4 O 87/01 – Distanzmessung mit Halblaser

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 72

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 14. Februar 2002, Az. 4 O 87/01

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500,– EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 4. Mai 1994 u.a. für die Bundesrepublik Deutschland angemeldeten europäischen Patents 0 701 702 (Klagepatent, Anlage 1), dessen Anmeldung am 20. März 1996 veröffentlicht und dessen Erteilung am 5. Februar 1997 bekannt gemacht wurde. Gegen das Klagepatent ist von dritter Seite Einspruch erhoben worden, dem die Beklagte beigetreten ist (Anlage B 1). Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Distanzmessung. Der im vorliegenden Fall allein interessierende Patentanspruch 2 hat folgenden Wortlaut:

„Vorrichtung zur Distanzmessung mit einem von einem Halbleiterlaser (10) erzeugten sichtbaren Messstrahlenbündel (11), einem Kollimatorobjektiv (12) zur Kollimation des Messstrahlenbündels (11) in Richtung der optischen Achse (13) des Kollimatorobjektivs, einer Schaltungsanordnung zur Modulation der Messstrahlung, einem Empfangsobjektiv (15) zur Aufnahme und Abbildung des an einem entfernten Objekt (16) reflektierten Messstrahlenbündels (11) auf eine Empfangseinrichtung, einer schaltbaren Strahlumlenkeinrichtung (28) zur Erzeugung einer internen Referenzstrecke zwischen dem Halbleiterlaser (10) und der Empfangseinrichtung und einer elektronischen Auswerteeinrichtung (25) zur Ermittlung und Anzeige der zum Objekt (16) gemessenen Distanz, dadurch gekennzeichnet, dass die Empfangseinrichtung einen Lichtleiter (17’) mit nachgeschaltetem opto-elektronischem Wandler (24) enthält, wobei die Lichtleitereintrittsfläche (17) auf der optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) in der Abbildungsebene für große Objektdistanzen angeordnet ist und zwischen dem Empfangsobjektiv (15) und der Lichtleitereintrittsfläche (17) außerhalb der optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) optische Mittel (36; 37; 38) vorgesehen sind, die bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels (11) zur optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) umlenken.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1 bis 4 der Klagepatentschrift) veranschaulichen den Erfindungsgegenstand anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „S4xxxx M3 30“ eine Vorrichtung zur Distanzmessung. Die nähere Ausgestaltung der Messvorrichtung ergibt sich aus der nachfolgend dargestellten, von der Klägerin gefertigten und mit Bezugszeichen versehenen Abbildung (Anlage 7a/b).

Die Messvorrichtung verfügt über einen Halblaser (10), der einen modulierbaren Messstrahl erzeugt, welcher mit Hilfe eines Objektives (12) gebündelt wird. Parallel zum Halblaser ist ein Empfangsobjektiv (15) angeordnet. Hinter diesem befindet sich ein zylindrischer Hohlkegel, der sich bis hin zu der sich anschließenden Empfangsfläche eines Lichtleiters (17) verjüngt. Die Beklagte hat in der Sitzung vom 24. Januar 2001 eingeräumt, dass das Material dieses Hohlzylinders eine diffuse Streuung der auftreffenden Lichtstrahlen – wie es die nachfolgend abgebildete Prinzipskizze (Anlage 8 Bl. 7) veranschaulicht – bewirkt.

Der mit einem opto-elektrischen Wandler versehene Lichtleiter ist seinerseits mit einer elektronischen Einrichtung zur Ermittlung von Objektdistanzen (24) verbunden. Die Messvorrichtung verfügt ferner über eine Einrichtung, die es ermöglicht, das vom Halblaser erzeugte Messstrahlenbündel umzulenken und dadurch eine Messreferenzstrecke zu erzeugen. Wie sich aus der von der Beklagten in der Sitzung vom 24. Januar 2002 vorgelegten und in Bezug genommen mit der Messvorrichtung vertriebenen Bedienungsanleitung (Anlage B 5 S. 15: „Selecting a Target“) ergibt, sind Messungen unterhalb einer Messdistanz von 0,2 Metern nicht möglich. Ferner ist es notwendig, den Messpunkt mit einer besonderen Reflektorscheibe („Standard Target“) zu präparieren, wenn das Messziel eine rauhe oder unebene Oberfläche aufweist.

