I – 2 U 53/18 – Küchenstudio

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2952

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. März 2019, Az. I – 2 U 53/18

Vorinstanz: 37 O 4/18

  1. I. Die Berufung gegen das am 26. April 2018 verkündete Urteil der 7. Handelskammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
  2. II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
  3. III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
  4. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 75.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
  5. IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
  6. V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 75.000,- € festgesetzt.
  7.  Gründe
  8. I.
  9. Der Kläger ist eine seit 1913 in das Vereinsregister eingetragene rechtsfähige Vereinigung von Gewerbetreibenden und Verbänden von Gewerbetreibenden zur Bekämpfung von Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und die Nebengesetze.
  10. Der Beklagte betrieb bis März 2018 unter der Firma „A“ ein Küchenstudio in A1. In diesem Zusammenhang war er Mitglied der Einkaufsgenossenschaft A2 Einkauf- und Marketing Gesellschaft zur C GmBH mit Sitz in C1. Aufgrund dieser Mitgliedschaft war er berechtigt, die Bezeichnung „A2“ und das sogenannte „A2“-Logo für sein Küchenstudio zu verwenden. Dem „A2“-Verband gehörten im November 2017 über 350 „A2“-Händler in ganz Europa an. Mittlerweile ist die Zahl der angeschlossenen „A2-Händler“ in Europa auf über 380 gestiegen.
  11. Unter der Domain „A2-A1.de“ betrieb der Beklagte eine Internetseite, auf der er für seine Angebote und Leistungen warb. Unter dem Reiter „Über uns“ und dem unmittelbar nachfolgenden Reiter „Unser Küchenstudio“ fand sich im November 2017 eine Beschreibung des Unternehmens des Beklagten. Unter der Überschrift „Wir vom A“ wurden das Unternehmen und die angebotenen Leistungen dargestellt. Neben einer fotografischen Darstellung der Geschäftsräume fand sich folgende Unternehmensbeschreibung:
  12. „Schöner Leben mit Küchen von A2
  13. Küchen sind unsere Leidenschaft – doch im Mittelpunkt stehen Sie und ihre Wünsche, die uns täglich motivieren, besser zu werden und nah am Trend zu bleiben.
  14. Ihr Küchenkauf ist eine ganz persönliche Entscheidung, die nicht allein von Ihrem Budget abhängt. Da zählen auch der individuelle Geschmack und Lebensstil sowie die Räumlichkeiten und natürlich die Menschen, die sich täglich in Ihrer Küche aufhalten. Dafür steht Ihnen eine Vielfalt von Küchenfronten und Arbeitsflächen, innovativem Zubehör sowie modernsten und energieeffizienten Küchengeräten zur Verfügung. Selbstverständlich von Top-Marken bekannter Hersteller zu Top-Preisen. Versprochen.
  15. Vom ersten Kennenlernen bis hin zur Übergabe Ihrer neuen Küche können Sie sich ganz auf unsere Küchenkompetenz verlassen. Denn in jeder Phase Ihres Küchenkaufs sind wir persönlich für Sie da. Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig geschult, sind jederzeit auf dem neuesten Stand und halten täglich Ausschau nach Küchen-Neuheiten, die begeistern.
  16. Bei A bekommen Sie Küchen, die Ihnen das Leben schöner machen.“
  17. Unter der Überschrift „Philosophie: Fest verwurzelt im Service“ hieß es sodann weiter:
  18. „Als einer von über 350 A2-Händlern in Europa wissen wir: Zufriedene Kunden haben uns vom Newcomer zum Markenzeichen für preisgünstige Qualitätsküchen gemacht. Für dieses Vertrauen bedanken wir uns!
  19. Unser Markenzeichen, das ovale Logo, kennen Sie. Es kommt in selbstbewusstem Rot mit einer unvergleichlichen Signalkraft daher und zeigt A2, wie wir uns verstehen – überzeugend durch:
  20. Auswahl und Ausstattung
    Preis und Leistung
    Beratung und Service
  21. Dem Zufall überlässt A2 nichts, dafür umso mehr der Gemeinschaft, in der sich jeder unserer Fachhändler für seine Kunden stark macht. Und wir wollen für Sie noch besser werden mit dem Ziel, dass jeder weiß: „Neue Küche? Da geht man zu A2“.
  22. Daran schloss sich ein mit „6 gute Gründe für A“ überschriebener Abschnitt an. Dort hieß es:
  23. Hinsichtlich der Gestaltung der Internetseite des Beklagten wird ergänzend auf die Anlagen K 1 und K 2 sowie B 1 bis B 4 Bezug genommen.
