4a O 221/01 – Dieselmotor

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 85

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Juli 2002, Az. 4a O 221/01

I.

Die Beklagte wird verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Brennkraftmaschinen mit einem Zylinderkurbelgehäuse, in dem eine Kurbelwelle drehbar gelagert ist, an der zumindest ein Pleuel angelenkt ist, das mit einem Kolben verbunden ist, der in einem von einem Zylinderkopf abgedeckten Zylinder bewegbar ist, wobei weiterhin eine Nockenwelle sowie eine Einspritzvorrichtung mit zumindest einem Einspritzpumpenelement, einem Einspritzventil und einer das Einspritzpumpenelement und das Einspritzventil verbindenden Einspritzleitung vorgesehen sind, wobei die Nockenwelle Nocken zur Betätigung des jedem Zylinder separat zugeordneten Einspritzpumpenelementes aufweist, wobei das Einspritzpumpenelement seitlich neben dem jeweiligen Zylinder in das Zylinderkurbelgehäuse eingesetzt und zu dem zugeordneten Zylinderkopf ausgerichtet ist und antriebsseitig mit einem Rollenstößel auf der Nockenwelle abrollt und hochdruckseitig aus dem Zylinderkurbelgehäuse hinausragt, wobei der Hochdruckauslass des Einspritzpumpenelementes über eine kurze Einspritzleistung zur Minimierung des schädlichen Volumens mit dem Einspritzventil verbunden ist, wobei die Nockenwelle über einen einzigen Zahneingriff von der Kurbelwelle angetrieben ist, die Nockenwelle jedem Zylinder zugeordnete Lagerscheiben aufweist, zwischen denen für jeden Zylinder separate Nocken zur Betätigung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelementes angeordnet sind,

herzustellen, feilzuhalten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Nocken den Bereich zwischen den Lagerscheiben lückenlos ausfüllen und eine durchgehende Einheit bilden;

2.

der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu der Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.6.1993 begangen hat, und zwar unter Angabe

(1)

– aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen – der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten,

(2)

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

(3)

der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

(4)

der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

(5)

der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Angaben zu (5) nur für die Zeit ab dem 27.1.1998 zu machen sind.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.

an die Klägerin für die zu der Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 26.6.1993 bis zum 26.1.1996 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die zu der Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 27.1.1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

IV.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.023.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Zoll- oder Steuerbürgin in der europäischen Union anerkannten B1xx oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand :

Die Klägerin nimmt die Beklagte als eingetragene Inhaberin des deutschen Anteils des europäischen Patents 0 543 301 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Entschädigungsleistung und Schadensersatz in Anspruch.

Das Klagepatent wurde am 14.11.1992 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 21.11.1991 angemeldet. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 26.5.1993. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 27.12.1995 bekannt gemacht. Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes (EPA) hat das Klagepatent auf Beschwerde u.a. der Beklagten durch eine am 26.3.1998 zur Post gegebene Zwischenentscheidung in geänderter Fassung aufrechterhalten. Mit Entscheidung vom 11.5.1999 hat die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes die dagegen – u.a. von der Beklagten – eingelegten Beschwerden zurückgewiesen. Der Hinweis auf die Entscheidung über den Einspruch wurde am 13.10.1999 bekannt gemacht.

Patentanspruch 1 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, hat in der aufrechterhaltenen Fassung folgenden Wortlaut:

„Brennkraftmaschine mit einem Zylinderkurbelgehäuse (1), in dem eine Kurbelwelle drehbar gelagert ist, an der zumindest ein Pleuel angelenkt ist, das mit einem Kolben (10) verbunden ist, der in einem von einem Zylinderkopf (11) abgedeckten Zylinder (9) bewegbar ist, wobei weiterhin eine Nockenwelle (2) sowie eine Einspritzvorrichtung mit zumindest einem Einspritzpumpenelement (7, 15), einem Einspritzventil (13) und einer das Einspritzpumpenelement (7, 15) und das Einspritzventil (13) verbindenden Einspritzleitung (21) vorgesehen sind, wobei die Nockenwelle (2) Nocken (5a, 5b, 5c) zur Betätigung des jedem Zylinder (9) separat zugeordneten Einspritzpumpenelements aufweist, wobei das Einspritzpumpenelement (7, 15) seitlich neben dem jeweiligen Zylinder (9) in das Zylinderkurbelgehäuse (1) eingesetzt und zu dem zugeordneten Zylinderkopf (11) ausgerichtet ist und antriebsseitig mit einem Rollenstößel (6) auf der Nockenwelle (2) abrollt und hochdruckseitig aus dem Zylinderkurbelgehäuse (1) hinausragt, wobei der Hochdruckauslass (20) des Einspritzpumpenelements (7, 15) über eine kurze Einspritzleitung (21) zur Minimierung des schädlichen Volumens mit dem Einspritzventil (13) verbunden ist, wobei die Nockenwelle über einen einzigen Zahneingriff von der Kurbelwelle angetrieben ist, die Nockenwelle (2) jedem Zylinder zugeordnete Lagerscheiben (4a, 4b) aufweist, zwischen denen für jeden Zylinder separate Nocken (5a, 5b, 5c) zur Betätigung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelements (7,15) angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet, dass die Nocken (5y, 5b, 5c) den Bereich zwischen den Lagerscheiben (4a, 4b) lückenlos ausfüllen und eine durchgehende Einheit bilden.“

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen in Figur 1 eine Ansicht des Zylinderkurbelgehäuses der Brennkraftmaschine mit dem Nockenwellenantriebe und in Figur 2 einen Querschnitt durch das Zylinderkurbelwellengehäuse und den Zylinderkopf mit der Einspritzvorrichtung:

Die Beklagte, ein großer Automobilhersteller, stellt her und vertreibt im Rahmen der „900“-Baureihe einen 4- bzw. 6-Zylinder-Motor, über den sich ein in der Motortechnischen Zeitschrift (MTZ) 57 (1996), Seite 74 unter dem Titel „Die Konstruktionsmerkmale des neuen Nutzfahrzeug-Dieselmotors OM 904 LA …“ erschienener Beitrag verhält. Die Klägerin hat eine Ablichtung dieses Zeitschriftenbeitrags als Anlage 7 sowie Vergrößerungen der daraus stammenden Bilder 7 und 1, die die Einspritzanlage bzw. einen Längsschnitt durch den Motor zeigen, als Anlagen 8 und 9 vorgelegt. Die Klägerin hat außerdem ein Exemplar der in dem Motor eingebauten Nockenwelle als Anlage 10 sowie eine Fotografie, die einen Querschnitt durch die Nockenwelle des Motors zwischen den Laufflächen zweier Nocken zeigt, als Anlage 12 eingereicht. Die Beklagte hat eine technische Zeichnung als Anlage B 9 vorgelegt, die ebenfalls die Nockenwelle des Motors wiedergibt. Die Anlage 12 und B 9 werden nachfolgend wiedergegeben:

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Motor der Beklagten der Lehre des Klagepatents unterliegt und nimmt diese deshalb wegen Verletzung des Klagepatents in Anspruch.

Sie beantragt,

wie zuerkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, ihr – der Beklagten – im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, und dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie – die Beklagte – die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

äußerst hilfsweise, ihr – der Beklagten – im Falle des Unterliegens zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abzuwenden.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. Die Nocken der Nockenwelle ihres Motors seien nicht so ausgestaltet, dass sie den Bereich zwischen den Lagerscheiben lückenlos ausfüllten und eine durchgehende Einheit bildeten. Im Übrigen macht sie den Einwand widersprüchlichen Verhaltens im Hinblick auf Äußerungen der Klägerin im Einspruchsverfahren, an dem auch sie – die Beklagte – beteiligt gewesen sei, geltend.

Dem tritt die Klägerin entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe :

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Brennkraftmaschine

1.

mit einem Zylinderkurbelgehäuse (1)

1.1

in dem eine Kurbelwelle drehbar gelagert ist,

1.2

an der zumindest ein Pleuel angelenkt ist,

1.3

das mit einem Kolben (10) verbunden ist,

1.4

der in einem von einem Zylinderkopf (11) abgedeckten Zylinder (9) bewegbar ist;

2.

es sind weiterhin vorgesehen:

2.1

eine Nockenwelle (2)

2.2

sowie eine Einspritzvorrichtung mit zumindest

2.2.1

einem Einspritzpumpenelement (7, 15),

2.2.2

einem Einspritzventil (13)

