4b O 64/13 – Süßwarenmasseausformung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2337

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Oktober 2014, Az. 4b O 64/13

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu 1) bzw. am Beklagten zu 2) zu vollziehen ist,

zu unterlassen

a)
Vorrichtungen zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband mit einer Station zum Ausbringen der Süßwarenmasse auf das Förderband entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite und mit Seitenwänden, die die auf das Förderband ausgebrachte Süßwarenmasse an einem seitlichen Verlaufen hindern,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wobei das horizontal ausgerichtete angetriebene Förderband zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet ist, dass die Ränder während des Umlaufs des Förderbands bereichsweise unter Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite hochklappbar sind und wobei zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder des Förderbandes Leitelemente vorgesehen sind.

b)
Vorrichtungen für die Durchführung eines Verfahrens zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse, indem die Süßwarenmasse auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite ausgebracht und durch die Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert wird, worauf der ausgebrachte Produktteppich unter Verfestigung der Süßwarenmasse gekühlt und einer Weiterbearbeitung zugeführt wird,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und zu liefern,

wobei zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände die Ränder des angetriebenen Förderbandes unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite um etwa 90° hochgeklappt werden und in hochgeklapptem Zustand so lange mitbewegt werden, bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse eingetreten ist;

2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.05.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe,

a) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
b) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3.
der Klägerin durch ein vollständiges und geordnetes Verzeichnis darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.05.2007 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, –zeiten, –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, –zeiten und –preisen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den erzielten Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin gesamtschuldnerisch allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 12.05.2007 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.
Die Beklagte zu 1) wird weiter verurteilt, die oben unter I.1 a) fallenden im Besitz Dritter befindlichen Vorrichtungen aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte zu 1) oder mit deren Zustimmung seit dem 12.04.2007 Besitz an den Vorrichtungen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 10 2005 024 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Vorrichtungen an die Beklagte zu 1) zurückzugeben, und für den Fall der Rückgabe der Vorrichtungen eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises und die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird und wieder an sich zu nehmen.

IV.
Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin € 3.452,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 17.10.2013 zu bezahlen.

V.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu tragen.

VI.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

TATBESTAND

Die Klägerin ist Inhaberin des Patents DE 10 2005 024 XXX (Anlage PBP 1, im Folgenden: Klagepatent). Das Klagepatent wurde am 30.05.2005 angemeldet. Die Offenlegung erfolgte am 11.01.2007. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 12.04.2007 veröffentlicht. Das Klagepatent wurde auf den Einspruch der Beklagten zu 1) hin beschränkt aufrechterhalten. Die Beklagte zu 1) hat mit Schriftsatz vom 10.12.2013 Nichtigkeitsklage (Anlage B4) zum Bundespatentgericht eingereicht, über die bislang noch nicht entschieden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet:

„Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9), in dem die Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausgebracht und durch die Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert wird, worauf der ausgebrachte Produktteppich (9) unter Verfestigung der Süßwarenmasse gekühlt und einer Weiterbearbeitung zugeführt wird,
dadurch gekennzeichnet, dass
zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände die Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (9) über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite um etwa 90° hochgeklappt werden und in hochgeklapptem Zustand so lange mitbewegt werden, bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse eingetreten ist.“

Anspruch 4 des Klagepatents lautet:

„Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2) mit einer Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und mit Seitenwänden, die die auf das Förderband (2) ausgebrachte Süßwarenmasse (9) an einem seitlichen Verlaufen hindern,
dadurch gekennzeichnet, dass
das horizontal ausgerichtete angetriebene Förderband (2) zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet ist, dass die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbands bereichsweis unter Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (10) über die durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite hochklappbar sind und dass zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder (18) des Förderbandes (2) Leitelemente (22) vorgesehen sind.“

