Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 7. Juli 2011, Az. 2 U 66/10
Vorinstanz: 4b O 290/08
I. Die Berufung gegen das am 13. April 2010 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
1. dass im Urteilsausspruch zu I.1.a) hinter den Worten „ … vom Airbag-Rückhaltesystem zu entlüften“ die Formulierung „ … oder einem mit der Lüftungsöffnung verbundenen zusätzlichen Airbag zuzuführen“ entfällt;
2. dass sich die im Schadenersatzfeststellungsausspruch (I.3.) enthaltene Datumsangabe (24.06.2008) nicht auf den Schadenseintritt, sondern auf die Vornahme der Verletzungshandlung bezieht.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 950.000,– € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert wird auf 900.000,– € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist seit dem 24.06.2008 eingetragene Inhaberin des europäischen Patents EP 0 790 XXX, das am 25.01.1997 unter Inanspruchnahme einer US-Priorität vom 15.02.1996 angemeldet und dessen Erteilung am 29.10.2003 im Patentblatt veröffentlicht wurde. Das Klagepatent betrifft eine Hybrid-Aufblasvorrichtung für einen Fahrzeug-Airbag und steht in Kraft.
Mit Urteil vom 12.08.2010 hat das Bundespatentgericht eine von der Beklagten zu 2) gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage ganz überwiegend abgewiesen und das Klagepatent u.a. mit folgendem Patentanspruch 1 aufrechterhalten:
Hybrid-Aufblasvorrichtung (170) jener Art, die eine Druckflasche (174) mit Druckgas, brennbare Mittel (186) zur Verstärkung des gespeicherten Gases und Auslassmittel (230) zur Zuführung von Ablasgas aus der Aufblasvorrichtung (170) zu einem Primärairbag-Luftkissen (14) aufweist, wobei die Aufblasvorrichtung (170) eine als einen zweiten Auslass von der Druckflasche (174) definierte Lüftungsöffnung (132) zur Abgabe gespeicherten Druckgases daraus umfasst,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,
dass eine zerberstbare Membran (120) zur Abdichtung der Lüftungsöffnung (132) und Verhinderung eines vorzeitigen Stroms durch die Lüftungsöffnung (132) angeordnet und ein Mittel (110) zum Zerbersten der Membran (120) vorgesehen ist, um als Reaktion auf ein Steuersignal gespeichertes Gas aus der Druckflasche (174) durch die Lüftungsöffnung (132) vom Airbag-Rückhaltesystem zu entlüften zuzuführen, wobei das Mittel (110) zum Zerbersten der Membran (120) einen Zünder (134) aufweist, der ein explosives Material enthält, das in einer dicht neben der Membran (120) angeordneten Abdeckung (136) zum Zerbersten der Membran (120) enthalten ist.
Über die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Nichtigkeitsurteil ist derzeit noch nicht entschieden.
Vor dem Landgericht hat die Klägerin bereits eine eingeschränkte Anspruchsfassung verfolgt, die weitgehend der aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatents entspricht. Sie unterscheidet sich von dieser nur dadurch, dass – neben der Entlüftung des Airbag-Rückhaltesystems – als weitere Alternative vorgesehen war, dass mit der Lüftungsöffnung ein zusätzlicher Airbag verbunden ist, dem das gespeicherte Gas zugeführt wird. Diese letztgenannte Alternative ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 2 in der Fassung des Nichtigkeitsurteils.
Die nachstehend eingeblendeten Abbildungen (Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift) zeigen bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung.
Die Beklagte zu 1) stellt Hybrid-Aufblasvorrichtungen für ein Fahrzeuginsassenrückhaltesystem her, die sie über die Beklagte zu 2) in Deutschland vertreibt, wo sie u.a. in Automodelle der Firma A eingebaut werden. Zum Sortiment der Beklagten gehört der Typ „Adaptive Airbag“, gegen den sich die vorliegende Verletzungsklage richtet. Die angegriffene Ausführungsform ist entsprechend der US 7,325,YYY aufgebaut. Zur Verdeutlichung ist nachfolgend Figur 6 der US-Druckschrift wiedergegeben. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass über die Lüftungsöffnung (80) der angegriffenen Aufblasvorrichtung nur „heiße“ Druckgase entweichen können, d.h. solche, die nach Zündung des Druckgases vorliegen.
Die Klägerin hält die angegriffene Ausführungsform für eine wortsinngemäße Verletzung ihres Klagepatents.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht ihrer Klage überwiegend stattgegeben und wie folgt gegen die Beklagten erkannt:
I.
