Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Mai 2013, Az. 4a O 161/11
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem Europäischen Patent EP 0 886 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch.
Das Klagepatent wurde am 12.03.1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 19610XXX vom 14.03.1996 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Offenlegung der Patentanmeldung am 30.12.1998 erfolgte. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 02.05.2007 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents ist in Kraft. Mit Schriftsatz vom 14.03.2012 erhob die Beklagte Nichtigkeitsklage, über die bisher nicht entschieden wurde.
Eingetragene Inhaberin des Klagepatents war bis zum 01.03.2009 die D AG, 80333 München. Seitdem ist die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents eingetragen.
Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Verfahren und Anordnung zum Abwi-ckeln von Protokollen zwischen Telekommunikationsgeräten drahtloser Tele-kommunikationssysteme“. Der durch die Klägerin geltend gemachte Patentan-spruch 1 lautet:
„Verfahren zum Abwickeln von Protokollen zwischen Telekommunikati-onsgeräten drahtloser Telekommunikationssysteme, bei dem in dem drahtlosen Telekommunikationssystems mit mindestens einem ersten Te-lekommunikationsgerät (BS, MT) und mindestens einem zweiten Tele-kommunikationsgerät (MT, BS) zwischen dem/den ersten Telekommuni-kationsgerät/en (BS, MT) und dem/den zweiten Telekommunikationsge-rät/en (MT, BS) über eine standardisierte Luftschnittstelle
a) zur Abwicklung eines Standardprotokolls (OECT, GAP) stan-dardprotokollspezifische Meldungen übertragen werden,
b) Informationselemente der standardprotokollspezifische Meldungen übertragen werden,
c) mit den Informationselementen ein Sonderprotokoll (CAP) abgewi-ckelt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass mit dem Sonderprotokoll (CAP) unter der Abwicklungs- und Steuerungshoheit des ersten Telekommunikationsge-rätes (BS, MT) zusätzliche Informationen zwischen dem ersten Telekom-munikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) des Telekommunikationssystems ausgetauscht werden.“
Darüber hinaus macht die Klägerin auch eine Verletzung des Patentan-spruchs 12 geltend, der wie folgt gefasst ist:
„Drahtloses Telekommunikationsgerät, das als erstes Telekommunikati-onsgerät (BS, MT) zum Abwickeln von Protokollen zwischen einem draht-losen zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) in einem drahtlosen Telekommunikationssystem über eine standardisierte Luftschnittstelle
a) zur Abwicklung eines Standardprotokolls (DECT, GAP, GSM) stan-dardprotokollspezifische Meldungen überträgt,
b) Informationselemente der standardprotokollspezifische Meldungen überträgt,
c) mit den Informationselementen ein Sonderprotokoll (CAP) ab-wickelt,
dadurch gekennzeichnet, dass
Nachrichtenübertragungsmittel (BS-PGM, MT-PGM) vorgesehen sind, die in Verbindung mit dem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) und zum Austausch zusätzlicher Informationen zwischen dem ersten Tele-kommunikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommunikationsge-rät (MT, BS) des Telekommunikationssystems das Sonderprotokoll (CAP) abwickeln und dazu die Abwicklungs- und Steuerungshoheit besitzen.“
Im Hinblick auf die Formulierung der durch die Klägerin im Wege von „insbe-sondere, wenn“ -Anträgen geltend gemachten Unteransprüche wird zur Ver-meidung von Wiederholungen auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
In der nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figur 3 ist nach der Beschrei-bung des Klagepatents ausgehend von dem im Stand der Technik bekannten DECT/GAP-System, wie es aus Figur 2 der Klagepatentschrift ersichtlich ist, der Datenaustausch auf den Ebenen (ISO/OSI-Schichten) der Programmmo-dule der DECT/GAP-Luftschnittstelle dargestellt.
Figur 4 zeigt beispielhaft ein Anreiz-Zustands-Diagramm des Sonderprotokolls (Common Access Profile) als Zusatzprotokoll zum DECT-Standardprotokoll und GAP-Standardprotokoll nach Figur 3.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland eine F E Fon WLAN 7270, Firmware-Version V54.04.59 und höher (nachfolgend: angegriffene Aus-führungsform I), das G MT-D, Firmware-Version V1.32 und höher (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform II), das E Fon WLAN 7390 (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform III), die E 6840 LTE (DECT) (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform IV), die E 6360 Cable (DECT) (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform V), das G C3 (DECT) (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform VI) und das G MT-F (DECT) (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform VII).
Nachfolgend eingeblendet ist beispielhaft die E 7390:
Die angegriffenen Ausführungsformen sind in der Lage, nach dem DECT-Standard (ursprünglich: „Digital European Cordless Telecommunications“, später „Digital Enhanced Cordless Telecommunications“; nachfolgend: DECT) zu arbeiten, der 1992 vom Europäischen Institut für Telekommunikationsstandards (ETSI) verabschiedet wurde.
Der DECT-Standard lehnt sich an das sog. OSI-Schichtenmodel an und regelt die Kommunikation auf den Ebenen 1 (Bitübertragungsebene), 2 (Sicherungs-ebene) und 3 (Vermittlungsebene). Bei den Schichten 1 und 2 konnten im Standard die Grenzen der Schichten nicht exakt eingehalten werden, da einige DECT-spezifische Merkmale nicht eindeutig entsprechenden OSI-Schichten zugeordnet werden konnten. Ferner wurde die Sicherungsschicht in zwei Ebenen unterteilt.