  24. Der Kläger beanstandet die in dem vorstehend eingeblendeten Abschnitt enthaltene Aussage, „Ihr plus an Erfahrung! Weil A2 jedes Jahr über 30.000 Küchen verkauft.“ als irreführend und damit wettbewerbswidrig.
  25. Indem der Beklagte mit dem Verkauf von 30.000 Küchen geworben habe, habe er auf eine Beeinflussung der Entscheidung von Verbrauchern abgezielt und damit den Absatz der eigenen Leistungen und den Abschluss von Verträgen gefördert und somit eine geschäftliche Handlung vorgenommen. Die vorgenannte Äußerung könne vom angesprochenen Verkehr nur als Aussage über den Umfang der vom Beklagten abgewickelten Küchenverkäufe und damit dem Umfang des Geschäftsbetriebs verstanden werden. Die gesamte Darstellung erfolge im Kontext einer Beschreibung des Unternehmens des Beklagten. Maßgebliche Verkehrskreise hätten die Aussage daher so verstehen müssen, dass der Beklagte (und nicht die gesamte Gruppe) jährlich 30.000 Küchen verkaufe. Die Aussage täusche daher über den Umfang der Geschäftstätigkeit des Beklagten und sei geeignet, beim Verkehr eine besondere Kompetenz des Geschäftsbetriebes zu suggerieren, die so tatsächlich nicht existiere. Der Verkehr werde davon ausgehen, dass ein Unternehmen, welches jährlich 30.000 Küchen verkaufe, eine besondere Kompetenz und Erfahrung aufweise. Ferner werde der Verkehr von einer hervorgehobenen Marktstellung ausgehen und eine besondere Preiswürdigkeit annehmen. Tatsächlich handele es sich bei dem Unternehmen des Beklagten jedoch – unstreitig – um ein einfaches Küchenstudio mit einer Filiale. Es werde daher irreführend der Eindruck einer Größe erweckt, die so tatsächlich nicht existiere.
  26. Dem ist der Beklagte erstinstanzlich entgegengetreten. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, dass er die streitgegenständliche Aussage auf seiner Internetseite nicht für sich genommen verwende, sondern an einer Stelle, zu der der angesprochene Verkehr nur dann gelangen könne, wenn er die Darstellung nach unten scrolle. Dabei erhalte er Informationen über den „A2“-Verband. Erst daran schließe sich der Hinweis auf „6 gute Gründe für A“ an. Aus diesem Zusammenhang werde für den angesprochenen Verkehr deutlich, dass sich der streitgegenständliche Hinweis über die Zahl der verkauften Küchen auf die Küchen beziehe, die „A2“-Händler insgesamt pro Jahr absetzten. Dies gelte umso mehr, da direkt daneben als einer der weiteren guten Gründe herausgestellt werde, dass sich für den Kunden ein Vorteil daraus ergebe, dass ein gemeinsamer Einkauf beste Konditionen garantiere. Auch diese Aussage könne der angesprochene Verkehr nur auf die Tätigkeit des „A2“-Verbandes beziehen, nicht auf den einzelnen Händler. Dass sich die beanstandete Äußerung nicht auf das Küchenstudio des Beklagten beziehe, sei schließlich auch deshalb offenkundig, weil der Beklagte, um 30.000 Küchen im Jahr zu verkaufen, pro Tag 96 Küchen verkaufen müsse. Dass dieses Ziel nicht zu erreichen sei, sei auch für die angesprochenen Verkehrskreise offensichtlich.
  27. Mit Urteil vom 26. April 2018 hat das Landgericht Düsseldorf die streitgegenständliche Aussage auf der Internetseite des Beklagten als wettbewerbswidrig angesehen und wie folgt erkannt:
  28. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit der Aussage „Ihr Plus an Erfahrung! Weil A2 jedes Jahr über 30.000 Küchen verkauft“ zu werben, wenn dies im Rahmen der Eigenwerbung für den Beklagten geschieht, wie nachfolgend wiedergegeben:
  29. Dem Beklagten werden für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvolltreckungsmaßnahmen Ordnungsgeld bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
  30. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
  31. Dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der von ihm zu Recht als irreführend beanstandeten Werbung aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG zu.
