Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Mai 2010, Az. 4a O 8/10
I. Die einstweilige Verfügung vom 15.01.2010 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 13.01.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Verfügungsklägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 077 XXX B1 (im Folgenden: Verfügungspatent). Das Verfügungspatent wurde am 16.04.1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 19822XXX vom 19.05.1998 von der Deutschen Telekom AG, 53113 Bonn, in deutscher Verfahrenssprache angemeldet. Die Veröffentlichung der Erteilung des Verfügungspatents erfolgte am 06.06.2007. Am 28.08.2008 wurde das Verfügungspatent von der Deutschen Telekom AG auf die Verfügungsklägerin umgeschrieben.
Der deutsche Teil des Verfügungspatents ist in Kraft. Zwar wurde gegen die Erteilung des Verfügungspatents unter anderem durch die Verfügungsbeklagte Einspruch erhoben. Jedoch hat die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes das Verfügungspatent in einer mündlichen Verhandlung vom 12.01.2010 beschränkt aufrecht erhalten, wobei sich die Beschränkung allein daraus ergibt, dass in Spalte 15, Z. 11 (zu Anspruch 1) und in Spalte 17, Z. 24 (zu Anspruch 15) jeweils das Wort „Übertragen“ durch Voranstellen des Wortes „Funk“ in „Funk-Übertragen“ geändert wurde.
Das Verfügungspatent trägt die Bezeichnung „System zur Überwachung von Atemschutzgeräteträgern“. Sein Patentanspruch 1 lautet in der durch das Europäische Patentamt aufrecht erhaltenen Fassung:
„Überwachungssystem zum Überwachen wenigstens eines Atemschutzgeräte-Trägers, umfassend
– wenigstens ein mit jeweils einem Pressluftatmer (22) verbindbares Mobilteil (21),
– wenigstens einen dem Mobilteil (21) zugeordneten Sensor (42, 44, 46, 48) zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere Zustandsdaten des Pressluftatmers,
– eine Basisstation (20), die über eine drahtlose Verbindung mit dem Mobilteil (21) kommunizieren kann,
– wobei das Mobilteil (21) eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (5, 10) aufweist, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt, und wobei die Basisstation (20) eine Funkempfangsvorrichtung (120, 122) zum Empfangen der vom Mobilteil (21) ausgesendeten Zustandsdaten aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Mobilteil (21) eine Funksendeeinrichtung (60, 62) zum Übertragen der erfassten Zustandsdaten der Basisstation (20) und
eine zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils (21) an der Basisstation (20) aufweist, und dass die Basisstation (20) eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (152, 154, 156, 160) aufweist, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt.“
Des Weiteren hat die Einspruchsabteilung Patentanspruch 15 des Verfügungspatents in folgender Fassung aufrecht erhalten:
„Mobile Überwachungsvorrichtung zum Einsatz in einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 14, welche an einen Pressluftatmer (22) anbringbar ist, mit
– einer zentralen Steuereinrichtung (30), die mit wenigstens einem Sensor (42, 44, 46, 48) zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere von Zustandsdaten eines Pressluftatmers, verbindbar ist, und
– einer Warn- und/oder Alarmeinrichtung (5, 10), die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
gekennzeichnet durch
– eine Funksendeeinrichtung (60, 62) zum drahtlosen Übertragen der erfassten Zustandsdaten zu einer Basisstation (20), wobei die zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteil (21) an der Basisstation (20) ausgebildet ist.
Der durch die Verfügungsklägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 19 lautet:
„Basisstation zum Einsatz in einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 14, mit einer Funkempfangsvorrichtung (120) zum Empfangen der von einem an einen Pressluftatmer (21) angeordneten Mobilteil (21) ausgesendeten Zustandsdaten,
gekennzeichnet durch,
eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (5, 154, 156, 160), die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
eine Anzeigevorrichtung (170) zum Darstellen der Zustandsdaten aller an der Basisstation (20) angemeldeten Mobilteile (21), und
eine Einrichtung zum An- und Abmelden eines Mobilteils (21) über die Funkempfangsvorrichtung (120).“
Die Verfügungsbeklagte bietet auf ihrer Internetseite www.A.de als Zubehör für Pressluftatmersysteme ein als „alpha Personal Network“ bezeichnetes System an (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform), welches sich anhand der durch die Verfügungsklägerin als Anlage EVK 8 vorgelegten Abbildung wie folgt darstellen lässt:
Zentraler Bestandteil dieses Systems ist das mobile Überwachungs- und Warngerät B, welches vom Träger des Pressluftatmers getragen wird und einen Drucksensor (Manometer), einen Minicomputer, einen Bewegungssensor und einen Alarmgeber aufweist.
Dem B ist über eine Kurzstreckenfunkverbindung ein als C bezeichneter Sensor zugeordnet, der auf der Trageplatte des Pressluftatmers sitzt und im Sekundenabstand Druckluftdaten an den B sendet.
Optional kann dem B über eine drahtlose Verbindung das am Helm tragbare Display D zugeordnet werden, das die Ablesung von Zustandsdaten des Pressluftatmers und die Wiedergabe von Alarmsignalen am Rand des Blickfeldes der Einsatzperson ermöglicht.