Der DECT-Standard setzt sich aus einer Reihe verschiedener Standardproto-kolle zusammen. Vorliegend relevant ist insbesondere das Standardprotokoll zur Protokollebene 3 (ETS 300 175-5: Network Layer), hinsichtlich dessen In-halts zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Anlagen B 5 und CBH 26 Bezug genommen wird. Den Aufbau einer Protokollmeldung nach diesem Standard verdeutlicht die nachfolgend eingeblendete und der Klageschrift entnommene Grafik:
Demnach besteht die Meldung aus einem „Message Header“ sowie aus einem oder mehreren Informationselementen (IE), mit denen z. B. Informationen zum Mobilitätsmanagement zwischen den DECT-Geräten ausgetauscht werden können. Von den in der vorstehend eingeblendeten Abbildung gezeigten drei IEs ist das zweite IE als sogenanntes „ETP“ (Escape to Proprietary) IE ausge-bildet. Mithilfe dieses IEs ist es möglich, proprietäre, das heißt nicht durch den Standard definierte Inhalte zwischen den Geräten zu übermitteln. Das IE 2 be-steht seinerseits aus einem IE-Identifier, das heißt einer im DECT-Standard definierten Identifikation („ETP Informationselement“). Des Weiteren wird dem empfangenden Gerät die Länge des übermittelten IEs mitgeteilt („IE length“). Weiterhin wird ein sog. „Discriminator type“ gesendet, der beim ETP-IE dem im DECT-Standard definierten Wert für den „Equipment Manufacturer Code“ (EMC) entspricht. Dieser Wert teilt dem empfangenden Gerät mit, dass nun ein bestimmter Code, der EMC value, folgen wird. Der EMC value ist im DECT-Standard als vierstellige Nummer definiert, wobei jedem Hersteller durch ETSI eine bestimmte Nummer zugewiesen wird. Im Anschluss an den EMC value werden schließlich die proprietären, nicht standardisierten Informationen ge-sendet. Im DECT-Standard der Ebene 3 (ETS 300 175-5: Network Layer) wer-den unter anderem die Informationselemente „Multi-display“ und „Multi-keypad“ wie nachfolgend wiedergegeben beschrieben (Anlage B 5, S. 129):
In Annex D des Standard-Dokumentes ETSI EN 300 175-5 V2.2.1 (2008-11) werden die DECT-Standard 8-bit Zeichen wie folgt beschrieben:
Zudem findet sich in der vorstehend unter Punkt D.2.3. genannten „ITU-T Recommendation T.50 [i.5]“ unter anderem folgende Tabelle:
Die angegriffenen Ausführungsformen sind weiterhin in der Lage, nach dem GAP-Profil („Generic Access Profile“) zu arbeiten, das Gegenstand des ETSI-Standards 300 444 (Dezember 2005) ist. Das GAP-Profil definiert 32 Funktio-nen unter Verwendung der DECT-Standardprotokolle. Hinsichtlich der einzel-nen Funktionen wird auf die Übersicht auf Seite 21 der Anlage B 7 Bezug ge-nommen.
Die Klägerin behauptet, die D AG habe ihr mit einer als Anlage CBH 22 vorgelegten Erklärung vom 02.07.2012 sämtliche Ansprüche für die Zeit, bevor die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents eingetragen wurde, in Bezug auf eine Verwendung der durch das Klagepatent beanspruchten technischen Lehre abgetreten. Die Abtretung sei zudem durch eine als Anlage CBH 28 zur Akte gereichte Erklärung zweier Prokuristen der Klägerin vom 10.04.2013 genehmigt worden.
Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch.
Die Klägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform I würde aus der fir-meninternen Spezifikation der Klägerin PNCAP-Anweisungen an das zweite Telekommunikationsgerät senden und dabei die Steuerungs- und Ausführungshoheit im Sinne des Klagepatents ausüben. Die von der Basisstation gesendeten PNCAP-Anweisungen seien Teil eines proprietären CAP-Sonderprotokolls, das von der Klägerin entwickelt und nicht durch die Klägerin veröffentlicht worden sei. Insbesondere habe anhand dieses CAP-Sonderprotokolls gezeigt werden können, dass die Basisstation die Menüs des Mobilteils fernsteuere bzw. aufspiele. Zudem erfolge die Einstellung der Landessprache lokal am Mobilteil, werde aber mittels einer Prozedur des Sonderprotokolls automatisch in der Feststation ferngesteuert. Ferner werde die rein lokale Ressourcensteuerung von Display, Tasten und Tönen im Mobilteil auf Anforderung durch die Basisstation hin mittels einer Sonderprozedur aufgehoben. Der Displayinhalt des Mobilteils werde durch die Basisstation vorbestimmt. Die Auswertung der Tastendrücke erfolge in der Basisstation anstatt im Mobilteil. Außerdem ergreife die Basisstation die Vollmacht über den Display-Inhalt des Mobilteils, das heißt, der Display-Inhalt des Mobilteils werde durch die Basisstation vorbestimmt. Darüber hinaus definiere die Basisstation über die bekannten Tasten hinaus weitere Tastencodes („Softkeys“ etc.). Schließlich fordere die Basisstation zum Zwecke einer Menüsteuerung die Tastencodes der Softkeys des Mobilteils an und halte das Mobilteil von der lokalen Auswertung dieser Tasten ab. Ergänzend wird auf die Anlagen CBH 5, CBH 6, CBH 13 und CBH 14 Bezug genommen.
Vergleichbares gelte für die angegriffene Ausführungsform II. Auch dort werde das gesamte Menü inklusive der Belegung beider „Softkeys“ von der Basissta-tion auf das Mobilteil übertragen. Zudem würden die auf dem Display des Mo-bilteils anzuzeigenden Zeichen sowie deren Positionierung als ASCII-Code übertragen, wofür PNCAP-Anweisungen verwendet würden. Des Weiteren würde die rein lokale Ressourcensteuerung von Display, Tasten und Tönen im Mobilteil auf Anforderung der Basisstation hin mittels einer Sonderprozedur aufgehoben. Die Basisstation ergreife weiterhin die Vollmacht über den Dis-playinhalt des Mobilteils. Im Übrigen fordere die Basisstation zum Zwecke einer Menüsteuerung die Tastencodes der Softkeys des Mobilteils an und halte das Mobilteil von der lokalen Auswertung dieser Tasten ab.
Da die angegriffenen Ausführungsformen I – III mit derselben Software ausge-stattet seien, würden die vorstehenden Ausführungsformen für die angegriffene Ausführungsform III in gleicher Weise gelten. Weil sich die angegriffene Ausführungsform IV von den angegriffenen Ausführungsformen I und III nur dadurch unterscheiden würde, dass die Box mit einer Datenschnittstelle über eine SIM-Karte ausgestattet sei, seien die Ausführungen zudem auch auf diese Ausführungsform übertragbar. Dies gelte auch für die angegriffene Ausführungsform V, die lediglich über ein Interface verfüge, das die Kommunikation über einen Kabelanschluss ermögliche. Schließlich würden die Ausführungen zur angegriffenen Ausführungsform II auch auf die angegriffenen Ausführungsformen VI und VII zutreffen. Diese würden keine eigenen Telefonbücher aufweisen, sondern könnten ausschließlich auf die Basis zugreifen, wobei wiederum mit den Softkeys der Mobilteile in dem Menü der Basisstationen navigiert werden könne.
Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR‚ ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jah-ren, zu unterlassen,
1. Verfahren zum Abwickeln von Protokollen zwischen Telekommunikationsgeräten drahtloser Telekommunikations-systeme in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden oder anzubieten,
bei denen in dem drahtlosen Telekommunikationssystem mit mindestens einem ersten Telekommunikationsgerät (BS, MT) und mindestens einem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) zwischen dem/den ersten Telekommunikationsgerät/en (BS, MT) und dem/den zweiten Telekommunikationsgerät/en (MT, BS) über eine standardisierte Luftschnittstelle zur Abwick-lung eines Standardprotokolls (DECT, GAP) standardprotokoll-spezifische Meldungen übertragen werden und Informations-elemente der standardprotokollspezifischen Meldungen über-tragen werden, mit den Informationselementen ein Sonderpro-tokoll (CAP) abgewickelt wird,
wobei mit dem Sonderprotokoll (CAP) unter der Abwicklungs- und Steuerungshoheit des ersten Telekommunikationsgerätes (BS, MT) zusätzliche Informationen zwischen dem ersten Tele-kommunikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommu-nikationsgerät (MT, BS) des Telekommunikationssystems aus-getauscht werden;
2. Mittel in Form von
a) Basisstationen zum Betrieb mit Funktelefonen,
b) Funktelefonen zum Betrieb mit Basisstationen und/oder
c) Soft- und Firmware zum Betrieb solcher Basisstationen und/oder Funktelefone, die sich auf die Nutzung eines Verfahrens gern. Ziff. I. 1. beziehen, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern;
3. drahtlose Telekommunikationsgeräte in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu brin-gen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken ent-weder einzuführen oder zu besitzen,
die als erstes Telekornrnunikationsgerät (BS, MT) zum Abwi-ckeln von Protokollen zwischen einem drahtlosen zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) in einem drahtlosen Telekommunikationssystem über eine standardisierte Luftschnittstelle zur Abwicklung eines Standardprotokolls (DECT, GAP, GSM) standardprotokollspezifische Meldungen übertragen, Informationselemente der standardprotokollspezifischen Meldungen übertragen, mit den Informationselementen ein Sonderprotokoll (CAP) abwickeln,
wobei Nachrichtenübertragungsmittel (BS-PGM, MT-PGM) vorgesehen sind, die in Verbindung mit dem zweiten Telekom-munikationsgerät (MT, BS) zum Austausch zusätzlicher Infor-mationen zwischen dem ersten Telekommunikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) des Telekommunikationssystems das Sonderprotokoll (CAP) abwi-ckeln und dazu die Abwicklungs- und Steuerungshoheit besit-zen;
4. Mittel in Form Soft- und/oder Firmware zum Betrieb von Mobilteilen und/oder Basisstationen, die sich auf die Nutzung eines Telekommunikationsgerätes gem. Ziff. I. 3 beziehen, in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten oder zu liefern,
wobei sich die Handlungen hinsichtlich der Ziff. I. Nr. 1 bis 4 insbesondere auf die F E Fon WLAN 7270 mit den Firmware-Versionen V54.04.59 bis 54.04.76, das G MT-D mit der Firmware-Version V 1.32, die E Fon WLAN 7390 (DECT), die I 6840 LTE (DECT), das E 6360 Cable (DECT), die I 6360 Cable (DECT), das G C3 (DECT) und das G MT-F (DECT) bezieht;
5. der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen wie Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter Ziff. I. 1. bis 4. bezeichneten Handlungen seit dem 30.01.1999 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der ab dem 01.09.2008 belieferten Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
d) die einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebots-mengen, -zeiten und -preisen, Typenbezeichnungen sowie die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e) der betrieblichen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe-trägern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Fall von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume
f) sowie ab dem 02.06.2007 der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und An-schriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebots-empfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu be-zeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichte-ten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Be-klagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und ver-pflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstel-lung enthalten ist;
II. die im Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 1) befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziff. I. 3. zu vernichten, wahlweise die Erzeug-nisse so zu verändern, dass die unter Ziff. I. 2. und I. 4. beschriebene Soft-/Firmware entfernt wird;
III. die von der Beklagten zu 1) ab dem 02.05.2007 in den Verkehr ge-brachten und noch im Umlauf befindlichen Produkte gemäß Ziff.
I. 3. zurückzurufen und aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem diejenigen, denen durch die Beklagten oder mit ihrer Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 886 XXX B1 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagten unterbreitet wird und für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises beziehungsweise eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- beziehungsweise Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird;
IV. die Beklagen des Weiteren zu verurteilen, an die Klägerin einen Be-trag in Höhe von 3.894,80 EUR zu zahlen;
V. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr bzw. der D AG vor Umschreibung des Klagepatents durch die in Ziff. l. bezeichneten Handlungen seit dem 02.06.2007 entstanden sind, wobei sich die Schadenser-satzverpflichtung auf Handlungen gem. Ziff. I. 2 und I. 4 nur inso-weit bezieht, wie die Abnehmer der Beklagten zu 1) von dem Verfahren gem. Ziff. I. 1., und/oder von einem Telekommunikationsgerät gem. Ziff. I. 3. Gebrauch machen;
VI. festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin eine angemessene Entschädigung für die in Ziff. I. 1. und I. 3. be-zeichneten Handlungen zwischen dem 30.01.1999 und dem 02.06.2007 zu zahlen.
Hinsichtlich der der durch die Klägerin als „insbesondere, wenn“ -Anträge for-mulierten Hilfsanträge wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich der An-trag zu I. 3. nicht auf die Ausführungsformen II, VI und VII (G) bezieht.
Der Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise:
das Verfahren bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des EP 0 886 XXX B1 auszusetzen.
Sie meinen, die angegriffenen Ausführungsformen würden von der tech-nischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen.
Klagepatentgemäß müsse, wie der Begriff „Protokoll“ verdeutliche, nach fest-gelegten Regeln für den Austausch von Informationen zwischen Telekommunikationsgeräten auf derselben Ebene des OSI-Referenzmodells verfahren werden. Der Begriff „Protokoll“ verdeutliche zudem, dass das Protokoll sowohl Meldungs- und Informationsformate mit Informationselementen wie auch Prozeduren, also Regeln für den zeitlichen Ablauf und die logische Abfolge des Informationsaustausches zur Verfügung stelle. Da das so definierte Protokoll „abgewickelt“ werden müsse, müssten sich die Instanzen der jeweiligen Schicht somit auf beiden Seiten nach diesen Regeln verständigen. Zudem bedeute das einseitige Senden von Informationen auch keinen Informationsaustausch zwischen zwei Kommunikationsteilnehmern. Ferner müsse es sich patentgemäß bei den mittels des Sonderprotokolls übertragenen Informationen um zusätzliche, das heißt nicht im Standard zu findende Informationen handeln. Da der Austausch der Informationen außerdem unter der Abwicklungs- und Steuerungshoheit des ersten Telekommunikationsgerätes erfolgen müsse, müsse dieses Telekommunikationsgerät die permanente und geregelte Vollmacht besitzen, über die Leistungsmerkmale des zweiten Telekommunikationsgerätes zu verfügen. Unter einer „Abwicklungshoheit“ sei darüber hinaus eine „Master-Slave“-Beziehung zwischen dem ersten und dem zweiten Telekommu-nikationsgerät zu verstehen.
