4b O 90/09 – Straßenfertiger

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1382

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Februar 2010, Az. 4b O 90/09

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin, eine Tochter des A-Konzerns, ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes 0 902 XXX (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent), welches am 3. September 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 197 XXX 87 vom 10. September 1997 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 17. März 1999, diejenige der Patenterteilung am 5. Juni 2002. Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, steht in Kraft. Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes erhob die Beklagte Nichtigkeitsklage, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent betrifft einen Straßenfertiger. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

„Straßenfertiger mit einer Einbaubohle zum schwimmenden Einbau von Schichten, wobei die Einbaubohle aus zwei quer zur Einbaurichtung gegeneinander im Neigungswinkel verstellbaren Bohlenhälften (1a, 1b) besteht, die über eine steuerbare Verstelleinrichtung (7, 24) verstellbar sind, wobei die beiden Bohlenhälften (1a, 1b) über eine Bremse (9) miteinander spielfrei gekoppelt sind, die während der Betätigung der Verstelleinrichtung (7, 24) gelüftet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Bremse eine Federspeicherbremse (9) mit einem in einem Zylinder (10) angeordneten, in seine Ausgangsstellung federvorgespannten, zum Lüften gegen die Federvorspannung verstellbaren Kolben (11) ist, auf dessen Schaft (14) eine Anzahl von Reibflächen (15) bildenden, an der einen und der anderen Bohlenhälfte (1a, 1b) gelagerten und gegeneinander verschiebbaren Scheiben (16) angeordnet sind.“

Wegen des Wortlauts der lediglich insbesondere geltend gemachten Ansprüche 3, 4 und 5 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Nachfolgend wiedergegeben sind die Figuren 1a und 1b sowie 3 der Klagepatentschrift, welche erfindungsgemäße Ausführungen zeigen und der Erläuterung der Erfindung dienen. Figur 1a und 1b zeigen schematisch eine Einbaubohle eines Straßenfertigers von hinten bzw. in Draufsicht, Figur 3 zeigt im Schnitt eine Ausführungsform einer Federspeicherbremse.

Die Beklagte ist auf dem Sektor der Verdichtungstechnik tätig und stellt Maschinen für die Erd-, Asphalt- und Müllverdichtung her, zu denen auch Straßenfertiger gehören. Unter anderem stellt die Beklagte her und vertreibt einen Straßenfertiger mit der Bezeichnung B, welcher mit der vorliegenden Klage angegriffen wird. Als Anlage K 4 überreichte die Klägerin zwei Ablichtungen der Dachprofilverstellung des Straßenfertigers B sowie Schemazeichnungen der Federspeicherbremse als Anlage K 5, worauf insgesamt Bezug genommen wird.

Nachfolgend wiedergegeben wird die von der Beklagten als Anlage B1 überreichte schematische Zeichnung der Federspeichenbremse, welche im wesentlichen der von der Klägerin als Anlage K 8 überreichten Anlage entspricht, und deren Ausgestaltung zwischen den Parteien unstreitig ist.

Zwischen den Parteien unstreitig befinden sich zwischen den mit den Bezugszeichen 17 a und b bezeichneten ovalen Scheiben mit Langlöchern, kleine kreisrunde Scheiben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der angegriffene Straßenfertiger von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen, jedenfalls äquivalenten Gebrauch mache. Es sei nach der Lehre des Klagepatentes nicht erforderlich, dass alle Scheiben jeweils auf der anderen Bohlenhälfte gelagert würden.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen

Straßenfertiger mit einer Einbaubohle zum schwimmenden Einbau von Schichten, wobei die Einbaubohle aus zwei quer zur Einbaurichtung gegeneinander im Neigungswinkel verstellbaren Bohlenhälften besteht, die über eine steuerbare Verstelleinrichtung verstellbar sind, wobei die beiden Bohlenhälften über eine Bremse miteinander spielfrei gekoppelt sind, die während der Betätigung der Verstelleinrichtung gelüftet ist,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Bremse eine Federspeicherbremse mit einem in einem Zylinder angeordneten, in seine Ausgangsstellung federvorgespannten, zum Lüften gegen die Federvorspannung verstellbaren Kolben ist, auf dessen Schaft eine Anzahl von Reibflächen bildenden, an der einen und der anderen Bohlenhälfte gelagerten und gegeneinander verschiebbaren Scheiben angeordnet sind;