1. Die Beklagten werden verurteilt,
a)
es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren – wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern zu vollstrecken ist –, zu unterlassen,
Hybrid-Aufblasvorrichtungen jener Art, die eine Druckflasche mit Druckgas, brennbare Mittel zur Verstärkung des gespeicherten Gases und Auslassmittel zur Zuführung von Aufblasgas aus der Aufblasvorrichtung zu einem Primärairbag–Luftkissen aufweisen, wobei die Aufblasvorrichtung eine als einen zweiten Auslass von der Druckflasche definierte Lüftungsöffnung als zur Abgabe gespeicherten Druckgases daraus umfasst,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die dadurch gekennzeichnet sind, das eine zerberstbare Membran zur Abdichtung der Lüftungsöffnung und Verhinderung eines vorzeitigen Stroms durch die Lüftungsöffnung angeordnet und ein Mittel zum Zerbersten der Membran vorgesehen ist, um als Reaktion auf ein Steuersignal gespeichertes Gas aus der Druckflasche durch die Lüftungsöffnung vom Airbag-Rückhaltesystem zu entlüften oder einem mit der Lüftungsöffnung verbundenen zusätzlichen Airbag zuzuführen, wobei das Mittel zum Zerbersten der Membran einen Zünder aufweist, der ein explosives Material enthält, das in einer dicht neben der Membran angeordneten Abdeckung zum Zerbersten der Membran enthalten ist;
b)
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1.a) bezeichneten Handlungen seit dem 24.06.2008 begangen haben, und zwar unter Angabe
(1) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
(2) der einzelnen, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, -zeiten und –preisen (und Typenbezeichnung) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei die Beklagten Rechnungen vorzulegen haben;
(3) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und Typenbezeichnung) sowie der Namen und Anschriften der einzelnen Angebotsempfänger;
(4) der betriebenen Werbung aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;
(5) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten übernehmen und ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.
2. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I.1 bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 24.06.2008 entstanden ist und noch entstehen wird.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter. Sie halten daran fest, dass es an einer Benutzung des Klagepatents fehle, weil dessen technische Lehre bei zutreffendem Verständnis dahin gehe, über die Lüftungsöffnung „kaltes“ Druckgas, d.h. solches, welches noch nicht gezündet sei, abführen zu können, um – in Anhängigkeit von den konkreten Auslösebedingungen (Schwere des Aufpralls, Gewicht und Position der Fahrzeuginsassen) – die Leistungscharakteristik der Aufblasvorrichtung für den Airbag zu variieren. Bei dem streitbefangenen Gegenstand sei es demgegenüber unstreitig, dass bauartbedingt nur bereits gezündetes („heißes“) Druckgas entlüftet werden könne. Abgesehen vom mangelnden Benutzungstatbestand sind die Beklagten der Auffassung, dass die Nichtigkeitsentscheidung des Bundespatentgerichts unrichtig und im anhängigen Nichtigkeitsberufungsverfahren eine vollständige Vernichtung des Klagepatents überwiegend wahrscheinlich sei.
Die Beklagten beantragen,
1. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage – insgesamt – abzuweisen;
2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt.
Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass die angegriffene Aufblasvorrichtung dem Wortsinn nach von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht und der Klägerin deshalb – aus den im angefochtenen Urteil im Einzelnen dargelegten Gründen (auf die verwiesen wird) – die zuerkannten Ansprüche verschafft.
1.
Das Klagepatent betrifft eine Hybrid-Aufblasvorrichtung für einen Fahrzeug-Airbag.
Wie die Klagepatentschrift erläutert, dienen Aufblasvorrichtungen dazu, den Airbag im Einsatzfall mit Aufblasgasen zu versorgen, so dass der Luftsack in geeigneter Weise zum Schutz der Insassen gefüllt wird. Zu diesem Zweck enthalten bekannte Aufblasvorrichtungen bereits ein Druckgas sowie ein brennbares Material, welches Wärme und zusätzliches Aufblasgas zuführt, um das Volumen und den Druck des gespeicherten Druckgases zu verstärken. In Abhängigkeit von den Bedingungen, unter denen der Airbag in Funktion treten muss (Schwere der Kollision, Größe und Position des zu schützenden Fahrzeuginsassen etc.) ist die Leistungscharakteristik der Aublasvorrichtung zu variieren. Beispielsweise ist das aggressivste Entfalten des Airbag bei einer Frontalkollision mit hoher Geschwindigkeit bei einem erwachsenen Insassen angemessen, während bei einer Kollision mit geringer Geschwindigkeit bei einem sich außer Position befindenden, kleinen Insassen ein weniger aggressives Entfalten des Airbag ausreichend ist.