2.2.3

und einer Einspritzleitung (21), die das Einspritzpumpenelement (7, 15) und das Einspritzventil (13) verbindet;

3.

das Einspritzpumpenelement (7, 15)

3.1

ist seitlich neben dem jeweiligen Zylinder (9) in das Zylinderkurbelgehäuse (1) eingesetzt,

3.2.

ist zu dem zugeordneten Zylinderkopf (11) ausgerichtet,

3.3

rollt antriebsseitig mit einem Rollstößel (6) auf der Nockenwelle ab

3.4

und ragt hochdruckseitig aus dem Zylinderkurbelgehäuse (1) heraus;

4.

der Hochdruckauslass (20) des Einspritzpumpenelementes (7, 15) ist über eine kurze Einspritzleitung (21) zur Minimierung des schädlichen Volumens mit dem Einspritzventil (13) verbunden;

5.

die Nockenwelle (2)

5.1

weist Nocken (5 a, 5 b, 5 c) zur Betätigung des jedem Zylinder (9) separat zugeordneten Einspritzpumpenelementes (7, 15) auf,

5.2

ist über einen einzigen Zahneingriff von der Kurbelwelle angetrieben,

5.3

weist jedem Zylinder zugeordnete Lagerscheiben (4 a, 4 b) auf.

In der Beschreibung des Klagepatents wird erläuternd ausgeführt, dass eine derartige Brennkraftmaschine durch den Lister Motor HW 2 und 3 Zylinder beziehungsweise den Lister Motor Type SR 4 bekannt sei. Dabei sei die Nockenwelle durch einen einzigen Zahneingriff von der Kurbelwelle angetrieben. Die Nockenwelle weise jedem Zylinder zugeordnete Lagerscheiben auf, zwischen denen für jeden Zylinder separate und beabstandete Nocken zur Betätigung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelements angeordnet seien.

Die nachfolgend wiedergegebene, aus dem „Instruction Book and Parts Lister HW Water Cooled Diesel Engine 2 & 3 Cylinders“ der R.A. L3xxxx & Co., Ltd., Seite 45, stammende Explosionszeichnung zeigt eine solche Nockenwelle:

Dem Klagepatent liegt das Problem (die Aufgabe) zugrunde, die genannte Brennkraftmaschine weiter zu verbessern, indem die mechanische und hydraulische Steifheit der Einspritzvorrichtung optimiert und dadurch die Geräusch und Abgasemissionen verringert werden.

Das soll durch folgendes weiteres Merkmal erreicht werden:

6.

Die Nocken (5a, 5b, 5c)

6.1

sind für jeden Zylinder separat zur Betätigung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelementes (7, 15) angeordnet,

6.2

füllen den Bereich zwischen den Lagerscheiben 4a, 4b) lückenlos aus

6.3

und bilden eine durchgehende Einheit.

Zu den Vorteilen einer solchen Ausbildung heißt es in der Beschreibung des Klagepatents, dass dadurch eine Einspritzvorrichtung geschaffen werde, die von dem Nockenwellenantrieb über die Anordnung und Ausrichtung im Zylinderkurbelgehäuse bis hin zu der kurzen Einspritzleitung insgesamt mechanisch und hydraulisch sehr steif ausgebildet sei und die das Einspritzverhalten gegenüber dem Stand der Technik verbessere. Die Ausbildung der Nockenwelle mit den den Bereich zwischen Lagerscheiben ausfüllenden Nocken trage zur mechanischen Steifheit des Gesamtsystems bei.

II.

Der Motor der Beklagten verwirklicht die in Anspruch 1 des Klagepatents unter Schutz gestellte Lehre. Das ist zwischen den Parteien hinsichtlich der Merkmale 1 bis 6.1 – zu Recht – unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Erläuterungen.

1.)

Der Motor der Beklagten entspricht darüber hinaus aber auch den in den Merkmalen 6.2 und 6.3 gestellten Anforderungen. Der Ansicht der Beklagte, dass diese Merkmale nur dann verwirklicht sind, wenn die aktiven Laufflächen der zwischen zwei Lagerscheiben angeordneten Nocken unmittelbar aneinandergrenzen, vermag die Kammer nicht zu folgen.

