Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2788
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Juli 2018, Az. 4c O 42/18
- 1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. - Tatbestand
- Die Klägerin begehrt Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Rückruf, Vernichtung und Schadensersatzfeststellung bezüglich Vorrichtungen der Beklagten. Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 2 443 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent, Anlage rop WK 1), das unter Inanspruchnahme der Priorität der italienischen Patentanmeldung IT BO 20100XXX vom 20.10.2011 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 25.04.2012 und der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents am 02.07.2014 veröffentlicht.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung und korrespondierende Verfahren, um Zusatzelemente an ein Fasermaterial auf einer Maschine zur Herstellung von Rauchartikeln zuzuführen. Anspruch 1 des Klagepatents in der englischen Verfahrenssprache lautet:
A feed unit (24) for feeding additive elements (25) to fibrous material on a machine (1) for producing smoking articles; the feed unit (24) comprising:
a hopper (26) containing a mass of additive elements (25) and having a bottom outlet (27); and a transfer device (28) which, at the input, withdraws the additive elements (25) successively from the outlet (27) of the hopper (26), and, at the output,
deposits the additive elements (25) successively into the fibrous material;
the feed unit (24) being characterized in that,
between the input and output, the transfer device (28) increases the spacing between consecutive additive elements (25), so as to withdraw the additive elements (25) from the hopper (26) with a pickup spacing (P1), and deposit the additive elements (25) into the fibrous material with an out-feed spacing (P2) greater than the pickup spacing (P1). - Die deutsche Übersetzung nach dem Klagepatent lautet:
Eine Zuführeinheit (24) zum Zuführen von Zusatzelementen (25) zu einem Fasermaterial auf einer Maschine (1) zum Herstellen von Rauchwaren, wobei die Zuführeinheit (24) umfasst:
einen Trichter (26), der eine Masse von Zusatzelementen (25) enthält und einen Bodenauslass (27) aufweist, sowie eine Übertragungsvorrichtung (28), die die Zusatzelemente (25) am Einlass nacheinander aus dem Auslass (27) des Trichters (25) entnimmt und die die Zusatzelemente (25) am Auslass der Übertragungsvorrichtung (28) nacheinander im Fasermaterial ablegt, und die Zuführeinheit (24) ist dadurch gekennzeichnet, dass die Übertragungsvorrichtung (28) umfasst:
eine Aufnahmetrommel (29), die mit dem Auslass (27) des Trichters (26) in Eingriff steht und eine Anzahl von ersten umfänglichen Saugsitzen (31) zum Aufnehmen der Zusatzelemente (25) aufweist und mit einem Aufnahmeabstand (P1) beabstandet ist, und eine Abführtrommel (32), die mit dem Fasermaterial in Eingriff steht und eine Anzahl von zweiten umfänglichen Saugsitzen (34) zum Aufnehmen der Zusatzelemente (25) aufweist und mit einem Abführabstand (P2) beabstandet ist,
wobei der Abführabstand (P2) größer ist als der Aufnahmeabstand (P1), so- dass die Übertragungsvorrichtung (28) zwischen dem Einlass und dem Auslass den Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Zusatzelementen (25) durch Entnehmen der Zusatzelemente (25) aus dem Trichter (26) mit dem Aufnahmeabstand (P1) und Ablegen der Zusatzelemente (25) im Fasermaterial mit dem Abführabstand (P2) erhöht. - Nachstehende Zeichnungen sind der Klagepatentschrift entnommen. Sie zeigen jeweils eine Zuführeinheit für Zusatzelemente. Figur 4 zeigt dabei eine perspektivische Ansicht und Figur 5 eine Vorderansicht der in Figur 4 dargestellten Vorrichtung.
Die Zusatzelemente (25) werden in dem oberen Trichter (26) vorgehalten und unten, nach Durchlaufen der letzten Trommel (32), dem Fasermaterial in dessen Zuführlinie (4) zugeführt. Der Trichter (26) weist einen Bodenauslass (27) auf, welcher sich dadurch auszeichnet, dass die Zusatzelemente durch diesen Auslass aus dem Trichter austreten und zur Übertragungsvorrichtung gelangen können. Die Aufnahmetrommel weist eine Anzahl von umfänglichen Saugsitze (31) zum Aufnehmen der Zusatzelemente auf. - Die Beklagte bietet Zuführvorrichtungen für die Tabakproduktion unter den Bezeichnungen D BC, ABC und ABC-M (im Folgenden: angegriffene Ausführungsformen) an. Bei dem D BC handelt es sich um eine Weiterentwicklung des A B C (ABC) der Beklagten, welche in der Publikation „HiLite“ (Anlage rop WK 7) dargestellt wird. Mittels dieser Publikation wurden die Modelle bundesweit beworben. Zudem hält die Beklagte diese Publikationen auf ihrer Website uneingeschränkt zum Download bereit. Wegen des konkreten Inhalts der Publikation wird auf die zuvor benannte Anlage Bezug genommen. Speziell das Modell ABC-M ist in Zweistrang-Filtermaschinen einsetzbar.
