4b O 226/09 – Sicherheits-IV-Katheter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1360

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 11. Februar 2010, Az. 4b O 226/09

I. Der Beschluss der Kammer vom 20. November 2009 wird aufgehoben und der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13. November 2009 zurückgewiesen.

II. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Zwangsvollstreckung der Verfügungsbeklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d

Die Verfügungsklägerin ist ein weltweit tätiges Medizintechnik-Unternehmen insbesondere im Bereich intravenöser Katheter, IV-Katheter (sog. „Braunülen“). Sie bietet Sicherheits-IV-Katheter unter der Bezeichnung „A“ in Deutschland seit dem Jahr 2004 an. Diese Produkte sind sehr erfolgreich und machen die Verfügungsklägerin zur Marktführerin in dieser Produktgruppe. Bei den sog. IV-Kathetern handelt es sich um eine Vorrichtung mit einer Nadel, die mit einem Kunststoffschlauch (sog. Katheter) überzogen ist. Dieser wird vermittels der Nadel in eine Vene des Patienten eingeführt; sodann wird die Nadel zurückgezogen, so dass der Katheter in der Vene verbleibt. Bei den Sicherheits-IV-Kathetern wird die Nadelspitze nach Entnahme aus dem Katheteransatz unmittelbar von einem Nadelschutz aufgenommen, um eine Verletzung der behandelnden Person zu verhindern.

Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europäischen Patentes 1 911 XXX (Anlage Ast 11, deutsche Übersetzung Anlage Ast 11 a, nachfolgend Verfügungspatent), welches beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 698 41 XXX geführt wird. Die Anmeldung des Verfügungspatentes erfolgte am 18. August 1998 unter Inanspruchnahme der Prioritäten US 915XXX vom 20. August 1997 sowie US 97XXX vom 12. Juni 1998. Die Patentanmeldung wurde am 16. April 2008 offen gelegt, der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte am 7. Oktober 2009. Das Verfügungspatent steht in Deutschland in Kraft. Gegen den Rechtsbestand des deutschen Teils des Verfügungspatentes legte die Verfügungsbeklagte am 18. Dezember 2009 Einspruch ein über den noch nicht entschieden wurde.

Das Verfügungspatent betrifft eine Federklammer als Schutz der Nadelspitze für einen Sicherheits-IV-Katheter. Der für das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren maßgebliche einzige Patentanspruch hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:

„IV-Katheter, umfassend einen rohrförmigen Katheter (24); eine Nadel (16) mit einem Nadelschaft und einer Spitze, wobei in einer Bereitstellung die Nadel innerhalb des rohrförmigen Katheters (24) aufgenommen ist und wobei die Nadel an ihrem Schaft eine Ausbeulung (61) aufweist; einen Katheteransatz (26), der an dem proximalen Ende des rohrförmigen Katheters (24) angebracht ist, wobei der Katheteransatz einen inneren Hohlraum umfasst, der von einer Innenwand (36) umschlossen ist; wobei die Nadel von der Bereitstellung, in der sich die Spitze außerhalb des Katheteransatzes (26) befindet, in eine zurückgezogene Blockierstellung bewegbar ist, in der die Spitze sich innerhalb des Hohlraums des Katheteransatzes (26) befindet; einen Nadelschutz, umfassend einen proximalen vertikalen Arm (54, 106), der mit der Ausbeulung (61) an dem Schaft der Nadel in Eingriff tritt, um ein Herausziehen der Nadel aus dem Nadelschutz (96, 40) zu verhindern; einen distalen Arm (42, 112), der mit dem Nadelschaft in Eingriff steht, wenn die Nadel in der Bereitstellung ist; einen Abschnitt (46) eines transversalen Segments (50, 98) des Nadelschutzes (96, 40), das den proximalen vertikalen Arm (54, 106) und den distalen Arm (42, 112) verbindet und von dem Nadelschaft in eine Haltebeziehung innerhalb des Katheteransatzes (26) gedrückt wird, wenn sich die Nadel in der Bereitstellung befindet; wobei der distale Arm (42, 122) sich von dem transversen Segment (98) erstreckt und in einem Abstand von der Nadelspitze mit der Nadel in Eingriff steht, wenn die Nadel in der Bereitstellung und innerhalb des Hohlraums des Katheteransatzes in die Blockierstellung distal von der Nadelspitze bewegbar ist, wenn die Nadel sich in ihrer zurückgezogenen Stellung befindet, wobei sowohl der Eingriff der Nadel als auch das Drücken des Abschnitts des transversen Segments (50, 98) in eine Haltebeziehung mit dem Katheteransatz in der Bereitstellung durch den Eingriff des distalen Arms (42, 112) des Nadelschutzes mit dem Nadelschaft erreicht wird; wobei der Abschnitt (46) des transversen Segments (50, 98) ein gebogener Abschnitt ist, der mit der Innenwand (36) des Katheteransatzes (26) in Haltekontakt steht, um den Eingriff des Nadelschutzes (96, 40) beim Übergang von der Bereitstellung in die Blockierstellung bei einer festen Längsposition innerhalb des Katheteransatzes zu bewerkstelligen.“