Bei neben dem Fahrer- und Beifahrer-Airbag zusätzlichen Aufblasvorrichtungen wie einem Seitenaufprall-Airbag oder Knie-Aufprallschutzvorrichtungen werden gewöhnlich für jedes dieser Systeme gesonderte Aufblasvorrichtungen bereit gestellt, die üblicherweise als erste und vor dem Fahrer/Beifahrer-Airbag in Betrieb gesetzt werden.
Das Klagepatent stellt sich – ausgehend hiervon – die Aufgabe, eine Hybrid-Aufblasvorrichtung mit einstellbarer Leistungscharakteristik hinsichtlich einer Verringerung der Gesamtkosten und Komplexität zu verbessern und dahingehend zu verbessern, dass eine einzige Aufblasvorrichtung zum Aufblasen auch eines zusätzlichen Airbags genügt.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt Patentanspruch 1 folgende Merkmalskombination vor:
1. Hybrid-Aufblasvorrichtung (170) jener Art, die
a) eine Druckflasche (174) mit Druckgas,
b) brennbare Mittel (186) zur Verstärkung des gespeicherten Gases
c) und Auslassmittel (230) zur Zuführung von Aufblasgas aus der Aufblasvorrichtung (170) zu einem Primärairbag-Luftkissen (14) aufweist.
2. Die Aufblasvorrichtung (170) umfasst eine Lüftungsöffnung (132)
a) zur Abgabe gespeicherten Druckgases daraus,
b) die als ein zweiter Auslass von der Druckflasche (174) definiert ist.
3. Zur Abdichtung der Lüftungsöffnung (132) und zur Verhinderung eines vorzeitigen Stroms durch die Lüftungsöffnung (132) ist eine zerberstbare Membran (120) angeordnet.
4. Es ist ein Mittel (110) zum Zerbersten der Membran (120) vorgesehen,
a) um als Reaktion auf ein Steuersignal gespeichertes Gas aus der Druckflasche (174) durch die Lüftungsöffnung (132) vom Airbag- Rückhaltesystem (10) zu entlüften,
b) wobei das Mittel (110) zum Zerbersten der Membran (120) einen Zünder (134) aufweist,
c) der ein explosives Material enthält, das in einer dicht neben der Membran (120) angeordneten Abdeckung (136) zum Zerbersten der Membran (120) enthalten ist.
Im Mittelpunkt der technischen Lehre des Klagepatents stehen die in der Druckflasche (174) vorgesehenen beiden Auslassmittel. Über die erste Öffnung (230) wird Druckgas zu einem Primärairbag-Luftkissen geführt, um dieses im Einzelfall zum Schutz des Insassen aufzublasen. Die zweite Lüftungsöffnung (132) ist dazu vorgesehen, die Aufblasvorrichtung nach außen hin zu entlüften, um überschüssiges Gas, welches unter den konkreten Einsatzbedingungen nicht für das Aufblasen des Primärairbag-Luftkissens benötigt wird (weil eine weniger aggressive Entfaltung des Airbag gewünscht ist), in die Umgebung abzulassen. Konstruktiv geschieht die Entlüftung der Aufblasvorrichtung dadurch, dass die die Lüftungsöffnung (132) versiegelnde Membran (120) nach Maßgabe eines die jeweiligen Einsatzbedingungen berücksichtigenden Steuersignals mittels eines Zünders (134) zum Zerbersten gebracht wird.
Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält Patentanspruch 1 des Klagepatents keine Einschränkung dahingehend, dass das Entlüften vor dem Zünden des Druckgases stattzufinden hat, und die technische Lehre der Erfindung demgemäß darin besteht, die Leistungscharakteristik der Aufblasvorrichtung dadurch einzustellen, dass die Menge des Druckgases, die unter den jeweiligen Einsatzbedingungen für die angemessene (nämlich aggressive oder weniger aggressive) Art der Entfaltung des Airbag gebraucht wird, mittels der Entlüftungsöffnung auf dasjenige Maß reguliert wird, das zu der vorgesehenen (aggressiven oder weniger aggressiven) Entfaltung des Airbag führt. Von der Lehre des Klagepatents wird infolge dessen auch eine Ausführungsvariante erfasst, bei der die Entlüftung der Aufblasvorrichtung erst im Anschluss an das Zünden des Druckgases geschieht, weswegen über die Lüftungsöffnung des Druckbehälters „heißes“ Druckgas abgeführt wird.