Nachfolgend wird in leicht verkleinerter Form eine aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellung einer bevorzugten Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung wiedergegeben. Figur 2 zeigt eine schematische Ansicht der einer Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse.
Die Beklagte zu 1) ist ein spanisches Unternehmen mit Sitz in Spanien. Dort ist ein Mitarbeiter, Herr A, zuständiger Vertreter für Deutschland. Die Homepage der Beklagten zu 1) ist ausschließlich auf Spanisch und Englisch verfügbar. Die Beklagte zu 1) lieferte eine Vorrichtung zur Verarbeitung von Süßwarenmassen (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) wie sie aus den Ablichtungen 1-14 der Anlage PBP 7 ersichtlich ist, an das deutsche Unternehmen B GmbH in C. Die Klägerin mahnte die Beklagte zu 1) erfolglos mit Schreiben vom 03.12.2012 (Anlage PBP 5) wegen Verletzung des Klagepatents ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von allen der in Anspruch 4 geschützten Vorrichtungsmerkmale Gebrauch und sei zudem geeignet, das in Anspruch 1 geschützte Verfahren auszuüben, so dass im Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform auch eine mittelbare Patentverletzung zu sehen sei. Die Beklagten hätten die angegriffene Ausführungsform insbesondere in Kenntnis von der geplanten Verwendung zur Süßwarenherstellung an die B GmbH geliefert. Auch seien die Eignung und deren geplante Verwendung offensichtlich gewesen.
Die vom patentgemäß erforderliche Bildung eines Trogs mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite verlange kein geometrisches Ideal. Ausreichend sei eine hinreichend konstante Schichtdicke und dass die Ränder um etwa 90° hochgeklappt werden könnten. Ferner seien die Entscheidungsgründe des Beschlusses des EPA vom 19.06.2008 (Anlage B 3) nicht auslegungsrelevant, da der Teilwiderruf des Klagepatents auf einer Selbstbeschränkung der Klägerin beruhte.
Aus den Abbildungen der PBP 7 sei zu entnehmen, dass die angegriffene Ausführungsform ein Förderband aufweise, das in den Randbereichen so elastisch ausgebildet sei, dass es mit Hilfe der Leitbleche möglich sei, die Ränder um etwa 90° hochzuklappen. Insofern bildeten die Ränder einen Trog, der dazu führe, eine konstante Schichtdicke des Produktteppichs zu bilden. Die Bilder auf Seite 10 und 11 der Klageerwiderung seien insoweit irrelevant, weil sie nach dem Vortrag der Beklagten eine Eigenentwicklung der Ausbringstation der B GmbH zeige. Im Übrigen sei offen, woher der auf Seite 10 gezeigte Verschnitt stamme. Die Nichtbetriebsstellung des grünen Wehrs sei gegebenenfalls der Grund für den Verschnitt.

Ursprünglich hat die Klägerin auch den Rückruf gegenüber dem Beklagten zu 2) beantragt. Diesbezüglich hat sie die Klage teilweise zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen

hilfsweise

das Verfahren auszusetzen bis das Bundespatentgericht über die Nichtigkeitsklage gegen das deutsche Patent DE 10 2005 024 XXX entschieden hat.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Beklagten zu 1) böte weder an, noch vertreibe sie die angegriffene Ausführungsform oder bringe sie in Verkehr. Da der für Deutschland zuständige Mitarbeiter in Spanien tätig sei, fehle es an einem Inlandsbezug.
Die Beklagten sind ferner der Ansicht, es müsse über die ganze Arbeitsbreite eine konstante, also gleichbleibende Schichtdicke der viskosen Süßwarenmasse erreicht werden. Der Schutzbereich des Klagepatents sei vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung auf eine Vorrichtung beschränkt, welche die jeweilige konstante Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite gewährleisten könne. Auch das DPMA habe in seinem Beschluss vom 19.06.2008 (Anlage B3) die Abgrenzung vom Stand der Technik durch die Gewährleistung konstanter Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite gesehen. Die räumlich-körperliche Ausgestaltung der Vorrichtung sei dadurch vorgegeben, dass die Ränder im hochgeklappten Zustand den Trog bildeten und die maximale Arbeitsbreite begrenzten. Zwischen den Rändern müsse der Produktteppich eine konstante, vom linken zum rechten Rand des Trogs gleichbleibende Schichtdicke aufweisen. „Hinreichend“ konstant sei in Abgrenzung zum Stand der Technik als hinreichend konstant gemeint. Der U-förmige Trog, den das Klagepatent fordere, weise spitze und keine runden Ecken auf.
Die Beklagte behauptet, die angegriffene Ausführungsform erreiche keine konstante Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite. Es müssten Teile des Produktteppichs im äußeren Bereich vor der Weiterverarbeitung entfernt werden. Weder die aktuell verwendete Anlage, die mit einer von der B GmbH entwickelten Station versehen ist, noch die ursprünglich mit einer anderen Station zur Ausbringung versehene Anlage gewährleiste eine konstante Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite. Die Betriebsstellung des grünen Wehrs in Bild 10 und 11 der Klageerwiderung sei für die Verletzung unerheblich.
Die Beklagten sind schließlich der Ansicht, dass Klagepatent werde sich nicht als rechtsbeständig erweisen. Insbesondere die DE 199 08 XXX (nachfolgend: D2) nehme die klagepatentgemäße Lehre neuheitsschädlich vorweg.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2014 Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klägerin hat Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft- und Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Rückruf sowie Erstattung der Abmahnkosten gegen die Beklagten wegen Verletzung des Klagepatents nach §§ 139 Abs. 1, Abs. 2, 140a, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse.