  32. Die Aussage „Weil A2 jedes Jahr über 30.000 Küchen verkauft“ sei – bezogen auf das Unternehmen des Beklagten – unstreitig unwahr. Sie sei irreführend, weil sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine objektiv unzutreffende Vorstellung von der Größe und der Leistungsfähigkeit des Unternehmens des Beklagten hervorzurufen.
  33. Die Werbeaussage habe sich auf der Internetseite des „A2s“ A1 befunden. Diese Unternehmensbezeichnung, unter der der Beklagte handele, sei auch auf der Seite mit der beanstandeten Aussage in der Kopfzeile stets präsent, wie aus den als Anlage K 2 vorgelegten Screenshots ersichtlich sei. Selbst wenn der Verbraucher bei eingehender Beschäftigung und nach eindeutigem Nachdenken zu der Auffassung gelange, die angegebene Zahl müsse sich wohl auf den gesamten „A2“-Verbund beziehen, setze dies eine gedankliche Auseinandersetzung mit dem Werbeauftritt des Beklagten und den dort gegebenen Informationen voraus. Denn die beanstandete Formulierung lasse den Bezug auf die Gesamtheit der in dem Franchiseverbund zusammenarbeitenden Unternehmen nicht klar und eindeutig erkennen.
  34. Die auffällig hohe Zahl angeblich verkaufter Küchen sei geeignet gewesen, das besondere Interesse der angesprochenen Verbraucher zu wecken, weil ein derartiger Markterfolg für die Qualität des Angebots in die Leistungsfähigkeit des werbenden Unternehmens spreche. Es könne deshalb kein Zweifel daran bestehen, dass von der Zahlenangabe ein für die Annahme einer Irreführung ausreichender Anlockeffekt ausgegangen sei. Auch wenn die von einem solchen Anlockeffekt ausgehenden Gefahren im Allgemeinen geringer seien als die einer Irreführung mit unmittelbarer Relevanz für die Marktentscheidung, erfasse das Verbot des § 5 UWG auch die Irreführung, von der lediglich eine Anlockwirkung ausgehe. Dies komme im Gesetz dadurch zum Ausdruck, dass die Fälle der Irreführung über die angemessene Bevorratung ausdrücklich im Gesetz geregelt seien, und zwar in § 5 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UWG („Verfügbarkeit der Ware“) und vor allem in Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Auch das europäische Recht lasse den Anlockeffekt für die irreführende Werbung ausreichen, wie sich aus Art. 3 lit. a) der Richtlinie irreführende und vergleichende Werbung und vor allem der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL, dort Anhang I Nr. 5) entnehmen lasse. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes werde demgemäß der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ im Sinne des Art. 2 lit. k) UGP-RL, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UGP-RL voraussichtlich veranlasst werde, weit definiert. Erfasst sei nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder den Nichterwerb eines Produktes, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende oder vorgelagerte Entscheidungen, wie insbesondere das Betreten eines Geschäftes.
  35. Gegen dieses, seinen Prozessbevollmächtigten am 2. Mai 2018 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Mai 2018 Berufung eingelegt, mit der er sein vor dem Landgericht erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
  36. Der Beklagte wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen und macht insbesondere geltend:
  37. Die Verwendung der streitgegenständlichen Aussage auf der Internetseite des Beklagten in der konkreten Form sei unter keinem Gesichtspunkt irreführend. Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zu einem anderen Ergebnis gelange, habe es die Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht hinreichend berücksichtigt.
  38. Der Beklagte gehöre dem „A2“-Verband an, dem zum Zeitpunkt der Werbung im November 2017 über 350 Küchenhändler in ganz Europa angeschlossen gewesen seien. Er sei berechtigt gewesen, die Bezeichnung „A2“ und das „A2“-Logo für sein Küchenstudio zu verwenden. Der Beklagte habe die streitgegenständliche Aussage nicht prominent auf seiner Internetseite herausgestellt, sondern unter der Überschrift „Über uns“, wo er sich den Interessenten näher vorgestellt habe. Auf der Internetseite sei unter der Überschrift „Philosophie: Fest verwurzelt im Service“ der „A2“-Verband, dem der Beklagte angehöre, näher vorgestellt worden. All dies habe der Internetnutzer, der zu der streitgegenständlichen Aussage gelangen wolle, wahrnehmen müssen, indem er ganz nach unten auf der entsprechenden Seite scrolle. Dort seien 6 verschiedene Vorteile herausgestellt worden, von denen ein Vorteil in der hier streitgegenständlichen Aussage zusammengefasst gewesen sei. Ein weiterer Vorteil sei unmittelbar neben der hier streitgegenständlichen Aussage genannt, und zwar unter der Überschrift „Ihr Plus in Preis und Leistung! Weil unser gemeinsamer Einkauf beste Konditionen garantiert!“. Aus alledem ergebe sich, dass der angesprochene Verkehr die streitgegenständliche Aussage nur dann habe zur Kenntnis nehmen können, wenn er sich zuvor mit den Informationen über den „A2“-Verband auseinandergesetzt habe.
