Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. September 2014, Az. 4b O 94/13
Rechtsmittelinstanz: 2 U 63/14
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
TATBESTAND
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen angeblicher Sortenschutzverletzung hinsichtlich der Sorte A auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung einer Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Am 10.08.2007 ermächtigte die B C GmbH die Klägerin, gerichtlich sämtliche Rechte und Ansprüche des Züchters, die diesem in Bezug auf die Vermehrung, den Vertrieb sowie die Aufbereitung der für ihn geschützten Sorten zustehen, im eigenen Namen geltend zu machen (Anlage K1). Der Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ergibt sich aus § 3 ihrer Satzung (vgl. Anlage K10). Die B C GmbH ist in den Anlagen K2 (Stand: 21.02.2012) und K9 (Stand: 2014) als Gesellschafterin der Klägerin gelistet.
In Anlage K3 (Auszug aus dem Register des gemeinschaftlichen Sortenamtes vom 19.02.2008) ist die B C Ltd. als Züchterin und Sortenschutzinhaberin der streitgegenständlichen Sorte A aufgeführt. In der „Übertragung einer ausschließlichen Nutzungsberechtigung“ vom 18.03.2008/25.03.2008 (Anlage K4) ist die „Übertragung“ des ausschließlichen Nutzungsrechts für die Sorte A (einschließlich der Rechte, die sich aus den Nachbaubestimmungen des SortG und der GemSortVO/NachbauVO ergeben) für das Gebiet der BRD von der B C Ltd. als Sortenschutzinhaberin dieser Sorte an die B C GmbH festgehalten.
Am 23.04.2012 erklärte die Beklagte zu 3) gegenüber der Klägerin, 250 dt A zur Nachsaat für das Frühjahr 2012 zugekauft und verwendet zu haben (vgl. Anlage K5). Mit Schreiben vom 14.02.2013 forderte die Klägerin die Beklagten auf, die Rechnung (1200357) vom 21.11.2012 in Höhe von 2.250,00 € zu begleichen (vgl. Anlage K6). Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.07.2013 forderte die Klägerin die Beklagten u.a. auf, auf Grundlage der Erklärung vom 23.04.2012 (Anlage K5) 2.250,00 € Schadensersatz zu leisten, Rechnung zu legen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagten beglichen die geforderte Schadensersatzforderung.
Die Klägerin behauptet, die Ermächtigung in Anlage K1 sei durch den damaligen Geschäftsführer der B C GmbH, Herrn Dr. D, unterzeichnet worden, der zum Zeitpunkt der Unterzeichnung alleinvertretungsberechtigt gewesen sei (vgl. Anlage K8).
Die Übertragungsvereinbarung (Anlage K4) hätten die vertretungsberechtigten Herren E und Dr. D unterzeichnet. Herr E sei zum Zeitpunkt der Unterzeichnung als Leiter der Abteilung „F“ vertretungsberechtigt gewesen.
Die B C GmbH sei auch heute noch Inhaberin des ausschließlichen Nutzungsrechts an der Sorte „A“. Die Vereinbarung über die Einräumung des ausschließlichen Nutzungsrecht an der Sorte sei gültig, sie sei nicht aufgekündigt worden.
Die Klägerin behauptet weiter, die Beklagten zu 2) und zu 3) seien Gesellschafter der Beklagten zu 1), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Beklagte zu 1) existiere auch noch, wie sich aus den Anlagen K5, K11 und K12 ergebe. Der Beklagte zu 2) sei daher nicht Einzelunternehmer, sondern betreibe zusammen mit dem Beklagten zu 3) die Beklagte zu 1).
Der Auskunftsanspruch sei nicht verjährt. Die Klägerin habe – insoweit unstreitig – am 23.04.2012 Kenntnis von der Entstehung des Auskunftsanspruchs erhalten und am 27.09.2013 Klage erhoben.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
Erntegut der Sommergerstensorte „A“ unter Verwendung von Vermehrungsmaterial dieser Sorte ohne Zustimmung der jeweiligen Sortenschutzinhaberin bzw. Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte zu erzeugen, wenn diese nicht Gelegenheit hatten, ihre Rechte im Zusammenhang mit den genannten Sortenbestandteilen geltend zu machen,
2. die Beklagten zu verurteilen, Rechnung über die seit dem 25.03.2008 begangene Sortenschutzverletzung in Bezug auf die Sommergerstensorte „A“ zu legen und der Klägerin Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Erzeuger, Lieferanten und anderer Vorbesitzer des Materials oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und die Menge des hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Materials sowie über die Preise, die für das betreffende Material oder die betreffenden Dienstleistungen bezahlt wurden,
3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle Schäden zu ersetzen, die der B C GmbH durch die unter Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden sind und noch entstehen werden, abzüglich bereits gezahlter 2.250,00 €.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.
