4b O 3/10 – Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1590

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. März 2011, Az. 4b O 3/10

I. Die Beklagten werden verurteilt,

1. es zu unterlassen,

Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen, die mit einer plastischen Masse ausgefüllt sind, wobei der Spachtel aus einer Platte besteht, deren Rand in der Plattenebene unterschiedliche Krümmungen aufweist, wobei Abschnitte des Randes senkrecht der Ebene der Platte verlaufen, ein senkrechter Abschnitt des Randes von einer Kante begrenzt ist, die parallel der Ebene der Platte verläuft,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei der Spachtel mit einer Schnittkante versehen ist, die durch einen Abschnitt des Randes gebildet ist, dessen Dicke senkrecht der Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt und die Schnittkante mit einem angrenzenden Abschnitt des Randes einen rechten Winkel bildet,

2. der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 28.09.2002 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise (Einkaufs- und Verkaufspreise), die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) des erzielten Gewinns,

wobei die Einkaufspreise und Verkaufsstellen erst für die Zeit seit dem 01.09.2008 mitzuteilen sind,

wobei die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege (Lieferscheine oder Rechnungen) in Kopie mit der Maßgabe vorzulegen haben, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei den Beklagten nach ihrer Wahl vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Empfänger von Angeboten und nicht-gewerblichen Abnehmer statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden und ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, ob eine bestimmte Lieferung oder ein bestimmter Abnehmer in der Auskunft oder ein bestimmter Empfänger eines Angebots in der Rechnung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt,

1. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen Gegenstände gemäß Ziffer I. 1. auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen vom Kläger zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben,

2. die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Dritter befindlichen und nach dem 01.09.2008 in den Verkehr gebrachten Vorrichtungen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1) oder mit deren Zustimmung Besitz an den Vorrichtungen eingeräumt wurde, darüber schriftlich informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 0 810 XXX B1 erkannt hat und sie ernsthaft aufgefordert werden, die Vorrichtungen an die Beklagte zu 1) zurückzugeben und den Dritten dazu ein Angebot zur Rücknahme dieser Vorrichtungen durch die Beklagte zu 1) unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Vorrichtungen sowie die Übernahme der Kosten für die Rückgabe zugesagt wird und die Beklagte zu 1) die Vorrichtungen wieder an sich nimmt.

III. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.196,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.02.2010 zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 28.09.2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.

VII. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

VIII. Den Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer I. 1. ausgesprochene Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu insgesamt 2 Jahren, angedroht, wobei die Ordnungshaft im Hinblick auf die Beklagte zu 1) an deren Geschäftsführern zu vollstrecken ist.

Tatbestand

Der Kläger ist Inhaber des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 810 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent: Anlage K1). Das Klagepatent wurde am 22.11.1996 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 30.05.1996 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 03.12.1997. Am 28.08.2002 wurde der Hinweis auf die Patenterteilung veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents, das einen Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen zum Gegenstand hat, steht in Kraft.

Sein hier maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet:
Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen, die mit einer plastischen Masse ausgefüllt sind, wobei der Spachtel aus einer Platte (1) besteht, deren Rand (2) in der Plattenebene unterschiedliche Krümmungen aufweist, wobei Abschnitte (4-6) des Randes (2) senkrecht der Ebene der Platte (1) verlaufen, ein senkrechter Abschnitt (4-6) des Randes (2) von einer Kante (9, 10) begrenzt ist, die parallel der Ebene der Platte (1) verläuft,
dadurch gekennzeichnet, dass
– der Spachtel mit einer Schnittkante (3) versehen ist, die durch einen Abschnitt des Randes (2) gebildet ist, dessen Dicke senkrecht der Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt und
– die Schnittkante (3) mit einem angrenzenden Abschnitt (4) des Randes (2) einen rechten Winkel (7) bildet.

