Drucker bestimmen lässt, führt ebenso wenig zu einer Beschränkung des Schutzbereichs auf die Kom-bination von Patrone und Drucker oder die Verwendung der Patrone in einem Drucker wie die Tatsache, dass mit Hilfe des mindestens einen dritten Anschlusses ein Kurzschluss zwischen dem zweiten und dritten Abschnitt detektiert werden soll. Die Patrone ist als Erzeugnis beansprucht. Der Schutz eines Erzeugnisses beschränkt sich grundsätzlich nicht auf seine Verwendung zu einem bestimmten Zweck, mag sich dieser auch unmittelbar aus dem Anspruch ergeben. Sind Zweck-, Wirkungs- oder Funktionsangaben Bestandteil eines Patentanspruchs, können sie vielmehr an dessen Aufgabe teilnehmen, den geschützten Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich zu begrenzen, wenn sie das Vorrichtungselement, auf das sie sich beziehen, als ein solches definieren, das so ausgebildet sein muss, dass es die betreffende Funktion erfüllen kann (vgl. BGH GRUR 2008, 896, 897 – Tintenpatrone; BGH GRUR 1991, 436 – Befestigungsvorrichtung II; GRUR 1979, 149 – Schießbolzen; GRUR 2006, 923 – Luftabscheider für Milchsam-melanlage). Demgemäß ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass der beanspruchte Druckmaterialbehälter räumlich-körperlich so ausgebildet ist, dass die Kontaktabschnitte die in den Merkmalen 9 bis 12 vorgegebene räumliche Anordnung bei einer Verwendung des Druckmaterialbehälters in ei-nem Drucker haben und mit Hilfe des dritten Abschnittes zugleich ein Kurz-schluss zwischen dem zweiten und dem dritten Abschnitt detektiert werden kann.

Auch die nunmehr erfolgte Einschränkung von Merkmal 1 rechtfertigt insoweit keine andere Bewertung. Zwar sieht Merkmal 1 nunmehr vor, dass der Druck-materialbehälter an einer Druckvorrichtung mit einem Druckkopf und einer Vielzahl vorrichtungsseitiger Anschlüsse angebracht werden kann, wobei die Vielzahl der ersten vorrichtungsseitigen Anschlüsse mit einer ersten vorrichtungsseitigen Speichersteuerung, eine Vielzahl zweiter vorrichtungsseitiger Anschlüsse mit einer vorrichtungsseitigen Hochspannungsschaltung und mindestens ein dritter vorrichtungsseitiger Anschluss mit einer vorrichtungsseitigen Kurzschlusserfassungsschaltung verbunden ist. Da jedoch nach wie vor lediglich der Druckmaterialbehälter beansprucht ist, der an dem Druckkopf der Druckvorrichtung angebracht werden kann, kommt es für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents lediglich darauf an, ob die Anschlüsse der Patrone geeignet sind, mit entsprechenden Anschlüssen des Druckkopfes der Druckvorrichtung verbunden zu werden.

III.
Legt man diese Auslegung zugrunde, machen die hier streitgegenständlichen angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.

1.
Zurecht ist zwischen den Parteien nicht umstritten, dass es sich bei den ange-griffenen Ausführungsformen um Tintenpatronen und damit Druckmaterialbe-hälter handelt, die in Form eines EEPROMS einen Speicher und damit eine erste Einrichtung aufweisen (Merkmale 1 und 2). Zudem ist das EEPROM un-streitig mit den in dem auf Seite 12 der Anlage HE 15 dargestellten Schaltplan mit den Buchstaben C bis G gekennzeichneten Anschlüssen verbunden, die bei der Verwendung in einem Drucker auch mit den entsprechenden Kontaktabschnitten im Drucker in Kontakt treten, so dass die Anschlüsse auch jeweils über einen ersten Kontaktabschnitt (cp) verfügen (Merkmal 3).