Nachfolgend wiedergegeben werden die Figuren 1A und 1B, welche der Verfügungspatentschrift entnommen wurden und bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung nach dem Verfügungspatent darstellen. Die Figuren geben jeweils Ansichten in teilweisem Querschnitt eines Sicherheits-IV-Katheters in der Bereitschafts- und Rückzugsstellung wieder.

Die Verfügungsbeklagte ist im Bereich der Medizintechnologie tätig und vertreibt neben der B GmbH unter anderem Sicherheits-IV-Katheter unter der Bezeichnung „C“ in Deutschland, welche von der D Ltd., E, hergestellt werden. Die B GmbH und die D Ltd., E, sind Verfügungsbeklagte in den einstweiligen Verfügungsverfahren mit den Aktenzeichen 4b O XXX/09 und 4b O XXX/09 vor der angerufenen Kammer sind. Als Anlage Ast 12 und 13 überreichte die Verfügungsklägerin Muster der angegriffenen Ausführungsformen 16 G und 18 G. Hinsichtlich der Ausgestaltung der angegriffenen Sicherheits-IV-Katheter 14 G bis 16 G sowie 18 G bis 24 G wird auf die überreichten Muster sowie photographischen Ablichtungen nach Anlage Ast 11 Bezug genommen. Entsprechende Exemplare stellte die Verfügungsbeklagte auf der Messe F vom XX. bis XX. November 2009 aus.

Mit einem am 13. November 2009 bei Gericht eingegangenem Antrag beantragte die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Nach Anhörung der Verfügungsbeklagten erließ die angerufene Kammer am 20. November 2009 die beantragte einstweilige Verfügung im Beschlusswege und untersagte der Verfügungsklägerin den Vertrieb der angegriffenen Sicherheits-IV-Katheter und ordnete die Herausgabe derselben an einen Gerichtsvollzieher an. Mit Datum vom 27. November 2009 legte die Verfügungsbeklagte Widerspruch ein.

Die Verfügungsklägerin meint, durch den Vertrieb der angegriffenen IV-Katheter mache die Verfügungsbeklagte von dem Gegenstand der Erfindung nach dem Verfügungspatent wortsinngemäßen Gebrauch. Die angegriffenen Ausführungsformen würden an der Nadelspitze eine Ausbeulung aufweisen. Auch sei ein transversales Segment vorhanden. Hierfür sei erfindungsgemäß nicht notwendig, dass dieses die Nadelspitze kreuze.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 20. November 2009 zu bestätigen und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 20. November 2009 aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Sie bestreitet eine Verletzung des Verfügungspatentes durch die angegriffenen Ausführungsformen. Eine Ausbeulung im Sinne der Erfindung nach dem Verfügungspatent würden die angegriffenen Ausführungsformen nicht aufweisen, da diese eine Einbuchtung aufweisen würden, welche zu einer erheblichen Querschnittsverringerung führe. Dies sei von der Erfindung jedoch nicht gewollt. Auch sei kein transversales Segment vorhanden, da der Nadelschutz parallel zum Nadelschaft verlaufe, ein transversales Segment erfindungsgemäß die Nadel jedoch kreuzen müsse.