Nachfolgend wiedergegeben sind von der Klägerin stammende Lichtbilder der angegriffenen Ausführungsformen.
Das folgende Lichtbild veranschaulicht den Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen ABC und ABC-M. Es ist insbesondere zu erkennen, dass ein Schlauch von einem mit den Zusatzelementen befüllten Vorratsbehälter zu den beiden Trommeln führt (gelber Pfeil).
Nachstehendes Lichtbild zeigt den Aufbau des D BC. Er beinhaltet insgesamt sechs Trommeln, über die die mittels eines Schlauchs aus dem Vorratsbehälter geleiteten Zusatzelemente an das Filtermaterial abgegeben werden.
Die Beklagte hat am 05.03.2013 das Patent EP 2 636 XXX (Anlage WK HL3) angemeldet, das eine Vorrichtung zum Einlegen eines oder mehrerer Objekte in eine Filterkomponente eines Tabakstocks und Maschine der Tabak verarbeitenden Industrie betrifft. Wegen der näheren Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Lehre wird vollumfänglich auf vorgenannte Anlage verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 20.12.2017, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat die hiesige Klägerin als Beklagte in dem bei der Kammer auch rechtshängigen Verfahren, Az. 4c O 16/17, Widerklage gegen die hiesige Beklagte und dortige Klägerin erhoben. Die Kammer hat die Widerklage mit Beschluss vom 19.06.2017 abgetrennt und in das vorliegende Verfahren übergeleitet.
Die Klägerin meint, die Beklagte mache wortsinngemäß von der erfindungsgemäßen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Hierzu behauptet sie, die in allen angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen Trommeln würden Saugsitze aufweisen, die die Zusatzelemente aus dem Auslass des Trichters aufnehmen und von dort in Richtung des Filtermaterials weitergeben würden. - Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,
Zuführeinheiten zum Zuführen von Zusatzelementen zu einem Fasermaterial auf einer Maschine zum Herstellen von Rauchwaren,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entwe-der einzuführen oder zu besitzen,
wobei die Zuführeinheiten einen Trichter, der eine Masse von Zusatzelementen enthält und einen Bodenauslass aufweist, sowie eine Übertra-gungsvorrichtung, die die Zusatzelemente am Einlass nacheinander aus dem Auslass des Trichters entnimmt und die die Zusatzelemente am Auslass der Übertragungsvorrichtung nacheinander im Fasermaterial ablegt, umfassen und
die Zuführeinheiten dadurch gekennzeichnet sind, dass die Übertragungsvorrichtung jeweils eine Aufnahmetrommel, die mit dem Auslass des Trichters in Eingriff steht und eine Anzahl von ersten umfänglichen Saugsitzen zum Aufnehmen der Zusatzelemente aufweist und mit einem Aufnahmeabstand beabstandet ist, und eine Abführtrommel, die mit dem Fasermaterial in Eingriff steht und eine Anzahl von zweiten umfänglichen Saugsitzen zum Aufnehmen der Zusatzelemente aufweist und mit einem Abführabstand (P2) beabstandet ist, umfasst,
wobei der Abführabstand (P2) größer ist als der Aufnahmeabstand (P1), sodass die Übertragungsvorrichtungen zwischen dem Einlass und dem Auslass den Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Zusatzelementen durch Entnehmen der Zusatzelemente aus dem Trichter mit dem Aufnahmeabstand (P1) und Ablegen der Zusatzelemente im Fasermaterial mit dem Abführabstand (P2) erhöhen;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zulegen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 02.08.2014 begangen hat, und zwar unter Angabe
a. der Herstellungsmengen und -zeiten,
b. der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer und der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) Rechnungen und für den Fall, dass keine Rechnungen vorhanden sind, Lieferscheine vorzulegen hat,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;
3. die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 02.08.2014 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 2 443 XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und ihnen für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe verbindlich zugesagt wird;
4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der Beklagten an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 02.08.2014 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. - Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. - Sie ist der Ansicht, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch machen würden. Insoweit behauptet sie, dass die in den angegriffenen Ausführungsformen enthaltenen Vortexräder keine Aufnahmetrommeln im Sinne des Klagepatents seien. Die Zusatzelemente würden, was unstreitig ist, in sie hinein geführt und sodann aufgrund der Fliehkraft in die Durchgangsbohrungen im äußeren Rand des Rades bewegt. Dort würden sie nur aufgrund der äußeren Abdeckung solange gehalten, bis sie über eine Öffnung an der dafür vorgesehenen Stelle in das Einlegerad abgegeben würden.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen. - Entscheidungsgründe
- A.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche wegen der behaupten Verletzung des Klagepatents nicht zu. Die Beklagte verletzt das Klagepatent mit ihren angegriffenen Ausführungsformen, den Maschinenmodellen ABC/ABC-M und D CI nicht.
a.