Der Durchschnittsfachmann, auf dessen Blickwinkel es für die Auslegung der Lehre des Klagepatents ankommt, kann der in Patentanspruch 1 beschriebenen Lehre entnehmen, dass die auf der Welle befindlichen Nocken für jeden Zylinder separat angeordnet sind. Dem einzelnen Nocken kommt dabei die Funktion zu, entweder die dem jeweiligen Zylinder zugeordneten Gaswechselventile oder aber das dem Zylinder zugeordnete Einspritzpumpenelement zu betätigen (Merkmale 5.1, 6.1). Die Betätigung des Einspritzpumpenelementes erfolgt dergestalt, dass das Einspritzpumpenelement, das seitlich neben dem jeweiligen Zylinder in das Zylinderkurbelgehäuse eingesetzt und zu dem zugeordneten Zylinderkopf ausgerichtet ist (Merkmale 3.1 und 3.2), antriebsseitig mit einem Rollenstößel auf der Nockenwelle – genauer: dem jeweiligen Betätigungsnocken (Merkmal 5.1, 6.1) – abrollt (Merkmal 3.3). Aufgrund seines Fachwissens erkennt der Fachmann, dass während des Abrollens der Stößelenden des Einspritzpumpenelements und – gegebenenfalls – auch während des Abrollens der Stößelenden des Pumpenkolbens nicht unerhebliche Kräfte auf den jeweiligen Betätigungsnocken ausgeübt werden. Diese können dazu führen, dass die Nockenwelle, wenn sie nicht über hinreichende Steifheit verfügt, deformiert und damit die erwünschte genaue Steuerung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelements beeinträchtigt wird.

Zu derartigen Deformationen kann es kommen, wenn die Nockenwelle im Bereich zwischen den Lagerscheiben neben den Nocken und/oder Lagerscheiben kreiszylinderförmige Verbindungsteile aufweist. Auf eine solche Ausgestaltung wird der Fachmann in der Beschreibung des Klagepatents als Stand der Technik hingewiesen. Dort heißt es, dass unter der Bezeichnung „Lister Motor HW 2 und 3 Zylinder“ bzw. „Lister Motor Type SR4“ eine Brennkraftmaschine bekannt gewesen ist, bei der die Nockenwelle jedem Zylinder zugeordnete Lagerscheiben aufweist, zwischen denen für jeden Zylinder separate und beabstandete Nocken zur Betätigung der Gaswechselventile und des Einspritzpumpenelements angeordnet sind (Sp. 1, Z. 9 ff.). Zieht der Fachmann die auf Seite 45 des „Instruction Book and Parts List Lister“ (Anlage B 2) in einer Explosionszeichnung gezeigte Nockenwelle zur weiteren Erläuterung hinzu, so erfährt er, dass bei den genannten Lister-Motoren zwischen den einzelnen Nocken und zumindest teilweise auch zwischen den Nocken und den Lagerscheiben kreiszylinderförmige Verbindungsteile angeordnet sind.

Gegenüber diesem Stand der Technik lehren die Merkmale 6.2 und 6.3 den Fachmann die Nockenwelle so auszubilden, dass die Nocken den Bereich zwischen den Lagerscheiben lückenlos ausfüllen und eine, durchgehende Einheit bilden. Wird eine solche Anordnung gewählt, erhöht sich die mechanische Steifheit der Nockenwelle, was die Gefahr von Deformationen der Nockenwelle vermindert und damit auch zur mechanischen Steifheit des Gesamtsystems beiträgt (vgl. Klagepatent, Sp. 1, Z. 50 ff.; Sp. 2, Z. 24 ff.). Die dauerhafte Gewährleistung eines genau definierten und beeinflussbaren Einspritzverhaltens führt zur Optimierung der Geräusch- und Abgasemissionen der Brennkraftmaschine (vgl. Klagepatent, Sp. 1, Z. 50 ff.; Sp. 2, Z. 10 ff.).