Hinsichtlich des Wortlauts der lediglich in Form von „insbesondere-Anträgen“ geltend gemachten Ansprüche 2 bis 5 und 7 wird auf den Inhalt der Klagepatentschrift verwiesen.

Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift veranschaulichen den Gegenstand der erfindungsgemäßen Lehre anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele. Figur 1 stellt dabei die Draufsicht auf den Spachtel dar, während Figur 2 den Schnitt entlang der Linie A-A zeigt.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, handelt mit Werkzeugen. Im Internetmarktplatz „A“ bot sie unter dem Verkäufernamen „B“ einen „C“ (Artikelnummer XXX) und einen „D“ (Artikelnummer XXX) zum Verkauf an (vgl. Anlagenkonvolut K4). Die gleichen Fugenspachtel verkaufte sie über ihre eigene Internetseite www.B unter der Bezeichnung „D“ in den Farben schwarz (hart) und weiß (weich) (vgl. Anlage K5). Die zwei angebotenen Ausführungsformen weichen lediglich in Farbe und Härtegrad voneinander ab, weisen im Hinblick auf die patentgeschützte Lehre aber keine wesentlichen Unterschiede auf. Sie werden daher im Folgenden gemeinsam als angegriffene Ausführungsform bezeichnet.

Ein Muster der angegriffenen Ausführungsform befindet sich als Anlage K6 bei der Akte (weiße/weiche Ausführung). Die Ausgestaltung ist auf den nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen zu erkennen, die der Anlage K7 entnommen sind:

Der Kläger mahnte die Beklagte zu 1) mit rechts- und patentanwaltlichem Schreiben vom 05.11.2008 ab und forderte sie zugleich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Die Beklagte zu 1) trat dem mit anwaltlichem Schreiben vom 20.11.2008 entgegen. Für die Abmahnung vom 05.11.2008 macht der Kläger rechts- und patentanwaltliche Gebühren in Höhe von 7.258,00 € geltend, die sich aus einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 350.000 € in Höhe von 3.609 € sowie einer Auslagenpauschale in Höhe von 20 € jeweils für den Rechts- und Patentanwalt zusammensetzen.

Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere weise die angegriffene Ausführungsform eine erfindungsgemäße Schnittkante auf, die aus einem Abschnitt des Randes gebildet sei. Der Begriff des Abschnitts bedeute dabei nicht mehr als „Teil des Ganzen“. Die Schnittkante schließe sich im rechten Winkel an einen angrenzenden Abschnitt des Randes an. Wie dieser angrenzende Abschnitt des Randes ausgestaltet sein solle, werde vom Klagepatent nicht vorgegeben. Er könne daher auch als weitere Schnittkante ausgestaltet sein.

Der Kläger hat zunächst den Vernichtungs- und Rückrufanspruch auch für die Beklagten zu 2) und 3) geltend gemacht und Auskunft hinsichtlich der Einkaufspreise auch für die Zeit vor dem 01.09.2008 begehrt. Nachdem er mit Schriftsatz vom 01.10.2010 seine Klage insoweit teilweise zurückgenommen hat und in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 auf die Ausurteilung einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten im Hinblick auf den Rechnungslegungsanspruch verzichtet hat, beantragt er nunmehr,

zu erkennen wie geschehen,
wobei er vorgerichtliche Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von 7.258,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit geltend macht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.

Die Beklagten behaupten, die Beklagte zu 1) sei zum 30.06.2010 aufgelöst worden. Zum Nachweis legen sie als Anlage B2 eine Bestätigung der Gewerbeabmeldung vor und behaupten, Vermögen der Beklagten zu 1) sei nicht mehr vorhanden.