Aus dem Stand der Technik ist ein Ausbringen einer flüssigen oder gering viskosen Süßwarenmasse durch Gießen, Extrudieren, Walzenformung oder mit Düsen bekannt. Dabei besteht die Gefahr – so das Klagepatent –, dass die Süßwarenmasse auf dem Förderband entsprechend ihrer jeweiligen Viskosität mehr oder weniger weit auseinanderläuft bzw. sogar über die seitlichen Kanten des Förderbandes übertritt. Das Klagepatent kritisiert, dass dadurch – abgesehen von der nicht eingehaltenen Schichtdicke – eine Produktionsunterbrechung mit nachfolgender Reinigung notwendig wird. Ferner ist es schwierig und manchmal unmöglich, eine gleichbleibende Schichtdicke über die Arbeitsbreite einzuhalten. Das Auseinanderlaufen der Süßwarenmasse wird vielfach erst durch eine Abkühlung der Süßwarenmasse beendet, bei der die Viskosität entsprechend angestiegen ist. Das Klagepatent führt aus, dass es zur Vermeidung dieser Problematik bekannt sei, einem angetriebenen, horizontal ausgerichteten endlosen Förderband ortsfest angeordnete Seitenschienen zuzuordnen. Diese bestehen oft aus Kunststoff und erstrecken sich im Wesentlichen in vertikaler Richtung und sind in den Randbereichen des Förderbandes über diesem angeordnet. Das Klagepatent kritisiert an dieser Lösung, dass durch den zwischen der Oberfläche des Förderbandes und den Seitenschienen entstehenden Spalt kleinere Mengen an Süßwarenmassen nach außen durchtreten und auf dem Förderband aufbauen. Ferner haften die viskosen Massen aufgrund ihrer Klebrigkeit an den ortsfesten Seitenschienen an und verursachen dadurch ein Ausfransen und eine dadurch unbefriedigende Formgebung im Randbereich des Produktteppichs.
Das Klagepatent nennt auch vorbekannte mitlaufende, relativ schmale senkrecht stehende Seitenbänder, um die geschilderten Nachteile zu vermeiden. Dessen notwendiger synchroner Antrieb verursacht laut dem Klagepatent allerdings erheblichen maschinellen Aufwand. Überdies lässt sich auch bei dieser Lösung ein Spalt, durch den Süßwarenmasse hindurchtreten kann, nicht vermeiden.
Aus der DE 697 04 058 T2 sind schließlich ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines kernhaltigen Nahrungsmittels in Riegelform bekannt. Zur Umhüllung des Kerns, der z.B. aus einer Paste aus Bohnen besteht, mit dem Hüllmaterial, z.B. einer klebrigen Reismasse, wird ein speziell ausgebildetes Förder- und Formungsband eingesetzt. Es weist ein schmales, in Förderrichtung durchgehendes Futterband auf, auf dem eine Vielzahl einzelner, einander in Förderrichtung überlappend angeordneter Bandteile so angeordnet sind, dass die Bandteile unabhängig voneinander angehoben werden können. Damit ist es möglich – so das Klagepatent –, die einzelnen Bandteile rinnenförmig zu verformen und dabei das Hüllmaterial um den gestaltstabilen Kern zu legen. Hieran kritisiert das Klagepatent die mangelnde Eignung für flüssige und gering viskose Massen, weil solche Massen durch die Spalte zwischen den einzelnen Bandteilen hindurchtreten können, so dass die Gefahr einer entsprechenden Verschmutzung sowie von fortwährenden Betriebsunterbrechungen besteht.

Das Klagepatent stellt sich daher die Aufgabe, ein Verfahren und eine Vorrichtung aufzuzeigen, mit denen mit relativ einfachen Mitteln auf einem horizontal ausgerichteten angetriebenen endlosen Förderband eine Süßwarenmasse zu einem Produktteppich mit über die Arbeitsbreite hinreichend konstanter Schichtdicke ausgebracht werden kann, ohne dass die oben beschriebenen Nachteile auftreten.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung (Anspruch 4) und ein Verfahren (Anspruch 1) mit folgenden Merkmalen vor:

1.
Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9)

2.
auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2)

3.
mit einer Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und

4.
mit Seitenwänden, die die auf das Förderband (2) ausgebrachte Süßwarenmasse (9) an einem seitlichen Verlaufen hindern.

