2 U 129/10 – Tintenflüssigkeitsbehälter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1665

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 12. Mai 2011, Az. 2 U 129/10

Vorinstanz: 4b O 16/03
Rechtsmittelinstanz: 2 U 2/04
Restitutionsklage 1: 2 U 41/08
Restitutionsklage 2: 2 U 152/09

I. Die Restitutionsklagen werden als unzulässig verworfen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen.

III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert wird auf 1.400.000,– € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 879 XXX, zu dessen Benennungsstaaten u.a. die Bundesrepublik Deutschland gehört und das einen Flüssigkeitsbehälter für Tintenstrahldrucker betrifft. Patentanspruch 1 des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents lautet in seiner erteilten Fassung (in deutscher Übersetzung) wie folgt:

„Flüssigkeitsbehälter für ein Tintenstrahlaufzeichnungsgerät, der dazu in der Lage ist, von einem Tintenstrahlkopf zu verwendende Flüssigkeit zu enthalten, wobei der Flüssigkeitsbehälter an einem Halter abnehmbar montagefähig ist, der den Tintenstrahlkopf hat, wobei der Flüssigkeitsbehälter folgendes aufweist:

einen Hauptkörper zum Aufbewahren einer Flüssigkeit;

eine Zuführungsöffnung zum Zuführen der Flüssigkeit zu dem Tintenstrahlkopf, wobei die Zuführungsöffnung in einem Abschnitt angeordnet ist, der den Boden des Behälters im Betrieb bildet;

einen ersten Eingriffsabschnitt, der an einer ersten Seite des Hauptkörpers vorgesehen ist und daran angepasst ist, dass er mit seinem ersten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt, um den Flüssigkeitsbehälter während der Montage drehbar zu halten;

und ein Stützelement, das durch den Flüssigkeitsbehälter elastisch gestützt ist und sich von einer zweiten Seite, die zu der ersten Seite entgegengesetzt ist, erstreckt und einen zweiten Eingriffsabschnitt an einer Außenseite von ihm hat, die von der zweiten Seite des Hauptkörpers weggewandt ist, und zu einer Bewegung von der zweiten Seite weg und zu der zweiten Seite hin in der Lage ist, wobei der zweite Eingriffsabschnitt daran angepasst ist, dass er mit einem zweiten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt, wobei die Zuführungsöffnung zwischen dem ersten Eingriffsabschnitt und dem zweiten Eingriffsabschnitt angeordnet ist.“

Mit Urteil vom 20.01.2003 hat das Landgericht Düsseldorf (4b O 16/03) die zum A-Konzern gehörenden Klägerinnen im Hinblick auf die aus der nachfolgenden Tabelle ersichtlichen 16 Tintenpatronen wegen wortsinngemäßer Verletzung des Klagepatents zur Unterlassung, zur Rechnungslegung, zur Vernichtung, zur Entschädigung und zum Schadenersatz verurteilt.

Durch – rechtskräftiges – Urteil vom 17.11.2005 (I-2 U 2/04) hat der Senat die Berufung der Klägerinnen gegen das landgerichtliche Erkenntnis mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Urteilsausspruch statt „Stützelement“ „Schnapp- und Halteelement“ heißt. Grund hierfür war, dass Patentanspruch 1 in einem von der Klägerin zu 1) betriebenen Einspruchsverfahren durch Entscheidung des Europäischen Patentamtes vom 22.04.2005 entsprechend geändert worden war.

Gegen die Einspruchsentscheidung haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Beklagte Beschwerde eingelegt. Am Ende der Beschwerdeverhandlung hat die Technische Beschwerdekammer folgende Entscheidung verkündet:

1. Die Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung mit der Anweisung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

– Patentansprüche 1 bis 25 gemäß dem während der Beschwerdeverhandlung überreichten 4. Hilfsantrag,

– Beschreibung S. 3 in der mit Schriftsatz vom 29.01.2008 überreichten Fassung sowie den S. 2 sowie 4 bis 23 gemäß der erteilten Fassung,

– Zeichnungen gemäß der erteilten Fassung.

