I-2 U 86/22 – Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung III

Düsseldorfer Entscheidungen Nr. 3303

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 02. Februar 2023, I-2 U 86/22

Vorinstanz: 4a O 87/20

  1. I. Auf die Berufung wird das am 21. April 2022 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert.
    Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
    II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    III. Das Urteil ist für die Beklagte wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
    V. Der Streitwert wird auf 350.000 EUR festgesetzt.
  2. Gründe
  3. I.
    Die Klägerin war eingetragene Inhaberin des am 09.03.1999 – unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom 09.03.1998 (DE 298 04 XXA U) und 05.03.1999 (DE 299 03 XXB U) in deutscher Verfahrenssprache – angemeldeten und am 09.03.2019 – vor Einleitung des hiesigen Rechtsstreits – durch Zeitablauf erloschenen Klagepatents, dessen Erteilung am 09.01.2002 bekanntgemacht worden ist. Eine gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage hat das Bundespatentgericht mit Urteil vom 30.10.2019 abgewiesen (6 Ni 34/18). Aus Anlass des vorliegenden Verletzungsprozesses hat die Beklagte gegen das Klagepatent zwischenzeitlich ein weiteres Nichtigkeitsverfahren bei einem anderen Senat anhängig gemacht [4 Ni 27/21 (EP)], zu dem das Bundespatentgericht am 10.02.2022 einen der Klägerin günstigen qualifizierten Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG erlassen hat.
    Das Klagepatent betrifft eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung. Anspruch 1 lautet wie folgt:
    „Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit einem auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe, und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
    dadurch gekennzeichnet, dass
    der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen ist, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.“
    Die nachfolgenden Abbildungen (Figur 1, 3 und 4 der Klagepatentschrift) zeigen mögliche Ausführungsformen dieser Leuchtenvorrichtung.
  4. Die Beklagte hat LED-Leuchten mit einem Hochfrequenzsensor („A“) angeboten und vertrieben, wie sie sich aus der nachstehend eingeblendeten Fotografie (Anlage K 7a), dem Produktdatenblatt gemäß Anlage K 12 sowie dem von der Klägerin im Berufungsverfahren überreichten Musterstück aus einem von ihr durchgeführten Testkauf ergeben.
  5. Die Klägerin, die die besagte LED-Leuchte für patentverletzend hält, mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 23.04.2020 (Anlage K 8) erfolglos mit der Aufforderung zur Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Anerkennung ihrer Schadenersatzverpflichtung ab. Nunmehr verfolgt die Klägerin ihr Anspruchsbegehren im Klagewege weiter.
    Das Landgericht hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung wie folgt verurteilt:
    I. Die Beklagte wird verurteilt,
    1. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die nachfolgenden Handlungen seit dem 01. November 2010 bis zum 09. März 2019 begangen hat,
    bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtungen mit einem auf einem Befestigungssockel gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor
    in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
    wobei der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist,
    und zwar unter Angabe
    a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
    wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnung, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
    2. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01. November 2010 bis zum 09. März 2019 begangen hat, und zwar unter Angabe
    a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnung sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
    wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin bezeichneten und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
    3. der Klägerin einen Betrag in Höhe von 6.833,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2020 zu zahlen.
    II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. vom 01. November 2010 bis zum 09. März 2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
    Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie hält daran fest, dass bei zutreffender Auslegung des Klagepatents keine Patentverletzung vorliege, und führt dazu im Wesentlichen aus: Fehlerhaft sei bereits die Annahme, das Klagepatent beziehe sich auf eine vollständige Leuchte, weil es tatsächlich darum gehe, den Nachrüstadapter des Standes der Technik für bestehende Leuchten zu optimieren. „Leuchtmittel“ bei der angegriffenen Ausführungsform sei die einzelne LED (und nicht die Gesamtanordnung der drei Leiterplattensegmente), und innerhalb der einzelnen LED lediglich deren lichtemittierende Elemente, nämlich der Halbleiterübergang und der Leuchtstoffverguss. Das Leadframe – und nicht die Metallschale – sei deshalb als Befestigungssockel anzusehen.
    Die Beklagte beantragt,
    das angefochtene Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen;
    hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung in dem gegen das Klagepatent anhängigen Nichtigkleitsverfahren auszusetzen.
    Die Klägerin beantragt,
    die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
    Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und tritt dem Vorbringen der Beklagten im Einzelnen entgegen.
    Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
    II.
    Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht in der angegriffenen Deckenleuchte eine wortsinngemäße Benutzung des Klagepatents gesehen. Mangels Schutzrechtsverletzung stehen der Klägerin die vom Landgericht zuerkannten Ansprüche auf Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Restschadenersatz nicht zu. Das Leuchtmittel befindet sich nicht oberhalb des Befestigungssockels (erster selbständig tragender Abweisungsgrund) und das Trägermodul liegt mit seiner gesamten Erstreckung außerhalb des Zwischenraums, der durch das Leuchtmittel definiert wird (zweiter selbständig tragender Abweisungsgrund).
    1.
    Das Klagepatent betrifft eine Leuchtenvorrichtung, die durch einen Bewegungssensor gesteuert wird.
