2 U 65/10 – Parkautomat II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1667

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 28. Juli 2011, Az. 2 U 65/10

I.
Die Berufung gegen das am 13. April 2010 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert wird auf 1.500.000,– € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 637 XXX B1 (Anlage BSH 1, im Folgenden: Klagepatent). Das in deutscher Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent nimmt zwei deutsche Prioritäten vom 20. Februar 1993 (DE 9302YYY) und vom 13. Januar 1994 (DE 4400ZZZ) in Anspruch. Es wurde am 28. Januar 1994 angemeldet, der Hinweis auf seine Erteilung am 21. Mai 1997 veröffentlicht.

Mit Urteil vom 23. Januar 2001 (2 Ni 13/00, Anlage BSH 2) hat das Bundespatentgericht den deutschen Teil des Klagepatents insoweit teilweise für nichtig erklärt, als im Anspruch 1 des Klagepatents in dem Passus „für ein Lesen der auszugebenden und/oder zurückgegebenen Parkkarten“ der Bestandteil „/oder“ gestrichen worden ist.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der vom Bundespatentgericht aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt:

„Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten (2) zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke (39) mit einem Vorratsbehälter (1), der bodenseitig eine Vereinzelungseinrichtung (3) für die Parkkarten (2) aufweist, einem anschließenden Fallschacht (4) mit mindestens einem zentralen Leitschacht (11) und davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden Seitenschächten (12, 13) für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten (2) unter Schwerkraft und einer Messstelle (24) im zentralen Leitschacht (11) für ein Lesen der auszugebenden und zurückgegebenen Parkkarten (2) die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke (39) verbunden ist.“

Die nachfolgenden, der Klagepatentschrift entnommenen Figuren verdeutlichen die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Figur 1 zeigt den Längsschnitt einer Ein- und Ausgabevorrichtung für eine Ein- und Ausfahrtkontrollstation eines Parksystems zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke.

Figur 2 zeigt schematisch einen Längsschnitt eines zweiten Ausführungsbeispiels einer Ein- und Ausgabevorrichtung für eine Ein- und Ausfahrtkontrollstation eines Parksystems zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke.

Die Beklagte zu 1) ist eine GmbH. Der Beklagte zu 2) ist ihr Geschäftsführer.

Die Beklagte zu 1) bietet an und vertreibt ein System zur Überwachung gebührenpflichtigen Parkraums. Dieses bewirbt sie unter der Bezeichnung ChipCoinR-System „C“ unter anderem im Rahmen ihres Internetauftritts (auszugsweise als Anlage BSH 6) sowie in einem über ihren Internet-Auftritt abrufbaren Prospekt „A 2008“ (Anlage BSH 7, dort S. 14). Diese als Ausführungsform 1 bezeichnete Ein- und Ausgabevorrichtung für Parkkarten umfasst einen „Geber“, nämlich eine Vorrichtung, die bei der Einfahrt in den Parkraum dem einfahrenden Nutzer eine Parkmünze ausgibt, sowie einen davon verschiedenen „Leser“, nämlich eine weitere Vorrichtung, in die der ausfahrende Nutzer die Parkmünze bei der Ausfahrt einwirft. Sowohl der Geber als auch der Leser weisen jeweils eine sogenannte „Coinzuführung“ auf, nämlich ein Element, durch welches eine runde Parkkarte geführt wird. Die Geber und Leser der Beklagten enthalten identische Kunststofffrästeile. Diese sind im Geber und im Leser in unterschiedlicher Weise mit Magneten, Reflexkopplern und mechanischen Bauteilen bestückt. Wie aus Anlage B 1 und B 2 deutlich wird, sind beispielsweise die Schreib-/Lesespulen und die mechanischen Sperren unterschiedlich angeordnet.

Einsatz- und Wirkungsweise der angegriffenen Ausführungsform 1 zeigen die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (Anlagen B 1, B 2), die von den Beklagten zur Gerichtsakte gereicht worden sind.

Eine Außenansicht der gesamten Coinzuführung, wie sie im Leser der angegriffenen Ausführungsform 1 verwendet wird, bestehend aus dem oben ersichtlichen Kunststoff-Frästeil, einem Metallträger, einer magnetisch betätigten mechanischen Sperre und einer Schreib-/Lesespule, ist aus nachstehend verkleinert wiedergegebener Abbildung (Anlage B 3) ersichtlich, welche von den Beklagten mit Beschriftungen versehen worden ist:

Der „Geber“ nimmt die Parkkarte automatisch zurück, wenn sie vom Anfordernden nicht innerhalb einer vorbestimmten Zeit entnommen wird. In diesem Fall zieht der Abweismagnet an und die Parkkarte fällt senkrecht durch einen Seitenschacht in einen Sammelbehälter.