Für dieses Verständnis spricht zunächst der Umstand, dass sich der patentgemäße Erfolg – Regelung des Aufblasdrucks für das Airbag-Luftkissen – gleichermaßen dadurch herbeiführen lässt, dass vor der Zündung überschüssiges Druckgas entlüftet wird, so dass bei gewünschtem weniger aggressivem Entfalten des Airbag von vornherein eine geringere Druckgasmenge zur Zündung (und damit zur Wirkung) gelangt, als sich auch dadurch erzielen lässt, dass zwar die in der Druckflasche bevorratete Druckgasmenge vollständig gezündet wird, ein Teil des entstehenden (Aufblas-)Gases jedoch mittels der Lüftungsöffnung die Möglichkeit erhält, in die Atmosphäre abzuströmen. Auch im letztgenannten Fall ist die in das Airbag-Luftkissen einströmende Druckgasmenge geringer, weil ein Teil des potenziellen Aufblasgases wirkungsneutral in die Umgebung abgegeben wird. Das Maß des nicht im Airbag-Luftkissen zur Wirkung gelangenden Druckgasanteils lässt sich dabei durch die Größe des Querschnitts der Lüftungsöffnung einstellen. In Anbetracht der dargelegten technischen Zusammenhänge hat auch das Bundespatentgericht in seinem Nichtigkeitsurteil vom 12.08.2010 völlig zu Recht darauf hingewiesen (Seite 17), dass bei der erfindungsgemäßen Aufblasvorrichtung, je nachdem, wann die Membran (120) der Lüftungsöffnung (132) zum Zerbersten gebracht wird, entweder das im Druckbehälter befindliche („kalte“) Druckgas oder die vom Gasgenerater entwickelten Verbrennungsgase („heißes“ Druckgas) nach außen entweichen. Ersteres geschieht, wenn die Lüftungsöffnung vor dem Zünden des Druckgases freigegeben wird, letzteres, wenn die Zündung des Druckgases vor dem Zerbersten der Membran der Lüftungsöffnung erfolgt.
Der Beschreibungstext der Klagepatentschrift stützt dieses Verständnis. Absatz [0011] führt aus:
Gemäß weiterer Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung enthält ein Fahrzeuginsassenrückhaltesystem einen Aufprallsensor und Mittel zur Erzeugung eines ersten und zweiten Steuersignals als eine Funktion von Kollisionsparametern. In einer Druckflasche ist Druckgas gespeichert, und brennbare Mittel sind an der Druckflasche angebracht, die bei Zündung als Reaktion auf eines der Steuersignale gezündet werden, um das dem Primärairbag-Luftkissen zugeführte Aufblasgas zu verstärken. Die Druckflasche definiert eine Primärauslassöffnung zur Zuführung von Aufblasgas zu einem Primärairbag-Luftkissen und Mittel zum Öffnen des Primärauslasses und Zünden des brennbaren Materials als Reaktion auf das erste Steuersignal. Weiterhin definiert die Druckflasche einen Lüftungsauslass, der durch eine zerberstbare Membran abgedeckt wird, um das Druckgas in der Druckflasche zu halten, und Mittel zum Zerbersten der Membran als Reaktion auf das andere Steuersignal.
Nach den vorstehenden Erläuterungen sind die Zündung des Druckgases zum Befüllen des Airbag-Luftkissens einerseits und die Zerstörung der Membran der Lüftungsöffnung andererseits Folge eines ersten und eines zweiten Steuersignals. Irgendeine zeitliche Reihenfolge der Steuersignale (und dementsprechend der durch sie veranlassten technischen Vorgänge) gibt der Beschreibungstext nicht vor. Der Fachmann kann daraus schließen, dass die Steuersignale grundsätzlich in jeder beliebigen Reihenfolge gegeben werden können, so dass entweder zunächst die Lüftungsöffnung gesprengt werden kann (so dass ein Teil des Druckgases, bevor es gezündet wird, in die Umgebung abfließt) oder aber – umgekehrt – zunächst das Signal für die Zündung des Druckgases gegeben und erst danach die Membran der Lüftungsöffnung zum Zerbersten gebracht wird (so dass die gesamte bevorratete Druckgasmenge gezündet wird, sich die Menge des wirksam werdenden Aufblasgases jedoch dadurch reduziert, dass ein Teil des gezündeten Druckgases über die Lüftungsöffnung abströmen kann). Da – wie erläutert – beide Varianten bei jeweils geeigneter Ausgestaltung der Lüftungsöffnung zu dem gewünschten Ergebnis einer umständebedingten Variation des Aufblasverhaltens in Bezug auf das Airbag-Luftkissen führen, hat der Fachmann keinen Anlass, eine dieser Optionen zu verwerfen. Das gilt umso mehr, als der weitere Beschreibungstext im Absatz [0027] alle denkbaren zeitlichen Konstellationen im Hinblick auf die Steuersignale ausdrücklich als zulässig und geeignet herausstellt:
… Wenn die Kollision bei geringer Geschwindigkeit erfolgt und die Insassen leicht sind oder wenn andere Parameter dies anzeigen, kann … die Steuerung die Zündung (134) zum Ablassen von Gas aus der Druckflasche (174) anstatt durch den Primärauslass in den Airbag (14) betätigen. Es versteht sich, dass sich die Gasmasse in der Flasche (174) zum Zeitpunkt der Verbrennung des Treibmittels (186) auf die Leistungscharakteristik des Treibmittels auswirkt, wodurch eine zusätzliche Möglichkeit zur Steuerung der Leistungscharakteristik der Aufblasvorrichtung bereitgestellt wird. Die Steuerung kann die Zündung (134) – wie gewünscht im Hinblick auf die bestimmten Kollisionsparameter – vor, gleichzeitig mit oder nach der Betätigung des Zünders (238) betätigen.