5.
Das horizontal ausgerichtete angetriebene Förderband (2)

a)
ist zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet,

b)
dass die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbands bereichsweise hochklappbar sind

i)
unter Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände und
ii)
unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (10) über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite.

c)
Zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder (18) des Förderbandes (2) sind Leitelemente (22) vorgesehen.

(Anspruch 4 des Klagepatents)

1.
Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9),

2.
Die Süßwarenmasse (9) wird auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausgebracht.

3.
Die Süßwarenmasse (9) wird durch die Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert.

4.
Auf dem Förderband wird der ausgebrachte Produktteppich (9) unter Verfestigung der Süßwarenmasse gekühlt und einer Weiterbearbeitung zugeführt wird.

5.
Die Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) werden um etwa 90° hochgeklappt,
a)
zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände
b)
unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (9) über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite.

6.
Die Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) werden in hochgeklapptem Zustand so lange mitbewegt bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse (9) eingetreten ist.

(Anspruch 1 des Klagepatents)

II.

Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 4 (Vorrichtungsanspruch) wortsinngemäß. Streitig ist zwischen den Parteien lediglich das Merkmal 5b)(ii), so dass sich Ausführungen zu den sonstigen unstreitig verwirklichten Merkmalen erübrigen.

1)
Merkmal 5b) verlangt, dass die Ränder des Förderbandes hochklappbar sind und einen Trog bilden mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite.
Nach der Lehre des Klagepatents muss die konstante Schichtdicke über die Arbeitsbreite des Förderbandes entstehen. Die Arbeitsbreite wird nach dem Wortlaut des Anspruchs in Merkmal 5b) durch den Trog bestimmt, den die hochgeklappten Ränder bilden. Der Fachmann erkennt, dass nicht ausgeschlossen ist, dass an den Seitenrändern, wenn der Produktteppich verfestigt ist, etwaige Ungleichmäßigkeiten entstehen. Nach Merkmal 5 sind die beiden Randbereiche des Förderbandes elastisch-nachgiebig ausgebildet. Dadurch sind die Ränder des Förderbandes hochklappbar. Merkmal 5b verhält sich zu der Ausgestaltung des Bandes während des Hochklappens. Danach sollen die Ränder einen Trog bilden. Bei der Arbeitsbreite ist auf den planen Bereich des Förderbandes zwischen den hochgeklappten Rändern abzustellen. In diesem Bereich wird eine konstante Schichtdicke erreicht, indem der Ablauf der Süßwarenmasse durch Lücken an den Seiten verhindert wird.
Der Anspruch selbst stellt an die Ausgestaltung des Trogs keine konkreten Anforderungen. Aus den Absätzen [0008] und [0009] in der allgemeinen Beschreibung erfährt der Fachmann, dass das Hochklappen der Ränder im Querschnitt einen U-förmigen Trog oder eine Rinne entstehen lässt, in dem die viskose Süßwarenmasse ausgebreitet wird. Die Ränder werden um etwa 90° hochgeklappt. Die Seitenwände hindern das seitliche Verlaufen der auf das Förderband ausgebrachten Süßwarenmasse (Merkmal 4 und 5a; Absatz [0011] des Klagepatents). Die Funktion der Ränder liegt also darin, Begrenzungen zu schaffen, innerhalb derer sich die Süßwarenmasse ausbreiten kann. In Abgrenzung zum Stand der Technik und ausgehend von der Aufgabe, unter anderem zu ermöglichen, dass die Süßwarenmasse zu einem Produktteppich mit über die Arbeitsbreite hinreichend konstanter Schichtdicke ausgebracht werden kann (Absatz [0006] des Klagepatents), ist die geforderte gleichbleibende Schichtdicke auf die zwischen den hochgeklappten Rändern bestehende Arbeitsbreite begrenzt. Das Klagepatent kritisiert an dem Stand der Technik, dass durch den Übertritt der Süßwarenmasse über die seitlichen Kanten des Förderbandes die gleichbleibende Schichtdicke über die Arbeitsbreite nicht einzuhalten war. Wenn die Masse auf das Förderband gegeben wird und seitlich auseinanderläuft, baut sich die Schicht in Abhängigkeit von der