4a O 147/11 – Saugreinigungsgerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2078

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. April 2013, Az. 4a O 147/11

Rechtsmittelinstanz: 2 U 22/13

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

ein Saugreinigungsgerät mit einem Schmutzsammelbehälter, der einen Saugeinlass aufweist und über mindestens ein Filter und zumindest eine Saugleitung mit mindestens einem Saugaggregat in Strömungsverbindung steht, und mit zumindest einem stromabwärts des mindestens einen Filters in die Saugleitung einmündenden Fremdlufteinlass, der mittels zumindest einem Schließventil verschließbar ist, wobei das mindestens eine Schließventil einen bewegbaren Ventilkörper aufweist, der in einer Schließstellung unter Ausbildung von einer oder mehreren Dichtungslinien an mindestens einem Ventilsitz anliegt, wobei die mindestens eine Dichtungslinie eine Fläche begrenzt, die in der Schließstellung des Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt ist,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wenn das Quadrat der Gesamtlänge aller Dichtungslinien mindestens das 25-fache der Gesamtgröße aller von den Dichtungslinien begrenzten, mit Differenzdruck beaufschlagten Flächen beträgt;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 13.04.2011 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und andere Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.01.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten,
-preisen und Typenbezeichnungen sowie die Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) die einzelnen Angebote aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten,
-preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgen, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns seit dem 13.05.2011,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

4. die vorstehend zu Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 13.04.2011 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

5. die (auch infolge des Rückrufs) in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt,

1. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 26.01.2008 bis zum 12.05.2011 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 13.05.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- EUR für die Anträge zu Ziffer I.2. und I.3 sowie im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 900.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin ist alleinige und ausschließliche verfügungsberechtigte Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 1 868 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent) betreffend ein Saugreinigungsgerät. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Gegenstände, Rückruf und Feststellung ihrer Verpflichtung zur Entschädigung und zum Schadenersatz dem Grunde nach in Anspruch. Gleiche Ansprüche macht die Klägerin als alleinige und ausschließlich Verfügungsbefugte gegenüber der Beklagten aus dem ihr zustehenden deutschen Gebrauchsmuster 20 2006 020 XXX.4 geltend (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster).

Das Klagepatent wurde am 26.01.2006 angemeldet und nimmt eine deutsche Priorität vom 11.04.2005 in Anspruch. Die Anmeldung wurde am 26.12.2007 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 13.04.2011 bekannt gemacht. Das Klagepatent steht in Kraft. Die Beklagte legte hiergegen mit Schriftsatz vom 19.04.2011 Einspruch beim Europäischen Patentamt ein.

Das Klagegebrauchsmuster nimmt die gleiche Priorität in Anspruch und wurde aus der europäischen Patentanmeldung 06 70 XXXX.2 abgezweigt und auch am 26.01.2006 angemeldet. Es wurde am 03.11.2011 eingetragen und die Eintragung am 07.04.2011 veröffentlicht. Ein Löschungsverfahren, eingeleitet durch die Beklagte am 04.03.2011, ist anhängig. Die Klageschutzrechte sind im Wesentlichen inhaltsgleich.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit relevante Anspruch 1 des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:

Saugreinigungsgerät mit einem Schmutzsammelbehälter (12), der einen „Saugeinlass aufweist und über mindestens ein Filter (24) und zumindest eine Saugleitung mit mindestens einem Saugaggregat in Strömungsverbindung steht, und mit zumindest einem stromabwärts des mindestens einen Filters in die Saugleitung einmündenden Fremdlufteinlass (80), der mittels zumindest einem Schließventil (30) verschließbar ist, wobei das mindestens eine Schließventil (30) einen bewegbaren Ventilkörper aufweist, der in einer Schließstellung unter Ausbildung von einer oder mehreren Dichtungslinien (66, 67, 68) an mindestens einem Ventilsitz anliegt, wobei die mindestens eine Dichtungslinie eine Fläche begrenzt, die in der Schließstellung des Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Quadrat der Gesamtlänge aller Dichtungslinien mindestens das 25- fache der Gesamtgröße aller von den Dichtungslinien begrenzten, mit Differenzdruck beaufschlagten Flächen beträgt.“

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine verkleinert wiedergegebene schematische Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Saugreinigungsgeräts.

Figur 2 zeigt eine vergrößerte Schnittansicht des Saugreinigungsgeräts aus Figur 1 im Bereich eines Schließventils.

Die Figuren 5 und 6 zeigen eine Schnittansicht eines Ventilkörpers des Schließventils und eine schaubildliche Darstellung des Ventilkörpers aus Figur 5.

Die Beklagte stellte her und vertrieb jedenfalls bis Anfang 2011 unter der Bezeichnung „Absaugmobile A B“ ein Saugreinigungsgerät (angegriffene Ausführungsform). Das Saugreinigungsgerät wurde von der Beklagten in vier Varianten mit den Typenbezeichnungen C XX E, D XX E AC, C 36 E AC und D 36 E AC auf ihrer Internetseite www.E.de beworben. Nachfolgend sind verkleinert die Fotografien Nr. 1, 5, 6 und 7 wiedergegeben, die den Typ C 36 E AC abbilden und die der klägerischen Anlage K 6 entnommen wurden. Die Klägerin fügte den Fotografien Beschriftungen hinzu.

Das Landgericht Frankfurt a. M. wies mit Urteil vom 20.04.2011 den klägerischen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, auf Unterlassung gerichtet gegen die hier angegriffene Ausführungsform, mit der Begründung zurück, dass der Rechtsbestand der Klageschutzrechte nicht hinreichend gesichert sei. Die Entgegenhaltung DE 2 102 231 sei neuheitsschädlich.