Darüber hinaus bewarb die Beklagte zu 1) im Jahr 2007 in einem Prospekt mit dem Titel „ChipCoin-Verarbeitung“ (Anlage BSH 22) ein System zur Ausgabe, Entgegennahme und zum Abkassieren von Parkkarten (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform 2). Dabei wird eine Coinzuführung verwendet, wie sie auch in der angegriffenen Ausführungsform 1 enthalten ist. Auch die Ausführungsform 2 verwendet baugleiche, aber anders bestückte Kunststofffrästeile. Nachstehend sind u.A. die Seiten 7 und 8 des Prospekts nach Anlage BSH 22 verkleinert wiedergegeben:

Hierzu heißt es im mittleren Absatz auf Seite 5 der Anlage BSH 22:

„Alle Versionen basieren auf identischen „ChipCoin-Kanälen“ (schwarzes Gehäuse der ChipCoin-Zuführung), die unterschiedlich mit Magneten, Reflexkopplern und mechanischen Bauteilen bestückt sind.“

Weiter halten die Beklagten, wie die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz ausführt, Kassenautomaten mit der Funktion „Verlorener Coin“ vor (angegriffene Ausführungsform 3). Diese verwenden ebenfalls das für den „Geber“ und „Leser“ der Ausführungsform 1 benutzte Kunststofffrästeil. Es handelt sich um Kassenautomaten, bei denen nicht nur ein regulär zuvor, d.h. vor Beginn des Parkvorgangs erworbener ChipCoin eingegeben und bezahlt werden kann, sondern auch – etwa im Falle des Verlusts des Original-ChipCoins – ein Ersatzcoin angefordert und bezahlt werden kann, der die Ausfahrt aus dem A ermöglicht. Drückt man im Display dieser Vorrichtung die zur Anzeige: „Verl. Coin“ gehörige Drucktaste, so erscheint im Display die Aufforderung, eine Parkgebühr von 19,- € zu zahlen. Nach der Zahlung dieses Betrags wird der ChipCoin ausgegeben. Das Innere des Kassenautomaten wird mit folgender, als Anlage B 6 vorgelegten Abbildung illustriert:

Die Klägerin hat geltend gemacht, die angegriffenen Vorrichtungen 1 und 2 der Beklagten verwirklichten wortsinngemäß, jedenfalls aber unmittelbar äquivalent, zumindest aber mittelbar wortsinngemäß bzw. gegebenenfalls mittelbar äquivalent alle Merkmale der Ansprüche 1, 2, 3, 4, 6 und 9 des Klagepatents. Auch ein mehrteiliges Parksystem, wie es bei den angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 verwirklicht sei, stelle eine Ein- und Ausgabevorrichtung im Sinne des Klagepatents dar. Der „Geber“ und der „Leser“ verletzten sowohl in ihrer Kombination als auch separat das Klagepatent.

Die Klägerin hat beide Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen patentverletzender Handlungen in der Zeit seit dem 1. Juni 1997 in Anspruch genommen.

Die Beklagten, die um Klageabweisung gebeten haben, haben die Ansicht vertreten, dass sie von der technischen Lehre des Klagepatents weder wortsinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln Gebrauch machen. Sie haben unter anderem der klägerischen Auslegung des Klagepatents, was die Ausgestaltung der Ein- und Ausgabevorrichtung anbelangt, widersprochen und insoweit eingewandt, das Klagepatent gehe von einer Ein- und Ausgabevorrichtung als körperlich einheitlicher Vorrichtung aus.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Klagepatent setze eine Ein- und Ausgabevorrichtung voraus, bei der in einer einzigen Vorrichtung die beiden Funktionen der Eingabe der Parkkarte (nämlich beim Ausfahren aus dem gebührenpflichtigen Parkraum) als auch der Ausgabe der Parkkarte (nämlich beim Einfahren in den Parkraum) verwirklicht werden. Dies ergebe sich sowohl aus dem Anspruchswortlaut als auch aus der technischen Zusammenschau der einzelnen Merkmale. Das Klagepatent fordere Seitenschächte für eine rollende Ein- und Ausgabe und eine einheitliche Messstelle. Für eine Beschränkung der technischen Lehre des Klagepatents auf eine einzige Ein- und Ausgabevorrichtung sprächen auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundespatentgerichts vom 23. Januar 2001 (Anlage BSH 2). Die technische Lehre des Klagepatents grenze sich von derjenigen der als Stand der Technik herangezogenen DE 33 97 986 (Anlage BSH 3a) dadurch ab, dass diese Entgegenhaltung getrennte Vorrichtungen für die Ein- und Ausgabe von codierten Jetons betreffe, während die technische Lehre des Klagepatents auf die Vereinigung beider Funktionen in einer einzigen Vorrichtung beschränkt sei.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten Ansprüche weiter. Zur Begründung führt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages Folgendes aus: Die angegriffenen Ausführungsformen machten von der technischen Lehre des Klageschutzrechts wortsinngemäßen Gebrauch. Das Landgericht habe den Begriff der Ein- und Ausgabevorrichtung zu eng ausgelegt. Das Klagepatent fordere nicht, dass die anspruchsgemäße Eingabe- und Ausgabevorrichtung einteilig ausgebildet sein müsse. Sie könne entweder durch eine einteilige Ein- und Ausfahrtkontrollstation oder getrennt durch eine Einfahrtkontrollstation oder eine Ausfahrtkontrollstation eines Parksystems verwirklicht werden. Entscheidend sei die rollende Aus- und Eingabe von wiederverwendbaren Parkkarten unter Schwerkraft. Der sich an den anspruchsgemäßen Vorratsbehälter anschließende Fallschacht könne mit einem oder mehreren zentralen Leitschächten ausgestaltet sein, die in mehreren Vorrichtungen (Einfahr- und Ausfahrkontrollstation) enthalten sein könnten. Zudem könne die Messstelle anspruchsgemäß auch an mehreren „Messorten“ vorhanden sein.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 13. April 2010 – Az. 4b O 295/08 – wie folgt zu erkennen:

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen

a) Ein- und Ausgabevorrichtungen für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen vorgesehen sind: ein Vorratsbehälter, der bodenseitig eine Vereinzelungseinrichtung für Parkkarten aufweist, ein anschließender Fallschacht mit mindestens einem zentralen Leitschacht und davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden Seitenschächten für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine Messstelle im zentralen Leitschacht für ein Lesen der auszugebenden und zurückgegebenen Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist,

insbesondere wenn

der mindestens eine Leitschacht, gegebenenfalls im Anschluss an einen Einlaufbereich, und die Seitenschächte Abmessungen aufweisen, die ein Umkippen der Parkkarten aus einer aufrechten, rollfähigen Stellung bei ihrer Bewegung durch den Fallschacht vermeiden;

und/oder

die Seitenschächte zu dem mindestens einen Leitschacht derart angeordnet sind, dass die Parkkarten über die Umfangsflächen einlaufen

und/oder

der Leitschacht in einen Auffangbehälter für benutzte und wieder in den Vorratsbehälter einzugringende Parkkarten führt

und/oder

ein Eingabeschacht oberhalb eines Ausgabeschachts vom Leitschacht abgezweigt ist und zwischen den Mündungsbereichen der Schächte im Leitschacht die Messstelle angeordnet ist

und/oder

am Eintritt in einen Ausgabebereich eine den Leitschacht wahlweise sperrende Weiche am Eintritt in einen Ausgabeschacht vorgesehen ist

und/oder

der Fallschacht eine den Durchgang sperrende Arretiervorrichtung zum zeitweiligen Halten der Parkkarten im Bereich der Messstelle aufweist;

b) hilfsweise:

Ein- und Ausgabevorrichtungen für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen vorgesehen sind: ein Vorratsbehälter, der bodenseitig eine Vereinzelungsvorrichtung für Parkkarten aufweist, ein anschließender Fallschacht mit mindestens einem ersten Teil eines zentralen Leitschachtes und einem davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden ersten Seitenschacht für eine rollende Ausgabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine erste Teil-Messstelle im ersten Teil des zentralen Leitschachtes für ein Lesen der auszugebenden Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist, ein zweiter Teil eines zentralen Leitschachtes und ein davon abzweigender, eine jeweilige Neigung aufweisender zweiter Seitenschacht für eine rollende Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine zweite Teil-Messstelle im zweiten Teil des zentralen Leitschachtes für ein Lesen der zurückgegebenen Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist,

insbesondere wenn

der mindestens eine Leitschacht, gegebenenfalls im Anschluß an einen Einlaufbereich, und die Seitenschächte Abmessungen aufweisen, die ein Umkippen der Parkkarten aus einer aufrechten, rollfähigen Stellung bei ihrer Bewegung durch den Fallschacht vermeiden;

und/oder

die Seitenschächte zu dem mindestens einen Leitschacht derart angeordnet sind, dass die Parkkarten über die Umfangsflächen einlaufen

und/oder

der Leitschacht in einen Auffangbehälter für benutzte und wieder in den Vorratsbehälter einzugringende Parkkarten führt

und/oder

ein Eingabeschacht oberhalb eines Ausgabeschachts vom Leitschacht abgezweigt ist und zwischen den Mündungsbereichen der Schächte im Leitschacht die Messstelle angeordnet ist

und/oder

am Eintritt in einen Ausgabebereich eine den Leitschacht wahlweise sperrende Weiche am Eintritt in einen Ausgabeschacht vorgesehen ist

und/oder

der Fallschacht eine den Durchgang sperrende Arretiervorrichtung zum zeitweiligen Halten der Parkkarten im Bereich der Messstelle aufweist;

weiter hilfsweise:

c) für Ein- und Ausgabevorrichtungen für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke mit einem Vorratsbehälter, der bodenseitig eine Vereinzelungsvorrichtung für die Parkkarten aufweist,

einen an den Vorratsbehälter anschließenden Fallschacht mit mindestens einem zentralen Leitschacht und davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden Seitenschächten für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine Messstelle im zentralen Leitschacht für ein Lesen der auszugebenden und zurückgegebenen Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,

insbesondere wenn

der mindestens eine Leitschacht, gegebenenfalls im Anschluss an einen Einlaufbereich, und die Seitenschächte Abmessungen aufweisen, die ein Umkippen der Parkkarten aus einer aufrechten, rollfähigen Stellung bei ihrer Bewegung durch den Fallschacht vermeiden;

und/oder

die Seitenschächte zu dem mindestens einen Leitschacht derart angeordnet sind, dass die Parkkarten über die Umfangsflächen einlaufen

und/oder

der Leitschacht in einen Auffangbehälter für benutzte und wieder in den Vorratsbehälter einzugringende Parkkarten führt

und/oder

ein Eingabeschacht oberhalb eines Ausgabeschachts vom Leitschacht abgezweigt ist und zwischen den Mündungsbereichen der Schächte im Leitschacht die Messstelle angeordnet ist

und/oder

am Eintritt in einen Ausgabebereich eine den Leitschacht wahlweise sperrende Weiche am Eintritt in einen Ausgabeschacht vorgesehen ist

und/oder

der Fallschacht eine den Durchgang sperrende Arretiervorrichtung zum zeitweiligen Halten der Parkkarten im Bereich der Messstelle aufweist;

