4b O 187/12 – Lungengefäßverengung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2008

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Februar 2013, Az. 4b O 187/12

I. Die einstweilige Verfügung vom 6. Dezember 2012 bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird,

Stickstoffmonoxid sinnfällig zur Verwendung für die Produktion eines Medikamentes zur Verbesserung des Gasaustausches in den Lungen eines Menschen, der deren bedarf, in Form einer verbesserten Oxygenierung, wobei die Verbesserung dieses Gasaustausches bei Erwachsenen oder bei neugeborenen, Kleinkindern, Kindern oder Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre, in Verbindung mit einer Herzoperation, als Teil der Behandlung einer peri- und postoperativen pulmonalen Hypertonie erfolgt, herzurichten oder so sinnfällig hergerichtetes Stickstoffmonoxid anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.

II. Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahme ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, angedroht.

III. Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung der Kammer vom 6. Dezember 2012 aufgehoben und der weitergehende Antrag zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin 10 %, die Verfügungsbeklagte 90 %.

V. Das Urteil ist für die Verfügungsklägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 300.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 06. Dezember 2012 darf nur nach Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden. Das Urteil ist wegen der Kosten für die Verfügungsbeklagte vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d
Die Verfügungsklägerin, welche Teil des Konzerns „A Group“ (A AG mit Sitz in M.) ist, ist Distributorin von medizinischen Gasen in Deutschland. Hierzu gehört auch das medizinische, NO-haltige Gas B® (nachfolgend B), welches die Verfügungsklägerin in Deutschland für die Inhaberin der Arzneimittelzulassung, die C AB aus Schweden (nachfolgend: C) vertreibt. Herstellerin des Arzneimittels ist die D in Frankreich (nachfolgend: D).

Das E Hospital, USA (nachfolgend E) ist eingetragene Inhaberin des ergänzenden Schutzzertifikats DE 12 2008 000 XXX.2 (nachfolgend: Verfügungszertifikat), welches mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 erteilt, dessen Erteilung am 12. April 2012 veröffentlicht wurde und dessen Schutzwirkung am 1. August 2016 abläuft (Anlage CC 8). Das Verfügungszertifikat wurde auf der Grundlage des europäischen Patentes 0 786 264/DE 691 33 XXX (nachfolgend: Verfügungspatent, Anlagen CC 3 und CC 4) erteilt. Das Verfügungspatent wurde am 5. Dezember 1991 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der US 622 XXX und US 767 XXX vom 5. Dezember 1990 und 27. September 1991 angemeldet; die Veröffentlichung der Patentanmeldung erfolgte am 30. Juli 1997, diejenige der Erteilung am 31. Oktober 2007. Die Schutzdauer des Verfügungspatentes endete am 5. Dezember 2011.

Das Verfügungspatent trägt die Bezeichnung Vorrichtung zum Behandeln einer Lungengefäßverengung und Asthma. Wegen des Wortlauts der insgesamt 49 ursprünglich eingetragenen Patentansprüche wird auf die Anlage CC 3 Bezug genommen. Gegen den Rechtsbestand des Verfügungspatentes legten fünf Unternehmen, u.a. auch die Verfügungsbeklagte, Einspruch ein. Mit Entscheidung des Europäischen Patentamtes vom 6. Februar 2012 (Anlage CC 6 ohne deutsche Übersetzung) wurde das Verfügungspatent gemäß dem 4. Hilfsantrag mit folgenden Ansprüchen eingeschränkt aufrechterhalten.

„1.
Use of NO for the production of a medicament for improving gas exchange in the lungs of a mammal in need thereof.

2.
The use according to claim 1, further comprising identifying a mammal, in particular a human, in need of such improved gas exchange.

3.
The use according to any claims 1 or 2, wherein the mammal is a human.”

In deutscher Übersetzung haben die Ansprüche 1 bis 3 folgenden Wortlaut:

„1.
Verwendung von NO für die Produktion eines Medikaments zur Verbesserung des Gasaustausches in den Lungen eines Säugetiers, das deren bedarf.

2.
Die Verwendung nach Anspruch 1, weiter umfassend die Identifizierung eines Säugetieres, insbesondere eines Menschen, der eines Gasaustausches bedarf.

3.
Die Verwendung nach einem der Ansprüche 1 oder 2, wobei das Säugetier ein Mensch ist.“

Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung legten vier von den fünf Einspruchsführern sowie E als Patentinhaberin Beschwerde ein, über die noch nicht entschieden ist. Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2013 erhob die Verfügungsbeklagte gegen den Rechtsbestand des Verfügungszertifikates Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht, über die noch nicht entschieden ist.

Das Verfügungspatent ging auf Grund einer Teilung aus dem EP 0 560 928 (Anlage CC 12, nachfolgend: Stammpatent) hervor. Das Stammpatent wurde von der Technischen Beschwerdekammer 3.3.02 des Europäischen Patentamtes mit Entscheidung vom 16. November 2004 (Anlage CC 14) widerrufen.

Das Verfügungszertifikat betrifft das Arzneimittel B, welches auf Grund der Zulassung EU/1/01/194/001 vom 1. August 2001, für folgende Indikation zugelassen wurde:

„Für die Behandlung von Neugeborenen, die nach einer Schwangerschaftsdauer von ≥ 34 Wochen entbunden wurden, mit hypoxisch respiratorisches Insuffizienz, die mit klinischen oder echokardiographischen Anzeichen von pulmonaler Hypertonie einhergeht. Es dient der Verbesserung der Oxygenierung und der Reduzierung der Notwendigkeit extrakorporaler Membranoxygenierung.“

Seit Mai 2011 besteht eine Zulassung für folgende Indikation:

„Als Teil der Behandlung einer peri- und postoperativen pulmonalen Hypertonie bei Erwachsenen und bei Neugeborenen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre, in Verbindung mit einer Herzoperation, um selektiv den pulmonal-arteriellen Druck zu senken sowie die rechtsventrikuläre Funktion und Oxygenierung zu verbessern.“

Die Verfügungsklägerin vertreibt B in Alu-Druckbehältern in den Größen von 2 und 10 Litern. B wird in Konzentrationen von 400 und 800 ppm mol/mol vertrieben. Der Gesamtumsatz mit B und den zur Verabreichung benötigten Dosiersystemen betrug im Jahr 2011 ca. € 4,65 Mio. Dieser Umsatz wurde zu 80 % im Bereich Neonatologie und zu 20 % im Bereich Herzchirurgie erwirtschaftet. B ist zentraler Teil einer Systemlösung. Die Verfügungsklägerin bietet insbesondere zur Dosierung und Verabreichung von B das System F® und seit 2011 auch das System G® und das Kalibiergas H® an.

Bei der Verfügungsbeklagten handelt es sich um eine in Münster ansässige Aktiengesellschaft. Sie handelt mit Gasen, insbesondere NO in Druckgasflaschen. Die Parteien sind Wettbewerber.

Bereits im Jahre 2003 hatten die Parteien eine patentrechtliche Auseinandersetzung. Der damalige Vorwurf bezog sich auf die sinnfällige Herrichtung von NO zur Therapie oder Prophylaxe von Bronchialkonstriktion oder reversibler pulmonaler Vasokonstriktion. Die AGA erwirkte vor dem Landgericht Düsseldorf einen Unterlassungstitel gegen die Verfügungsbeklagte auf Grundlage des Stammpatentes (Urt. v. 16. Dezember 1993, Aktenzeichen 4b O 96/03, Anlage CC 13), welches später widerrufen wurde. Im Jahre 2009 reichte die Verfügungsklägerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung des Verfügungspatentes in der ursprünglichen erteilten Fassung der Ansprüche beim Landgericht Düsseldorf ein, da sie die Ansicht vertrat, dass die Verfügungsbeklagte NO-Gas sinnfällig zur Verbesserung der Oxygenierung herrichte (Aktenzeichen 4b O 158/09). Mit Beschluss vom 2. September 2009 (Anlage CC 15) äußerte das Gericht Bedenken im Hinblick auf den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung, woraufhin die Verfügungsklägerin den Antrag zurücknahm. Gleichzeitig wurde gegenüber der Verfügungsbeklagten von dem Landgericht Hamburg ein Unterlassungsverbot wegen Verstoßes gegen Vorschriften des UWG sowie des HWG ausgesprochen.