Viskosität in der Mitte auf und eine gleichbleibende Schichtdicke über die gesamte Breite des Produktteppichs wird nicht erreicht. Das Klagepatent grenzt sich daher von solchen Vorrichtungen ab, die keine Seitenschienen aufweisen (Absatz [0002]). Für das Erreichen einer konstanten Schichtdicke ist zum einen erforderlich, dass der Teil des Förderbandes zwischen den Rändern horizontal verläuft und eben ist. Zum anderen erfordert dies, dass die Seitenwände nicht in jedem beliebigen Winkel zum horizontalen Teil des Förderbandes verlaufen, sondern annähernd vertikal nämlich etwa 90°. Angesichts des Umstandes, dass das Förderband in seinen Randbereichen elastisch-nachgiebig ausgestaltet sein soll (Merkmal 5a)), kann ein exakter Winkel von 90° im Umklappbereich auch nicht erreicht werden. Vielmehr beschreibt das Band in diesem Bereich einen Bogen oder eine Kurve. Das Klagepatent nimmt daher gerundete Kanten im Randbereich in Kauf. Deren Folge können etwaige Unebenheiten der Schichtdicke im Randbereich sein, dies schließt das Klagepatent nicht aus, solange eine konstante Schichtdicke über die plane Arbeitsfläche des Förderbandes für die weitere Produktion erhalten wird. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass ausgefranste Ränder durch ein unregelmäßiges Abreißen der Süßwarenmasse an ortsfesten Seitenrändern vermieden werden sollen (Absatz [0003] des Klagepatents). Dies stellt lediglich einen zusätzlichen Nachteil bei dem Einsatz bestimmter – nämlich ortsfester – Seitenränder dar, ist aber nicht im Zusammenhang mit dem Nachteil der ungewünschten Schichtdicke in der Arbeitsbreite genannt, die das Klagepatent vermeiden möchte.
Etwas anderes folgt auch nicht aus den Gründen der Einspruchsentscheidung des DPMA vom 19. Juni 2008 (Anlage B 3) unabhängig davon, ob man sie als Teil der Beschreibung ansieht oder nicht. Denn der Fachmann erhält aus den Gründen keine Anhaltspunkte, dass Unebenheiten im Randbereich ausgeschlossen seien. Dies folgt nicht aus den Ausführungen, das Ausformen eines Produktteppichs unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs über die Arbeitsbreite sei den entgegengehaltenen Druckschriften nicht zu entnehmen (vgl. Anlage B 3, S. 8). Der referierte Stand der Technik zeigt wannenförmige Tröge, die kein Ausformen eines Produktionsteppichs aus viskoser Süßwarenmasse zeigen. Der klagepatentgemäße Trog hat keine Wannenform, sondern die U-Form/Rinne lässt die Bildung eines Produktionsteppichs zu. Daraus schließt der Fachmann aber nicht, dass es an den Rändern des Teppichs nicht zu Unebenheiten kommen dürfe. Auch aus den Ausführungen des DPMA, dass die in den Druckschriften (7) und (9) gezeigten Förderbänder immer mehr oder weniger abgerundete Ecken zwischen dem Band und dessen hochgeklappten Rändern aufweisen und mit einem solchen Band das Ausformen eines Produktteppichs mit über die ganze Arbeitsbreite konstanter Schichtdicke nicht möglich ist, folgt nichts anderes. Daraus lässt sich – gerade vor dem Hintergrund, dass der Anspruch und die Beschreibung einen Trog also eine U-Form fordern – nicht entnehmen, dass jegliche Abrundung der Ränder ausgeschlossen ist.
Sofern die Beklagten auf die vom Klagepatent als Stand der Technik gewürdigte Schrift DE 697 04 058 T2 und die dortige Figur 6 Bezug nehmen und ausführen, dass diese keine klagepatentgemäße U-Form zeige, verfängt dieser Einwand nicht. Das Klagepatent kritisiert in Absatz [0005] nicht explizit die Ausgestaltung der Rinne durch die mögliche rinnenförmige Verformung des Bandes, sondern die mangelnde Eignung für viskose Süßwarenmassen, die durch die einzelnen überlappenden Bandteile dringen kann.
Schließlich wird der Fachmann den Anspruchswortlaut nicht aufgrund der Figur 2 derart verkürzen, dass der Trog ausschließlich spitze Ecken im Sinne eines exakten Winkels von 90° aufweist. Bei der Figur 2 handelt es sich zum einen um eine schematische Darstellung. Zum anderen sprechen sowohl der weite Anspruchswortlaut, der an den Radius des Hochklappens keinerlei spezifische Anforderungen stellt, als auch der allgemeine Teil der Beschreibung dagegen, in dem lediglich die Rede davon ist, dass die Ränder des Förderbandes um etwa 90° hochgeklappt sind (Absätze [0008], [0009] des Klagepatents).