    Derartige Leuchtenvorrichtungen sind nach den Erläuterungen der Klagepatentschrift beispielsweise aus der DE 196 01 XXC (Anlage K 5) bekannt. Die dort vorgeschlagene Lösung beruht auf dem Prinzip, gängige Leuchtmittel (wie Glühlampen) möglichst kompakt mit einem Bewegungssensor zu kombinieren, so dass sich das Leuchtmittel in vorteilhafter Weise bewegungsabhängig aktivieren (d.h. bei Feststellung von Bewegung einschalten) und deaktivieren (d.h. bei Feststellung von Nicht-Bewegung wieder ausschalten) lässt. Wie die nachstehende Figur 1 der DE 196 01 XXC exemplarisch verdeutlicht,
  6. ist als nachrüstbare Steuervorrichtung eine Art Adapter vorgesehen, der den Bewegungssensor enthält und der zwischen das Leuchtmittel (Glühbirne) und die Lampenfassung der Leuchte (Befestigungssockel) integriert wird. Die Steuervorrichtung ist zu diesem Zweck auf ihrer Oberseite in geeigneter Weise ausgebildet, um die Schraubfassung der Glühbirne aufzunehmen, und bildet auf ihrer Unterseite die Glühbirnenfassung nach, um seinerseits in die Lampenfassung des Befestigungssockels eingeschraubt werden zu können.
    Die Zwischenschaltung eines so beschaffenen Steuerungsadapters setzt voraus, dass die zu bestückende Leuchte den hierfür erforderlichen Platzbedarf bereitstellt. Insbesondere unter kompakten Leuchtenschirmen bzw. bei nur begrenztem Raum oberhalb des Leuchtmittelsockels kann es daran fehlen, namentlich dann, wenn aufgrund der notwendigen Elektronik oder Antenne der einzusetzende Steuerungsadapter eine bestimmte Mindestgröße überschreitet (Absatz [0004]).
    Ausgehend von dieser Problemlage bezeichnet es das Klagepatent als seine Aufgabe, „eine gattungsgemäße bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung dahingehend zu verbessern, dass die Gesamtanordnung kompakter und insbesondere auch unter beengten Raumverhältnissen einsetzbar wird“ (Absatz [0005]).
    Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 vor, den Bewegungssensor nicht in einem zusätzlichen Raum zwischen dem Leuchtmittel und dem Befestigungssockel der Lampe anzuordnen, sondern in das Leuchtmittel selbst zu verlagern. Im Einzelnen schützt Anspruch 1 die Kombination folgender Merkmale:
    1. Durch einen Bewegungssensor gesteuerte Leuchtenvorrichtung mit
    a) einem Befestigungssockel (12; 20),
    b) einem Leuchtmittel (14; 22) und
    c) einem Bewegungssensor (26; 32).
    2. Das Leuchtmittel (14; 22)
    a) ist auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehalten und
    b) begrenzt mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels.
    3. Der Bewegungssensor (26; 32) ist
    a) dazu eingerichtet, das Leuchtmittel (14; 22) als Reaktion auf eine erfasste Bewegung zu aktivieren oder zu deaktivieren,
    b) ein Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik.
    4. Der Mikrowellensensor (26; 32) ist auf einem Trägermodul (26) gebildet.
    5. Das Trägermodul (26) ist so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.
    Auch wenn das Klagepatent in Gestalt der DE 196 01 XXC von einem Stand der Technik ausgeht, der eine nachrüstbare Adaptereinheit für vorhandene Leuchten lehrt, die den Bewegungssensor beherbergt, und auch wenn in der Aufgabenformulierung des Klagepatents – wie zitiert – davon die Rede ist, dass mit der Erfindung „eine gattungsgemäße bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung“ verbessert werden soll (was auf erste Sicht die Überlegung nahelegen könnte, dass es auch dem Klagepatent darum geht, wiederum einen (kompakter ausgebildeten) Adapter vorzuschlagen, der sich zur Nachrüstung vorhandener Leuchten verwenden lässt), verbietet sich eine dahingehende Annahme schon aus grundsätzlichen Erwägungen. Während nämlich die DE 196 01 XXC eine „Vorrichtung zum Steuern eines Leuchtmittels“ und damit ein Nachrüstteil zur Bestückung vorhandener Leuchten zum Zwecke ihrer nachträglich bewegungssensorgesteuerten Aktivierung und Deaktivierung unter Schutz stellt, richtet sich der Schutz des Klagepatents auf eine vollständige Leuchte, nämlich eine „bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung“. Damit ist zweifellos eine vollständige Leuchte gemeint, ungeachtet dessen, dass selbstverständlich ein Befestigungssockel, ein Leuchtmittel (z.B. Glühbirne) und ein Bewegungssensor, die im Patentanspruch als Bestandteile der Leuchtenvorrichtung erwähnt werden, für sich allein noch keine funktionsfähige Leuchte ergeben (BPatG-Urteil vom 30.10.2019, Umdruck S. 7/8; BPatG-Hinweis vom 10.02.2022, S. 4). Die Aufzählung des Patentanspruchs ist aber auch nicht abschließend gemeint, und jeder Fachmann – als der hier ein universitär ausgebildeter und in der Entwicklung elektrischer Leuchten beruflich erfahrener Elektroingenieur anzusehen ist (BPatG-Urteil vom 30.10.2019, Umdruck S. 7; BPatG-Hinweis vom 10.02.2022, S. 3) – versteht, dass in ihm bloß die für die Zwecke der Erfindung, nämlich die Herbeiführung einer kompakten Leuchtenbauform wesentlichen Leuchtenteile aufgelistet sind, während es darüber hinaus, um eine funktionsfähige Leuchtenvorrichtung zu erhalten, weiterer unverzichtbarer Bauteile bedarf (wie elektrischer Leitungen, eines Gehäuses und dergleichen), die derart selbstverständlich sind, dass sich der Patentanspruch ihnen nicht besonders widmet. Die Idee des Klagepatents besteht insofern nicht in einer besonders kompakten nachrüstbaren Steuervorrichtung mit Bewegungssensor, sondern in der Anweisung, die Leuchtenvorrichtung als Ganzes auf eine neuartige Weise zu konzipieren und aufzubauen, so dass ihre Bauteile einschließlich des Bewegungssensors möglichst platzsparend untergebracht werden können.
