4a O 63/15 – Hybrid Ionenmobilitätsspektrometer

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2530

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 28. Juli 2016, Az. 4a O 63/15

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen behaupteter Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf patentverletzender Ausführungsformen sowie Feststellung der Verpflichtung zum Leisten von Schadensersatz dem Grunde nach in Anspruch.

Die A B Corp. (nachfolgend kurz: AB) ist im Register des Deutschen Patent- und Markenamts (vgl. Anlage K.A.2) als Inhaberin des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 0 995 XXX B1 (nachfolgend Klagepatent; vorgelegt in Anlage K.A.1, eine Übersetzung ist in Anlage K.A.1a zur Akte gereicht worden) eingetragen. Das Klagepatent trägt den Titel „Hybrid Ionenmobilitätsspektrometer und Massenspektrometer“ und wurde in englischer Verfahrenssprache erteilt. Es wurde am 02.06.1998 unter Inanspruchnahme des Prioritätsdatums 02.06.1997 der US 867XXX (Anlage HL(A)5) angemeldet. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 19.11.2008 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht.

Das Klagepatent steht in Kraft. Die Beklagte hat gegen das Klagepatent eine Nichtigkeitsklage eingereicht, über die bislang noch nicht entschieden wurde.

Die Ansprüche 1 und 10 des Klagepatents lauten in deutscher Übersetzung wie folgt:

„1. Verfahren zum Erzeugen einer lonen-Massenspektralinformation, umfassend die Schritte des

Erzeugens einer Menge von gasförmigen Ionen;

zeitlichen Trennens der Menge von gasförmigen Ionen entlang einer ersten Achse, um eine Anzahl von lonenpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmobilität zugeordnet ist,

gekennzeichnet durch die Schritte des

sequentiellen zeitlichen Trennens zumindest einiger der lonenpakete entlang einer zu ersten Achse senkrechten zweiten Achse, um eine Anzahl von Ionen-Unterpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmasse zugeordnet ist, und des

Verarbeitens zumindest einiger der lonen-Unterpakete, um eine Massenspektralinformation davon zu bestimmen.“
„10. Vorrichtung zum Erzeugen einer Massenspektralinformation von einer Probenquelle, umfassend:

Mittel zum Erzeugen einer Menge von gasförmigen Ionen von einer Probenquelle;

ein lonenmobilitätsspektrometer (IMS), das an seinem einen Ende eine lonen-Einlassöffnung definiert, die sich in Fluidkommunikation mit dem Mittel zur Erzeugung einer Menge von gasförmigen Ionen befindet, und an seinem anderen Ende eine lonen-Auslassöffnung, wobei die lonen-Einlassöffnung und -Auslassöffnung zwischen sich eine erste Achse definieren; und

ein Flugzeitmassenspektrometer (TOFMS), das an seinem einen Ende einen lonenbeschleunigungsbereich definiert, der sich in Fluidkommunikation mit der Auslassöffnung befindet, und an seinem anderen Ende einen lonendetektor, wobei der lonenbeschleunigungsbereich und der lonendetektor zwischen sich eine zur ersten Achse senkrechte zweite Achse definieren,

wobei das lonenmobilitätsspektrometer wirksam ist, um die Menge gasförmiger Ionen zeitlich entlang der ersten Achse zu trennen, um eine Anzahl von Ionen-Paketen zu bilden, deren jedem eine einmalige lonenmobilität zugeordnet ist, und

dadurch gekennzeichnet, dass das

Flugzeitmassenspektrometer dafür ausgebildet ist, zumindest einige der lonenpakete entlang der zweiten Achse zeitlich sequenziell zu trennen, um eine Anzahl von lonen-Unterpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmasse zugeordnet ist.“

Wegen der zusammen mit Anspruch 1 bzw. Anspruch 10 geltend gemachten Unteransprüche wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Zur Veranschaulichung wird nachfolgend Fig. 4 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die nach der Patentbeschreibung eine Ausführungsform der Erfindung darstellt:

Fig. 4 zeigt ein Querschnitts- und schematisches Diagramm eines patentgemäßen Hybridionenmobilitäts- und Flugzeitmassenspektrometers (Bezugsziffer 30). Die Vorrichtung besteht aus einer Ionenquelle (32) und einem daran angeschlossenen Ionenmobilitäts-Spektrometer (nachfolgend kurz: „IMS“, Bezugsziffer 34). Hiermit ist ein Massenspektrometer (36) angeschlossen, wobei es sich vorzugsweise um einen Flugzeitmassenspektrometer (nachfolgend kurz: „TOFMS“) handelt.