Die Ausgestaltung des einzelnen Nockens wird weder in den Merkmalen 6.2 und 6.3 noch an einer anderen Stelle der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre näher beschrieben. In Abgrenzung zu der aus dem Stand der Technik bekannten Nockenwelle der Lister Motoren ergibt sich für den Fachmann einerseits, dass jedenfalls kreiszylinderförmige Verbindungsteile bzw. Bereiche zwischen den Nocken nicht als dessen Bestandteil angesehen werden können. Dies wird durch die Beschreibung des in Figur 1 gezeigten erfindungsgemäßen Ausführungsbeispiels bestätigt, in der es heißt, dass die Nockenwelle 2 zwischen benachbarten Lagerscheiben 4a, 4b Nocken 5a, 5b, 5c aufweist, die den Bereich zwischen den Lagerscheiben 4a, 4b lückenlos ausfüllen und eine durchgehende Einheit bilden, die keine trennenden Einstiche aufweist. Andererseits erkennt der Fachmann aufgrund seines Fachwissens, dass es für die erfindungsgemäß mit den Merkmalen 6.2 und 6.3 angestrebte Funktion, die mechanische Steifheit der Nockenwelle zu erhöhen, um Deformation derselben zu vermeiden, nicht entscheidend darauf ankommen kann, ob sich die Oberfläche des Nockens ihrer gesamten koaxialen Erstreckung auf der Höhe der Lauf- und Gleitfläche des Nockens befindet. Denn es geht der Erfindung nicht darum, maximal breite Nockenlauf- bzw. Nockengleitflächen für die Rollen der Stößel des jeweiligen Gaswechselventils bzw. Einspritzpumpenelements zur Verfügung zu stellen. Für die allein angestrebte Versteifung der Nockenwelle ist es vielmehr ausreichend, wenn der einzelne Nocken neben der Erhebung, auf der der Stößel des Gaswechselventils oder des Einspritzpumpensystems abrollt oder gleitet, auch Bereiche aufweist, die radial tiefer angeordnet sind, die aber der Kontur des Nockens in nicht unerheblichem Ausmaß folgen und diesem daher zugeordnet werden können. Es entstehen dadurch weder Schwächestellen, wie sie bei der Nockenwelle der Lister-Motoren in Gestalt der kreiszylinderförmigen Verbindungsteile vorhanden waren, noch trennende Einstiche, die es erfindungsgemäß zu vermeiden gilt (vgl. Klagepatent, Sp. 5, Z. 6 ff.).

2.)

Dem Verständnis der Kammer von den Merkmalen 6.2 und 6.3 stehen die Ausführungen der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes in ihrer Entscheidung vom 11.5.1999 (Anlage B 8) nicht entgegen.

Die Gründe der genannten Entscheidung der Beschwerdekammer sind nicht Bestandteil der Beschreibung des Klagepatents geworden. Insoweit ist die erkennende Kammer als Verletzungsgericht bei der Auslegung der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre an die Gründe der Entscheidung der Beschwerdekammer auch nicht gebunden. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer Teilnichtigerklärung die Gründe des Nichtigkeitsurteils an die Stelle der Ausführungen in der Patentschrift oder neben sie treten (BGH, GRUR 1964, 669, 670 – Abtastnadel; GRUR 1979, 308, 309 – Auspuffkanal für Schaltgase; vgl. auch Benkard/Ullmann, PatG, 9. A., § 14 PatG, Rn. 26; Busse/Keukenschrijver, PatG, 5. A., § 84 PatG, Rn. 41). Für Entscheidungen im Einspruchs- oder Einspruchsbeschwerdeverfahren, in denen das Patent nur in beschränktem Umfang aufrecht erhalten worden ist, gilt dies allerdings nur dann, wenn die Beschreibung nicht entsprechend angepasst worden ist (Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 14, Rn. 73; Schulte, PatG, 6. A., § 14 PatG, Rn. 31). Da eine solche Anpassung hier jedoch durch Veröffentlichung der neuen Klagepatentschrift (B2-Fassung) erfolgt ist, treten die Gründe der Entscheidung der Beschwerdekammer nicht als Auslegungsgrundlage neben die Ausführungen in der Klagepatentschrift. Im übrigen ist das Klagepatent bereits durch die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung des EPA in geänderter Fassung aufrecht erhalten worden. Mit der Entscheidung der Beschwerdekammeer des EPA vom 11.5.1999 wurde die dagegen eingelegte Beschwerde zurückgweisen.