    2.
    Die angegriffene Deckenleuchte der Beklagten stellt deshalb eine „Leuchtenvorrichtung“ im Sinne des Klagepatents dar. Sie macht auch im Übrigen von den Merkmalen des Klagepatents Gebrauch.
    a)
    Zutreffend hat das Landgericht das „Leuchtmittel“ der angegriffenen Ausführungsform in den drei Leiterplattensegmenten mit LED-Bestückung gesehen, wie dies aus der nachfolgenden, zusätzlich beschrifteten Fotografie ersichtlich ist.
  7. aa)
    Das Klagepatent beschränkt sich nicht auf bestimmte Leuchtmittel, sondern lässt jede Art von Leuchtmittel, mithin auch LED, zu. Über solche lichtemittierenden Dioden verfügt die angegriffene Ausführungsform.
    Selbst wenn dem Fachmann am Prioritätstag LED für Beleuchtungszwecke noch nicht zur Verfügung gestanden haben, weil sich die betreffende Technik damals noch in der Entwicklung befunden hat, ändert dies nichts daran, dass LED unter den – rein funktional abgefassten – Begriff des „Leuchtmittels“ fallen. Es entspricht inzwischen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2022, 893 – Aminosäureproduktion; Bestätigung von OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2020, 137 – Bakterienkultivierung), dass funktionale Merkmale wortsinngemäß auch dann benutzt werden, wenn zur Bereitstellung der fraglichen Funktion ein konstruktiver Weg beschritten wird, der gegenüber dem Klagepatent neu und erfinderisch ist. Dass am Prioritätstag des Klagepatents noch nicht geläufige LED als patentgemäße „Leuchtmittel“ anzusehen sind, bedeutet allerdings nicht, dass auch andere, räumlich-körperliche Merkmale des Patentanspruchs mit Rücksicht auf den sich aus der Benutzung einer LED ergebenden Notwendigkeiten großzügig oder erweiternd interpretiert werden dürften. Konkret formulierte Merkmale sind vielmehr so zu verstehen, wie sie der Durchschnittsfachmann anhand des ihm am Prioritätstag Bekannten aufgefasst hat.
    bb)
    Nicht die einzelne LED repräsentiert das „Leuchtmittel“, sondern die Gesamtheit ihrer Anordnung.
    Diese Betrachtung ist schon deshalb geboten, weil alle LED zusammen das von der Leuchtenvorrichtung ausgehende Licht emittieren und es dementsprechend die Gesamtheit aller LED ist, die die Lichtquelle der Leuchtenvorrichtung darstellt. Folgerichtig zieht das Klagepatent auch selbst die Möglichkeit einer mehrteiligen Leuchtquelle ausdrücklich in Betracht zieht. So lehrt Unteranspruch 3 als bevorzugte Ausführungsform der Erfindung, dass das Leuchtmittel eine Mehrzahl zueinander parallel verlaufender Rohrabschnitte aufweisen kann, und veranschaulicht dies in den nachfolgend nochmals wiedergegebenen Figuren 3 und 4 der Klagepatentschrift für den Fachmann wie folgt:
  8. Selbst wenn die drei Röhrenpaare eine einheitliche Gasentladungsleuchte mit zusammenhängendem Innenvolumen bilden sollten, handelt es sich bloß um ein mögliches Ausführungsbeispiel der Erfindung, das den Patentschutz bloß exemplarisch erläutert und ihn deswegen schon aus systematischen Gründen nicht beschränken kann. Vor dem Hintergrund dessen, was die Erfindung des Klagepatents leistet, und mit Rücksicht auf den dazu eingeschlagenen Lösungsweg ist es auch technisch unerheblich, ob statt eines einzelnen einheitlichen, aber mehrteiligen Leuchtmittels (wie in Figur 4 gezeigt) mehrere, für sich autarke Leuchtmittel eingesetzt werden (z.B. drei für sich selbständig funktionierende, gemeinsam leuchtende Gasentladungslampen). Die Idee der Erfindung besteht – wie geschildert – darin, das Trägermodul für den Bewegungssensor aus der Ebene unterhalb des Leuchtmittels (in der es sich im Stand der Technik noch befunden hat) in die Ebene des Leuchtmittels zu verlagern und hierdurch ansonsten benötigte vertikale Bauhöhe einzusparen. Für diesen Effekt spielt es keine Rolle, ob ein Leuchtmittel als einheitliche Lichtquelle ausgestaltet ist oder aus mehreren selbständig funktionierenden, gemeinsam betriebenen Leuchtmitteln zusammengesetzt ist.