Im November 2011 wurde zugunsten der Verfügungsbeklagten unter der Registernummer 75237-9.00.00 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine arzneimittelrechtliche Zulassung für ein Arzneimittel mit der Bezeichnung Respadur A in den Stärken 1000, 900 und 400 ppm mol/mol (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) erteilt. Nachfolgend wiedergegeben wird exemplarisch das Anwendungsgebiet für Respadur A 400 ppm mol/mol.

Eine Nachfrage der Verfügungsklägerin vom 6. Februar 2012 an das BfArM zum Vorliegen einer Fach- und Gebrauchsinformation blieb unbeantwortet.

Mit Änderungsanzeige vom 25. Juni 2012 beim BfArM bewirkte die Verfügungsbeklagte eine Beschränkung der Zulassung auf folgende Indikation (Anlage CC 19):

In der Fachinformation heißt es unter Ziffer 4.1 und 5.1 wie folgt (Anlage CC 20):

Ziffer 5.1:

Ziffer 1 der Gebrauchsinformation lautet wie folgt (Anlage CC 21):

Die Verfügungsbeklagte war auf der MEDICA 2012 mit einem eigenen Stand vertreten. Nach einem Besuch des Standes erfuhr die Verfügungsklägerin am 14. November 2012, dass der Verkaufsstart der angegriffenen Ausführungsform am 1. Januar 2013 erfolgen soll.

Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2012 hat die Verfügungsklägerin beim Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Beschlussweg beantragt. Die Kammer hat der Verfügungsbeklagten daraufhin mit Beschluss vom 6. Dezember 2012 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

Stickstoffmonoxid sinnfällig zur Verwendung für die Produktion eines Medikaments zur Verbesserung der Oxygenierung bei Erwachsenen oder bei Neugeborenen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre in Verbindung mit Herzoperationen herzurichten oder so sinnfällig hergerichtetes Stickstoffmonoxid anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 legte die Verfügungsbeklagte gegen diese Beschlussverfügung Widerspruch ein.

Die Verfügungsbeklagte meint, die Verfügungsklägerin sei nicht aktivlegitimiert. Die Lizenzerteilung durch die E beziehe sich nur auf Patente, nicht hingegen auf das Verfügungszertifikat. Auch bestehe weder ein Verfügungsgrund noch ein Verfügungsanspruch. Der Rechtsbestand des Verfügungszertifikats sei nicht hinreichend gesichert. Das Verfügungspatent, auf welchem das Verfügungszertifikat beruhe, werde sich im Einspruchsbeschwerdeverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen. Das Stammpatent, aus welchem das Verfügungspatent durch Teilung hervorgegangen ist, sei – unstreitig – widerrufen worden. Entsprechend werde sich das Verfügungspatent auch nicht als rechtsbeständig erweisen. Die Veröffentlichung von Higenbottam et. al. ((Ann. Rev. Resop. Dis. Suppl. 137:107 (1988), Anlage CC4 Abs. [0013], nachfolgend D 2), welche Grundlage für den Widerruf des Stammpatentes gewesen sei, nehme auch die Lehre des Verfügungspatentes neuheitsschädlich vorweg. In der Druckschrift D 2 werde gezeigt, dass NO vasodilatorische Wirkung zeige. Eine vasodilatorische Wirkung führe zwangsläufig zu einer Verbesserung des Gasaustausches in der Lunge, was dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt bekannt gewesen sei.
Das Verfügungszertifikat, welches auf Grundlage des nicht eingeschränkt aufrechterhaltenen Verfügungspatentes erteilt worden sei, sei vom Schutz nach Beschränkung des Verfügungspatentes nicht mehr umfasst. Die Indikation „Herzoperationen“ sei nicht Gegenstand des Verfügungspatentes.
Die angegriffene Ausführungsform würde vom Gegenstand des Verfügungszertifikats keinen Gebrauch machen. Zum einen bestehe keine Zulassung für die postoperative Anwendung. Der Begriff „perioperativ“ umfasse den Zeitraum „Operation plus minus 12 Stunden“. Im intensivmedizinischen Bereich werde dieser Begriff so ausgelegt, dass er den Zeitraum „bis zur Akutsituation nach der Operation stabil ist“ bezeichnet. Auch sei der Schutzbereich des Verfügungszertifikates auf die beiden zugelassenen Konzentration von NO in Höhe von 400 und 800 ppm mol/mol beschränkt.
Weiterhin habe die Verfügungsklägerin gezeigt, dass ihr eine Entscheidung im Eilverfahren nicht dringlich sei. Sie habe bereits vor November 2012 Kenntnis von den bevorstehenden Vertriebshandlungen der Verfügungsbeklagten gehabt. Sie habe gewusst, was zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Verfügungsbeklagte NO in Gasflaschen an Krankenhäuser vertreibe. Das entsprechende Verhalten sei von der Verfügungsbeklagten seit den patent- und wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen im Jahre 2009 geduldet worden. Auch dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Versorgungsengpass entstehe, da B nicht in Konzentrationen von 900 ppm mol/mol und 1000 ppm mol/mol vertrieben werde. Auch seien die Preise für B höher als für die angegriffene Ausführungsform.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2012 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 6. Dezember 2012 zu bestätigen,

hilfsweise der Verfügungsbeklagten zu untersagen,

Stickstoffmonoxid sinnfällig zur Verwendung für die Produktion eines Medikaments zur Verbesserung der Oxygenierung bei Erwachsenen oder bei Neugeborenen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre als Teil der Behandlung einer perioperativen pulmonalen Hypertonie in Verbindung mit Herzoperationen herzurichten oder so sinnfällig hergerichtetes Stickstoffmonoxid anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen.

Die Verfügungsklägerin meint, es bestehe sowohl ein Verfügungsgrund als auch ein Verfügungsanspruch. Der Rechtsbestand des Verfügungszertifikats sei auch hinreichend gesichert. Patentanspruch 1 des Verfügungspatentes in der Fassung durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes entspreche im ganz überwiegenden Maße dem ursprünglichen Patentanspruch 31, auf dessen Basis – u.a. – das Verfügungszertifikat erteilt worden sei. Die D 2 nehme den Gegenstand der Erfindung nach dem Verfügungspatent nicht neuheitsschädlich vorweg, da es im Stand der Technik gerade nicht bekannt gewesen sei, dass eine Vasodilatation zu einer Verbesserung des Gasaustausches in der Lunge führe. Dies würden gerade auch die Versuche im Zusammenhang mit der Erfindung nach dem Verfügungspatent zeigen.
Das angegriffene Arzneimittel Respadur A in den genannten Konzentrationen mache von dem Schutzumfang des Verfügungszertifikats Gebrauch, so dass ein Verfügungsanspruch bestehe. Die Vorsilbe „peri“ umfasse ein Ereignis, „vor“, „während“ und „nach“ etwas, mithin auch den Zeitraum nach – „post“ – einer Operation. Ein eigener Begriffsinhalt komme der Bezeichnung „postoperativ“ daher nicht zu, da eine postoperative Behandlung mit NO außerhalb des Krankenhauses nicht denkbar sei.
Bedenken hinsichtlich der zeitlichen Dringlichkeit bestünden nicht. Die Verfügungsklägerin habe erst am 7. November 2012 von der Fach- und Gebrauchsinformation von Respadur A nach Änderung der Indikation sowie dem geplanten Verkaufsstart ab dem 1. Januar 2013 Kenntnis erlangt. Die vorherige Kenntnis vom Vertrieb der NO-Flaschen der Verfügungsbeklagten spreche nicht gegen die zeitliche Dringlichkeit, da keine Kenntnis über die Verwendung des NO bestanden hätte.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewech-selten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Ver-handlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat in der Sache in ganz wesentlichem Umfang keinen Erfolg.

I.
Die Verfügungsklägerin ist zur Geltendmachung des vorliegend maßgeblichen Unterlassungsanspruchs aktivlegitimiert. Die Inhaberin des Verfügungszertifikates, E, ermächtigte ihre ausschließliche Lizenznehmerin AGA AB mit Erklärung vom 31. November 2012 zur eigenen – oder durch Dritte – Geltendmachung von Ansprüchen aus den „PATENTEN“. Der Begriff der „PATENTE“ wird in der Präambel definiert als das Verfügungspatent sowie das Verfügungszertifikat. AGA AB ermächtigte wiederum die C zur Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber der Verfügungsbeklagten, welche wiederum die Verfügungsklägerin ermächtigte (Anlage CC 25). E hat der Geltendmachung der Rechte aus dem Verfügungszertifikat zugestimmt.