Durch die Einspruchsbeschwerdeentscheidung hat Patentanspruch 1 des Klagepatents folgende – in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegebene – eingeschränkte Fassung erhalten (wobei die zusätzlich aufgenommenen Merkmale durch Unterstreichen hervorgehoben sind):

1. Flüssigkeitsbehälter für ein Tintenstrahlaufzeichnungsgerät.

2. Der Flüssigkeitsbehälter

a) ist dazu in der Lage, von einem Tintenstrahlkopf zu verwendende Flüssigkeit zu enthalten,

b) ist an einem Halter abnehmbar montagefähig, wobei der Halter den Tintenstrahlkopf hat,

c) weist einen Hauptkörper zum Aufbewahren einer Flüssigkeit auf,

d) weist eine Zuführöffnung zum Zuführen der Flüssigkeit zu dem Tintenstrahlkopf auf, wobei die Zuführöffnung in einem Abschnitt angeordnet ist, der den Boden des Behälters im Betrieb bildet,

e) weist einen Belüftungsabschnitt für eine Fluidverbindung mit der Umgebung auf,

f) weist einen ersten Eingriffsabschnitt in Form eines hakenförmigen Vorsprungs auf,

g) weist ein Schnapp- und Halteelement auf.

3. Der erste Eingriffsabschnitt

a) ist an einer ersten Seite des Hauptkörpers vorgesehen,

b) ist daran angepasst, dass er mit einem ersten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt, um den Flüssigkeitsbehälter während der Montage drehbar zu halten.

4. Das Schnapp- und Halteelement in der Form eines Verriegelungshebels

a) ist durch den Flüssigkeitsbehälter elastisch gestützt,

b) erstreckt sich von einer zweiten Seite (des Hauptkörpers), die zu der ersten Seite (des Hauptkörpers) entgegengesetzt ist,

c) hat einen zweiten Eingriffsabschnitt in der Form eines Verriegelungshakens an einer Außenseite von sich, die von der zweiten Seite des Hauptkörpers weggewandt ist,

d) ist zu einer Bewegung von der zweiten Seite (des Hauptkörpers) weg und zu der zweiten Seite (des Hauptkörpers) hin in der Lage.

5. Der zweite Eingriffsabschnitt ist daran angepasst, dass er mit einem zweiten Arretierabschnitt des Halters in Eingriff gelangt zur Stützung des Flüssigkeitsbehälters, in dem die Elastizität des Schnapp- und Halteelements den Flüssigkeitsbehälter stützt und anhebt, während der zweite Eingriffsabschnitt gelöst wird.

6. Die Zuführöffnung ist zwischen dem ersten Eingriffsabschnitt und dem zweiten Eingriffsabschnitt angeordnet.

In einem vorausgegangenen Rechtsstreit haben die Klägerinnen mit bei Gericht am 29.05.2008 eingegangenen Restitutionsklagen geltend gemacht, die in dem Verfahren 4b O 16/03 LG Düsseldorf (I-2 U 2/04 OLG Düsseldorf) streitgegenständlichen Tintenpatronen unterfielen der eingeschränkten Fassung von Patentanspruch 1 des Klagepatentes nicht mehr, weswegen die eingangs genannten Verletzungsurteile aufzuheben und die Verletzungsklagen der Beklagten abzuweisen seien.

Mit Urteil vom 26.03.2009 hat der Senat diese – ersten – Restitutionsklagen mangels Einhaltung der Monatsfrist nach § 586 Abs. 1, 2 ZPO als unzulässig abgewiesen. Über die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hat der Bundesgerichtshof (I ZR 55/09) noch nicht entschieden.

Im Anschluss an das Einspruchsbeschwerdeverfahren hat die Klägerin zu 1) gegen den deutschen Teil des Klagepatents Teilnichtigkeitsklage erhoben, auf die das Bundespatentgericht mit am 02.12.2009 verkündeten Urteil (5 Ni 29/09 (EU)) das Klagepatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt hat, als (u.a.) Anspruch 1 über folgende (ins Deutsche übersetzte und in Form einer Merkmalsgliederung dargestellte) Fassung hinausgeht (wobei die gegenüber der Einspruchsbeschwerdeentscheidung zusätzlichen Merkmale grau unterlegt sind):

