Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3331
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 05. Mai 2023, I-15 U 1/17
Vorinstanz: 1 O 234/13
- I.
Auf die Berufung der Kläger wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – das am 6. September 2016 verkündete Urteil der
1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: - Die Beklagten werden verurteilt, die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand der Liegenschaft B 4 und B 5 in 42XXA C durch notwendige und nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst sowie Statik geeignete Maßnahmen fachgerecht herzustellen oder herstellen zu lassen und dauerhaft sicherzustellen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- II.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben die Kläger 80 % und die Beklagten 20 % zu tragen. - III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. - Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 EUR abzuwenden, falls nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
- IV.
Die Revision wird nicht zugelassen. - V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren und – in Abänderung der im landgerichtlichen Urteil enthaltenen Wertfestsetzung – der Streitwert für den ersten Rechtszug werden auf jeweils 25.000,00 EUR festgesetzt. - Gründe
- I.
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zum Rückbau eines neu errichteten Daches auf ihrem Anwesen sowie um Folgen des Dachumbaus. - Die Kläger sind hälftige Eigentümer des Grundstücks B 5 in C, die Beklagten hälftige Eigentümer des benachbarten Grundstücks B 4. Diese Grundstücke sind mit unmittelbar aneinander angrenzenden Reihenhäusern bebaut, die in den Jahren 1950/1951 errichtet wurden. Sie besitzen auf ihrer jeweiligen Treppenhausseite eine gemeinsame Giebelwand.
- Am 13.11.2008 wurde dem Beklagten zu 2. auf einen Bauantrag vom 14.07.2008 von der Stadt C im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Baugenehmigung (Anlage B 1; Bl. 45 GA) zur Errichtung von Gauben mit einem seitlichen Abstand von 1,25 Metern zu dem Grundstück der Kläger erteilt. Wegen des genauen Inhalts der Baugenehmigung wird auf die Anlage B 1 verwiesen. Die Beklagten führten im Jahr 2010 Baumaßnahmen am Dach durch. Sie errichteten Dachgauben und einen neuen Dachstuhl. Dabei ersetzten sie das zuvor bestehende Kehlbalkendach durch ein Pfettendach, wobei auf die Giebelwand eine Firstpfette aufgesetzt wurde. Ferner bauten sie eine Aufdachdämmung zur Verbesserung des Wärmeschutzes ein, die zu einer Anhebung der Dachhaut ihres Hauses führte. Vor den Baumaßnahmen wurde von dem Streithelfer der Beklagten ein Standsicherheitsnachweis erstellt und bei der unteren Baubehörde der Stadt C eingereicht. Unter dem 27.10.2010 wurde dem Beklagten zu 2. von der Stadt C bescheinigt, dass eine am 26.10.2010 durchgeführte Bauzustandsbesichtigung der fertig gestellten Anlage zu keinen Beanstandungen geführt hat (Anlage B 2; Bl. 51 GA). Eine im Jahre 2011 vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen die Stadt C erhobene Klage betreffend die dem Beklagten zu 2. erteilte Baugenehmigung nahmen die Kläger am 31.05.2012 zurück (Bl. 343‘-345‘ GA).
- Die Kläger begehren von den Beklagten den Rückbau der Dachgauben und die Wiederherstellung des Dachzustands vor den Baumaßnahmen (Kehlbalkendach mit ursprünglicher Dachhöhe), hilfsweise die dauerhafte Herstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand. Sie haben vor dem Landgericht geltend gemacht:
- Die Reihenhäuser hätten vor dem Umbau eine einheitliche Dachkonstruktion aufgewiesen. Von den Beklagten sei im Vorfeld der Baumaßnahme zugesagt worden, dass die Firsthöhe auf der bisherigen Ebene verbleibe. Der Umbau sei nicht entsprechend der erteilten Baugenehmigung, die keine Dachanhebung vorsehe, erfolgt. Der Anschluss ihrer – der klägerischen – Dachfläche an die Dachfläche der Beklagten sei nicht fachgerecht ausgeführt, so dass mit Undichtigkeiten zu rechnen sei. Zudem hätten die Beklagten bei dem Dachumbau in die Konstruktion des ursprünglich gemeinschaftlichen Daches eingegriffen, indem aus dem Kehlbalkendach ein Pfettendach geworden sei. Durch das Anbringen der Dachlattenteilstücke sei auch ihr Dach angehoben worden. Darüber hinaus sei durch die Neukonstruktion die Statik nicht mehr gewährleistet; die Giebelwand werde durch die geänderte, nicht der Baugenehmigung entsprechende Dachkonstruktion statisch höher belastet. An ihrem Objekt seien Risse festzustellen, die allein auf den Umbau der Beklagten zurückzuführen seien. Eine gleichwertige Wärmedämmung hätte auch mit einer Unterdachdämmung erzielt werden können. Zudem beeinträchtigte die Position der Dachgauben die Nutzbarkeit ihres Daches für den Einbau von Photovoltaikanlagen.
- Die Beklagten, die Klageabweisung beantragt haben, haben geltend gemacht:
- Durch den Einbau der Dämmung sei eine Erhöhung ausschließlich ihres eigenen Daches im Gegensatz zu der Reihenhausbebauung erfolgt. Diese Erhöhung habe aber keine Auswirkungen auf die Konstruktion des Daches. Der Dachfirst der Reihenhäuser sei nach wie vor durchgängig. Jedes Reihenhausdach habe für sich genommen eine eigene statisch abgesicherte Konstruktion. Eine erhöhte statische Belastung der Giebelwand bestehe nicht. Über die Firstpfette würden keine einwirkenden Kräfte auf die Giebelwand übertragen. Soweit Risse in der Giebelwand der Kläger vorlägen, stünden diese in Zusammenhang mit von den Klägern durchgeführten Renovierungsarbeiten an ihrem Haus. Für die Anbringung der Wärmedämmung sei die Anbringung einer sog. Konterlattung erforderlich gewesen. Ein Anspruch auf Rückbau sei im Übrigen unverhältnismäßig. Der Hilfsantrag sei verspätet und der mit diesem geltend gemachte Anspruch verjährt.
- Das Landgericht hat – nach Beweisaufnahme – die Klage durch Urteil vom 06.09.2016 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
- Die Kläger hätten gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung der ursprünglichen Dachkonstruktion. Ein Anspruch aus §§ 741 ff. BGB bestehe bereits deswegen nicht, weil hinsichtlich des Dachaufbaus keine Gemeinschaft bestehe, die ihre Mitglieder zum Besitz und zur Nutzung der Dachflächen berechtige. Ein Beseitigungsanspruch nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB sei mangels Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger ebenfalls nicht gegeben. § 1 NachbarG NRW sei nicht einschlägig, da die Dachgauben kein Gebäude im Sinne dieser Vorschrift seien. Auf eine Nichteinhaltung der Abstandsflächen nach § 6 BauO NRW könnten sich die Kläger wegen der Bestandskraft der Baugenehmigung nicht berufen, die auch eine Prüfung der Abstandsregelungen zum Gegenstand gehabt habe. Eine Anhebung ihrer eigenen Dachfläche um 23 cm infolge der durchgeführten Baumaßnahmen sei nach den Feststellungen des Sachverständigen E nicht erfolgt. Soweit die Baumaßnahmen und das Aufbringen der Wärmedämmung zu einer Anhebung der Dachfläche der Beklagten geführt hätten, sei dies gemäß § 903 BGB vom Eigentumsinhalt gedeckt. Einen Überbau nach § 912 BGB hätten die Kläger nicht dargetan, so dass dahinstehen könne, ob die Voraussetzungen des § 23a NachbG NRW vorlägen. Die vom Sachverständigen E festgestellten Mängel am Anschluss der Dachflächen rechtfertigten nicht die geltend gemachte Wiederherstellung des früheren Dachaufbaus, sondern könnten durch Nachbesserungsarbeiten beseitigt werden. Des Weiteren brauche nicht geklärt zu werden, ob durch die neue Dachkonstruktion über das technisch zulässige Maß hinaus Lasten in die gemeinsame Giebelwand eingeleitet würden, weil der beantragte Rückbau auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Prof. D unverhältnismäßig sei. Dieser habe überzeugend ausgeführt, dass mit relativ geringen Mitteln eine eventuell erforderliche Entlastung der Giebelwand erreichbar sei. So wären etwa der Einbau einer Stütze mit Querträger direkt vor der Giebelwand mit Kosten von ca. 2.200,00 EUR oder der Einbau einer zusätzlichen Strebe unter den Firstbalken mit – ohne Planung – Kosten von bis zu 1.500,00 EUR geeignet, technisch zuverlässig die Lasten abzufangen. Der begehrte Rückbau scheide überdies aus dem Grunde aus, weil die zuvor vorhandene einfache Lattung ohne Dämmung keine zulässige Bauweise mehr sei, sondern das Dach zwingend mit Lattung und Konterlattung errichtet werden müsse. Wegen einer Beeinträchtigung der Nutzbarkeit ihres Daches für den Einbau von Photovoltaikanlagen könnten die Kläger ebenfalls nicht Beseitigung verlangen. Die Regelung des § 906 BGB betreffe keine negativen Einwirkungen wie den Entzug von Licht. Einem Anspruch nach den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses stehe entgegen, dass die Kläger eine ungewöhnlich schwere und nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigung wegen der durch die Dachgauben verursachten Beschattung nicht substantiiert vorgetragen hätten.