Die Klägerin sieht durch den Vertrieb der Messvorrichtung „S4xxxx M3 30“ ihre Rechte aus dem Klagepatent als verletzt an und nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist der Auffassung, bei dem vor der Eintrittsfläche angeordneten zylindrischen Hohlkegel, der sich in Richtung zur Eintrittsfläche verjüngt, handle es sich um ein erfindungsgemäßes optisches Umlenkmittel für kürzere Messobjektdistanzen. Sie hat dazu in der Sitzung vom 24. Januar 2002 geltend gemacht: Es sei zwar richtig, dass das Licht des Messstrahlenbündels mit hinreichender Intensität bzw. mit einer bestimmten Mindestrate auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters treffen müsse, um eine Messung vornehmen zu können. Patentanspruch 2 verhalte sich aber nicht dazu, dass eine Messung im gesamten Nahbereich von weniger als 2 Metern oder die Messung von rauhen oder unebenen Flächen ohne Präparation des Messziels möglich sein müsse. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass es auch von der Ausgestaltung der Auswerteelektronik bzw. -schaltung abhänge, inwieweit mit einer Messvorrichtung im Nahbereich gemessen werden könne.

Die Klägerin beantragt,

I.

die Klägerin zu verurteilen,

1.

es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Vorrichtungen zur Distanzmessung mit einem von einem Halbleiterlaser erzeugten sichtbaren Messstrahlenbündel, einem Kollimatorobjektiv zur Kollimation des Messstrahlenbündels in Richtung der optischen Achse des Kollimatorobjektivs, einer Schaltungsanordnung zur Modulation der Messstrahlung, einem Empfangsobjektiv zur Aufnahme und Abbildung des an einem entfernten Objekt reflektierten Messstrahlenbündels auf eine Empfangseinrichtung, einer schaltbaren Strahlumlenkeinrichtung zur Erzeugung einer internen Referenzstrecke zwischen dem Halbleiterlaser und der Empfangseinrichtung und einer elektronischen Auswerteeinrichtung zur Ermittlung und Anzeige der zum Objekt gemessenen Distanz,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Empfangseinrichtung einen Lichtleiter mit nachgeschaltetem opto-elektronischem Wandler enthält, wobei die Lichtleitereintrittsfläche auf der optischen Achse des Empfangsobjektivs in der Abbildungsebene für große Objektdistanzen angeordnet ist und zwischen dem Empfangsobjektiv und der Lichtleitereintrittsfläche außerhalb der optischen Achse des Empfangsobjektivs optische Mittel vorgesehen sind, die bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels zur optischen Achse des Empfangsobjektivs umlenken;

2.

ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie, die Beklagte, die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 20. April 1996 begangen hat, und zwar unter Angabe – jeweils aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen –

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

– die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 5. März 1997 zu machen sind;

II.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.

ihr für die zu I.1 bezeichneten, in der Zeit vom 20. April 1996 bis zum 4. März 1997 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 5. März 1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

1.

die Klage abzuweisen;

2.

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegen das Klagepatent anhängigen Einspruchsverfahrens auszusetzen.

Die Beklagte hat in der Sitzung vom 24. Januar 2001 nicht mehr an ihrem ursprünglichen Vorbringen festgehalten, bei der angegriffenen Messvorrichtung sei die Lichtleitereintrittsfläche – anders als es die von der Klägerin als Anlage K 10 vorgelegte Versuchsanordnung nahelegt – nicht in der Abbildungsebene für große Objektdistanzen angeordnet und das Empfangsobjektiv diene nicht dazu, ein von einem entfernten Objekt reflektiertes Messstrahlenbündel auf einer Empfangseinrichtung abzubilden. Sie macht jedoch geltend: Zwischen dem Empfangsobjektiv und der Lichtleitereintrittsfläche außerhalb der Achse des Empfangsobjektivs sei kein optisches Mittel vorgesehen, das bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels zur optischen Achse des Empfangsobjektivs umlenke, da bei der diffusen Streuung des Lichtes so große Streuverluste aufträten, dass die letztlich auf der Eintrittsfläche des Lichtleiters ankommende Lichtmenge nicht ausreiche, um Messungen vornehmen zu können, die eine Distanz von weniger als 0,2 Metern beträfen oder bei denen der Messpunkt eine ohne das sog. „Standard Target“ präparierte rauhe oder unebene Oberfläche darstelle.