Davon ausgehend würden die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. Es werde weder ein Sonderprotokoll abgewickelt, noch würden zusätzliche Informationen ausgetauscht, wobei es auch an einer Abwicklungs- und Steuerhoheit eines der teilnehmenden Telekommunikationsgeräte fehle. Soweit bei den angegriffenen Ausführungsformen Informationen der Basisstation auf dem Display angezeigt und Informationen über eine durch den Nutzer getroffene Auswahl an die Basisstation weitergeleitet würden, erfolge dies ausschließlich unter Ausnutzung des DECT-Standards bzw. des GAP-Profils, nicht aber mit Hilfe eines Sonderprotokolls im Sinne des Klagepatents.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren insbesondere unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Neuheit als nicht schutzfähig erweisen.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Par-teien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen, Feststellung der Schadenersatz- und Entschädigungspflicht dem Grunde nach sowie Erstattung außergerichtlicher Kosten aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB i. V. m. Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
I.
Soweit sich die Klägerin gegen das Anbieten und das Anwenden des angegriffenen Verfahrens durch die Beklagten wendet, scheidet eine entsprechende Verurteilung der Beklagten bereits unabhängig davon aus, ob die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen.
1.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten das beanspruchte Verfahren anwenden, lassen sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Der Hinweis auf ein durch die Beklagten durchgeführtes „Reverse Engineering“ genügt insoweit nicht. Zum Einen haben die Beklagten ein solches „Reverse Engineering“ bestritten, ohne dass die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin ihren Vortrag hierzu ergänzt oder Beweis angeboten hätte. Zum Anderen würde eine Verurteilung unter dem Gesichtspunkt der Anwendung des beanspruchten Verfahrens voraussetzen, dass dieses durch die Beklagte in der Bundesrepublik Deutschland angewendet wurde. Dass das durch die Klägerin behauptete „Reverse Engineering“ in der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden hat, lässt sich dem Vortrag der Klägerin jedoch nicht entnehmen.
2.
Darüber hinaus kam auch eine Verurteilung unter dem Gesichtspunkt des An-bietens des beanspruchten Verfahrens unabhängig von der Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht in Betracht.
Von einem tatbestandsmäßigen Anbieten lässt sich grundsätzlich nur dann sprechen, wenn der Verletzer einem anderen die Anwendung des Verfahrens derart in Aussicht stellt, dass sie durch den Anbietenden selbst vorgenommen oder durch ihn veranlasst werden soll (vgl. Fitzner/Lutz/Bodewig/Ensthaler, Patentrechtskommentar, 4. Auflage, § 9 Rz. 66 m. w. N.).
Geht man davon aus, reicht der Vortrag der Klägerin nicht aus, um ein Anbie-ten des Verfahrens zu begründen. Zwar weist die Beklagte zu 1) in dem als Anlage CBH 8 vorgelegten Auszug aus ihrer Internetseite darauf hin, dass das Leistungsmerkmal „Telefonbuch“ auch mit verschiedenen DECT-Schnurlostelefonen anderer Hersteller verwendet werden kann, etwa mit „einigen aktuellen D Gigaset Modellen“. Diese Aussage bezieht sich aber lediglich auf in der Basisstation geführte, verschiedene Telefonbücher. Wie diese auf dem jeweiligen Mobilteil zur Verfügung gestellt werden und welche Informationen dabei übertragen werden, ist demgegenüber weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich. Insbesondere beziehen sich die durch die Klägerin vorgelegten Protokollmitschnitte hierauf nicht.
II.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Abwickeln von Protokollen zwischen Telekommunikationssystemen und ein drahtloses Telekom-munikationsgerät.
Wie das Klagepatent einleitend ausführt, handele es sich bei drahtlosen Tele-kommunikationssystemen der vorstehend bezeichneten Art um Nachrichten-systeme mit einer Fernübertragungsstrecke zwischen einer Nachrichtenquelle und einer Nachrichtensenke zur Nachrichtenverarbeitung und Nachrichten-übertragung, bei denen die Nachrichtenverarbeitung und -übertragung sowohl in eine Übertragungsrichtung (Simplex-Betrieb), als auch in beide Übertra-gungsrichtungen erfolgen könne. Des Weiteren könne die Nachrichtenübertragung analog oder digital erfolgen.
Bei dem Begriff „Nachricht“ handele es sich um einen übergeordneten Begriff, der sowohl den Sinngehalt (Information), als auch die physikalische Repräsentation (Signal) umfasse.
Figur 1 zeige stellvertretend für die Vielzahl der drahtlosen Telekommunikati-onssysteme ein DECT/GAP-System, bei dem gemäß dem DECT/GAP-Stan-dard (Digital European Cordless Telecommunication) an einer DECT/GAP-Ba-sisstation BS über eine für den Frequenzbereich zwischen 1,88 und 1,90 GHz ausgelegte DECT/GAP-Luftschnittstelle maximal 12 Verbindungen nach dem TDMA/FDMA/TDD-Verfahren (Time Division Multiple Access / Frequency Divi-sion Multiple Access / Time Division Duplex) parallel zu DECT/GAP-Mobilteilen MT 1 … MT 12 aufgebaut werden könne.
Die nachfolgend eingeblendete Figur 2 zeige, ausgehend von der Druckschrift Components 31 (1993), Heft 6, Seiten 215 bis 218; S. Althammer, D. Brück-mann: „Hochoptimierte IC’s für DECT-Schnurlostelefone“, den prinzipiellen Schaltungsaufbau der Basisstation BS und des Mobilteils MT:
Die Kommunikation zwischen zwei beliebigen Kommunikationsendgeräten (Kommunikationspartnern) werde durch in einem Standard definierte / als Norm festgelegte Protokolle (Standardprotokolle) geregelt, welche die Regeln zum Austausch von Informationen zwischen je zwei Kommunikationspartnern auf derselben Ebene des ISO/OSI-Schichtenmodells festschreiben.
In den zum DECT-Standard gehörenden Protokollen werde insbesondere der Informationsaustausch zwischen einem mobilen Schnurlos-Kommunikations-endgerät und der zugehörigen Schnurlos-Feststation festgelegt, wobei Kommunikationsmedium die Luft sei. Der GAP-Standard stelle eine Untermenge des DECT-Standards dar, mit dem Ziel, durch die Einhaltung des im GAP-Standard eingeschränkten Protokolls eine herstellerunabhängige Kompatibilität zwischen den Kommunikationspartnern zu gewährleisten.