Weiter sind die Beklagten der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da sie keine erfindungsgemäße Schnittkante aufweise. Zwar verfüge die angegriffene Ausführungsform über einen Bereich, dessen Dicke senkrecht zur Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnehme, hierbei handele es sich jedoch nicht um einen Abschnitt des Randes im Sinne des Klagepatents, sondern lediglich um einen Teil eines solchen Abschnitts. Der Begriff des Abschnittes im Sinne des Klagepatents bezeichne einen funktionellen Bereich, der dem Abziehen der Fugenmasse von einer Fuge diene und dementsprechend beim Einsatz des Spachtels wirksam werde. Bei der angegriffenen Ausführungsform gehe die Schnittkante ohne einen Übergang oder Rücksprung in einen zweiten Teil des gleichen Abschnitts mit zur Plattenebene senkrechter Randerstreckung über. In dem Bereich der Schnittkante sei der Rand des Spachtels gegenüber dem anschließenden Rand desselben Abschnittes lediglich nach hinten versetzt. Diese Ausgestaltung habe zur Folge, dass bei einem Einsatz der Schnittkante stets auch der andere Teil des gleichen Randabschnittes mit seinem senkrecht zur Plattenebene ausgerichteten Rand wirksam werde, was zu Verschmierungen führe.

Im Übrigen bilde die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Schnittkante lediglich mit einer weiteren Schnittkante einen rechten Winkel, nicht aber mit einem Abschnitt des Randes im Sinne des Klagepatents. Das Klagepatent gehe von lediglich einer Schnittkante aus. Der übrige Rand solle senkrecht zur Plattenebene ausgestaltet sein. Der an die Schnittkante angrenzende Abschnitt des Randes müsse daher senkrecht der Ebene der Platte verlaufen. Nur so könne die Schnittkante des Spachtels an der Fuge eingesetzt werden, während gleichzeitig der im rechten Winkel hierzu angeordnete angrenzende Abschnitt des Randes durch seine Ausrichtung senkrecht zur Plattenebene als gute und exakte Führung fungieren könne.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadensersatz, Vernichtung sowie Rückruf aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140 a Abs. 1 und 3, 140 b, 9 S. 2 Nr. 1 PatG, 242, 259 BGB zu. Abzuweisen war die Klage lediglich insoweit, als der Kläger über den Betrag von 6.196,00 € hinausgehende vorgerichtliche Rechts- und Patentanwaltskosten geltend gemacht hat.

I.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Erfindung betrifft einen Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen (Anlage K1 Abs. [0001]).

Ein solcher Spachtel ist erforderlich, um beim Verfugen überschüssiges Material wie Mörtel oder Silikon, das über die umgebende Oberfläche hervorsteht, abzustreifen und die Fugenoberfläche zu glätten. Hierzu waren ausweislich der Klagepatentschrift im Stand der Technik Spachtel gebräuchlich, die mit ihrem Rand entlang der Fuge geführt wurden. (Anlage K1 Abs. [0002]

Die Klagepatentschrift verweist zunächst auf die DE 94 13 XXX, die einen Spachtel beschreibt, der ausschließlich aus einer Platte besteht und unmittelbar mit der Hand ergriffen wird. Vorteilhaft ist hieran nach der Klagepatentschrift die einfache und preiswerte Ausgestaltung. Um die Bearbeitung von Fugen unterschiedlicher Breite sowie die Herstellung von unterschiedlich gekrümmten Fugenoberflächen zu ermöglichen, weisen die Ränder der vorzugsweise ebenen Platte unterschiedliche Krümmungen auf. Neben konvex gebogenen Randbereichen ist die Platte mit einer geraden Kante sowie einer rechtwinkeligen Ecke versehen, um auch solche Fugen bearbeiten zu können, die in einem gewinkelten Bereich angeordnet sind. (Anlage K1 Abs. [0002])