2)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 4.
Die Klägerin hat anhand der Ablichtungen der Anlage PBP 7 substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform ein Förderband aufweist, das in den Randbereichen so elastisch ausgebildet ist, dass es mit Hilfe der Leitbleche möglich ist, die Ränder um etwa 90° hochzuklappen. Dabei bilden die Ränder einen Trog, der dazu führt, dass eine konstante Schichtdicke des Produktteppichs erreicht wird. Aus den einzelnen Ablichtungen (vgl. Anlage PBP 7) ist im Einzelnen erkennbar, dass der Produktteppich keine Erhebungen oder Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche (Bilder 8-10) aufweist. Auch in Anbetracht des Bildes 7 stellt die Kammer fest, dass die Ränder des Förderbandes fast annähernd in einem 90°-Winkel hochgeklappt sind. Sofern die Beklagten vortragen, dass die Bilder auf Seite 10 und 11 der Klageerwiderung zeigten, dass keine konstante Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite erreicht werden könne, weil Teile vom Produktteppich im äußeren Bereich vor der Weiterverarbeitung entfernt würden, ist dies mangels hinreichend konkretem Vortrag zur Ursache der vermeintlichen Vernichtung nicht erheblich. Auch der pauschale Vortrag, die ursprüngliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform gewährleiste ebenfalls keine konstante Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite verfängt gegenüber der substantiierten Darlegung der Klägerin nicht. Die Klägerin hat überdies mehrere Betriebsparameter angeführt, die zu dem behaupteten Verschnitt geführt haben können. So spielen der Volumenstrom der ausgebrachten Süßwarenmasse und die Geschwindigkeit, mit der das Förderband betrieben wird, für die gleichbleibende Schichtdicke durch gleichmäßige Verteilung eine Rolle. Eine weitere Ursache für den Verschnitt kann eine nicht sachgemäße Bedienung sein, wie z.B. die Außer-Betriebsstellung des grünen Wehrs. Dem sind die Beklagten nicht mehr mit substantiiertem Vortrag entgegengetreten. Insbesondere der pauschale Vortrag in der mündlichen Verhandlung, der Austausch der Aufbringungsstation durch die B GmbH hätte seine Ursache darin, dass die gesamte Arbeitsbreite nicht ausgeschöpft wurde, ist für ein substantiiertes Bestreiten nicht hinreichend konkret. Die Beklagten hätten in Anbetracht des klägerischen Vortrags zumindest darlegen müssen, welche Auswirkungen genau die Aufbringungsstation auf die Schichtdicke ursprünglich hatte. Denn dass direkt bei dem Auslauf aus der Aufbringungsstation keine konstante Schichtdicke erzielt wird, führt bereits das Klagepatent aus, wenn es die bevorzugte Ausführungsform in Figur 2 beschreibt. Sie lässt erkennen, dass sich die gewünschte konstante Schichtdicke noch nicht eingestellt hat, weil Figur 2 den Zustand der Süßwarenmasse unmittelbar beim Ausbringen aus der Station auf das Förderband zeigt (vgl. Absatz [0025] des Klagepatents). Sofern die Beklagten sich darauf zurückziehen, die Betriebsstellung des „grünen Wehr“ sei nicht Anspruchsmerkmal, ist auch dies für die Verletzung irrelevant. Der Anspruch setzt voraus, dass die Vorrichtung durch ihre räumlich-körperlichen Merkmale in der Lage ist, den Produktteppich mit konstanter Schichtdicke bilden zu können. Insbesondere schließt das Klagepatent auch nicht aus, weitere Mittel zur Verteilung der Masse und zur Herstellung eines homogenen Produktteppichs vorzusehen. Die Beklagten haben indes nicht in Abrede gestellt, dass bei bestimmten Betriebsparametern und bei Benutzung des Wehrs eine konstante Schichtdicke erreicht werden kann. Es handelt sich auch nicht um Behauptungen der Klägerin ins Blaue hinein, da diese auf die Abbildung 11 der Beklagten konkret Bezug nimmt.

3)
Aus der Verwirklichung aller klagepatentgemäßen Merkmale durch die angegriffene Ausführungsform ergeben sich nachstehende Rechtsfolgen.

a)

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Unterlassung nach § 139 Abs. 1 PatG. Die notwendige Wiederholungsgefahr auch im Hinblick auf andere Benutzungshandlungen besteht bereits aufgrund des Anbietens.