Der DECT/GAP-Standard definiere Meldungen zur Signalisierung von Verbin-dungsauf- und -abbau sowie zum Mobilitätsmanagement, Infor-mationselemente innerhalb dieser Meldungen, spezielle Informations-elemente, die herstellerspezifische Erweiterungen erlauben, sowie Pro-zeduren zum Auf- und Abbau von Verbindungen, zum Austausch von Informationen (Tastendrücke, Displays, Töne etc.) sowie zum Mobili-tätsmanagement (Anmeldung, Verschlüsselung, Authentisierung).
Darüber hinaus ermögliche der GAP-Standard eine Kompatibilität zwischen verschiedenen Geräten im Rahmen einer bestimmten Grundfunktionalität (Auf- und Abbau von Sprachverbindungen, Mobilität). Darüber hinausgehende Funktionalitäten könnten z. B. über ein Keypad-Protokoll (Austausch von Tasten) realisiert werden. Da diese Funktionalitäten jedoch nicht in einem Protokoll festgehalten seien, sei eine Kompatibilität zwischen verschiedenen Geräteherstellern und -generationen nicht mehr gewährleistet. Vielmehr würden nach dem Status Quo die Zusatzleistungsmerkmale nur in speziell aufeinander abgestimmten Kommunikationssystemen, bestehend aus dem Mobilteil und der Basisstation einer ganz bestimmten Gerätegeneration, funktionieren.
Schnurlos-Kommunikationsendgeräte mit Menüsteuerung und Display würden sich zudem durch eine lokale Steuerung der Leistungsmerkmale sowie der Spracheinsteilung auszeichnen. Das heißt, basisstationsspezifische Leistungsmerkmale würden nicht in den Menüs angeboten. Schnurlos-Kommunikationsendgeräte ohne Menüsteuerung würden sich eines Keypad-Protokolls bedienen, über dessen Funktionalität auch nicht das Kommunikationsendgerät, sondern der Benutzer selbst mittels einer jeweils für einen bestimmten Basisstationstyp gültigen Bedienungsanleitung informiert sei.
Zusammengefasst bedeute dies, dass in den Schnurlos-Mobilteilen keinerlei Intelligenz oder Wissen bezüglich der möglicherweise vorhandenen basisstati-onsspezifischen Leistungsmerkmale (Rückfrage, Anrufumleitung etc.) integriert sei. Verfügbar seien nur mobilteilspezifische Leistungsmerkmale, wie z. B. Telefonbuch oder Hörerlautstärke, sowie eingeschränkte GAP-Leistungsmerkmale.
Die Ressourcensteuerung sowie der Zugriff auf Display, Tasten und Töne/Rufsequenzen erfolge lokal im Schnurlos-Kommunikationsendgerät. Dies bedeute, dass das Display im Besitz des Mobilteils sei. Dis-playinformationen, die durch die Feststation verpackt, in GAP-Meldungen enthalten sein können, könnten wahlweise zusätzlich anstatt der lokalen Displayinformationen angezeigt werden. Eine Vorschrift, wie GAP-Displaymeldungen zu behandeln seien, sowie eine Einigung über Zeichensätze über den GAP-Standardzeichensatz (z.B. IA5-Norm) hinaus seien nicht Bestandteil des GAP-Standards.
Ein etwaiges Betätigen von Softkey- und Menütasten werde vom Mobilteil lokal bewertet. Die GAP-Kanäle für Tastendrücke würden lediglich die Ziffern 0-9, *, # sowie einige spezielle GAP-Keys wie z. B. „goto DTMF“ (Temporäre Wahlum-schaltung von IWV auf MFV) und „Pause“ vorsehen. Eine Grundlage für eine Menüsteuerung durch Tastendrücke sei nicht Bestandteil des GAP-Standards.
Schließlich gebe es keine Möglichkeit, die Rufsequenz des Mobilteils durch die Basis zu beeinflussen. Der GAP-Standard biete zwar die Möglichkeit einer „Outband“-Signalisierung von Tönen und Rufsequenzen. Die Interpretation der laut GAP-Standard gültigen Werte für die Rufsequenzen bleibe jedoch dem Mobilteil lokal überlassen.
Die Abwicklung des GAP-Protokolls diene im Normalfall dem Informationsaus-tausch, der für den Auf- und Abbau von Verbindungen und für das Mobilitäts-management benötigt werde.
Aus dem DECT-Standard sei es weiterhin bekannt, spezielle Informationsele-mente des DECT-Standardprotokolls, wie zum Beispiel „ESCAPE TO PROPRIETARY“-Informationselemente, als Fluchtwege für individuelle (benutzerbezogene) Protokolle zu nutzen.
In der Druckschrift Ericsson Review, Bd. 71, Nr. 2, 1994, S. 84 .- 92; G. M. Campell, P. Hannema: „DCT 1800 – A Dect Solution For Radio Access Aplication“ sei ein drahtloses Telekommunikationssystem mit mindestens einem ersten Telekommunikationsgerät und mindestens einem zweiten Telekommunikationsgerät bekannt, bei dem zwischen dem ersten Telekommunikationsgerät und mindestens einem zweiten Tele-kommunikationsgerät über eine DECT-Luftschnittstelle das DECT-Protokoll mit DECT-spezifischen Meldungen und Informationselementen und zusätzlich mit diesen Informationselementen ein proprietäres Protokoll abgewickelt werde.
Vor dem Hintergrund des Standes der Technik liegt dem Klagepatent daher nach der Klagepatentbeschreibung die Aufgabe (das technische Problem) zu-grunde, die Nachteile des Standes der Technik zu überwinden und zwischen über standardisierte Luftschnittstellen verbundenen Telekommunikationsgerä-ten in drahtlosen Telekommunikationssystemen eine bei der Abwicklung von telekommunikationsstandardspezifischen Protokollen (Standardprotokollen) übertragene Informationsmenge derart zu erhöhen, dass einerseits die Stan-dardprotokolle weiterhin uneingeschränkt abgewickelt werden können (Erhal-tung der Interoperabilität des Telekommunikationssystems) und anderseits durch die zusätzliche übertragene Informationsmenge das drahtlose Telekom-munikationssystem bezüglich der systemimmanenten Telekommunikationsge-räte strukturiert werden kann.
