4b O 41/09 – Scheibenbremse III

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1489

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. Oktober 2010, Az. 4b O 41/09

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes 0 531 XXX (Anlage K II1, nachfolgend Klagepatent), welches am 15. Mai 1991 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der DE 401 8X XX vom 7. Juni 1990 und DE 403 4X XX vom 26. Oktober 1990 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 17. März 1993, diejenige der Patenterteilung am 3. August 1994. Das Klagepatent, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, steht in Kraft. Gegen die Erteilung des Klagepatentes wurde von dritter Seite Nichtigkeitsklage erhoben. Mit Urteil des Bundespatentgerichtes vom 9. August 2000 (Anlage K II 3) wurde das Klagepatent eingeschränkt aufrechterhalten.

Das Klagepatent betrifft eine Scheibenbremse für Fahrzeuge. Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 hat in seiner durch das Bundespatentgericht eingeschränkt aufrecht erhaltenen Fassung folgenden Wortlaut:

„Scheibenbremse für Fahrzeuge, insbesondere Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe (1) übergreifenden Bremssattel (2), der einseitig eine Zuspannvorrichtung mit einem um eine zur Ebene der Bremsscheibe (1) parallel verlaufende Drehachse schwenkbaren Nockenhebel (4) aufweist, dessen Nocken in Bewegungsrichtung wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsscheibe (1) mit Stellspindeln (7, 8) gekoppelt ist, die sich wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsscheibe (1) erstrecken und die verstellbar mit einem von dem Nocken bewegbaren Zwischenteil verschraubt sind, wobei das Zwischenteil als eine zur Ebene der Bremsscheibe (1) parallel verlaufende Traverse (6) ausgebildet ist, deren jedes Ende mit einer Stellspindel (7, 8) verschraubt ist, und wobei die beiden Stellspindeln (7, 8) durch eine Gleichlaufeinrichtung (Zahnriemen 12, Zahnrad 70) drehfest miteinander gekoppelt sind, und gegen deren bremsseitiges Ende sich ein relativ zum Bremssattel (2) quer zur Bremsscheibe (1) verschieblicher Bremsbelag (10) abstützt, und wobei zum Justieren des Lösespiels ein vom Schwenkhub des Nockenhebels (4) betätigter Drehantrieb (14, 14‘, 14‘‘) für die Stellspindeln (7, 8) vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Drehantrieb (14, 14‘, 14‘‘) im wesentlichen in einer wenigstens bremsscheibenabgewandt offenen Axialbohrung der Stellspindel (7) angeordnet und ein Abtriebsteil (34, 34‘, 34‘‘) des Drehantriebs (14, 14‘, 14‘‘) relativ undrehbar, aber axialverschieblich mit der Stellspindel (7) gekoppelt ist.“

Nachfolgend wiedergegeben ist die Figur 1 der Klagepatentschrift, welche eine erfindungsgemäße Zuspannvorrichtung in einem aufgeschnittenen Bremssattel für eine Scheibenbremse mit zwei durch eine Gleichlaufeinrichtung gekoppelten Stellspindeln zeigt.

Die Beklagte ist ein weltweit führender Hersteller von Achsen für Nutzfahrzeuge, Busse und Anhänger. Bis vor kurzem bezog die Beklagte pneumatisch betätigte Scheibenbremsen von der Klägerin. Die Beklagte entwickelte demgegenüber auch eine eigene pneumatisch betätigte Scheibenbremse unter der Bezeichnung „A“ (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“), welche auf der B ausgestellt und angeboten wurde. Ein Ausstellungsstück wurde der Klägerin zu Untersuchungszwecken zur Verfügung gestellt.