II.
Die Verfügungsklägerin hat auch einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.

1.
Das Verfügungspatent, welches dem Verfügungszertifikat zugrunde liegt, betrifft unter anderem die Behandlung pulmonaler Vasokonstriktion. Bei Vasokonstriktion handelt es sich um eine reversible Verengung der Blutgefäße auf Grund der Kontraktion der glatten Blutgefäßmuskulatur. Eine solche Vasokonstriktion kann zu krankhaft hohem Blutdruck (Hypertonie) im betroffenen Teil des Blutkreislaufs führen. Der Blutkreislauf des Säugetieres besteht aus zwei getrennten Systemen, dem großen Blutkreislauf und dem Lungenkreislauf, die zusammenwirkend von der linken bzw. rechten Herzseite bepumpt werden. Der Lungenkreislauf transportiert das Blut durch die Lungen, wo es Sauerstoff aufnimmt und Kohlendioxid freisetzt, indem es mit den Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen in den Alveolen ein Gleichgewicht herstellt. Das sauerstoffreiche Blut kehrt dann zur linken Herzseite zurück von wo aus es in alle Körperteile über den großen Blutkreislauf verteilt wird. Der große Blutkreislauf eines erwachsenen Menschen hat typischerweise einen mittleren systemarteriellen Druck (SAP) von 80 – 100 mm Hg, wohingegen der typische mittlere pulmonalarterielle Druck (PAP) etwa 12 – 15 mm Hg beträgt (Anlage CC 4, Abs. [0008]). Eine Erhöhung des PAP über diese Normalwerte hinaus wird pulmonale Hypertonie genannt.

Pulmonale Hypertonie kann akut oder chronisch sein. Akute pulmonale Hypertonie ist häufig ein potentiell reversibles Phänomen, das im Allgemeinen auf eine Verengung der glatten Muskulatur der pulmonalen Blutgefäße zurückzuführen ist, die durch Zustände wie Hypoxie, Azidose, Entzündung oder Lungenembolie ausgelöst werden kann. Chronische pulmonale Hypertonie ist gekennzeichnet durch erhebliche Strukturveränderungen im pulmonalen Gefäßsystem, die zu einer verminderten Querschnittsfläche der pulmonalen Blutgefäße führen; dies kann zum Beispiel durch chronische Hypoxie, Thromboembolie oder unbekannte Ursachen (idiopathische oder primäre pulmonale Hypertonie – PPH) verursacht werden. Pulmonale Hypertonie steht mit mehreren lebensbedrohlichen klinischen Zuständen wie Adult Respiratory Distress Syndrome (Atemnotsyndrom des Erwachsenen) und Persistent Pulmonary Hypertension of the Newborn (PPHN) im Zusammenhang.

Aus dem Stand der Technik war bekannt, so die Verfügungspatentschrift, pulmonale Hypertonie mit Medikamenten mit bekannter vasodilatorischer Wirkung zu behandeln, wie z.B. Nitroprussid, Hydralazin und Calciumkanal-Blockern. Auch wenn diese Medikamente bei der Senkung des pulmonalen Blutdrucks Erfolg gezeigt haben, üben sie eine unspezifische Wirkung aus und vermindern neben dem pulmonalen Blutdruck auch den systemischen Blutdruck. Dies kann zu einer gefährlichen Blutansammlung im venösen Kreislauf führen, peripherer Hypotonie (Schock), rechtsventrikulärer Ischämie und daraus folgendem Herzversagen. Intravenöses Nitroprussid wurde nicht für die klinische Behandlung von pulmonaler Hypertonie empfohlen, da es den pulmonalen Gasaustausch durch die Erhöhung von QVA/QT erheblich beeinträchtigt (Anlage CC 4 Abs. [0012]).

Die Verfügungspatentschrift beschreibt, dass verschiedentliche Untersuchungen durchgeführt worden seien. Ignarro et al. (Proc. Natl. Acad. Sci. USA 84:9265 (1987)) und Palmer et al. (Nature 327:524 (1987)) identifizierten den relaxierenden Faktor des vaskulären glatten Muskels, der vom Endothel der Arterien und Venen freigesetzt wird, als Stickstoffmonoxid (NO). Es wurde außerdem angenommen, dass NO durch den Abbau organischer Nitrate wie z.B. Nitroprussid und Glyceryltrinitrat gebildet wird (Ignarro, Circ. Res. 65:1 (1989); Furchgott, FASER J. 3:2007 (1989), Anlage CC 4 Abs. [0013]).

Die Verfügungspatentschrift nimmt weiterhin Bezug auf Untersuchungen von Higenbottam et al. (Ann. Rev. Resop. Dis. Suppl. 137:107 (1988) = D 2, Anlage CC 4 Abs. [0013]), welche die vasodilatorische Wirkung von inhaliertem NO bei sieben Patienten mit PPH maßen. PPH ist eine bisweilen bei Jugendlichen, vorwiegend aber bei Erwachsenen auftretende Erkrankung, die keinesfalls bei Neugeborenen anzutreffen ist. Der durchschnittliche PAP der von Higenbottam et al. untersuchten Patienten betrug beim Einatmen von 40 ppm NO 56,7 mm Hg, im Vergleich zu 59,6 mm Hg beim Einatmen von Luft ohne zugesetztes NO, ein Unterschied von 2,9 mm Hg bzw. 6 % des Unterschieds zwischen dem PAP vor der Behandlung und dem, was einem normalen PAP entsprechen würde. Higenbottam et al. berichteten von einer durchschnittlichen Reduktion des PVR (pulmonalvaskulärer Widerstand) um 9 % bei diesen Patienten während der Inhalation von NO. Es wurde kein gleichzeitiger Anstieg des SAP beobachtet.

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik hat es sich die Erfindung nach dem Verfügungspatent zu Aufgabe gemacht – ohne dies ausdrücklich zu formulieren – NO zur Behandlung pulmonaler Vasokonstriktionen und damit pulmonaler Hypertonie zu verwenden. Es wurde gefunden, dass die Verabreichung von NO den Gasaustausch und damit die Sauerstoffsättigung des Blutes verbessern kann. Die Verfügungspatentschrift beansprucht daher in den durch die Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Ansprüchen 1 bis 3 folgende Verwendung:

1. Verwendung von Stickstoffmonoxid
2. für die Produktion eines Medikaments
3. zur Verbesserung des Gasaustausches in den Lungen eines Säugetieres, das deren bedarf,
a) wobei das Säugetier ein Mensch ist.

Das Verfügungszertifikat für das Arzneimittel B wurde ursprünglich für die Indikation zugelassen, welche im Tatbestand wiedergegeben wurde, nämlich für die Behandlung von Neugeborenen, die nach einer Schwangerschaftsdauer von ≥ 34 Wochen entbunden wurden, mit hypoxisch respiratorischer Insuffizienz, die mit klinischen oder echokardiographischen Anzeichen von pulmonaler Hypertonie einhergeht. Es dient der Verbesserung der Oxygenierung und der Reduzierung der Notwendigkeit extrakorporaler Membranoxygenierung. Seit Mai 2011 besteht eine Zulassung für die Behandlung einer peri- und postoperativen pulmonalen Hypertonie bei Erwachsenen und bei Neugeborenen, Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre, in Verbindung mit einer Herzoperation, um selektiv den pulmonal-arteriellen Druck zu senken sowie die rechtsventrikuläre Funktion und Oxygenierung zu verbessern.