Als nachteilig an dem soeben beschriebenen Fugenspachtel kritisiert die Klagepatentschrift, dass sich ein Teil der abgenommenen Fugenmasse in einem angrenzenden Streifen geringer Dicke verteile. Dies habe ein unsauberes Fugenbild zur Folge, das ein anschließendes Entfernen des randseitigen Streifens erforderlich mache. Insbesondere bei Fugen an Fenstern seien auf der Glasoberfläche auch geringe Mengen verschmierten Materials deutlich sichtbar. Ein Abnehmen der derart verteilten Masse sei mit herkömmlichen Spachteln nicht möglich. Hinzu komme, dass mit den gebräuchlichen Spachteln aufgrund der Form ihres Randes lediglich die Herstellung von Fugen mit einer begrenzten Anzahl von Oberflächenkrümmungen möglich sei. (Anlage K1 Abs. [0003])

In der DE 93 06 XXX, auf die die Klagepatentschrift sodann verweist, wird ein Spachtel beschrieben, mit dem überschüssiges Material neben der Fuge entfernt werden kann (Anlage K1 Abs. [0004]). Hierzu verfügt der Spachtel über Schabkanten, die dadurch gebildet werden, dass die Dicke der Platte an den jeweiligen Randabschnitten nach außen hin abnimmt.

Die erfindungsgemäße Lehre des Klagepatents basiert auf dem Gedanken, die beiden vorstehend beschriebenen, aus dem Stand der Technik bekannten Spachtel in einem Spachtel zu vereinen (sog. „Kombinationswerkzeug“), mit dem zugleich ein sauberes Verfugen und ein Abnehmen etwaiger verschmierter Fugenmasse bewerkstelligt werden kann. Vor diesem Hintergrund beschreibt die Klagepatentschrift die Aufgabe (das technische Problem), einen plattenförmigen Fugenspachtel zur Verfügung zu stellen, der das einfache Aufnehmen von auf einer Oberfläche verschmierter Masse gestattet und einen erweiterten Bereich unterschiedlicher Randkrümmungen besitzt (Anlage K1 Abs. [0005]).

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in seinem hier maßgeblichen Anspruch 1 einen Fugenspachtel mit folgenden Merkmalen vor:

1. Spachtel zum Nacharbeiten von Fugen, die mit einer plastischen Masse ausgefüllt sind.
2. Der Spachtel besteht aus einer Platte (1),
a. deren Rand (2) in der Plattenebene unterschiedliche Krümmungen aufweist,
b. wobei die Abschnitte (4-6) des Randes (2) senkrecht der Ebene der Platte (1) verlaufen und
c. ein senkrechter Abschnitt (4-6) des Randes (2) von einer Kante (9, 10) begrenzt ist, die parallel der Ebene der Platte (1) verläuft.
3. Der Spachtel ist mit einer Schnittkante (3) versehen,
a. die durch einen Abschnitt des Randes (2) gebildet ist, dessen Dicke senkrecht der Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt, und
b. die mit einem angrenzenden Abschnitt (4) des Randes (2) einen rechten Winkel (7) bildet.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch.

Hinsichtlich der Verwirklichung des Merkmals 1 sowie der Merkmalsgruppe 2 ist dies zwischen den Parteien unstreitig, so dass sich weitere Ausführungen der Kammer hierzu erübrigen. Die angegriffene Ausführungsform macht darüber hinaus auch von den Merkmalen 3.a. und 3.b. wortsinngemäß Gebrauch.

1.
Nach Merkmal 3.a. der vorstehend wiedergegebenen Merkmalsgliederung ist der erfindungsgemäße Spachtel mit einer Schnittkante versehen, die durch einen Abschnitt des Randes gebildet ist, dessen Dicke senkrecht der Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt.

Dass die angegriffene Ausführungsform einen Bereich aufweist, dessen Dicke senkrecht der Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt, ist offensichtlich und steht zwischen den Parteien außer Streit. Die Beklagten bestreiten aber, dass es sich bei diesem Bereich um einen Abschnitt des Randes im Sinne des Klagepatents handele. Sie vertreten vielmehr die Auffassung, die Schnittkante bei der angegriffenen Ausführungsform stelle lediglich einen Teil eines erfindungsgemäßen Randabschnittes dar (vgl. hierzu auch die Abbildung in dem Schriftsatz der Beklagten vom 29.06.2010, S. 11, Bl. 47 d.A.).

