4c O 38/14 – Prozesskostensicherheit (2)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2296

Landgericht Düsseldorf
Zwischenurteil vom 8. August 2014, Az. 4c O 38/14

Der Klägerin wird aufgegeben, der Beklagten zu 1. wegen der Prozesskosten Sicherheit in Höhe von 117.000,00 EUR binnen einer Frist bis zum 2. September 2014 zu leisten.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte, insbesondere selbstschuldnerische und unbefristete Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland zum Geschäftsbetriebs befugten Kreditinstituts erbracht werden.

TATBESTAND:

Die Klägerin, die ihren Geschäftssitz in der kanadischen Provinz Ontario hat, nimmt die Beklagten aus dem auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patent EP 1 636 XXX B1 auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

In dem hier zur Entscheidung stehenden Zwischenstreit ist zunächst nur über die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO zu befinden, nachdem die Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2014 unter Bezugnahme auf ihren Schriftsatz vom 1. August 2014 (Bl. 44 d.A.) einen entsprechenden Antrag gestellt hat. An die in Italien geschäftsansässige Beklagte zu 2. ist die Klageschrift noch nicht wirksam zugestellt worden.

Die Beklagte zu 1. beantragt,

der Klägerin aufzugeben, ihr innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten.

Die Klägerin beantragt,

den Antrag der Beklagten zu 1. auf Leistung einer Prozesskostensicherheit zurückzuweisen.

Auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen wird ergänzend Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der zulässige, insbesondere rechtzeitig im Sinne von § 282 Abs. 3 ZPO gestellte Antrag der Beklagten zu 1. auf Leistung einer Prozesskostensicherheit durch die Klägerin ist begründet.

Gemäß § 110 Abs. 1 ZPO muss ein Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit leisten. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die in der Provinz Ontario in Kanada geschäftsansässige Klägerin vor.

Es greift keiner der Ausnahmetatbestände des § 110 Abs. 2 ZPO ein. Eine wirksame Befreiung nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auf Grund Staatsvertrages besteht in Bezug auf Kanada nicht (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 72. Auflage 2014, Anh. § 110 „Kanada“). Der in Betracht kommende Artikel 14 des Deutsch-Britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 20. März 1928 (RGBl. 1928 II, 623), der grundsätzlich auch in Bezug auf Kanada gilt, gewährt nur dann eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit, wenn der Kläger seinen Wohnsitz in Deutschland hat, was vorliegend gerade nicht der Fall ist und im Übrigen schon keine Prozesskostensicherheitspflicht nach § 110 Abs. 1 ZPO auslösen würde (Schütze, RIW 1999, 10, 11; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2008, 944; aA wohl Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, Anh. IV, „Kanada“ unter Verweis auf das dt-brit. Abkommen vom 20. März 1928).

Auch die Voraussetzungen des § 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Der wiederum in Betracht kommende Art. 14 des Deutsch-Britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 20. März 1928 enthält keine Regelung über die Anerkennung und Vollstreckung von Kostenentscheidungen gegen den unterliegenden Kläger (OLG Karlsruhe, aaO). Andere Staatsverträge, die eine staatsvertragliche Vollstreckbarkeit einer Prozesskostenentscheidung zugunsten des Beklagten vorsehen (z.B. Art. 18 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1. März 1954) gelten nicht im Verhältnis zu Kanada (Bachmann in: Geimer-Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Stand: 47. Ergänzungslieferung Januar 2014, Band V, 1065, 17).

Die von Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, Anh. IV, „Kanada“ in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. März 2009 (BGH NJW-RR 2009, 1652), die sich mit der Gegenseitigkeit der Anerkennung und Vollstreckung von Zahlungsurteilen im Verhältnis zur Provinz Ontario beschäftigt und diese bejaht, dürfte sich ausschließlich auf die Frage der Gegenseitigkeit der Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Urteilen im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO beschränken und sich nicht ergänzend zur Sicherheitsleistungspflicht des Beklagten verhalten. Auf das Vorliegen der Gegenseitigkeit i.S.d. § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kommt es nach der Neufassung des § 110 ZPO für die Frage der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit jedoch gerade nicht mehr an (Zöller/Herget, ZPO, 30. Auflage 2014, § 110 Rdnr. 6).

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.