Dies geschieht gemäß Patentanspruch 1 durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
Verfahren
1. zum Abwickeln
1.1. von Protokollen
1.2. zwischen Telekommunikationsendgeräten drahtloser Te-lekommunikationssysteme
2. mit
2.1. mindestens einem ersten Telekommunikationsgerät (BS, MT)
2.2. und mindestens einem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS)
3. zwischen den beiden Telekommunikationsgeräten besteht eine standardisierte Luftschnittstelle, über die
3.1. zur Abwicklung eines Standardprotokolls (DECT, GAP)
3.2. standardprotokollspezifische Meldungen und
3.3. Informationselemente der standardprotokollspezifischen Meldungen übertragen werden,
4. mit den Informationselementen wird ein Sonderprotokoll (CAP) abgewickelt, mit dem
4.1. unter Abwicklungs- und Steuerungshoheit des ersten Te-lekommunikationsendgeräts (BS, MT)
4.2. zusätzliche Informationen
4.3. zwischen dem ersten Telekommunikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) des Tele-kommunikationssystems ausgetauscht werden.
Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 12 lässt sich wie folgt gliedern:
Drahtloses Telekommunikationsendgerät,
1. das als erstes Telekommunikationsgerät (BS, MT)
2. zum Abwickeln von Protokollen
3. zwischen einem drahtlosen zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS)
4. in einem drahtlosen Telekommunikationssystem
5. über eine standardisierte Luftschnittstelle
5.1. zur Abwicklung eines Standardprotokolls (DECT, GAP, GSM)
5.2. standardprotokollspezifische Meldungen überträgt und
5.3. Informationselemente der standardprotokollspezifische(n) Mel-dungen überträgt und
6. mit den Informationselementen ein Sonderprotokoll (CAP) ab-wickelt,
6.1. wobei Nachrichtenübertragungsmittel (BS-PGM, MT-PGM) vorgesehen sind, die
6.2. in Verbindung mit dem zweiten Telekommunikationsgerät (MT, BS) des Telekommunikationssystems
6.3. und zum Austausch zusätzlicher Informationen zwischen dem ersten Telekommunikationsgerät (BS, MT) und dem zweiten Telekommunikationsendgerät (MT, BS) des Telekommunikati-onssystems
6.4. das Sonderprotokoll abwickeln
6.5. und die Abwicklungs- und Steuerungshoheit besitzen.
III.
Patentanspruch 1 beschreibt somit ein Verfahren zum Abwickeln von Protokol-len zwischen mindestens zwei Telekommunikationsgeräten über eine standar-disierte Luftschnittstelle. Wie der Fachmann Patentanspruch 1 weiter entnimmt, werden dabei nicht nur zur Abwicklung eines Standardprotokolls (DECT, GAP) standardprotokollspezifische Meldungen übertragen. Vielmehr soll mit den Informationselementen der standardspezifischen Meldungen ein Sonderprotokoll (CAP) abgewickelt werden, wobei mit dem Sonderprotokoll (CAP) unter der Abwicklungs- und Steuerungshoheit des ersten Telekommunikationsgerätes zusätzliche Informationen zwischen dem ersten Telekommunikationsgerät und dem zweiten Telekommunikationsgerät ausgetauscht werden. Vorgaben, ob die Basisstation oder das Mobilteil das erste Telekommunikationsgerät sein soll, entnimmt der Fachmann Patentan-spruch 1 nicht. Entscheidend für die Frage, welches der Geräte als erstes Telekommunikationsgerät im Sinne des Klagepatents anzusehen ist, ist demnach allein, welches der Geräte die Abwicklungs- und Steuerhoheit besitzt.
Was das Klagepatent unter dem Begriff „Protokoll“ versteht, erfährt der Fach-mann in Abschnitt [0010]. Danach wird die Kommunikation zwischen zwei be-liebigen Kommunikationsendgeräten durch in einem Standard festgelegte Pro-tokolle geregelt, welche die Regeln zum Austausch zwischen je zwei Kommunikationspartnern auf derselben Ebene des ISO/OSI-Schichtenmodells festschreiben.
Patentanspruch 1 unterscheidet dabei zwischen einem Standardprotokoll und einem Sonderprotokoll, wobei Letzteres mit den Informationselementen der standardprotokollspezifischen Meldungen übertragen wird. Die der Erfindung zugrundeliegende Idee besteht daher darin, in einem drahtlosen Telekommunikationssystem Steuerungsmechanismen eines Standardprotokolls zur Abwicklung eines Sonderprotokolls zu aktivieren, die dem Austausch zusätzlicher Informationen zwischen dem ersten und zweiten Telekommunikationssystem dienen (vgl. Anlage CBH 1, Abschnitt [0029] a. E.). Das Klagepatent geht demnach davon aus, dass ein Protokoll jeweils die Kommunikation von Kommunikationspartnern auf einer Ebene regelt.
Der Begriff „Standardprotokoll“ wird in Abschnitt [0013] dahingehend definiert, dass derartige Standardprotokolle Meldungs- und Informationsformate mit den zu den jeweiligen Informationselementen zugehörigen Standardwerten sowie Prozeduren, die den zeitlichen Ablauf und die logische Abfolge des Meinungsaustauschs festlegen, beinhalten. Eine entsprechende Definition in Bezug auf das Sonderprotokoll findet sich demgegenüber in der Klagepatentbeschreibung nicht. Insoweit findet der Fachmann in Abschnitt [0034] lediglich den Hinweis, dass nach dem dort beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel wesenlicher Inhalt des Sonderprotokolls CAP der Austausch von im DECT-Standard definierten „ESCAPE TO PRORPRIETARY“-Informationselementen mittels DECT/GAP-Meldungen sein soll. Außerdem werden danach durch das CAP-Sonderprotokoll optionale, im GAP-Standard als Option vorgesehene GAP-Elemente als CAP-Elemente übernommen und im GAP-Standard nicht abschließend geregelte Punkte und Prozeduren festgelegt.
Wie der Fachmann der Formulierung der streitgegenständlichen Patentansprüche entnimmt, genügt es für deren Verwirklichung nicht, dass lediglich zusätzliche Informationen ausgetauscht werden. Denn die Klagepatentansprüche unterscheiden bereits nach ihrem Wortlaut zwischen dem Informationsaustausch (Merkmale 4.2. und 4.3. von Patentanspruch 1 und Merkmale 6.2. und 6.3. von Patentanspruch 12) und der Abwicklung eines Sonderprotokolls (Merkmal 4. von Patentanspruch 1 bzw. Merkmal 6. von Patentanspruch 12). Davon ausgehend ist dem Fachmann unter Berücksichtigung der in der Klagepatentbeschreibung zu findenden Definition eines Standardprotokolls klar, dass ein Sonderprotokoll neben bloßen Meldungen und Informationen auch Prozeduren, die den zeitlichen Ablauf und die logische Abfolge des Meinungsaustauschs festlegen, beinhalten muss. Bei der reinen Übermittlung von Informationen handelt es sich im Umkehrschluss demgegenüber um kein Sonderprotokoll im Sinne des Klagepatents.