Sie stellen in Abrede, dass die Ermächtigung aus 2007 (vgl. Anlage K1) heute noch Bestand habe.
Zudem sind sie der Auffassung, dass die Rechtsverfolgung im Rahmen des satzungsgemäßen Zweckes der Klägerin liege. Die Aufgabe der Klägerin sei auf die Überprüfung von Verträgen mit Partnern der Züchter einschließlich des Rückflusses der entsprechenden Lizenzgebühren und der Erhebung von Nachbaugebühren beschränkt.
Die Beklagten sind der Meinung, die Beklagten zu 1) und zu 3) seien nicht passivlegitimiert. Dazu behaupten sie, der Beklagte zu 3) sei vor 20 Jahren aus der GbR ausgeschieden. Die GbR (Beklagte zu 3) existiere seit 2007 nicht mehr. Der Beklagte zu 2) sei als Einzelunternehmer tätig.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, für den Auskunftsanspruch seit dem 25.03.2008 gebe es keine Rechtsgrundlage. Jedenfalls über den Fall der Meldung hinaus sei es zu keinen weiteren Verletzungen gekommen und diese seien auch nicht geltend gemacht worden.
Der verfolgte Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch bestehe auch deswegen nicht, da schon dem Grunde nach die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nie bestanden hätten. Die Beklagten hätten bereits 2011 die volle Lizenzgebühr entrichtet und 2012 das Futtergetreide zum Konsumwarenpreis gekauft. Es sei davon auszugehen, dass der Verkäufer des Futtergetreides von 2012 eine Lizenzgebühr entrichtet habe.
Jedenfalls sei der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch wegen Unverhältnismäßigkeit gemäß § 37b IV SortSchG ausgeschlossen. Der Name und die Anschrift des Verkäufers des Futtergetreides von 2012 habe deswegen der Klägerin mitgeteilt werden sollen, da sie von dem Verkäufer 1/3 der Lizenzgebühren einzufordern beabsichtigt habe. Die Beklagten hätten aber bereits – unstreitig – die Lizenzgebühr auch für 2012 vollständig beglichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst zugehörigen Anlagen sowie das Protokoll vom 31.07.2014 verwiesen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin ist befugt, die Klageansprüche in gewillkürter Prozessstandschaft in eigenem Namen geltend zu machen. Insbesondere besteht ein eigenes rechtschutzwürdiges Interesse der Klägerin als Prozessstandschafterin, fremde Rechte geltend zu machen und es liegt eine wirksame Ermächtigung der B C GmbH (nachfolgend: S-GmbH) als Rechtsträgerin zur Prozessführung durch die Klägerin in deren eigenem Namen vor.
a.
Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft die Rechte von Sortenschutzinhabern geltend macht, die – wie die S-GmbH (vgl. Anlagen K2, K9) – zu ihren Gesellschaftern zählen. Zum einen besteht das hierfür erforderliche eigene wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Geltendmachung fremder Rechte (vgl. auch Satzung der Klägerin in Anlage K10, § 3 Abs. 1; vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2001, Az.: X ZR 134/00 Rn. 13). Zum anderen sind – soweit die Klägerin Rechte geltend macht, die nach der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27.07.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz geschützt sind – auch die Voraussetzungen erfüllt, die Art. 3 Abs. 2 S.1 der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission vom 24.07.1995 über die Ausnahmeregelung gem. Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 für die Geltendmachung der Nachbauvergütung sowie der ihrer Ermittlung dienenden Auskunftsansprüche aufstellt (BGH, GRUR 2004, GRUR Jahr 2004 Seite 763 – Nachbauvergütung).
b.
Darüber hinaus hat die S-GmbH die Klägerin wirksam ermächtigt, den Prozess zu führen. Die S-GmbH hat die Klägerin gemäß Anlage K1, Ziffer 1 ermächtigt, sämtliche Rechte und Ansprüche des Züchters, die diesem in Bezug auf die Vermehrung, den Vertrieb sowie die Aufbereitung der für ihn geschützten Sorten zustehen, vor den ordentlichen Gerichten im Wege der Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Nach Ziff. 2 der Anlage K1 umfasst die Ermächtigung u.a. insbesondere die Geltendmachung von Auskunfts- und Rechnungslegungs- sowie Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen. Aus den vorgelegten Handelsregisterauszügen (Anlagen K8 und K14) ergibt sich, dass Herr Dr. D, der die Anlage K1 für die S-GmbH unterschrieben hat, zum Zeitpunkt der Ermächtigung am 10.08.2007 (vgl. Anlage K1) einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der S-GmbH war. Denn aus Anlage K14 folgt, dass Herr Dr. D ab dem 25.10.2002 alleiniger Geschäftsführer der S-GmbH war. Der Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Lemgo (Anlage K8) beginnt mit dem 15.09.2008, da eine Sitzverlegung der S-GmbH nach Bad Salzuflen erfolgte und dadurch die Zuständigkeit des Amtsgerichts Lemgo begründet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war Herr Dr. D immer noch alleiniger Geschäftsführer der S-GmbH. Es ist daher davon auszugehen, dass Herr Dr. D die Position als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer auch zum Zeitpunkt der Ermächtigungserklärung am 10.08.2007 inne hatte. Die Beklagten haben keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die Ermächtigung aus 2007 heute keinen Bestand hat.