Der Begriff des „Abschnitts“ wird in der Klagepatentschrift nicht definiert. Verwendung findet er sowohl in den Merkmalen 2.b. und 2.c. als auch in den Merkmalen 3.a. und 3.b. Durch einen Vergleich dieser Merkmale erkennt der Fachmann, dass dem Begriff des „Abschnitts“ vom Klagepatent eine weite Bedeutung beigemessen wird. So kann ein erfindungsgemäßer Abschnitt zum einen dadurch gekennzeichnet sein, dass er senkrecht der Ebene der Platte verläuft (Merkmal 2.b.) und von einer Kante begrenzt wird, die parallel der Ebene der Platte verläuft (Merkmal 2.c.). Zum anderen bezeichnet der Patentanspruch 1 in Merkmal 3.c. aber auch die Schnittkante als Abschnitt des Randes, dessen Dicke senkrecht zur Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt. Diese Ausgestaltung ist notwendig, um der technischen Funktion der Schnittkante gerecht zu werden. Denn diese dient der leichten Aufnahme von aus der Fuge ausgetretenem und verschmiertem Material (Anlage K1 Abs. [0007] und [0014]). Zur Gewährleistung dieser Funktion muss die Schnittkante ein Teil des Randes des Spachtels sein. Denn die Aufnahme des Materials muss am Umfang des Spachtels ermöglicht werden, der durch den Rand begrenzt wird. Aus diesem Grund sieht Merkmal 3.a. vor, dass die Schnittkante durch einen Teil des Randes gebildet wird, wobei dieser Teil als Abschnitt bezeichnet wird.

Wie groß oder wie lang dieser Abschnitt sein soll, gibt der Anspruch nur insoweit vor, als dass durch den Abschnitt eine funktionsfähige Schnittkante gebildet werden muss. Solange der Abschnitt dazu in der Lage ist, aus einer Fuge ausgetretenes und verschmiertes Material aufzunehmen, handelt es sich um einen erfindungsgemäßen „Abschnitt des Randes“.

Demgegenüber ist dem Anspruch keine zwingende Vorgabe dahingehend zu entnehmen, dass als ein Abschnitt des Randes nur der Randbereich zu verstehen ist, der dieselbe Krümmung aufweist. Die erfindungsgemäße Lehre geht nicht davon aus, dass bei gleichem Krümmungsgrad stets nur ein einziger Abschnitt des Randes vorliegen kann. Vielmehr zeigt gerade Merkmal 3.a., dass die verschiedenen Randabschnitte eben nicht nur durch den Grad ihrer Krümmung, sondern auch durch voneinander abweichende Funktionen voneinander abgegrenzt werden können.

Vor diesem Hintergrund wird der Fachmann die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Schnittkante als einen erfindungsgemäßen Abschnitt des Randes begreifen. Zwar ist sie nicht durch eine Krümmung des Randes von dem daran anschließenden Abschnitt des Randes zu unterscheiden, der senkrecht der Ebene der Platte verläuft, wohl aber durch ihre andersartige Ausgestaltung und die damit verbundene andere Funktion.

Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass die durch einen Abschnitt des Randes gebildete Schnittkante der angegriffenen Ausführungsform die ihr nach der erfindungsgemäßen Lehre zukommende Funktion nicht erfüllen kann. Soweit es in der Praxis nachteilig sein sollte, dass die Schnittkante bei der angegriffenen Ausführungsform ohne Krümmung des Randes unmittelbar in einen weiteren Abschnitt des Randes übergeht, der eine parallel zur Plattenebene verlaufende Kante aufweist, hindert dies die Annahme einer wortsinngemäßen Verwirklichung von Merkmal 3.a. nicht. Insofern könnte allenfalls eine verschlechterte Ausführungsform angenommen werden, die jedoch nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents hinausführt.