- Der Hilfsantrag auf dauerhafte Herstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand sei unbegründet, da einem etwaigen Anspruch auf Durchführung zur dauerhaften Herstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand die Einrede der Verjährung entgegenstehe. Der geltend gemachte Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB sei zum 31.12.2013 verjährt. Die Verjährung habe mit Fertigstellung der Baumaßnahme im Jahr 2010 zu laufen begonnen. Bereits im August 2010 hätten die Kläger gemäß § 199 Abs. 1 S. 2 BGB Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldner erlangt, indem sie damals festgestellt haben, dass die gemeinsame Giebelwand durch die Baumaßnahme der Beklagten beschädigt worden sei. Der Hilfsantrag sei auch nicht als „Minus“ im Hauptantrag enthalten, sondern ein Aliud.
- Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgen. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag machen die Kläger geltend:
- Das Landgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil stehe ihnen ein Anspruch auf Beseitigung und Wiederherstellung der ursprünglichen Dachfläche aus §§ 741 ff. BGB zu, da hinsichtlich des Dachaufbaus eine Gemeinschaft bestehe. Dies folge daraus, dass bei einem Verbund von Reihenhäusern zwingend eine einheitlich durchgängige Dachkonstruktion bestehe, weil der Verlauf des Daches unter Einbindung der Dachrinnen einer bautechnischen Vorgabe entspreche. Des Weiteren ergebe sich der Anspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB wegen Beeinträchtigung ihres Eigentums. Das Landgericht verkenne, dass die Anhebung der Dachfläche nicht von der Baugenehmigung gedeckt gewesen sei, indem diese vielmehr ausweislich der Bauzeichnungen einen durchgängigen Firstverlauf ohne Höhenunterschied vorgesehen habe. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Stadt C sei unbeachtlich, da das Bauamt die Baumaßnahme in keiner Weise geprüft habe. Das Landgericht verneine weiter unzutreffend eine Anhebung ihres Daches durch die Baumaßnahme der Beklagten, obwohl sie hierzu umfassend vorgetragen hätten. Die Anhebung sei erfolgt, um die Durchgängigkeit des Daches zu gewährleisten. Ferner seien die Dachdeckerarbeiten mangelhaft ausgeführt worden. Weiter berücksichtige das Landgericht nicht, dass die Baugenehmigung ein Kehlbalkendach und nicht das tatsächlich aufgebrachte Pfettendach vorsehe sowie dass die statischen Berechnungen fehlerhaft und von der Baugenehmigung nicht gedeckt seien. Das Pfettendach wirke massiv auf die Statik der gemeinsamen Giebelwand ein. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens von Prof. D seien die bautechnischen Vorgaben aus dem Bauschein hinsichtlich der statischen Belastung der Giebelwand missachtet worden. Diese sei nicht als tragende Wand geeignet. Soweit für konkrete Feststellungen umfangreiche Bauteilöffnungen und die Untersuchung von Materialproben erforderlich seien, habe das Landgericht grundlos von einer weiteren Beweisaufnahme abgesehen, weil es ihren Anspruch auf Rückbau rechtfertige, wenn feststehe, dass unzulässig Kräfte auf die Giebelwand eingeleitet werden. Im Übrigen seien die Beklagten für die technische Unbedenklichkeit ihrer Baumaßnahme beweispflichtig, hätten aber auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen den Beweis nicht geführt, so dass der Hauptantrag schon deshalb begründet sei. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil sei der begehrte Rückbau auch nicht unverhältnismäßig.
- Das Landgericht habe überdies zu Unrecht angenommen, dass der Hilfsantrag verjährt sei. Sie hätten den mit dem Hilfsantrag verfolgten Anspruch inzidenter bereits zuvor im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht, indem sie sich dahingehend erklärt hätten, sich kostengünstigeren Maßnahmen, welche die Sicherheit des Objekts gewährleisten, nicht zu verschließen. Der Hilfsantrag sei daher als Minus im Hauptantrag enthalten gewesen. Dies ergebe sich auch daraus, dass sie stets zur latenten Gefahr einer Überlastung der Giebelwand vorgetragen hätten. Aufgrund des identischen Lebenssachverhalts handele es sich um denselben Streitgegenstand. Abgesehen davon sei die Verjährung unterbrochen worden, als die Beklagten mit Schriftsatz vom 02.09.2014 beantragt hätten, den Sachverständigen ergänzend zu Maßnahmen zur Entlastung der Giebelwand zu befragen, weil dies ein Anerkenntnis beinhaltet habe.
- Die Kläger beantragen,
- das Urteil des Landgerichts abzuändern und
- die Beklagten zu verurteilen, die im Rahmen der Baumaßnahme im Jahre 2010 errichteten Dachgauben auf ihrem Reihenhaus auf dem Grundstück B 4 in 42XXA C zurückzubauen und den Dachzustand wiederherzustellen, der vor Beginn der Baumaßnahmen im Jahre 2010 bestand, d. h. dem Dach der Kläger der Höhe und der Bauart nach anzupassen,
- hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand der Liegenschaft B 4 und B 5 in 42XXA C durch notwendige und nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst sowie Statik geeignete Maßnahmen fachgerecht herzustellen bzw. herstellen zu lassen und dauerhaft sicherzustellen.
- Die Beklagten und der Streithelfer beantragen,
- die Berufung zurückzuweisen.
- Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag als zutreffend, wobei sie u.a. geltend machen:
- Eine Gemeinschaft im Sinne von § 741 BGB liege nicht vor, weil den Parteien nicht jeweils ein Recht zur Nutzung der Dachfläche des Hauses des anderen zustehe. Es sei auch keine einheitlich durchgängige Dachkonstruktion gegeben. Ferner bestehe kein Anspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB. Eine Anhebung der Dachfläche sei gemäß § 6 Abs. 14 BauO NRW zur Verbesserung des Wärmeschutzes zulässig und die Stadt C habe bestätigt, dass die Baumaßnahme ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Der gerichtliche Sachverständige habe gerade keine unzulässige Lastabtragung vom Haus der Kläger in die gemeinsame Giebelwand festgestellt, sondern dies sei offen geblieben. Ohnehin würde daraus kein Anspruch auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachaufbaus folgen. Dafür seien im Übrigen die Kläger beweispflichtig. Schließlich habe das Landgericht den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Anspruch zutreffend als verjährt angesehen.
- Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen, insbesondere auf das Verhandlungsprotokoll vom 05.10.2017 (Bl. 505-507 GA) und den Hinweisbeschluss vom 16.08.2021 (Bl. 994-996 GA) Bezug genommen.
- Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 05.10.2017 (Bl. 508-509 GA), Beschluss vom 04.03.2020 (Bl. 735-736 GA), Beschluss vom 16.09.2020 (Bl. 862 GA), Ergänzungsbeweisbeschluss vom 25.11.2020 (Bl. 894-895 GA) und Ergänzungsbeweisbeschluss vom 11.10.2021 (Bl. 1034-1035 GA) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens von Prof. Dr.-Ing. D. Wegen des Ergebnisses der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf die diesem unter dem 21.01.2021 erstattete zweite ergänzende gutachterliche Stellungnahme (Anlage zu den Gerichtsakten) sowie die unter dem 03.06.2022 erstattete dritte ergänzende gutachterliche Stellungnahme (Anlage zu den Gerichtsakten) verwiesen.
- II.
Die zulässige Berufung der Kläger ist hinsichtlich des Hauptantrags unbegründet. Erfolg hat sie jedoch hinsichtlich des Hilfsantrags. Die Kläger können von den Beklagten verlangen, die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand durch notwendige und nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst sowie Statik geeignete Maßnahmen fachgerecht herzustellen bzw. herstellen zu lassen und dauerhaft sicherzustellen. Ein solcher Anspruch, der entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt ist, ergibt sich jedenfalls aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 922 S. 3 BGB. - A.
Zu Recht hat das Landgericht dem Hauptantrag der Kläger nicht entsprochen. Das Berufungsvorbringen der Kläger gibt insoweit zu einer anderweitigen Entscheidung keinen Anlass. - 1.
Das Landgericht hat zutreffend einen Beseitigungsanspruch der Kläger gegen die Beklagten aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 743 Abs. 2 BGB mit der Begründung verneint, dass sie – die Kläger – bezogen auf das Dach des Hauses der Beklagten kein Recht zum Mitgebrauch haben. - a)
Zwischen den Parteien besteht insoweit keine Gemeinschaft. - Eine Gemeinschaft im Sinne von §§ 741 ff. BGB liegt vor, wenn mehreren Personen gemeinschaftlich ein Recht an einem ungeteilten Gegenstand zusteht (Grüneberg/Sprau, BGB, 81. Aufl., § 741 Rn. 1.). Daran fehlt es im Hinblick auf Dachaufbau und/oder Dachfläche des Hauses der Beklagten.
- Das Grundstück, auf dem sich das Reihenhaus B 4 in C samt Dach befindet, steht im alleinigen (Mit-)Eigentum der Beklagten. Dieses Eigentum wird durch die Grundstücksgrenzen bestimmt und begrenzt. Die Kläger verfügen auch über kein sonstiges vertragliches oder dingliches Recht und sie haben ferner keinen Mitbesitz am Dach des Hauses der Beklagten.