Die Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform in ihren einzelnen Bestandteilen ist der von der Klägerin überreichten Anlage K II7 zu entnehmen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die angegriffene Scheibenbremse von der Lehre nach dem Klagepatent jedenfalls mit äquivalenten Mitteln Gebrauch mache. Insbesondere mache es hinsichtlich der Montage technisch keinen Unterschied, ob der Drehantrieb in einer axialen, wenigstens bremsscheibenabgewandt offenen Ausnehmung der Stellspindel angeordnet werde oder in einer bremsscheibenzugewandt offenen Ausnehmung. Lediglich die Demontage stelle sich als komplizierter dar; auf diese komme es dem Klagepatent hingegen nicht an.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie in der mündlichen Verhandlungen den Antrag zu IV. im Hinblick auf den Rückruf klargestellt und den Anspruch auf Entfernung sowie auf Urteilsveröffentlichung unter Zustimmung der Beklagten zurückgenommen hat,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen

Scheibenbremsen für Fahrzeuge, insbesondere Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe übergreifenden Bremssattel, der einseitig eine Zuspannvorrichtung mit einem um eine zur Ebene der Bremsscheibe parallel verlaufende Drehachse schwenkbaren Nockenhebel aufweist, dessen Nocken in Bewegungsrichtung wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsscheibe mit Stellspindeln mit einem gemeinsamen Anfangsstück gekoppelt ist, die sich wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsscheibe erstrecken und die verstellbar mit einem von dem Nocken bewegbaren Zwischenteil verschraubt sind, wobei das Zwischenteil als eine zur Ebene der Bremsscheibe parallel verlaufende Traverse ausgebildet ist, deren jedes Ende mit einer Stellspindel verschraubt ist und wobei die beiden Stellspindeln durch eine Gleichlaufeinrichtung (gemeinsames Anfangsstück) drehfest miteinander gekoppelt sind, und gegen deren bremsscheibenseitiges Ende sich ein relativ zum Bremssattel quer zur Bremsscheibe verschieblicher Bremsbelag abstützt, und wobei zum Justieren des Lösespiels ein vom Schwenkhub des Nockenhebels betätigter Drehantrieb für die Stellspindeln vorgesehen ist,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, wobei

der Drehantrieb im wesentlichen in einer wenigstens bremsscheibenabgewandt offenen Axialbohrung der Stellspindel angeordnet und ein Abtriebsteil des Drehantriebs relativ undrehbar, aber achsverschieblich mit der Stellspindel gekoppelt ist;

2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 17. April 1993 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

b) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

und dabei zu a) bis e) die zugehörigen Rechnungen mit der Maßgabe vorzulegen, dass Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können,

wobei die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 3. September 1994 zu machen sind,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn berechtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

II. festzustellen, dass

1. die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die zu I.1. bezeichneten, in der Zeit vom 17. April 1993 bis zum 2. September 1994 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 3. September 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. die Beklagte zu verurteilen, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter oben I.1. fallenden Scheibenbremsen zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

IV. die Beklagte weiter zu verurteilen, die unter I.1. fallenden Scheibenbremsen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer. die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatentes EP 0 531 XXX B1 erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Erstattung des ggf. bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpackungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird, und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise: der Beklagten für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede, wobei sie insbesondere geltend macht, eine äquivalente Verwirklichung der Lehre nach dem Klagepatent liege nicht vor, da es bereits an der hierfür erforderlichen Gleichwirkung fehle. Die Anordnung des Drehantriebes in einer axialen, wenigstens bremsscheibenzugewandt offenen Ausnehmung sei nicht gleichwirkend, da nicht die gleiche technische Wirkung in Bezug auf die Montage und Demontage erzielt werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Klagepatent weder wortsinngemäßen noch äquivalenten Gebrauch, so dass die mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung sowie Rückruf und Vernichtung abzuweisen waren.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Scheibenbremse, insbesondere für Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe übergreifenden Bremssattel, der einseitig eine Zuspannvorrichtung mit einem um eine zur Ebene der Bremsscheibe parallel verlaufende Drehachse schwenkbaren Nockenhebel aufweist, dessen Nocken in Bewegungsrichtung wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsschiebe erstreckt und die verstellbar mit dem Nocken oder einem von diesem bewegbaren Zwischenteil verschraubt ist und die verstellbar mit dem Nocken oder einem von diesem bewegbaren Zwischenteil verschraubt ist und gegen deren bremsscheibenseitiges Ende sich relativ zum Bremssattel quer zur Bremsscheibe verschieblicher Bremsbelag abstützt und wobei zum Justieren des Lösespiels ein vom Schwenkhub des Nockenhebels betätigter Drehantrieb für die Stellspindel vorgesehen ist.