Die Beklagte meint schließlich, das Klagepatent werde sich im anhängigen Einspruchsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen, so dass zumindest ihr hilfsweise gestellter Aussetzungsantrag gerechtfertigt sei. Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Einspruchsverfahren.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs-, Rechnungslegungs-, Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche nicht zu, da die angegriffene Messvorrichtung von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.

I.

Das Klagepatent betrifft nach dem Oberbegriff der unabhängigen Patentansprüche 1 und 2 eine

1.

Vorrichtung zur Distanzmessung mit

2.

einem von einem Halbleiterlaser (10) erzeugten sichtbaren Messstrahlenbündel (11),

3.

einem Kollimatorobjektiv (12) zur Kollimation des Messstrahlenbündels (11) in Richtung der optischen Achse (13) des Kollimatorobjektivs (12),

4.

einer Schaltungsanordnung zur Modulation der Messstrahlung,

5.

einem Empfangsobjektiv (15) zur Aufnahme und Abbildung des an einem entfernten Objekt (16) reflektierten Messstrahlenbündels (11) auf eine Empfangseinrichtung,

6.

einer schaltbaren Strahlumlenkeinrichtung (28) zur Erzeugung einer internen Referenzstrecke zwischen dem Halbleiterlaser (10) und der Empfangseinrichtung

7.

und einer elektronischen Auswerteeinrichtung (25) zur Ermittlung und Anzeige der zum Objekt (16) gemessenen Distanz.

Nach den einleitenden Darlegungen der Klagepatentschrift ist eine Vorrichtung dieser Art mit der Bezeichnung „DISTOMAT Wild DI 3000“ vorbekannt. Sie kann zur Distanzmessung von Objekten mit natürlich rauher Oberfläche in einer Entfernung bis zu einigen 100 Metern verwendet werden. Als nachteilig sieht die Klagepatentschrift allerdings die große emittierende Oberfläche des Lasers an und kritisiert, dass infrarote und daher für das Auge nicht sichtbare Messstrahlung verwendet wird, so dass zur Sichtbarmachung des Messzielortes ein zusätzlicher Laser eingesetzt werden muss. Da Sende- und Empfangsvorrichtung getrennt angeordnet sind, ist es ferner für Nahbereichsmessungen unter 10 bis 15 Meter notwendig, eine zusätzliche Vorsatzlinse zu verwenden, um Messungen vornehmen zu können, bei denen sich die Sende- und Empfangsmessstrahlenbündel überdecken.

Aus der DE 40 02 356 ist ein Distanzmessgerät bekannt, welches ebenfalls mit getrennten Sende- und Empfangsobjektiven arbeitet.

Ferner ist unter der Bezeichnung „D4x 22xx“ ein Entfernungsmessgerät vorbekannt, das mit zwei sichtbares Licht emittierenden Halblaserdioden arbeitet, bei dem aber zur Erzielung großer Messreichweiten der Messziel mit einer Reflektorfolie versehen werden muss.