Am 07.06.2011 kam es zwischen den Parteien zu einer Besprechung. Im Anschluss hieran übermittelten die patentanwaltlichen Vertreter der Beklagten mit Schreiben vom 15.08.2011 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. Danach verpflichtet sich u.a. die Beklagte, es zu unterlassen, Saureinigungsgeräte nach dem jeweiligen Schutzanspruch 1 der Klageschutzrechte in Kombination mit mehreren Unteransprüchen herzustellen und zu vertreiben. Wegen des genauen Inhalts der Unterlassungserklärung wird auf die Anlage K 14 Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster. Unstreitig sei die angegriffene Ausführungsform ein Saugreinigungsgerät, welches aus einem Unter- und Oberteil bestehe. Foto Nr. 7 zeige zwei konzentrisch angeordnete ringförmige Öffnungen in der oberen Wand der Saugleitung. Durch diese Öffnungen sei der darunterliegende weiße Filter sichtbar. Diese Öffnungen seien die Fremdlufteinlässe. Die sichtbaren Fremdlufteinlässe könnten bei der angegriffenen Ausführungsform mittels eines Schließventils verschlossen werden. Das Schließventil bestehe aus einem Ventilkörper und einem Ventilsitz. Die Abdeckringe deckten die Fremdlufteinlässe ab, wenn der Ventilkörper auf dem Ventilsitz anliege. Der Ventilkörper werde gegen den Unterdruck durch kurzzeitiges Bestromen des Elektromagneten geöffnet. Würden die ringförmigen Öffnungen (Fremdlufteinlässe) durch den Ventilkörper gebildet, so bilde sich eine Druckdifferenz aus. Unterhalb der Flächen, die durch die Fremdlufteinlässe gebildet würden (dort, wo sich der Schmutzsammelbehälter, Filter und Saugleitung befänden), liege ein Unterdruck an, oberhalb der Atmosphärendruck der Umgebungsluft. Die diese Flächen begrenzenden Linien stellten in Schließstellung Dichtungslinien im Sinne der Klageschutzrechte dar.

Die Klägerin ist ferner der Auffassung, die von der Beklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung lasse die Wiederholungsgefahr für den vorliegend geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entfallen, da sie sich ganz auf die im Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt a. M. konkret angegriffene Ausführungsform beschränke. Die Unterlassungserklärung sei auf die in der Erklärung angegebene Kombination von Schutzansprüchen beschränkt. Die Klägerin bestreitet mit Nichtwissen, dass die Beklagte seit dem 01.05.2011 keine Verletzungshandlungen mehr vorgenommen hat.

Die Klägerin beantragt unter teilweiser Klagerücknahme,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch gegen das Klagepatent sowie des Löschungsverfahrens gegen das Klagegebrauchsmuster auszusetzen.

Diesen Aussetzungsanträgen ist die Klägerin entgegen getreten.

Die Beklagte trägt vor, eine Verwirklichung der technischen Lehre der Klageschutzrechte liege nicht vor. Die angegriffene Ausführungsform verfüge nicht über ein Schließventil, sondern über ein „Öffnungsventil“. Nach dem Verständnis des Fachmanns sei ein Schließventil im Sinne der Klageschutzrechte ein Ventil, das in Ruhestellung geöffnet und in der Arbeitsphase geschlossen werde. Ein „Öffnungsventil“, wie bei der angegriffenen Ausführungsform, sei ein solches, welches in der Ruhephase geschlossen sei und in der Arbeitsphase geöffnet werde. Bei der angegriffenen Ausführungsform begrenzten die Dichtungslinien nicht die Fläche, die in der Schließstellung des Schließventils mit dem Differenzdruck beaufschlagt sei. Der Differenzdruck liege über die gesamte Ventilfläche, also beidseitig der Dichtungslinien an.

Im Übrigen sei die technische Lehre der Klageschutzrechte nicht neu und erfinderisch. Insbesondere die Entgegenhaltungen der Anlagen K 10-D 3, D 4, D 5, D 11 und der Anlage LSG 1-D 14 seien jeweils für sich genommen neuheitsschädlich.

Ab dem 01.05.2011 habe die Beklagte auf eine vorliegend nicht angegriffene Umgehungslösung umgestellt, so dass ab diesem Zeitpunkt überhaupt kein Auskunftsanspruch bestehe.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlage sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht dem Grunde nach aus Art.64 Abs.1 EPÜ, §§ 9, 139 Abs.1, 2, 140a Abs.1, 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB, Art.II § 1 Abs.1 IntPatÜbkG zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist nicht veranlasst.

Die zuletzt geltend gemachten Ansprüche der Klägerin ergeben sich bereits allein aus dem Klagepatent, so dass sich Ausführungen zum inhaltsgleichen Klagegebrauchsmuster erübrigen.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Saugreinigungsgerät. Das Saugreinigungsgerät weist nach der Patentschrift einen Schmutzsammelbehälter auf, der über einen Saugeinlass verfügt und über mindestens einen Filter und zumindest eine Saugleitung mit mindestens einem Saugaggregat in Strömungsverbindung steht. Das Saugreinigungsgerät ist mit zumindest einem stromabwärts des mindestens einen Filters in die mindestens eine Saugleitung einmündenden Fremdlufteinlass ausgestattet, der mittels zumindest eines Schließventils verschließbar ist. Das mindestens eine Schließventil weist einen bewegbaren Ventilkörper auf, der in einer Schließstellung unter Ausbildung von einer oder mehreren Dichtungslinien an mindestens einem Ventilsitz anliegt, wobei die mindestens eine Dichtungslinie eine Fläche begrenzt, die in der Schließstellung des Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt ist.

Derartige Saugreinigungsgeräte können – so die Patentschrift – beispielsweise als Staubsauger oder auch als Kehrsauggerät ausgestaltet sein. Sie weisen einen Schmutzsammelbehälter auf, der von einem oder mehreren Saugaggregaten mit Unterdruck beaufschlagt werden kann, sodass sich eine Saugströmung ausbildet, unter deren Einfluss Schmutz in den Schmutzsammelbehälter eingesaugt werden kann. Der Schmutzsammelbehälter steht über mindestens einen Filter und zumindest eine sich daran anschließende Saugleitung mit dem Saugaggregat in Strömungsverbindung. Der mindestens eine Filter ermöglicht es, Feststoffe, also beispielsweise Schmutzteilchen, aus der Saugströmung abzuscheiden. Im Laufe des Betriebes des Saugreinigungsgerätes sammeln sich immer mehr Feststoffe am Filter an, so dass der Filter einen zunehmenden Strömungswiderstand darstellt und deshalb abgereinigt werden muss. Hierzu kann der mindestens eine Filter entgegen der sich im Saugbetrieb ausbildenden Strömungsrichtung mit Fremdluft beaufschlagt werden, die stromabwärts des Filters über den Fremdlufteinlass in die Saugleitung einströmen kann. Als Fremdluft kann beispielsweise Umgebungsluft zum Einsatz kommen oder auch vom Saugreinigungsgerät unter Druck gesetzte oder in einem Vorratsbehälter unter Druck bevorratete Druckluft. Während des Saugbetriebes ist der Fremdlufteinlass von dem mindestens einen Schließventil dicht verschlossen, das zur Filterabreinigung geöffnet wird. Das mindestens eine Schließventil weist einen bewegbaren Ventilkörper auf, der sich während des Saugbetriebes dicht an zumindest einen zugeordneten Ventilsitz anlegt, wobei sich zwischen dem Ventilsitz und dem Ventilkörper zumindest eine Dichtungslinie ausbildet, entlang derer der Fremdlufteinlass dicht verschlossen wird. Die mindestens eine Dichtungslinie begrenzt eine Fläche, die in der Schließstellung des mindestens einen Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt wird.