Derartige Scheibenbremsen sind, so das Klagepatent in seiner einleitenden Beschreibung, vorbekannt. So ist zumeist lediglich eine Stellspindel vorgesehen, auf welche der zu ihrer Achsrichtung symmetrisch angeordnete Nocken einwirkt und welche durch irgendwelche Antriebe bei überhöhtem Bremshub verschraubbar ist.

Zum Stand der Technik führt das Klagepatent die DE-A 36 10 569 und 37 16 202 an. Danach sind Scheibenbremsen mit zwei Stellspindeln bekannt, die mit den Enden einer parallel zur Ebene der Bremsscheibe verlaufenden Traverse verschraubt sind; der Nocken greift hierbei längsmittig an der im Wesentlichen rechtwinklig zur genannten Ebene verschieblichen Traverse an. Diese Scheibenbremsen sind mit einer Gleichlaufrichtung für die beiden Stellspindeln ausgestattet, welche einen die Stellspindeln direkt oder vermittels Zahnrädern relativ unverdrehbar koppelnden Zahnriemen- oder Kenntrieb aufweisen kann. Bei diesen Scheibenbremsen erfolgt die Spielnachstellung dadurch, dass die Schwenkbewegungen des Nockenhebels in Bewegungen des Zahnriemens umgesetzt werden, was vermittels eines Reibantriebes vom Nockenhebel zu einer Umlenkrolle für den Zahnriemen oder durch eine am Nockenhebel gehalterte, mit dem Zahnriemen zu einer Umlenkrolle für den Zahnriemen oder durch eine am Nockenhebel gehalterte, mit dem Zahnriemen zusammenwirkende, klinkenartige Formfeder erfolgt. Bei bekannten Ausführungen muss also der Zahnriemen bzw. die Gleichlaufeinrichtung die Kräfte für die gleichzeitige Nachstellung beider Stellspindeln übertragen, wodurch der Zahnriemen bzw. die Gleichlaufeinrichtung hoch beansprucht werden kann.

Hiervon ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das Problem („die Aufgabe“) zugrunde, eine Scheibenbremse der genannten Art mit einfachen Mitteln derart auszubilden, dass bei funktionssicherem und –günstigen Nachstellverhalten der Drehantrieb für die Stellspindel montage- und einbauraumgünstig angeordnet und als kompakte Baueinheit ausbildbar ist, wobei bei Vorhandensein eines Gleichlaufgetriebes dieses bzw. der Zahnriemen während Nachstellvorgängen von nur mäßigen Beanspruchungen belastet, insbesondere von seiner Funktion als Nachstellorgan entlastet wird.

Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 eine Scheibenbremse mit folgenden Merkmalen vor:

(1) Scheibenbremse für Fahrzeuge, insbesondere Straßenfahrzeuge, mit einem eine Bremsscheibe (1) übergreifenden Bremssattel (2).

(2) Der Bremssattel (2) weist einseitig eine Zuspannvorrichtung mit einem um eine zur Ebene der Bremsscheibe (1) parallel verlaufende Drehachse schwenkbaren Nockenhebel (4) auf.

(3) Der Nocken des Nockenhebels (4) ist in Bewegungsrichtung wenigstens annähernd rechtwinklig zur Ebene der Bremsscheibe (1) mit Stellspindeln (7, 8) gekoppelt.

(4) Die Stellspindeln (7, 8) erstrecken sich wenigstens annähernd rechtwinkelig zur Ebene der Bremsscheibe (1).

(5) Die Stellspindeln (7, 8) sind verstellbar mit einem von dem Nocken bewegbaren Zwischenteil verschraubt.

(6) Das Zwischenteil ist als eine zur Ebene der Bremsscheibe (1) parallel verlaufende Traverse (6) ausgebildet.

(7) Jedes Ende der Traverse (6) ist mit einer Stellspindel (7, 8) verschraubt.

(8) Die beiden Stellspindeln (7, 8) sind durch eine Gleichlaufeinrichtung (Zahnriemen 12, Zahnrad 70) drehfest miteinander gekoppelt.

(9) Gegen das bremsseitige Ende der Stellspindeln (7, 8) stützt sich ein relativ zum Bremssattel (2) quer zur Bremsscheibe (1) verschieblicher Bremsbelag (10) ab.