hilfsweise

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren zu unterlassen

Straßenfertiger mit einer Einbaubohle zum schwimmenden Einbau von Schichten, wobei die Einbaubohle aus zwei quer zur Einbaurichtung gegeneinander im Neigungswinkel verstellbaren Bohlenhälften besteht, die über eine steuerbare Verstelleinrichtung verstellbar sind, wobei die beiden Bohlenhälften über eine Bremse miteinander spielfrei gekoppelt sind, die während der Betätigung der Verstelleinrichtung gelüftet ist,

anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Bremse eine Federspeicherbremse mit einem in einem Zylinder angeordneten, in seine Ausgangsstellung federvorgespannten, zum Lüften gegen die Federvorspannung verstellbaren Kolben ist, auf dessen Schaft eine Anzahl von Reibflächen bildenden, an der einen oder der anderen Bohlenhälfte gelagerten und gegeneinander verschiebbaren Scheiben angeordnet sind;

2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 5. Juli 2002 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und der Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengenmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen sind, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

3. die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

4. die unter Ziffer I.1. beschriebenen, im Besitz Dritter befindlichen Straßenfertiger, wenn diese nach dem 29. April 2006 in den Verkehr gelangt sind, aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Straßenfertigern eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatentes EP 0 902 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Straßenfertiger an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird, sowie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, indem die Beklagte die Straßenfertiger wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst.

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 5. Juli 2002 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

das Urteil wegen der Kosten – gegebenenfalls gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) – für vorläufig vollstreckbar zu erklären;

notfalls der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatentes EP 0 902 XXX B1 erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. Bei dem angegriffenen Straßenfertiger seien die Scheiben nicht jeweils an der einen und der anderen Bohlenhälfte gelagert. Auch sei nicht lediglich eine Bremse vorhanden, welche die beiden Bohlenhälften spielfrei miteinander kopple. Desweiteren seien weder der geltend gemachte Vernichtungsanspruch noch der Anspruch auf Rückruf verhältnismäßig, da sich beide Ansprüche auf den gesamten Straßenfertiger bezögen, der Verstellmechanismus der Einbaubohlen könne jedoch mit einfachen Mitteln ausgetauscht werden.
Im Übrigen werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent weder wortsinngemäßen noch äquivalenten Gebrauch, so dass die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung sowie Rückruf und Vernichtung abzuweisen waren.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft einen Straßenfertiger.

Zum Hintergrund der Erfindung führt das Klagepatent in seiner einleitenden Beschreibung aus, dass beim Bau von zweispurigen Straßen im allgemeinen das Querprofil in geraden Straßenabschnitten ein horizontal liegendes Dachprofil darstellt. Beginnt jedoch eine Kurve, soll die Lage des Dachprofils aus der Horizontalen in eine Neigung und das Dachprofil selbst in eine entsprechend geneigte Gerade übergehen. Bei Verwendung eines Straßenfertigers mit einer Einbaubohle zum schwimmenden Einbau der entsprechenden Schichten, wobei die Einbaubohle aus zwei quer zur Einbaurichtung gegeneinander verstellbaren Bohlenhälften besteht, wird – so das Klagepatent – die Verstellung des Dachprofils im allgemeinen manuell über Verstellspindeln und Knarre durchgeführt. Nach Abschluss des Verstellvorgangs müssen die Verstellspindeln gekontert werden, um sie spielfrei zu machen. Diese Maßnahme ist zwingend notwendig, da sich sonst im Bereich des vorhandenen Spiels das Dachprofil verändern kann. Dies kann insbesondere bei großen Arbeitsbreiten zu nicht unwesentlichen Schichtdickenunterschieden und damit zu einer Qualitätseinbuße führen. Bei einer manuellen Dachprofilverstellung befindet sich der Bediener unmittelbar oberhalb der Verstellorgane, so dass von dort das Kontern vorgenommen werden kann. Wenn jedoch die Dachprofilverstellung elektromechanisch oder elektrohydraulisch von einem entfernten, sich nicht in der Nähe der Verstellorgane, sondern beispielsweise am Straßenrand befindlichen Bediener vorgenommen wird, stellt das Kontern bzw. Spielfreimachen der Verstellorgane ein Problem dar.