1. Flüssigkeitsbehälter für ein Tintenstrahlaufzeichnungsgerät.

2. Der Flüssigkeitsbehälter

a) ist dazu in der Lage, von einem Tintenstrahlkopf zu verwendende Flüssigkeit zu enthalten,

b) ist an einem Halter abnehmbar montagefähig, wobei der Halter den Tintenstrahlkopf hat,

c) weist einen Hauptkörper zum Aufbewahren einer Flüssigkeit auf,

d) weist eine Zuführöffnung zum Zuführen der Flüssigkeit zu dem Tintenstrahlkopf auf, wobei die Zuführöffnung in einem Abschnitt angeordnet ist, der den Boden des Behälters im Betrieb bildet,

e) weist einen Belüftungsabschnitt für eine Fluidverbindung mit der Umgebung auf,

f) weist einen ersten Eingriffsabschnitt in Form eines hakenförmigen Vorsprungs auf,

g) weist ein Schnapp- und Halteelement auf.

3. Der erste Eingriffsabschnitt

a) ist an einer ersten Seite des Hauptkörpers vorgesehen,

b) ist daran angepasst, dass er mit einem ersten Arretierabschnitt des Halters in der Form eines Löseverhinderungsloches in Eingriff gelangt, um den Flüssigkeitsbehälter während der Montage drehbar zu halten.

4. Das Schnapp- und Halteelement in der Form eines Verriegelungshebels

a) ist durch den Flüssigkeitsbehälter elastisch gestützt,

b) erstreckt sich von einer zweiten Seite (des Hauptkörpers), die zu der ersten Seite (des Hauptkörpers) entgegengesetzt ist,

c) hat einen zweiten Eingriffsabschnitt in der Form eines Verriegelungshakens an einer Außenseite von sich, die von der zweiten Seite des Hauptkörpers weggewandt ist,

d) ist zu einer Bewegung von der zweiten Seite (des Hauptkörpers) weg und zu der zweiten Seite (des Hauptkörpers) hin in der Lage.

5. Der zweite Eingriffsabschnitt ist daran angepasst, dass er mit einem zweiten Arretierabschnitt des Halters in Form eines Sperrhaken-Eingriffteils in Eingriff gelangt zur Stützung des Flüssigkeitsbehälters, in dem die Elastizität des Schnapp- und Halteelements den Flüssigkeitsbehälter stützt und anhebt, während der zweite Eingriffsabschnitt gelöst wird.

6. Die Zuführöffnung ist zwischen dem ersten Eingriffsabschnitt und dem zweiten Eingriffsabschnitt angeordnet.

Gegen das Urteil des Bundespatentgerichts vom 02.12.2009 haben sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Beklagte (letztere mit einem – inzwischen stattgegebenen – Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Berufungsbegründung) Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof (Xa ZR 42/10) eingelegt, über die derzeit noch nicht entscheiden ist. Hilfsweise hat sich die Beklagte der Berufung der Klägerin zu 1) angeschlossen.

Die Klägerinnen haben sodann – gestützt auf das Urteil des Bundespatentgerichts – weitere Restitutionsklagen anhängig und wiederum geltend gemacht, die in dem Verfahren 4b O 16/03 LG Düsseldorf (I-2 U 2/04 OLG Düsseldorf) streitgegenständlichen Tintenpatronen unterfielen der eingeschränkten Fassung von Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht mehr, weswegen die eingangs genannten Verletzungsurteile aufzuheben und die Verletzungsklagen der Beklagten abzuweisen seien.

Mit Urteil vom 11.11.2010 hat der Senat diese – zweiten – Restitutionsklagen als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer bestandskräftigen (teilweisen oder vollständigen) Vernichtung des Klagepatents. Anlass zur Aussetzung des Restitutionsverfahrens bestehe – auch in Anbetracht der 5-Jahres-Frist des § 586 Abs. 2 ZPO – nicht, da dies auf eine Umgehung dieser Frist hinauslaufen würde und einer Aussetzung bereits entgegen stehe, dass der Rechtsstreit entscheidungsreif sei. Über die auch dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hat der Bundesgerichtshof (X ZR 147/10) ebenfalls noch nicht entschieden.