Die Verfügungsklägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Der zulässige Widerspruch ist begründet. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben und der zugrundeliegende Antrag zurückzuweisen. Die Verfügungsklägerin vermochte im Ergebnis einen Verfügungsanspruch nicht glaubhaft zu machen. Im Einzelnen:

I.
Die Erfindung nach dem Verfügungspatent betrifft einen intravenösen (IV) Katheter. Zum Stand der Technik führt das Verfügungspatent aus, dass ein solcher Katheter aus der EP-A 0 554 841 (Anlage Ast 20) bekannt sei. Diese Kathetervorrichtung umfasse einen Katheteransatz, der an dem proximalen Ende eines rohrförmigen Katheters angebracht sei, wobei die Nadel aus einer Bereitschaftsstellung, in der sich die Nadelspitze außerhalb des Katheters befinde, in eine zurückgezogene blockierende Stellung bewegbar sei, in der sich die Nadelspitze innerhalb eines Nadelschutzes befinde, der einen proximalen Arm zum Eingreifen in einen Wulst in dem Nadelschaft umfasse, um die Entfernung der Nadel von dem Nadelschutz zu verhindern, und einen distalen Arm umfasse, in den der Nadelschaft eingreife, wenn sich die Nadel in der Bereitschaftsstellung befinde, wobei ein transversales Segment des Nadelschutzes den proximalen mit dem distalen Arm verbinde. Der distale Arm erstrecke sich von dem transversalen Segment aus und greife in die Nadel mit Abstand zur Nadelspitze ein, wenn die Nadel in der Bereitschaftsstellung sei. Der Nadelschutz sei mittels eines gebogenen Abschnitts des proximalen Arms in einem Schutzgehäuse gehalten, wobei dieser Abschnitt in einer Öffnung des Schutzgehäuses geklemmt sei, wobei der distale Abschnitt in einer Öffnung des Schutzgehäuses geklemmt sei, wobei dieser Abschnitt in einer Öffnung des Schutzgehäuses geklemmt sei, wobei der distale Arm die Nadelspitze in der blockierenden Stellung innerhalb des Schutzgehäuses blockiere. Das Schutzgehäuse greife lösbar in den Katheteransatz ein, wobei der Nadelschutz und das Hauptteil des Schutzgehäuses sich außerhalb des Ansatzes befinden.

Nachfolgend wiedergegeben ist die Figur 5a der Druckschrift, welche einen Katheter mit Nadelschutzvorrichtung zeigt.