Das Klagepatent führt als Stand der Technik die DE 296 21 976 an, nach welcher es bekannt sei, bei einer zur Herstellung eines Dachprofils geteilt ausgebildeten Einbaubohle eines Straßenfertigers dem Antrieb zur Verstellung der Dachprofilneigung ein Untersetzungsgetriebe mit Bremseinrichtung vorzuschalten, wobei letzeres dazu dient, die Dachprofilverstellung zu positionieren und Spielfreiheit zu gewährleisten. Allerdings wird hierbei einerseits das Untersetzungsgetriebe und andererseits eine entsprechende Ausrüstung hiervon, indem man aus der Verzahnung des Untersetzungsgetriebes das Spiel herausnimmt bzw. eine Konterung vorsieht und damit eine entsprechende Schwergängigkeit bewirkt, um die Bremsung zu bewirken, benötigt, wodurch zur Verstellung der Dachprofilneigung nicht die volle eingeleitete Kraft zur Verfügung steht, der konstruktive Aufwand hoch ist und die Verstellung nicht über einen Hydraulikzylinder vornehmbar ist.

Das Klagepatent hat es sich vor dem geschilderten Stand der Technik zur Aufgabe gemacht, einen Straßenfertiger zu schaffen, bei dem erst nach Abschluss eines jeden Verstellvorgangs die Verstellorgane für die Dachprofilverstellung gekontert werden und damit Spiel in den Verstellorgangen eliminiert wird.

Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Straßenfertiger mit einer Einbaubohle zum schwimmenden Einbau von Schichten,

2. wobei die Einbaubohle aus zwei quer zur Einbaurichtung gegeneinander im Neigungswinkel verstellbaren Bohlenhälften (1a, 1b) besteht,

3. die über eine steuerbare Verstelleinrichtung (7, 24) verstellbar sind,

4. wobei die beiden Bohlenhälften (1a, 1b) über eine Bremse (9) miteinander spielfrei gekoppelt sind,

a) die während der Betätigung der Verstelleinrichtung (7, 24) gelüftet ist,

b) wobei die Bremse eine Federspeicherbremse (9) ist.

5. Es handelt sich um eine Federspeicherbremse (9)

a) mit einem in einem Zylinder (10) angeordneten Kolben (11),

b) der Kolben ist in seiner Ausgangsstellung federvorgespannt,

c) der Kolben ist zum Lüften gegen die Federvorspannung verstellbar,

d) auf dem Schaft (14) des Kolbens sind eine Anzahl von Scheiben (16) angeordnet,

(1) die Scheiben bilden Reibflächen (15),

(2) sind an der einen und der anderen Bohlenhälfte (1a, 1b) gelagert und

(3) gegeneinander verschiebbar.

II.
Der angegriffene Straßenfertiger macht nach der zwischen den Parteien unstreitigen Ausgestaltung entsprechend der Anlagen K 8 und B 1 von der Lehre nach dem Klagepatent weder wortsinngemäßen noch äquivalenten Gebrauch. Merkmal 5.d)(2), welches besagt, dass die Scheiben an der einen und der anderen Bohlenhälfte (1a, 1b) gelagert sind, wird durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht.