Es ist jedenfalls ein Angebot nach Deutschland erfolgt (vgl. Anlage PBP 6, S. 4), nämlich das der Lieferung der Anlage an die B GmbH. In der außergerichtlichen Korrespondenz haben die Beklagten sich diesbezüglich so geäußert, dass sie die streitgegenständlichen Anlage angeboten und geliefert haben. Darauf hat die Klägerin ausdrücklich Bezug genommen. Die Beklagten haben dies im Übrigen nicht substantiiert bestritten. Abgesehen davon ist es lebensnah, dass der Lieferung der angegriffenen Ausführungsform ein Angebot vorausging. Dass die Beklagten eine angegriffene Ausführungsform an die B GmbH lieferten, ist unstreitig.

b)

Die Klägerin hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus § 139 Abs. 1 und 2 PatG, weil die Beklagten die Patentverletzung schuldhaft begingen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin als Inhaberin des Klagepatents durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

c)

Der Klägerin steht gegen die Beklagten auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

d)

Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen, die vor Ende der Laufzeit des Klagepatents in die Vertriebswege gelangt sind, gemäß § 140a Abs. 3 PatG, da die Beklagten mit der angegriffenen Ausführungsform die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG benutzten, ohne dazu berechtigt zu sein. Der Rückrufanspruch setzt nach seinem Wortlaut Eigentum und Besitz nicht voraus. Nach seinem Sinn und Zweck, die Aufrechterhaltung der Rechtsverletzung durch weiteren Vertrieb zu unterbinden, besteht der Rückrufanspruch daher auch gegen die Beklagten, die im Ausland ihren Sitz haben.

III.

Ferner liegt in dem Anbieten und Liefern der Vorrichtung ebenfalls eine mittelbare Verletzung des Verfahrensanspruchs 1 des Klagepatents. Auch hier ist wiederum nur das Merkmal 5b) zwischen den Parteien streitig. Ausführungen der Kammer zu den anderen Merkmalen erübrigen sich. Diese sind unstreitig verwirklicht.

1)
Im Rahmen der Auslegung kann weitgehend auf die vorstehenden Ausführungen zu Merkmal 5b(ii) des Vorrichtungsanspruchs, das gleichlautend ist, Bezug genommen werden. Auch wenn in Merkmal 5, das der Fachmann im Zusammenhang mit dem Merkmal 5b) lesen wird, nunmehr ein Winkel von etwa 90° beansprucht ist, ändert dies nichts an der obigen Auslegung. Unter „etwa 90°“ versteht der Fachmann auch hier nicht exakt 90°, wobei runde Ecken aufgrund der Winkelverkürzung ausgeschlossen seien. Eine solche Auslegung trägt auch der Wortlaut des Verfahrensanspruchs nicht.

2)
Die angegriffene Ausführungsform ist als wesentliches Element der Erfindung auch geeignet, für die unmittelbare Benutzung der klagepatentgemäßen Erfindung verwendet zu werden. Mit dieser Vorrichtung werden alle Merkmale des Verfahrens zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse verwirklicht. Auf die obigen Ausführungen zur Verletzung wird Bezug genommen.

3)
Das Angebot und die Lieferung der angegriffenen Ausführungsform in die Bundesrepublik Deutschland erfüllen den Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung, § 10 PatG.
Durch das Angebot und die Lieferung nach Deutschland– insoweit verweist die Kammer auf ihre diesbezüglichen Ausführungen zum Anbieten im Rahmen der unmittelbaren Verletzung – ist auch der doppelte Inlandsbezug gegeben. Insbesondere nutzt die B GmbH die angegriffene Ausführungsform auch im Inland. Eine Berechtigung der B GmbH ist nicht ersichtlich. Eine solche folgt auch nicht durch den späteren Einbau eines Ersatzteils der Klägerin. Eine Zustimmung der Klägerin liegt nicht vor. Da es sich bei der angegriffenen Ausführungsform um Maschinen im Sondermaschinenbau handelt, der auf die Bedürfnisse der Abnehmer angepasst wird, war es jedenfalls für die Beklagten offensichtlich, dass die angegriffene Ausführungsform geeignet ist, das klagepatentgemäße Verfahren durchzuführen und hierzu von der B GmbH auch eingesetzt zu werden. Die angegriffene Ausführungsform kann und soll auch patentgemäß verwendet werden. Wie gesehen weist sie die hochklappbaren Ränder auf. Ein anderweitiger Einsatz insbesondere der Ränder ist nicht ersichtlich.

4)
Aus der mittelbaren Patentverletzung ergeben sich die tenorierten Rechtsfolgen mit Ausnahme des Rückrufanspruchs.

IV.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folgt aus § 139 Abs. 2 PatG. Durch die seitens der Patentanwälte der Klägerin erfolgte Abmahnung sind Kosten in tenorierter Höhe entstanden. Gegen den Ansatz einer 1,5-Gebühr bei einem Gegenstandswert von 300.000,00 € zuzüglich einer Unkostenpauschale von 20,00 € bestehen seitens der Kammer keine Bedenken. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

V.