Der B kommuniziert mit dem Funkempfänger E, der in Verbindung mit einem handelsüblichen PC als Basisstation eingesetzt wird. Dabei bietet die Verfügungsbeklagte hierzu auch verschiedene eigene
Rechnermodelle (F) und eine spezielle Software (G) an.
Zu den von der Verfügungsbeklagten angebotenen Teilen gehört des Weiteren ein als H bezeichnetes Zubehörteil, mittels dessen ein B personalisiert werden kann, und das hierzu mittels eines sogenannten I programmierbar ist.
Die Verfügungsbeklagte bietet die Komponenten des Systems einzeln und in verschiedenen Kombinationen an, wobei zum Basisteil E stets die Software mitgeliefert wird.
Nach Auffassung der Verfügungsklägerin macht die Verfügungsbeklagte dadurch von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere verfüge die angegriffene Ausführungsform auch über wenigstens ein jeweils mit einem Pressluftatmer verbindbares Mobilteil (21), welches eine zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils (21) an der Basisstation (20) aufweise. Darüber hinaus habe die Verfügungsklägerin auch ein berechtigtes Interesse am Erlass einer einstweiligen Verfügung, da sie soeben dabei sei, ein neues, nach dem Verfügungspatent arbeitendes telemetrisches Überwachungssystem mit der Bezeichnung IRIS über ihre europäische Vertriebsorganisation auch in den deutschen Markt einzuführen. Zudem habe die Verfügungsklägerin zwar vor Einreichung des Verfügungsantrages Kenntnis von dem beanstandeten Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform gehabt. Es sei ihr jedoch erst nach der Entscheidung des Europäischen Patentamtes im Einspruchsverfahren möglich und zumutbar gewesen, einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einzureichen. Erst im Rahmen des Einspruchsverfahrens sei nunmehr durch einen sachkundigen Spruchkörper in einem streitigen Verfahren bestätigt worden, dass das Verfügungspatent rechtsbeständig sei.
Sie hat daher mit Schriftsatz vom 13.01.2010 beim Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Die Kammer hat der Verfügungsbeklagten daraufhin mit Beschluss vom 15.01.2010 unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
a) Überwachungssysteme zum Überwachen wenigstens eines Atemschutzgeräte-Trägers, umfassend
– wenigstens ein mit jeweils einem Pressluftatmer verbindbares Mobilteil,
– wenigstens einen dem Mobilteil zugeordneten Sensor zum Erfassen von Zustandsdaten des Pressluftatmers,
– eine Basisstation, die über eine drahtlose Verbindung mit dem Mobilteil kommunizieren kann,
– wobei das Mobilteil eine Alarmeinrichtung aufweist, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt, und wobei die Basisstation eine Funkempfangsvorrichtung zum Empfangen der vom Mobilteil ausgesendeten Zustandsdaten aufweist,
in Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn das Mobilteil eine Funksendeeinrichtung zum Übertragen der erfassten Zustandsdaten zur Basisstation und eine zentrale Steuereinheit zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils an der Basisstation aufweist, und die Basisstation eine Alarmeinrichtung aufweist, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
und/oder
b) mobile Überwachungsvorrichtungen zum Einsatz in einem vorstehend unter a) beschriebenen Überwachungssystem, welche an einen Pressluftatmer anbringbar sind, mit
– einer zentralen Steuereinrichtung, die mit wenigstens einem Sensor zum Erfassen von Zustandsdaten eines Pressluftatmers verbindbar ist, und
– einer Alarmeinrichtung, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
in Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen
mit einer Funksendeeinrichtung zum drahtlosen Übertragen der erfassten Zustandsdaten zu einer Basisstation, wobei die zentrale Steuereinheit zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils an der Basisstation ausgebildet ist,
und/oder
c) Basisstationen zum Einsatz in einem vorstehend unter a) beschriebenen Überwachungssystem mit einer Funkempfangseinrichtung zum Empfangen der von einem an einen Pressluftatmer angebrachten Mobilteil ausgesendeten Zustandsdaten
in Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen
mit einer Alarmeinrichtung, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt, einer Anzeigeeinrichtung zum Darstellen der Zustandsdaten aller an der Basisstation angemeldeter Mobilteile, und einer Einrichtung zum An- und Abmelden eines Mobilteils über die Funkempfangseinrichtung.
Zugleich hat die Kammer der Verfügungsbeklagten in diesem Beschluss aufgegeben, der Verfügungsklägerin unverzüglich Auskunft zu erteilen über die Herkunft und den Vertriebsweg der Erzeugnisse gemäß vorstehender Ziff. 1. durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben
a) Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
b) die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse gezahlt wurden.
Gegen diese im Beschlusswege ergangene einstweilige Verfügung hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 25.02.2010 Widerspruch eingelegt.