Dem Fachmann ist vor dem Hintergrund des in Abschnitt [0029] der Klagepa-tentbeschreibung geschilderten Kerns der Erfindung weiterhin bewusst, dass allein die Zugehörigkeit eines Elementes zu einem Standardprotokoll nicht zwingend dazu führt, dass dieses im Einzelfall nicht zugleich auch Bestandteil eines Sonderprotokolls im Sinne des Klagepatents sein kann. Vielmehr grenzt das Klagepatent ein Sonderprotokoll von einem Standardprotokoll dadurch ab, dass das Sonderprotokoll in einem Informationselement standardprotokollspe-zifischer Meldungen übertragen wird.
Der durch die Klägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 12 unter-scheidet sich von Patentanspruch 1 in den entscheidenden Merkmalen nicht, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
IV.
Dies vorausgeschickt lässt der Vortrag der Klägerin die tatrichterliche Feststel-lung nicht zu, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen. Denn der Vortrag der Klägerin lässt nicht hinreichend erkennen, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen tatsächlich mit den Informationselementen der standardprotokollspezifischen Meldungen ein Sonderprotokoll (CAP) abgewickelt wird (Merkmal 4. von Patentanspruch 1 bzw. Merkmal 6. von Patentanspruch 12).
1.
Soweit die Klägerin insbesondere in der Klageschrift zur Begründung einer Verletzung des Klagepatents angeführt hat, bei den angegriffenen Ausfüh-rungsformen werde der proprietäre Teil der Informationselemente ETP genutzt, um das PNCAP-Protokoll der Klägerin zu verwirklichen, ist sie auf diesen Vor-trag, nachdem die Beklagten darauf hingewiesen hatten, dass bei den ange-griffenen Ausführungsformen die von der Klägerin als „zusätzliche Informatio-nen“ im Sinne des Klagepatents angesehenen Inhalte nicht mittels ETP-Infor-mationselementen, sondern mit den Informationselementen „Multi-Display“ und „Multi-Keypad“ übertragen werden, nicht mehr zurückgekommen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.
2.
Auch der weitere Vortrag der Klägerin, nach welchem die ETP-Informations-elemente insbesondere als Einstieg in ein PNCAP-Sonderprotokoll verwendet werden, lässt die Feststellung nicht zu, dass bei den angegriffenen Ausfüh-rungsformen tatsächlich ein Sonderprotokoll im Sinne des Klagepatents abge-wickelt wird.
a)
Die Klägerin beruft sich insoweit darauf, bei den angegriffenen Ausführungs-formen würden die im Standard bereitgestellten „Multi-Display“-Informations-elemente mit der Identifikation „28“ im Sinne der Erfindung dazu genutzt, zu-sätzliche Daten zu übertragen, die dann im Mobilteil proprietär und nicht stan-dardgemäß ausgewertet würden. Dies seien insbesondere hexadezimale Zah-len, die oberhalb der Buchstaben-Zahlenkombination „7F“ liegen, also nicht im vorbelegten Zeichensatz definiert seien. Über die Abwicklung eines Sonder-protokolls würden die frei konfigurierbaren Bytewerte umfunktioniert, und zwar ganz weg von der im Standard vorgesehenen Multi-Display-Funktion. Rein äu-ßerlich betrachtet handele es sich bei einem solchen Multi-Display-Informationselement somit nach wie vor um eine DECT-Meldung. Ein rein nach dem DECT-Standard arbeitendes Mobilteil könne diese Meldungen jedoch nicht sinnvoll interpretieren. Das Multi-Display-Informationselement „28…(9C)…0E“ sei ein Beispiel dafür, wie ein solches Multi-Display-Informationselement mit zusätzlichen Informationen bestückt werde, die dann genutzt würden, um Inhalte im Mobilteildisplay zu formatieren. Solche Formatierungsanweisungen seien im DECT-Standard-Zeichensatz nicht enthalten (9C liege über 7F). Tatsächlich handele es sich um in die Multi-Display-Funktion eingekleidete Steuerbefehle.
Vergleichbares gelte für das „Keypad Protocol“, das streng von „Key Codes“ zu unterscheiden sei. Während die „Key Codes“ bloße Tastendrücke seien, seien „Keypad-Codes“ nicht im DECT-Standard, sondern in den betreffenden Fest-netz-Spezifikationen definiert. Das Keypad-Protocol betreffe nur die bloße netzbezogene Übertragung von „Keypad Codes“, also Zifferntasten und Kombinationen des Tastenfeldes in Richtung vom Benutzer zum Netz.
b)
Dies genügt jedoch nicht, um die Abwicklung eines Sonderprotokolls im Sinne des Klagepatents zu begründen. Anhand des Vortrages der Klägerin lässt sich nicht feststellen, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen tatsächlich nicht lediglich Informationen zwischen der Basisstation und dem Mobilteil aus-getauscht werden, sondern tatsächlich ein auch den zeitlichen Ablauf und die logische Folge festlegende Prozeduren enthaltendes Sonderprotokoll abgewi-ckelt wird.
Denn der Standard bietet die Möglichkeit, nicht nur Standardinformationen zu übertragen, sondern auch zusätzliche, über die Standardinformationen hinausgehende Informationen.
Nach Abschnitt D.2.1. des Annex D. des Standard ETSI EN 300 175-5 unter-scheidet der Standard zwischen den ersten 128 Zeichen, welche die Standard IA5 Zeichen nutzen, und sog. „extended codes“. Nachdem sich in Abschnitt D.2.2. konkrete Steuerbefehle finden, verweist der Standard sodann in Ab-schnitt D.2.3. für die „standard codes“ auf die „ITU-T Recommandation T.50“, welche die Beklagten als Anlage B 13 zur Akte gereicht haben.
In der dort auf Seite 7 zu findenden Tabelle wird eine Vielzahl von Darstel-lungsattributen definiert. Dazu zählen nicht nur die lateinischen Groß- und Kleinbuchstaben, jeweils von A-Z, sowie einige Sonderzeichen, sondern insbesondere auch die grafische Anweisung „Unterstreichung“ (vgl. rechte Spalte, Zahlencode 5/15). Findet sich ein bestimmtes Zeichen oder eine bestimmte Darstellungsart dort nicht, dann bietet der Standard selbst in Abschnitt D.2.4. mit den „extended codes“ eine Möglichkeit, diese gleichwohl darzustellen.