äußerst hilfsweise:

d) für Ein- und Ausgabevorrichtungen für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke mit einem Vorratsbehälter, der bodenseitig eine Vereinzelungsvorrichtung für die Parkkarten aufweist,

einen an den Vorratsbehälter anschließenden Fallschacht mit mindestens einem ersten Teil eines zentralen Leitschachtes und einen davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden ersten Seitenschacht für eine rollende Aus- und Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine erste Teil-Messstelle im ersten Teil des zentralen Leitschachtes für ein Lesen der auszugebenden Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist, und einen zweiten Teil eines zentralen Leitschachtes und einen davon abzweigenden, eine jeweilige Neigung aufweisenden zweiten Seitenschacht für eine rollende Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft und eine zweite Teil-Messstelle im zweiten Teil des zentralen Leitschachtes für ein Lesen der zurückgegebenen Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist,

zentralen Leitschacht für ein Lesen der auszugebenden und zurückgegebenen Parkkarten, die mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder zu liefern,

insbesondere wenn

der mindestens eine Leitschacht, gegebenenfalls im Anschluß an einen Einlaufbereich, und die Seitenschächte Abmessungen aufweisen, die ein Umkippen der Parkkarten aus einer aufrechten, rollfähigen Stellung bei ihrer Bewegung durch den Fallschacht vermeiden;

und/oder

die Seitenschächte zu dem mindestens einen Leitschacht derart angeordnet sind, dass die Parkkarten über die Umfangsflächen einlaufen

und/oder

der Leitschacht in einen Auffangbehälter für benutzte und wieder in den Vorratsbehälter einzugringende Parkkarten führt

und/oder

ein Eingabeschacht oberhalb eines Ausgabeschachts vom Leitschacht abgezweigt ist und zwischen den Mündungsbereichen der Schächte im Leitschacht die Messstelle angeordnet ist

und/oder

am Eintritt in einen Ausgabebereich eine den Leitschacht wahlweise sperrende Weiche am Eintritt in einen Ausgabeschacht vorgesehen ist

und/oder

der Fallschacht eine den Durchgang sperrende Arretiervorrichtung zum zeitweiligen Halten der Parkkarten im Bereich der Messstelle aufweist.

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 1. Juli 1997 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen (und Typenbezeichnung) sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger;

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet;

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit.a) und b) Rechnungen vorzulegen haben

und

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung enstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1 bezeichneten, seit dem 1. Juli 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Beklagten werden außerdem verurteilt, an die Klägerin € 9.014,00 nebst Zinsen iHv 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die Beklagten halten das Klagepatent nicht für verletzt. Sie vertreten die Auffassung, der Kern der Erfindung liege darin, dass neue und zurückgegebene Parkkarten den einzigen, sich an den Vorratsbehälter einer einheitlichen Vorrichtung anschließenden Fallschacht passierten, der mindestens einen zentralen Leitschacht aufweise. Demgegenüber werde die patentgemäße Lehre nicht verwirklicht, wenn mehrere getrennte Vorrichtungen vorhanden seien, mit denen die mit der Eingabevorrichtung verbundenen Merkmale einerseits und die mit der Ausgabevorrichtung verbundenen Merkmale andererseits jeweils getrennt voneinander verwirklicht würden. Auch könne es auf diese Weise nicht zur patentgemäß erforderlichen Kombination und Minimierung der für eine Ausgabe und Rücknahme der Parkkarten erforderlichen Transportwege kommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil das angegriffene System zur Überwachung gebührenpflichtigen Parkraums die technische Lehre des Klagepatentes in sämtlichen angegriffenen Ausführungsformen nicht – unmittelbar oder mittelbar – wortsinngemäß oder äquivalent verwirklicht.

A.
Die Klageänderung, die durch die Erweiterung der Klage durch Einbeziehung von Ausführungsform 3 erfolgt ist, ist sachdienlich und damit zulässig. Der Streitstoff des vorliegenden Prozesses kann für die Ausführungsform 3 verwendet werden, da dieser die gleiche Technologie wie den anderen Ausführungsformen zugrunde liegt. Eine einheitliche Entscheidung ist deshalb sachgerecht und dient dazu, weitere Rechtsstreitigkeiten in dieser Angelegenheit zu verhindern.

B.
Das Klagepatent betrifft eine Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten, insbesondere Parkchips, zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke.