Das Klagepatent beschreibt in seinen Absätzen [0005]ff. als Stand der Technik Vorrichtungen zum Zuführen von Zusatzelementen, die aus einem mit den Zusatzelementen befüllten Trichter mit Bodenauslass und einer Trommel bestehen. Die Geschwindigkeit, in der Zusatzelemente wie z.B. (Menthol-) Kapseln zugeführt werden können, hängt von der Geschwindigkeit ab, mit welcher das Filtermaterial bewegt wird. Die Trommel ist so ausgestaltet, dass sie die Zusatzelemente in die umfänglich ausgebildeten Saugsitze aufnimmt und anschließend an das Filtermaterial abgibt. Konkreten Bezug nimmt das Klagepatent auf die britische Schrift GB1585761, die eine solche Zuführeinheit schon offenbart. Das Dokument US2007068540A1 offenbart eine Zuführeinheit, wie sie im Oberbegriff der unabhängigen Ansprüche 1 – 15 des Klagepatents beschrieben wird. Das Klagepatent kritisiert an der offenbarten Lehre, dass die Vorrichtungen bei höheren Geschwindigkeiten problemanfällig sind. Die Entnahme der Zusatzelemente aus dem Auslass des Trichters erschwert sich.
Das Klagepatent schlägt zur Lösung in seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung vor, die folgende Merkmale aufweist:
1. eine Zuführeinheit (24) zum Zuführen von Zusatzelementen (25) zu einem Fasermaterial auf einer Maschine (1) zum Herstellen von Rauchwaren, wobei die Zuführeinheit (24) umfasst:
2. einen Trichter (26), der eine Masse von Zusatzelementen (25) enthält und
2.1 einen Bodenauslass (27) aufweist, sowie
3. eine Übertragungsvorrichtung (28),
3.1 die die Zusatzelemente (25) am Einlass nacheinander aus dem Auslass (27) des Trichters (25) entnimmt und
3.2 die die Zusatzelemente (25) am Auslass der Übertragungsvorrichtung (28) nacheinander im Fasermaterial ablegt, und
3.3 die Zuführeinheit (24) ist dadurch gekennzeichnet, dass die Übertragungsvorrichtung (28) umfasst:
eine Aufnahmetrommel (29), die mit dem Auslass (29) des Trichters (26) in Eingriff steht und eine Anzahl von ersten umfänglichen Saugsitzen (31) zum Aufnehmen der Zusatzelemente (25) aufweist und mit einem Aufnahmeabstand (P1) beabstandet ist, und
3.4 eine Abführtrommel (32), die mit dem Fasermaterial in Eingriff steht und eine Anzahl von zweiten umfänglichen Saugsitzen (34) zum Aufnehmen der Zusatzelemente (25) aufweist und mit einem Abführabstand (P2) beabstandet ist,
4. wobei der Abführabstand (P2) größer ist als der Aufnahmeabstand (P1), sodass die Übertragungsvorrichtung (28) zwischen dem Einlass und dem Auslass den Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Zusatzelementen (25) durch Entnehmen der Zusatzelemente (25) aus dem Trichter (26) mit dem Aufnahmeabstand (P1) und Ablegen der Zusatzelemente (25) im Fasermaterial mit dem Abführabstand (P2) erhöht.
b.
Zwischen den Parteien ist im Hinblick auf den aus dem Klagepatent geltend gemachten Anspruch 1 lediglich das Merkmal 3.3 streitig. Dieses wird durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht verwirklicht.
aa.
Merkmal 3.3 sieht eine Zuführeinheit vor, die unter anderem dadurch gekennzeichnet ist, dass die Übertragungsvorrichtung eine Aufnahmetrommel umfasst, die eine Anzahl von ersten umfänglichen Saugsitzen zum Aufnehmen der Zusatzelemente aufweist.
bb.
Unter einem Saugsitz versteht der Fachmann eine Vorrichtung, bei der die Kombination aus ihrer Formgebung und einwirkendem Unterdruck bewirken, dass Zusatzelemente vorübergehend festgehalten werden können. Der Fachmann versteht eine solche Vorrichtung so, dass ein Körper auf einer anderen Oberfläche zum Zwecke des Transports nur aufliegt/aufsitzt, und jedenfalls keine so große Öffnung vorhanden ist, durch die er sich gänzlich hindurchbewegen könnte. Für diese Auslegung der Saugsitze spricht bereits der Wortlaut der englischen Fassung des Klagepatents. Denn dort wird der Begriff „suction seat“ benutzt, wobei „suction“ mit Sog, Ansaugen übersetzt wird. Daraus ist für den Fachmann ersichtlich, dass die Zusatzelemente aufgrund einwirkender Kraft in den Sitzen gehalten werden und der wirkenden Fliehkraft somit entgegengesteuert wird.