Die Klägerinnen rechtfertigen die jetzigen – dritten – Restitutionsklagen mit dem erwarteten Urteil des Bundesgerichtshofs im Nichtigkeitsberufungsverfahren und sind der Ansicht, da die zweiten Restitutionsklagen auf das Urteil des Bundespatentgerichts im erstinstanzlichen Nichtigkeitsverfahren gestützt gewesen seien, liege keine anderweitige Rechtshängigkeit vor. Auch in dieser Sache machen sie geltend, der deutsche Teil des Klagepatents sei in seiner eingeschränkten Fassung nicht mehr durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt. Diese eingeschränkte Fassung werde der Bundesgerichtshof nicht erweitern, sondern allenfalls weiter einschränken oder vollständig vernichten.

Die Klägerinnen beantragen,

1.
das Senatsurteil vom 17.11.2005 (I-2 U 2/04) sowie das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20.11.2003 (4b O 16/03) aufzuheben und die Verletzungsklagen abzuweisen;

2.
hilfsweise,

a)
das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens Xa ZR 42/10 auszusetzen,

b)
ihnen Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Restitutionsklagen mangels Rechtskraft der Nichtigkeitsentscheidung und wegen anderweitiger Rechtshängigkeit, die mit Rücksicht auf die noch nicht abgeschlossenen ersten und zweiten Restitutionsverfahren gegeben sei, für unzulässig. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass die in den vorausgegangenen Verletzungsprozessen behandelten Tintenpatronen der Klägerinnen auch von der eingeschränkten Fassung des Klagepatents Gebrauch machen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

A. Die Restitutionsklagen sind unzulässig, so dass sie gemäß § 589 Abs. 1 ZPO analog zu verwerfen sind.

Zum einen steht den nunmehr zur Entscheidung gestellten dritten Restitutionsklagen das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen. Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, der als allgemeine Verfahrensvorschrift auch im Wiederaufnahmeverfahren gilt (§ 585 ZPO), kann die Streitsache während der Dauer ihrer Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig rechtshängig gemacht werden, was von Amts wegen zu beachten ist (vgl. RGZ 160, 345). Vorliegend ist sowohl eine Identität der Parteien als auch eine Identität der Streitsache im Hinblick auf die zweiten und die dritten Restitutionsklagen gegeben. Nach der maßgeblichen Lehre vom Streitgegenstand ist letztere die Berechtigung der Rechtsfolgebehauptung, um die im Prozess gestritten wird (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., Einl. Rdnr. 60 ff m.w.N.). Gegenstand der – aufgrund der eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde noch rechtshängigen – zweiten Restitutionsklagen war die Behauptung der Klägerinnen, die streitgegenständlichen Tintenpatronen unterfielen der im Nichtigkeitsverfahren durch das Bundespatentgericht eingeschränkten Fassung von Patentanspruch 1 des Klagepatents, deren Rechtskraft zu erwarten sei, nicht mehr. Zur Begründung der jetzigen Restitutionsklagen machen die Klägerinnen geltend, der Bundesgerichtshof werde als letzte Instanz im Nichtigkeitsverfahren rechtskräftig entweder das Urteil des Bundespatentgerichts bestätigen oder das Klagepatent anderweitig einschränken oder gar vollständig vernichten. Gegenstand ist also auch hier eine erwartete, im Zeitpunkt der Schlussverhandlung über die Restitutionsanträge noch nicht rechtskräftige Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren in einem für die angegriffene Ausführungsform relevanten Umfang. Das Nichtigkeitsverfahren kann aber nur einen rechtskräftigen Abschluss finden. Nur dieser stellt im Rahmen der analogen Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO das „andere rechtskräftige Urteil“ dar, was zwingend zur Identität der Gegenstände der zweiten und dritten Restitutionsklagen führt.

Angesichts dessen sind die folgenden weiteren Bemerkungen lediglich vorsorglich veranlasst:

Die dritten Restitutionsklagen sind– ebenso wie die zweiten Restitutionsklagen – auch mangels schlüssiger Behauptung des tatsächlichen Vorliegens eines Wiederaufnahmegrundes unstatthaft (§ 589 Abs. 1 ZPO). Eine rechtskräftige Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren lag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des hiesigen Verfahrens nicht vor. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob auch bei einer zunächst unschlüssigen Restitutionsklage ein schlüssiger Restitutionsgrund nachgeschoben werden kann oder ob ein zulässiges Nachschieben bedingt, dass die Restitutionsklage bereits schlüssig erhoben war.