Den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift zufolge besteht im Baugewerbe ein Bedürfnis dafür, Distanzen bis zu 30 Metern auf rauhen Oberflächen ohne die Notwendigkeit der zusätzlichen Präparation des Messzielortes mit besonderen Reflektoren messen zu können. Um die geforderte Messgenauigkeit von 1 bis 2 mm zur erreichen, muss die Divergenz (das Auseinanderstreben) des zu empfangenden Messstrahlenbündels möglichst gering sein. Liegt eine nur geringe Divergenz vor, kommt es allerdings bei getrennten Sende- und Empfangsoptiken zu einer für die Durchführung der Messung notwendigen Überlappung des Empfangsstrahlenbündels mit dem Sendestrahlenbündel erst ab einer Mindestdistanz von 1 bis 2 Metern.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe zugrunde, mit einem stark kollimierten sichtbaren Messstrahlenbündel, das im Nahbereich einen Durchmesser von 0,5 cm und im entfernten Grenzbereich einen Durchmesser kleiner als 1 bis 2 cm ausweist, eine Distanzmessung zu natürlichen rauhen Oberflächen im gesamten Distanzbereich von der Vorderkante des Messgerätes bis zu mindestens 30 Metern zu ermöglichen, wobei die Genauigkeit der Messung im Millimeterbereich liegen soll.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht der kennzeichnende Teil des Patentanspruchs 2 die Kombination folgender Merkmale vor:

8.

Die Empfangseinrichtung der Vorrichtung zu Distanzmessung enthält einen Lichtleiter (17’) mit nachgeschaltetem opto-elektronischem Wandler (24),

8.1

wobei die Lichtleitereintrittsfläche (17) auf der optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) in der Abbildungsebene für große Objektdistanzen angeordnet ist und

8.2

zwischen dem Empfangsobjektiv (15) und der Lichtleitereintrittsfläche (17) außerhalb der optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) optische Mittel (36; 37; 38) vorgesehen sind, die bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels (11) zur optischen Achse (14) des Empfangsobjektivs (15) umlenken.

Der Klagepatentschrift zufolge ist die erfindungsgemäße Vorrichtung im Hinblick auf die Divergenz des Messstrahlenbündels, die eng nebeneinander liegenden optischen Abbildungssysteme und die Brennweiten der Objektive derart ausgestattet, dass Messstrahlenbündel, die von einem mehr als 2 Meter entfernten Messobjekt reflektiert werden, stets nahezu im Brennpunkt des Empfangsobjektivs abgebildet werden. Bei kleineren Distanzen treffen die Messstrahlenbündel jedoch in einem immer größer werdenden Winkel auf das Empfangsobjektiv, was dazu führt, dass sich der Brennpunkt des Messflecks (zunehmend) längs und quer von der optischen Achse des Empfangsobjektivs entfernt und daher nicht mehr auf die dort angeordnete Eintrittsfläche des Lichtleiters fällt. Diese Abweichung wird gemäß Patentanspruch 2 korrigiert, indem die schräg einfallenden Messstrahlenbündel mit Hilfe optischer Mittel zur Eintrittsfläche des Lichtleiters umgelenkt werden. Als solche Mittel kommen etwa ein außerhalb der optischen Achse und schräg zu diese angeordneter ebener Spiegel (vgl. Fig. 2 der Klagepatentschrift), der aber auch leicht gekrümmt und streuend sein kann, oder ein als refraktives Element dienendes Prisma (vgl. Fig. 3 der Klagepatentschrift) in Betracht, wobei bei letzterem darauf zu achten ist, dass einerseits die von entfernteren Objekten empfangene Strahlung nicht soweit abgelenkt wird, dass Intensitätsschwierigkeiten auftreten, und dass andererseits ein ausreichender Anteil der schräg einfallenden Messstrahlen in Richtung auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters gelenkt wird.

II.

Die angegriffene Messvorrichtung macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt nicht die tatrichterliche Feststellung, dass die angegriffene Messvorrichtung über ein optisches Umlenkmittel im Sinne des Merkmals (8.2) verfügt.

Dieses Merkmal befasst sich mit den nahen Messobjektdistanzen, die nach den Ausführungen der Klagepatentschrift weniger als 2 Meter betragen. Es sieht vor, dass zwischen dem Empfangsobjektiv und der Eintrittsfläche des Lichtleiters optische Mittel angeordnet sind, die bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels zur optischen Achse des Empfangsobjektivs umlenken.