Derartige Saugreinigungsgeräte sind der Klagepatentschrift zufolge beispielsweise aus der DE 298 23 411 bekannt. In dieser wird vorgeschlagen, zur Filterabreinigung den Saugeinlass zu verschließen, so dass sich innerhalb des Schmutzsammelbehälters ein starker Unterdruck ausbildet. Anschließend soll dann ein Schließventil geöffnet und dadurch ein Filter abgereinigt werden. Es kann dadurch eine wirkungsvolle Abreinigung erzielt werden, allerdings muss hierzu der Saugbetrieb vollständig unterbrochen werden. Um diesem Nachteil entgegenzuwirken, wird in der DE 199 49 095 vorgeschlagen, jeweils nur einen Teilbereich des Filters abzureinigen, sodass über einen anderen Teilbereich der Saugbetrieb aufrechterhalten werden kann. Die Zuführung von Fremdluft jeweils nur an einen Teilbereich des Filters erfordert aber eine konstruktiv aufwendige Mechanik für das Schließventil.

Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe (technische Problem), ein Saugreinigungsgerät vorzusehen, bei welchem das mindestens eine Schließventil konstruktiv einfach ausgestaltet ist und bei dem zumindest der eine Filter innerhalb kurzer Zeit vollständig abgereinigt werden kann.

Dies soll durch den Klagepatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Saugreinigungsgerät
2. mit einem Schmutzsammelbehälter, der einen Saugeinlass aufweist und
3. über mindestens ein Filter und
4. zumindest eine Saugleitung mit mindestens einem Saugaggregat in Strömungsverbindung steht, und
5. mit zumindest einem stromabwärts des mindestens einen Filters in die Saugleitung einmündenden Fremdlufteinlass,
6. der mittels zumindest einem Schließventil verschließbar ist,
7. wobei das mindestens eine Schließventil einen bewegbaren Ventilkörper aufweist,
8. der (Ventilkörper) in einer Schließstellung unter Ausbildung von einer oder mehreren Dichtungslinien an mindestens einem Ventilsitz anliegt,
9. wobei die mindestens eine Dichtungslinie eine Fläche begrenzt, die in der Schließstellung des Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
10. das Quadrat der Gesamtlänge aller Dichtungslinien mindestens das 25-fache der Gesamtgröße aller von den Dichtungslinien begrenzten, mit Differenzdruck beaufschlagten Flächen beträgt.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht – auch soweit die Merkmale 6 und 9 zwischen den Parteien im Streit sind – von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

1.
Unstreitig verfügt die angegriffene Ausführungsform über ein Ventil, welches im Ruhezustand geschlossen und in der Arbeitsphase von einem Elektromagnet nach oben gezogen wird, um das Ventil zu öffnen. Dies sei, so die Beklagte ein „Öffnungsventil“ und kein Schließventil. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, von der technischen Lehre des Klagepatents sei ein „Öffnungsventil“ nicht erfasst, überzeugt dies nicht.

Merkmal 6 verlangt von seinem Wortlaut her ein Schließventil. Eine Definition eines Schließventils sieht weder der Anspruchswortlaut noch die Patentschrift vor. Dem Wortverständnis des Begriffs „Schließventil“ nach wird zunächst auf die Schließfunktion des Ventils hingewiesen. Dieses Verständnis gewinnt der Fachmann, weil das Ventil in Zusammenschau mit Merkmal 5 den Fremdlufteinlass verschließen soll. Welche konstruktiven Anforderungen das Klagepatent an ein Schließventil stellt, kann der Fachmann unmittelbar den Merkmalen 7 und 8 entnehmen. Das Schließventil weist als Mindestvoraussetzung einen bewegbaren Ventilkörper auf, wobei der Ventilkörper in einer Schließstellung unter Ausbildung von einer oder mehreren Dichtungslinien an mindestens einem Ventilsitz anliegt. Weiteres ist dem Wortlaut des Klagepatents nicht zu entnehmen. Er gibt nicht vor, dass das Schließventil in der Ruhestellung geöffnet ist und in der Arbeitsphase geschlossen wird.

Die den Wortlaut einschränkende Auffassung der Beklagten hat keinen Niederschlag im Patentanspruch gefunden. Soweit sich die Patentbeschreibung in Abschnitt [0031 a.E.] über die Bewegung des Ventilkörpers verhält und dort ausgeführt wird, dass die Bewegung des Ventilkörpers von seiner Schließstellung in die Offenstellung übergeht, kann dem eine Beschränkung des allgemein gefassten Anspruchswortlauts nicht entnommen werden. Bei der gebotenen funktionalen Auslegung ist dem Fachmann klar, dass der Bewegungsvorgang des Ventils dazu dient, den Fremdlufteinlass zu regulieren. Durch den Fremdlufteinlass wird eine Fremdluftströmung bereitgestellt, die den Filter in Gegenstromrichtung zur Saugströmung durchströmt, damit die Abreinigung des Filters erreicht wird. Diese Abreinigungsfunktion wird unabhängig davon erzielt, ob das Ventil in der Ruhestellung geöffnet ist oder nicht. Entscheidend für die Abreinigungsfunktion ist die Gegenströmung, die durch den Filter geführt wird. Vor diesem Hintergrund besteht für den Fachmann keinerlei Anlass, den im Patentanspruch verwendeten Begriff des „Schließventils“ dem Begriff „Öffnungsventil“ gegenüber zu stellen.