(10) Zum Justieren des Lösespiels ist ein vom Schwenkhub des Nockenhebels (4) betätigbarer Drehantrieb (14, 14‘, 14‘‘) für die Stellspindeln (7, 8) vorgesehen.

(11) Der Drehantrieb (14, 14‘, 14‘‘) ist im Wesentlichen in einer Axialbohrung der Stellspindel (7) angeordnet.

(12) Die Axialbohrung ist wenigstens bremsscheibenabgewandt offen.

(13) Ein Abtriebsteil (34, 34‘, 34‘‘) des Drehantriebs (14, 14‘, 14‘‘) ist relativ undrehbar, aber axialverschieblich mit der Stellspindel (7) gekoppelt.

II.
Eine Verletzung des Klagepatentes durch die angegriffene Ausführungsform liegt nicht vor, da die angegriffene Ausführungsform ungeachtet der zwischen den Parteien streitigen Frage der Verwirklichung der Merkmale 3 bis 5, 7 bis 9, 10 und 13 jedenfalls von dem Merkmal 12 keinen Gebrauch macht.

Eine wortsinngemäße Verwirklichung des Merkmals scheidet aus, da bei der angegriffenen Ausführungsform die Axialbohrung bremsscheibenzugewandt offen ist und nicht, wie es das Merkmal 12 vorsieht, bremsscheibenabgewandt.

Hingegen liegt auch eine äquivalente Verwirklichung nicht vor. So ist bereits das Vorliegen der für eine äquivalente Verwirklichung erforderlichen Gleichwirkung nicht zu erkennen. Denn durch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Abwandlung – Öffnung der Axialbohrung auf der bremsscheibenzugewandten Seite – wird nicht die gleiche technische Wirkung erzielt, welche sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht hat. Gegenüber dem vom Klagepatent in Bezug genommenen Stand der Technik, die DE-A 36 10 569 und 37 16 202 hat es sich das Klagepatent zur Aufgabe gemacht, dass diese bekannten Scheibenbremsen derart ausgebildet werden, dass bei funktionssicherem und –günstigem Nachstellverhalten der Drehantrieb für die Stellspindel montage- und einbauraumgünstig angeordnet und als kompakte Baueinheit ausbildbar ist, wobei bei Vorhandensein eines Gleichlaufgetriebes dieses bzw. der Zahnriemen während Nachstellvorgängen von nur mäßigen Beanspruchen belastet, insbesondere von seiner Funktion als Nachstell-Steuerorgan entlastet wird (vgl. Klagepatent Seite 1, Zeilen 27 bis 32). Diese Aufgabe wird, so das Klagepatent, dadurch gelöst, dass der Drehantrieb im wesentlichen in einer axialen, wenigstens bremsscheibenabgewandt offenen Ausnehmung der Stellspindel angeordnet und ein Abtriebsteil des Drehantriebes relativ undrehbar, aber axialverschieblich mit der Stellspindel gekoppelt ist. Die Lösung der gestellten Aufgabe wird daher gerade durch die in Merkmal 12 vorgesehene Maßnahme gelöst, wonach der Drehantrieb im Wesentlichen in einer Axialbohrung der Stellspindel angeordnet ist und diese Axialbohrung wenigstens bremsscheibenabgewandt offen ist, wie auch das Bundespatentgericht in seinem das Klagepatent eingeschränkt aufrechterhaltenden Urteil vom 9. August 2000 auf Seite 10 festgestellt hat. In dem genannten Urteil wird vom Bundespatentgericht ausgeführt, dass „allein durch diese Maßnahme“ bereits erreicht wird, dass der Drehantrieb gemäß den Forderungen in der Aufgabenstellung montage- und einbauraumgünstig angeordnet und als kompakte Baueinheit ausgebildet ist, da diese Maßnahme eine kompakte Montage bzw. Demontage des Drehantriebes als kompakte Baueinheit von der bremsscheibenabgewandten Seite her aus der Stellspindel ermöglicht. Entsprechend, so das Bundespatentgericht, hat es für den Fachmann nicht nahegelegen, den Drehantrieb so in einer Axialbohrung anzuordnen, dass er montagefreundlich und einbauraumgünstig als kompakte Baueinheit aus dieser Ausnehmung entnommen werden kann.