2.
Des Weiteren weisen die angegriffenen Ausführungsformen mit dem durch die Beklagte als „elektrischer Schwingkreis“ bezeichneten weiteren Schaltkreis auch eine zweite Einrichtung auf, die in dem durch die Klägerinnen auf Seite 12 der Anlage HE 15 dargestellten Schaltplan mit den mit den Buchstaben A und I bezeichneten („zweiten“) Anschlüssen verbunden ist (Merkmale 4 bis 6).

Patentanspruch 1 in der streitgegenständlichen Fassung enthält zunächst keine konstruktiven Vorgaben hinsichtlich der Gestaltung der „zweiten Einrich-tung“. Somit kann auch ein „elektrischer Schwingkreis“, was dem Fachmann bereits die Ausführungen zum Stand der Technik bestätigen (vgl. Anlage HE 6, Abschnitt [0003] = Anlage HE 8, S. 2, zweiter Absatz), eine zweite Einrichtung im Sinne des Klagepatents sein, wenn dieser eine, von der ersten Einrichtung zu unterscheidende Funktion wahrnimmt. Dies ist bei dem „elektrischen Schwingkreis“ jedoch der Fall, der, wie die Beklagte in ihrer Duplik eingeräumt hat, dem Drucker ein bestimmtes Antwortsignal zur Verfügung stellt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, dass zwischen der ersten und der zweiten Einrich-tung elektrische Verbindungen vorhanden sind, so dass es sich bei der ersten und zweiten Einrichtung räumlich um eine Schaltung handelt. Patentanspruch 1 enthält hinsichtlich der räumlichen Anordnung der ersten und zweiten Einrichtung keine Vorgaben. Somit ist es ausreichend, dass sich die erste und die zweite Einrichtung funktional unterscheiden, was bei den angegriffenen Ausführungsformen unstreitig der Fall ist. Dass die erste und zweite Einrichtung demgegenüber auch in eine Schaltungsplatine oder in ein einziges Modul integriert sein können, wird dem Fachmann im Übrigen auch in der Klagepatentbeschreibung bestätigt (vgl. Anlage HLB 2, Abschnitt [0135] Mitte).

3.
Überdies sind die zweiten Anschlüsse bei den angegriffenen Ausführungsfor-men auch so angeordnet, dass an sie beim Einsatz der Druckerpatronen in ei-nem Drucker extern eine höhere Spannung angelegt werden kann als an die Vielzahl von ersten Anschlüssen (Merkmal 7). Unstreitig wird an die ersten An-schlüsse eine Spannung von 3,2 V bzw. 3,3 V angelegt. Wie die Klägerinnen weiterhin vorgetragen haben, liegt an den zweiten Anschlüssen eine Spannung von 37 V an (vgl. insbesondere Anlage HE 15, S. 15 ff.). Diese Messungen der Klägerinnen hat die Beklagte nicht erheblich bestritten. Die Beklagte beruft sich insoweit im Wesentlichen darauf, bei dem zweiten Teil-Schaltkreis handele es sich um einen aus einer Diode und einer Spule bestehenden elektrischen Schwingkreis, der mit beliebigen Spannungen und damit auch mit Spannungen von 3,3 V oder darunter beaufschlagt werden könne. Damit ist der zweite Teil-Schaltkreis jedoch auch nach dem Vortrag der Beklagten dazu geeignet, mit einer über 3,3 V liegenden Spannung beaufschlagt zu werden. Mit der durch die Klägerinnen vorgenommenen Mes-sung hat sich die Beklagte demgegenüber inhaltlich nicht auseinander gesetzt.

Soweit die Klägerinnen Merkmal 7 nunmehr dahingehend eingeschränkt haben, dass die zweite Einrichtung bei einer höheren Spannung betrieben werden muss als die erste Einrichtung, steht auch dies einer Verletzung des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht entgegen. Zwar haben die Klägerinnen nicht detailliert dargelegt, dass die zweite Einrichtung tatsächlich bei einer höheren Spannung betrieben wird als die erste Einrichtung. Nachdem die Klägerinnen jedoch anhand der durch sie durchgeführten Messungen gezeigt haben, dass an die zweiten Anschlüsse eine Spannung von 37 V angelegt wird, wäre es nunmehr an der Beklagten gewesen darzulegen, weshalb die zweite Einrichtung gleichwohl nicht mit einer höheren Spannung wie die erste Einrichtung betrieben wird.