Auch wenn die Entscheidung der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes nicht neben der Beschreibung der neuen Klagepatentschrift für die Auslegung von Patentanspruch 1 heranzuziehen ist, kommt ihr doch als fachkundiger Äußerung Indizwirkung bei der Auslegung des Klagepatents zu (vgl. Schulte, a.a.O.), genauso wie dies auch für die Begründung einer die Nichtigkeitsklage abweisenden Entscheidung gilt, die das Verletzungsgericht bei seiner Auslegung zwar nicht bindet, die aber für das technische Verständnis des Gegenstandes der Erfindung hilfreich sein kann (BGH GRUR 1988, 444 – Betonstahlmattenwender; Benkard/Ullmann, a.a.O., § 14 PatG, Rn. 28).

Wird die Entscheidung der Beschwerdekammer unter diesem Gesichtspunkt berücksichtigt, ist keine Änderung der vorstehend vertretenen Auslegung der Merkmale 6.2 und 6.3 des Klagepatents veranlasst.

Die Beschwerdekammer hat zwar in ihren Entscheidungsgründen ausgeführt, dass das Merkmal des lückenlosen Aneinanderliegens der nebeneinander liegenden Nocken sowie der Nocken und der Lager, d.h. ohne Zwischenraum, so zu verstehen ist, wie die Beschwerdegegnerin – die Klägerin – dies in einer während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereichten Skizze dargestellt hat (Anlage B8. 3.11.Rn. 2.15) und diese Skizze – die als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung genommen wurde und nachfolgend wiedergegeben wird – zeigt Nocken, die jeweils mit ihrer Lauf- oder Gleitfläche aneinandergrenzen.

Die Beschwerdekammer setzt sich in ihren Entscheidungsgründen jedoch nicht mit der hier interessierenden Frage auseinander, ob die in der Merkmalsgruppe 6 beschriebenen Nocken nach der Lehre des Klagepatents auch neben den Lauf- und Gleitfläche auch seitlich anschließende Bereiche aufweisen dürfen, die der Nockenkontur in nicht unerheblichem Maße folgen.

Das gilt auch für die Ausführungen der Beschwerdekammer, in denen sich diese mit den als Anlagen D 26 und D 26a eingereichten Zeichnungen der Firma Caterpillar befasst (Anlagenkonvolut B 6). Die Beschwerdekammer legt insoweit dar, dass die Zeichnungen dargestellten Nocken nicht lückenlos aneinander liegen, wie sie in den Schnitten E-E in zwei Versionen dargestellt seien. Dabei sei es unerheblich, welche Querschnittsform dieses Zwischenteil aufweise, da nach Anspruch 1 und der Erklärung der Beschwerdegegnerin – Klägerin in diesem Rechtsstreit – die Nocken lückenlos, d.h. ohne Zwischenraum direkt nebeneinander liegen sollen (Anlage B8 S. 16, Rn. 6.3). Auch an dieser Stelle verhalten sich die Ausführungen der Beschwerdekammer nicht zu der Frage, ob Nocken im Sinne der Lehre des Klagepatents neben der Lauf- und Gleitfläche auch seitlich anschießende Bereiche aufweisen dürfen, die der Nockenkontur in nicht unerheblichem Maße folgen. Schließlich ist auch den übrigen Darlegungen der Entscheidung der Beschwerdekammer nichts zu diesem Problem zu entnehmen.

Die Klägerin hat in der Verhandlung den Abschnitt einer Nockenwelle, auf dem zwischen zwei Lagerscheiben drei Nocken angeordnet sind, als Anlage 14 zur Akte gereicht, dazu behauptet, dass es sich um das Modell handele, das in der Entscheidung der Beschwerdekammer auf Seite 7 letzter Absatz erwähnt werde und für ihre Behauptung Zeugenbeweis angeboten. Die Klägerin sieht darin einen weiteren Anhalt dafür, dass nach dem Verständnis der Beschwerdekammer nicht nur solche Nockenwellen die Merkmale 6.2 und 6.3 verwirklichen, bei denen die Nocken mit ihren Gleit- bzw. Laufflächen aneinandergrenzen. Die Beklagte hat bestritten, dass es sich bei der eingereichten Anlage um das in der Entscheidung der Beschwerdekammer genannte Modell handelt. Einer Aufklärung dieser Frage durch Beweiserhebung bedarf es jedoch schon deshalb nicht, weil die erkennende Kammer auch ohnedem aus den genannten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ausführungen der Beschwerdekammer der hier vertretenen Auslegung nicht entgegensteht. Im Übrigen ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass den Gründen der Entscheidung der Beschwerdekammer lediglich Indizwirkung für die Auslegung der Lehre des Klagepatents zukommt, diese aber nicht Bestandteil der Beschreibung des Klagepatents geworden sind.