2.
Die angegriffene Ausführungsform macht auch von Merkmal 3.b. der oben wiedergegebenen Merkmalsgliederung wortsinngemäß Gebrauch. Hiernach bildet die Schnittkante mit dem angrenzenden Abschnitt des Randes einen rechten Winkel.

Die Beklagten sind der Auffassung, die erfindungsgemäße Lehre sehe nur eine einzige Schnittkante vor, an die im rechten Winkel ein Abschnitt des Randes angrenzen müsse, der senkrecht der Ebene der Platte verlaufe. Der angrenzende Abschnitt diene dabei der definierten Führung der Schnittkante. Diese Funktion könne er nur dann erfüllen, wenn er senkrecht zur Plattenebene ausgestaltet sei.

Dieser Auslegung des Klagepatentanspruchs 1 vermag die Kammer nicht zu folgen. Zunächst ist festzustellen, dass der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 keineswegs auf Spachtel begrenzt ist, die nur eine einzige Schnittkante aufweisen. Zwar heißt es in Merkmal 3. „eine“ Schnittkante und in den nachfolgenden Merkmalen 3.a und 3.b. wird sodann auf „die“ Schnittkante Bezug genommen, hierin liegt aber keine Begrenzung auf nur eine einzige Schnittkante. Dies zeigt bereits der Blick auf Figur 1 der Klagepatentschrift, die ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigt. Die eigentliche Schnittkante (3) geht hier in dem nach Merkmal 3.b. geforderten rechten Winkel in einen weiteren Abschnitt des Randes über, dessen Dicke ebenfalls senkrecht zur Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt. Insofern erkennt der Fachmann, dass es dem Klagepatent nicht darauf ankommt, nur eine einzige Schnittkante auszubilden. Vielmehr liegt der erfinderische Schritt gerade darin, die aus dem Stand der Technik bekannten Spachtel mit ihren beiden unterschiedlichen Funktionen (Verfugen und Abnehmen etwaiger Verschmierungen) in einem „Kombinationswerkzeug“ zu vereinen. Dies wird dadurch erreicht, dass der erfindungsgemäße Spachtel sowohl Randbereiche aufweist, in denen der Rand senkrecht zur Plattenebene verläuft (Merkmal 2.b.), als auch Randbereiche, deren Dicke senkrecht zur Plattenebene im spitzen Winkel nach außen abnimmt (Merkmal 3.a.).

Der in Merkmal 3.b. bezeichnete „angrenzende Abschnitt (4)“ muss dabei keineswegs zwingend einen senkrecht zur Plattenebene verlaufenden Rand aufweisen. Vielmehr ist in Merkmal 3.b. der allgemeine Begriff des „Abschnitts“ gewählt worden, der – wie vorstehend ausgeführt – sowohl einen senkrecht zur Plattenebene verlaufenden als auch einen in der Dicke senkrecht zur Plattenebene nach außen abnehmenden Rand bezeichnen kann. Soweit dieser angrenzende Abschnitt mit der Bezugsziffer (4) bezeichnet ist, kommt dem eine einschränkende Wirkung nicht zu. Denn die Aufnahme von Bezugsziffern in den Patentanspruch vermag den Schutzbereich eines Patentes nicht auf ein bestimmtes Ausführungsbeispiel zu beschränken (BGH, GRUR 2006, 316 ff. – Koksofentür). In technischer Hinsicht ist es nicht zwingend erforderlich, dass der im rechten Winkel an die Schnittkante angrenzende Abschnitt des Randes senkrecht der Ebene der Platte verläuft. Soweit bei einem Einsatz der Schnittkante eine Führung des Spachtels entlang einer im rechten Winkel zur Schnittkante verlaufenden Kante erforderlich und gewünscht ist (vgl. hierzu auch Anlage K1 Abs. [0007] und [0014]), kann diese Führung auch durch einen Abschnitt des Randes bewirkt werden, der nach außen hin abgeschrägt ist. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass ein gerader Abschnitt gewisser Länge gegeben ist, der an einer Kante entlanggeführt werden kann, um die definierte Führung des Spachtels zu ermöglichen.

Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Ähnlich wie bei der in Figur 1 der Klagepatentschrift wiedergegebenen bevorzugten Ausführungsform der Erfindung grenzt an die Schnittkante im rechten Winkel ein Abschnitt des Randes an, der ebenfalls als Schnittkante ausgebildet ist. Im Gegensatz zu der in Figur 1 dargestellten Ausführungsform der Erfindung geht dieser Abschnitt dann zwar nicht in einer Geraden in einen weiteren Abschnitt des Randes über, der senkrecht der Plattenebene verläuft, der bei der angegriffenen Ausführungsform im rechten Winkel an die Schnittkante angrenzende Abschnitt des Randes weist aber eine ausreichende Länge auf, um die Führung der Schnittkante entlang einer Kante zu ermöglichen. Gegenteiliges vermochten auch die Beklagten nicht zur Überzeugung der Kammer darzutun. Insbesondere vermag allein die ggf. etwas ausgeprägtere Stabilität eines senkrecht ausgestalteten Randabschnittes nicht die Annahme zu begründen, eine Schnittkante sei zur Führung generell ungeeignet.

III.
Aus der wortsinngemäßen Verletzung des Klagepatents ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen, wobei insbesondere auch die Beklagte zu 1) passiv legitimiert ist.

Zwar haben die Beklagten vorgetragen, die Beklagte zu 1) sei mit Wirkung zum 30.06.2010 aufgelöst worden, der entsprechende Vortrag der Beklagten ist aber nicht hinreichend substantiiert. Nachweise für eine etwaige Auflösung der Gesellschaft wurden nicht vorgelegt. Die als Anlage B2 zur Akte gereichte Gewerbeabmeldung vermag nicht zu belegen, dass die Gesellschaft tatsächlich aufgelöst wurde und über kein Gesellschaftsvermögen mehr verfügt. Inwiefern etwaiges Vermögen der Beklagten zu 1) ggf. vollständig auf die in der Anlage B2 genannte B GmbH übergeleitet wurde, ist unklar. Ist aber noch Gesellschaftsvermögen vorhanden, so führt die Auflösung einer GbR nicht zu deren Vollbeendigung; vielmehr besteht sie als Liquidationsgesellschaft fort (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Auflage, vor § 723 Rn 2). Als solche steht sie Gläubigern als Haftungsobjekt zur Verfügung, bis deren berechtigte Ansprüche erfüllt sind.

1.
Da die Beklagten das Klagepatent widerrechtlich benutzt haben, sind sie gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung der Benutzungshandlungen verpflichtet.

2.
Des Weiteren haben die Beklagten dem Kläger als Gesamtschuldner Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen bzw. dessen Geschäftsführer hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB.

Hinsichtlich der durch die vorgerichtliche Abmahnung der Beklagten zu 1) entstandenen Kosten ist der Schaden bereits bezifferbar. Unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 250.000 € errechnet sich für die beteiligten Rechts- und Patentanwälte ein Gebührenanspruch in Höhe von 6.196 €, der sich aus der zweifachen 1,5 Geschäftsgebühr in Höhe von 3.078 € und der zweifachen Auslagenpauschale in Höhe von 20 € zusammensetzt. Ein darüber hinausgehender Erstattungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Die Zinszahlungspflicht ergibt sich aus § 291 BGB.

Im Übrigen ist der Kläger derzeit nicht in der Lage, den konkreten Schaden zu beziffern. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass dem Kläger als Inhaber des Klagepatents durch die Patentverletzung weiterer Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

3.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Der Kläger ist auf die geltend gemachten Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagten werden demgegenüber durch die von ihnen verlangte Auskunft nicht unzumutbar belastet. Hinsichtlich der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer war den Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl., Rn. 783).