4.
Auch der weitere Einwand der Beklagten, es finde zwischen den zweiten und dritten Anschlüssen beim Einsatz der angegriffenen Ausführungsformen in den Druckern der Klägerinnen keine Kurzschlussdetektion statt, steht einer Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht entgegen.

Wie bereits im Rahmen der Auslegung des Klagepatents dargelegt wurde, reicht es für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Patentanspruchs aus, wenn der dritte Anschluss beim Einsatz der Patrone in einem Drucker ge-eignet ist, einen Kurzschluss zwischen dem zweiten und dritten Anschluss zu erfassen. Entsprechend führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, wenn beim Einsatz der streitgegenständlichen Patronen in einzelnen Druckern keine Kurzschlussdetektion stattfindet.

Dass bei den angegriffenen Ausführungsformen zwischen den Anschlüssen A und B eine Kurzschlussdetektion stattfinden kann, haben die Klägerinnen in ihrer Replik (dort S. 17 f.) nachvollziehbar dargelegt. Zwar wurden die geschilderten Versuche ausschließlich mit einer Patrone des Typs V (cyan-farben) durchgeführt, die in den Drucker XXXX eingeführt wurde. Jedoch ist es unstreitig, dass die angegriffenen Ausführungsformen in der hier relevanten technischen Gestaltung übereinstimmen. Soweit die Beklagte zudem einwendet, es sei nicht ersichtlich, ob zwischen den Anschlüssen H und I eine Kurzschlusserfassung stattfindet, bedurfte es einer entsprechenden Untersuchung bereits deshalb nicht, weil nach der Formulierung des Patentanspruchs lediglich ein Kurzschlusserfassungsanschluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem mindestens einen zweiten Anschluss und dem mindestens einen dritten Anschluss erforderlich ist.

Ohne Erfolg hat die Beklagte des Weiteren bestritten, dass anhand der durch die Klägerinnen durchgeführten Versuche ein Nachweis der Geeignetheit zu einer Kurzschlussdetektion möglich ist. Die Klägerinnen haben zwischen den Anschlüssen A und B eine Lötverbindung hergestellt. Zwar trifft es zu, dass der Computer im Anschluss nicht ausdrücklich ausgegeben hat, dass ein Kurzschluss detektiert wurde. Vielmehr zeigt die Statusanzeige lediglich an, dass keine cyanfarbige Patrone erkannt wurde („Ink cartridges cannot be recognized“). Jedoch verlangt Patentanspruch 1 in der streitgegenständlichen Fassung auch nicht, dass das Vorliegen eines Kurzschlusses ausdrücklich angezeigt wird. Bei dem Vorgehen der Klägerinnen zum Nachweis einer Kurz-schlussdetektion handelt es sich genau um die Methode, die im Parallelverfahren gegen Pelikan (4a O 111/10) auch die dortige Beklagte zunächst angewandt hat. Weshalb diese Methode zum Nachweis der Kurzschlussdetektion gleichwohl ungeeignet sein soll, erschließt sich daher nicht. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung demgegenüber darauf hingewiesen hat, bei dem dritten Anschluss handele es sich patentgemäß um einen Kurzschlusserfassungs- und keinen Kurzschlusserzeugungsanschluss, trifft es zwar zu, dass der dritte Anschluss ein Anschluss zur Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem zweiten und dem mindestens einen dritten Anschluss sein soll. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der entsprechende Kurzschluss nicht dadurch erzeugt werden könnte, dass mit der Lötverbindung eine leitfähige, den Kurzschluss verursachende Verbindung zwischen zweitem und drittem Anschluss herbeigeführt wird. Vielmehr handelt es sich bei der Lötverbindung genau um eine solche Verbindung der zweiten und dritten Anschlüsse, wie sie etwa in Figur 13 als Verbindung „S2“ (dort allerdings durch einen Wassertropfen) gezeigt ist.