Die Beklagte vertreibt in Deutschland u.a. Massenspektrometer der Produktserie XXXX, zu denen auch das Gerät C zählt (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform, vgl. die Publikationen der Beklagten in Anlagen K.A.7 und K.A.8). Die Beklagte führt in Deutschland für (potentielle) Kunden Schulungen an der angegriffenen Ausführungsform durch. Zur Veranschaulichung der angegriffenen Ausführungsform wird nachfolgend Abb. 12 von S. 32 der Broschüre der Beklagten nach Anlage K.A.7 verkleinert eingeblendet:
Die Klägerin behauptet, sie sei zur Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent als ausschließliche Lizenznehmerin aktivlegitimiert. Sie leite ihre Rechte von der im Patentregister als Patentinhaberin eingetragenen A B Corp. (AB) ab. Ursprüngliche Anmelderin des Klagepatents war – insoweit unstreitig – die A C. Während des Erteilungsverfahrens wurde die D (D) als neue Anmelderin eingetragen (Anlage K.A.9/10). Diese habe ihren Namen in A B Corp (Anlagen K.A.11/12) geändert. D/AB (Patentinhaberin) habe am 15.12.2000 einen ausschließlichen Lizenzvertrag (Anlage K.A.13) mit der E F, Inc. (EF) geschlossen. EF habe ihren Namen im Jahre 2004 dann in E F G, Inc. (G) geändert (Anlage K.A.14). Noch unter dem Namen EF schloss G einen exklusiven Unterlizenzvertrag mit der H Limited. Dieses Dreier-Verhältnis (AB=D – EF=G – H Limited) sei dann dadurch vereinfacht worden, dass eine unmittelbare, exklusive Lizenz zwischen AB und H vereinbart wurde (Anlagen K.A.15/16). Die H sei dann am 14.11.2008 mit der jetzigen Klägerin fusioniert worden (Anlage K.A.17). Die Übertragung des Klagepatents auf die jetzige Patentinhaberin sei mit Vertrag vom 07.06.2016 (Anlage K.A.19) bestätigt worden. Die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz werde durch die Vereinbarung der Patentinhaberin mit der Klägerin vom 21./23.06.2016 (Anlage K.A.20) ebenfalls bestätigt. Die Unterschriften auf den vorgelegten Dokumenten stammten jeweils von den angegebenen Personen, die auch zur Vertretung berechtigt gewesen seien.

Die Klägerin trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Das Ziel des Klagepatents sei es, mittels IMS eine zeitliche Vortrennung vorzunehmen, nicht aber eine vollständige Trennung herbeizuführen. Der Anspruch erfordere auch nicht, dass die zweite Trennung unmittelbar auf Ionenpakete angewendet wird, die das IMS verlassen, ohne Zwischenschritte zuzulassen. Solche sehe das Klagepatent etwa in Abs. [0027] (Ionenoptik), Abs. [0058] (Ionenfragmentierung) und Abs. [0059] (Filterung) vor.

Dem Fachmann sei klar, dass das Klagepatent eine exakte senkrechte Ausrichtung der beiden Achsen gerade nicht verlange. Die Längsachse eines orthogonal angeordneten Reflektor-TOFMS verlaufe senkrecht zur Achse des Driftrohrs. Eine Auswahlentscheidung zugunsten nur linearer TOFMS treffe das Klagpatent insofern nicht. Die Arbeitsweise bei der Trennung auf Grundlage von Mobilität und Masse in Pakete / Unterpakete sei bei der angegriffenen Ausführungsform identisch wie im Klagepatent.

Die Begriffe Masse und Masse-zu-Ladungs-Verhältnis seien synonym zu verstehen. Ein TOFMS trenne nach Masse-zu-Ladungs-Verhältnis; verkürzt werde insofern von Masse gesprochen.