- Den Klägern steht insoweit auch kein Mitbenutzungsrecht zu. Selbst wenn ihre Behauptung zuträfe, dass die Dachkonstruktion des Reihenhausblocks B 1-5 vor der beanstandeten Baumaßnahme der Beklagten „einheitlich durchgängig“ gewesen sei, sind für die Rechte am Dach einschließlich seiner Nutzung gleichwohl allein die Grundstücksgrenzen maßgebend. Auch Balken und Latten des Daches, die sich über die gesamte Länge des Reihenhausblocks erstrecken, stellen davon ausgehend nicht eine einzige ungeteilte Dachkonstruktion dar, sondern bilden mehrere, an den und durch die Grundstücksgrenzen rechtlich geteilte Dächer. Dies wäre erst dann anders zu beurteilen, wenn einer einheitlichen durchgängigen Dachkonstruktion eine bestimmte bautechnische Funktion für die mehreren Reihenhäuser zukommen würde, etwa im Hinblick auf die Statik und Standsicherheit des Gebäudekomplexes. Nur in diesem Fall wäre ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht anzunehmen mit der Folge, dass sich Gebrauch, Verwaltung und Lasten- sowie Kostentragung (vgl. §§ 743 Abs. 2, 744 f., 748 BGB) nach den Regeln der Gemeinschaft richteten. Eine solche Funktion ist hier – worauf der Senat bereits im ersten Verhandlungstermin hingewiesen hat (Verhandlungsprotokoll v. 05.10.2017, S. 2 [Bl. 506 GA]) – indes weder schlüssig dargetan noch ersichtlich. Die Kläger behaupten dies bloß pauschal, ohne ihre entsprechende Behauptung in irgendeiner Weise zu konkretisieren. Bei dieser Sachlage besteht kein hinreichender Grund, das Eigentumsrecht der Beklagten durch ein Mitbenutzungsrecht der Kläger am Dach ihres Hauses zu beschränken. Insbesondere kann den Beklagten nicht untersagt werden, Dachbalken und -latten an der Grenze zum Grundstück der Kläger z.B. durch Absägen abzutrennen, weil dadurch mangels erkennbarer Funktion einer durchgängigen Dachkonstruktion Rechte der Kläger in keiner Weise beeinträchtigt werden.
- Abgesehen davon kann auch nicht festgestellt werden und liegt es aus tatsächlichen Gründen auch eher fern, dass vor der Baumaßnahme der Beklagten tatsächlich eine einheitlich durchgängige Dachkonstruktion existiert hat. Die Kläger haben ihre entsprechende Behauptung weder näher dargetan noch bewiesen. Was sie unter einer „einheitlich durchgängige Dachkonstruktion“ verstehen und wie die Dachkonstruktion der fünf Reihenhäuser vor der Baumaßnahme beschaffen gewesen sein soll, ist bereits nicht dargetan. Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 23.12.2013 vorgelegten Lichtbilder (Bl. 124 f. GA) lassen derartiges ebenfalls nicht erkennen. Dass darauf gesägte Balken zu sehen sind, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass vor der Baumaßnahme durchgängige Balken vorhanden waren. Erkennbar ist lediglich, dass der Dachbalken auf der gemeinsamen Giebelwand aufliegt, nicht dagegen, ob und wie weit er in das Dach der Kläger hineinreicht. Geeigneten Beweis dafür haben die Kläger nicht angetreten. Durch ein Sachverständigengutachten kann der frühere Zustand ebenso wenig ermittelt werden wie durch eine Inaugenscheinnahme. Die Voraussetzungen für eine Anhörung der Kläger nach §§ 447, 448 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere haben die Kläger keine Umstände dargetan, aufgrund derer eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ihre Behauptung besteht. Im Gegenteil sprechen praktische und bautechnische Gründe eher dagegen, dass über die gesamte Länge von fünf Reihenhäusern – oder auch nur der drei Reihenhäuser B 3-5, die auf dem mit Schriftsatz vom 30.09.2013 eingereichten Lichtbild gezeigt werden (Bl. 26 GA) – durchgängige Balken und Dachlatten vorhanden waren. Dazu müssten diese entweder in entsprechender Länge eingebaut worden sein, was aber voraussetzt, dass es so langes Material gab und es (schadenfrei) transportiert, auf das Dach gehoben und verbaut werden konnte. Oder es müssten jeweils mehrere Dachbalken und Dachlatten fest miteinander verbunden gewesen sein, etwa durch Nägel oder Schrauben. Eine derartige Konstruktion ergibt aber bautechnisch keinen Sinn, weil bei ihr wegen der Ausdehnung von Holz durch Wärme und Feuchtigkeit oder wegen lastbedingter Längenänderungen Spannungsrisse oder andere Kräfte („Zwängungen“) auftreten können, welche zu Schäden an den Balken und Dachlatten führen und die Stabilität des Daches beeinträchtigen könnten.
- b)
Dahinstehen kann, ob hinsichtlich der Entwässerung über die Dachrinnen eine Gemeinschaft vorliegt (vgl. hierzu OLG Düsseldorf [5. ZS], NJW-RR 2007, 299). Die Beklagten haben unwidersprochen vorgetragen, dass die Baumaßnahmen am Dach zu keinerlei Veränderung bei der Entwässerung geführt haben (Schriftsatz v. 30.01.2014, S. 5 [Bl. 131 GA]). Ohnehin würden ein insoweit unrechtmäßiger Gebrauch nach § 743 Abs. 2 BGB oder eine wesentliche Veränderung gemäß § 745 Abs. 3 S. 1 BGB lediglich – was die Kläger indes nicht beantragt haben – einen Anspruch auf Wiederherstellung der ursprünglich vorhandenen Dachrinnen begründen, aber weder einen Rückbau der Dachgauben noch eine Wiederherstellung des früheren Dachzustands rechtfertigen. - c)
Ein allgemeiner Anspruch auf die Wahrung einer bestimmten Ausgestaltung des Daches der Beklagten steht den Klägern nicht zu (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 11.06.2019 – 1 U 229/18, BeckRS 2019, 41589 Rn. 22). Vielmehr unterliegt die Veränderung des Daches des den Beklagten gehörenden Nachbarhauses grundsätzlich ihrer Gestaltungsbefugnis als Eigentümern (§ 903 BGB). - 2.
Die Kläger können ferner nicht den Rückbau der Dachgauben und die Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 922 S. 3 BGB mit der Begründung beanspruchen, die neue Dachkonstruktion leite in unzulässiger Weise Lasten aus der Firstpfette in die gemeinsame Giebelwand ab. - a)
Bei der streitgegenständlichen Giebelmauer handelt es sich um eine sog. Nachbarwand und damit um eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung i.S.v. § 921 BGB. - Als Nachbarwand, halbscheidige Giebelmauer oder auch Kommunmauer wird eine auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Mauer bezeichnet, an die von beiden Seiten angebaut ist und die dazu bestimmt ist, von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt zu werden; das dadurch begründete Rechtsverhältnis der Nachbarn ist durch die §§ 921, 922 BGB sowie – gegebenenfalls – durch landesrechtliche Vorschriften besonders geregelt (vgl. BGH, NJW 1981, 866, 867; NJW-RR 2011, 515 Rn. 8; Urt. v. 27.07.2012 – V ZR 2/12, BeckRS 2012, 18858 Rn. 7; NJW-RR 2014, 973 Rn. 26; NJW-RR 2021, 401 Rn. 15; vgl. auch MüKoBGB/Brückner, 9. Aufl., § 921 Rn. 16-19; BeckOK BGB/Fritzsche, 65. Ed., Stand: 01.02.2023, § 921 Rn. 15 f.; BeckOGK/Vollkommer, Stand: 01.02.2023, BGB § 921 Rn. 26).
- Im Streitfall gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der in Rede stehenden Giebelwand um eine gemeinsame Giebelwand handelt, welche im Sachverständigengutachten Prof. D (Gutachten, S. 11) auch als „gemeinsame Grenzwand“ bezeichnet ist. Es ist insoweit davon auszugehen, dass die Giebelwand auf der Grundstücksgrenze der benachbarten Grundstücke B 4 und 5 steht, wobei an diese Wand von beiden Seiten angebaut ist und die Wand augenscheinlich dazu bestimmt ist, von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt zu werden, so dass es sich bei ihr um eine gemeinschaftliche Grenzanlage im Sinne des § 921 BGB handelt. Ferner stellt diese Wand damit eine Nachbarwand gemäß §§ 7 ff. NachbG NRW dar, wobei besondere landesrechtliche nachbarrechtliche Vorschriften im Streitfall allerdings nicht einschlägig sind.