Sie bestreitet sowohl das Vorliegen eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrundes. Die angegriffene Ausführungsform verfüge bereits nicht über ein mit einem Pressluftatmer (22) verbindbares Mobilteil. Der Fachmann entnehme insoweit der Verfügungspatentschrift, dass es sich dabei zwingend um eine körperliche Verbindung handeln müsse. Demgegenüber sei das Mobilteil bei der angegriffenen Ausführungsform – was die Verfügungsklägerin auch nicht bestreitet – mit dem Pressluftatmer lediglich (über den C) über Funk verbunden. Darüber hinaus verfüge das Mobilteil auch nicht über eine zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils (21) an der Basisstation (20). Anders als durch das Verfügungspatent gefordert, versende das Mobilteil bei der angegriffenen Ausführungsform keine erste Nachricht zum Kennenlernen von Mobilteil und Basisstation. Vielmehr werde dort die Initialisierung der Kommunikation von der Basisstation aus eingeleitet. Dies erfolge im sogenannten „Pollingverfahren“, bei dem die Basisstation als aktive Zentrale alle innerhalb der Reichweite befindlichen Mobilteile abfrage. Die Mobilteile würden dann auf die Anfragen der Basisstation antworten, ohne von selbst eine Kommunikation mit der Basisstation zu beginnen.
Im Hinblick auf die für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes erforderliche Eilbedürftigkeit habe die Verfügungsklägerin bereits nicht vorgetragen, wann sie erstmalig Kenntnis der angegriffenen Ausführungsform erlangt habe. Demgegenüber könne sich die Verfügungsklägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe zunächst den Ausgang des Einspruchsverfahrens abwarten dürfen. Anders als in den bisher durch das Landgericht und das Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fällen habe die Verfügungsklägerin gerade nicht zeitnah nach Kenntniserlangung des Verletzungssachverhaltes und kurz nach Patenterteilung eine Hauptsacheklage erhoben und somit im Ergebnis das besondere Eilbedürfnis konsistent und von Anfang an als bestehend nachgewiesen. Darüber hinaus sei auch zu berücksichtigen, dass die Verfügungsklägerin in Bezug auf Pressluftatmersysteme für Feuerwehrleute auch nicht operativ tätig sei. Vielmehr sei das durch die Verfügungsklägerin insoweit herangezogene System IRIS ausschließlich durch die im Vereinigten Königreich ansässige, rechtlich selbstständige K, Skelmersdale, England, entwickelt, hergestellt und angeboten worden, wobei dieses System der Öffentlichkeit auch bereits im Jahr 2006 vorgestellt worden sei. Des Weiteren sei das Verfügungspatent auch nicht schutzfähig, da die hier streitgegenständlichen technische Lehre sowohl in dem System L. der US- M Industries verwirklicht als auch in der US 4,468,656 neuheitsschädlich offenbart werde. Schließlich werde die technische Lehre des Verfügungspatents auch durch wechselseitig aufeinander Bezug nehmende Publikationen des britischen „Home Office“-Standards insgesamt vorweggenommen werde.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 15.01.2010, Az: 4a O 8/10, aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Sie trägt vor, bei der angegriffenen Ausführungsform löse nicht ein „Polling-Signal“ der Basisstation, sondern erst das spezifische Signal, welches das Mobilteil auf die Polling-Abfrage hin aussende und das nur beim Aufdrehen des Pressluftventils generiert werde, das Einloggen des Mobilteils an der Basisstation aus, so dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch mache. Darüber hinaus würden die hier streitgegenständlichen Patentansprüche von den durch die Verfügungsbeklagten vorgelegten Dokumenten weder neuheitsschädlich, noch naheliegend vorweggenommen. Insoweit sei bereits nicht hinreichend vorgetragen, dass diese tatsächlich der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag des Verfügungspatents zugänglich gewesen seien. Darüber hinaus existiere der durch die Verfügungsbeklagten zitierte „Home Office“-Standard faktisch nicht. Vielmehr würden sich die vorgelegten Dokumente an unterschiedliche Kreise richten. Schließlich werde dort weder offenbart, dass das Mobilteil eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung aufweise, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und akustische Signale erzeuge, noch, dass das Mobilteil eine zentrale Steuereinheit zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils an der Basisstation aufweise.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch macht. Jedenfalls ist der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht hinreichend gesichert, so dass die Verfügungsklägerin das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht glaubhaft gemacht hat.
I.
Das Verfügungspatent betrifft ein Überwachungssystem zur Überwachung von Atemschutzgeräte-Trägern, ein Mobilteil und eine Basisstation zum Einsatz in einem solchen System.
Bei der Feuerwehr werden im Einsatz umluftunabhängie Atemschutzgeräte eingesetzt, sogenannte Pressluftatmer. Mittels dieser Geräte können die Feuerwehrleute noch in völlig verqualmten Räumen Arbeiten durchführen. Die dazu notwendige Atemluft wird auf dem Rücken in einer oder zwei Stahl- oder Verbundwerkwerkstoffflaschen mitgeführt. Im Normalfall wird die Einsatzzeit der ausschließlich als Trupp vorgehenden Einsatzkräfte von einem Feuerwehrmann überwacht, der sich die Zeit des Einsatzbeginns notiert. Sollte nach einer gewissen Zeit keine Rückmeldung von einem Trupp erfolgen, so kann man eingreifen und Rettungsmaßnahmen einleiten. Dieses manuelle Verfahren birgt nach der Verfügungspatentbeschreibung jedoch einige Risiken in sich, da der überwachende Feuerwehrmann für alle Einsatzleute die verbleibende Einsatzzeit, die aufgrund unterschiedlicher Anfangszeiten schwanken kann, ermitteln muss. Darüber hinaus ist das Auffinden eines sich in Not befindenden Feuerwehrmannes schwierig, wenn dieser keinen Alarm auslösen kann.