Der Schutzgegenstand eines ergänzenden Schutzzertifikats wird gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1768/92 (nachfolgend SPCVO) für ein bestimmtes Erzeugnis, hier NO, erteilt. Damit ist der Schutzgegenstand eines Zertifikats definiert, der jedoch nach Art. 4 SPCVO von zwei Richtungen her Einschränkungen erfährt. Eine erste Einschränkung erfolgt durch das Grundpatent. Dieses bestimmt die Kategorie des durch das Zertifikat vermittelten Schutzes. Handelt es sich bei dem Grundpatent um ein Stoffpatent, so schützt auch das Zertifikat das Erzeugnis als Stoff. Auf Grund eines Verwendungspatentes kann das Zertifikat nur die patentierte Verwendung des Erzeugnisses schützen (vgl. insgesamt Busse/Hacker, Patentgesetz, 8. Aufl. § 16a Rdnr. 78). Die zweite Einschränkung erführt der Gegenstand des Schutzzertifikats durch die gemäß Art. 3 b) und d) SPCVO zugrundeliegende arzneimittelrechtliche Zulassung. Dies bedeutet nicht, dass das Erzeugnis durch das Zertifikat nur in der besonderen Form geschützt wird, in der es der Zulassung zugrunde liegt (EuGH, GRUR Int 2000, 69, 71 – Arzneispezialitäten; LG Düsseldorf, GRUR-RR 2012, 58). Dessen unbeschadet kommt der arzneimittelrechtlichen Zulassung aber eine schutzbegrenzende Funktion insoweit zu, als sich der durch das Zertifikat vermittelte Erzeugnisschutz auf die durch die Zulassung gestattete Verwendung beschränkt. Insoweit handelt es sich um einen zweckgebundenen Stoffschutz (LG Düsseldorf, a.a.O.). Nach Art. 4 SPCVO erweitert sich diese Zweckbindung auf alle weiteren Verwendungen, die vor Ablauf des Zertifikats arzneimittelrechtlich genehmigt werden. Diese Erweiterung des zweckgebundenen Stoffschutzes wirkt sich jedoch nur insoweit aus, als die weiteren Verwendungen auch durch das Grundpatent erfasst werden (Benkard/Grabinski, Patentgesetz, 10. Aufl. § 16a Rdnr. 37; Brückner, Ergänzende Schutzzertifikate, Art. 4 Rdnr. 34).

Bezogen auf den vorliegenden Rechtsstreit kann der Schutzgegenstand des Verfügungszertifikats wie folgt im Rahmen einer Merkmalsgliederung bestimmt werden:

1. Verwendung von Stickstoffmonoxid;
2. für die Produktion eines Medikaments,
3. zur Verbesserung des Gasaustausches in den Lungen eines Säugetieres, das deren bedarf, in Form einer verbesserten Oxygenierung, wobei
4. das Säugetier ein Mensch ist;
5. wobei die Verbesserung des Gasaustausches bei Erwachsenen oder bei Neugeborenen, Kindern oder Jugendlichen, Alter 0 – 17 Jahre,
6. in Verbindung mit einer Herzoperation,
7. als Teil der Behandlung einer peri- und postoperativen pulmonalen Hypertonie erfolgt.

Entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten wird der Schutzgegenstand des Verfügungszertifikats nicht durch die für B zugelassene Konzentration an NO in Höhe von 400 ppm mol/mol und 800 ppm mol/mol beschränkt. Denn durch Art. 4 SPCVO wird der Schutzgegenstand auf den umfassenden Begriff des Erzeugnisses von Art. 1 lit. b) SPCVO und nicht auf den meist engeren Begriff des Arzneimittels von Art. 1 lit. a) SPCVO begrenzt. Während ein Arzneimittel ein konkretes Produkt in einer bestimmten galenischen Zubereitung und bestimmten Dosierung darstellt, umfasst ein Erzeugnis sämtliche Ausgestaltungen dieses Produkts, die vom Erzeugnisbegriff über das genehmigte Arzneimittel hinaus umfasst sind. Wäre der Schutzgegenstand eines Schutzzertifikats auf den Gegenstand der arzneimittelrechtlichen Genehmigung beschränkt, so würde bei einem für die Anwendung am Tier in einer bestimmten Dosis genehmigten Arzneimittel das Schutzzertifikat nur Anwendungen in der genehmigten Dosis erfassen. Da aber das Erzeugnis Schutzgegenstand eines Schutzzertifikats ist, erfasst ein Schutzzertifikat, dem eine arzneimittelrechtliche Genehmigung zur Anwendung am Tier in einer bestimmten Dosis zugrunde gelegt wurde, grundsätzlich auch Anwendungen am Menschen in beliebigen Dosierungen, da der Erzeugnisbegriff weder zwischen einer Anwendung am Mensch und einer Anwendung am Tier noch zwischen konkreten Dosierungen unterscheidet (EuGH GRUR 2005, 139 – C-31/03 Pharmacia Italia SpA/DPMA, Dostinex; BGH GRUR 2003, 599 – Cabergolin I; GRUR 2005, 405 – Cabergolin II; Brückner, a.a.O. Art. 4 Rndr. 25 ff.).

Soweit die Verfügungsbeklagte weiter geltend macht, dass in den ursprünglichen Zulassungsunterlagen für B nicht von einer postoperativen pulmonalen Hypertonie (Merkmal 7) gesprochen werde, so dass das Verfügungszertifikat hierfür auch keinen Schutz beanspruchen könnte, bleibt der Einwand ohne Erfolg. Die erweiterte Zulassung für B (Anlage CC 9) sieht unter Ziffer 4.1 „Anwendungsgebiete“ unter dem zweiten bullet point ausdrücklich die Behandlung einer postoperativen pulmonalen Hypertonie vor. Wie vorstehend ausgeführt, wird der Schutzgegenstand eines Schutzzertifikats durch alle weiteren Verwendungen, die vor Ablauf des Zertifikats arzneimittelrechtlich genehmigt werden, bestimmt, so dass auf Grund der späteren Zulassung für B auch die postoperative pulmonale Hypertonie umfasst wird.

Das Verfügungszertifikat ist auch nach dessen Beschränkung durch die Einspruchsabteilung vom Verfügungspatent umfasst. Wie der Anlage CC 8a entnommen werden kann, wurde zur Begründung der Erteilung des Verfügungszertifikats durch die Antragstellerin auf den ursprünglichen Anspruch 31 Bezug genommen, um darzulegen, dass B vom Schutzgegenstand des Anspruchs 31 Gebrauch macht. Anspruch 31 wurde indes im Wesentlichen uneingeschränkt durch die Einspruchsabteilung aufrechterhalten, lediglich der Zusatz – ein NO erzeugendes Medikament – wurde gestrichen, so dass keine Zweifel bestehen, dass das Verfügungszertifikat noch vom Schutz des Verfügungspatentes umfasst ist. Zwar wurde das Verfügungszertifikat ursprünglich für die „Baby-Indikation“ von B erteilt. Wie bereits ausgeführt, umfasst das Verfügungszertifikat jedoch auch weitere Indikationen, welche im Rahmen der Laufzeit des Verfügungszertifikats erteilt werden, solange sie vom Schutzgegenstand des Verfügungszertifikats umfasst sind.

Unerheblich ist auch, dass die Indikation „Herz“ in der Verfügungspatentschrift nicht genannt wird. Denn das Verfügungspatent ist nach seinem Schutzbereich nicht auf eine bestimmte Indikation beschränkt, vielmehr steht eine Verwendung von NO für die Produktion eines Medikamentes zur Verbesserung des Gasaustausches in den Lungen eines Menschen, das deren bedarf, unter Schutz. Die Ansprüche des Verfügungspatentes machen mithin deutlich, dass die Verwendung von NO für jedwede Indikation Gegenstand des Schutzbereiches des Verfügungspatentes ist.

2.
Auf Grundlage des so bestimmten Schutzbereiches macht die angegriffene Ausführungsform in ihren unterschiedlichen Konzentrationen von dem Schutzgegenstand des Verfügungszertifikats Gebrauch.

Die angegriffene Ausführungsform wurde für eine zu der „Herzindikation“ von B im Wesentlichen gleichlautenden Indikation zugelassen; die Behandlung dient der Verbesserung der rechtsventrikulären Funktion, der Oxygenierung und der Erleichterung der Entwöhnung von der Herz-Lungen-Maschine sowie der Reduzierung der Notwendigkeit ventilatorischer Behandlungsmaßnahmen (Anlage CC 19). In der Fachinformation (Anlage CC 20) wird unter dem Stichwort „Klinische Angaben“ „4.1 Anwendungsgebiete“ wie im Tatbestand wiedergegeben weiter spezifiziert, dass die angegriffene Ausführungsform zur Behandlung perioperativer pulmonaler Hypertonie mit kardialen Operationen bestimmt ist.