B. Anlass für eine Aussetzung des Rechtsstreits bis zur abschließenden Erledigung des Nichtigkeitsberufungsverfahrens, ein Wiederaufnahmegrund in der Zukunft also ggf. geschaffen wird, besteht auch hier nicht.

Der im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme einer von einer Zustimmung der Hauptfürsorgestelle abhängigen Kündigungsschutzklage vertretenen Ansicht des Bundesarbeitsgerichts, die Wiederaufnahmeklage könne bereits vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens erhoben und das Wiederaufnahmeverfahren sodann bis zum Abschluss dieses Verfahrens ausgesetzt werden (BAG, NZA 1992, 1073 (1077)), vermag sich der Senat aus den bereits im Rahmen der zweiten Restitutionsklagen dargelegten Gründen nicht anzuschießen. Eine vor der endgültigen Entscheidung über den Bestand des Patents (bzw. der Zustimmung zur Kündigung) erhobene Klage ist unzulässig (so auch Bacher, Vernichtung des Patents nach rechtskräftigem Abschluss des Verletzungsprozesses, GRUR 2009, 216). Eine unzulässige Klage ist entscheidungsreif, was einer Aussetzung gemäß § 148 ZPO entgegen steht. Soweit in der Literatur deshalb die Ansicht vertreten wird, § 148 ZPO sei in einem solchen Fall entsprechend anzuwenden (vgl. Grunsky in Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 586 Rdnr. 10 i.V.m. § 581 Rdnr. 2), kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ist eine Analogie auch im Verfahrensrecht grundsätzlich statthaft. Es fehlt aber an einer zu schließenden Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Restitutionsklage in Kenntnis des Umstandes, dass der Restitutionskläger auf die Dauer des Vorschaltverfahrens oftmals keinen Einfluss ausüben kann, davon abhängig gemacht, dass das Vorschaltverfahren binnen 5 Jahren nach rechtskräftigem Abschluss des anzufechtenden Verfahrens ebenfalls rechtskräftig beendet wird. Er hat sich dabei um den Preis materieller Einzelfallgerechtigkeit für den Rechtsfrieden entschieden, der dadurch entsteht, dass die Möglichkeit zur Durchbrechung der Rechtskraft ebenso begrenzt ist wie der Instanzenzug an sich. Dies berücksichtigt die vom Bundesarbeitsgericht unter Berufung auf Grunsky (Anmerkung zu AP SchwbG § 132 Nr. 7) vertretene Auffassung, das durch § 586 Abs. 2 ZPO geschützte Vertrauen einer siegreichen Partei in den Bestand des von ihr erstrittenen Urteils sei bereits dann entzogen, wenn innerhalb der 5-Jahres-Frist Wiederaufnahmeklage erhoben werde, nicht in ausreichendem Maße. Der Gesetzgeber schützt das Vertrauen der siegreichen Partei, wenn binnen 5 Jahren nicht die objektiven Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme geschaffen worden sind. Auf die subjektive Wiederaufnahmeabsicht der unterlegenen Partei kommt es nach dem Willen des Gesetzgebers ebenso wenig an wie auf die Kenntnis der siegreichen Partei von einer solchen Absicht. Schließlich verfangen auch die vom Bundesarbeitsgericht angestellten Gerechtigkeitserwägungen vorliegend nicht. Anders als eine Partei im Kündigungsschutzprozess hat es die Partei des Patentverletzungsverfahrens in der Hand, letzteres durch Einlegung von Rechtsmitteln einschließlich der (ggf. für die Dauer des noch schwebenden Rechtsbestandsverfahrens auszusetzenden) Nichtzulassungsbeschwerde solange „offen“ zu halten, bis die endgültige Entscheidung über den Rechtsbestand des Klagepatents gefallen ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Klägerinnen ist nicht zu entsprechen (§ 712 ZPO). Es ist nicht dargetan, dass eine Vollstreckung des Urteils den Klägerinnen einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die streitentscheidenden Rechtsfragen können auf der Grundlage bereits vorhandener höchstrichterlicher Judikatur entschieden werden.