Aus der DE-OS 197 42 758 ist ein Überwachungsgerät zum Überwachen von zeitlich begrenzte Tätigkeiten ausführenden Personen bekannt. Das Überwachungsgerät weist eine Zeitmessvorrichtung auf, die von der zu überwachenden Person selbst ausgelöst werden kann. Eine im Überwachungsgerät implementierte Alarmeinrichtung wird aktiviert, wenn eine voreingestellte Zeitspanne nach Auslösung der Zeitmessvorrichtung abgelaufen ist.
Ein ähnliches mikroprozessorgesteuertes Überwachungssystem für zeitbegrenzte Tätigkeiten ist aus der DE 296 20 650 bekannt, welches zusätzlich noch eine Anzeige aufweist, durch die alle Parameter visualisiert werden.
Daran bezeichnet es das Verfügungspatent jedoch als nachteilig, dass dadurch zwar die Sicherheit zu überwachender Personen gegenüber rein manuell tätig werdenden Überwachungspersonen erhöht werden kann. Jedoch stehen die zu überwachenden Personen selbst nicht mit dem Überwachungsgerät in Verbindung, so dass diese auch nicht über den aktuellen Zeitablauf informiert werden können.
Als weiteren Stand der Technik nennt die Verfügungspatentschrift daher die EP 0 801 368 A1, aus welcher ein Überwachungsgerät bekannt ist, welches in Verbindung mit Atemschutzgeräten, die beispielsweise von Feuerwehrleuten getragen werden, benutzt werden kann. Dieses Gerät enthält neben einem Drucksensor auch einen Bewegungssensor. Eine Alarmeinrichtung erzeugt ein Warnsignal, wenn der Druck einen kritischen Wert erreicht oder wenn keine Bewegung des Benutzers mehr erfasst wird. Ferner weist das Überwachungsgerät Mittel auf, um Daten des Drucksensors und des Bewegungssensors sowie Alarmsignale über eine Infrarotverbindung zu einer externen Funkeinrichtung zu übertragen, die wiederum die Daten über eine Funkverbindung zu einem den Benutzer überwachenden Manager weiterleitet.
Schließlich erwähnt die Verfügungspatentschrift die US 5 392 771, welche ein Überwachungssystem für tragbare Atemschutzgeräte offenbart. Das Überwachungssystem weist einen Sender und einen davon getrennten Empfänger auf. Sowohl Sender als auch Empfänger werden vom Benutzer des Atemschutzgerätes getragen. Der Sender ist beispielsweise einem Drucksensor zugeordnet und überträgt die detektierten Daten beispielsweise über Funk an den Empfänger.
Im Unterschied zu dem bekannten Überwachungssystem, bei dem eine Funkübertragung zwischen einem Sender und einem Empfänger, welche in unmittelbarer Nähe des Benutzers angeordnet sind, erfolgt, betrifft die vorliegende Erfindung eine Funkübertragung zwischen einer vom Benutzer getragenen Mobileinrichtung und einer entfernt von dem Benutzer angeordneten Basisstation.
Der Erfindung liegt die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, ein Überwachungssystem, ein Mobilteil und eine Basisstation bereitzustellen, mit denen es möglich ist, Atemschutzgeräte tragende Personen während eines Einsatzes und insbesondere in einem Notfall besser als bisher überwachen und schützen zu können.
Dies geschieht gemäß Patentanspruch 1 in der durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht erhaltenen Fassung durch eine Kombination der folgenden Merkmale:
a) Überwachungssystem zum Überwachen wenigstens eines Atemschutz-Trägers, umfassend
b) wenigstens ein mit jeweils einem Pressluftatmer (22) verbindbares Mobilteil (21),
c) wenigstens einen dem Mobilteil (12) zugeordneten Sensor (42, 44, 26, 48) zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere Zustandsdaten des Pressluftatmers,
d) eine Basisstation (20), die über eine drahtlose Verbindung mit dem Mobilteil (21) kommunizieren kann,
e) wobei das Mobilteil (21) eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (5, 10) aufweist, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt, und
f) wobei die Basisstation (20) eine Funkempfangseinrichtung (120, 122) zum Empfangen der vom Mobilteil (21) ausgesendeten Zustandsdaten aufweist,
g) das Mobilteil (21) weist eine Funksendeeinrichtung (60, 62) zum Übertragen der erfassten Zustandsdaten zur Basisstation (20) und
h) eine zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils (21) an der Basisstation (20) auf,
i) die Basisstation (20) weist eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (152, 154, 156, 160) auf, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt.