    Soweit mehrere selbständige Leuchtmittel verwendet werden, trifft es zwar zu, dass diese wegen ihrer autarken Funktionsweise grundsätzlich leichter mit Abstand zueinander platziert werden können, und hierdurch – praktisch von selbst – auf der horizontalen Fläche ein Einbauraum für das Trägermodul des Bewegungssensors entsteht. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil ungeachtet dessen von der Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht wird, für das Trägermodul die Ebene des Leuchtmittels heranzuziehen. Folgerichtig hat auch das Bundespatentgericht in seinem qualifizierten Hinweis vom 10.02.2022 (S. 8 f.) eine kreisringförmige Leuchtstoffröhre, wie sie aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik bekannt war (in den nachfolgenden Abbildung jeweils gelb markiert),
  9. als patentgemäßes Leuchtmitttel angesehen, obwohl sein Innenraum, allein bedingt durch den Ringdurchmesser und damit die spezielle Art des verwendeten Leuchtmittels, horizontalen Bauraum bereitstellt.
    cc)
    Das die LED-Bestückung tragende Leiterplattensegment ist als Teil des „Leuchtmittels“ (und nicht – wie die Beklagte meint – als Befestigungssockel) anzusehen.
    Zwischen den Parteien steht der nachfolgende Aufbau einer LED außer Streit.
  10. Es mag sein, dass als eigentlich lichtemittierende Elemente der Halbleiterübergang des LED-Chip und der Leuchtstoffverguss wirksam sind. Die Beklagte räumt jedoch selbst ein, dass die beiden Bauteile dem Arbeitsgas (= Halbleiterübergang) und der Leuchtstoffinnenbeschichtung (= Leuchtstoffverguss) einer herkömmlichen Gasentladungslampe entsprechen. Schon aus diesem Vergleich ergibt sich, dass das „Leuchtmittel“ bei einer LED nicht auf die beiden besagten Bestandteile (Halbleiterübergang + Leuchtstoffverguss) beschränkt werden kann, weil der Fachmann eine gebräuchliche Leuchtstofflampe auch nicht schon in dem Arbeitsgas und der Leuchtstoffbeschichtung erkennen würde, sondern zu ihr genauso die gläserne Röhre und die Fassungen, mit deren Hilfe die Leuchtstoffröhre zum Zwecke ihrer Stromversorgung mit der Gegenfassung im Befestigungssockel der Leuchte in Kontakt gebracht wird, rechnen würde.
    Von keinem anderen Verständnis geht auch das technisch sachkundige Bundespatentgericht aus (Urteil vom 30.10.2019, S. 8; qualifizierter Hinweis vom 10.02.2022, S. 4), wenn es ausführt, dass der Befestigungssockel dazu dient, das Leuchtmittel zu halten und dessen Kontaktierung mit der Spannungsversorgung der Lampe zu ermöglichen. Bei der beschriebenen Abgrenzung zwischen Befestigungssockel und Leuchtmittel ist eindeutig, dass die (z.B. Schraub-)Fassung der Glühbirne Teil des Leuchtmittels ist, während der das Leuchtmittel (= Glühbirne) haltende Befestigungssockel eine (z.B. Schraub-)Gegenfassung aufzuweisen hat, in die sich die Fassung der Glühbirne beispielsweise einschrauben lässt, um die Glühbirne mit elektrischem Strom zu versorgen.
    Der kompletten Glühbirne mit ihrer (z.B. Schraub-)Fassung entspricht bei einer LED der vorstehend zeichnerisch dargestellte Gesamtaufbau einschließlich Leadframe und Leiterplatte, wobei die Leiterplatte dasjenige Bauteil repräsentiert, über das die auf ihr positionierten LED den elektrischen Strom erhalten. Die mehrere LED tragende Leiterplatte ist daher technisch betrachtet nichts anderes als die Fassung einer Glühbirne, mittels derer die Glühbirne den für ihren Betrieb erforderlichen Strom aufnehmen kann. Das Landgericht (Umdruck S. 26 f.) hat hierzu unangefochten festgestellt, dass die drei Leiterplattensegmente mittels elektrischer Leitungen an die Stromversorgung der Leuchtenvorrichtung angeschlossen sind, die – wie die nachstehende Abbildung verdeutlicht –
  11. dadurch bewerkstelligt wird, dass das bauwerkseitige Stromkabel durch die in der Metallschale vorgesehene Buchse in das Leuchteninnere geführt und dort an die Kabelaufnahmen „N“ und „L“ angeschlossen wird.
    b)
    Das Leuchtmittel (= Plattensegmente mit jeweils einer Vielzahl von LED) ist auf einem Befestigungssockel (= Metallschale + Stromkabelkontakte auf den LED-Segmenten) gehalten.
    aa)
    Die Aufgabe des Befestigungssockels besteht erfindungsgemäß – wie bereits vorstehend angesprochen – darin, das Leuchtmittel zu halten und – ohne dass dies allerdings im Patentanspruch besonders hervorgehoben wäre – zur Gewährleistung einer Versorgung des Leuchtmittels mit elektrischem Strom eine Kontaktierung des Leuchtmittels mit der elektrischen Spannungsversorgung der Leuchtenvorrichtung zu ermöglichen (BPatG-Urteil vom 30.10.2019, S. 8; BPatG-Hinweis vom 10.02.2022, S. 4).