  39. Davon ausgehend fehle der Annahme, die streitgegenständliche Aussage sei irreführend, die Grundlage. Dem angesprochenen Verkehr sei klar, dass sich der Hinweis über die Zahl der verkauften Küchen auf die Küchen beziehe, die die dem „A2“-Verband angeschlossenen Händler insgesamt pro Jahr absetzten. Dies gelte umso mehr, da auch die weitere Aussage „Weil unser gemeinsamer Einkauf beste Konditionen garantiert“ im unmittelbaren Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Aussage dargestellt sei. Von einem gemeinsamen Einkauf könne die Beklagte für sich genommen nicht sprechen. Vielmehr ergebe die Aussage nur dann Sinn, wenn sie auf die Tätigkeiten des „A2“-Verbandes bezogen sei.
  40. Dass der angesprochene Verkehr die streitgegenständliche Aussage nicht allein auf das Geschäftslokal des Beklagten beziehen könne, ergebe sich zwangsläufig auch aus dem Hinweis auf die hohe Zahl der verkauften Küchen. So könne sich kein Verbraucher vorstellen, dass ein Küchenstudio, wie es der Beklagte betreibe und wie es auf der Internetseite dem Kunden zuvor vorgestellt werde, dazu in der Lage sei, 30.000 Küchen pro Jahr zu verkaufen.
  41. Der Beklagte beantragt,
  42. das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26. April 2018 (Az.: 37 O 4/18) abzuändern und die Klage abzuweisen.
  43. Der Kläger beantragt,
  44. die Berufung zurückzuweisen.
  45. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
  46. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen vorgelegten Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
  47. II.
    Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die durch den Kläger beanstandete Äußerung als irreführend und deshalb als unlauter angesehen. Daher steht dem Kläger gegen den Beklagten aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 UWG ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.
  48. 1.
    Dass es sich bei dem Kläger um einen rechtsfähigen Verband im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG handelt, hat der Beklagte nicht in Zweifel gezogen, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Der Kläger ist somit aktivlegitimiert und zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche gegen den Beklagten berechtigt.
  49. 2.
    Zu Recht hat das Landgericht die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 8, 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 UWG bejaht.
  50. a)
    Eine geschäftliche Handlung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Mögliche Bezugspunkte der Irreführung sind nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG unter anderem Eigenschaften oder Rechte eines Unternehmens.
  51. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (st. Rspr., vgl. nur BGH, GRUR 2014, 494 Rz. 14 = WRP 2014, 559 – Diplomierte Trainerin; BGH, GRUR 2016, 521 – Durchgestrichener Preis II; BGH, GRUR 2018, 320, 322 – Festzins Plus, jeweils m.w.N.; OLG Celle, Urt. v. 30.01.2018, Az.: 13 U 106/17, BeckRS 2018, 1306; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 5 Rz. 1.81). In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, GRUR 2000, 619, 621 = NJW-RR 2000, 1490 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster; BGH, GRUR 2012, 184 Rz. 19 = NJW 2012, 1449 = WRP 2012, 194 – Branchenbuch Berg). Irreführend ist eine Werbung, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers oder die von ihm angebotene Leistung hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, GRUR 2009, 888 Rz. 18 = NJW 2009, 2747 = WRP 2009, 1080 – Thermoroll; BGH, GRUR 2012, 1053 Rz. 19 = WRP 2012, 1216 – Marktführer Sport; BGH, GRUR 2016, 521, 522, Rz. 10 – Durchgestrichener Preis II; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 35. Aufl., § 5 Rz. 1.57).
  52. b)
    Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Landgericht die beanstandete Werbung zu Recht als irreführend angesehen.
  53. aa)
    Dass der „A“ pro Jahr 30.000 Küchen verkauft, behauptet auch der Beklagte nicht. Die durch den Kläger beanstandete Aussage ist somit objektiv unrichtig, soweit sie sich aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise auf den „A“ bezieht. Daran kann vorliegend kein Zweifel bestehen.