Nach der Beschreibung des Verfügungspatents ist es somit ein Kerngedanke der Erfindung, ein im Wesentlichen automatisch arbeitendes Überwachungssystem zu schaffen, das jedem Atemschutzgeräte-Träger einer Einsatzgruppe und der für diese Gruppe verantwortlichen Überwachungsperson zu jedem Zeitpunkt des Einsatzes den Zustand seines Atemschutzgerätes bzw. aller Atemschutzgeräte mitteilen und im Notfall sowohl bei dem sich in Not befindenden Atemschutzgeräte-Träger als auch bei der Überwachungsperson einen Alarm auslösen kann (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 2, Z. 32 – 41).
Dazu weist das Überwachungssystem wenigstens ein Mobilteil auf, das mit einem beispielsweise auf dem Rücken des Trägers befestigten Pressluftatmer verbindbar ist. Dem Mobilteil ist wenigstens ein Sensor zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere des Pressluftatmers, zugeordnet. Ferner ist eine Basisstation vorgesehen, die über eine drahtlose Verbindung mit dem Mobilteil jedes Atemschutzgeräte-Trägers kommunizieren kann. Die Basisstation ist in vorteilhafter Weise als mobile Einrichtung ausgebildet, die von der Überwachungsperson an jeden Ort mitgenommen werden kann. Um die vom Sensor erfassten Zustandsdaten zur Basisstation übertragen zu können, weist das Mobilteil eine Funksendeeinrichtung auf. In entsprechender Weise enthält die Basisstation eine Funkempfangseinrichtung zum Empfangen der vom Mobilteil ausgesendeten Zustandsdaten. Sowohl das Mobilteil als auch die Basisstation enthalten jeweils eine Warn- und Alarmeinrichtung, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugen. Bei der Warn- und/oder Alarmeinrichtung kann es sich beispielsweise um Lautsprecher und Leuchtdioden handeln, die entsprechend gesteuert werden können (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 2, Z. 42 – Sp. 3, Z. 7).
Damit in der Basisstation die sich gerade im Einsatz befindenden Atemschutzgeräte-Träger überwacht werden können, ist in dem Mobilteil eine zentrale Steuereinheit vorgesehen, um eine Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des jeweiligen Mobilteils an der Basisstation zu dieser zu übertragen (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 3, Z. 8 – 149).
Darüber hinaus sieht Patentanspruch 15 in der durch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes aufrecht erhaltenen Fassung zur Lösung der Aufgabe des Verfügungspatents eine mobile Überwachungsvorrichtung vor, die durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:
a) Mobile Überwachungsvorrichtung zum Einsatz in einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 14,
b) welche an einem Pressluftatmer (22) anbringbar ist, mit
c) einer zentralen Steuereinrichtung (30),
d) die mit wenigstens einem Sensor (42, 44, 46, 48) zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere von Zustandsdaten eines Pressluftatmers, verbindbar ist, und
e) einer Warn- und/oder Alarmvorrichtung (5, 10), die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
f) eine Funksendeeinrichtung (60, 62) zum drahtlosen Übertragen der erfassten Zustandsdaten zu einer Basisstation (20) ist vorhanden,
g) wobei die zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden eines Mobilteils (21) an der Basisstation (20) ausgebildet ist.
Anspruch 15 beansprucht somit eine mobile Überwachungsvorrichtung zum Anbringen an einen Pressluftatmer eines Überwachungssystems. Die mobile Überwachungsvorrichtung weist eine zentrale Steuereinrichtung auf, die mit wenigstens einem Sensor zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten, insbesondere von Zustandsdaten eines Pressluftatmers, verbindbar ist. Ferner ist eine Funksendeeinrichtung zum drahtlosen Übertragen der erfassten Zustandsdaten zu einer Basisstation sowie eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung vorgesehen, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 4, Z. 40 – 51). Dabei ist die zentrale Steuereinheit zum Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils an der Basisstation ausgebildet (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 4, Z. 52 – 54).
Der durch die Verfügungsklägerin ebenfalls geltend gemachte Patentanspruch 19 beansprucht schließlich eine Basisstation mit folgenden Merkmalen:
a) Basisstation zum Einsatz in einem Überwachungssystem nach einem der Ansprüche 1 bis 14, mit
b) einer Funkempfangseinrichtung (120) zum Empfangen der von einem an einen Pressluftatmer (22) angebrachten Mobilteil (21) ausgesendeten Zustandsdaten,
c) eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (15, 154, 156, 160) ist vorhanden, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt,
d) eine Anzeigeeinrichtung (170) zum Darstellen der Zustandsdaten aller an der Basisstation (20) angemeldeten Mobilteile (21), und
e) eine Einrichtung zum An- und Abmelden eines Mobilteils (21) über die Funkempfangsvorrichtung (120) sind vorhanden.