1.
Der erfindungsgemäße Straßenfertiger besteht aus einer Einbaubohle, bestehend aus zwei gegeneinander im Neigungswinkel verstellbaren Bohlenhälften. Die beiden Bohlenhälften sind über eine steuerbare Verstelleinrichtung verstellbar und über eine Bremse – eine Federspeicherbremse – spielfrei miteinander gekoppelt. Neben den in den Untermerkmalen a) bis c) beschriebenen Bestandteilen der Federspeicherbremse, sind, nach dem Untermerkmal d), auf dem Schaft des Kolbens eine Anzahl von Scheiben angeordnet. Diese Scheiben bilden Reibflächen, sind an der einen und der anderen Bohlenhälfte gelagert und gegeneinander verschiebbar. Über die Scheiben als Bestandteil der Bremse wird die in Merkmal 4. vorgesehene Kopplung der Bohlenhälften und damit die Bremswirkung erreicht. Dadurch, dass über das Hydrauliksystem die Scheiben im Bremszustand durch den Kolben zusammengepresst werden, reiben die jeweiligen Reibflächen gegeneinander und führen so zur Bremswirkung und zur gleichzeitigen spielfreien Kopplung der Bohlenhälften in dem gewünschten Winkel nach Abschluss des Verstellvorganges zueinander, entsprechend der Aufgabenstellung des Klagepatentes. Entsprechend ist dies auch in einem Ausführungsbeispiel des Klagepatentes (Absatz [0013]) erläutert. Die Reibflächen (15) der Federspeicherbremse werden durch paarweise und ineinandergreifend angeordnete Bleche, die jeweils gegenüberliegend über Lagerösen auf Bolzen an der einen oder anderen Bohlenhälfte drehbar gelagert sind, gebildet.

Konkrete Angaben zur Frage wie die Lagerung der Scheiben auf den Bohlenhälften erfolgen soll, macht das Klagepatent in seinem Patentanspruch 1 nicht. Die Beklagte meint in diesem Zusammenhang, dass patentgemäß nur eine Lagerung der Scheiben außerhalb der Bremse erfindungsgemäß sei. Dem kann hingegen nicht gefolgt werden. Im Patentanspruch 1 wird zwischen einer Anordnung und einer Lagerung der Scheiben der Federspeicherbremse begrifflich differenziert. Eine Anordnung der Scheiben soll auf dem Schaft des Kolbens vorliegen, während die Lagerung der Scheiben über die beiden Bohlenhälften erfolgt. Das Klagepatent macht dabei jedoch weder in seinem Patentanspruch noch in seiner Beschreibung Angaben, wie die Lagerung der Scheiben auf den Bohlenhälften zu erfolgen hat. In seinem Ausführungsbeispiel, welches in den Figuren 1a und 1b sowie 3 wie im Tatbestand wiedergegeben zeichnerisch wiedergegeben wird, wird eine Lagerung der Scheiben unmittelbar auf den beiden Bohlenhälften 1 a und 1 b beschrieben und gezeigt. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um ein Ausführungsbeispiel, welches den weiter gefassten Patentanspruch nicht beschränkt (BGHZ 160, 204, 210 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung).

Die in den Ausführungsbeispielen gezeigte Lagerung der Scheiben außerhalb des Kolbens der Bremse mag den technischen Hintergrund haben, wie dies die Beklagte vorträgt, dass durch eine solche Lagerung der Scheiben außerhalb des Kolbens der Bremse erreicht werde, dass die Lagerung und somit die Kraftübertragung von den Bohlenhälften auf die Scheiben außerhalb der Bremse erfolgt. Zwischen dem Schaft und den Scheiben würden, da die Scheiben an den Bohlenhälften gelagert seien, keine Lagerkräfte mehr übertragen. Dies habe den Vorteil – so die Beklagte-, dass der Schaft und damit auch die ganze Bremse frei von einer Krafteinleitung quer zur Bremsrichtung seien. Damit würden Biegespannungen auf den Schaft und in die Bremse vermieden, die zu einer Verschlechterung der Bremswirkung führen können, da bei tatsächlichen Biegungen des Schaftes die Scheiben verkanten.

Für diese von der Beklagten vorgenommene technischen Annahme, dass eine Lagerung der Scheiben über die Bremse und deren Schaft des Kolbens erfindungsgemäß nicht erfolgen dürfe, daher eine Lagerung der Scheiben stets unabhängig vom Schaft des Kolbens zu erfolgen habe, die Scheiben dort lediglich angeordnet sein dürften, gibt das Klagepatent jedoch weder in seiner Beschreibung und seinen Ansprüchen noch der Aufgabenstellung, wonach erst nach Abschluss eines jeden Verstellorgangs die Verstellorgane für die Dachprofilverstellung gekontert werden und damit Spiel in den Verstellorgangen eliminiert wird, einen Anhaltspunkt. Denn, dass eine Konterung und Spieleliminierung in den Verstellorganen nur erfolgen kann, wenn eine Lagerung der Scheiben außerhalb des Kolbenschaftes erfolgt, hat auch die Beklagte nicht vorgetragen.