    Die besagten Funktionen übernimmt bei der angegriffenen Ausführungsform die metallene, mit einem umlaufend vorstehenden Rand versehene Platte, an der die LED-Leiterplattensegmente verschraubt – und dadurch „gehalten“ – sind. Auf dem Befestigungssockel (= Metallplatte) findet – wie das Landgericht unangefochten festgestellt hat (Umdruck S. 26 f.) – auch die elektrische Stromversorgung der LED statt, indem die Metallplatte eine Öffnung besitzt, durch die hindurch das bauwerkseitige Stromkabel in das Innere der Leuchtenvorrichtung geführt und dort an die Leuchtenelektronik (Buchsen „N“ + „L“) angeschlossen wird, die ebenfalls von der Metallschale getragen wird. Von dort wiederum führen elektrische Stromkabel zu den Leiterplattensegmenten, wodurch die LED-Segmente mit Strom beaufschlagt werden.
    bb)
    Anders als die Beklagte meint, ist es darüber hinaus kein zwingendes Erfordernis des Befestigungssockels, dass er Schaltungseinrichtungen für das Leuchtmittel (wie ein elektronisches Vorschaltgerät) gehäuseartig aufnimmt. Speziell für das Vorschaltgerät steht dem bereits der Umstand entgegen, dass es erst Gegenstand des Unteranspruchs 5 ist vorzusehen, dass der Befestigungssockel eine Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel enthält. Die betreffende Anordnung kann daher schon aus systematischen Gründen nicht als Erfordernis des allgemeinen Hauptanspruchs verstanden werden.
    Gleiches gilt für andere Schaltungseinrichtungen der Leuchtenvorrichtung außerhalb des Bewegungssensors. Absatz [0007] der Klagepatentschrift führt zwar aus, dass dadurch, dass der Bewegungssensor auf einem Trägermodul gebildet wird, welches auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist und mindestens teilweise in den lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels hineinragt, vermieden wird, dass die betreffenden Module des Bewegungssensors in den Befestigungssockel integriert werden müssen. Damit ist jedoch nur dasjenige angesprochen, was sich als platte Selbstverständlichkeit aus der Anweisung des Patentanspruchs, den Bewegungssensor mit seinen Bauteilen oberhalb des Befestigungssockels auf einem Trägermodul anzuordnen, ohnehin für jedermann ergibt, nämlich die Erkenntnis, dass, was oberhalb des Befestigungssockels positioniert sein muss, nicht im Befestigungssockel untergebracht sein kann. Allerdings fährt der Beschreibungstext fort, dass durch die beschriebene Positionierung des Bewegungssensors über dem Befestigungssockel zugleich eine räumliche Trennung der Sensorelektronik für den Bewegungssensor (der sich anspruchsgemäß oberhalb des Befestigungssockels befindet) von im Befestigungssockel vorhandenen Schaltungen für das Leuchtmittel (insbesondere einem üblichen Vorschaltgerät) stattfindet, womit der Gefahr entgegengewirkt ist, dass die temparaturempfindliche Elektronik des Bewegungssensors durch von der Vorschaltelektronik abgestrahlte Wärme in Mitleidenschaft gezogen wird. Aus dieser Bemerkung lässt sich jedoch nicht ableiten, dass es ein unabdingbares Erfordernis des Befestigungssockels ist, Schaltungen für das Leuchtmittel (wenn sie denn vorhanden sind) zu beherbergen. Im Gegenteil besagt die zitierte Textstelle für den Fachmann bloß, dass ihm die patentgemäß angeordnete Unterbringung des Bewegungssensors oberhalb des Befestigungssockels die Möglichkeit gibt, Schalteinrichtungen für das Leuchtmittel im Befestigungssockel und damit räumlich getrennt vom Bewegungssensor zu platzieren. Ob er davon Gebrauch macht, ist dem Fachmann überlassen, wie sich schon daraus ergibt, dass es das Klagepatent selbst für eine Leuchtenvorrichtung, die ein elektronisches Vorschaltgerät besitzt, als lediglich bevorzugt ansieht, dieses Vorschaltgerät im Befestigungssockel – und nicht anderswo, insbesondere ebenfalls oberhalb des Befestigungssockels – unterzubringen (Unteranspruch 5).
    c)
    Bei der angegriffenen Ausführungsform ist als „Trägermodul“ für die Bauteile des Mikrowellensensors die (selbst nicht zu sehende) Trägerplatine anzusprechen, die sich innerhalb des aus der nachstehenden Abbildung ersichtlichen Gehäuses befindet. Das Gehäuse seinerseits ist – wie die Musterstücke belegen – zweiteilig aufgebaut, indem es aus einer unteren Platte besteht, die mit einem umlaufenden aufragenden Rand versehen ist, auf der die Platine abgestützt ist und aufliegt, sowie einem den von der Platine getragenen Aufbau umgebenden kuppelartigen Oberteil.