Für eine Aussetzung sieht die Kammer keinen Anlass. Nach Ansicht der Kammer besteht kein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit, dass das Klagepatent aufgrund der Nichtigkeitsklage vernichtet wird.

1)
Die D2 nimmt die klagepatentgemäße Erfindung nach Ansicht der Kammer nicht neuheitsschädlich vorweg. Sie zeigt nicht die Merkmale 5b/5b(ii) des Verfahrens- und Vorrichtungsanspruchs.
Maßgeblich bei der Neuheitsprüfung ist, welche technische Information dem Fachmann aus dem Gesamtinhalt der Vorveröffentlichung offenbart wird. Als Fachmann legt die Kammer ebenso wie in dem Beschluss des DPMA einen Lebensmitteltechnologen mit Erfahrung auf dem Gebiet der Verarbeitung von Süßwarenmassen zugrunde. Zu ermitteln ist ausschließlich, was der Fachmann der Vorveröffentlichung aus seiner Sicht „unmittelbar und eindeutig“ entnimmt (vgl. BGH, GRUR 2009, 382 – Olanzapin). Der Fachmann entnimmt der D2 aber nicht eindeutig und unmittelbar, dass die in der D2 gezeigte Vorrichtung ein Förderband aufweist, dessen hochgeklappte Ränder einen Trog mit einer konstanten Schichtdicke über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite bilden. Die D2 gibt dem Fachmann verschiedene Möglichkeiten an die Hand, das Förderband auszugestalten: Das Abragen der Ränder nach oben kann er entweder durch eine ausreichende Elastizität des Förderbandes oder durch eine insgesamt entsprechend profilierte Gestaltung des Förderbandes erzielen (vgl. D2, Spalte 2, Z. 16 ff.). Ferner entnimmt der Fachmann der D2, dass die Ränder abgewinkelt oder gewölbt, schräg oder vertikal nach oben abragen (vgl. D2, Spalte 2, Z. 20 ff.). Ohne eigene Überlegungen wird der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens nicht die Lösung wählen, abgewinkelte Ränder, die vertikal nach oben abragen, zu verwenden. Das bloße Vorliegen der ausreichenden Elastizität des Förderbandes (Spalte 2, Z. 17 ff. der D2) offenbart nicht, dass die Seitenkanten dergestalt um 90° abwinkelbar sind, dass eine klagepatentgemäße Schichtdicke über die gesamte Arbeitsbreite erreicht wird. Dies schon deshalb nicht, weil die Figur 9 ihm vertikal nach oben abragende Ränder in der profilierten Variante des Bandes zeigt und die Figur 10 die gewölbten und schräg nach oben abgewinkelten Ränder, die Ähnlichkeit mit einer Schüssel aufweisen. Beide Ausführungsformen erfassen nicht die klagepatentgemäße Lehre. Dass er die konstante Schichtdicke gerade durch die Lösung mit vertikal nach oben abwinkelbaren Rändern erreicht, liest der Fachmann nicht mit. Einen solchen Schluss zieht er auch nicht aus der Aufgabenstellung der D2, nach der bei der Herstellung von Schmelzprodukten eine erhöhte Präzision und eine verbesserte Dickentoleranz der Schmelzprodukte erreicht werden soll. Schließlich tritt hinzu, dass der Fachmann im Hinblick darauf, dass die Ausformung einer Süßwarenmasse erreicht werden soll, die Eignung des Bandes dafür der D2 entnehmen muss. Auch hier ist zweifelhaft, ob der Fachmann die Anforderungen, z.B. an die Beschaffenheit des Bandes, das in seiner funktionalen Ausgestaltung für die Lebensmittelproduktion bestimmten gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Lebensmittelsicherheit genügen muss, automatisch in der D2 mitliest.

2)
Sofern die Parteien in der mündlichen Verhandlung eine Kombination der D2 mit der Schrift US 1,552,570 (nachfolgend: D3) angesprochen haben, führt der Angriff auf die Erfindungshöhe nicht zu einer Aussetzung des hiesigen Verfahrens.
Die D3 ist mangels vorgelegter Übersetzung im Verletzungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Überdies zweifelt die Kammer an den Erfolgsaussichten dieses Angriffs. Auch in der D3 ist nicht ersichtlich, dass ein Trog mit einer konstanten Schichtdicke gebildet wird. Dies tragen selbst die Beklagten nicht vor. Daher führt auch eine etwaige Kombination beider Schriften nicht dazu, die erfinderische Tätigkeit der klagepatentgemäßen Lösung zu verneinen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erfolgt nach § 709 S. 1 ZPO.

VII.

Der Streitwert wird auf € 1.000.000,00 festgesetzt.