Patentanspruch 19 sieht somit eine Basisstation zum Einsatz in einem Überwachungssystem vor. Die Basisstation weist dazu eine Funkempfangseinrichtung zum Empfangen der von einem an einen Pressluftatmer angebrachten Mobilteil ausgesendeten Zustandsdaten, eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt, eine Anzeigeeinrichtung zum Darstellen der Zustandsdaten jedes an der Basisstation angemeldeten Mobilteils und eine Einrichtung zum An- und Abmelden eines Mobilteils über die Funkempfangsvorrichtung auf (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 5, Z. 11 – 22).
II.
Es kann dahinstehen, ob die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch macht. Jedenfalls hat die Verfügungsklägerin das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht glaubhaft gemacht.
1.
Der Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung wegen einer Patentverletzung kommt nur in Betracht, wenn sowohl der Bestand des Verfügungspatents als auch die Patentverletzung so eindeutig zugunsten des Verfügungsklägers zu bewerten sind, dass eine fehlerhafte, in einem späteren Hauptsacheverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist. Ist das Verfügungspatent mit einem Rechtsbehelf angegriffen oder ist ein solcher hinreichend absehbar, steht es zur Glaubhaftmachungslast des Verfügungsklägers, dass die gegen das Verfügungspatent vorgebrachten Einwendungen unberechtigt sind und das Verfügungspatent mit Sicherheit im Rechtsbestandsverfahren bestehen wird.
2.
Dies vorausgeschickt ist es der Verfügungsklägerin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass sich das Verfügungspatent auch unter Berücksichtigung der in dem Parallelverfahren 4a O 12/10, dessen Akte Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, als Anlagenkonvolut AG 6 (bzw. in deutscher Übersetzung als Anlagenkonvolut AG 6a) vorgelegten Dokumente, die mit Ausnahme des Dokuments D 1 (Feuerwehr-Benutzungsanforderungen JCDD/40 Ausgabe 01 für Hochfrequenz-Telemetrie bei Einsätzen) noch nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens waren, in dem durch die Verfügungsbeklagte angestrengten Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, in welcher das Verfügungspatent bereits nur eingeschränkt aufrecht erhalten wurde, als rechtsbeständig erweisen wird.
a)
Es kann dahinstehen, ob die im Parallelverfahren als Anlagenkonvolut AG 6/6a vorgelegten Dokumente D 1, D 8 (Technische Spezifikation für die Betriebserlaubnis MG-41 Ausgabe 1), D 9 (Einsatz-Telemetrie-Funkschnittstellendokument MG-41A Ausgabe 1) und D 11 (Anforderungsspezifikation für Automatische Notfall-Signaleinheit) aufgrund der wechselseitigen Bezugnahme aufeinander als ein Dokument anzusehen sind, welches dem Verfügungspatent neuheitsschädlich entgegen gehalten werden kann. Jedenfalls legen sie die technische Lehre von Patentanspruch 1 und damit zugleich auch die technische Lehre der ebenfalls streitgegenständlichen und lediglich Einzelaspekte der Erfindung beanspruchenden Patentansprüche 15 und 19 nahe, wobei der Fachmann aufgrund der wechselseitigen Bezugnahme der Dokumente aufeinander auch einen Anlass hatte, diese Dokumente zu kombinieren.
b)
Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei diesen Dokumenten um keinen vor dem Prioritätstag vorveröffentlichten Stand der Technik handelt, bestehen nicht. Insbesondere datieren alle Dokumente spätestens auf Juni 1996. Davon, dass das Dokument D 1 vor dem Prioritätstag veröffentlicht wurde, ist auch das Europäische Patentamt in seiner Einspruchsentscheidung vom 22.02.2010 mit ausführlicher Begründung ausgegangen (vgl. Anlage EVB 13, S. 5). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass dies bei den Dokumenten D 8, D 9 und D 11, die wie das Dokument D 1 aus dem britischen Innenministerium stammen und wechselseitig aufeinander Bezug nehmen (vgl. etwa D 1, S. 4 „Dieses Dokument ist in Verbindung mit der Technischen Betriebserlaubnis-Spezifikation MG-41 des Innenministeriums und dem Technischen Standard MG-41A des Innenministeriums zu sehen.“), nicht der Fall ist, sind demgegenüber weder vorgetragen, noch ersichtlich. Vielmehr haben die dortigen Verfügungsbeklagten im Parallelverfahren – wie auch bereits im Einspruchsverfahren in Bezug auf die D 1 – mittels der als Anlagen rop AG 11 – rop AG 17 (bzw. in deutscher Übersetzung rop AG 11a – rop AG 17a) vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von Frau Carol Jeffcock glaubhaft gemacht, dass auch die Dokumente D 8, D 9 und D 11 bereits vor dem Prioritätstag des Verfügungspatents in die Fire Service College Library aufgenommen wurden und damit der Öffentlichkeit zugänglich waren. Soweit sich die Verfügungsklägerin demgegenüber in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, im Einspruchsverfahren seien die Dokumente D8, D 9 und D 11 verspätet vorgelegt worden, so dass es im Ermessen der technischen Beschwerdekammer stehe, ob diese im Beschwerdeverfahren Berücksichtigung finden, mag dies zwar zutreffen. Gleichwohl obliegt es im einstweiligen Verfügungsverfahren der Verfügungsklägerin, welche hinsichtlich des hinreichend gesicherten Rechtsbestandes des Verfügungspatents die Glaubhaftmachungslast trägt, glaubhaft zu machen, dass die Beschwerdekammer die Dokumente nicht berücksichtigen wird. Dies ist der Verfügungsklägerin nicht gelungen, so dass im Verfügungsverfahren bei der Beurteilung der Frage des Vorliegens eines hinreichend gesicherten Rechtsbestandes davon auszugehen ist, dass die Dokumente Berücksichtigung finden werden.