Die angegriffene Ausführungsform verfügt über ein Schließventil im Sinne des Klagepatents. Ein solches ist auf den Fotografien Nr. 6 und 7 abgebildet. Dass das Ventil bei der angegriffenen Ausführungsform in der Ruhephase geschlossen und in der Arbeitsphase geschlossen ist, ist für die Verwirklichung von Merkmal 6 unerheblich.

2.
Merkmal 9 ist ebenfalls verwirklicht. Die Beklagte begründet ihre abweichende Auffassung damit, bei der angegriffenen Ausführungsform begrenzten die Dichtungslinien nicht die Fläche, die in der Schließstellung des Schließventils mit dem Differenzdruck beaufschlagt würden. Vielmehr liege der Differenzdruck über die gesamte Ventilfläche, also beidseitig der Dichtungslinien an und nicht nur im Bereich der von den Dichtungslinien eingegrenzten Teilflächen. Dem kann nicht beigetreten werden.

Merkmal 9 verlangt eine Dichtungslinie, die eine Fläche begrenzt, die in der Schließstellung des Schließventils mit einem Differenzdruck beaufschlagt wird. Der Fachmann versteht den Begriff „eine Fläche“ nicht dahingehend, dass jede Fläche, die von einer Dichtungslinie begrenzt wird, mit einem Differenzdruck beaufschlagt werden muss. Dem Anspruchswortlaut ist auch nicht zu entnehmen, dass neben der durch Dichtungslinien begrenzten Fläche keine weitere Fläche mit einem Differenzdruck beaufschlagt werden darf. Die Patentschrift als ihr eigenes Lexikon definiert in Abschnitt [0007] die von mindestens einer Dichtungslinie begrenzte Fläche:

„… Unter der von der mindestens einen Dichtungslinie begrenzten Fläche wird diejenige Fläche bezeichnet, die in der Schließstellung des Schließventils mit der sich über das Schließventil ausbildenden Druckdifferenz beaufschlagt wird.“

Diese Definition schließt weitere Flächen, die mit Differenzdruck beaufschlagt werden können, nicht aus. Unstreitig weist die Patentbeschreibung an verschiedenen Stellen Abschnitte (0011) und (0043) darauf hin, dass es mehrere Dichtungslinien geben kann, mithin mehrere Flächen, die mit Differenzdruck beaufschlagt werden. Liegen diese Flächen nebeneinander, so müsste nach dem Verständnis der Beklagten, der Differenzdruck gezielt auf Teilflächen beschränkt sein, während danebenliegende Flächen nicht mit Differenzdruck beaufschlagt werden dürften. Eine solche differenzierte Betrachtung lässt sich der Definition nicht entnehmen.

Ein dahingehendes Verständnis, dass auch weitere Flächen mit Differenzdruck beaufschlagt werden können, wird durch die erforderliche funktionsorientierte Auslegung des Klagepatentanspruchs gestützt. Nach Merkmal 10 soll das Quadrat der Gesamtlänge aller Dichtungslinien mindestens das 25-fache der Gesamtgröße der von den Dichtungslinien begrenzten und mit Differenzdruck beaufschlagten Fläche betragen. Technischer Zweck dieser Maßnahme ist es, eine möglichst lange Dichtungslinie bei einer möglichst gering gewählten mit dem Differenzdruck beaufschlagten Fläche bereitzustellen. Durch das bestimmte, in Merkmal 10 vorgegebene Verhältnis von Länge der mindestens einen Dichtungslinie und der mit Differenzdruck beaufschlagten Fläche kann beim Abheben des Ventilkörpers vom Ventilsitz innerhalb sehr kurzer Zeit eine starke, schlagartig einsetzende Fremdluftströmung bereitgestellt und dadurch der Filter abgereinigt werden. Da die beaufschlagte Fläche die Kraft bestimmt, mit der das Schließventil in seiner Schließstellung beaufschlagt wird, kann durch Bereitstellung einer möglichst kleinen Fläche die mechanische Belastung des Schließventils reduziert werden vgl. Abschnitt (0007). Dass daneben noch an weiteren Flächen ein Unterdruck anliegen kann, wie z. B. an den dargestellten Randbereich der Ventilhalterung 32 außerhalb des Ventiltellers 34 (Figuren 4 und 5 der Patentbeschreibung), schließt das Klagepatent nicht aus. Auch in einem solchen Fall werden die erfindungsgemäßen Vorteile erzielt.

Die angegriffene Ausführungsform macht bei dem zuvor ausgeführten Verständnis von Merkmal 9 von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. In den Abschnitten ([0011), (0016) und (0017]) der Klagepatentschrift wird aufgeführt, dass vorzugsweise die Dichtungsstrecken ineinanderliegende Dichtungsringe ausbilden, die konzentrisch zueinander angeordnet werden können. Weiter heißt es in der Patentbeschreibung, es sei vorteilhaft, wenn der Ventilteller zumindest eine, vorzugsweise ringförmige Durchlassöffnung aufweist, die in Schließstellung des Ventiltellers von einer oder mehreren Dichtungselementen begrenzt wird. Ausweislich der Fotografien 6, 7 und 9 sind die ringförmig ausgestalteten Fremdlufteinlässe im Ventilsitz zu erkennen. Ist der Ventilsitz durch den Ventilkörper geschlossen, so bilden sich Dichtungslinien aus, die mit Differenzdruck beaufschlagt sind. Entsprechend der Fotografie Nr.6 verlaufen die Dichtungslinien an den Rändern der Abdeckringe des Ventilkörpers, die die Fremdlufteinlässe in Schließstellung dicht schließen.