Mangels näherer Angaben spricht daher viel dafür, dass das Klagepatent den Begriff der Anordnung allgemein als Verbindung versteht und eine Lagerung eine Konkretisierung in dem Sinne, dass eine Verbindung und Kräfteübertragung stattfinden soll. Dabei wird nicht gesagt, wie diese Lagerung ausgestaltet sein muss. Es ist daher keine technische Notwendigkeit ersichtlich und vorgetragen, wie dies auch bei der angegriffenen Ausführungsform geschehen ist, eine Lagerung der Scheiben nicht auch auf dem Schaft des Kolbens einer Bremse vorzunehmen, die jeweils auf der Bohlenhälfte angeordnet ist.

Der angegriffene Straßenfertiger macht dennoch von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch, da die Scheiben nicht an der einen und der anderen Bohlenhälfte gelagert sind. Im Merkmal 5.d) wird die Anordnung und Funktion der Scheiben, welche Bestandteil der Federspeicherbremse sind, konkret angegeben. Danach bilden die auf dem Schaft des Kolbens angeordneten Scheiben Reibflächen, die gegeneinander verschiebbar sind und an der einen oder anderen Bohlenhälfte gelagert sind. Merkmal 5.d)2. setzt daher zwingend voraus, dass die die Reibflächen bildenden Scheiben auf beiden Bohlenhälften gelagert sind. Zwar sind die in Anlage K 8 und B 1 mit den Bezugsziffern 17 a und 17 b bezeichneten Scheiben auf beiden Bohlenhälften gelagert, wenn man die bei dem angegriffenen Straßenfertiger gezeigte Vorrichtung als einheitliche Bremsvorrichtung bestehend aus zwei Bremsen ansieht. Diese Scheiben 17 a und 17 b bilden jedoch nicht – allein – die Reibfläche, welche die notwendige Bremswirkung und damit auch Spielfreiheit verursacht. Es sind vielmehr auf den Schäften der beiden Bremsen weiterhin kreisrunde Scheiben angeordnet, welche die Klägerin in Anlage K 8 mit der Bezugsziffer 16 a und 16 b gekennzeichnet hat. Diese bilden jeweils mit den Scheiben 17 a und 17 b die Reibfläche, sind jedoch nicht auf der anderen Bohlenhälfte gelagert. Eine solche Lagerung auf den beiden Bohlenhälften setzt Merkmal 5.d)(2) jedoch voraus.

Eine wortsinngemäße Verwirklichung liegt daher nicht vor.

2.
Auch eine äquivalente Verwirklichung liegt nicht vor. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass die erforderliche Gleichwirkung gegeben ist, und man ferner zu ihren Gunsten unterstellt, dass der Fachmann die abgewandelten Mittel der angegriffenen Ausführungsform auf Grund seiner Fachkenntnisse ohne erfinderisches Bemühen auffinden konnte, fehlt es an der Voraussetzung, dass der angesprochene Durchschnittsfachmann die bei dem angegriffenen Straßenfertiger verwirklichte Abwandlung als eine der im Wortsinn des Patentanspruchs 1 beschriebenen Lösung gleichwertige Alternative in Betracht zieht. Es ist insofern nicht ausreichend, dass der Fachmann auf Grund seines Fachwissens eine Abwandlung als technisch sinnvoll und objektiv gleichwirkend zu der in den Patentansprüchen formulierten Lehre erkennt. Vielmehr müssen seine Überlegungen beim Auffinden der Abwandlung an der in den Patentansprüchen zum Ausdruck gebrachten technischen Lehre anknüpfen.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen scheidet vorliegend eine Verwirklichung des Merkmals 5.d)(2) unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz aus. Denn im Patentanspruch 1 ist eindeutig festgelegt, dass die in der Federspeicherbremse vorhandenen Scheiben Reibflächen bilden und an der einen und der anderen Bohlenhälfte gelagert sind. Von dieser eindeutigen Anweisung der Lagerung der die Reibflächen bildenden Scheiben an den beiden Bohlenhälften, müsste der Fachmann abweichen. Eine Veranlassung hierfür ist jedoch weder zu erkennen noch vorgetragen worden.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 1.500.000,- EUR.