c)
Die D 1 beschreibt aus Basisstationen und tragbaren Einheiten bestehende Sicherheitsausrüstungen für den Gebrauch durch Feuerwehrleute im Einsatz (Merkmale a) und b), vgl. D 1, S. 4 oben, wobei sich die Zitate jeweils auf die deutsche Übersetzung der Entgegenhaltungen beziehen). Dabei können die tragbaren Einheiten so konfiguriert werden, dass mit Hilfe des Anschlusses an geeignete Sensoren ein Bereich an Daten in die Bestätigung eines Kontaktsignals aufgenommen werden kann, wobei all diese Daten von der Basisstation angenommen und der Protokolldatei hinzugefügt werden müssen. Diese Daten können angezeigt und bei Bedarf vom Kunden spezifiziert werden (vgl. D 1, S. 20 unten – S. 21 oben). Somit ist in der Entgegenhaltung auch Merkmal c) offenbart, wonach wenigstens ein dem Mobilteil (21) zugeordneter Sensor (42, 44, 36, 48) zum Erfassen vorbestimmter Zustandsdaten vorhanden sein soll. Des Weiteren erfolgt die Kommunikationsverbindung zwischen einer Basisstation und einer tragbaren Einheit nach der D 1 über Hochfrequenz, wobei die D 1 auch ausdrücklich auf die Übertragung mittels Funk Bezug nimmt (vgl. D 1, S. 16, Merkmal d)).
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten ist in der D 1 in einer Zusammenschau mit der D 11 auch offenbart, dass das Mobilteil (21) eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (5, 10) aufweist, die in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt (Merkmal e). Zwar ist der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamtes insoweit zuzustimmen, dass in der D 1 selbst die Erzeugung optischer und/oder akustischer Signale in Abhängigkeit von den erfassten Zustandsdaten nicht offenbart ist (vgl. Anlage AG 4, S. 9 unten – S. 10 oben). Insbesondere wird dort unter Ziffer 4 (vgl. Anlage AG 6a, S. 12) auch für den Träger des Mobilteils die Möglichkeit erwähnt, die Übertragung einer Hochfrequenznachricht anzustoßen, so dass danach auch die manuelle Auslösung eines Evakuierungssignals offenbart wird. Jedoch verweist die D 1 ausdrücklich darauf, dass die tragbare Einheit fakultativ auch die Funktionen einer ADSU ausführen kann, wobei sie dann zusätzlich auch den Anforderungen der Spezifikation JCDD/38 mit Ausnahme der Bedingungen 7 und 8 dieser Spezifikation genügen muss (vgl. D 1, S. 13 oben).
In der ausdrücklich in Bezug genommenen D 11 findet der Fachmann sodann, dass die tragbare Einheit so konstruiert sein muss, dass sie nicht automatisch ertönen darf, solange sich der Träger bewegt. Verharrt der Träger zwischen 20 und 30 Sekunden in Ruhe, so aktiviert die Einheit zunächst einen Voralarmmodus, der anschließend zu einem Alarmsignal mit vollem Alarm-Schalldruckpegel übergehen kann (vgl. D 11, S. 3 oben). Damit ist das (akustische) Signal abhängig von der Bewegung des Trägers und damit auch von mittels Sensoren ermittelten Zustandsdaten. Dass das Alarmsignal nicht nur als akustisches, sondern ebenso als optisches Signal ausgestaltet werden kann, entnimmt der Fachmann dabei bereits der D 1 (vgl. D 1, S. 14 „Die tragbare Einheit muss mit den sichtbaren Meldungen und hörbaren Meldungen ausgestattet sein.“). Dass es sich bei den durch den Bewegungssensor ermittelten Daten um Zustandsdaten im Sinne des Verfügungspatents handelt, wird dem Fachmann in der Verfügungspatentschrift ausdrücklich im Rahmen der Beschreibung des bevorzugten Ausführungsbeispiels offenbart. Danach werden (auch) die durch den Bewegungssensor (44) erfassten Zustandsdaten zur Basisstation (20) übermittelt (vgl. Anlage EVK 1, Sp. 8, Z. 4 – 21 i.V.m. Sp. 9, Z. 1 – 5).