Dieser technische Vorteil wird durch die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandene Ausgestaltung – Axialbohrung bremsscheibenzugewandt – nicht erzielt. Die Klägerin selbst hat schriftsätzlich ausgeführt, dass bei der Ausgestaltung, wie sie bei der angegriffenen Ausführungsform vorhanden sei, eine Einbuße der Montagefreundlichkeit vorhanden sei, welche jedoch nach ihrer Ansicht nicht ins Gewicht falle.

Dem kann nicht zugestimmt werden. Denn es kann dem Vortrag der Klägerin bereits nicht entnommen werden, in welchem konkreten Umfang eine Einbuße der Montagefreundlichkeit vorliegt. Die Beklagte hat demgegenüber in der Duplik vom 26. Februar 2010 auf Seite 15 f. dezidiert vorgetragen, in welchem Maße die bei der angegriffenen Ausführungsform gewählte Ausgestaltung die Montage- und auch Demontagefreundlichkeit herabsetzt. Statt einer bremsscheibenabgewandt offenen Axialbohrung, die es erlaubt, ohne weitere Demontage direkt an den Drehantrieb zu gelangen, ist bei der angegriffenen Ausführungsform eine Demontage einer Vielzahl von Bauteilen im Inneren des Sattels erforderlich.

Ungeachtet dessen ist auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer äquivalenten Verwirklichung nicht zu erkennen. Unabhängig von der Frage der Auffindbarkeit liegt jedenfalls die erforderliche Gleichwertigkeit nicht vor. Eine solche kann nicht, wie von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, mit dem Vorliegen einer kinematischen Umkehr begründet werden, indem die Axialbohrung statt bremsscheibenabgewandt wie im Klagepatent vorgesehen, bremsscheibenzugewandt angeordnet wurde. Eine kinematische Umkehrung bedeutet eine Umkehr der Bewegung infolge des Wechsels des Beobachtungsortes – aus einem ruhenden Glied wird ein feststehendes, aus dem feststehenden ein ruhendes Glied (vgl. Benkard/Scharen, Patentgesetz, 10. Aufl. § 14 Rdnr. 104 m.N. aus der Rechtsprechung). Eine solche Bewegungsumkehr ist nicht Gegenstand des Klagepatentes, sondern vielmehr eine bestimmte räumlich-körperlich Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Scheibenbremse. Selbst wenn man hingegen vom Vorliegen einer kinematischen Umkehr ausginge, würde eine Gleichwertigkeit ausscheiden, da weder zu erkennen ist noch von der Klägerin vorgetragen wurde, dass das ausgetauschte Mittel für die Lösung des dem Patent zugrunde liegenden Problems technisch die gleiche Bedeutung hat (vgl. hierzu Benkard/Scharen, a.a.O.). Das Klagepatent hebt gerade bei der Beschreibung der Lösung der Aufgabe hervor, dass die erfindungsgemäße Aufgabe dadurch gelöst wird, dass der Drehantrieb im Wesentlichen in einer axialen, wenigstens bremsscheibenabgewandt offenen Ausnehmung der Stellspindel angeordnet ist (vgl. Klagepatent Seite 1, Zeilen 33 ff.). Entsprechendes hat auch das Bundepatentgericht mit Urteil vom 9. August 2000 auf Seite 10 ausgeführt. Dass nunmehr die Anordnung der Öffnung auf der bremsscheibenzugewandten Seite auch die Lösung des dem Klagepatent zugrunde liegenden Problems beinhaltet, ist nicht zu erkennen und wurde von der Klägerin auch nicht deutlich gemacht. Es kann dem Klagepatent kein Anhaltspunkt entnommen werden, dass es lediglich auf das Vorhandensein des Drehantriebes in einer Axialbohrung der Stellspindel ankommt, unabhängig von der konkreten Anordnung der Axialbohrung, d.h. bremsscheibenzu- oder bremsscheibenabgewandt.

Eine Verletzung des Klagepatentes liegt daher nicht vor.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 1.000.000,- EUR.