1.
Wie die Klagepatentschrift zu Beginn der Beschreibung ausführt (Spalte 1, Zeilen 23 ff.), ist aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 33 07 986 (Anlage BSH 3a) eine Parkraumüberwachungsanlage mit mindestens einer Einfahrtkontrollvorrichtung, einer Kasse und einer Ausfahrtkontrollvorrichtung bekannt. Das Aktivieren der Vorrichtung hat zur Folge, dass ein individuell kodierter Jeton in einen Leser geführt und nach dem Auslesen der Kodierung an eine Abgabeeinrichtung weitergeleitet wird (S. 7 der DE 33 07 986). Der Leser enthält eine Durchlaufbahn, an der der Jeton mit seinem Außenumfang anliegt ober abrollt. Dabei ist eine Transporteinrichtung vorgesehen, die den in den Leser eingeführten Jeton umfasst und mit einer voreingestellten Geschwindigkeit längs der Durchlaufbahn bewegt. Anschließend wird der codierte Jeton mit Hilfe einer Transporteinrichtung längs der Transportbahn durch eine Lichtschranke geführt (S. 9 f. der DE 33 07 986).

Die Offenlegungsschrift DE 2 557 984 (Anlage BSH 3b) schildert eine Vorrichtung zur automatischen Ausgabe und Rücknahme von scheibenförmigen Kontrollmarken bei Anlagen mit gebührenpflichtiger Benutzung. Hier wird die wiederverwendbare Kontrollmarke zunächst von dem Benutzer einer Ausgabeeinrichtung entnommen. Nach Beendigung des gebührenpflichtigen Zutritts wirft der Benutzer die Kontrollmarke in eine Lesestation ein und der Besucher kann den gebührenpflichtigen Raum verlassen. Im Ausführungsbeispiel nach Figur 3 der DE 2 557 984

ist gezeigt, dass die Kontrollmarke (34) abwärts auf zwei Antriebsräder (38, 40) fällt, die die Kontrollmarke (36) abstützen. Wenigstens eines dieser Räder ist durch einen Motor (50) über eine Welle (51) angetrieben oder antreibbar. Ausführlich wird in der Offenlegungsschrift der motorische Antrieb der beiden Antriebsräder, die vorgesehene Möglichkeit, die beiden Antriebsräder herauszuschwenken sowie die Notwendigkeit der richtigen Lage der Kontrollmarke auf den Antriebsrädern erörtert (S. 11-14 der DE 2 557 984).

Die Einrichtung, Überwachung und Wartung einer Transporteinrichtung für den Jeton bedarf eines besonderen Aufwands, da Transportbänder bzw. Transportrollen (DE 33 07 986) bzw. motorisch angetriebene Antriebsräder hierfür erforderlich sind, die ggf. mit einer geeigneten Reibschicht ausgestattet sein müssen, um die Kontrollmarke (36) zuverlässig und sicher in Drehung zu versetzen (DE 25 57 985, dort handschriftlich nummerierte S. 11). Solche Transporteinrichtungen sind störanfällig, so dass ein reibungsloser Betrieb der Ausgabe und/oder Rücknahme der Parkkarten nicht gewährleistet ist. Insgesamt weisen beide Offenlegungsschriften somit eine vergleichsweise aufwändige Transporttechnik auf und werden in diesem Sinne in der Klagepatentschrift als „konstruktiv aufwändig“ und „störanfällig“ kritisiert (Spalte 1, Ziff. 35 ff. des Klagepatents). Ein reibungsloser Betrieb der Ausgabe und/oder der Rücknahme der Parkkarten sei somit nicht gewährleistet (Sp. 1, Z. 35 – 43 des Klagepatents).

Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung ist in der Klagepatentschrift angegeben (Spalte 1, Zeilen 44 ff.), eine Ein- und Ausgabevorrichtung für runde, ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisende Parkkarten zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke zu schaffen, die sicher und zuverlässig arbeitet und dabei einfach aufgebaut ist.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird in Anspruch 1 des Klagepatentes eine Ein- und Ausgabevorrichtung für Parkkarten mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen:

1. Ein- und Ausgabevorrichtung

a) für runde Parkkarten (2), die ein Identifikations- und/oder Kommunikationselement aufweisen,

b) zur gebührenpflichtigen Betätigung einer Parkschranke (39).

2. Die Ein- und Ausgabevorrichtung hat

a) einen Vorratsbehälter (1),

b) einen Fallschacht (4) und

c) eine Messstelle (24).

3. Der Vorratsbehälter (1) weist bodenseitig eine Vereinzelungseinrichtung (3) für die Parkkarten (2) auf.

4. Der Fallschacht (4)

a) schließt sich an den Vorratsbehälter (1) an,

b) umfasst mindestens einen zentralen Leitschacht (11) und

c) Seitenschächte (12, 13),

aa) die von dem zentralen Leitschacht (11) abzweigen,

bb) die eine jeweilige Neigung aufweisen,

cc) die für eine rollende Ausgabe und eine rollende Eingabe von
Parkkarten (2) unter Schwerkraft geeignet sind.

5. Die Messstelle (24) ist

a) im zentralen Leitschacht (11) für ein Lesen der auszugebenden und der zurückgegebenen Parkkarten (2) angeordnet und

b) mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke (39) verbunden.