Soweit die Verfügungsbeklagte eine Verwirklichung des Merkmals 7 mit der Begründung bestreitet, dass die angegriffene Ausführungsform nicht für die postoperative pulmonale Hypertonie zugelassen worden sei, bleibt das Bestreiten ohne Erfolg. Die angegriffene Ausführungsform ist entsprechend den Zulassungsunterlagen zur Behandlung einer perioperativen pulmonalen Hypertonie bestimmt. Sie dient der Verbesserung der rechtsventrikulären Funktion, der Oxygenierung und der Erleichterung der Entwöhnung von der Herz-Lungen-Maschine sowie der Reduzierung der Notwendigkeit ventilatorischer Behandlungsmaßnahmen.

Ob der Begriff der postoperativen pulmonalen Hypertonie letztlich vom Begriff der perioperativen pulmonalen Hypertonie umfasst ist, wie die Verfügungsklägerin in diesem Zusammenhang dargelegt und durch eine eidesstattliche Versicherung des Herrn Dr. H vom 16. Januar 2013 (Anlage CC 29) glaubhaft gemacht hat, oder demgegenüber, wie die Verfügungsbeklagte vorgetragen und durch eidesstattliche Versicherung des Herrn Dr. J vom 24. Januar 2013 (Bl. 100a GA) glaubhaft gemacht hat, unter perioperativ der Zeitraum „Operation plus minus 12 Stunden“ zu verstehen ist, mithin der Zeitraum „bis zur Akutsituation nach der Operation stabil ist“, muss vorliegend nicht entschieden werden. Denn selbst wenn man das Verständnis der Verfügungsbeklagten zugrunde legt, wonach unter perioperativ nur die Zeitspanne von 12 Stunden vor und nach einer Operation zu verstehen ist, mithin der Begriff perioperativ den Begriff postoperativ nicht insgesamt umfasst, würde die angegriffene Ausführungsform auch zur Behandlung postoperativer pulmonaler Hypertonie sinnfällig hergerichtet. Denn die angegriffene Ausführungsform ist auch bestimmt zur Erleichterung der Entwöhnung von der Herz-Lungen-Maschine, welche nicht zwangsläufig immer innerhalb von 12 Stunden nach einer Herzoperation erfolgen wird und umfasst damit auch einen zeitlichen Bereich, der mehr als 12 Stunden nach einer Operation erfolgt und somit postoperativ.
Im Übrigen ist zweifelhaft, ob das von der Verfügungsbeklagten vorgetragene und glaubhaft gemachte Verständnis des Begriffs perioperativ im Einklang mit den in den Zulassungsunterlagen zur angegriffenen Ausführungsform genannten Anwendungsgebieten steht. Denn das Anwendungsgebiet der angegriffenen Ausführungsform ist auf eine pulmonale Hypertonie im Zusammenhang mit kardialen Operationen ausgerichtet, wohingegen in der eidesstattlichen Versicherung von Herrn Dr. J, der Bezug nimmt auf ein Email von dem Oberarzt der Herzchirurgie der K Klinik Bad Rothenfelde Dr. L, wo ausgeführt wird, dass die Verfügungsklägerin meine, dass Gegenstand die Behandlung von Patienten mit bereits präoperativ diagnostizierter pulmonalarterieller Hypertonie sei. Diese Patienten würden im Zweifel nicht operiert werden. Dies mag im Fall der Herzchirurgie der K Klinik Bad Rothenfelde zutreffend sein, steht jedoch zum Gebiet der Zulassung der angegriffenen Ausführungsform – perioperative pulmonale Hypertonie mit kardialen Operationen – in Widerspruch. Denn danach ist Gegenstand die Behandlung von pulmonaler Hypertonie im Zusammenhang mit kardialen Operationen, also gerade eine Behandlung von pulmonaler Hypertonie bei Herzoperationen, was Herr Dr. L gerade verneint.

Der Verfügungsklägerin steht daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 16a Abs. 2, 139 Abs. 1, 9 PatG zu. Entsprechend des vorstehend bestimmten Schutzgegenstandes des Verfügungszertifikates war der Unterlassungsanspruch auf Grundlage des Verfügungszertifikates zu beschränken, da nur auf diese Weise der Tenor die tatsächlich zu unterlassende Handlung wiedergibt. Dabei wurde zum einen dem hilfsweise geltend gemachten Antrag der Verfügungsklägerin entsprochen und zum anderen die Worte „das deren bedarf“ eingefügt, da diese Formulierung Gegenstand des Verfügungspatentes, auf dessen Grundlage das Verfügungszertifikat erteilt wurde, ist und somit auch den Schutzgegenstand bestimmt. Zwar mag es aus medizinischer Sicht selbstverständlich sein, dass eine Verwendung von NO nur bei solchen Menschen erfolgt, die einer entsprechenden Behandlung bedürfen. Da das Verfügungspatent die entsprechende Formulierung enthält, bedarf es dennoch einer Aufnahme der Worte in den Unterlassungstenor.

III.
Darüber hinaus hat die Verfügungsklägerin auch das Bestehen eines Verfü-gungsgrundes glaubhaft gemacht hat.

1.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (InstGE 9, 140 – Olanzapin; InstGE 12, 114 – Harnkatheterset; GRUR-RR 2011, 81 – Gleitsattelscheibenbremse; Mitt. 2012, 413 – Kreissägeblatt; Mitt. 2012, 415 – Adapter für Tintenpatrone; zuletzt: Urt. v. 06.12.2012, I-2 U 46/12), dass der Erlass einer einstweiligen Verfügung insbesondere auf Unterlassung nur in Betracht kommt, wenn sowohl die Frage der Patentverletzung als auch der Bestand des Verfügungspatents im Ergebnis so eindeutig zugunsten des Antragstellers zu beantworten sind, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist (ebenso: OLG Karlsruhe, InstGE 11, 143 – VA-LVD-Fernseher).

Danach ist in Patentverletzungsstreitigkeiten das Vorliegen eines Verfügungsgrundes besonders sorgfältig zu prüfen. Gerade hier ergeben sich regelmäßig besondere Schwierigkeiten daraus, die Schutzfähigkeit bzw. Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechtes innerhalb kurzer Zeit und ohne eine dem Verfahren der Hauptsache entsprechende schriftsätzliche Vorbereitung sachgerecht zu beurteilen. Die eingeschränkten Möglichkeiten treffen besonders den Antragsgegner. Während dem Antragsteller, der sich zwar beschleunigt um eine Durchsetzung seiner Rechte bemühen muss, um die zeitliche Dringlichkeit nicht zu beseitigen, auch unter den Voraussetzungen des § 940 ZPO regelmäßig ausreichend Zeit bleibt, den Rechtsbestand des Schutzrechtes vor dem Einreichen eines Verfügungsantrages sorgfältig zu prüfen, sieht sich der Antragsgegner auch im Falle einer vorherigen mündlichen Verhandlung nach der Zustellung des Verfügungsantrags regelmäßig erheblichem Zeitdruck ausgesetzt, um in der verhältnismäßig kurzen Zeit bis zum Verhandlungstermin seine Verteidigung aufzubauen. Ergeht eine Unterlassungsverfügung, greift sie darüber hinaus meist in sehr einschneidender Weise in die gewerbliche Tätigkeit des Antragsgegners ein und führt während ihrer Bestandsdauer zu einer Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 145 – Olanzapin; InstGE 12, 114, 118 f. – Harnkatheterset).

Das alles bedeutet nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf aber nicht, dass eine einstweilige Verfügung wegen Patentverletzung generell nicht oder nur in ganz besonders seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommt. Derartige Restriktionen widesprächen Art. 50 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 (BGBl. II. Seite 1730), welcher die gerichtliche Anordnung einstweiliger Maßnahmen zur Verhinderung der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums oder zur Sicherung einschlägiger Beweise ausdrücklich vorsieht. Eine einstweilige Unterlassungsverfügung wegen Patentverletzung verlangt allerdings in der Regel, dass die Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechts hinlänglich gesichert ist (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; InstGE 12, 114, 119 – Harnkatheterset; zuletzt: Urt. v. 06.12.2012, I-2 U 46/12). Zweifel an der grundsätzlich zu respektierenden Schutzfähigkeit des Verfügungspatents können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes ausschließen. Das Verletzungsgericht kann sich dabei nicht kurzerhand auf den Erteilungsakt verlassen, sondern hat selbständig zu klären, ob angesichts des Sachvortrages des Antragsgegners ernstzunehmende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Verfügungsschutzrecht gegebenenfalls keinen Bestand haben wird. Seine Vernichtung muss als Folge der Einwendungen des Antragsgegners aus Sicht des Verletzungsgerichts nicht zwingend und sie muss auch nicht überwiegend wahrscheinlich, aber aufgrund einer in sich schlüssigen, vertretbaren und letztlich nicht von der Hand zu weisenden Argumentation des Antragsgegners möglich sein, um einem Verfügungsantrag den Erfolg versagen zu können (OLG Düsseldorf, InstGE 12, 114, 119 – Harnkatheterset).