Vergleichbares gilt, wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, ohne dass die Klägerin dem hinreichend entgegen getreten wäre, auch für „Keypad“-Anweisungen. Auch dort findet nach dem Beklagtenvortrag Annex D Anwendung und es werden Anweisungen, die nicht direkt im Standard geregelt sind, über „extended codes“ dargestellt.
c)
Vor diesem Hintergrund genügt es nicht, dass sich die Klägerin im Wesentli-chen darauf beruft, im Standard könnten nur Zeichen, aber keine Formatierung übertragen werden. Ebenso reicht es nicht, darauf zu verweisen, standardgemäß seien bestimmte Zeichen oder Codierungen vordefiniert, sobald eigene Zeichen mit eigener Bedeutung bestimmt würden, werde ein Sonderprotokoll übermittelt.
Denn für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents genügt es nicht, dass bestimmte Informationen unter Ausnutzung der Regeln und Prozeduren des Standards übermittelt werden. Vielmehr ist es zwingend erforderlich, dass dies unter Abwicklung eines Sonderprotokolls erfolgt. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn die entsprechenden Informationen lediglich über bestimmte, im Standard vorgesehene Prozeduren, wie etwa die „extended codes“, übermittelt werden.
Dass dies bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht der Fall ist, sondern dass dort tatsächlich ein Sonderprotokoll im Sinne des Klagepatents abgewickelt wird, lässt sich anhand des klägerischen Vortrages nicht feststellen.
So trägt die Klägerin beispielsweise in Bezug auf die als Anlagen CBH 5 und CBH 6 vorgelegten Protokollmitschnitte vor, die Meldung „1C 05 0C 10 0F 0B 01“ (Anlage CBH 5, Zeitstempel 01000135 bis 01000141) in Kombination mit der zuvor übermittelten ETP-Meldung (Zeitstempel 01000129) und dem der Klägerin zugeteilten und vorbehaltenen EMC-Wert stelle ein zentrales Element des Sonderprotokolls dar. Die Übermittlung der Sondermeldung führe dazu, dass das Mobilteil die Auswertung der Tastendrücke der Tasten MWI (Nachrichten-Taste) und PTT (push-to-talk = Abheben), der Navigationstasten und der Softkeys dauerhaft, d. h. für die Dauer der Verbindung, einstelle und die Bewertungshoheit an die Basisstation abgebe. Die Meldung „01 01 01“ (Zeitstempel 01000203 bis 01000209) in Kombination mit der zuvor übermittelten Meldung führe dazu, dass das Mobilteil zusätzlich die Hoheit über den Inhalt des darzustellenden Displays an die Basisstation abgebe. Die Meldung „32 01 0E“ (Zeitstempel 01000225 bis 01000231) in Kombination mit der zuvor übermittelten Nachricht führe dazu, dass das Mobilteil zusätzlich die Auswertung der Tastendrücke der „on-hook“-Taste (Auflegen) einstelle und die Bewertungshoheit an die Basisstation abgebe. Das Sonderprotokoll werde im Sinne des Patentanspruchs „abgewickelt“, indem das Mobilteil nachfolgend auf die Auswertung bestimmter Tastendrücke verzichte, die Tastendrücke der Basisstation mitteile und gleichzeitig ohne eigenes „Nachdenken“ Informationen seitens der Basisstation mithilfe der Meldung „01 01 01“ und den modifizierten PNCAP Multi-Display-Meldungen (Zeitstempel 0100269 ff., 01000275 ff…, 01000305 ff., 01000329 ff., 01000357 ff. und 01000425 ff.) entgegennehme, wie das Display aufgebaut und konfiguriert sei. Durch die Meldung „7B06810002“ in Kombination mit „1C 05 0C 10 0F 0B 01“, „01 01 01“, den modifizierten PNCAP Multi-Display Meldungen „28…(9C)…91…“ und „32 01 0E“ (Zeitstempel 01000129 ff.) verliere das Mobilteil in einem definierten Umfang sowohl den Einfluss über das, was auf dem Display angezeigt werde, als auch die Kontrolle, was mit bestimmten Tastendrücken für Funktionen ausgelöst würden.
Insoweit hat die Beklagte erwidert, die Mitteilung von Tastendrücken sei eine Prozedur, die das DECT-Standardprotokoll der Ebene 3 explizit vorsehe, wofür das sog. „Keypad Protocol“ bereitgestellt werde (vgl. Anlage B 5, S. 180). Das „Keypad Protocol“ basiere auf seitens des Mobilteils übermittelten „Keypad“-Informationselementen, bei deren Übersendung die Tastendrücke vom Mobilteil der Basisstation mitgeteilt würden. In der Folge sende die Basisstation mit Displayinformationselementen entsprechende Informationen, die vom Mobilteil auf dem Display angezeigt würden. Zwar enthalte das Protokoll keine Codes für einzelne Tastendrücke und auch keine Vorgabe zu einzelnen Displayzeichen. Gleichwohl würden lediglich Meldungen, Informationselemente und Prozeduren des DECT-Standards genutzt.
Da der DECT-Standard, wie die Beklagten insbesondere in der mündlichen Verhandlung betont haben, neben den Standardinformationen auch die Mög-lichkeit bietet, über frei definierbare „extended codes“ weitere Informationen zu übermitteln, lässt der Vortrag der Klägerin vor diesem Hintergrund die Feststel-lung nicht zu, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht nur zusätzliche Informationen übermittelt, sondern darüber hinaus auch ein Sonderprotokoll abgewickelt wird.
Vergleichbares gilt für die Übrigen, durch die Klägerin vorgelegten Protokollmitschnitte, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
3.
Soweit die Klägerin zur Begründung einer Verletzung des Klagepatents schließlich auf die Übermittlung eines der Klägerin zugeteilten und vorbehaltenen EMC-Wertes verweist, vermag dies eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents ebenfalls nicht zu begründen. Denn wie die Klägerin selbst einräumt, handelt es sich bei dem EMC-Wert um einen zwingenden Bestandteil eines ETP-Informationselementes und damit um ein Element des Standards (vgl. Anlage B 6, S. 31 „The EMC […] code consists of 16 bits […]). Auch wenn der konkrete, einem bestimmten Hersteller zugeordnete EMC-Wert erst durch ETSI zugeteilt wird, handelt es sich damit nicht um ein abzuwickelndes Sonderprotokoll im Sinne des Klagepatents.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß §§ 709 S. 1 und 2, 108 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 3.000.000,- EUR festgesetzt.