2.
Der Klägerin stehen aus Art. 94 Abs. 1 und 2. der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 i.V.m. §§ 242, 259 BGB keine Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz und Auskunft zu. Die Klage ist unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die S-GmbH ausschließliche Lizenznehmerin an der Sorte A ist, deren Rechte die Klägerin geltend macht.
Für eine wirksame Übertragung von Rechten von der B C Ltd. (nachfolgend: S-Ltd.) auf die S-GmbH sind Darlegung und Nachweis der Alleinvertretungsbefugnis des „additional directors“ E für die S-Ltd. erforderlich. Daran mangelt es.
Gemäß Anlage K3 ist die S-Ltd. Sortenschutzinhaberin der Sortenbezeichnung A. Nach Anlage K4 ist für die S-Ltd. als Sortenschutzinhaberin die Übertragung des ausschließlichen Nutzungsrechts für die Sorte A (einschließlich der Rechte, die sich aus den Nachbaubestimmungen des SortG und der GemSortVO/NachbauVO ergeben) für das Gebiet der BRD am 18./25.03.2008 an die S-GmbH erklärt worden. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Erklärung von einer Person abgegeben wurde, die allein berechtigt war, die S-Ltd. zu vertreten und insofern zu berechtigen und zu verpflichten.
Es kann davon ausgegangen werden, dass Herr John E die Anlage K4 unterschrieben hat und „additional director“ ist. Nach Gründung einer „Limited“ können Direktoren entweder durch eine „ordinary resolution“ der Gesellschafterversammlung oder durch eine Entscheidung der Direktoren („board“) bestellt werden (vgl. Just, Limited, 4. Auflage 2012, Rn. 138). Die Klägerin hat mit der englischsprachigen Anlage K15 eine Niederschrift des „Board of Directors“ vom 27.06.2003 vorgelegt, aus der die Bestellung des Herrn E als „additional director“ der S.-Ltd. hervorgeht. Auch aus der englischsprachigen Anlage K16 ergibt sich, dass Herr E – neben zwei weiteren Direktoren – „Director“ ist.
Bei einer als Gesellschaft englischen Rechts gegründeten „Limited“ gilt ausschließlich englisches Gesellschaftsrecht. Danach wird die „Limited“ – soweit mehreren Direktoren (wie hier) vorhanden sind – durch das „board of directors“ vertreten, wobei die Direktoren grundsätzlich gesamtvertretungsberechtigt sind (vgl. Ebenroth, HGB, 3. Auflage 2014, Rn. 115; Just, Limited, 4. Auflage 2012, Rn. 145; Kadel, MittBayNot 2006, 102, 104, 105). Die Direktoren handeln also grundsätzlich gemeinsam durch das „board“ (vgl. auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, NJW-RR 2012, 1064). Zwar besteht die Möglichkeit, Befugnisse zu übertragen, was regelmäßig in den „articles of association“ vorgesehen wird (vgl. Just, Limited, 4. Auflage 2012, Rn. 145; OLG Dresden, BeckRS 2007, 18340). Dazu, ob mehrere „directors“ einzeln oder gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt sind, fehlt es aber an jeglichem Vortrag der Klägerin trotz schriftlichen Hinweises und erneutem Hinweis in der mündlichen Verhandlung. Insbesondere sind die „articles of association“ nicht vorgelegt worden. Soweit die „articles of association“ zur Vertretungsmacht keine Regelung erhalten, ist auf die Model Articles zurückzugreifen, die ebenfalls Gesamtvertretung vorsehen (vgl. Kadel, MittBayNot 2006, 102, 105).
Die „articles of association“ sind auch nicht etwa durch die Anlagen der nicht nachgelassenen Schriftsätze zur Akte gereicht worden. Die englischsprachigen Anlagen K17 und K18 bestätigen lediglich die Bestellung des Herrn E als „director“ am 27.06.2003. Anlage K19 umfasst ein Urteil ohne Tatbestand, in dem das Problem der Vertretung der S-Ltd. nicht angesprochen ist. Auch ist nicht ersichtlich, welche Relevanz die in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin hineinkopierten Artikel 40 und 43b des Companies Act 2006 haben, die Gutglaubensvorschriften darstellen. Für eine Rechtsscheinsvollmacht sind keine Anhaltspunkte vorgetragen, noch ersichtlich.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Streitwert: 7.500,00 €