  12. Die vorstehende Einordnung ist geboten, weil es die Kunststoffplatte ist, die den Bewegungssensor – quasi als „Fundament“ – mitsamt der zugehörigen Elektronik trägt. Anders als das Landgericht meint, ist von dem Trägermodul allerdings der darauf befindliche und auf dem Trägermodul verbaute Bewegungssensor mit seiner Sende- und/oder Empfangsantenne und einer zugeordneten Sensorelektronik zu unterscheiden. Nach dem eindeutigen Anspruchswortlaut genügt es nicht, wenn die besagten Bauteile des Sensors im lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels liegen, sondern kommt es darauf an, dass sich dies für das Trägermodul oder zumindest Teilbereiche von ihm feststellen lässt.
    d)
    Das Leuchtmittel (Leiterplattensegmente mit LED-Bestückung) der angegriffenen Deckenleuchte begrenzt mit seinen Außenwänden einen lichten (= freien) Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels.
    aa)
    Eindeutig spannt sich ein solcher Zwischen(frei)raum in radialer Richtung, d.h. in der horizontalen Fläche auf. Da als „Leuchtmittel“ – wie dargelegt – die drei Leiterplattensegmente mit ihrer vollständigen LED-Bestückung anzusehen sind, definiert der Zentralbereich jenseits der drei Leiterplattensegmente einen Zwischen(frei)raum (eben zwischen den mehreren Teilen (Segmenten) des Leuchtmittels), in dem sich Bauteile der Leuchtenvorrichtung unterbringen lassen.
    Wie das Bundespatentgericht (Urteil vom 30.10.2019, Umdruck S. 9; qualifizierter Hinweis vom 10.02.2022, S. 5) zutreffend angenommen hat, besitzt der patentgemäß vorgesehenen „lichte Zwischenraum“ darüber hinaus aber auch eine vertikale Komponente und Erstreckung, weil „Zwischenraum“ für den Fachmann ein (dreidimensionales) Raumvolumen bezeichnet, das sich durch eine lichte Weite und eine lichte Höhe auszeichnet. Dass es dem Klagepatent in diesem Sinne auch auf eine vertikale Erstreckung des Zwischenraums ankommt, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass sich der Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels befinden soll, auf dem das den Zwischenraum begrenzende Leuchtmittel gehalten ist. Bezugspunkt der Betrachtung für die vertikale Ausdehnung ist dabei der Befestigungssockel, auf dem das Leuchtmittel gehalten wird und mit dem es durch seine Gestalt einen Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels begrenzen soll.
    Schon der Anspruchswortlaut macht deutlich, dass das Leuchtmittel mit seiner äußeren Umrisslinie nicht nur in der Weite (horizontale Erstreckung), sondern auch in der Höhe (= vertikale Erstreckung) den lichten Zwischenraum definiert und begrenzt. Denn es sind „die Außenwände“ des Leuchtmittels, die den Zwischenraum abstecken, mithin sämtliche Außenwände des Leuchtmittels, zu denen nicht nur die radial-seitlichen Begrenzungen des Leuchtmittels, sondern genauso dessen obere Enden gehören.
    Zu einem anderen Verständnis gibt auch der erläuternde Beschreibungstext keinen Anlass. Absatz [0008] der Klagepatentschrift führt aus, dass im Zusammenhang mit der Erfindung als „Zwischenraum“ jeglicher oberhalb des Befestigungssockels gelegene Raum zu verstehen ist, der durch Abschnitte des Leuchtmittels bestimmt, definiert bzw. begrenzt wird, die ansonsten ungenutzt blieben. A.a.O. ist nicht davon die Rede, dass „Zwischenraum“ jeglicher Raum ist, der sich oberhalb des Befestigungssockels erstreckt, sondern stellt zusätzlich darauf ab, dass dieser Raum (oberhalb des Befestigungssockels) durch Abschnitte des Leuchtmittels bestimmt, definiert bzw. begrenzt wird. Speziell zu langgestreckten röhrenförmigen Leuchtmitteln bemerkt die Klagepatentschrift im Absatz [0008] im gleichen Sinne, dass bei ihnen „als „Zwischenraum“ sämtliche Raumbereiche zu verstehen sind, die innerhalb einer berührend um das Leuchtmittel gelegten gedachten Schale liegen. An den zitierten Textstellen wird für die Bestimmung des dreidimensionalen Zwischenraums auf die Raumform des Leuchtmittels abgestellt, die nicht nur durch seine radiale, sondern genauso durch seine vertikale Erstreckung vorgegeben wird. Dieselbe Sprache spricht Absatz [0027] der Klagepatentschrift, der mit Bezug auf die Figuren 3 und 4 erläutert, dass die dortige Energiesparlampe aus drei langgestreckten, am oberen Ende gebogenen Röhrenpaaren (22) besteht, die … auf einer Oberseite eines Sockelgehäuses (24) eine Dreiecksform beschreiben und damit einen langgestreckten dreieckförmigen lichten Zwischenraum begrenzen. Die Bezugnahme auf die „langgestreckte“ Form des Zwischenraums knüpft an die „langgestreckte“ Form der Röhrenpaare an und bringt damit zum Ausdruck, dass der (langgestreckte) Zwischenraum dort endet, wo die (langgestreckten) Röhrenpaare der Energiesparlampe enden.