5.
Darüber hinaus sind die zweiten Kontaktabschnitte, wie der auf einem sog. „Scratch-Test“ beruhenden Abbildung gemäß Seite 14 der Anlage HE 15 zu entnehmen ist, auch in einer ersten Zeile, jeweils an jedem Ende der Zeile, an-geordnet (Merkmale 9 und 10). Soweit die angegriffenen Ausführungsformen zusätzlich neben dem Anschluss I einen durch die Beklagte mit „J“ gekenn-zeichneten Anschluss aufweisen, handelt es sich bei diesem Bauteil nicht um einen weiteren Anschluss im Sinne des Klagepatents. Wie der Fachmann Pa-tentanspruch 1 entnimmt, sind die Anschlüsse patentgemäß dadurch gekenn-zeichnet, dass sie jeweils Kontaktabschnitte aufweisen (vgl. Merkmale 3, 6 und 8). Demgegenüber zeigt der durch die Klägerinnen durchgeführte „Scratch-Test“, dass der Anschluss „J“ beim Einsatz der Patrone in einem Drucker mit dem Drucker nicht in Kontakt steht, so dass dieses Bauteil keine Anschluss-fläche im Sinne des Klagepatents darstellt.

Soweit die Beklagte demgegenüber weiterhin vorträgt, der „Anschluss J“ stehe zwar derzeit bei den Druckern der Klägerinnen in keinem Kontakt mit dem Dru-cker, es sei jedoch denkbar, dass dies bei zukünftigen Druckern der Fall sei, wobei es zudem nicht auszuschließen sei, dass durch einen Fremdkörper wie eine Büroklammer der „Anschluss J“ mit anderen Anschlüssen verbunden werde, wodurch es zu einem Kurzschluss kommen könnte, führt auch dies aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus. Aufgabe des Klagepatents ist es, beim Einsatz der Patrone Schäden durch Kurzschlüsse aufgrund von mit unterschiedlichen Spannungen beaufschlagten Anschlüssen beim Einsatz der Patrone in einem Drucker zu verhindern. Diese Aufgabe wird bei den angegriffenen Ausführungsformen, wo der „Anschluss J“ lediglich ein Programmierkontakt ist, durch die spezifische Anordnung der allein mit dem Drucker in Kontakt stehenden Anschlüsse A – I gelöst. Ob demgegenüber möglicherweise der nicht mit dem Drucker in Verbindung stehende und damit keinen „Anschluss“ im Sinne des Klagepatents darstellende „Anschluss J“ in einem hypothetischen Fall auch mit dem Drucker verbunden werden könnte, ist für die hier in Frage stehende Verletzung des Klagepatents ohne Bedeutung.

Schließlich zeigen die Ergebnisse des durch die Klägerinnen durchgeführten „Scratch-Tests“ auch, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen der mindestens eine Kurzschlusserfassungsabschnitt B mit dem verbleibenden ersten Abschnitten D und F in einer zweiten Zeile angeordnet ist, wobei sich der Anschluss B an einem Ende dieser zweiten Zeile befindet (Merkmale 11 und 12).

V.
Ohne Erfolg hat die Beklagte den Einwand der Erschöpfung erhoben, da eine Erschöpfung grundsätzlich ein berechtigtes Inverkehrbringen der durch das Patent geschützten Sache voraussetzt (vgl. Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 9 Rz. 31). Das Inverkehrbringen eines Druckers kann somit keine Erschöpfung in Bezug auf die hier streitgegenständliche Tintenpatronen be-gründen.

Auch die durch die Beklagte erwähnte Entscheidung „Fullplastverfahren“ (BGH GRUR 1980, 38) rechtfertigt keine andere Bewertung. Es trifft zu, dass danach derjenige, der vom Inhaber eines Verfahrenspatents eine zur Ausübung des Verfahrens erforderliche Einrichtung erworben hat, diese bestimmungsgemäß, allerdings gegebenenfalls gegen Zahlung einer Lizenzgebühr, benutzen darf. Diese Konstellation ist jedoch nicht mit dem hier zu entscheidenden Fall vergleichbar, da sich aus dem Verkauf der Drucker keine Berechtigung der Beklagten ableiten lässt, die durch ein Erzeugnispatent geschützten Patronen zu vertreiben, da die Drucker der Klägerinnen auch mit Patronen betrieben werden können, die berechtigerweise auf der Grundlage des Klagepatents vertrieben werden.