Grundsätzlich kann von einem hinreichenden Rechtsbestand nur dann ausgegangen werden, wenn das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; InstGE 12, 114, 121 – Harnkatheterset; GRUR-RR 2011, 81 – Gleitsattelscheibenbremse). Um ein Verfügungspatent für ein einstweiliges Verfügungsverfahren tauglich zu machen, bedarf es grundsätzlich einer positiven Entscheidung der dafür zuständigen, mit technischer Sachkunde ausgestatteten Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanzen. Von dem Erfordernis einer dem Antragsteller günstigen kontradiktorischen Rechtsbestandsentscheidung kann nur in Sonderfällen abgesehen werden. Sie können – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – vorliegen, wenn der Antragsgegner sich bereits mit eigenen Einwendungen am Erteilungsverfahren beteiligt hat, so dass die Patenterteilung sachlich der Entscheidung in einem zweiseitigen Einspruchsverfahren gleichsteht, oder wenn ein Rechtsbestandsverfahren deshalb nicht durchgeführt worden ist, weil das Verfügungspatent allgemein als schutzfähig anerkannt wird (was sich durch das Vorhandensein namhafter Lizenznehmer oder dergleichen widerspiegelt) oder wenn sich die Einwendungen gegen den Rechtsbestand des Verfügungspatents schon bei der dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren eigenen summarischen Prüfung als haltlos erweisen oder wenn (z. B. mit Rücksicht auf die Marktsituation oder die aus der Schutzrechtsverletzung drohenden Nachteile) außergewöhnliche Umstände gegeben sind, die es für den Antragsteller ausnahmsweise unzumutbar machen, den Ausgang des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens abzuwarten (InstGE 12, 114, 121 – Harnkatheterset).

Aus der regelmäßigen Notwendigkeit einer positiven streitigen Rechtsbestandentscheidung folgt umgekehrt aber auch, dass, sobald sie vorliegt, grundsätzlich von einem hinreichend gesicherten Bestand des Verfügungspatents auszugehen ist (OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.11.2011 – I-2 U 41/11; Urt. v. 06.12.2012 – I-2 U 46/12). Mit dem Gebot eines effektiven vorläufigen Rechtsschutzes in Patentsachen (Art. 50 Abs. 1 TRIPS, Art. 9 Abs. 1 Buchstabe a) Enforcement-RL) wäre es nicht zu vereinbaren, wenn das Verletzungsgericht, bevor es einstweilige Maßnahmen anordnet, stets den rechtskräftigen Abschluss des Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens abwarten würde. Vielmehr hat es die von der zuständigen Fachinstanz (DPMA, EPA, BPatG) nach technisch sachkundiger Prüfung getroffene Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Verfügungspatentes hinzunehmen, und, sofern im Einzelfall keine besonderen Umstände vorliegen, die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen, indem es zum Schutz des Patentinhabers die erforderlichen Unterlassungsanordnungen trifft. Grund, die Rechtsbestandsentscheidung in Zweifel zu ziehen und von einem Unterlassungsgebot abzusehen, besteht allerdings dann, wenn das Verletzungsgericht die Argumentation der Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz für nicht vertretbar hält oder wenn der mit dem Rechtsbehelf gegen die Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung unternommene Angriff auf das Verfügungspatent auf (z.B. neue) erfolgversprechende Gesichtspunkte gestützt wird, die die bisher mit der Sache befassten Stellen noch nicht berücksichtigt und beschieden haben. Demgegenüber ist es nicht angängig, den Verfügungsantrag trotz erstinstanzlich aufrechterhaltenen Schutzrechts allein deshalb zurückzuweisen, weil das Verletzungsgericht seine eigene Bewertung des technischen Sachverhaltes an die Stelle der ebenso gut vertretbaren Beurteilung durch die zuständige Einspruchs- oder Nichtigkeitsinstanz setzt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.11.2011 – I-2 U 41/11; Urt. v. 06.12.2012 – I-2 U 46/12).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen kommt im Streitfall eine Aufhebung der erlassenen einstweiligen Verfügung nicht in Betracht, da der Rechtsbestand des Verfügungspatentes sowie des Verfügungszertifikates von der Verfügungsbeklagten nicht mit überzeugenden Gründen in Zweifel gezogen wurde. Es wurde nicht aufgezeigt, dass die Entscheidung der Einspruchsabteilung nicht mehr vertretbar ist.

Die Verfügungsbeklagte hat – neben weiteren Einspruchsbeschwerdeführern – gegen die aufrechterhaltene Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes Beschwerde eingelegt. Sie stützt diese maßgeblich auf die Entgegenhaltung D 2, welche im Verfügungspatent als Stand der Technik genannt wird und von der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes im Einspruchsverfahren gewürdigt wurde. Dass der Offenbarungsgehalt der D 2 von der Einspruchsabteilung unzureichend gewertet wurde, vermochte die Verfügungsbeklagte nicht aufzuzeigen.

Im Einzelnen:

a)
Die Verfügungsbeklagte macht in diesem Zusammenhang geltend, dass das Stammpatent, aus welchem das Verfügungspatent hervorgegangen ist, durch die D 2 neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Denn die Beschwerdekammer (Entscheidung vom 16. November 2004, Anlage CC 14, ohne deutsche Übersetzung) habe insoweit die D 2 als neuheitsschädlich gegenüber Anspruch 3 des Stammpatentes erachtet. Die Beschwerdekammer hat insoweit ab Seite 9 der Entscheidung ausgeführt, dass die D 2 alle Merkmale des Anspruchs 3 des Stammpatentes, dessen Wortlaut wie folgt lautet, entspricht:

„Verwendung einer Quelle von Stickstoffmonoxid für die Produktion eines inhalierbare Medikaments zur Behandlung oder Vorbeugung reversibler pulmonaler Vasokonstriktion in einem Säugetier, durch ein Verfahren, welches folgende Schritte umfasst: Identifikation von einem individuellen Säugetier, welches die Behandlung oder Prävention benötigt, und Inhalation durch das Säugetier von diesem Medikament in einer Menge, welche eine Menge an Stickstoffmonoxid beinhaltet, welche therapeutisch effektiv in der Behandlung oder Prävention von dieser Krankheit ist.“

Nach Ansicht der Beschwerdekammer werde dieser Anspruch durch die D 2 neuheitsschädlich offenbart.

Die Kammer vermag indes nicht zu erkennen, dass die Ansicht der Beschwerdekammer in Bezug auf das Stammpatent auch auf den durch die Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Anspruch 1 des Verfügungspatentes ohne weiteres übertragen werden kann. Gegen eine Übertragung der Argumentation auf das Verfügungspatent spricht bereits der formale Umstand, dass der Einspruchsabteilung natürlich die Entscheidungsgründe der Beschwerdekammer betreffend das Stammpatent bekannt waren. Dennoch wurde das Verfügungspatent mit den wiedergegebenen Ansprüchen eingeschränkt aufrechterhalten. Auch unterscheiden sich die Ansprüche wesentlich in ihrem Wortlaut; das Verfügungspatent macht in seinem Anspruch 1 deutlich, dass die Verbesserung des Gasaustausches erzielt werden soll, was nicht Gegenstand des genannten Anspruchs des widerrufenen Stammpatentes ist. Zwar mag der vasodilatorische Effekt von NO durch die D 2 offenbart werden. Dass dieser vasodilatorische Effekt zwangsläufig zu einer Verbesserung des Gasaustausches in der Lunge führt, hat die Verfügungsbeklagte indes lediglich behauptet, entsprechende Dokumente wurden indes nicht vorgelegt. Die Einspruchsabteilung hat eine solche Offenbarung der D 2 in ihrer Entscheidung betreffend das Verfügungspatent verneint (vgl. Seite 11 Anlage CC 6). Die D 2 selbst macht keine Angaben zu den Effekten von NO auf den Gasaustausch in den Lungen. Es wird lediglich eine Vasodilatation beschrieben.