Im vorstehenden Text wird der Fachmann ausdrücklich darüber belehrt, in welcher zeitlichen Reihenfolge das Zerbersten der Membran der Lüftungsöffnung einerseits und das Zünden des Druckgases zum Aufblasen des Airbag-Luftkissens andererseits gestaltet werden können. Als eine der möglichen Anordnungen ist hierbei vorgesehen, dass der Zünder (134), der die Lüftungsöffnung an die Umgebung anschließt, erst betätigt wird, nachdem mittels des Zünders (238) der Primärauslass zum Airbag-Luftkissen geöffnet und das Treibmittel gezündet ist.
Dem gefundenen Auslegungsergebnis können die Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten, nach der Anspruchsfassung solle „gespeichertes Gas“ durch die Lüftungsöffnung entweichen, womit – im Gegensatz zu dem im Patentanspruch 1 ebenfalls vorgesehenen „Aufblasgas“ – nur solches („kaltes“) Druckgas gemeint sei, das sich im bevorrateten, noch nicht gezündeten Zustand befinde. Die im Anspruchswortlaut verwendeten Begrifflichkeiten – „Aufblasgas“, „gespeichertes Druckgas“, „gespeichertes Gas“ – differenzieren nicht danach, ob das Gas gezündet ist oder nicht. Mit „Aufblasgas“ meint das Klagepatent vielmehr dasjenige Gas, welches in das Primärairbag-Luftkissen gelangt und dort – wie der Name bereits verdeutlicht – als „Gas“ zum „Aufblasen“ des Luftkissens dient. Ganz in diesem Sinne beschreibt Merkmal (1c) von Patentanspruch 1 Auslassmittel „zur Zuführung von Aufblasgas aus der Aufblasvorrichtung zu einem Primärairbag-Luftkissen“. „Gespeichertes Gas“ bezeichnet demgegenüber denjenigen Gasvorrat, der bereitgehalten wird, um einerseits das Airbag-Luftkissen mit Aufblasgas zu versorgen, und andererseits – wie in den Merkmalen (2) bis (4) erläutert – bedarfsweise in die Atmosphäre entlüftet zu werden, wenn und soweit der Gasvorrat mit Rücksicht auf die konkreten Einsatzbedingungen, unter denen der Airbag ausgelöst wird, nicht als Aufblasgas im Luftkissen benötigt wird. Der Gasspeicher umfasst mithin die Summe – erstens – desjenigen Gases, das als Aufblasgas für das Luftkissen genutzt wird, sowie – zweitens – desjenigen (überschüssigen) Gases, das in die Umgebung entlüftet wird. Denn in die eine oder in die andere Erscheinungs- und Verwendungsform wird das bereitgehaltene Druckgas zwangsläufigerweise und unvermeidbar überführt. Wird Gas vor dem Zünden abgelassen, entspricht die Gesamtspeichermenge der im Behälter vor dem Entlüften bevorrateten Kaltgasmenge; wird Gas erst nach dem Zünden abgelassen, entspricht die Gesamtspeichermenge derjenigen Gasmenge, die aufgrund der Zündung verfügbar ist. Beide Mengen unterscheiden sich hinsichtlich des Volumens – absolut betrachtet – voneinander, weil die Zündung das Gasvolumen vergrößert; sie stimmen aber – funktional betrachtet – völlig darin überein, dass sie den Gesamtvorrat repräsentieren, aus dem beide Abnehmer – das Aufblasgas für den Airbag und der über die Entlüftungsöffnung zu entsorgende überzählige Gasanteil – bedient werden. Mit Rücksicht auf diese Funktion ist in beiden Fällen die Bezeichnung „Gasspeicher“ bzw. „gespeichertes Gas“ angebracht.