4.
Der Vernichtungsanspruch findet seine Grundlage in Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 PatG. Dass die Vernichtung der patentverletzenden Erzeugnisse unverhältnismäßig wäre, macht die Beklagte zu 1) nicht geltend.

5.
Die Beklagte zu 1) ist des Weiteren verpflichtet, die durch Benutzungshandlungen seit dem 01.09.2008 in die Vertriebswege gelangten und dort noch vorhandenen patentverletzenden Erzeugnisse zurückzurufen, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG. Dass der Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse unverhältnismäßig wäre, ist seitens der Beklagten zu 1) nicht vorgebracht.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 S. 1 ZPO. Dem Hilfsantrag der Beklagten auf Abwendung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung ist nicht zu entsprechen. Eine Abwendungsbefugnis gemäß § 711 ZPO wäre nur möglich in den Fällen des § 708 Nr. 11 ZPO. Für einen Schutzantrag gemäß § 712 ZPO fehlt es an der Darlegung und Glaubhaftmachung eines etwaigen nicht zu ersetzenden Nachteils, der den Beklagten bei Vollstreckung drohen könnte.

VII.
Der Streitwert wird auf 250.000,00 Euro festgesetzt.

Ist Gegenstand des Verfahrens ein Unterlassungsanspruch, ist für die Streitwertbemessung entscheidend, mit welchen Nachteilen der Kläger bei einer Fortsetzung des beanstandeten (mutmaßlich schutzrechtsverletzenden) Verhaltens rechnen muss. Die Wertfestsetzung hat insoweit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Rechtsschutzziel nicht in einer Sanktion für den oder die bereits vorliegenden, die Wiederholungsgefahr begründenden Verstöße besteht, sondern dahin geht, den Kläger vor künftigen Verletzungshandlungen zu bewahren. Das Interesse an der Rechtsverfolgung richtet sich demgemäß weniger nach dem mit der begangenen Zuwiderhandlung verbundenen wirtschaftlichen Schaden der Partei; ausschlaggebend ist vielmehr das wirtschaftliche Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen verbundenen Nachteile.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang zunächst die bei Klageerhebung noch gegebene Restlaufzeit des Klageschutzrechts. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus einerseits die Verhältnisse beim Kläger (Umsatz, Größe und Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlich drohenden Schaden aus der behaupteten Schutzrechtsverletzung geben, andererseits Art, Ausmaß und Schädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität der Begehungs- oder Wiederholungsgefahr. Werden mit der Klage – neben dem Unterlassungsanspruch – Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz geltend gemacht, so ist der in der Vergangenheit bereits entstandene Kompensationsanspruch überschlägig zu schätzen und der entsprechende Betrag dem Streitwert für den Unterlassungsanspruch hinzuzurechnen, um einen Gesamtstreitwert zu bilden.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte erachtet die Kammer für den vorliegenden Rechtsstreit einen Streitwert von 250.000 € für angemessen. Das Klagepatent hat noch eine Restlaufzeit von ca. 7 Jahren. Der Kläger selbst vertreibt unterschiedliche Ausführungen von Fugenspachteln, die aus einer Platte gebildet sind und sowohl senkrechte als auch abgeschrägte Randabschnitte aufweisen. In diesem Segment kommt ihm eine marktbeherrschende Stellung zu. Mit dem Vorgängermodell des erfindungsgemäßen Fugenspachtels wurden erhebliche Umsätze erzielt; die Gewinne lagen im sechsstelligen Bereich. Diese Umstände sprechen für die Annahme eines in jedem Fall im sechsstelligen Bereich liegenden Streitwertes für den Unterlassungsanspruch. Demgegenüber erscheint der Streitwert des ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzanspruches eher gering. Angegriffen sind zwei Ausführungsformen eines Fugenspachtels, die über das Internet bundesweit beworben werden und ca. 1,80 € bis 2,00 € pro Stück kosten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagtenseite mit diesen Fugenspachteln bislang erhebliche Umsätze erzielt hätte.