Die Lehre des Klagepatents richtet sich darauf, in einer einheitlichen Vorrichtung die beiden Funktionen der Eingabe einer Parkkarte (nämlich beim Ausfahren aus dem gebührenpflichtigen Parkraum) sowie der Ausgabe einer Parkkarte (nämlich beim Einfahren in den Parkraum) zu verwirklichen. Dabei soll anstelle der im Stand der Technik bekannten komplizierten, mit aufwändiger Transporttechnik ausgestalteten Ein- und Ausgabevorrichtungen für Parkmünzen eine einfachere, weniger störanfällige, nicht auf Motorantriebe angewiesene Technik verwirklicht werden, die sämtliche Funktionen im Zusammenhang mit der Parkzeitüberwachung ebenso gut erfüllt. Als Lösung, die die Vereinfachung des Transports bewirkt, wird dabei eine Ein- und Ausgabevorrichtung vorgeschlagen, die die funktionsbedingten Vorteile runder, scheibenförmiger Parkkarten, insbesondere ihr Rollvermögen unter schlichter Wirkung der Schwerkraft, für den Ein- und Ausgabevorgang nutzt und somit weitgehend ohne angetriebene Beförderungssysteme arbeitet. Gleichzeitig werden die für eine Ausgabe und Rücknahme der Parkkarten erforderlichen Transportwege miteinander kombiniert und dabei auch minimiert (Anlage BSH Sp. 1, Z. 51-58).

2.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedarf vor allem die Frage einer Entscheidung, ob das Klagepatent eine Vorrichtung verlangt, die die Funktionen der Ausgabe und Eingabe von Parkkarten – räumlich-körperlich – in sich vereinigt.

Was zunächst die Merkmale (1) und (2) anbelangt, so mögen diese – isoliert betrachtet – noch die Deutung zulassen, dass die Ein- und Ausgabevorrichtung nicht notwendigerweise als einheitliche, in demselben Gehäuse untergebrachte Baueinheit ausgestaltet sein muss, sondern dass die Eingabevorrichtung einerseits sowie die Ausgabevorrichtung andererseits auch räumlich voneinander getrennt und baulich separiert vorliegen können.

Jedenfalls die Merkmale (3) bis (5) stehen einem solchen Verständnis jedoch entgegen. Nach ihnen verfügt die Eingabe- und Ausgabevorrichtung für runde Parkkarten über einen Fallschacht, der – wie der Name bereits sagt – eine Bewegung der Parkkarten allein durch Schwerkraft ermöglicht und zu dem Patentanspruch 1 ein ganz konkretes Anforderungsprofil formuliert:

– Der Fallschacht soll – erstens – an den Vorratsbehälter mit Vereinzelungseinrichtung anschließen.

– Der Fallschacht soll – zweitens – (mindestens) einen zentralen Leitschacht umfassen, wobei in dem Leitschacht eine Messstelle für das Lesen der auszugebenden und der zurückgegebenen Parkkarten angeordnet ist.

– Von dem zentralen Leitschacht sollen – drittens – geneigte Seitenschächte abzweigen, die dazu dienen, eine rollende Ausgabe und eine rollende Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft zu ermöglichen.

Den Merkmalen (3) bis (5) entnimmt der Durchschnittsfachmann in ihrer Gesamtheit, dass der Vorratsbehälter dazu dient, Parkkarten bereit zu halten, die bei der Einfahrt in den Parkraum an den Parkkunden ausgegeben werden müssen. Die Ausgabe der Parkkarten geschieht insgesamt durch Schwerkraft („Fallschacht“) über denjenigen Seitenschacht, der für die rollende Ausgabe der Parkkarten zuständig ist und dementsprechend geneigt vom zentralen Leitschacht abzweigt. Die Ausgabe von Parkkarten bei Einfahrt in den Parkraum geschieht patentgemäß mithin aus dem Vorratsbehälter (1) über dessen bodenseitige Vereinzelungseinrichtung (3) sowie den sich an den Vorratsbehälter anschließenden Fallschacht, nämlich den zentralen Leitschacht sowie den davon in geeigneter Weise abzweigenden Seitenschacht für die rollende Ausgabe der Parkkarten unter Schwerkraft. Die Eingabe der Parkkarten (bei Ausfahrt aus dem Parkraum) erfolgt ebenfalls mithilfe der Schwerkraft, nämlich im „Fallschacht“ über denjenigen (zweiten) Seitenschacht, der für die rollende Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft vorgesehen ist und mit einer dementsprechenden Neigung vom Leitschacht abzweigt.

Zwar lässt Patentanspruch 1 („mindestens“) es zu, mehr als einen einzigen zentralen Leitschacht vorzusehen. Die Beschränkung auf eine Mindestzahl bedeutet jedoch nicht, dass nach der Erfindung mehrere Leitschächte zugelassen wären, wobei von dem einen Leitschacht nur ein einziger Seitenschacht (z.B. für die rollende Ausgabe von Parkkarten) und von dem anderen zentralen Leitschacht ebenfalls nur ein einziger Seitenschacht (z.B. für die rollende Eingabe von Parkkarten) abzweigt. Patentanspruch 1 verlangt im Gegenteil das Vorhandensein mindestens eines zentralen Leitschachtes, von dem („davon abzweigenden“) mindestens zwei Seitenschächte – einer für die rollende Ausgabe und ein zweiter für die rollende Eingabe von Parkkarten – abzuzweigen haben. Ist dem genügt, lässt es Merkmal 4) darüber hinaus zu, einen oder mehrere weitere zentrale Leitschächte – ohne oder mit einem oder mehreren Seitenschächten – vorzusehen. Ob eine Ausführungsform, wie sie die Klägerin auf Seite 25 ihrer Berufungsbegründung (GA 208) zeichnerisch dargestellt hat, unter den Patentanspruch 1 fällt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da eine derartige Konstruktion keinen Bezug zu den im Rechtsstreit angegriffenen Ausführungsformen hat.