- b)
Nach § 922 S. 3 BGB darf eine Grenzeinrichtung, an deren Fortbestand einer der Nachbarn ein Interesse hat, nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Darunter fallen nicht nur Eingriffe in die Substanz einer Grenzeinrichtung, sondern auch Handlungen, die den Bestimmungszweck der Einrichtung und ihre bisherige Brauchbarkeit für diesen Zweck zum Nachteil des Miteigentümers aufheben oder mindern; denn nach dem Schutzzweck des § 922 BGB kann jeder der Nachbarn verlangen, dass sein Recht auf ungehinderte Benutzung der Grenzeinrichtung unangetastet bleibt (vgl. BGH, NJW 1981, 866, 867; NJW 1989, 2541; BeckRS 2012, 18858 Rn. 8; NJW-RR 2018, 528 Rn. 18; NJW-RR 2021, 401 Rn. 25). - Dem widerspricht es, wenn ein Nachbar ohne Zustimmung des anderen Veränderungen an der Dachkonstruktion seines an die gemeinsame Giebelwand angebauten Hauses vornimmt, die eine unzulässige Lasteinleitung in die gemeinsame Giebelwand zur Folge haben, die deren Standsicherheit gefährdet. Denn damit wird die Mauer in einer Weise verändert, dass ihre Funktionsfähigkeit für das Nachbargebäude beeinträchtig ist. Ein solcher, ohne Zustimmung des betroffenen Nachbarn vorgenommener Eingriff verstößt gegen § 922 S. 3 BGB. Dies bedeutet nicht, dass dem Nachbarn verboten werden könnte, die Dachkonstruktion seines Haus zu verändern. Nach § 903 BGB ist jeder der Nachbarn berechtigt, über die auf seinem Grundstück befindlichen Aufbauten frei zu verfügen; insoweit ist er auch ohne Zustimmung des anderen baulichen Veränderungen seines an die Nachbarwand angrenzenden Gebäudes befugt. Nur muss er dabei so vorgehen, dass das Recht des Nachbarn auf eine ungehinderte, nicht beeinträchtigte Weiterbenutzung der gemeinsamen Giebelmauer gewährleistet bleibt. Wird deshalb infolge des Umbaus des Hauses bzw. dessen Dachs die gemeinsame Giebelmauer in ihrer Bestands- und Funktionsfähigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt, so liegt darin eine gegen § 922 S. 3 BGB verstoßende Änderung dieser Grenzeinrichtung, wenn nicht der Eigentümer des umgebauten Hauses von vornherein diejenigen Maßnahmen trifft, die zur Verhinderung oder Beseitigung solcher Auswirkungen im Nutzungsinteresse des Nachbarn geboten sind (vgl. zum Abriss des Hauses: BGH, NJW 1981, 866, 867; NJW 1989, 2541; Urt. v. 27.07.2012 – V ZR 2/12, BeckRS 2012, 18858 Rn. 10). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so kann der in seinem Nutzungsrecht beeinträchtigte Nachbar gemäß §§ 922 S. 3, 1004 BGB von dem Störer die Beseitigung der Störung verlangen.
- c)
Auch wenn hier – wie sogleich noch näher ausgeführt wird – nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme feststeht, dass aufgrund der von den Beklagten errichteten neuen Dachkonstruktion in Gestalt eines Pfettendaches mit tragender Firstpfette eine unzulässige Lasteinleitung in die gemeinschaftliche Giebelwand erfolgt, begründet dies indes nicht – wie von den Klägern mit dem Hauptantrag geltend gemacht – einen Anspruch auf Rückbau der Giebelwand und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands, weil derartige Maßnahmen zur Beseitigung der Störung nicht erforderlich sind. - aa)
Da allein die Giebelwand gemeinsame Grenzanlage und damit Gegenstand des Mitbenutzungsrechts der Kläger ist, kann sich dementsprechend ein darauf gestützter Anspruch auf Beseitigung von Beeinträchtigungen auch nur auf diese Giebelwand beziehen. Er erstreckt sich hingegen nicht auf die Dachgauben und den Dachaufbau beim Haus der Beklagten, weil insoweit keine gemeinsame Grenzanlage und auch im Übrigen keine Gemeinschaft besteht (siehe oben 1.). - bb)
Des Weiteren bleibt es den Beklagten überlassen, wie sie die Beeinträchtigung des Nutzungsrechts der Kläger an der gemeinschaftlichen Giebelwand beseitigen, welche Maßnahmen sie mithin ergreifen, um deren Standsicherheit dauerhaft wieder zu gewährleisten. Der Gläubiger hat grundsätzlich nur Anspruch darauf, dass der Störer rechtswidrige Beeinträchtigungen unterlässt bzw. beseitigt. Wie der Störer die Eigentumsbeeinträchtigung beseitigt, d.h. auf welche Weise bzw. mit welchem Mittel, bleibt ihm überlassen (vgl. BeckOGK/Spohnheimer, BGB, Stand: 01.02.2023, § 1004 Rn. 178 m.w.N.). Weil er nur einen Erfolg (Beseitigung der Störung) schuldet, obliegt dem Schuldner die Auswahl unter mehreren verschiedenen Möglichkeiten, die zur Beseitigung in Betracht kommen. Dabei kann er jedes zur Störungsbeseitigung angemessene Mittel wählen; er kann ohne weiteres diejenige (geeignete) Beseitigungsmaßnahme wählen, die für ihn den geringsten Aufwand bedeutet oder ihn sonst möglichst wenig belastet (vgl. BeckOGK/Spohnheimer, BGB, Stand: 01.02.2023, § 1004 Rn. 178.3). Die Wahl zwischen mehreren zur Beseitigung geeigneten Mitteln hat mithin regelmäßig der Störer; er entscheidet, wie er die Einwirkung bzw. Störung beseitigt. Anders ist es nur, wenn ausnahmsweise ausschließlich eine bestimmte Beseitigungsmaßnahme als erfolgversprechend und zumutbar in Betracht kommt. Allein in diesem Fall kann der Klageantrag auch auf Vornahme dieser konkreten Beseitigungsmaßnahme lauten (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 33. Aufl., § 253 Rn. 13c). Ansonsten ist der Gläubiger jedoch dazu verpflichtet, dem Schuldner die Auswahl zwischen verschiedenen, zur Herbeiführung des Erfolgs geeigneten Mitteln dem Schuldner überlassen, wenn es sich – wie hier – um einen Anspruch auf Beseitigung einer Störung nach § 1004 BGB handelt (vgl. BGH, NJW 1978, 1584, 1585; NJW-RR 1996, 659; NJW-RR 2021, 401 Rn. 10). - Eine Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustandes könnten die Kläger daher nur verlangen, wenn dies die einzige Möglichkeit zur Beseitigung der Beeinträchtigung ihres Mitbenutzungsrechts an der gemeinschaftlichen Giebelwand wäre und es keine sicheren Alternativen gäbe, um die Standsicherheit dieser Wand (wieder) herzustellen. Das ist indes nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. D in seiner ersten ergänzenden Stellungnahme vom 05.11.2015 (nachfolgend: Ergänzungsgutachten I), in seiner Anhörung vor dem Landgericht am 20.07.2016 (Bl. 380 ff. GA) und in seiner zweiten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 21.01.2021 (nachfolgend: Ergänzungsgutachten II) nicht der Fall. Nach den Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen gibt es vielmehr sogar jedenfalls zwei Alternativen, mit denen technisch zuverlässig eine ausreichende statische Entlastung der Giebelwand erzielt wird.
- So besteht zunächst die Möglichkeit des Einbaus einer Stütze mit Querträger unmittelbar vor der Giebelwand mit dem Ziel, die Endauflage der Firstpfette über die neuen Bauteile aufzunehmen, so dass dann die gemeinsame Giebelwand keine Last aus der Firstpfette mehr erhält (Gutachten, S. 12; Ergänzungsgutachten I, S. 7, Anlage 4/1; LG-Anhörungsprotokoll, S. 2 [Bl. 380R GA]; Ergänzungsgutachten II, S. 13).
- Daneben besteht – entsprechend dem Vorschlag des Streithelfers (vgl. Anlage B 11; Bl. 258 GA) – die Möglichkeit der Entlastung der gemeinsamen Giebelwand über den Einbau eines sog. Kopfbandes unter den Firstbalken (Ergänzungsgutachten I, S. 7; LG-Anhörungsprotokoll, S. 2 [Bl. 380R GA]; Ergänzungsgutachten II, S. 11/12, 13, 14), welche Maßnahme nach der fachkundigen Beurteilung des Sachverständigen Prof. D ebenfalls funktionieren würde. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist durch den vom Streithelfer zuletzt vorgelegten überarbeiteten Standsicherheitsnachweis vom 08.07.2020 (Bl. 806 ff. GA) unter Berücksichtigung der eigenen Anmerkungen des gerichtlichen Sachverständigen nachgewiesen, dass nach Einbau eines Kopfbandes von der Dachkonstruktion des Hauses der Beklagten keine Lasten mehr in die gemeinschaftliche Giebelwand eingeleitet werden (Ergänzungsgutachten II, S. 12, 13, 14). Diese Lösung sieht vor, dass das ursprüngliche Auflager auf der gemeinschaftlichen Giebelwand entfällt und zur Sicherung des Lastabtrags 80 cm neben der vorhandenen Innenstütze ein neues Auflager in Form eines unter 45o geneigten Kopfbandes ausgebildet wird (vgl. Ergänzungsgutachten II, S. 11). Bei diesem Kopfband handelt es sich um einen Gelenkstab, der nur Kräfte in einer Achsrichtung aufnehmen kann (Ergänzungsgutachten II, S. 15). Der Sachverständige Prof. D hat sich mit dem diesbezüglichen Vorschlag des Streithelfers der Beklagten im Einzelnen befasst (vgl. Ergänzungsgutachten II, S. 11 ff.). Er hat dessen statische Berechnung geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass nach Durchführung der entsprechenden baulichen Maßnahmen gemäß den Vorgaben dieser statischen Berechnung unter Berücksichtigung seiner eigenen diesbezüglichen Anmerkungen von der Dachkonstruktion des Gebäudes der Beklagten keine Lasten mehr in die gemeinsame Giebelwand eingeleitet werden, die gemeinsame Giebelwand also nach Umsetzung dieser baulichen Maßnahme (Einbau eines Kopfbandes) keine Belastung mehr aus der Firstpfette erfährt (Ergänzungsgutachten II, S. 12). Der Sachverständige hat sich in diesem Zusammenhang auch mit den von den Beklagten mit Schriftsatz vom 04.11.2021 gegen die vorgeschlagene bauliche Maßnahme vorgebrachten Einwänden befasst und diese für nicht durchgreifend erachtet (Ergänzungsgutachten II, S. 14/15). Nach seinen Erläuterungen ist es insbesondere nicht erforderlich, das Objekt B 3 in die statischen Berechnungen mit einzubeziehen. Denn die Normalkraft in der Firstpfette wird über den Stahlbetonringbalken auf der Gebäudetrennwand als Druckkraft in die zur Aussteifung herangezogene Mittellängswand im Gebäude der Beklagten abgetragen (Ergänzungsgutachten II, S. 15). Bei seiner Beurteilung ist der Sachverständige auch im weiteren Verlauf der Begutachtung geblieben. Er hat in seiner dritten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 03.01.2022 (nachfolgend Ergänzungsgutachten III) nichts Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht. Er hat darin vielmehr in Bezug auf die statische Berechnung des Streithelfers vom 08.07.2020 ausgeführt, dass seine diesbezüglichen Ausführungen in der zweiten ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme uneingeschränkt gelten (Ergänzungsgutachten III, S. 10). Auf die entsprechende (vorsorgliche) Nachfrage des Senats hat er unter dem 30.09.2022 (Bl. 1171 GA) ferner ausdrücklich mitgeteilt, dass durch die statische Berechnung des Streithelfers der Beklagten bei Berücksichtigung seiner (der des Sachverständigen) Anmerkungen (Ergänzungsgutachten II, S. 11, 12: u.a. Änderung des Kopfband-Anschlusses an die Firstpfette, Ergänzung Nachweis der Horizontallastverankerung im Bereich des Firstpfetten-Endauflagers) der Nachweis erbracht ist, dass nach Einbau eines Kopfbandes keine Lasten mehr in die Giebelwand eingeleitet werden. Gegenteiliges zeigen die Kläger nicht auf. Sie tragen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die vorgeschlagene bauliche Maßnahme nicht funktionieren kann und/oder dass sich durch diese nunmehr in Bezug auf die gemeinsame Giebelwand des Gebäudes der Beklagten und des Objekts B 3 nachteilige Auswirkungen ergeben könnten. Da somit auf diese Weise ebenfalls die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand gewährleistet werden kann, ist eine Beseitigung der Dachgauben und des neuen Dachaufbaus beim Haus der Beklagten nicht notwendig.