Zum Hintergrund der Erfindung führt das Verfügungspatent weiter aus, dass IV-Katheter in erster Linie dazu verwendet werden, Fluide, welche manchmal Medizin enthalten, direkt in das Gefäßsystem eines Patienten zu leiten. Der Katheter wird durch einen im Gesundheitswesen Beschäftigten in eine Vene eines Patienten unter Verwendung einer von der Hand gehaltenen Platzierungseinrichtung eingesetzt, welche eine Nadel mit geschärfter Spitze enthält. Die Nadel wird in dem inneren hohlen Teil des Katheters positioniert, wobei sich seine Spitze geringfügig hinter die Kante des Katheters erstreckt. Das Ende der Vorrichtung gegenüber der Nadelspitze wird durch die Nadel gebildet, welche an einem Nadelansatz angeschlossen ist, welcher in der Lage ist, während des Einsetzvorganges durch den im Gesundheitswesen Beschäftigten gehalten zu werden. Das Problem des Einsetzvorganges ist – so die Verfügungspatentschrift -, dass unmittelbar nach dem Zurückziehen der Nadel aus der Vene des Patienten der im Gesundheitswesen Beschäftigte, welcher zu dieser Zeit in zumindest zwei dringende Arbeitsvorgänge eingebunden ist, die freiliegende Nadelspitze an einen nahe gelegenen Ort platzieren und sich den für das Erzielen des Nadelrückziehens erforderlichen Aufgaben zuwenden muss. Zu diesem Zeitpunkt beinhaltet die freiliegende Nadelspitze die Gefahr eines zufälligen Nadelstichs, welcher unter Umständen den im Gesundheitswesen Beschäftigten ungeschützt gegenüber der Übertragung verschiedener über Blut übertragbarer Krankheitserreger, einschließlich AIDS und Hepatitis, lässt. Diese Gefahr von zufälligen Nadelstichen für den im Gesundheitswesen Beschäftigten hat ein Bedarf für die Entwicklung eines sicheren IV-Katheters ausgelöst, bei welchem das Auftreten solcher zufälliger Nadelstiche verhindert wird. Als Stand der Technik, welcher Sicherheits-Katheter mit diesem Ergebnis zeigt, nennt das Verfügungspatent das Lemieux Abänderungspatent Nr. Re 34 416, das US-Patent 5 558 651 (Crawford), US-Patent 5 135 504 (McLees), US-Patent 5 697 907 (Gaba) und US-Patent 4 978 344 (Dombrowski).

Diese bekannten Sicherheits-IV-Katheter weisen alle Nachteile auf, so das Verfügungspatent. Der Sicherheitskatheter nach dem Lemieux-Patent habe den Nachteil, dass die zum Eingriff des Nadelschlitzes innerhalb des Flansches des Schutzes erforderliche Kraft relativ hoch sei und das Entfernen der Nadel stören würde. Ein Reduzieren der Kraft auf ein akzeptables Niveau würde bewirken, dass der Nadelschutz in dem Katheter verbleibt, nachdem die Nadel aus dem Katheter entfernt worden sei. Ein solcher Katheter würde nicht zuverlässig funktionieren. Ähnlich würde der Benutzer des IV-Katheters nach dem Dombrowksi-Patent eine beträchtliche Kraft ausüben müssen, um die Schutzkappe von dem Katheteransatz zu entfernen, wenn die Kappe in eine Nadel eingreift. Die Herstellung wäre auch wegen des Einschließens eines flexiblen Flansches und eines Haltebandes relativ teuer sein.

Als Nachteil der Schutzeinrichtung nach McLees schildert das Verfügungspatent, dass eine lästige zusätzliche Zugarbeit oder ein Ziehen des Nadelschutzes über den Rückhaltering erforderlich sei, um die geschützte Nadel von dem Katheteransatz zu entfernen. Die Einrichtung erfordere auch den Zusammenbau von zwei separaten Komponenten und sei damit relativ kostenintensiv in der Herstellung. Zusätzlich umfasse die Nadel der Einrichtung einen größeren Durchmesser in der Nähe und bei der Nadelspitze. Dies hätte zur Folge, dass der Rest der Nadel von kleinerem Durchmesser sei, was die nachteilige Wirkung des Abbremsens eines Zurückströmens des Blutes durch die Nadel haben würde.

Vor dem Hintergrund des geschilderten Standes der Technik hat es sich das Verfügungspatent zur Aufgabe gemacht, einen Sicherheits-IV-Katheter vorzusehen, der auf zuverlässige und automatische Weise eine unbeabsichtigte, versehentliche Berührung mit der Nadelspitze nach dem Gebrauch verhindert. Auch soll dieser Sicherheitskatheter relativ einfach und kostengünstig in der Herstellung sein. Hierzu schlägt das Verfügungspatent in seinem Anspruch 1 einen IV-Katheter mit folgenden Merkmalen vor:

1. Einen rohrförmigen Katheter (23),

2. eine Nadel mit einem Nadelschaft und einer Spitze, wobei in der Bereit-Stellung die Nadel innerhalb des rohrförmigen Katheters aufgenommen ist.