Da die Kommunikation zwischen Basisstation und Mobilteil nach der D 1 (vgl. die Ausführungen zu Merkmal d)) über Funk erfolgen soll, muss die Basisstation auch über eine entsprechende Funkempfangsvorrichtung verfügen, um die vom Mobilteil versandten Zustandsdaten zu empfangen (Merkmal f). Dies entnimmt der Fachmann im Übrigen auch S. 17 der D 1 am Ende, wonach die tragbaren Einheiten und die Basisstationen mit einem externen Standardanschluss versehen sein müssen, wie er in der MG-41A beschrieben ist und die sich mit Standards für die Funkübertragung befasst. Entsprechend weist das Mobilteil nach der Offenbarung der D 1 auch eine Funksendeeinrichtung zum Übertragen der erfassten Zustandsdaten auf (Merkmal g). Dass dabei nicht nur das Alarmsignal, sondern tatsächlich auch die Zustandsdaten übertragen werden, entnimmt der Fachmann S. 21 oben der D 1, wonach die mittels Sensoren erfassten Daten von der Basisstation angenommen und einer Protokolldatei zugefügt werden.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten weist das in den durch die Verfügungsbeklagten vorgelegten Dokumenten offenbarte Mobilteil auch eine zentrale Steuereinheit (30) zum Funk-Übertragen einer Nachricht zum Anmelden oder Abmelden des Mobilteils (21) an der Basisstation (20) auf (Merkmal h). Zwar offenbart die D 1 selbst nicht, worauf auch das Europäische Patentamt in seiner Entscheidung abgestellt hat (vgl. Anlage AG 4, S. 10 Mitte), dass die An- und Abmeldung über Funk erfolgen soll. Vielmehr findet der Fachmann dort nur, dass die Initialisierung einer tragbaren Einheit über eine Tastatur, einen Strichcodeleser oder auf andere Weise erfolgen kann (vgl. D 1, S. 10). Jedoch erkennt der Fachmann anhand der dortigen Formulierung, dass die Initialisierung zumindest manuell erreichbar sein muss, im Umkehrschluss aber auch automatisch geschehen kann. Wie dies geschehen kann, wird in der D 9 unter Punkt 8.1. offenbart. Danach sendet die tragbare Einheit nach Inbetriebnahme bis zu 5 LOGON-Nachrichten zufällig über eine Zeit verteilt in einem zweisekündigen Sendeintervall, bis sie eine LOGON_ACK-Nachricht von irgendeiner Basiseinheit empfängt (vgl. D 11, S. 6). Da es sich bei der D 9, die nach der Einleitung der D 1 (vgl. D 1, S. 4) zusammen mit dieser gelesen werden muss, um ein „Einsatz-Telemetrie-Funkschnittstellendokument“ handelt, ist dem Fachmann damit klar, dass sich das Mobilteil über Funk über eine LOGON-Nachricht bei einer Basisstation anmelden können muss. Dafür, dass der Fachmann demgegenüber – wie von der Verfügungsklägerin behauptet – die D 9 trotz der ausdrücklichen Bezugnahme auf dieses Dokument in der D 1 auf der Suche nach einer Lösung für den Anmelde- und/oder Abmeldevorgang des Mobilteils allein deshalb nicht heranziehen wird, weil in der D 9 verschiedene, selbstständig nebeneinander stehende Möglichkeiten für die Gestaltung der Anmeldung offenbart werden, bestehen keine konkreten Anhaltspunkte.
Schließlich offenbart die D 1 ausdrücklich, dass auch die Basisstation (20) über eine Warn- und/oder Alarmeinrichtung (152, 154, 156, 160) verfügen muss, die in Abhängigkeit von den empfangenen Zustandsdaten optische und/oder akustische Signale erzeugt (Merkmal i). Insoweit entnimmt der Fachmann der D 1 zunächst, dass die Basisstation hörbare Alarmsignale, die die Bedienperson auf bestimmte Anzeigen aufmerksam machen soll, liefern können muss (vgl. D 1, S. 8 (10)). Dass diese Alarmsignale dabei auch in Abhängigkeit von den übermittelten Zustandsdaten ausgestaltet sein können, entnimmt der Fachmann S. 21 oben der D 1. Danach können in die Bestätigung eines „Kontaktsignals“ aufgenommene Sensordaten nicht nur durch die Basisstation angenommen und in die Protokolldatei aufgenommen, sondern auch mit Alarmen verknüpft werden.
3.
Soweit die Verfügungsklägerin in der mündlichen Verhandlung angekündigt hat, Merkmal c) auf einen dem Mobilteil zugeordneten Sensor zum Erfassen der Zustandsdaten des Pressluftatmers zu beschränken, hat die Verfügungsklägerin bereits nicht glaubhaft gemacht, dass diese Einschränkung nicht ebenfalls im Stand der Technik zumindest naheliegend offenbart wird. Dies gilt umso mehr, als die Verfügungsklägerin diese Einschränkung erstmalig in der mündlichen Verhandlung über den Verfügungsantrag angekündigt hat, so dass die Verfügungsbeklagten bisher keine Möglichkeit hatten, insoweit nach relevanten Entgegenhaltungen zu recherchieren. Entsprechend besteht zumindest die konkrete Möglichkeit, dass die Verfügungsbeklagten bei einer entsprechenden Recherche auch diesbezüglich noch relevante Entgegenhaltungen auffinden können.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 (1. Halbsatz) ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 6, 711 S. 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird mit Zustimmung der Parteien auf 2.500.000,- EUR festgesetzt.