- Darauf, ob bzw. inwieweit für diese Maßnahmen die Erteilung einer Baugenehmigung erforderlich ist, kommt es nicht an. Dass eine ggf. erforderliche Baugenehmigung nach den einschlägigen Vorschriften nicht erteilt werden könnte, zeigen die Kläger nicht auf, und hierfür ist auch nichts ersichtlich. Soweit sie hinsichtlich der von dem Streithelfer vorgeschlagenen baulichen Maßnahme (Einbau eines Kopfbandes) geltend machen, dass es „diese Lösung aus baurechtlicher Sicht wohl nicht in Betracht zu ziehen sein“ werde, fehlt es an näheren Ausführungen hierzu. Im Übrigen betrifft dieser „Einwand“ auch nur die von dem Streithelfer vorgeschlagene Maßnahme, nicht aber die von dem gerichtlichen Sachverständigen selbst vorgeschlagene Alternativlösung.
- cc)
Abgesehen davon wäre die mit dem Hauptantrag beanspruchte Beseitigung – wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat – unter diesen Umständen auch unverhältnismäßig und unzumutbar. - Zwar haben die Kläger – wie ausgeführt – grundsätzlich einen Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Dieser Anspruch ist jedoch – unabhängig von seiner Rechtsgrundlage – unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit begrenzt. Wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen möglich ist, dann besteht kein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands (vgl. BGH, NJW 2000, 512, 513; NJW 2008, 3122 Rn. 16; NJW 2008, 3123 Rn. 18). Diese Beschränkung ergibt sich nunmehr unmittelbar aus § 275 Abs. 2 BGB, welche Vorschrift auch auf Beseitigungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB Anwendung findet (vgl. BGH, NJW 2008, 3122 Rn. 17; NJW 2008, 3123 Rn. 18; NJW-RR 2010, 315 Rn. 14 ff.; NZM 2020, 811 Rn. 40). Gemäß § 275 Abs. 2 S. 1 BGB kann Schuldner die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Entsprechendes hat zu gelten, wenn es um eine bestimmte Beseitigungsmaßnahme geht, auf die grundsätzlich ein Anspruch bestehen kann, diese Beseitigungsmaßnahme jedoch unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu einer ebenfalls in Betracht kommenden, zur Beseitigung der Störung ebenfalls geeigneten Maßnahme steht.
- Das ist vorliegend bezogen auf die von den Klägern primär begehrte Beseitigung der Dachgauben und des gesamten Dachaufbaus der Fall, weil die Gefährdung der Standsicherheit der Giebelwand nach den einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen Prof. D auf andere Weise mit deutlich geringeren Kosten technisch zuverlässig behoben werden kann. Das gilt sowohl für den in Betracht kommende Einbau einer Stütze mit Querträger unmittelbar vor der Giebelwand (vgl. Ergänzungsgutachten I, S. 8) als auch für den ebenfalls in Betracht kommenden und nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme zur vollständigen und dauerhaften Störungsbeseitigung ebenfalls geeigneten Einbau einer zusätzlichen Strebe in Gestalt eines sog. Kopfbandes (vgl. LG-Anhörungsprotoll, S. 3 [Bl. 381]). Die hierfür jeweils anfallenden Kosten liegen augenscheinlich beträchtlich unter den Kosten für die von den Klägern mit dem Hauptantrag beanspruchte Beseitigung, und zwar selbst dann, wenn es sich bei den vom Sachverständigen genannten, nicht näher erläuterten Beträgen (ca. 2.200,00 EUR bzw. ca. 1.200,00 bis 1.500,00 EUR ohne Planungskosten) bloß um ungefähre, vorläufig geschätzte Kosten handeln sollte und die tatsächlichen Kosten für die jeweilige Maßnahme insgesamt höher ausfallen sollten. Bei dieser Sachlage wäre es unbillig und unzumutbar, wenn die Beklagten stattdessen den ursprünglichen Dachzustand wiederherstellen, mithin das Pfettendach samt Dachgauben vollständig entfernen und wieder ein Kehlbalkendach errichten müssten, zumal dies eine Beseitigung und anschließende Neuherstellung von Dachstuhl und Dachfläche bedeuten würde. Dass die begehrte Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustandes mit weit übersteigenden Kosten verbunden ist, liegt auf der Hand.
- d)
Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für einen auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands gerichteten Anspruch aus § 1004 Abs. 1 i.V.m. §§ 922 S. 4, 743 Abs. 2 BGB und/oder § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 1004, 922 S. 3, 249 Abs. 1 BGB. - Zwar steht eine halbscheidig auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Giebelmauer, an die von beiden Seiten angebaut ist, im Miteigentum der beiden Grundstücksnachbarn (vgl. BGH, NJW 1981, 866, 867 m.w.N.; NJW-RR OLG Frankfurt, NJOZ 2010, 2651, 2652; vgl. auch BGH, NJW-RR 2014, 973 Rn. 26). Insoweit sind die Vorschriften der §§ 741 ff. BGB über die Gemeinschaft (ergänzend) anwendbar. Beide Parteien haben infolgedessen gemäß §§ 922 S. 4, 743 Abs. 2 BGB ein Mitbenutzungsrecht an der gemeinschaftlichen Giebelwand und es steht ihnen bei einer Beeinträchtigung dieses Mitbenutzungsrechts grundsätzlich ein Abwehranspruch aus § 1004 BGB zu. Führt die von den Beklagten neu hergestellte Dachkonstruktion zu einer unzulässigen Einleitung von Lasten in die gemeinsame Giebelwand, die deren Standsicherheit gefährdet, können die Kläger daher Beseitigung dieser Beeinträchtigung verlangen. Es handelt sich in diesem Fall um eine wesentliche Veränderung der Giebelwand im Sinne des § 745 Abs. 3 S. 1 BGB, weil diese ihren Zweck nicht mehr erfüllt (vgl. hierzu Grüneberg/Sprau, a.a.O., § 745 Rn. 3), wenn sie nicht standsicher ist. Die Kläger können aus den vorstehenden Gründen allerdings auch nicht nach § 1004 Abs. 1 i.V.m. §§ 922 S. 4, 743 Abs. 2 BGB den Rückbau der Dachgauben und die Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands von den Beklagten verlangen. Gleiches gilt für einen etwaigen auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands gerichteten Anspruch aus § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 1004, 922 S. 3, 249 Abs. 1 BGB wegen einer unzulässige Lasteinleitung in die gemeinschaftliche Giebelwand.
- 3.