3. Die Nadel weist eine Ausbeulung (61) an ihrem Schaft auf,

4. ein Katheteransatz (26), der an dem proximalen Ende des rohrförmigen Katheters (24) angebracht ist;

5. der Katheteransatz weist einen Hohlraum auf, der von einer Innenwand (36) umschlossen ist;

6. die Nadel ist von der Bereit-Stellung, in der sich die Spitze außerhalb des Katheteransatzes (26) befindet, in eine zurückgezogene Blockier-Stellung bewegbar, in welcher sich die Spitze innerhalb des Hohlraums des Katheteransatzes (26) befindet.

7. Der Nadelschutz umfasst,

a) einen proximalen, vertikalen Arm (54, 106) der mit der Ausbeulung (61) am Nadelschaft in Eingriff tritt, um ein Herausziehen aus dem Nadelschutz (96, 40) zu verhindern,

b) einen distalen Arm (42, 112), der mit dem Nadelschaft in Eingriff steht, wenn die Nadel in der Bereit-Stellung ist;

c) einen Abschnitt (46) eines transversen Segmentes (50, 98) des Nadelschutzes (96, 40), das den proximalen Arm (54, 106) und den distalen Arm (42, 112) verbindet und von dem Nadelschaft in eine Haltebeziehung innerhalb des Katheteransatzes (26) gedrückt wird, wenn sich die Nadel in der Bereit-Stellung befindet;

d) der distale Arm (42, 112) erstreckt sich von dem transversen Segment (98) und steht in einem Abstand von der Nadelspitze mit de(m) Nadel(schaft) in Eingriff, wenn die Nadel in der Bereit-Stellung (ist) und (ist) innerhalb des Hohlraumes des Katheteransatzes in die Blockier-Stellung distal von der Nadelspitze bewegbar, wenn sich die Nadel in ihrer zurückgezogenen Stellung befindet,

aa) wobei der Eingriff der Nadel als auch das Drücken des Abschnitts des transversen Segmentes (50, 98) in eine Haltebeziehung mit dem Katheteransatz in der Bereit-Stellung durch den Eingriff des distalen Armes (42, 112) des Nadelschutzes mit dem Nadelschaft erreicht wird,

bb) wobei der Abschnitt (46) des transversen Segments (50, 98) ein gebogener Abschnitt ist, der mit der Innenwand (36) des Katheteransatzes (26) in Haltekontakt steht, um den Eingriff des Nadelschutzes (96, 40) beim Übergang von der Bereit-Stellung in die Blockier-Stellung bei einer festen Längsposition innerhalb des Katheteransatzes zu bewerkstelligen.

2.
Unabhängig von der Frage der Verwirklichung des zwischen den Parteien streitigen Merkmals 3., machen die angegriffenen Ausführungsformen jedenfalls von der Merkmalsgruppe 7 keinen Gebrauch, da die angegriffenen Ausführungsformen kein transverses Segment im Sinne des Verfügungspatentes aufweisen.

Erfindungsgemäß soll ein Abschnitt eines transversen Segmentes des Nadelschutzes den distalen mit dem proximalen Arm verbinden. Gleichzeitig wird dieser Abschnitt des transversen Segmentes von dem Nadelschaft in eine Haltebeziehung innerhalb des Katheteransatzes gedrückt, wenn sich die Nadel in der Bereit-Stellung befindet (Merkmal 7.c)). In Merkmal 7.d) wird weiter ausgeführt, dass sich der distale Arm von dem transversen Segment erstreckt. Weiter steht der Abschnitt des transversen Segments, der gebogen ist, mit der Innenwand des Katheteransatzes in Haltekontakt, um den Eingriff des Nadelschutzes beim Übergang von der Bereit-Stellung in die Blockier-Stellung bei einer festen Längsposition innerhalb des Katheteransatzes zu bewerkstelligen (Merkmal 7.d.bb.). Das transverse Segment hat daher die Funktion der Verbindung des distalen Armes mit dem proximalen Arm. Gleichzeitig soll über das transverse Segment der Übergang des Nadelschutzes von der Bereit- in die Blockier-Stellung bewirkt werden.