III.
Da die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, stehen der Klägerin nachfolgende Ansprüche zu.

1.
Die Beklagte ist der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ, §§ 139 Abs.1, 9 PatG im tenorierten Umfang zur Unterlassung ihrer Angebots- und Vertriebshandlungen verpflichtet, da sie zu einer Nutzung des Klagepatents nicht berechtigt gewesen ist. Die von der Beklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 15.11.2011 lässt die Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entfallen.

a)
Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung kann die Wiederholungsgefahr nur dann ausräumen kann, wenn sie nach Inhalt und Umfang dem Urteilstenor entspricht, der im kontradiktorischen Gerichtsverfahren zu erlassen wäre (vgl. BGH, GRUR 1996, 290, 291 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I; BGH, GRUR, 1997, 379 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II), so dass Formulierungen, die nicht am Anspruchswortlaut des verletzten Patents orientiert sind, ungeeignet sind. Die durch eine Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr besteht nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern erstreckt sich auch auf die Begehung zwar leicht abgewandelter, aber in ihrem Kern gleichartiger Verletzungshandlungen (BGH, GRUR 2010, 749, 753 – Erinnerungswerbung im Internet), d. h. auf alle Handlungen, die gleichfalls das Charakteristische der Verletzungshandlung aufweisen (BGH, GRUR 1996, 290, 291 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I; BGH, GRUR 1997, 379, 380 – Wegfall der Wiederholungsgefahr II). Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung, die eine konkrete Verletzungsform zum Gegenstand hat, erfüllt im Regelfall diese Voraussetzung (BGH, GRUR 1998, 483, 485 – Der Media-Markt packt aus).

b)
aa)
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die bildliche Wiedergabe von Teilen der angegriffenen Ausführungsform mit dem einleitenden Satz „wenn dies in der Weise geschieht“ für den Wegfall der Wiederholungsgefahr unschädlich. Damit wird die Verletzungsform konkretisiert; es schließt aber kerngleiche Verletzungsformen nicht aus. Ein dahingehender Erklärungswille der Beklagten, kerngleiche Verletzungsformen in die Unterlassungserklärung nicht mit einzubeziehen, kann auch nicht aus den Umständen des Falles entnommen werden, da sich die Unterlassungserklärung über kerngleiche Verletzungsformen nicht verhält.

bb)
Allerdings räumt die von der Beklagten abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 15.08.2011 die Wiederholungsgefahr für den Unterlassungsanspruch nicht aus. Denn die Beklagte hat ihre strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht allein in Bezug auf den Klagepatentanspruch 1 abgegeben, sondern lediglich in Kombination mit den Unteransprüchen 2, 3, 4, 5, 6, 8 und 9. Damit schränkt die Beklagte die konkrete Verletzungsform auf eine Kombination von Merkmalen ein, die über die Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 hinausgehen. Diese Kombination von Merkmalen ist damit auch Grundlage für die Frage, ob eine kerngleiche Verletzungsform vorliegt.

Die von der Beklagten vorgenommene Konkretisierung steht damit einer verallgemeinernden Auslegung ihres Versprechens im Sinne des Anspruchs 1 des Klagepatents entgegen. Orientiert sich die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten nicht am Klagepatentanspruch 1, sondern an eine bestimmte Kombination des Klagepatentanspruchs 1 mit Unteransprüchen, so führt die Unterwerfungserklärung durch die Hinzufügung von Unteransprüchen nicht lediglich Beispiele für eine kerngleiche Verletzungsform auf, sondern definiert in Abgrenzung zum Klagepatentanspruch 1 konkreter die Verletzungsform, die wiederum Ausgangspunkt für die Frage einer kerngleichen Verletzung ist. Die Beklagte hat das Charakteristische der Verletzungsform im Vergleich zu dem Klagepatentanspruch 1 verändert, indem sie zusätzliche Merkmale, die den Unterlassungsanspruch umschreiben, in ihre Verpflichtungserklärung aufgenommen hat. Die Wiederholungsgefahr für den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist deshalb nicht entfallen.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, sie habe mit der abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung die Klägerin klaglos stellen wollen, verfängt diese Auffassung nicht. Die Beklagte hat ausdrücklich weitere Unteransprüche in die strafbewehrte Unterlassungserklärung aufgenommen, so dass bei objektiver Betrachtung gerade nicht – lediglich – auf den inhaltlich weitergehenden Anspruch 1 des Klagepatents Bezug genommen wurde.

2.
Des Weiteren hat die Beklagte der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.

Der Entschädigungsanspruch folgt in entsprechender Weise aus Art. II § 1 Abs. 1 S.1 IntPatÜbkG.

3.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, ist die Beklagte im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Darüber hinaus wird die Beklagte durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagte hat schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 b PatG).

Die Beklagte trägt vor, ab dem 01.05.2011 habe sie keine angegriffene Ausführungsform mehr hergestellt und ausgeliefert, so dass ab diesem Zeitpunkt die Beklagte eine Nullauskunft erteile. Diese Teilauskunft führt nicht zu einem Teilerlöschen der Auskunftsverpflichtung. Auf eine Teilauskunft zum Zwecke der Erfüllung muss sich der Auskunftsgläubiger nicht einlassen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 6. Aufl., Rz. 2172).

4.
Der Vernichtungsanspruch der Klägerin gegenüber den Beklagten hat seine Grundlage in Art. 64 Abs.1 EPÜ, § 140a Abs.1 PatG.

5.
Der Rückrufanspruch besteht nach Art. 64 Abs.1 EPÜ, § 140a Abs. 3 PatG. Dass der Anspruch unverhältnismäßig ist, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

IV.
Zu einer Aussetzung nach § 148 ZPO besteht kein Anlass.

Ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung der Nichtigkeitsklage als solche stellen noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen (BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug; OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Die Aussetzung kommt im Patentrecht danach in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht vor.

1.
Die europäische Patentschrift 0 873 075 B1 (Anlage K 9 (D3)) nimmt die technische Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorweg.

Ob das zwischen den Parteien streitige Merkmal 4 offenbart ist, kann dahingestellt bleiben, da es zumindest an der Offenbarung der Merkmale 8 bis 10 fehlt.

Die Entgegenhaltung beschreibt in den Abschnitten ([0043 ff]) eine Zufuhrleitung 15, die von einem Rohr 17 durchgriffen wird, welches an der Innenseite der Zufuhrleitung 15 verschieblich gehalten wird. Die Zufuhrleitung weist an ihrem vorderen Abschnitt 22 zwei einander diametral gegenüberliegende Öffnungen 26, 27 auf. In das Rohr 17 sind in Längsrichtung des Rohres im Abstand zu den Öffnungen 26, 27 der Zufuhrleitung 15 ebenfalls zwei einander diametral gegenüberliegende Öffnungen 28 und 29 eingebracht. Während des Saugbetriebs – so die Beschreibung der Entgegenhaltung in Abschnitt ([0047]) – wird das Rohr 17 aus der Saugleitung 14 herausgedrückt, so dass die Öffnungen 26 bis 29 überdeckt werden und keine Fremdluft in die Saugleitung oder in den Sammelbehälter 10 eindringen kann.