  54. Die streitgegenständliche Behauptung fand sich auf der Internetseite des „A2s A1“ unter der Domain „www.A2-A1.de“ (vgl. Anlagen K 1 und K 2). Es handelte sich dementsprechend nicht um eine Internetpräsenz des „A2“-Verbandes, sondern um diejenige eines einzelnen Küchenstudios, des „A2s A1“. Dass dem so ist, verdeutlicht nicht zuletzt die konkrete Fundstelle der durch die Klägerin beanstandeten Äußerung, die unter dem Menüpunkt „Über uns“ und dem Untermenüpunkt „Unser Küchenstudio“ zum Abruf bereitstand. Soweit sich aus dem Inhalt der konkreten Seite nichts anderes ergibt, bestand für die angesprochenen Verkehrskreise allein deshalb Anlass, die entsprechenden Ausführungen auf den „A“ zu beziehen. Dazu passt, dass die Ausführungen unter der Überschrift „Philosophie: Fest verwurzelt im Service“ aus der „Ich-Perspektive“, also aus der Sicht des „A2s A1“, formuliert waren. So hieß es dort:
  55. „Als einer von über 380 A2-Händlern in Europa wissen wir: Zufriedene Kunden haben uns vom Newcomer zum Markenkennzeichen für preisgünstige Küchen gemacht…“
  56. (Anlage B 3, Hervorhebung hinzugefügt)
  57. Die Formulierung „Als einer von über 380 A2-Händlern…wissen wir“ lässt sich nicht anders verstehen, als dass die entsprechenden Ausführungen die Sicht des „A2s A1“ – und nicht des gesamten Verbandes – wiedergeben. Dies gilt umso mehr, da sich auf der gleichen Seite unten rechts die Anschrift des „A2s A1“ findet.
  58. Der Beschreibung der Unternehmensphilosophie folgten „6 gute Gründe für A“. Bereits diese, optisch hervorgehobene Überschrift führt den angesprochenen Verkehrskreisen vor Augen, dass sich die im folgenden genannten Gründe nicht auf den „A2-Verband“, sondern konkret auf den „A“ beziehen, der somit vermeintlich deshalb ein „Plus an Erfahrung“ besitzt, weil er – wie tatsächlich nicht – jedes Jahr über 30.000 Küchen verkauft.
  59. bb)
    Weder die für ein einzelnes Küchenstudio mit 30.000 Küchen relativ hohe Zahl verkaufter Küchen noch der im Folgepunkt erwähnte „gemeinsame Einkauf“ vermögen ein abweichendes Verständnis zu begründen.
  60. Im Hinblick auf den zuletzt angesprochenen Aspekt gilt dies bereits deshalb, weil allein der Hinweis, der gemeinsame Einkauf garantiere beste Konditionen, keinerlei Rückschlüsse auf das „richtige“ Verständnis des zuvor angesprochenen Punktes zulässt. Denn der entsprechenden Aussage entnimmt der angesprochene Verkehr zunächst nur, dass der „A“ im Einkauf offenbar nicht allein, sondern gemeinsam mit weiteren Küchenstudios am Markt auftritt. Dies lässt jedoch keinerlei klare Rückschlüsse auf die durch den „A“ pro Jahr verkaufte Zahl von Küchen zu. Allenfalls fühlen sich die angesprochenen Verkehrskreise aus dem ausdrücklichen Hinweis auf den gemeinsamen Einkauf und dem gleichzeitigen Fehlen einer entsprechenden Bemerkung im Zusammenhang mit der angegebenen Verkaufsgröße in ihrer bereits zuvor gewonnenen Überzeugung bestätigt, dass sich die erwähnte Anzahl verkaufter Küchen ausschließlich auf den „A“ bezieht.
  61. Soweit sich der Beklagte zur Begründung seiner Berufung demgegenüber darauf beruft, dass der „A“, wolle er die genannte Größe erreichen, pro Tag 96 Küchen verkaufen müsste, vermag er damit nicht durchzudringen. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei der die beanstandete Äußerung aufweisenden Internetseite lediglich um eine allgemeine Unternehmenspräsentation handelt, welche die angesprochenen Verkehrskreise lediglich auf den „A“ aufmerksam machen und ggf. zu einem Besuch des Küchenstudios verleiten soll. Dementsprechend besteht für den jeweiligen Nutzer kein Anlass, sich mit der entsprechenden Seite vertieft auseinanderzusetzen und die dort genannten Informationen vertiefend auf ihre Plausalität zu überprüfen. Abgesehen davon wird die Anzahl der verkauften Küchen auf der streitgegenständlichen Internetpräsenz gerade als einer von 6, blickfangmäßig hervorgehobenen Gründen für den „A“ aufgeführt. Der Hinweis auf die Zahl der pro Jahr verkauften Küchen ist somit gerade darauf angelegt, einen Teil der Adressaten, der die Ausführungen nur flüchtig wahrnimmt, zu täuschen. Auch aus diesem Grund kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, es handele sich bei den möglicherweise irregeführten Nutzern allenfalls um einen kleinen Teil der angesprochenen Verkehrskreise (BGH, GRUR 2012, 184 – Branchenbuch Berg; Köhler/Bornkamm/Feddersen, 35. Aufl., § 5 Rz. 1.103 a.E.).