Gleichermaßen unbehelflich ist der im Verhandlungstermin vom 30.06.2011 gegebene Hinweis der Beklagten, ein am wenigsten aggressives Entfalten des Airbag, wie es im Beschreibungstext (Absatz [0003] als Anliegen der Erfindung angesprochen sei, gelinge nicht, wenn die Entlüftungsöffnung erst nach dem Zünden des Druckgases geschehe. Nach der für die Schutzbereichsbestimmung maßgeblichen Anspruchsfassung ist lediglich vorgesehen, dass die Entlüftungsöffnung als Reaktion auf ein Steuersignal an die Atmosphäre angeschlossen wird. Irgendeine zeitliche Vorgabe macht der Patentanspruch 1 nicht; sie kann deswegen auch nicht in ihn hineininterpretiert werden. Letzteres gilt umso mehr, als die Patentbeschreibung an den oben zitierten Stellen für den Fachmann hinreichend deutlich macht, dass eine im Sinne des Klagepatents genügende Regelung der Leistungscharakteristik des Airbag auch dann gelingt, wenn der Druckgasvorrat erst im Anschluss an die Zündung des Gases entlüftet wird.
2.
Ausgehend von dem dargelegten Inhalt des Patentanspruchs 1 ist das Landgericht zu Recht zu der Überzeugung gelangt, dass die streitbefangene Aufblasvorrichtung der Beklagten wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Die Beklagten selbst stellen dies im Berufungsrechtszug nur noch mit dem Argument in Abrede, dass bei ihnen überschüssiges Gas erst nach dem Zünden des Druckgases in die Umgebung abgeleitet werden kann. Diese Rechtsverteidigung ist unerheblich, weil das Klagepatent – wie dargelegt – sich nicht auf eine Lüftung (kalten) Druckgases beschränkt, sondern in gleicher Weise Ausführungsformen umfasst, bei denen die Lüftungsöffnung – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – erst im Anschluss an das Zünden des Druckgases bereitsteht, um überzähliges Gas abströmen zu lassen.
3.
Anlass, den Verletzungsrechtsstreit einstweilen auszusetzen, besteht nicht. Nachdem die Beklagten erstinstanzlich wegen Patentverletzung verurteilt worden sind, ist zwar zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch Erbringung der Vollstreckungssicherheit in der Lage ist, ihre aus dem Klagepatent folgenden Verbietungsrechte durchzusetzen, und deshalb das Berufungsverfahren, welches maximal dazu führen kann, dass die titulierten Ansprüche ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind, eher ausgesetzt werden kann (Senat, Mitt 1997, 257 – Steinknacker). Allerdings genügt auch hier nicht, dass die Vernichtung des Klagepatents nur möglich ist; sie muss vielmehr wahrscheinlich sein (Senat, InstGE 7, 139 – Thermocycler).
Das vermag der Senat im Streitfall nicht zu erkennen. Von besonderer Bedeutung ist insofern der Umstand, dass das Nichtigkeitsvorbringen der Beklagten in dem hierfür eingerichteten Rechtszug bereits sachlich geprüft und mit dem Urteil des Bundespatentgerichts vom 12.08.2010 beschieden worden ist. Diese – unter Beteiligung technischer Fachleute zustande gekommene – Entscheidung hat das Verletzungsgericht aufgrund der gesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich hinzunehmen. Im Rahmen der Aussetzungsentscheidung ist es nicht Sache des Verletzungsgerichts, das Nichtigkeitsberufungsverfahren in allen Einzelheiten vorweg zu nehmen. Immer dann, wenn die Argumentation im Rechtsbestandsverfahren möglich und mit guten Gründen vertretbar erscheint, hat es vielmehr bei der getroffenen Einspruchs- oder Nichtigkeitsentscheidung zu verbleiben, so dass, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände vorliegen, für eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits keine Veranlassung besteht. Sie ist erst dann geboten, wenn die Rechtsbestandsentscheidung auf für das Verletzungsgericht nachweisbar unrichtigen Annahmen oder einer nicht mehr vertretbaren Argumentation beruht oder wenn mit dem Rechtsmittel gegen die Rechtsbestandsentscheidung, ohne dass insoweit ein Nachlässigkeitsvorwurf angebracht ist, weiterer Stand der Technik präsentiert wird, der, weil er der Erfindung näher kommt als der bisher gewürdigte Stand der Technik, mit Wahrscheinlichkeit eine Vernichtung des Klagepatents erwarten lässt. Von all dem kann vorliegend keine Rede sein.