    Von keinem anderen Verständnis ist im Übrigen auch das technisch sachkundige Bundespatentgericht in seinem qualifizierten Hinweis vom 10.02.2022 ausgegangen. Das gilt zunächst für die als Stand der Technik entgegengehaltene EP 0 797 044, die nach den Darlegungen des BPatG in den nachfolgenden (zusätzlich kolorierten) Abbildungen einen Befestigungssockel (61, grau), kreisringförmige Leuchtstoffröhren (51, 52, gelb) und ein Trägermodul (42, grün) offenbart.
  13. Ausgehend hiervon stellt der qualifizierte Hinweis (S. 8) fest: „Außerdem ist … das Trägermodul 42 nicht in dem durch die kreisringförmigen Leuchtstoffröhren 51, 52 aufgespannten Zwischenraum aufgenommen, sondern, bezogen auf den Befestigungssockel 61, 62, auf der anderen Seite der Leuchtmittel 51, 52, also im Sinne des Streitpatents unterhalb des Befestigungssockels 61, 62.“ Auch wenn sich das Trägermodul (grün) in seiner horizontalen Ausdehnung nicht auf den Bereich innerhalb der Leuchtstoffröhren (gelb) beschränken mag, setzt die Würdigung des BPatG doch nicht hier, sondern bei der vertikalen Lage des Trägermoduls völlig außerhalb des durch die Leuchtstoffröhren begrenzten dreidimensionalen Raumvolumens (und sogar unterhalb (statt oberhalb) des Befestigungssockels an.
    Noch deutlicher wird die Sicht des BPatG anhand der Würdigung des weiteren Standes der Technik nach der NK 2. Sie zeigt ausweislich der nachfolgenden (ebenfalls zusätzlich kolorierten) Abbildung einen Befestigungssockel (46, grau), eine Leuchtstoffröhre (43, gelb) sowie ein Trägermodul in Form einer Leiterplatte (9, fliederfarben).
  14. Im qualifizierten Hinweis (S. 9) des BPatG heißt es zu dieser Offenbarung: „Gleichermaßen dürfte der Druckschrift NK 2 nicht zu entnehmen sein, die Leiterplatte 6 … im lichten Zwischenraum der Leuchtstoffröhre 43 anzuordnen. Gemäß der dortigen Figur 10 unter Einbeziehung der Figur 6 ist die Leiterplatte … weit von dem kreisringförmigen Bereich innerhalb der Leuchtstoffröhre 43 entfernt.“ Hier hält sich die Leiterplatte (fliederfarben), horizontal betrachtet, innerhalb der Umrisse des Leuchtmittels und kann sich das Fehlen des Merkmals 5 deshalb nur daraus ergeben, dass die vertikale Ebene verlassen wird, die die Leuchtstoffröhre durch ihre Ausdehnung quer zur Kreisringform vorgibt.
    bb)
    Über das Ausmaß des lichten Zwischenraums verhält sich der Patentanspruch nur in der Weise, dass in ihm zumindest ein (nicht näher quantifizierter) Teilbereich des Trägermoduls aufgenommen werden kann. Diese Feststellung ist insofern von Bedeutung, als das Trägermodul – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – als flache Trägerplatine ausgebildet sein kann (Absatz [0028] der Klagepatentschrift) und es nach der Anspruchsfassung kein Erfordernis ist, dass auch die Bauteile des Bewegungssensors (Sensorelektronik, Sendeantenne, Empfangsantenne), die auf dem Trägermodul gebildet werden, ebenfalls – ganz oder teilweise – Platz in dem lichten Zwischenraum finden müssen, so dass der Bewegungssensor mit seinen Bauteilen vollständig außerhalb des Zwischenraums bleiben kann (BPatG-Urteil vom 30.10.2019, Umdruck S. 9; BPatG-Hinweis vom 10.02.2022, S. 5). Dem Fachmann erschließt sich anhand dessen, dass der von der Außenkontur des Leuchtmittels umrissene lichte Zwischenraum zwar eine gewisse horizontale Erstreckung aufweisen muss, um das Trägermodul (welches eine bestimmte Flächenausdehnung hat) wenigstens zu einem Teil aufnehmen zu können, dass die gleichzeitige Erstreckung in vertikaler Richtung demgegenüber relativ klein sein kann, weil das Trägermodul, wenn es sich – wie hier – um eine Trägerplatine handelt, selbst flach ausgebildet ist und es dem Klagepatent nur darum geht, das – ohnehin schon flache – Trägermodul wenigstens mit einem Teilbereich (= Teil seiner vertikalen Erstreckung) aufzunehmen. Der lichte Zwischenraum kann daher als – in der Höhe betrachtet – flaches Raumvolumen ausgebildet sein.
    Da bei der angegriffenen Deckenleuchte als „Leuchtmittel“ die mit LED bestückten Leiterplattensegmente anzusehen sind, wird der lichte Zwischenraum in horizontaler Erstreckung durch den innenliegenden Bereich gebildet, der sich jenseits der Leiterplattensegmente nach innen gerichtet erstreckt.