Merkmal 8 verlangt, dass der Ventilkörper in der Schließstellung unter Ausbildung von Dichtungslinien am Ventilsitz anliegt. Ein Anliegen im Sinne des Klagepatents bedeutet aber ein dichtes Verschließen der Fremdlufteinlässe, wie der Begriff „Dichtungslinie“ zeigt (vgl. Abschnitt [0002]). Gleichzeitig bildet sich zwischen dem Ventilkörper und dem Ventilsitz eine Linie aus. Eine Spaltdichtung, wie sie offenbar bei der Entgegenhaltung vorliegt, offenbart indes keine Dichtungslinie im Sinne des Klagepatents.

Die Beklagte ist der Auffassung, eine Dichtungslinie im Sinne des Klagepatents werde durch den Rand der Öffnungen 26 und 27 gebildet. Die Klägerin hat indes unbestritten vorgetragen hat, dass zwischen der Innenseite der Zufuhrleitung und der Außenseite des Rohres eine Spaltdichtung wegen der Verschieblichkeit des Rohres besteht. Die Beklagten konnten indes auch in der mündlichen Verhandlung keine Dichtungslinie im Sinne des Klagepatents ohne rückschauende Betrachtung darlegen. Bei einer Spaltdichtung, so der unbestrittene Vortrag der Klägerin, wird der vorhandene Spalt zwischen der Zufuhrleitung 15 und dem Rohr 17 so klein gehalten, dass gerade noch die Gleitfähigkeit des Rohres 17 gegeben ist. Dies stellt sicher, dass keine Fremdluft mehr einströmen kann. In der Schließstellung schlägt der Druck in die vorhandene Spalte ein und breitet sich je nach Druckgefälle in alle Richtungen aus, bildet indes keine bestimmbare Dichtungslinie aus. Insoweit vermag der Vortrag der Beklagten, es käme lediglich auf die effektive Durchlassfläche der Fremdluft – also auf die beiden korrespondieren Öffnungen 26/28 und 27/29 an – nicht zu überzeugen, da damit – jedenfalls nicht ohne in eine unzulässige rückschauende Betrachtung zu verfallen – ein Bezug zu einer konkreten Dichtungslinie nicht hergestellt wird.

2.
Die Entgegenhaltung D 4 (DE 197 01 983 C1) offenbart die technische Lehre des Klagepatents ebenfalls nicht. Sie offenbart schon kein Saugaggregat im Sinne von Merkmal 4. Die Entgegenhaltung verhält sich über einen Ringspaltinjektor. Dessen Funktionsweise setzt ein Saugaggregat nicht voraus. Die Beklagte führt in ihrem Löschungsantrag (Anlage K 10) vom 04.03.2011 auf Seite 9 aus, von einem Sauggerät seien nur Teile dargestellt, nämlich ein nur mit seiner Oberwand dargestellter Schmutzsammelbehälter, der in der Umgebung des dargestellten Filters 17 ein Saugeinlass aufweise. Ohne Saugaggregat könne der gewünschte Reinigungseffekt nicht erzielt werden. Dies überzeugt nicht, da die Entgegenhaltung lediglich einen Druckkörper 8 erwähnt, der über ein Ventil 12 mit einem Drucklufterzeuger 11 in Verbindung steht (Spalte 2 Z. 21-24). Zunächst wird das Reinigungsgas über das Ventil 12 in den Innenraum des Druckkörpers 8 dazu geschaltet. Entlüftet wird letztendlich durch ein Öffnen des Kanals 14, wodurch das Reinigungsgas entströmt. Bei einem solchen Reinigungsvorgang ist ein Saugaggregat funktionsmäßig nicht erforderlich.

Begründete Zweifel, dass die technische Lehre des Klagepatents ausgehend von der Entgegenhaltung D 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, bestehen nicht. Die Erfindung ergibt sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Der Fachmann muss durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten in der Lage gewesen sein, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Darüber hinaus muss der Fachmann einen konkreten Grund gehabt haben, den Weg der Erfindung zu beschreiten (vgl. BGH, GRUR 2012, 378 – Installiereinrichtung II). Der Vortrag der Beklagten, dass die Entgegenhaltung D 4 in Kombination mit Entgegenhaltung D 5 die erfindungsgemäße Lehre nahelege, überzeugt nicht. Der Beklagte trägt vor, es liege für einen Fachmann nahe, mit Hilfe eines Saugaggregats die Strömung bei einem Ringspaltinjektor zu verbessern. Die Beklagte trägt aber nicht vor, welchen konkreten Grund der Fachmann bei der Lektüre der Entgegenhaltung D 4 gehabt haben soll, den Weg der Erfindung zu beschreiten und durch ein Saugaggregat die Strömungsleistung im Ringspaltinjektor zu verbessern. Aufgabe der Entgegenhaltung D 4 ist es, einen Ringspaltinjektor zu schaffen, der ohne Ventilschaltungen am Zulauf des Reinigungsgases zum Reinigen von Filterelementen gesteuert werden kann. Anhaltspunkte für einen Einsatz zur Verbesserung der Strömung bieten weder die im Stand der Technik beschriebenen Nachteile noch die Aufgabenstellung.

3.
Auch die Entgegenhaltung D 5 (DE 276953) ist nicht neuheitsschädlich, da es jedenfalls an der Offenbarung von Merkmal 10 fehlt.

Unstreitig ist dies für den Fall, dass lediglich der Ventilkörper b das Schließventil im Sinne des Klagepatents darstellt. Dieses Schließventil regelt die Zufuhr der Fremdluft über den Öffnungen l. Bei einer kreisförmigen Öffnung beträgt das Verhältnis zwischen dem Quadrat der Gesamtlänge der Dichtungslinien und der Gesamtgröße der Differenzdruckfläche etwa 12,5 und nicht, wie es Merkmal 10 verlangt, das 25-fache.