Der – obligatorische eine – zentrale Leitschacht wird von beiden abzweigenden Seitenschächten genutzt und hat infolgedessen eine doppelte Funktion. Er ist zum Einen an der Ausgabe von Parkkarten aus dem Vorratsbehälter bei der Einfahrt in den Parkraum beteiligt und er leistet zum Anderen seinen Beitrag bei der Eingabe von Parkkarten im Zuge der Ausfahrt aus dem Parkraum. Mit Rücksicht auf diese doppelte Funktionalität ordnet Merkmal (5) folgerichtig an, dass die Messstelle für das Lesen der Parkkarten, und zwar der auszugebenden Parkkarten (Einfahrt in den Parkraum) und der zurückgegebenen Parkkarten (Ausfahrt aus dem Parkraum) in dem zentralen Leitschacht (der an beiden Vorgängen beteiligt ist und den deshalb auszugebende wie zurückgegebene Parkkarten gleichermaßen passieren) angeordnet sein soll. Die patentgemäße Messstelle dient aus fachmännischer Sicht dazu, die für die Ermittlung der Parkgebühr relevanten Informationen wie Datum, Einfahrtzeit und Nummer der Einfahrtkontrolle zu erfassen (Sp. 1 Z. 10 ff. des Klagepatents). Aus der Patentbeschreibung ergibt sich, dass das Durchlaufen der Parkkarten durch den Fallschacht zum Lesen der jeweiligen Kennung der Parkkarten und gegebenenfalls zum Kommunizieren mit einer Messstelle genutzt wird (Sp. 2 Z. 7 ff.). Die Messstelle ist daher aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns eine Stelle, an der die im Zusammenhang mit der Ausgabe und Eingabe erforderlichen Informationen aus der Parkkarte ausgelesen werden und die sodann die Aktivierung der Schranke bewirken kann.

Das vorstehend herausgearbeitete Verständnis, wonach über ein- und denselben Fallschacht (d.h. denselben zentralen Leitschacht) sowohl die Ausgabe als auch die Eingabe der Parkkarten erfolgt, deckt sich vollständig mit dem Inhalt der Patentbeschreibung. Am Stand der Technik kritisiert die Klagepatentschrift u.a. (Spalte 1, Zeilen 30-41), dass die Ein- und Ausfahrtkontrollstationen die Parkkarten, welche bei der Einfahrt auszugeben und bei der Ausfahrt einzugeben sind, lagern, einer Lese-Schreibstation zuführen und in dem Parkkunden zugängliche Ausgabeöffnungen befördern müssen. Innerhalb der Ein- und Ausfahrtkontrollstationen hätten – so heißt es – die Parkkarten mehrere Transportwege zurückzulegen, wofür konstruktiv aufwändige und störanfällige Transportbänder oder Transportrollen vorgesehen seien. Mit der Erfindung soll diesem Mangel durch einen konstruktiv einfachen, sicher und zuverlässig arbeitenden Aufbau abgeholfen werden. Zu den Vorteilen der patentgemäßen Lösung führt die Klagepatentschrift (Spalte 1, Zeilen 50-58) aus, dass auf angetriebene Beförderungssysteme (Transportbänder, Transportrollen) weitgehend verzichtet werden kann, weil sich die Parkkarten in der erfindungsgemäßen Ein- und Ausgabevorrichtung unter Schwerkraft bewegen. Letzteres gelingt dank des Fallschachts mit seinem zentralen Leitschacht sowie den beiden davon geneigt abzweigenden Seitenschächten, von denen der eine Seitenschacht für eine rollende Ausgabe der Parkkarten unter Schwerkraft und der andere Seitenschacht für eine rollende Eingabe von Parkkarten unter Schwerkraft geeignet ist. Als weiteren – und zweiten – Vorteil der erfindungsgemäßen Lösung hält der allgemeine Beschreibungstext fest, dass „die für eine Ausgabe und Rücknahme der Parkkarten erforderlichen Transportwege miteinander kombiniert und dadurch auch minimiert (werden)“. Mit der Kombination der Transportwege für die Ausgabe der Parkkarten (Einfahrt in den Parkraum) und für die Rücknahme der Parkkarten (Ausfahrt aus dem Parkraum) ist der Umstand angesprochen, dass beides – Ausgabe und Eingabe der Parkkarten – erfindungsgemäß über den zentralen Leitschacht sowie die jeweils von ihm abzweigenden Seitenschächte erfolgt. Dank dieser Konstruktion wirkt der – eine – zentrale Leitschacht sowohl bei der Ausgabe von Parkkarten (Einfahrt in den Parkraum) als auch bei der Eingabe von Parkkarten (Ausfahrt aus dem Parkraum) mit, womit die jeweiligen Transportwege für die Parkkarten „miteinander kombiniert“ sind.