Diese Umlenkmittel sind notwendig, da Messstrahlenbündel, die von einem Messobjekt mit geringem Abstand zur Messeinrichtung reflektiert werden, nicht mehr nahezu parallel, sondern mit einem größeren Einfallswinkel auf die Empfangslinse treffen. Solche Strahlenbündel werden von der Linse nicht mehr auf dem Brennpunkt der optischen Achse des Empfangsobjektivs, sondern sowohl in Quer- als auch in Längsrichtung versetzt dazu gebündelt und treffen daher nicht mehr auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters (vgl. dazu Sp. 4 Z. 23-29 der Klagepatentschrift). Um dennoch kurze Objektdistanzen messen zu können, sieht Merkmal (8.2) daher vor, die Abbildungsposition von Messstrahlenbündeln, die von nahen Messobjekten reflektiert werden, mit Hilfe eines optischen Mittels zur optischen Achse des Empfangsobjektivs und damit zur Eintrittsfläche des Lichtleiters umzulenken. Dazu müssen die optischen Umlenkmittel naturgemäß außerhalb der optischen Achse des Empfangsobjektivs liegen. Anderenfalls würden die Messungen entferntere Distanzen beeinträchtigt.

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist – wie den Lichtbildabbildungen gemäß Anlage 6 entnommen werden kann – unmittelbar vor der Eintrittsfläche des Lichtleiters ein zylindrischer Hohlkegel angeordnet, der sich zur Eintrittsfläche (konisch) verjüngt. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, besitzt der zylindrische Hohlkegel eine Materialoberfläche, die eine diffuse Streuung auftreffender Lichtstrahlen bewirkt, bei der also zwischen dem Einfallswinkel des Lichtstrahls und dem gestreuten Licht keine feste Beziehung besteht (vgl. die Darstellung gemäß Anlage 8 Bl. 7). Grundsätzlich kann auch ein solcher das Licht diffus brechende Hohlzylinder ein optisches Umlenkmittel gemäß Merkmal (8.2) sein. Denn sowohl der Anspruchswortlaut als auch die Patentbeschreibung stellen es in das Belieben des Fachmanns, welche Materialien und Vorrichtungen er als Mittel zur Umlenkung eintreffender Strahlenbündel einsetzt. Zudem hebt die Klagepatentschrift (in Sp. 9 Z. 17-20) ausdrücklich hervor, dass der in Figur 2 dargestellte der Umlenkung eintreffender Messstrahlenbündel dienende Spiegel auch leicht gekrümmt und streuend sein kann. Entscheidend ist, dass die Messstrahlenbündel so umgelenkt werden, dass sie auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters (= Brennpunkt auf der optischen Achse) treffen und anschließend in der Auswerteeinheit verarbeitet werden können. Tritt dieser Effekt ein, spielt es für den Fachmann erkennbar keine Rolle, ob die Lichtstrahlenbündel zuvor unmittelbar oder durch eine mehrfach diffuse Streuung umgelenkt worden sind.

Voraussetzung für das Vorliegen eines erfindungsgemäßen Umlenkmittels ist aber stets, dass der Anteil des Lichtes, der zur Eintrittsfläche des Lichtleiters gelangt, groß bzw. intensiv genug ist, um vom Lichtleiter zur Auswerteeinheit weitergeleitet, dort als Messsignal registriert und zu einem Messergebnis weiterverarbeitet werden zu können. Das Licht muss noch in hinreichend konzentrierter Form auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters treffen, damit keine Intensitätsprobleme bei der Signalauswertung entstehen (vgl. Sp. 4 Z. 19-23, Z. 33-36 u. Sp. 9 Z. 33-39 der Klagepatentschrift). Die erfindungsgemäße Wirkung, nämlich dass im vorgenannten Sinne „bei kürzeren Objektdistanzen die Abbildungsposition des Messstrahlenbündels zur optischen Achse des Empfangsobjektivs“ umgelenkt und dadurch ein hinreichend intensiver Lichtimpuls der Auswerteeinheit zur Registrierung und Verarbeitung zugeführt wird, muss zur Erfüllung der in der Klagepatentschrift niedergelegten Aufgabenstellung (Sp. 3 Z. 50-57) über die gesamte Länge der Nahdistanz (weniger als 2 Meter) und darüber hinaus auch auf natürlich rauhen Oberflächen, d.h. ohne die – vom Klagepatent abgelehnte (vgl. Sp. 3 Z. 31-34 u. Z. 35-39) – Verwendung gesondert auf dem Messpunkt anzubringender Reflektoren erzielt werden. Denn das Klagepatent will eine Messeinrichtung zur Verfügung stellen, die eine Distanzmessung „zu natürlich rauhen Oberflächen im gesamten Distanzbereich von der Vorderkante des Messgerätes bis zu mindestens 30 m“ ermöglicht.