Die Kläger haben gegen die Beklagten darüber hinaus auch unter den von ihnen ferner angeführten Gesichtspunkten keinen Anspruch auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB. - a)
Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, dass und warum die Kläger nicht Beseitigung der Dachgauben wegen einer Nichteinhaltung von Vorschriften über Abstandsflächen, insbesondere § 6 Abs. 14 BauO NRW 2000, verlangen können. Auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Dort wird insbesondere zu Recht ausgeführt, dass kein Anspruch auf Unterlassung einer Nutzung des Nachbargrundstücks besteht, der im Rahmen von § 823 Abs. 2 BGB auf eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts gestützt wird, wenn diese Nutzung – wie hier – Gegenstand einer erteilten und weiterhin wirksamen Baugenehmigung ist (OLG Hamm, ZMR 2006, 707 m.w.N.; vgl. auch BGH, NJW 2006, 3426 Rn. 10; NJW-RR 2015, 1234 Rn. 16; BayObLG, Urt. v. 18.12.2000 – 5Z RR 570/99, BeckRS 2001, 01664 Rn. 26), und dass die Einhaltung der Abstandsflächen auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren geprüft wird. Steht durch die Baugenehmigung, solange sie nicht aufgehoben ist, fest, dass der Bauherr nicht gegen die öffentlich-rechtliche Vorschrift verstoßen hat, muss das der Nachbar gegen sich gelten lassen. Die Kläger setzen sich damit in ihrer Berufungsbegründung nicht konkret auseinander. Im Hinblick auf ihren pauschalen Einwurf, in der Baugenehmigung sei ein seitlicher Abstand von 1,25 m vorgesehen, ist nicht nachvollziehbar, was sie hiermit geltend machen wollen. Die Kläger haben zu keiner Zeit konkret behauptet, dass die von den Beklagten errichteten Dachgauben diesen Abstand nicht einhalten. Vielmehr ist bis zuletzt unstreitig geblieben, dass diese Vorgabe beachtet worden ist. Darauf, dass der Berufungsbegründung nicht zu entnehmen ist, dass die Kläger geltend machen wollen, die Dachgauben der Beklagten würden den in der Baugenehmigung vorgesehenen Abstand von 1,25 m nicht einhalten, hat der Senat im ersten Verhandlungstermin ausdrücklich hingewiesen (Verhandlungsprotokoll v. 05.10.2017, S. 2 [Bl. 506 GA]). Anderweitiger Vortrag der Kläger ist daraufhin nicht erfolgt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Durchführung des Bauvorhabens, was die Errichtung der Dachgauben als solche anbelangt, unter Verstoß gegen die Baugenehmigung erfolgt ist. Abgesehen davon, dass es hiernach nicht darauf ankommt, ob die Baugenehmigung hätte erteilt werden dürfen, zeigen die Kläger auch nicht auf, dass die die Errichtung der Dachgauben betreffende Baugenehmigung unter Verletzung nachbarschützender Vorschriften erfolgt ist. - b)
Die Kläger machen weiter vergeblich geltend, dass ihr eigenes Dach bei der Umsetzung der beanstandeten Baumaßnahme der Beklagten angehoben worden sei. - Die Kläger haben eine solche Veränderung – worauf der Senat ebenfalls bereits im ersten Verhandlungstermin hingewiesen hat (Verhandlungsprotokoll v. 05.10.2017, S. 2 [Bl. 506 GA]) – schon nicht substanziiert dargetan, weil sie den Zustand ihres Daches vor und nach der Baumaßnahme nicht nachvollziehbar dargelegt haben. Ungeachtet dessen hat der Sachverständige E die pauschale Behauptung der Kläger in seinem Gutachten vom 22.12.2014 nicht bestätigt, sondern im Gegenteil ausgeführt, dass die Zinkabdeckung 16 cm und die Oberkante der Dachlatte beim Haus der Beklagten 8,5 cm höher liegt als die Oberkante der Dachlatte beim Haus der Kläger (Gutachten E, S. 2, Bl. 305 GA). Diese Feststellungen, die die Kläger zu keiner Zeit angegriffen haben, sind überzeugend, weil der Sachverständige E sie durch das aussagekräftige Lichtbild Nr. 4 untermauert hat (Bl. 308 GA). Weiter hat der Sachverständige E dargelegt, dass die Dachlattenstücke zum Nachbardach nur um 1 cm ansteigen – was keine relevante Dachanhebung darstellt – und dass dieser Anstieg zudem auf einem unzureichenden Halt zum Nachbardach beruht, mithin auf einer mangelhaften Bauausführung und nicht auf einer Dachanhebung. Demzufolge hat aber gerade keine Anpassung der Höhe des Daches der Kläger an das Dach der Beklagten stattgefunden, um eine Durchgängigkeit der Dachkonstruktion zu gewährleisten. Die Berufungsbegründung setzt sich mit den Feststellungen des Sachverständigen E zu den tatsächlichen Höhenverhältnissen im Grenzbereich zwischen beiden Dächern in keiner Weise auseinander.
- c)
Das Landgericht hat überdies zutreffend ausgeführt, dass die Kläger aus einer Anhebung des Daches der Beklagten – sei diese durch Maßnahmen der Wärmedämmung oder durch die Ausführung als Pfettendach bedingt – keine Rechte herleiten können. - Die Kläger wenden sich hiergegen in der Berufungsinstanz allein mit der Begründung, die Anhebung der Dachfläche sei nicht von der Baugenehmigung gedeckt gewesen, indem diese ausweislich der Bauzeichnungen einen durchgängigen Firstverlauf ohne Höhenunterschied zum Inhalt gehabt habe. Das überzeugt indes nicht, weil die bestandskräftige Baugenehmigung der Stadt C vom 13.11.2008 (Anlage B 1, Bl. 45 ff. GA) die Ausführung einer Wärmedämmung vorsieht (vgl. Bl. 50 GA) und die Beklagten auf dieser Grundlage eine zulässige sog. Aufdachdämmung durchgeführt haben. Diese hat nach dem insoweit unwidersprochenen Vorbringen der Beklagten jedoch zwingend eine Erhöhung des Dachaufbaus zur Folge (vgl. Bl. 130 GA). Die tatsächlich erfolgte Anhebung der Dachhaut steht auch im Einklang mit dem seinerzeit geltenden § 6 Abs. 14 BauO NRW 2000, weil sie nach den Feststellungen des Sachverständigen E lediglich 8,5 cm (Gutachten E, S. 2, Bl. 305 GA) und damit deutlich weniger als die seinerzeit maximal zulässigen 25 cm beträgt. Dies war entgegen der Auffassung der Kläger auch Gegenstand der Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 68 Abs. 1 S. 4 Nr. 2 i.V.m. § 6 BauO NRW 2000, weshalb die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Stadt C vom 27.10.2010 (Bl. 51 GA) die Vereinbarkeit der Anhebung der Dachhaut mit § 6 Abs. 14 BauO NRW 2000 bestätigt. Bei dieser Sachlage können die Kläger aus den Bauzeichnungen nichts zu ihren Gunsten herleiten, zumal nicht ersichtlich ist, welche rechtlich geschützten Interessen der Kläger durch die in Rede stehende geringfügige Anhebung des Daches der Beklagten, die auf den eingereichten Lichtbildern nicht einmal sichtbar ist (vgl. Bl. 72 ff. GA), betroffen sein sollen. Dass nach Darstellung der Kläger auch eine andere Art der Wärmedämmung möglich gewesen sein soll, die nicht zu einer Erhöhung des Dachaufbaus geführt hätte, ändert nichts an der Zulässigkeit der durchgeführten Maßnahme.
- Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Anhebung des Daches (auch) auf der Ausführung als Pfettendach beruht. Die Kläger haben dies erstinstanzlich lediglich pauschal behauptet, ohne dafür bestimmte Tatsachen anzuführen. Ungeachtet dessen würde eine Dachanhebung, die bei ansonsten gleicher Bauausführung mit einem Pfettendach an Stelle eines Kehlbalkendachs verbunden ist und die auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen E allenfalls wenige cm betragen kann, keinen Beseitigungsanspruch rechtfertigen. Soweit die Kläger vortragen, die Baugenehmigung sehe eine Ausführung als Kehlbalkendach und nicht als Pfettendach vor, haben sie dies schon nicht nachvollziehbar begründet. Abgesehen davon existieren weder gesetzliche Vorschriften (vgl. § 35 BauO NRW 2000; § 35 BauO NRW 2018) noch enthält die Baugenehmigung Auflagen oder sonstige Vorgaben über die Art und Weise der Dachkonstruktion. Daher fehlt es insoweit an einem Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB und damit an der erforderlichen Regelung mit nachbarschützendem Inhalt, die den Klägern einen Beseitigungsanspruch vermitteln könnte. Schließlich ist sogar bei rein tatsächlicher Betrachtung nicht ersichtlich, welche schutzwürdigen Interessen der Kläger allein durch die von den Beklagten gewählte Art der Dachkonstruktion als solches betroffen sein sollen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass nicht jede von einer Baugenehmigung tatsächlich abweichende Bauausführung zivilrechtliche Ansprüche von Nachbarn begründet und in einem Rechtsstreit auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft wird, sondern nur Verstöße gegen Gesetze mit drittschützender Wirkung. Eine derartige Schutzgesetzverletzung ist jedoch bezogen auf eine etwaige geringfügige Dachanhebung um allenfalls wenige cm wegen der Ausführung als Pfettendach nicht dargetan.
- d)
Die von den Klägern in der Berufungsbegründung (pauschal) erwähnten Mängel bei der Ausführung der Dachdeckerarbeiten rechtfertigen aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht den geltend gemachten Anspruch auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des ursprünglichen Dachaufbaus beim Haus der Beklagten. Die im Gutachten des Sachverständigen E aufgeführten Mängel (Bl. 304 GA) betreffen zudem allein das Dach der Kläger. Die hier begehrte Beseitigung würde somit an diesen Mängeln gar nichts ändern. - e)
Das Landgericht hat weiter richtig ausgeführt, dass und warum die Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung der Dachgauben wegen einer Beschattung ihrer Dachfläche haben. Die Kläger greifen dies mit der Berufung nicht an, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen wird. - B.
- Die Kläger haben gegen die Beklagten aber gemäß ihrem Hilfsantrag einen Anspruch auf dauerhafte Wiederherstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 922 S. 3 BGB.
- 1.