4.)

Der Geltendmachung von Anspruch 1 des Klagepatents steht der von der Beklagten erhobene Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (venire contra factum proprium) im Hinblick auf Erklärungen der Klägerin in dem das Klagepatent betreffenden Einspruchsbeschwerdeverfahren nicht entgegen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können zwar Erklärungen eines Anmelders im Einspruchsverfahren, die in der Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Patent gegen einen am Einspruchsverfahren Beteiligten entgegenstehen. Dies gilt aber nicht bereits bei jedem widersprüchlichen Verhalten des Anmelders im Einspruchsverfahren und in einem nachfolgenden Patentverletzungsverfahren. Vielmehr ist es dem Patentanmelder grundsätzlich unbenommen, von Erklärungen, die er im Laufe des Erteilungsverfahren gegenüber der Behörde, dem Gericht oder den am Verfahren Beteiligten abgegeben hat, abzurücken, wenn diese Erklärungen in der Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben. Nicht jeder Widerspruch zwischen Erklärungen des Anmelders im Erteilungsverfahren und seinem Verhalten im Patentverletzungsverfahren bedeutet einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und ist als unzulässige Rechtsausübung anzusehen. Widersprüchliches Verhalten ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist. Der Bundesgerichtshof hat einen solchen Fall angenommen, wenn sich der Anmelder im Einspruchsverfahren angesichts des sich bereits anbahnenden Verletzungsstreits auf die Erörterung einer entgegengehaltenen konkreten Ausführungsform des Einsprechenden einlässt und dann die Erklärung abgibt, dies Ausführungsform werde von dem begehrten Schutz nicht erfasst, um seine Chancen, zu einem Patent zu gelangen, zu erhöhen. Unter diesen Voraussetzungen muss sich der Anmelder an seiner Erklärung in einem folgenden Verletzungsverfahren festhalten lassen (BGH, Mitt. 1997, 364 (366) – Weichvorrichtung II mit weiteren Nachweisen; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.3.2002 – X ZR 43/01 – Kunststoffrohrteil, Anlage 11, Umdruck, Seite 14 ff.).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar waren die Parteien dieses Rechtsstreits an dem Einspruchsbeschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer des EPA beteiligt. Die Erklärung der Klägerin im Einspruchsbeschwerdeverfahren, auf die sich die Beklagte beruft, betraf jedoch lediglich die allgemeine Auslegung der Merkmale 6.2 und 6.3. Ausweislich des Sachverhalts der Entscheidung der Beschwerdekammer hat die Klägerin insoweit in der Verhandlung erklärt, dass das Merkmal, wonach die Nocken den Bereich zwischen den Lagerscheiben lückenlos ausfüllen und eine durchgehende Einheit bilden sollen, so zu verstehen sei, dass die Nocken unmittelbar und ohne Zwischenraum nebeneinander liegen, d.h. es sind keine Zwischenräume oder Einstiche zwischen den nebeneinanderliegenden Nocken und den Nocken und Lagern vorgesehen, so wie dies in der oben wiedergegebenen Skizze dargestellt ist (Anlage B 8, Rn. VII, S. 7, Abs. 5; Rn. 2.1.5, S. 11, Abs. 3). Gegenstand der Erklärung der Klägerin im Einspruchsbeschwerdeverfahren war also nicht die mit der hiesigen Verletzungsklage angegriffene Ausführungsform. Zudem ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung der Beschwerdekammer nicht, dass die Beklagte erklärt hat, den Gegenstand des Klagepatents auf Ausführungsformen zu beschränken, bei denen – wie in der genannten Skizze gezeigt – die Lauf- und Gleitflächen der Nocken aneinandergrenzen. Vielmehr sollte mit der Skizze das allgemeine Verständnis der Klägerin weiter veranschaulicht werden, wonach mit einem lückenlosen Aneinanderliegen der nebeneinander liegenden Nocken sowie der Nocken und der Lager ein Aneinanderliegen ohne Zwischenraum bzw. Einstich gemeint ist. Infolgedessen hat die Klägerin durch ihre Erklärung im Einspruchsbeschwerdeverfahren auch keinen Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten geschaffen, dass sie diese nicht wegen Verletzung des Klagepatents durch Benutzung der angegriffenen Ausführungsform in Anspruch nehmen werde.