a)
Soweit im aufrecht erhaltenen Patentanspruch 1 vorgesehen ist, gespeichertes Gas „durch die Lüftungsöffnung vom Airbag-Rückhaltesystem zu entlüften“, spricht vieles dafür, dass mit der vom Bundespatentgericht gewählten Anspruchsformulierung keine Schutzbereichserweiterung verbunden ist. Zwar war der erteilte Patentanspruch noch darauf gerichtet, gespeichertes Gas aus der Druckflasche „durch die Lüftungsöffnung zuzuführen“. Im Beschreibungstext des Klagepatents fand sich jedoch bereits der erläuternde Hinweis, dass die Leistungscharakteristik der Aufblasvorrichtung erfindungsgemäß dadurch eingestellt wird, dass Druckgas „abgelassen“ wird (Abs. [0009]), wobei in Bezug auf die Lüftungsöffnung weiter dargelegt ist, dass durch sie entweder eine Verteilung (Ablassen) des Gases oder eine Zuleitung von Gas zum Primärairbag vor dessen eigener Betätigung oder eine Zuführung von Gas zu einem zusätzlichen Airbag-Luftkissen erfolgt (Abs. [0010]). Da die Patentansprüche und der ihrer Erläuterung dienende Beschreibungstext als sinnvolles Ganzes zu betrachten sind, ist der Fachmann bemüht, ein Verständnis der im Anspruch gebrauchten Begrifflichkeiten zu finden, die sämtliche Ausführungsbeispiele einfängt, die nach dem Inhalt der Patentbeschreibung als mögliche und/oder bevorzugte Ausführungsvariante der allgemeinen technischen Lehre des Patentanspruchs beschrieben sind. Ein derartiges Verständnis ist hier ohne Weiteres dahingehend möglich, dass mit der Forderung, durch die Lüftungsöffnung Gas „zuzuführen“ auch der Fall eines Ablassens von Druckgas in die Atmosphäre gemeint ist. Denn auch in einem solchen Fall wird überschüssiges Gas durch die Lüftungsöffnung „zugeführt“, nämlich – statt in den Primärairbag oder in den Zusatzairbag – in die Umgebung.
b)
Soweit die Beklagten geltend machen, der aufrechterhaltende Patentanspruch 1 stelle eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsanmeldung dar, weil dort noch ein einziger Zünder als Mittel zum Zerbersten der die Lüftungsöffnung verschließenden Membran vorgesehen gewesen sei, während Patentanspruch 1 in der vom Bundespatentgericht bestätigten Fassung mehrere Zünder zulasse, kann hierauf eine Vernichtungswahrscheinlichkeit schon deshalb nicht gestützt werden, weil es die Beklagten – entgegen der verfahrensleitenden Verfügung vom 22.07.2010 – auflagenwidrig versäumt haben, eine deutsche Übersetzung der Anmeldeschrift vorzulegen. Ungeachtet dessen neigt der Senat bei isolierter Würdigung des – im schriftsätzlichen Vortrag sinngemäß übersetzten – Unteranspruchs 9 der Patentanmeldung dazu, die dortige Formulierung, wonach das Mittel zum Zerbersten der Membrane „ein Zünder ist“, lediglich als Gattungsbezeichnung zu begreifen, mit der keine Festlegung auf die genaue Anzahl der Zünder verbunden ist.
c)
Bei ihren Angriffen auf die Neuheit und Erfindungshöhe von Patentanspruch 1 des Klagepatents stützen sich die Beklagten zum Teil auf Druckschriften (DE 43 41 500, US 5 022 674 = DE 691 06 127), die bereits dem Bundespatentgericht vorgelegen und die mithin bereits eine sachkundige Würdigung erfahren haben. Mit der Nichtigkeitsberufung wollen die Beklagten ihr eigenes Verständnis vom Inhalt der besagten Druckschriften und ihre eigene Wertung im Hinblick auf die angeblich naheliegende Kombination der Schriften an die Stelle derjenigen setzen, die das Bundespatentgericht nach sachkundiger Prüfung vorgenommen hat. Damit können die Beklagten in Bezug auf ihren Aussetzungsantrag keinen Erfolg haben. Die Ausführungen des Bundespatentgerichts sind aus Sicht des Senats mit guten Gründen vertretbar, was nach den eingangs dargelegten Grundsätzen eine Aussetzung verbietet.