Die Klage ist hinsichtlich des hilfsweise gestellten Klageantrags zulässig. Der Hilfsantrag genügt den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil er hinreichend bestimmt ist. - a)
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Hinreichend bestimmt ist ein Klageantrag grundsätzlich, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Andererseits führt nicht jede mögliche Unsicherheit bei der Zwangsvollstreckung zur Unbestimmtheit des Klageantrags. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in dem Klageantrag zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGHZ 206, 211 = NJW 2016, 317 Rn. 9; NJOZ 2018, 1612 Rn. 10; NJW-RR 2021, 401 Rn. 9). - In einem Antrag auf Vornahme von Handlungen, mit denen ein bestimmter Erfolg erreicht werden soll, muss der Kläger nur den angestrebten Erfolg bestimmt bezeichnen. Er darf die Auswahl zwischen verschiedenen, zur Herbeiführung des Erfolgs geeigneten Mitteln dem Schuldner überlassen (vgl. BGH, Urt. v. 19.01.2018 – V ZR 273/16, NJOZ 2018, 1612 Rn. 11 m.w.N.; NJW-RR 2021, 401 Rn. 10) und ist hierzu – wie bereits erwähnt – sogar verpflichtet, wenn es sich – wie hier – um einen Anspruch auf Beseitigung einer Störung nach § 1004 BGB handelt (vgl. BGH, NJW 1978, 1584, 1585; NJW-RR 1996, 659; NJW-RR 2021, 401 Rn. 10).
- b)
Diesen Anforderungen genügt der Hilfsantrag der Kläger, die Beklagten zu verurteilen, die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand durch notwendige und nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst sowie Statik geeignete Maßnahmen fachgerecht herzustellen bzw. herstellen zu lassen und dauerhaft sicherzustellen. Die Kläger begehren damit die fachgerechte und dauerhafte (d.h. bleibende) Wiederherstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand, so wie diese vor der beanstandeten Änderung der Dachkonstruktion einmal gegeben war. Damit ist der von den Klägern angestrebte Erfolg hinreichend beschrieben, zumal er durch die Formulierung „nach den anerkannten Regeln der Technik und Baukunst sowie Statik“ konkretisiert wird.2.
Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch ist aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 922 S. 3 BGB begründet. - a)
Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass eine Nutzung der gemeinschaftlichen Giebelwand als tragende Wand durch Auflagerung der tragenden Firstpfette nicht zulässig ist, so dass die Standsicherheit der gemeinschaftlichen Giebelwand durch die aufliegende Firstpfette am Dach des Hauses der Beklagten und damit die Funktionsfähigkeit der Wand beeinträchtigt ist. - aa)
Maßstab ist, ob die Giebelwand noch den statischen Anforderungen aus den anerkannten Regeln der Technik genügt, obwohl nunmehr erstmals – und zwar aus der zuvor nicht vorhandenen – Firstpfette Lasten in diese Wand eingeleitet werden. Dies bestimmt sich ausweislich des Sachverständigengutachtens Prof. D nach den Vorschriften der DIN 1053 – Teil 1 sowie ergänzend nach DIN 1055, DIN 1052, DIN 1045-1 und DIN 18800 – Teil 1 (vgl. Gutachten S. 5, 11/12). - bb)
Danach ist hier eine Nutzung der gemeinschaftlichen Giebelwand als tragende Wand durch Auflagerung der Firstpfette nicht zulässig.(1)
Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich eine unzulässige Belastung der Giebelwand allerdings nicht allein schon daraus, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen Prof. D in einem Erstgutachten vom 17.07.2014 (S. 6-8) beim vorher bestehenden Kehlbalkendach keine Lasten aus der Dachkonstruktion in die Giebelwand eingeleitet worden waren, der Bauschein (Bl. 177 GA) für belastete, 12 cm dicke Wände wie die Giebelwand einen lastverteilenden Stahlbetonbalken als oberen Wandabschluss vorschreibt und bei der neuen Dachkonstruktion als Pfettendach Lasten aus der Firstpfette in die Giebelwand abgeleitet werden, indem die Firstpfette auf der Giebelwand aufliegt. Denn es war bislang – wie der Sachverständige Prof. D schon in erster Instanz weiter ausgeführt hat – unklar, wie die Giebelwand im oberen Randbereich ausgeführt ist und ob dort insbesondere Ringbalken oder Ringanker vorhanden sind (Gutachten, S. 7). Dies konnte zuverlässig nur durch – die nunmehr erfolgten – Bauteilöffnungen geklärt werden (Gutachten, S. 9/10). Der Sachverständige Prof. D hatte zwar in seinem ersten Gutachten auch ausgeführt, dass die der Änderung der Dachkonstruktion zugrundeliegende statische Berechnung des Streithelfers fehlerhaft und die Giebelwand nach derzeitigem Kenntnisstand nicht für die Nutzung als tragende Wand geeignet ist (Gutachten, S. 12). Gleichzeitig hatte er jedoch betont, dass ein rechnerischer Nachweis über die Lastweiterleitung nicht möglich ist (Gutachten, S. 12/13). Es bedurfte daher noch ergänzender Feststellungen durch Bauteilöffnungen an der gemeinsamen Giebelwand. Diese Beweisaufnahme ist erstinstanzlich unterblieben. Der Senat hat sie zweiter Instanz nachgeholt, indem er ergänzend Beweis auch darüber erhoben hat, ob die Standsicherheit der gemeinschaftlichen Giebelwand der beiden aneinander grenzenden Reihenhäuser beeinträchtigt ist, weil durch die Konstruktion des Dachstuhls der Beklagten nach den geltenden statischen Anforderungen in unzulässigem Maße Lasten aus der tragenden Firstpfette in diese Wand eingeleitet werden. - (2)
Nach dem Ergebnis der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme steht jedoch fest, dass die gegenwärtige Nutzung der gemeinschaftlichen Giebelwand durch die Beklagten nicht zulässig ist. Der gerichtliche Sachverständige Prof. D hat, um die notwendigen weiteren Feststellungen treffen zu können, im Rahmen eines Ortstermins Bauteilöffnungen in der Giebelwand vorgenommen bzw. vornehmen lassen (Ergänzungsgutachten III, S. 9, 11, 12). Ziel dieser Maßnahmen ist die Verifizierung möglicher Halterungen der Giebelwand durch Ringbalken etc. gewesen. In dem gesamten untersuchten Bereich oberhalb der vorhandenen Treppenöffnung ab Decke über Obergeschoss aufwärts sind bei dieser Gelegenheit weder Stahlbetonringbalken noch andere Bauteile, die deren Funktion übernehmen könnten, vorgefunden worden (Ergänzungsgutachten III, S. 12). So ist nach den Feststellungen des Sachverständigen insbesondere an der Giebelwandoberseite der streitbefangenen Giebelwand ein Ringbalken nicht vorhanden (Ergänzungsgutachten III, S. 11). Auch ist eine Halterung durch beidseitig anliegende Randsparren aufgrund eines festgestellten Spalts zwischen Sparren und Wandoberfläche nicht gegeben (Ergänzungsgutachten III, S. 11). Ebenso ist im Bereich der Treppenöffnung auch in Höhe der Decke über Obergeschoss kein Ringbalken vorhanden (Ergänzungsgutachten III, S. 11). Das bedeutet, dass die Giebelwand, die aus ca. 12 cm starkem Bimsstein-Mauerwerk besteht, im mittleren Grundrissbereich mit den beidseitig vorhandenen Treppenöffnungen auf einer Höhe von mindestens 3,50 m nicht durch Stahlbeton-Ringbalken oder vergleichbare Bauteile gehalten ist (Ergänzungsgutachten III, S. 11, 12). Nach der Beurteilung des Sachverständigen Prof. D, gegen die die Beklagten und ihr Streithelfer keine Einwände erhoben haben, ist vor diesem Hintergrund eine Nutzung der gemeinschaftlichen Giebelwand als tragende Wand durch die Auflagerung der tragenden Firstpfette nicht zulässig (Ergänzungsgutachten III, S. 11 und 12). Durch die damit unzulässige Auflage der tragenden Firstpfette am Dach des Hauses der Beklagten auf der gemeinsamen Giebelwand ist folglich die Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand beeinträchtigt. - (3)
Ob die von den Klägern angeführten Risse diesen Befund bestätigen, kann dahinstehen. Der Sachverständige Prof. D hat Rissbildungen festgestellt und in seinem zweiten Ergänzungsgutachten (S. 10 sowie Anlagen 7/3 bis 7/6) dokumentiert. Hinsichtlich der festgestellten Risse im Bereich der Dachschräge und entlang der Anschlussfuge im Bereich Dachschräge/Giebelwand, die vom Sachverständigen Prof. D aufgrund ihrer Breite sowie der örtlichen Putzablösung als „auffällig“ bewertet werden, kommt der Sachverständige in seinem zweiten Ergänzungsgutachten zu dem Ergebnis, es könne ausgeschlossen werden, dass diese Risse in einem technischen Zusammenhang mit der Lasteinleitung aus der Firstpfette in die Giebelwand stehen (Ergänzungsgutachten II, S. 17). Hinsichtlich des ebenfalls dokumentierten Vertrikalrisses im Putz der Giebelwand, der nach Angaben der Kläger bereits seit Abschluss der Baumaßnahme der Beklagten vorliegen soll, ist nach der in seinem zweiten Ergänzungsgutachten geäußerten Einschätzung die Einleitung von Lasten aus der Firstpfette als Rissursache „durchaus wahrscheinlich“ (Ergänzungsgutachten II, S. 17). Auf die entsprechenden Ausführungen hat der Sachverständige in seinem dritten Ergänzungsgutachten verwiesen (Ergänzungsgutachten III, S. 12), wobei es in diesem Ergänzungsgutachten allerdings auch heißt, dass dem Sachverständigen keine als Mangel oder Schaden einzustufenden Rissbildungen im Gebäude der Kläger bekannt seien, die auf die nicht zulässige Auflagerung der tragenden Firstpfette des Nachbargebäudes der Beklagten zurückzuführen seien (Ergänzungsgutachten III, S. 13). Das bedarf jedoch keiner weiteren Aufklärung. Darauf, ob die betreffenden Risse aus einer Einleitung von Lasten aus der Firstpfette resultieren, kommt es für die Entscheidung des Senats nicht an, weil auch unabhängig von den vorhandenen Rissen und deren genauer Ursache festgestellt werden kann, dass eine Nutzung der gemeinsamen Giebelwand für einen Lastabtrag (hier: Auflager der Firstpfette) nicht zulässig ist, und die Kläger einen die Risse betreffenden Beseitigungsanspruch oder Schadensersatzanspruch im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend machen. Aus letzterem Grunde kann auch dahinstehen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Riss mit Putzablösung in der Dachschräge und im Sachverständigengutachten E angeführten Mängeln im Zusammenhang mit der Ausführung der Dachdeckerarbeiten besteht, was der Sachverständige Prof. D anhand der vorliegenden Unterlagen nicht beurteilen konnte (Ergänzungsgutachten III, S. 12). - b)
Da die Nutzung der gemeinschaftlichen Giebelwand als tragende Wand durch Auflagerung der tragenden Firstpfette nicht zulässig ist, ist infolge der von den Beklagten durchgeführten Änderung der Dachkonstruktion ihres Gebäudes die gemeinsame Giebelmauer in ihrer Standfestigkeit und damit in ihrer Bestands- und Funktionsfähigkeit beeinträchtigt. Hierin liegt – wie ausgeführt – eine gegen § 922 S. 3 BGB verstoßende Änderung dieser Grenzeinrichtung, so dass die in ihrem Nutzungsrecht als Nachbarn beeinträchtigten Kläger gemäß § 1004 BGB i.V.m. § 922 S. 3 BGB von den Beklagten als Störern die Beseitigung dieser Störung verlangen können. Ein entsprechender Beseitigungsanspruch ergibt sich – wie ebenfalls bereits ausgeführt – im Übrigen auch aus § 1004 Abs. 1 i.V.m. §§ 922 S. 4, 743 Abs. 2 BGB. Dieser Beseitigungsanspruch ist jeweils auf eine dauerhafte Wiederherstellung der ursprünglichen Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand gerichtet. - 3.