Die Verfügungsbeklagte vermochte nicht darzulegen, dass es dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt des Verfügungspatentes – 5. Dezember 1990 und 27. September 1991 – bekannt gewesen ist, dass eine pulmonale Vasodilatation auch zu einer Reduktion des pulmonalen Drucks und einer Verbesserung des Gasaustausches durch eine Umverteilung des Blutflusses zugunsten ventilierter Lungenareale führen kann. Im Stand der Technik wurden zwar Versuche unternommen, Medikamente mit bekannter vasodilatorischer Wirkung bei pulmonaler Hypertonie einzusetzen, z.B. Nitroprussid. Es stellte sich aber heraus, dass die Verabreichung dieser bekannten pulmonalen Vasodilatoren einen Abfall der Oxygenierung, also des Gasaustausches, mit sich brachte, wie die Verfügungsklägerin im Einspruchsbeschwerdeverfahren (Anlage CC 28, deutsche Übersetzung Anlage CC 35) mit Schriftsatz vom 16. Januar 2013 vorgetragen hat. Die Verfügungsbeklagte hat in ihrer Beschwerdebegründung vom 18. Juni 2012 (Anlage KMG 6) zur Begründung ihrer Ansicht, dass mit jeder selektiven Vasodilatation gleichzeitig eine Verbesserung des Gasaustausches in der Lunge einhergeht, auf zwei Anlagen (Anlage 2 und Anlage 4) Bezug genommen. Die Druckschriften geben indes nicht das Wissen des Fachmannes zum Prioritätszeitpunkt zwingend wieder, da es sich hierbei um nachveröffentlichte Dokumente handelt. Hinsichtlich der Anlage 4 nennt die Verfügungsbeklagte den Veröffentlichungszeitpunkt, nämlich das Jahr 1992, mithin nach Priorität des Verfügungspatentes. Die Veröffentlichung stammt von einem der Anmelder des Verfügungspatentes, was den Schluss zulässt, dass die Schlussfolgerung – Vasodilatation führt zu einer Verbesserung des Gasaustausches – aus den Erkenntnissen der Versuche des Verfügungspatentes folgt. Vielmehr zeigen die in der Tabelle 5 der Verfügungspatentschrift wiedergegeben Versuchsergebnisse, dass eine Vasodilatation verursacht durch die Gabe von NO nicht stets zu einer Verbesserung der Oxygenierung führt. Denn die Sauerstoffsättigung (PaO2 mm Hg) blieb bei Gabe von NO bei hypoxisch verengten Lungen nahezu unverändert, so dass der Schluss von einer Vasodilatation auf eine Verbesserung des Gasaustausches nicht zwingend ist.

Auch der Hinweis der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung, dass die Kenntnis des Zusammenhangs zwischen Vasodilatation und Verbesserung des Gasaustausches im Stand der Technik bekannt gewesen sei, was sich aus Abs. 0065 der Verfügungspatentschrift ergebe, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Denn in Abs. 0065 wird ausgeführt, dass es wahrscheinlich sei, dass inhaliertes NO durch Verteilung in den an die Alveolen grenzenden Gefäßzwischenraum und durch Verursachen von Entspannung des pulmonalvaskulären glatten Muskels wirke und somit einen Anstieg des pulmonalen Blutflusses und Gasaustausches ermögliche. Dass es sich hierbei um aus dem Stand der Technik bekanntes Wissen handelt, kann der Textstelle nicht entnommen werden. Der Umstand, dass die Ausführungen im Zusammenhang mit der Erfindung nach dem Verfügungspatent stehen, lässt auch hier vielmehr den Schluss zu, dass es sich um eine Erkenntnis handelt, welche auf Grund von Untersuchungen gewonnen wurden, welche im Zusammenhang mit der Erfindung getätigt wurden.

b)
Der Umstand, dass die Verfügungsklägerin selbst Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes eingelegt hat, lässt keine Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatentes aufkommen. Denn die Verfügungsklägerin mag zwar mit dem Schutzumfang des aufrechterhaltenen Verfügungspatentes nicht einverstanden sein, jedoch nicht in dem Sinne, dass das Verfügungspatent zu Unrecht aufrechterhalten wurde, sondern dahingehend, dass der Schutzumfang nach Ansicht der Verfügungsklägerin zu weit eingeschränkt wurde.

2.
Die Abwägung der wiederstreitenden Interessen führt auch zu einer Entscheidung zugunsten der Verfügungsklägerin. Vergleicht man die Folgen, die sich für die Verfügungsklägerin ergeben, wenn man die begehrte Unterlassungsverfügung ver-sagte, das Verfügungspatent und das Verfügungszertifikat sich aber im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen, mit denjenigen Nachteilen, die der Verfügungsbeklagten drohen, wenn man ihr einstweilen den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verbietet, so erscheinen die Interessen der Verfügungsklägerin schutzwürdiger.

Soweit die Verfügungsbeklagte einwendet, dass eine Versorgungslücke entstehe, wenn die angegriffene Ausführungsform nicht vertrieben werden dürfe, da die Verfügungsklägerin keine NO-haltiges Arzneimittel in den Stärken 900 und 1000 ppm vertreibe, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. B wird in den Stärken 400 ppm mol/mol und 800 ppm mol/mol vertrieben. Die Konzentration der zugeführten Menge an NO beim jeweiligen Patienten wird vom behandelnden Arzt bestimmt und eingestellt und hängt nicht zwingend mit der Konzentration des NO in den Gasflaschen zusammen, da die Konzentration des zugeführten NO durch die gleichzeitige Gabe von Sauerstoff variiert werden kann. Die entsprechenden maschinellen Systeme werden von der Verfügungsklägerin vertrieben. Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen und mit einer eidesstattlichen Versicherung es Herrn M vom 23. Januar 2013 glaubhaft gemacht, dass seit Zustellung der einstweiligen Verfügung am 19. Dezember 2012 eine Umstellung auf B bei einigen Kunden erfolgte. Das Eintreten eines Versorgungsengpasses ist daher nicht zu erkennen.

Dass die Preise der Verfügungsklägerin möglicherweise über denjenigen der Verfügungsbeklagten liegen, ist Ausfluss der durch das Verfügungszertifikat eingeräumten Monopolstellung und vom Markt und insbesondere auch von der Allgemeinheit hinzunehmen. Eine andere Ansicht hätte zur Folge, dass im Bereich der Pharmaindustrie einstweilige Regelungen grundsätzlich nicht getroffen werden könnten. Denn das Verbot des Vertriebs eines Generikums vor Ablauf eines Schutzrechtes hat stets zur Folge, dass die im allgemeinen höheren Kosten für das Originalpräparat zu bezahlen sind, was zu Lasten der Allgemeinheit geht. Die höheren Kosten finden ihre Ursache jedoch in den erhöhten Forschungsleistungen der forschenden Unternehmen und der damit einhergehenden Kosten für die Forschung. Diese Forschungsleistungen gelangen jedoch auch in den Vorteil der Allgemeinheit. Entsprechend ist es auch von der Verfügungsbeklagten hinzunehmen, dass die von der Verfügungsklägerin nach Zustellung der einstweiligen Verfügung geforderten Lizenzgebühren für die Einräumung einer Lizenz an dem Verfügungszertifikat möglicherweise nicht den Vorstellungen der Verfügungsbeklagten entsprachen. (Erhöhte) Lizenzgebühren sind Ausfluss der Monopolstellung eines Schutzrechtsinhabers, der nur gegen ein entsprechendes Entgelt konkurrierende Wettbewerber zulassen möchte. Dass die Verfügungsklägerin generell die Bereitschaft signalisiert gegen Zahlung von Lizenzgebühren die Verfügungsbeklagte als Wettbewerberin zu dulden, kann ihr nicht zum Nachteil gereichen, wie dies die Verfügungsbeklagte meint. Denn dem Schutzrechtsinhaber steht es frei entweder Lizenzen zu vergeben oder die Ausschließlichkeitsstellung lediglich für sich zu nutzen. Ein ungebührliches Verhalten kann hierin nicht gesehen werden.