Die Beklagte ist der Auffassung, der Ventilkörper c müsse als Teilventilkörper bei der Größenberechnung hinzugerechnet werden. Diese Auffassung geht fehl. Der Wortlaut des Klagepatents verlangt, dass der Ventilkörper in seiner Schließstellung unter Ausbildung von Dichtungslinien an mindestens einem Ventilsitz anliegt, wobei mindestens eine Dichtungslinie eine Fläche begrenzt, die mit Differenzdruck beaufschlagt ist. Das Schließventil muss den Fremdlufteinlass verschießen können. Der Fremdlufteinlass bei der Entgegenhaltung erfolgt über die Öffnung l. Das Ventil c verschließt dagegen lediglich die Austrittskanäle g. Anhaltspunkte dafür, dass der Fachmann im Prioritätszeitpunkt die Ventile c zum Verschließen der Austrittskanäle als ein Schließventil für Fremdlufteinlässe versteht, kann dem Sachvortrag der Beklagten nicht hinreichend entnommen werden. Zudem ist nicht zu erkennen, dass bei nachgeordneten Ventilen wie dem Ventilkörper c die angestrebte Wirkung des Klagepatents überhaupt erreicht werden kann, nämlich durch ein schlagartiges Einströmen der Fremdluft das Abreinigen des Filters zu verbessern (vgl. Abschnitt [0006]).

4.
Die Entgegenhaltung D 11 (DE 1 800 480 A) offenbart die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters ebenfalls nicht. Die Merkmale 8 bis 10 sind nicht neuheitsschädlich offenbart.

In der Beschreibung der Entgegenhaltung heißt es auf Seite 4, dass sich in einer parallel zur Achse des Motorgebläses 2 verlaufenden Zwischenwand 6 der Gehäuseschale 1 ein in den Saugraum 4 hinreingreifender rohrförmiger Ventilsitz 7, in dem ein koaxil angeordneter Führungsbolzen 8 eines Ventilkükens 9 in Achsialrichtung verschiebar gelagert ist, angeordnet ist. Weiter heißt es auf Seite 5, der Schieber 16, 17 befinde sich normalerweise in der in Figur 2 dargestellten Einstellung, in der sich zwischen dem freien Ende des Armes 17 und der Scheibe 12 ein Luftspalt befindet, so dass gewährleistet sei, dass nur bei abnormen Unterdruck im Saugraum 4 Frischluft durch den Führungsschlitz 15 und das Ventil 7 und 8 einströmen könne. Nachfolgend ist zur Veranschaulichung Figur 2 der Entgegenhaltung abgebildet.

Die Beklagte ist der Auffassung, es bildeten sich um den Ringspalt des Führungsbolzens 8 bzw. dem feststehenden, rohrförmigen Lagerschaft Dichtungslinien aus, die eine Fläche begrenzten, die mit Differenzdruck beaufschlagt sind. Die Klägerin ist dagegen der Auffassung, die gesamte Fläche des Ventilkükens 9, die vom Führungsbolzen 9 abgedeckt werde, stellte die mit Differenzdruck beaufschlagte Fläche dar.

Die Kammer vermag nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Auffassung der Beklagten die Zutreffende ist. Jedenfalls erscheint die Auffassung der Klägerin vertretbar.

Die Klagepatentschrift definiert in Abschnitt [0007] die von mindestens einer Dichtungslinie begrenzte Fläche:

„… Unter der von der mindestens einen Dichtungslinie begrenzten Fläche wird diejenige Fläche bezeichnet, die in der Schließstellung des Schließventils mit der sich über das Schließventil ausbildenden Druckdifferenz beaufschlagt wird.“

Diese Definition schließt eine Gesamtfläche, die mit Differenzdruck beaufschlagt werden kann, nicht aus. Diese Gesamtfläche kann aus der unteren Seite der Platte (Ventilküken 9) auf der einen Seite sowie des Ringspalts 8 und der Oberseite der Scheibe 12 gebildet werden, die mit Differenzdruck beaufschlagt wird. In der Schließstellung des Ventilkörpers wird dann auf der Unterseite der Platte Unterdruck und auf der Oberseite der Scheibe einschließlich des Ringspalts 8 Atmosphärendruck anliegen, mithin ein Differenzdruck vorherrschen. Die Beklagte führt zur Begründung ihrer Auffassung aus, es müsse auf die effektive Durchlassfläche abgestellt werden, die auf die Fläche des Ringspalts begrenzt sei. Diese Begründung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Vorteilsangabe, welche sich aus Abschnitt [0007] der Klagepatentschrift ergibt, wonach die mechanische Belastung des Schießventils reduziert werden soll und somit das Schließventil eine geringe Baugröße aufweisen könne. Im Hinblick auf die Entgegenhaltung lässt sich aber vertreten, dass die oben genannte Gesamtfläche von einer umlaufenden Dichtungslinie umgeben mit Differenzdruck beaufschlagt wird mit der Folge, dass keine Fläche im Sinne von Merkmal 10 vorliegt, die im Verhältnis zur Dichtungslinie hinreichend klein ist, um die mechanische Belastung des Ventils zu reduzieren.

5.
Die Entgegenhaltung D 14 (DE 2 102 231) ist nicht neuheitsschädlich.

a)
Gegenstand der Entgegenhaltung ist eine Vorrichtung zum Reinigen des Filters in einem Staubsauger. Ausgehend von der Aufgabe der Entgegenhaltung (vgl. Spalte 2 Z.17-23), wonach ein Staubaufwirbeln und eine Staubbeförderung zum Sauggebläse hin beim Reinigungsbetrieb sicher vermieden wird, kann der Fachmann der allgemeinen Beschreibung entnehmen, dass bei einem vollständigen Abschließen des Nebenluftkanals ein Aufwirbeln und Fördern des Staubes beim Filterreinigungsbetrieb vollständig vermieden wird (Spalte 2, Z.27-33). Neben dem Hauptluftkanal, betrieben durch Sauggebläse, werden in einem Nebenluftkanal durch den Luftstrom des Sauggebläses eine Luftturbine und gleichzeitig ein Werkzeug zum Reinigen des Filters angetrieben. Strömungstechnisch laufen beide Luftkanäle parallel. Beide Luftkanäle sind mit zwei gekoppelten Absperreinrichtungen versehen, bei deren Betätigung entweder der Nebenluftkanal oder der Hauptluftkanal gesperrt ist.