Für die Verwirklichung von Unteranspruch 2 reiche es aus, wenn eine Ausführungsform in der Lage ist, eine verflüssigte Lösung, die die Probe enthält, in gasförmige Ionen umzusetzen.

Das Klagepatent sei in den Unteransprüchen 6 bzw. 18 nicht auf eine bestimmte Art von Ionenfalle beschränkt und erfordere auch keine gepulste Erzeugung von Ionen. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen in Form eines Fallentrichters (trapping funnel) eine Ionenfalle auf.

Das Verfahren sei nicht im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren auszusetzen, da sich das Klagepatent hierin als rechtsbeständig erweisen werde.
Die Klägerin beantragte zuletzt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

a) Vorrichtungen zum Erzeugen einer Massenspektralinformation von einer Probenquelle, umfassend:

– Mittel zum Erzeugen einer Menge von gasförmigen Ionen von einer Probenquelle;

– ein lonenmobilitätsspektrometer (IMS), das an seinem einen Ende eine lonen-Einlassöffnung definiert, die sich in Fluidkommunikation mit dem Mittel zur Erzeugung einer Menge von gasförmigen Ionen befindet, und an seinem anderen Ende eine lonen-Auslassöffnung, wobei die Ionen-Einlassöffnung und -Auslassöffnung zwischen sich eine erste Achse definieren;

– und ein Flugzeitmassenspektrometer (TOFMS), das an seinem einen Ende einen lonenbeschleunigungsbereich definiert, der sich in Fluidkommunikation mit der Auslassöffnung befindet und an seinem anderen Ende einen Ionen-Detektor, wobei der lonenbeschleunigungsbereich und der Ionen-Detektor zwischen sich eine zur ersten Achse senkrechte zweite Achse definieren,

wobei das lonenmobilitätsspektrometer wirksam ist, um die Menge gasförmiger Ionen zeitlich entlang der ersten Achse zu trennen, um eine Anzahl von lonenpaketen zu bilden, deren jedem eine einmalige lonenmobilität zugeordnet ist,

bei denen das Flugzeitmassenspektrometer dafür ausgebildet ist, zumindest einige der lonenpakete entlang der zweiten Achse zeitlich sequenziell zu trennen, um eine Anzahl von lonen-Unterpakten zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmasse zugeordnet ist,

und bei denen die Vorrichtung ferner eine erste lonenfalle umfasst, die einen loneneinlass definiert, der sich in FIuidkommunikation mit dem Mittel zum Erzeugen einer Menge von gasförmigen Ionen befindet, und einen Ionenauslass, der sich in Fluidkommunikation mit der loneneinlassöffnung des Ionenmobilitätsspektrometers befindet

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

und/oder

b) in der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren zum Erzeugen einer lonen-Spektralinformation durchzuführen, umfassend die Schritte

– Erzeugen einer Menge von gasförmigen Ionen,

– zeitliches Trennen der Menge von gasförmigen Ionen entlang einer ersten Achse, um eine Anzahl von lonenpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmobilität zugeordnet ist,

– sequentielles zeitliches Trennen zumindest einiger der Ionenpakete entlang einer zur ersten Achse senkrechten zweiten Achse, um eine Anzahl von lonen-Unterpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmasse zugeordnet ist,

– Verarbeiten zumindest einiger der lonen-Unterpakete, um eine Massenspektralinformation davon zu bestimmen,

wobei der Schritt des Erzeugens einer Menge von gasförmigen Ionen das Erzeugen der Menge von gasförmigen Ionen von einer verflüssigten biologischen Probe über Elektrosprayionisation umfasst;

und/oder

c) in der Bundesrepublik Deutschland ein Verfahren zum Erzeugen einer lonen-Spektralinformation durchzuführen, umfassend die Schritte

– Erzeugen einer Menge von gasförmigen Ionen,

– zeitliches Trennen der Menge von gasförmigen Ionen entlang einer ersten Achse, um eine Anzahl von lonenpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmobilität zugeordnet ist,