Zur Frage der Ausgestaltung des transversen Segmentes macht das Verfügungspatent keine näheren Angaben. In den zeichnerischen Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen, welche teilweise im Tatbestand wiedergegeben sind, wird das transverse Segment mit den Bezugszeichen 50 (Figur 1A und 1B) und 98 (Figur 2A und 2B) als ein schräg/quer, den Nadelschaft kreuzendes Bauteil gezeigt. Als schräg/quer wird auch im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff transvers verstanden. Lediglich in der von der Verfügungspatentschrift als Stand der Technik in Bezug genommenen europäischen Patentanmeldung 0 554 841, deren Figur 5a einleitend wiedergegeben wurde, wird von dem Verfügungspatent das Bauteil 58 als transverses Segment ein in der Bereit-Stellung zum Nadelschaft paralleles Segment beschrieben.

Auf Grund der Aufgabenstellung der Erfindung nach dem Verfügungspatent, eine einfache und kostengünstige Herstellung eines Nadelschutzes, sowie der gewünschten erfindungsgemäßen Funktion des Nadelschutzes, wonach der Nadelschutz automatisch in eine Blockier-Stellung gelangen soll, wenn die Nadel aus dem Katheteransatz herausgezogen wird, gelangt der Fachmann zu der Auffassung, dass ein transverses Segment erfindungsgemäß quer verlaufen muss.

Der Fachmann erkennt, dass auf Grund der Aufgabenstellung, einer einfachen und kostengünstigen Herstellung eines Sicherheits-IV-Katheters, die in dem einzigen Patentanspruch des Verfügungspatentes beschriebene Ausgestaltung für einen erfindungsgemäßen Sicherheits-IV-Katheter abschließend sein soll. Denn weitere Bauteile würden einer einfachen und kostengünstigen Herstellung entgegen stehen. Entsprechend beschreibt der Patentanspruch des Verfügungspatentes die Ausgestaltung eines erfindungsgemäßen IV-Katheters umfänglich. So weist dieser einen rohrförmigen Katheter, eine Nadel mit einem Nadelschaft und einen Katheteransatz auf (Merkmale 1 bis 5). In der Merkmalsgruppe 7 wird dann der erfindungsgemäße Nadelschutz näher beschrieben. Dieser weist einen proximalen vertikalen Arm und einen distalen Arm auf. Diese werden über einen Abschnitt des transversen Segmentes miteinander verbunden. Gleichzeitig wird dieser Abschnitt des transversen Segmentes des Nadelschutzes von dem Nadelschutz in eine Haltebeziehung innerhalb des Katheteransatzes gedrückt, wenn sich die Nadel in der Bereit-Stellung befindet. Über einen gebogenen Abschnitt des transversen Segmentes, welcher mit der Innenwand des Katheteransatzes in Haltekontakt steht, wird der Eingriff des Nadelschutzes über die Nadel beim Übergang von der Bereit-Stellung in die Blockier-Stellung bewerkstelligt.