Soweit sich die Beklagte demgegenüber darauf beruft, eine Bindung an die Patronen der Klägerinnen sei kartellrechtswidrig (§§ 19, 20 GWB), verkennt sie, dass gewerbliche Schutzrechte gerade darauf gerichtet sind, ihrem Inhaber eine Ausschließlichkeitsposition zu vermitteln, die er dann selbstver-ständlich auch durchsetzen können muss (vgl. EuGH GRUR 2005, 524, 526 – IMS/Health; Benkard/Rogge, PatG 10. Auflage, § 24 PatG Rz. 16). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes führt eine marktbeherr-schende Stellung des Schutzrechtsinhabers damit lediglich äußerstenfalls zu dessen Verpflichtung, Zwangslizenzen an seine Wettbewerber zu vergeben, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen (EuGH GRUR 2005, 524, 525 ff – IMS/Health; BGH GRUR 2004, 966 – Standard-Spundfass). Dafür genügt es jedoch nicht, wenn die Klägerinnen, wie von der Beklagten behauptet, eine marktbeherrschende Stellung haben. Voraussetzung für eine Zwangslizenz wäre vielmehr, dass (kumulativ)

(1) die begehrte Schutzrechtsbenutzung für die Ausübung der Tätig-keit der Beklagten derart unentbehrlich ist, dass für sie auch bei gehöriger eigener Anstrengung des Patentnutzers kein tat-sächlicher oder realistischer potentieller Ersatz vorhanden ist,

(2) die Beklagte beabsichtigt, auf dem Markt neue, das heißt mit dem Produkt der Klägerinnen nicht substituierbare Erzeugnisse und Dienstleistungen anzubieten,

(3) die Lizenzverweigerung nicht aus sachlichen Gründen ge-rechtfertigt ist und

(4) durch die Weigerung jeglicher Wettbewerb auf dem abgeleiteten Markt ausgeschlossen ist (vgl. Kühnen/Geschke, Die Durchset-zung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 932 m. w. N.).

Da die Beklagte jedoch gerade Produkte anbietet und vertreibt, welche die Pro-dukte der Klägerinnen ersetzen sollen, kann der Zwangslizenzeinwand bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben.

Aus den gleichen Gründen scheidet auch die Einräumung einer „konk-ludenten Lizenz“ aus, für die kein Anhaltspunkt ersichtlich ist. Auch wenn der durch die Klägerinnen vertriebene Drucker eine Kurzschlussdetektion vorsieht, erteilen die Klägerinnen mit dem Vertrieb des Druckers nicht gleichzeitig konkludent eine Lizenz für die Nutzung der Tintenpatronen der Beklagten.

VI.
Da die angegriffenen Ausführungsformen mithin Erzeugnisse darstellen, wel-che Gegenstand des Klagepatents sind, ohne dass die Beklagte zu einer Nut-zung des Klagepatents berechtigt ist (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die tenorierten Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagte macht durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber den Klägerinnen zur Unterlassung verpflichtet ist (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG).

2.
Des Weiteren hat die Beklagte den Klägerinnen Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwen-dung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass den Klägerinnen durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von den Klägerinnen noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen sind, ist ein rechtliches Interesse der Klägerinnen an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.
Damit die Klägerinnen in die Lage versetzt werden, den ihnen zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Um-fang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerinnen sind auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist der Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).

4.
Ferner haben die Klägerinnen im zuerkannten Umfang gegen die Beklagte ei-nen Anspruch auf Rückruf und Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen, der sich aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 a Abs. 3 PatG ergibt.

5.
Schließlich hat die Beklagte im zuerkannten Umfang die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen vom Kläger zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m.
§ 140 a Abs. 1 S. 1 PatG.