Dass der bei der angegriffenen Ausführungsform vor der Lichtleitereintrittsfläche angeordnete zylindrische Hohlkegel dies alles leistet, lässt sich nicht feststellen. Die Beklagte hat in der Sitzung vom 24. Januar 2002 unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage der mit der angegriffenen Ausführungsform vertriebenen Bedienungsanleitung (Anlage B 5) belegt, dass die beanstandete Vorrichtung Messungen erst ab einer Messdistanz von 0,2 Metern vornehmen kann und dass es notwendig ist, den Messpunkt mit einer besonderen Reflektorscheibe („Standard Target“) zu präparieren, wenn das Messziel eine rauhe oder unebene Oberfläche aufweist (vgl. Anlage B 5 S. 15: „Selecting a Target“). Da das Vorbringen der Klägerin keine anderweitigen tatrichterlichen Feststellungen trägt, ist mit dem – ebenfalls in der mündlichen Verhandlung geäußerten – Beklagtenvortrag davon auszugehen, dass die vorgenannten Mängel darauf zurückzuführen sind, dass der vom diffus reflektierenden Material des zylindrischen Hohlkegels auf die Fläche des Lichtleiters gelenkte Anteil des Lichtes des Messstrahlenbündels nicht ausreichend groß bzw. intensiv genug ist, um Messungen unter 0,2 Metern und auf rauhen/unebenen Flächen ohne Hilfsmittel („Standard Target“) zu ermöglichen. Damit handelt es sich bei dem zylindrischen Hohlkegel um kein optisches Umlenkmittel im Sinne des Merkmals (8.2), das entsprechend der Aufgabenstellung des Klagepatents ohne Einsatz eines zusätzlichen Reflektors Distanzmessungen zu natürlich rauhen Oberflächen für die gesamte Nahbereichsdistanz (bis 2 Meter), auf die Merkmal (8.2) allein bezogen ist, erlaubt. Bei 0,2 m handelt es sich mit 10% auch nicht mehr in offensichtlicher Weise um einen in patentrechtlicher Hinsicht vernachlässigbar geringe Beschränkung des Nahmessbereichs.

Eine Verwirklichung des Merkmals (8.2) käme nur dann in Betracht, wenn – entgegen dem Vorbringen der Beklagten – nicht die bei der diffusen Streuung des Messstrahlenbündels auftretenden Streuverluste, sondern allein die Ausgestaltung der Auswerteeinheit oder des opto-elektrischen Wandlers dafür verantwortlich wären, dass der angegriffene Distanzmesser die vorgenannten Mängel aufweist. Insoweit hätte es jedoch der Klägerin oblegen, substantiiert darzulegen, dass der Anteil des Messstrahlenlichtes, der auf die Eintrittsfläche des Lichtleiters gelenkt wird, ausreicht, um eine dem technischen Standard entsprechende Auswerteelektronik bzw. –schaltung mit einer zur Vornahme der erfindungsgemäßen Distanzmessung hinreichenden Lichtmenge zu versorgen. Der in der mündlichen Verhandlung geäußerte Hinweis der Klägerin, inwieweit mit einer Messvorrichtung im Nahbereich gemessen werden könne, hänge (ebenfalls) von der Ausgestaltung der Auswerteelektronik ab, reicht hierfür nicht aus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 383.468,91,– EUR

Dr. K3xxxx Dr. T2xxxxx Dr. C1xxxxxxxx