– sequentielles zeitliches Trennen zumindest einiger der lonenpakete entlang einer zur ersten Achse senkrechten zweiten Achse, um eine Anzahl von lonen-Unterpaketen zu bilden, denen jeweils eine einmalige lonenmasse zugeordnet ist,

– Verarbeiten zumindest einiger der lonen-Unterpakete, um eine Massenspektralinformation davon zu bestimmen,

wobei der Schritt des Erzeugens einer Menge von gasförmigen Ionen die folgenden Schritte umfasst:

– das Erzeugen gasförmiger Ionen von einer verflüssigten biologischen Probe von einer Probenquelle über Elektrosprayionisation

– das Sammeln von wenigstens einigen der erzeugten Ionen in einer lonenfalle,

– das mehrmalige Wiederholen der Schritte des Erzeugens und des Sammelns, um dadurch eine Menge von gasförmigen Ionen in der lonenfalle zu bilden,

– und das Freilassen der Menge von gasförmigen Ionen aus der lonenfalle;

und/oder

d) Abnehmern im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Massenspektrometer anzubieten und/oder an solche zu liefern, die dazu geeignet sind, ein Verfahren zum Erzeugen einer Ionen-Spektralinformation gemäß einem der vorstehend unter l.1.b) und/oder I.1.c) aufgeführten Verfahren durchzuführen;
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu vorstehend I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19.12.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19.12.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen‚ sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum befindlichen, vorstehend zu I.1.a) bezeichneten Erzeugnisse nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben oder selbst zu vernichten;

5. die vorstehend zu I.1.a) bezeichneten, seit dem 19.12.2008 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis darauf, dass die Kammer durch Urteil vom . . . auf eine Patentverletzung erkannt hat, und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Lagerkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend zu I.1. bezeichneten und seit dem 19.12.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Ursprünglich hatte die Klägerin zusätzlich im Unterlassungsantrag die unmittelbare Verletzung der Kombination der (Verfahrens-) Ansprüche 1, 4 und 5 und 1, 6, 7, 9 geltend gemacht, worauf auch der jetzige Antrag zu I.1.d) (mittelbare Patentverletzung) zurückbezogen war. Weiterhin hatte sie ursprünglich den jetzigen Antrag zu I.1.c) ohne die Worte „von einer verflüssigten biologischen Probenquelle“ gestellt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:

das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten gegen das Klagepatent (den deutschen Teil von EP 0 995 XXX B1) auszusetzen;

weiter hilfsweise:

der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheit (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Die vorgelegten Vereinbarungen seien teils bruchstückhaft. Zudem handele es sich nicht um eine ausschließliche Lizenz.

Die Beklagte bestreitet weiter, dass ein Lizenzvertrag auf die H Ltd. übertragen werden konnte. Ferner wird hinsichtlich der vorgelegten Dokumente zur Aktivlegitimation die Zeichnungsberechtigung der Unterzeichnenden, die Echtheit der Unterschriften und die Authentizität der vorgelegten Unterlagen bestritten. Schließlich bestreitet die Beklagte die wirksame Übertragung von Rechten von der H Ltd. auf die Klägerin.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass Klagepatent werde von den angegriffenen Ausführungsformen nicht verletzt. Soweit das Klagepatent ein zeitliches Trennen der Menge von gasförmigen Ionen entlang einer ersten Achse vorsieht, um Ionen-Pakete zu bilden, denen jeweils eine einmalige Ionenmobilität zugeordnet ist, sei damit ein vollständiges zeitliches Auftrennen der Ionen in einzelne Paketen gemeint. Dem stehe ein zeitliches Überlappen der einzelnen Pakete entgegen, da so keine eindeutige Zuordnung erfolge. Bei der angegriffenen Ausführungsform führe das Vermessen von komplexen biologischen Proben nicht immer zu Ionenpaketen, die zeitlich völlig voneinander getrennt sind. Es existierten auch keine Ionenpakete im Sinne des Klagepatents.

Entsprechendes gelte für die Trennung der Ionen-Pakete in Ionen-Unterpakete. Auch hier müsse ein Überlappen der Unterpakete ausgeschlossen sein, indem eine vollständige Trennung erfolgt. Dies sei bei der angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall, weil bereits keine Ionenpakete erzeugt würden und es zu keiner vollständigen Trennung komme.