VI.
Für eine Aussetzung der Verhandlung bestand keine Veranlassung, § 148 ZPO.

1.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesge-richt Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als Solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch auf eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.

2.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen einer Aussetzung der Verhandlung nicht vor.

a)
Nachdem die Klägerin Merkmal 7 dahingehend ergänzt hat, dass die zweite Einrichtung bei einer höheren Spannung als die erste Einrichtung betrieben wird, hat die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf eine höhere Be-triebsspannung der zweiten Einrichtung beschränkt, so dass insoweit keine unzulässige Erweiterung vorliegt.

Soweit die Beklagte ferner meint, eine unzulässige Erweiterung liege auch deshalb vor, weil in der Offenlegungsschrift nicht offenbart sei, dass Anschlüsse des Druckers Kurzschlusserfassungsanschlüsse sein könnten, vielmehr werde der Begriff „Kurzschlusserfassungsanschluss“ ausschließlich für Anschlüsse der Tintenpatrone (Bezugszeichen 210 und 240) verwendet, vermag dieses Vorbringen bereits deshalb eine unzulässige Erweiterung nicht zu begründen, weil Merkmal 8 ausschließlich Anschlüsse der Tintenpatrone, nicht aber des Druckers definiert. Die Tintenpatrone soll mindestens einen dritten Anschluss haben, der einen entsprechenden – nicht beanspruchten – Kurzschlusserfassungsanschluss am Drucker kontaktiert. Insoweit findet sich aber bereits in Anspruch 1 der Offenlegungsschrift, dass der dritte Abschnitt der Erfassung eines Kurzschlusses zwischen dem mindestens einen zweiten Anschluss und dem mindestens einen dritten Anschluss dient und einen dritten Kontaktabschnitt zum Kontaktieren eines entsprechenden Anschlusses unter der Vielzahl von vorrichtungsseitigen Anschlüssen enthält.

b)
Zudem wird die technische Lehre des Klagepatents in der streitgegenständli-chen Fassung auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Ein-spruchsentscheidung durch die US 2002/0024559 (Anlage HLB 6/HL 14 und die Übersetzung HL 14a) weder neuheitsschädlich, noch naheliegend offenbart.

Insoweit hat die Kammer im Rahmen ihrer Aussetzungsentscheidung zu be-rücksichtigen, dass sich die fachkundige Einspruchsabteilung im Rahmen ihrer Einspruchsentscheidung ausführlich mit dieser Entgegenhaltung befasst und nachvollziehbar ausgeführt hat, im Hinblick auf die Anschlüsse (96) und (100) sei keine Verbindung zwischen diesen Anschlüssen und dem Speicher offenbart. Zudem sei es hinsichtlich des Anschlusses (104) zwar wahrscheinlich, dass der Speicher mit dem Anschluss (104) verbunden sei und mit 5 V betrieben werde, eindeutig offenbart sei dies aber nicht. Daher ist die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis gelangt, dass es in der Entgegenhaltung an einer Offenbarung des Merkmals 9 fehle, so dass die Entgegenhaltung die technische Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorweg nehme (vgl. Anlage HLA 7a, S. 17 unten – S. 18 oben).

Darüber hinaus besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Fehlens einer erfinderischen Tätigkeit unter Berücksichtigung des insoweit geltenden strengen Aussetzungsmaßstabes kein Grund zur Aussetzung.

Zum Einen kann auch hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Einspruchsabteilung das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit ausdrücklich und mit nachvollziehbarer Begründung unter Verweis auf das nunmehr ergänzte Merkmal 1 bejaht hat (vgl. Anlage HLB 7a, S. 19). Zum Anderen ist es nach Merkmal 9 erforderlich, dass die zweiten Kontaktabschnitte mit einem Teil der Vielzahl der ersten Kontaktabschnitte so angeordnet sind, dass sie eine erste Zeile bilden. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, wo eine Verbindung der Anschlüsse (96) und (100) mit dem Speicher naheliegend offenbart sein soll.