Allerdings kann der zitierten Erklärung der Klägerin im Einspruchsbeschwerdeverfahren indizielle Bedeutung für das Verständnis des Fachmann von den in Rede stehenden Merkmalen zukommen (BGH, a.a.O., 367 – Weichvorrichtung II). Insoweit gelten jedoch die obigen Ausführungen zur Bedeutung der Darlegungen der Beschwerdekammer betreffend die Auslegung der Merkmale 6.2 und 6.3 entsprechend. Die zitierte Erklärung der Klägerin im Einspruchsbeschwerdeverfahren setzt sich nicht mit der im Hinblick auf die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform entscheidenden Frage auseinander, ob die in der Merkmalsgruppe 6 beschriebenen Nocken nach der Lehre des Klagepatents neben den Lauf- und Gleitfläche auch seitlich anschließende Bereiche aufweisen dürfen, die der Nockenkontur in nicht unerheblichem Maße folgen, und ist daher insoweit unergiebig.

5.)

Die Klägerin hat als Anlage 12 eine Fotografie vorgelegt, die einen Querschnitt durch die beanstandete Nockenwelle zwischen den Laufflächen zweier Nocken zeigen soll. Die Kontur der Nockenwelle im Bereich des Schnittes ist nicht kreisförmig ausgebildet. Vielmehr folgt sie teils der einen und teils der anderen Nockenkontur, so dass sich kantige Übergänge ergeben. Die Beklagte ist diesen tatsächlichen Feststellungen der Klägerin nicht entgegengetreten. Sie werden bestätigt durch den als Anlage 10 von der Klägerin vorgelegten Nockenwellenabschnitt, von dem zwischen den Parteien feststeht, dass es sich um einen Teil der Nockenwelle der Beklagten handelt. Aus diesem Nockenwellenabschnitt ergibt sich zudem, dass die Bereiche zwischen den Laufflächen der Nocken und auch zwischen den Nocken und den Lagerscheiben nicht kreiszylinderförmig ausgebildet sind, sondern der Nockenkontur folgen. Da die Bereiche zwischen den Laufflächen zweier Nocken bzw. eines Nockens und einer Lagerscheibe nicht kreiszylinderförmig ausgebildet ist, weisen diese Bereiche auch keinen Durchmesser auf, der kleiner als der Grundkreis des jeweiligen Nockens ist (vgl. Anlage K 2, Sp. 1, Z. 21 ff.) und können deshalb nicht als Einstiche im Sinne von Merkmal 5.2 angesehen werden.

Die Nockenwelle der Beklagten verwirklicht daher auch die Merkmale 6.2 und 6.3 des Patentanspruchs 1.

III.

1.)

Da die Beklagte den Gegenstand von Anspruch 1 des Klagepatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG.

2.)

Die Beklagten hat der Klägerin zudem Schadensersatz zu leisten, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der Verletzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

3.)

Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.)

Die Beklagte hat der Klägerin schließlich nach Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140 b PatG über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2 mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

Dem hilfsweise von der Beklagten geltend gemachten Wirtschaftsprüfervorbehalt kann nicht stattgegeben werden; die Beklagte hat nicht dargetan, dass die von der Klägerin geforderte Bezeichnung der Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger unverhältnismäßig ist, § 140b Abs. 1 i.f. PatG.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S.1, 108 ZPO.

Dem äußerst hilfsweise geltend gemachten Antrag, der Beklagten für den Fall des Unterliegens zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung durch die Klägerin abzuwenden, kann nicht entsprochen werden, weil bereits nicht dargetan worden ist, dass die Vollstreckung der Beklagten einen nicht zu ersetzender Nachteil bringen würde, § 712 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: 1.022.583,70 Euro (= 2.000.000,– DM).

Dr. G2xxxxxxx M2xx Dr. T1xxxxx

ist wegen Erkran-

kung an der Unter-

schrift gehindert

Dr. G2xxxxxxx