Das Klagepatent sehe zwischen den beiden Trennungsvorgängen keine Zwischenschritte vor.

Das Klagepatent treffe eine Auswahlentscheidung zugunsten eines linearen TOFMS, da sich Beschleunigungsbereich und Detektor an entgegengesetzten Enden des TOFMS befinden müssen. Wie sich aus Abs. [0023] ergebe, kenne das Klagepatent Reflektor-TOMFS, verwerfe diese aber nach dem eindeutigen Anspruchswortlaut. Dies gelte auch für die Verfahrensansprüche. Bei der angegriffenen Ausführungsform definierten der Beschleunigungsbereich und Ionendetektor des TOFMS (bei dem es sich unstreitig um einen Reflektor-TOFMS handelt) keine zweite, senkrecht zu ersten Achse liegende Achse.

Das Klagepatent unterscheide strikt zwischen Ionenmasse und dem Masse-Ladung-Verhältnis. Anspruchsgemäß soll die Trennung über die Ionenmasse erfolgen. Ionen-Unterpakete, die das gleiche Masse-Ladung-Verhältnis, aber unterschiedliche Massen haben, seien damit ausgeschlossen. Bei der angegriffenen Ausführungsform erfolge die Aufteilung dagegen auf Grundlage des Masse-Ladung-Verhältnisses.

Die angegriffenen Ausführungsformen seien nicht mit einer Vorrichtung zur Verflüssigung von Proben ausgestattet. Eine „Verflüssigung“ setzte voraus, dass die Probe flüssig gemacht wurde.

Soweit das Klagepatent ein wiederholtes Sammeln von Ionen in der Ionenfalle vorschreibt, setze dies eine gepulste Erzeugung von Ionen voraus, was bei der angegriffenen Ausführungsform fehle. Eine Ionenfalle sei patentgemäß nur eine Quadrupol- oder Multipol-Ionenfalle. Bei der angegriffenen Ausführung sei dagegen der Bereich zwischen zwei Gittern keine patentgemäße Ionenfalle.

Jedenfalls sei der Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen, insbesondere bei Zugrundelegung der Auslegung der Klägerin.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2016 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob die angegriffenen Ausführungsformen von den geltend gemachten Anspruchskombinationen Gebrauch machen. Jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin zur Geltendmachung der Rechte aus dem Klagepatent aktivlegitimiert ist.

I.
Die Klägerin behauptet, als ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent aktivlegitimiert zu sein (vgl. zur Aktivlegitimation des ausschließlichen Lizenznehmers: Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. D.113). Jedoch kann nicht festgestellt werden, dass zwischen der behaupteten Patentinhaberin AB und der Klägerin ein ausschließlicher Lizenzvertrag wirksam geschlossen wurde. Die Beklagte hat u.a. die Zeichnungsberechtigung / Vertretungsbefugnis der Personen bestritten, welche die von der Klägerin zum Nachweis der Aktivlegitimation vorgelegten Dokumente unterzeichnet haben. Insofern war ein Bestreiten mit Nichtwissen zulässig. Die Klägerin hat die Vertretungsbefugnis bezüglich der Vereinbarung vom 21./23.06.2016 (Anlage K.A.20) dagegen bereits nicht substantiiert vorgetragen, so dass kein Beweis erhoben werden kann (hierzu unter 1.). Hinsichtlich der früheren Vereinbarungen, auf die sich die Klägerin zunächst gestützt hat, fehlt ebenfalls ein substantiierter Vortrag zur Vertretungsbefugnis sowie zudem Beweisantritte (hierzu unter 2.).