    Die Dicke der Leiterplattensegmente zzgl. der Dicke der darin aufgenommenen LED definiert allerdings noch nicht die vertikale Erstreckung des patentgemäß relevanten Zwischenraums. Zu ihm gibt das Klagepatent nämlich nicht die Anweisung, dass sich der Zwischenraum auf der Höhe des Leuchtmittels befinden soll (wozu der Bereich der Glühbirnenfassung gehören würde), sondern schreibt vielmehr – klarstellend – vor, dass der lichte Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels angeordnet sein soll. In dem erörterten Beispiel einer Glühlampe mit Schraubfassung ist die Gegenfassung zur Aufnahme des Glühbirnenschraubverschlusses dem Befestigungssockel zuzurechnen, weswegen ein oberhalb des Befestigungssockels liegender Zwischenraum erst oberhalb der Glühbirnenfassung beginnen kann. Übertragen auf LED-Leuchtmittel, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht sind, bedeutet dies, dass die elektrischen Zuleitungen zu den Leiterplattensegmenten (genauer die Kontaktstellen auf den Leiterplattensegmenten) der Gegenfassung für den Schraubverschluss einer Glühbirne entsprechen und deshalb dem Befestigungssockel zuzuordnen sind. Konkret endet der Befestigungssockel daher dort, wo die Zuleitungen ihre Kontaktstelle auf den Leiterplattensegmenten haben.
    Der vorstehenden Betrachtung lässt sich nicht entgegenhalten, dass nach Merkmal 5 lediglich gefordert ist, dass das Trägermodul so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul wenigstens mit einem Teilbereich in dem durch die Außenkontur des Leuchtmittels definierten Zwischenraum aufgenommen ist. Richtig ist zwar, dass die Anordnung des Trägermoduls auf dem Befestigungssockel unmittelbar und vordringlich darüber entscheidet, wo auf der horizontalen Fläche des Befestigungssockels das Trägermodul platziert wird. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, es komme der Erfindung nur auf eine Anordnung des Trägermoduls im horizontalen Freiraum an, der durch das Leuchtmittel umrissen wird, während es dem Belieben des Fachmanns überlassen bleibe, ob sich das innerhalb der horizontalen Freifläche platzierte Trägermodul auch innerhalb der vertikalen Ausdehnung des durch die Umrisslinie des Leuchtmittels festgelegten Zwischenraums hält. Gegen eine dahingehende Auslegung spricht bereits der Umstand, dass es bei einem solchen Verständnis von der Erfindung überhaupt keiner Festlegung eines dreidimensionalen Zwischenraums bedurft hätte, um die Anweisung zu geben, dass das Trägermodul dort anzuordnen ist, wo die Umrisslinie des Leuchtmittels eine horizontale Freifläche aufspannt, weil hierzu die Anweisung genügt hätte, dass die radialen Außenwände des Leuchtmittels eine (zweidimensionale) Fläche begrenzen, innerhalb derer das Trägermodul so auf dem Befestigungssockel vorzusehen ist, dass das Trägermodul zumindest mit einem Teilbereich in der Freifläche aufgenommen ist. In dieser Form ist der Patentanspruch jedoch nicht abgefasst.
    Abgesehen davon kann die Positionierung des Trägermoduls auf dem Befestigungssockel auch sehr wohl einen Einfluss darauf haben, ob das Trägermodul die vertikale Erstreckung des lichten dreidimensionalen Zwischenraums berücksichtigt, indem es sich wenigstens mit Teilen in ihm befindet. In Abhängigkeit von der (ggf. unregelmäßigen) Kontur am oberen Ende des Leuchtmittels kann die Anordnung des Trägermoduls auf dem Befestigungssockel, d.h. an einem bestimmten Ort innerhalb der horizontalen Weite des Zwischenraums, nämlich durchaus Einfluss darauf haben, ob das Trägermodul mindestens teilweise innerhalb des durch die Außenwände des Leuchtmittels aufgespannten Zwischenraums liegt oder vollständig außerhalb desselben bleibt. So betrachtet stellt die Positionierung des Trägermoduls an einem bestimmten Ort der horizontalen Fläche des Zwischenraums eine nicht nur sinnvolle, sondern ggf. sogar wesentliche Maßnahme dar, um sicherzustellen, dass das Trägermodul mindestens teilweise innerhalb des Raumvolumens zu liegen kommt, der durch die Außenkontur des Leuchtmittels definiert und begrenzt wird.
    e)
    Innerhalb des so umrissenen Zwischenraums befindet sich das Trägermodul der angegriffenen Ausführungsform nicht.
    Da die Trägerplatine (= Trägermodul) auf dem umlaufenden Rand der unteren Kunststoffplatte des Sensorgehäuses aufliegt, befindet sich die Platine mit ihrer gesamten vertikalen Erstreckung oberhalb der LED und somit nicht innerhalb desjenigen dreidimensionalen Freiraums, der durch die LED-Segmente in horizontaler und vertikaler Richtung aufgespannt wird.
    Die Kontaktstellen der die LED-Segmente mit Strom versorgenden Kabel definieren eine Eebene, über die die LED jednefalls nicht hinausragen, weswegen sich die LED-Segmente (= Leuchtmittel) – unter Einbeziehung der Stromkabel – nicht in einem lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels befinden. Da der Befestigungssockel der angegriffenen Ausführungsform durch die Metallschale und die Stromanschlüsse auf den LED-Segmenten gebildet wird und daher vertikal von der Metallschale bis zu den Kontaktstellen auf der Oberseite der LED-Segmente reicht, liegt das Leuchtmittel vielmehr innerhalb des Befestigungssockels.
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
    Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
    Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung zur Patentauslegung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Streitfall kann vielmehr auf der Grundlage gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung entschieden werden.

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