Der mit dem Hilfsantrag verfolgte Beseitigungsanspruch ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt. - a)
Das Landgericht hat im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB im Jahr 2010 zu laufen begonnen hat. Der Anspruch auf Beseitigung ist spätestens mit Beendigung der Baumaßnahmen durch die Beklagten, die zur Beeinträchtigung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand geführt haben sollen, entstanden, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Die Kläger haben zudem seit August 2010 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen und von den Beklagten als Schuldner (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), indem sie damals bereits Risse in der Giebelwand festgestellt und mit Schreiben vom 03.09.2010 (Bl. 10 GA) geltend gemacht haben, die Baumaßnahmen am Dach des Hauses der Beklagten, insbesondere der Einbau der Firstpfette, hätten zu einer statischen Mehrbelastung der Giebelwand geführt, für welche diese nicht ausgelegt sei. Die Kläger stellen die bereits seit dem Jahr 2010 vorhandene Kenntnis von einer eventuellen Gefährdung der Standsicherheit der Giebelwand mit der Berufung auch nicht in Abrede. - b)
Die Verjährung ist allerdings auch im Hinblick auf den Hilfsantrag mit Erhebung der Klage am 06.09.2013 rechtzeitig vor dem Ablauf der Verjährungsfrist am 31.12.2013 nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden sein, auch wenn die Kläger den Hilfsantrag ausdrücklich erst mit Schriftsatz vom 20.07.2016 (Bl. 378 GA) formuliert haben. Dies folgt daraus, dass der Hilfsantrag von Anfang an als „Minus“ im Hauptantrag, d.h. dem ursprünglichen Klageantrag enthalten war. - aa)
Die Erhebung einer Klage hemmt die Verjährung für Ansprüche in der Gestalt und in dem Umfang, wie sie mit der Klage geltend gemacht werden, mithin für den streitgegenständlichen prozessualen Anspruch (stRspr; vgl. BGH, NJW 1996, 117, 118; NJW 1999, 2110, 2111; NJW 2005, 2004, 2005; NJW 2015, 2106 Rn. 17; NJW 2016, 2493 Rn. 19). Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag und den Klagegrund, also den zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Im Klageantrag konkretisiert sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge, wie sie aus dem dazu vorgetragenen Lebenssachverhalt hergeleitet wird. Zum maßgeblichen Lebenssachverhalt gehören alle Tatsachen, die bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen. Das gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht (BGH, NJW 2014, 314 Rn. 15 m.w.N.; NJW 2015, 2411 Rn. 11). - bb)
Hier gehören der Rückbau der Dachgauben sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Dachaufbaus, die mit dem Hauptantrag beansprucht werden, und die Herstellung der Standsicherheit der gemeinsamen Giebelwand gemäß dem Hilfsantrag zu demselben einheitlichen Lebenssachverhalt, nämlich den Baumaßnahmen der Beklagten am Dach ihres Hauses von August bis Oktober 2010 und deren Folgen. Denn sämtliche in der Klageschrift geltend gemachten Beeinträchtigungen einschließlich der dort bereits behaupteten statischen Einwirkung auf die Giebelwand und einer damit verbundenen Gefahr von Schäden am Mauerwerk (vgl. S. 5, [Bl. 5 GA]) sollen ihre Ursache in diesen Baumaßnahmen haben. Insbesondere wird schon in der Klageschrift (S. 4, [Bl. 4 GA]) ausgeführt, dass die Giebelwand nicht für das Tragen einer Firstpfette ausgelegt sei. - Der in der Klageschrift gestellte (Haupt-)Antrag auf Rückbau des gesamten Daches der Beklagten umfasst ferner die Beseitigung der behaupteten Beeinträchtigung der Standsicherheit der Giebelwand.
- Die Kläger haben mit dem Hauptantrag auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des früheren Dachzustands die Beseitigung all derjenigen Beeinträchtigungen erstrebt, die sie ausweislich der Darstellung in der Klageschrift durch die Baumaßnahmen am Dach der Kläger im Jahr 2010 an ihrem Eigentum erlitten haben. Diese geltend gemachten Beeinträchtigungen umfassen nach ihren Angaben auch eine statisch unzulässige Mehrbelastung der gemeinsamen Giebelwand durch den Einbau der Firstpfette. Eine Einleitung von Lasten in diese Wand würde durch eine Wiederherstellung des ursprünglichen Daches der Beklagten, das kein Pfettendach, sondern ein Kehlbalkendach war, wirksam beseitigt. Das haben die Beklagten zutreffend auch so verstanden, wie sich daran zeigt, dass sie sich bereits in der Klageerwiderung (S. 11, [Bl. 40 GA]) dazu geäußert haben. Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits haben die Parteien ausführlich über diesen Punkt und die in Betracht kommende Maßnahmen zur Beseitigung dieser Störung diskutiert.
- Davon ausgehend enthält der auf Rückbau der Dachgauben und Wiederherstellung des früheren Dachzustands gerichtete Hauptantrag bei verständiger Würdigung als „Minus“ auch diejenigen Maßnahmen, die auf eine Beseitigung nur eines Teils der beanstandeten Beeinträchtigungen abzielen, und damit auch Maßnahmen lediglich zur Herstellung der Standsicherheit der Giebelwand. Der Hauptantrag bezeichnet nicht die einzelnen Störungen, sondern benennt stattdessen diejenige umfassende Maßnahme, die gleichzeitig sämtliche Störungen umfassend beseitigen würde. Er geht damit bezogen auf eine einzelne Störung – wie hier die statisch unzulässige Mehrbelastung der Giebelwand – lediglich zu weit, ist aber nicht etwas anderes (kein „Aliud“).
- Die Richtigkeit dieses Ergebnisses wird dadurch bestätigt, dass diejenigen Maßnahmen, welche mit dem Hilfsantrag von den Beklagten verlangt werden, den Hauptantrag wegen Unverhältnismäßigkeit bzw. Unzumutbarkeit unbegründet machen (siehe oben).
- cc)
Infolgedessen hat die Klageerhebung auch den mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Beseitigungsanspruch rechtzeitig unterbrochen. - 4.
Damit erweist sich die Berufung im Umfang des Hilfsantrages als begründet, wohingegen sie im Umfang des Hauptantrages ohne Erfolg bleibt. - C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
- Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
- Den Streitwert für das Berufungsverfahren und – in Abänderung der im landgerichtlichen Urteil enthaltenen Wertfestsetzung (§ 63 GKG) – den Streitwert für den ersten Rechtszug hat der Senat auf jeweils 25.000,00 EUR festgesetzt. Die Kosten für einen kompletten Rückbau und eine Wiederherstellung des ursprünglichen Dachzustands, wie er von den Klägern primär begehrt worden ist,sind deutlich höher zu veranschlagen als mit 15.000,00 EUR. Dieser Betrag ist deutlich untersetzt. Der Senat schätzt die diesbezüglichen Kosten auf mindestens 25.000,00 EUR.