  62. c)
    Die angegriffene Werbung ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (§ 5 Abs. 1 UWG).
  63. Auch wenn die Gefahren im Allgemeinen geringer sind als die einer Irreführung mit unmittelbarer Relevanz für die Marktentscheidung, erfasst das Verbot des § 5 UWG auch die Irreführung, von der lediglich eine Anlockwirkung ausgeht. Auch das europäische Recht lässt den Anlockeffekt für die irreführende Werbung ausreichen, wie sich aus Art. 2 lit. a) der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung und vor allem der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG v. 11.05.2005, dort Anh. I Nr. 5) entnehmen lässt (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 5 Rz. 1.196). Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG erfasst daher außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produktes auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten eines Geschäfts (EuGH, GRUR 2014, 196 = WRP 2014, 161 – Trento Sviluppo; BGH, GRUR 2015, 698 Rz. 20 – Schlafzimmer komplett; BGH, GRUR 2017, 922 Rz. 28 = WRP 2017, 1081 – Komplettküchen; BGH, GRUR 2018, 320, 323 – Festzins Plus). Wird der Verbraucher, wie hier, durch den aufgrund der beanstandeten Werbung hervorgerufenen Irrtum über die Größe des „A2s A1“ dazu verleitet, diesen im Glauben an dessen hervorgehobene Marktstellung und davon ausgehend ggf. auch besondere Preiswürdigkeit aufzusuchen, besteht die Gefahr, dass der Verbraucher letztlich aufgrund der streitgegenständlichen Werbung eine nicht hinreichend informationsgeleitete Entscheidung über den Erwerb einer Küche trifft. Die auffällig hohe Zahl angeblich verkaufter Küchen war, wovon bereits das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, geeignet, das besondere Interesse der angesprochenen Verbraucher zu wecken, weil ein derartiger Markterfolg für die Qualität des Angebots und die Leistungsfähigkeit des werbenden Unternehmens spricht; von ihr ging ein nicht unerheblicher Anlockeffekt aus.
  64. d)
    Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist weder dadurch entfallen, dass die beanstandete Aussage zwischenzeitlich von der Internetseite „www.A2-A1“ entfernt wurde noch dadurch, dass der Beklagte selbst den „A“ nicht mehr betreibt. Die durch einen bereits begangenen Wettbewerbsverstoß begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (BGH, GRUR 1992, 318, 319 f. – Jubiläumsverkauf, m.w.N.). Der bloße Wegfall der Störung genügt zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht (OLG Celle Urt. v. 30.01.2018, Az.: 13 U 106/17, BeckRS 2018, 1306; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8 Rz. 1.49). Dasselbe gilt für eine tatsächliche Veränderung der Verhältnisse, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt wird; sie entfällt nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichartiger Umstände nicht zu erwarten ist (BGH, GRUR 1988, 38 f. – Leichenaufbewahrung). Selbst die Aufgabe jeder Geschäftsbetätigung lässt die Wiederholungsgefahr somit nicht entfallen, es sei denn, es ist auszuschließen, dass der Verletzer denselben oder einen ähnlichen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt (BGH, GRUR 1959, 367, 374 – Ernst Abbe; BGH, GRUR 1972, 550, 551 – Spezialsalz II; BGH, GRUR 1976, 579, 583 – Tylosin; BGH, GRUR 1992, 318, 320 – Jubiläumsverkauf; BGH, GRUR 1998, 824, 828 – Testpreis-Angebot; BGH, GRUR 2001, 453 – TCM-Zentrum; Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rz. 1.150). Dass dies vorliegend der Fall wäre, vermag der Senat jedoch auf der Grundlage des Vorbringens der Parteien nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen.
  65. III.
  66. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
  67. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
  68. Für eine Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung, weil die in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen dafür ersichtlich nicht gegeben sind. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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