Der Staubfilter 92 wird mit Hilfe eines Reinigungswerkzeuges 95 von Staub befreit. Das Reinigungswerkzeug gleitet zur Filterabreinigung auf der Rückseite des Staubfilters 92 entlang. Die Rotationsbewegung des Reinigungswerkzeuges 95 wird durch einen Druckluftantrieb 97 erzeugt. Um den Staubfilter 92 abzureinigen, wird ein Drehventil 122 in eine bestimmte Stellung gebracht (Figur 10c), indem ein Hebel 125 betätigt wird. Nachfolgende verkleinert wiedergegebene Figuren sind der Entgegenhaltung entnommen:

Figur 10c zeigt eine Absperreinrichtung in einer Betriebseinrichtung der Filterabreinigung. Das Drehventil 122 weist einen Zylinder 116 und einen scheibenförmigen Teil 117 auf. In dem scheibenförmigen Teil 117 am unteren Zylinderende sind mehrere Sektordurchtrittsöffnungen angeordnet. Die Durchtrittsöffnungen 119 liegen in einem (radial) äußeren Bereich der Scheibe 117 und stehen kongruent ausgebildeten Durchtrittsöffnungen 118 in der Filtertragplatte 93 direkt gegenüber. Die Scheibe 117 enthält ferner innere sektorförmige Durchtrittsöffnungen 121, die entsprechend ausgebildeten Durchtrittsöffnungen 120 im Mittelteil der Filtertragplatte 93 gegenüberliegen (vgl. Spalte 7 Z.36-47).

Zur Reinigung des Staubfilters 92 wird der Knauf 125 und damit das Drehventil betätigt. Dies hat zur Folge, dass die inneren Durchlassöffnungen 121 im Scheibenteil 117 in passender Stellung (vgl. Figur 10c) zu den Durchtrittsöffnungen 120 der Filtertragplatte 93 gebracht werden. Die äußeren Durchlassöffnungen (118 und 119) der Scheibe und der Filtertragplatte werden in eine Schließstellung bewegt (Spalte 8 Z.58-67)). Beim Einstellen des Sauggebläses 78 wird dann durch die Ansaugöffnung 102 Luft angesaugt und die Luftturbine 99 angetrieben und zur Rotation gebracht. Schließlich wird der Gleitkragen 114 bewegt, der die Reinigungswerkzeuge 95 trägt. Über den Nebenkanal D strömt die Luft in die Turbinenkammer 115 und von dort durch den zylindrischen Teil 116 des Drehventils 122 und durch die inneren Durchtrittsöffnungen 121 des Scheibenteils 117 und die inneren Durchtrittsöffnungen 120 in der Filtertragplatte 93. Die Luft strömt weiter durch die Abluftströmung 130 und wird durch die Abluftöffnungen 73 ausgetrieben. Die Saugleistung des Hauptkanals wird nicht verringert, weil der flache Teil 117 des Drehventils 122 und die gleitende Oberfläche der Filtertragplatte 93 unter der Vorspannkraft der Wendelfeder 134 in abdichtendem Eingriff gehalten werden (Spalte 9 Z. 26-31; vgl. auch Spalte 7 Z. 67 – Spalte 8 Z.3).

Für den Saugbetrieb wird das Drehventil 122 in die in Figur 10a dargestellte Position überführt (vgl. Spalte 8 Zeilen 9ff). Die Luftdurchlasslöcher 119 im äußeren Teil der Scheibe 117 stehen dann in gegenseitig passender Stellung zu den Durchtrittsöffnungen 118 in der Filtertragplatte 93; die Durchtrittsöffnungen 120 der Scheibe 117 werden abgedeckt. Es wird eine Strömungsverbindung hergestellt, über die Ansaugöffnung 82 des Hauptkanals C, durch die Öffnungen 118 und durch Abluftöffnungen 130 in die weitere Abluftöffnung 93 bis nach außen.

b)
Auch unter Berücksichtigung des Gesamtoffenbarungsgehalts der Entgegenhaltung werden die Merkmale 8 und 9 nicht offenbart. Der Fachmann kann die Scheibe 117 als bewegbaren Ventilkörper, das Drehventil 122 als Schließventil im Sinne des Klagepatents verstehen. Die Scheibe 117 lässt sich in verschiedene Positionen (Figuren 10a-10c) bewegen, indem die verschiedenen Durchtrittsöffnungen der Schreibe 117 und der Filtertragplatte 93 in unterschiedliche zum Teil deckungsgleiche Positionen bewegt werden.

Es ist jedoch nicht ersichtlich, wo sich an den Durchtrittsöffnungen in der Schließstellung konkret Dichtungslinien an mindesten einem Ventilsitz (der Scheibe 117) ausbilden sollen. Vielmehr ist nicht auszuschließen, dass sich in Verbindung mit der Wendelfeder 134 (vgl. Spalte 7, Z. 67 – Spalte 8 Z. 3 der Entgegenhaltung) zwischen der Filtertragplatte 93 und dem flachen Teil 117 des Schaltventils 122 lediglich eine Spaltdichtung ausbildet. Soweit die Beklagte vorträgt, die Dichtungslinie verlaufe Entlang der Außenkante der Durchtrittsöffnungen 118/119 bzw. 120/121, erscheint dies nicht zwingend und damit frei von einer unzulässigen rückschauenden Betrachtung zu sein. Auch bei Annahme, die Wendelfeder 134 halte – so der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf Spalte 9 Z. 36-31 der Entgegenhaltung – die Durchtrittsöffnungen „in abdichtendem Eingriff“, besagt dies nichts darüber aus, dass die vom Klagepatent geforderte Dichtungslinie exakt entlang der Außenkante der Durchtrittsöffnung verläuft.

6.
Die Entgegenhaltungen D 1 (DE 298 23 411) und D 2 (DE 199 49 095) sind in der Klagepatentschrift aufgeführt und daher im Patenterteilungsverfahren bereits berücksichtigt worden.

Die D 6 (DE 29 41 874) offenbart nach dem eigenen Vortrag der Beklagten in ihrem Löschungsantrag (Anlage K 10) nicht alle Merkmale der Klageschutzrechte.

Soweit die Beklagte im Übrigen die fehlende erfinderische Tätigkeit bemängelt und sich in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Entgegenhaltungen beruft, rechtfertigt auch dies keine Aussetzung des Rechtsstreits.

V.
Da sich die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bereits vollständig aus dem Klagepatent ergeben, können die Fragen der Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters und der Aussetzung im Hinblick auf das Löschungsverfahren auf sich beruhen.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr.1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S.1 ZPO.

Streitwert: 1.000.000,- EUR, wobei auf den Auskunfts- und Rechnungslegungsantrag ein Betrag in Höhe von 100.000,- EUR entfällt.