Unbehelflich ist der Hinweis auf Unteranspruch 5, der vorsieht, dass ein Eingabeschacht oberhalb eines Ausgabeschachtes vom Leitschacht abzweigt und zwischen den Mündungsbereichen der beiden Schächte die Messstelle angeordnet ist. Gegenüber der allgemeinen Anweisung des Hauptanspruchs 1 – ein zentraler Leitschacht mit zwei davon abzweigenden Seitenschächten – stellt Unteranspruch 5 schon deshalb eine spezielle Ausführungsvariante unter Schutz, weil der Eingabeschacht oberhalb des Ausgabeschachtes vorgesehen ist, während Patentanspruch 1 insoweit keinerlei Festlegung trifft und deshalb z.B. auch die umgekehrte Positionierung umfasst.

C.
Die vorstehend erörterte technische Lehre des Klagepatents wird durch die angegriffenen Ausführungsformen weder unmittelbar noch mittelbar benutzt.

1.
Bei der angegriffenen Ausführungsform 1, die in zwei getrennten baulichen Vorrichtungen einen „Geber“ und einen „Leser“ umfasst, fehlt es an einem zentralen Leitschacht, über den Parkkarten sowohl ausgegeben als auch eingegeben werden.

2.
Eine Einfahrtkontrollstation, bei der Parkkarten ausgegeben werden („Geber“) – verletzt das Klagepatent weder wortsinngemäß noch mit gleichwirkenden Mitteln. Es fehlt bei isolierter Betrachtung des Gebers schon an dem Merkmal 1 „Ein- und Ausgabevorrichtung“, da zwar eine Ausgabevorrichtung, nicht aber eine Eingabevorrichtung für Parkkarten vorhanden ist. Die „Rückholfunktion“ des Gebers, nach der die vom Geber zunächst ausgegebene Parkmünze, die innerhalb eines vorgegebenen Zeitraumes nicht von einem Nutzer des Parkraums entnommen wird, wieder zurückgezogen wird, stellt keine patentgemäße „Eingabe“ dar. Aus fachmännischer Sicht ist unter „Eingabe“ im Sinne einer Eingabevorrichtung eine aktiv vom Parkenden gesteuerte Handlung gemeint, mit der er die Parkkarte in die Ein- und Ausgabevorrichtung einführt, um den Zahlvorgang zu initiieren bzw. um nach erfolgter Zahlung die Öffnung der Schranke zu bewirken. Eine automatische, d.h. durch die Ein- und Ausgabevorrichtung selbst veranlasste und zu Sicherungszwecken erfolgende Rücknahme von bereits ausgeworfenen, dann aber nicht entnommenen Parkkarten dient nicht der Gestaltung des Parkvorgangs. Sie dient nur der Sicherung der Parkkarten vor möglichem Missbrauch.

Auch eine äquivalente Patentverletzung durch den („Geber“) für sich genommen liegt nicht vor. Eine nicht wortsinngemäß mit sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruches übereinstimmende Ausführung benutzt die unter Schutz gestellte Erfindung mit äquivalenten Mitteln nur, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d.h. der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (BGH GRUR 1986, 803, 806 – Formstein; BGH GRUR 1988, 896 – Ionenanalyse; BGH GRUR 1989, 903 – Batteriekastenschnur; BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil). Ein „Geber“ erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Es fehlt schon an der objektiven Gleichwirkung, da der automatische Einzug von Parkmünzen zu Sicherungszwecken nicht die gleiche Wirkung hat wie die Eingabe einer Parkmünze zur Bezahlung der Münze bzw. zur Aktivierung der Parkschranke. Die Überlegungen, die notwendig waren, um zu der bei der angegriffenen Ausführungsform vorgenommenen Einzug der Parkmünze zu gelangen, können deshalb nicht am Sinngehalt der technischen Lehre des Klagepatents orientiert sein.

3.
Der „Leser“, der bei der Ausfahrt zurückgegebene Parkkarten aufnimmt, stellt gleichermaßen keine Patentverletzung dar. Es fehlt an einem Seitenschacht, über den Parkkarten an den Parkkunden ausgegeben werden. Mit „Ausgabe“ ist die Anforderung bei Einfahrt in den Parkraum gemeint, weswegen das Auswerfen zurückgegebener Parkkarten, die nicht ordnungsgemäß bezahlt sind, ohne Bedeutung ist.

4.
Ausführungsform 2 verwirklicht Patentanspruch 1 ebenfalls nicht. Bauliche Unterschiede zur Ausführungsform 1 sind nicht substantiiert vorgetragen. Hingegen haben die Beklagten – von der Klägerin unwidersprochen – dargelegt, dass Ausführungsform 2 identisch ist mit Ausführungsform 1. Daher verletzt Ausführungsform 2 aus den gleichen Gründen wie Ausführungsform 1 nicht das Klagepatent.

4.
Die angegriffene Ausführungsform 3 – ein Kassenautomat mit der Funktion „Verlorener Coin“ – verletzt das Klagepatent ebenfalls nicht. Jedenfalls ist Merkmal 5 nicht verwirklicht, denn es ist keine Messstelle erkennbar, die ausgegebene und zurückgegebene Parkkarten liest und mit einer Steuerung zur Betätigung der Parkschranke verbunden ist.

5.
Eine mittelbare Patentverletzung liegt schon deshalb nicht vor, weil die von dem Beklagten angebotenen Coin-Zuführungen nicht dazu geeignet sind, mit ihnen die Lehre des Klagepatents unmittelbar auszuführen.

III.

Da die Berufung erfolglos geblieben ist, hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.