Dass die Zusatzelemente auf der Aufnahmetrommel bzw. allen patentgemäßen Trommeln nur aufsitzen sollen, ergibt sich auch aus den Zeichnungen in der Patentschrift. Zwar handelt es sich bei den zeichnerischen Darstellungen nur um bevorzugte Ausführungsformen, die nicht zu einer einschränkenden Auslegung des Patents führen dürfen. Dennoch offenbaren die Figuren 4 bis 10 insbesondere für die Zwischentrommel (35), dass die Zusatzelemente dort nur aufliegen und keinesfalls vollständig von der Trommel in ihr Inneres aufgenommen worden sind, denn die rundlich dargestellten Zusatzelemente sind vollständig zu erkennen. Diese Offenbarung gilt für aufgrund der identischen Funktionsweise für alle in der Übertragungsvorrichtung enthaltenen Trommeln. Der Patentschrift sind an keiner Stelle Hinweise darauf zu entnehmen, dass mit „Saugsitz“ auch Öffnungen bezeichnet werden sollen, die Zusatzelemente gänzlich aufnehmen könnten.
bb.
Aus Vorstehendem folgt für die angegriffenen Ausführungsformen, dass sie das Klagepatent nicht, insbesondere nicht in seinem Anspruch 1, Merkmal 3.3 verletzen. Dahingestellt bleiben kann, wie weitreichend der Begriff „Trichter“ zu verstehen ist und welche Elemente der Vorrichtung zu diesem hinzuzuzählen sind. Denn jedenfalls weisen die Trommeln bzw. Vortexräder der angegriffenen Ausführungsform keine Saugsitze auf.
Die Zusatzelemente werden dort nicht mittels einwirkenden Unterdrucks auf einer Trommel gehalten, sondern aufgrund der Fliehkraft vollständig durch die unstreitig vorhandenen Dosierungsöffnungen (= Abgabetaschen) des Vortexrades hindurch befördert. Dabei werden die Zusatzelemente solange in dem Rad gehalten, bis sie an der dafür vorgesehenen Stelle zur weiteren Verarbeitung ebenfalls nur aufgrund der einwirkenden Fliehkraft wieder nach draußen transportiert werden, weil das Vortexrad eine äußere Abdeckung aufweist. Deshalb sind die angegriffenen Ausführungsformen aufgrund der auf dem Rad angeordneten Durchbohrungen nicht nur schon körperlich anders aufgebaut. Es sind auch andere physikalische Kräfte, die sich diese Vorrichtungen im Gegensatz zur erfindungsgemäßen Lehre zunutze machen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich auch nicht aus dem seitens der Beklagten angemeldeten und auf eine Vorrichtung zum Einlegen eines oder mehrerer Objekte in eine Filterkomponente bezogenen Patent EP 2 636 XXX herleiten, dass die Vorrichtungen der angegriffenen Ausführungsform als Saugsitze anzusehen sind. Denn unabhängig davon, dass der Verletzungsprüfung ausschließlich die angegriffene Ausführungsform zugrunde zu legen ist, weshalb schon unerheblich ist, welche möglichen bevorzugten Ausführungsbeispiele zur Gestaltung der Abgabetaschen in der Patentanmeldung der Beklagten vorgesehen sind, sind die in der angegriffenen Ausführungsform beinhalteten Abgabetaschen ohnehin nicht mit den Saugsitzen im Sinne des Klagepatents gleichzusetzen.
Unter einer Abgabetasche versteht der Fachmann eine Vorrichtung, die geeignet ist, einen anderen Gegenstand zu einem überwiegenden Teil oder gar vollständig in ihr Inneres aufzunehmen. Schon das philologische Verständnis von Tasche bedeutet, dass die Vorrichtung zum Unterbringen von Dingen bestimmt ist. Demnach vermögen Taschen oder auch Öffnungen im Gegensatz zu Saugsitzen schon aufgrund ihrer körperlichen Ausgestaltung in Kombination mit der Zentrifugalkraft Gegenstände aufzunehmen und ihnen einen sichere Position zu vermitteln. Dies ist bei Saugsitzen gerade nicht der Fall. - 2.
Mangels rechtswidriger Benutzungshandlung, die zu unterlassen wäre, hat die Klägerin auch keinen Erfolg mit den weiteren Ansprüchen. - B.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO. - Streitwert: 250.000,- Euro