Ihren Angriff auf das Klagepatent stützen die Beklagten darüber hinaus auf eine Reihe neuer Entgegenhaltungen (DE 2 227 959, DE 43 41 500, DE 2 348 834, US 2 478 958). Insofern müssen sich die Beklagten allerdings fragen lassen, weshalb die genannten Schriften nicht schon dem Bundespatentgericht präsentiert worden sind. Ihre Einlassung, eine erweiterte Recherche nach vorbekanntem Stand der Technik erst im Anschluss an das ihnen ungünstige Nichtigkeitsurteil vorgenommen zu haben, kann keine hinreichende Rechtfertigung dafür sein, dass umfangreicher neuer Stand der Technik erstmals dem nicht mit eigener technischer Sachkunde ausgestatteten Verletzungsgericht zur Beurteilung unterbreitet wird. Allein die mangelhafte Rechtsverfolgung im Nichtigkeitsverfahren widerspricht einer – im Ermessen des Gerichts liegenden – Aussetzungsanordnung. Abgesehen davon ist aber auch nicht zu erkennen, dass die neu eingeführten Entgegenhaltungen dem Gegenstand des Klagepatents näher kommen als derjenige Stand der Technik, den das Bundespatentgericht bereits zum Nachteil der Beklagten gewürdigt hat: Die DE 43 41 500 betrifft zwar ein Airbagsystem, bei dem durch ein Lüftungsventil zwecks Steuerung der Leistungscharakteristik Gas abgelassen werden kann. Jedoch enthält die DE 43 41 500 keinerlei Angaben über die genaue Ausgestaltung der Lüftungsventile. Insbesondere werden nirgends ausdrücklich Entlüftungsventile erwähnt, die mit einer zerberstbaren Membran versehen sind und die deshalb, wenn sie einmal geöffnet worden sind, auf Dauer und unabänderlich geöffnet bleiben. Ob der Fachmann den von den Beklagten angeführten Beschreibungsstellen (Sp. 5 Z. 53 ff.; Sp. 15 Z. 45 ff.) ein erfindungsgemäßes Entlüftungsventil als Möglichkeit entnimmt, vermag der Senat nicht zu entscheiden. Hierfür bedarf es einer technischen Sachkunde, die im Verletzungsprozess nicht verfügbar ist und derentwegen sich die Beklagten deshalb auf das Nichtigkeitsberufungsverfahren verweisen lassen müssen. Aus der DE 2 227 959 ist eine Sicherheitseinrichtung für ein Kraftfahrzeug, insbesondere eine Vorrichtung zum Aufblasen eines Airbag, bekannt. Die beschriebene Vorrichtung weist einen Druckbehälter mit Druckgas auf, welches durch Betätigung eines Explosionsventils aus dem Druckbehälter in den Airbag abgelassen wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich nicht um eine Hybridaufblasvorrichtung. Auch weist die Vorrichtung nicht zwei getrennte Auslässe im Sinne des Klagepatents auf, weswegen auch sie hinter dem Offenbarungsgehalt der bereits vom Bundespatentgericht berücksichtigten US 5 022 674 zurückbleibt, die zwei getrennte Auslässe im Sinne des Klagepatents beschreibt. Auch in Bezug auf die Gestaltung der Ventile ist die DE 2 227 959 nicht näher an der Lehre des Klagepatents als die US 5 022 674. Die DE 2 348 834 betrifft eine zweistufige Aufblasvorrichtung mit Druckverstärkung für sackartige Organe, wie beispielsweise einen Airbag, mithin eine Hybridaufblasvorrichtung. Auch sie zeigt jedoch keine Vorrichtung mit zwei getrennten Auslässen. Die von der Beklagten zitierte Textstelle (S. 4, 2. Absatz) enthält hierzu keine Angaben. Vielmehr ist mit den Begriffen „gesonderter Entspannungsvorrichtung“ und „gesonderter Zündvorrichtung“ das Ventil eines Auslasses gemeint. Überdies zielt die Lehre nach der DE 2 348 834 darauf ab, gerade keine zerstörbare Membran zu verwenden, sondern ein sogenanntes Pendelventil, welches durch den im Gasbehälter erzeugten Druck ausgelöst wird (S. 5, 1. Absatz).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Veranlassung, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und die auch keine entscheidungserheblichen Fragen aufwirft, deren Beantwortung durch das Revisionsgericht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist (§ 543 Abs. 2 ZPO).