Die Verfügungsbeklagte könnte im Fall einer endgültigen Vernichtung des Verfügungspatentes und damit auch des Verfügungszertifikates Ansprüche aus § 945 ZPO gegenüber der Verfügungsklägerin geltend machen. Dieser sieht einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch vor, wenn sich die einstweilige Verfügung von Anfang an als ungerechtfertigt erweist, wie z. B. im Falle einer nachträglichen Nichtigerklärung des Patents (BGH, GRUR 2006, 219 – Detektionseinrichtung II; Mes, Patent- und Gebrauchsmustergesetz, 3.Aufl., § 139 Rz.481). Die Geltendmachung eines solchen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruches hat bereits in einem in der Vergangenheit zwischen den Parteien geführten Streit zum Erfolg geführt. Zwar mag nach den Ausführungen der Verfügungsbeklagten nur ein Teil des entstandenen Schadens kompensiert worden sein. Einzelheiten hierzu hat die Verfügungsbeklagte indes nicht vorgetragen, so dass die Kammer nicht zu erkennen vermag, welche Gründe hierfür ausschlaggebend waren.

Eine weitere Absicherung der Verfügungsbeklagten liegt darin, dass die Vollziehung der einstweiligen Verfügung von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht worden ist, §§ 936, 921 ZPO. Damit wird dem bestehenden Risiko eines Forderungsausfalls hinreichend begegnet und sichergestellt, dass die Verfügungsklägerin nicht besser gestellt wird, als wäre zu ihren Gunsten ein nur gegen Sicherheitsleistung vollstreckbares erstinstanzliches Urteil in der Hauptsache erlassen worden.

3.
Letztlich hat die Verfügungsklägerin auch deutlich gemacht, dass ihr an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz gelegen ist (zeitliche Dringlichkeit). Die begehrte einstweilige Verfügung muss in zeitlicher Hinsicht dringlich sein. An diesem zivilprozessualen Erfordernis hat das DurchsetzungsG, das der Umsetzung der Enforcement-Richtline 2004/48/EG dient, nichts geändert (OLG Düsseldorf, Urteil v. 05. Juli 2012, I-2 U 12/12; OLG Karlsruhe InstGE 11, 143 – VA-LCD-Fernseher; OLG Düsseldorf InstGE 10, 60 – Olanzapin II). Maßgeblich für die zeitliche Dringlichkeit ist zunächst das vorprozessuale Verhalten eines Verfügungsklägers. Er muss durch sein Handeln zu erkennen gegeben haben, dass er auf eine vorläufige einstweilige Regelung dringend angewiesen ist. Ohne überzeugenden Grund darf er mit der Stellung eines Eilantrages nicht längere Zeit zuwarten, wenn er die maßgeblichen Umstände der Schutzrechtsverletzung und der ihm fortdauernd drohenden Nachteile kennt (OLG Düsseldorf GRUR 2008, 1077 – Olanzapin). Welcher Zeitraum bis zur Stellung eines Verfügungsantrages verstreichen darf, ohne dass darin ein vorwerfbares zögerliches Verhalten eines Verfügungsklägers zu erblicken und damit die zeitliche Dringlichkeit zu verneinen ist, lässt sich nicht allgemein, d. h. anhand fester Fristen bestimmen. Dies ist vielmehr eine Frage des Einzelfalls.

Der Umstand, dass die Verfügungsklägerin nicht bereits mit der Kenntnis über die Erteilung der Zulassung für die angegriffene Ausführungsform einstweiligen Rechtschutz nachgesucht hat, kann ein mangelndes Interesse an einer einstweiligen Regelung nicht begründen. Sie hat zwar im November 2011 bereits von der Arzneimittelzulassung für die angegriffene Ausführungsform erfahren. Ein positiver Zulassungsbescheid beinhaltet jedoch nicht gleichzeitig die Aussage, dass ein Markteintritt unmittelbar droht (LG Düsseldorf, Urteil v. 12. April 2012, 4a O 16/12; bestätigt durch OLG Düsseldorf, Urteil v. 20. September 2012, I-2 U 44/12).

Die Verfügungsklägerin hat auch vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung von Frau Strasser (Anlage CC 8) glaubhaft gemacht, dass sie erst am 7. November 2012 Hinweis auf die Aufnahme von Aktivitäten für die Markteinführung der angegriffenen Ausführungsform erhalten hat. Daraufhin hat sie weitere Recherchen getätigt und die Fach- und Gebrauchsinformationen erhalten. Am 14. November 2012 gelangte der Verfügungsklägerin auf der MEDICA 2012 das Wandplakat sowie der für Januar 2013 geplante Verkaufsstart zur Kenntnis. Zwar hatte sie bereits – wie sie in der Antragsschrift vorgetragen hat – Kenntnis vom Vertrieb von NO-Flaschen durch die Verfügungsbeklagte bei einem Krankenhaus im Osten Deutschlands. Herr M, Leitung Vertrieb bei der Verfügungsklägerin, hat am 5. September 2012 mehrere NO-Flaschen gesehen und fotographiert. Die Verfügungsklägerin hat jedoch dargelegt und glaubhaft gemacht (eidesstattliche Versicherung Herr M vom 3. Dezember 2012, Anlage CC 18), dass den NO-Flaschen die Indikation nicht entnommen werden konnte, insbesondere enthielten sie keinen Hinweis darauf, dass die Verfügungsbeklagte NO unter der seit November 2011 bekannten arzneimittelrechtlichen Zulassung vertrieben hat, was einer entsprechenden Kennzeichnung bedurft hätte. Vielmehr handelte es sich um den Vertrieb von NO auf Basis eines Rezepturarzneimittels, welches auf Verschreibung hin erfolgt, wobei der Verfügungsklägerin die jeweilige Verwendung nicht bekannt war.

Dass sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von dem geplanten Verkaufsstart und damit etwaigen Angebotshandlungen der Verfügungsbeklagten haben musste, ist nicht zu erkennen. Die Verfügungsbeklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass bereits ab November 2011, mithin Kenntnis der Verfügungsklägerin von der arzneimittelrechtlichen Zulassung der angegriffenen Ausführungsform, die Fach- und Gebrauchsinformation nicht zur Verfügung stand, was den Schluss auf einen unmittelbar bevorstehenden Markteintritt begründet hätte. Vielmehr blieb eine Nachfrage beim BfArM unbeantwortet. Eine weitergehende Nachforschungspflicht, auch wenn es sich bei den Parteien um Wettbewerber handelt, bestand nicht. Dass die Fach- und Gebrauchsinformation bereits im Juni 2012 online verfügbar war, hat die Verfügungsbeklagte nicht glaubhaft gemacht. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, bestand für die Verfügungsbeklagte nicht die Verpflichtung zu einer Marktbeobachtung, auch wenn möglicherweise eine grundsätzliche Vermutung besteht, dass ein Verletzungsprodukt auf den Markt gelangen könnte (Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 6. Aufl. Rdnr. 1804). Erst bei Bestehen greifbarer Hinweise auf rechtsverletzende Handlungen, darf sich der Schutzrechtsinhaber ihnen nicht verschließen, sondern hat ihnen nachzugehen (Kühnen, a.a.O. Rdnr. 1804). Entsprechend greifbare Anhaltspunkte bestanden indes nicht.

Im Juli 2012 erhielt die Verfügungsklägerin nach Kenntnis von der arzneimittelrechtlichen Zulassung die weitere Kenntnis, dass die Verfügungsbeklagte in Zukunft ein zugelassenes NO-haltiges Arzneimittel im Angebot haben werde. Selbst wenn die Verfügungsklägerin bereits im Juli 2012 Kenntnis über den Inhalt der Fach- und Gebrauchsinformation hätte haben können, bestand indes keine Kenntnis, zu welchem Zeitpunkt mit einem Verkaufsstart zu rechnen ist. Dass hierüber unter den Wettbewerben Kenntnis bestanden haben könnte, aus welchen Gründen auch immer, hat die Verfügungsbeklagte nicht vorgetragen.

Entsprechend der vorstehenden Ausführungen sind auch keine Anhaltspunkte für eine etwaige Duldung der Handlungen der Verfügungsbeklagten durch die Verfügungsklägerin zu erkennen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO entsprechend.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt bereits aus dem Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens. Die Anordnung der Sicherheitsleistung beruht auf § 938 ZPO und ist deshalb sinnvoll und geboten, weil damit gewähr-leistet wird, dass der Unterlassungsausspruch nicht unter geringeren Bedingungen vollstreckbar ist, als er es bei einem entsprechenden erstinstanzlichen Hauptsacheurteil wäre (vgl. Kühnen, a.a.O., 6. Auflage, Rdnr. 1759).

Der Streitwert wird auf 300.000,- EUR festgesetzt.