Der Fachmann sieht, dass der erfindungsgemäß vorgesehene automatische Übergang des Nadelschutzes von der Bereit- in die Blockier-Stellung auf Grund der in dem Patentanspruch beschriebenen Ausgestaltung des Sicherheits-IV-Katheters nur dann erzielt wird, wenn das transverse Segment, entsprechend des üblichen Sprachgebrauches, den Nadelschaft kreuzt. Denn über den Verlauf des transversen Segmentes quer zum Nadelschaft diesen kreuzend, wird die erforderliche Spannung hergestellt, um einen automatischen Übergang des Nadelschutzes von der Bereit-Stellung in die Blockier-Stellung bei Herausziehen der Nadel aus dem Katheteransatz zu ermöglichen. Entsprechend wird auch in den Ausführungsbeispielen des Verfügungspatentes, welche in den Absätzen [0021] bis [0024] beschrieben werden, als transverses Segment ein Bauteil gezeigt, welches quer zum Nadelschaft verläuft. Bei einem parallel zum Nadelschaft verlaufendem Segment würde diese technisch notwendige Spannung nur durch zusätzliche Maßnahmen erzielt werden, wie dies auch in der EP-A 554 841 gezeigt ist. Dort ist der gezeigte Federclip-Nadelschutz über das Segment 61 zwischen die Bauteile 64 und 42 des Schutzgehäuses eingespannt, um die für einen Übergang des Nadelschutzes von der Bereit- in die Blockier-Stellung notwendige Spannkraft des Federclips herzustellen. Entsprechend werden bei den angegriffenen Ausführungsformen, bei denen der proximale und der distale Arm über ein parallel zum Nadelschaft verlaufendes Segment verbunden werden, die Nadelschutzbestandteile über einen elastischen Gummiring zusammengehalten, der die notwendige Spannkraft bewirkt. Der Fachmann erkennt daher, dass zur Verwirklichung der erfindungsgemäßen Funktion des automatischen Überganges des Nadelschutzes von einer Bereit-Stellung in eine Blockier-Stellung beim Herausziehen der Nadel aus dem Katheteransatz eine Spannung/Federkraft vorhanden sein muss. Dies kann – wie im Stand der Technik (EP-A 554 841) gezeigt – durch ein Einklemmen des proximalen Armes in das Schutzgehäuse erfolgen oder – wie erfindungsgemäß gezeigt – durch ein quer verlaufendes, den Nadelschaft kreuzendes Segment. Da jedoch das Verfügungspatent in seinem Patentanspruch die konkrete Ausgestaltung des IV-Katheters bestimmt, d.h. einen rohrförmigen Katheter, eine Nadel, einen Katheteransatz sowie einen Nadelschutz, der in der Merkmalsgruppe 7 näher beschrieben wird, sieht der Fachmann vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung der Herstellung eines einfachen Nadelschutzes, dass die Herstellung der notwendigen Spannung durch die im Patentanspruch beschriebenen Bestandteile des IV-Katheters, insbesondere des Nadelschutzes selbst erfolgen soll. Solches kann mangels Offenbarung weiterer Lösungen nur über ein quer verlaufendes Segment (50, 98) erfolgen. Die Verfügungsklägerin hat zwar insoweit vorgetragen, dass der gebogene Abschnitt des transversen Segmentes ausreichen würde, um die erforderliche Spannkraft herzustellen. Wie dies erfolgen soll, hat sie jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Denn allein ein gebogener Abschnitt des den distalen und proximalen Arm verbindenden, parallel zum Nadelschaft verlaufenden Segments, vermag diese Spannung nicht zu bewirken. Denn der gebogene Abschnitt eines solchen Segmentes mag zwar in Haltekontakt mit der Innenwand des Katheteransatzes stehen, wenn sich zugleich der distale Arm des Nadelschutzes in der Bereit-Stellung befindet. Wird jedoch die Nadel aus dem Katheteransatz herausgezogen, ist nicht zu erkennen, wie der gebogene Abschnitt des Segmentes automatisch einen Übergang des Nadelschutzes durch den distalen Arm in eine Blockier-Stellung bewirken soll, ohne zusätzliche, die Spannkraft aufbauende Maßnahmen, wie dies auch in der EP-A 554 841 gezeigt wird.

Da bei den angegriffenen Ausführungsformen das von der Klägerin in der Anlage Ast 13 als transverses Segment bezeichnete Bauteil nicht quer, die Nadel kreuzend, verläuft, machen diese von der Merkmalsgruppe 7 und somit von der Lehre nach dem Verfügungspatent keinen Gebrauch, so dass die einstweilige Verfügung vom 20. November 2009 und der zugrundeliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Vorliegens eines Verfügungsanspruches zurückzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert beträgt 500.000,- EUR.