3.
Da die ohnehin nur in englischer Sprache vorgelegte US 5,646,660 (Anlage HLB 6/L 6) bereits nach dem Vortrag der Beklagten mit der US 2002/0024559 (Anlage HLB 6/ HL 14) bis auf die Tatsache, dass es dort zusätzlich an der Of-fenbarung eines Speichers fehlt, im Wesentlichen identisch ist, gelten die dortigen Ausführungen entsprechend.

4.
Die technische Lehre des Klagepatents wird auch in der EP 1 792 733 A1 (An-lage HLB 6/ L 7 bzw. die Übersetzung L 7a) nicht offenbart.

Bei der EP 1 792 733 A1 (Anlagen HLB 6/L7 bzw. L 7a) handelt es sich um nachveröffentlichten Stand der Technik, so dass die Entgegenhaltung ledig-lich im Rahmen der Neuheitsprüfung relevant ist, Art. 54 Abs. 3, 56 S. 2 EPÜ. Dass die Entgegenhaltung die technische Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorwegnimmt, räumt auch die A AG im Einspruchsverfahren ein, weshalb sie die Entgegenhaltung dort auch nur unter dem Gesichtspunkt der fehlenden erfinderischen Tätigkeit, nicht aber der fehlenden Neuheit diskutiert. Insbesondere sind in der Entgegenhaltung die Merkmale 9 und 10 nicht offenbart (vgl. Anlage HLB 4, S. 24). Zudem fehlt es auch an der Offenbarung eines Speichers als erste Einrichtung, weshalb die Beklagte insoweit auch auf eine Einsetzprüfbrücke als erste Einrichtung abstellt.

5.
Schließlich steht auch die EP 1 155 864 (Anlage HLB 6/L 8 bzw. die Überset-zung L 8a) i. V. m. der US 5,646,660 (Anlage HLB 6/L 6) einem erfinderischen Schritt nicht entgegen.

Unstreitig sind in der EP 1 155 864 die Merkmale 9 bis 12 nicht offenbart, so dass es insbesondere an einer Offenbarung der spezifischen Anordnung der ersten, zweiten und dritten Kontaktabschnitte fehlt. Zudem fehlt es auch an ei-ner Offenbarung, dass die „XXX“ mit einer höheren Spannung betrieben werden. Schließlich erschließt sich auch nicht, weshalb der in Figur 3A oben mittig dargestellte Anschluss (863) ein Kurzschlusserfassungsanschluss sein soll. Die A AG stellt dies in ihrer Einspruchsbegründung lediglich pauschal fest.

Soweit sich die Beklagte im Hinblick auf die nicht offenbarten Merkmale 9 bis 12 darauf beruft, die spezifische Anordnung der Endkontakte entnehme der Fachmann, ohne erfinderisch tätig zu werden, aus Figur 6 der US 5,646,660 (Anlage HLB 6/L 6), ist bereits nicht erkennbar, welchen Anlass der Fachmann haben sollte, beide Schriften zu kombinieren. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es – abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Der bloße Hinweis der Beklagten darauf, der Fachmann sei dadurch zur Übernahme der dort offenbarten Kontaktanordnung motiviert, dass es im Hinblick auf die Kontakte des Druckmittelbehälters keinen wesentlichen Unterschied ausmache, ob als zweite Einrichtung („second device“) ein Heizelement oder ein Piezoelement betrieben werde, lässt einen entsprechenden Anlass jedenfalls nicht erkennen.

Schließlich ist auch in Bezug auf eine Kombination der Entgegenhaltung HLB 6/L 8 mit der als Anlage HLB 6/L 12 vorgelegten Spezifikation „Revision 1.0“ nicht erkennbar, weshalb der Fachmann die dort offenbarte Pin-Belegung für Grafikkarten auf Druckmaterialbehälter übertragen sollte.

VII.
Der Gewährung der beantragten Schriftsatzfrist bedurfte es nicht, da der noch innerhalb der Wochenfrist eingegangene Schriftsatz vom 25.01.2012 keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthält, auf welchen die Beklagte nicht hätte in der mündlichen Verhandlung erwidern können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 269 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 750.000,- EUR festgesetzt.