1.
Zum Nachweis der Einräumung einer ausschließlichen Lizenz stellt die Klägerin nunmehr primär auf die Vereinbarung vom 21./23.06.2016 (Anlage K.A.20) zwischen ihr und der AB ab, welche sie kurz vor der mündlichen Verhandlung am 28.06.2016 mit Schriftsatz vom 24.06.2016 eingereicht hat. Für diese Vereinbarung lässt sich die von der Beklagten daraufhin bestrittene Zeichnungsberechtigung der unterzeichnenden Personen nicht feststellen, da diese bereits nicht substantiiert von der Klägerin vorgetragen wurde. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2016 auch keine Schriftsatzfrist beantragt, um zu diesem Punkt näher vorzutragen.

a)
Für die AB wurde die Vereinbarung in Anlage K.A.20 von „I“ als „President & CEO“ unterschrieben, für die Klägerin von „J“ als „CFO“. Zu beiden Personen hat die Klägerin nicht ausreichend konkret vorgetragen, woraus sich deren Vertretungsbefugnis ergeben soll. In der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2016 hat sie auf das Bestreiten der Zeichnungsberechtigung durch die Beklagte hin lediglich vorgetragen, die Unterzeichner seien als President/CEO und CFO alleinvertretungsberechtigt. Woraus sich dies ergeben soll, bleibt aber offen. Bereits die Namen der Unterzeichner und ihre jeweilige Position ergeben sich nicht aus dem Vortrag der Klägerin, sondern nur aus den vorgelegten Anlagen. Mit den behaupteten Positionen alleine kann aber keine Vertretungsbefugnis nachgewiesen werden.

b)
Ein ausreichender Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht aus der Nennung der Positionen der Unterzeichner („President & CEO“ bzw. „CFO“) unter dem Aspekt, dass hier ausländisches Recht Anwendung findet, welches möglicherweise die Vertretungsbefugnis, die aus diesen Positionen folgt, regelt, und das ggf. vom Gericht nach § 293 ZPO zu ermitteln wäre.

Die Klägerin trägt nicht vor, dass sich die beiden Unterzeichner jeweils auf eine unmittelbar aus ausländischem Recht folgende gesetzliche Alleinvertretungsbefugnis stützen könnten. Insofern muss nicht weiter aufgeklärt werden, ob etwa ein „President & CEO“ einer Corp. stets alleinvertretungsberechtigt ist. Dies erscheint schon deshalb fraglich, weil die Klägerin sich insofern auf „Bylaws“ beruft, also gerade nicht auf eine gesetzliche Regelung, sondern auf eine Art Satzung einer Gesellschaft.

Zusätzliche Zweifel bestehen für die Unterschrift für die Klägerin durch Herrn K „CFO“. Eine gesetzliche Alleinvertretungsbefugnis bei einem „CFO“ einer Corp., erscheint schon deshalb fraglich, weil es sich bei ihm eben nicht um einen „CEO“ oder „President“ handelt.

Selbst wenn die Klägerin eine gesetzliche Alleinvertretungsbefugnis für beide Unterzeichner behauptet hätte, läge darin kein ausreichend substantiierter Vortrag. Damit das Gericht zur Ermittlung von ausländischem Recht verpflichtet ist, muss die Behauptungen einer Partei objektiv geeignet sein, eine solche Pflicht auszulösen. Dies hängt auch davon ab, ob die Parteien zu den Erkenntnisquellen der ausländischen Rechtsordnung unschwer Zugang haben; dann müssen sie das ausländische Recht regelmäßig konkret darstellen (BGH, Urteil vom 04.06.1992 – IX ZR 149/91 – Rn. 28 bei Juris). Es fehlt vorliegend jeder Vortrag der Klägerin zum ausländischen Recht; es wird nicht einmal dargestellt, welches Recht (etwa eines bestimmten US-Bundesstaates) bei der Vertretungsbefugnis Anwendung findet. Da die Klägerin selbst behauptet, umfangreiche Verträge im betreffenden ausländischen Recht geschlossen zu haben, hätte sie das hierbei zugrunde liegende Recht ohne weiteres darstellen können.

c)
Die Einzelvertretungsberechtigung der beiden Unterzeichner wird nicht durch die Erklärung von Herrn L vom 24.06.2016 sowie den hiermit überreichten „Amended and Restated Bylaws“ der AB substantiiert vorgetragen. Diese Dokumente hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2016 ohne näheren Vortrag überreicht.

Zum einen handelt es sich hierbei um Anlagen, die alleine substantiierten Vortrag nicht ersetzen können (BGH NJW 1967, 728; KG, NJW-RR 2006, 301, 302). Der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet es nicht, dass sich das Gericht den maßgeblichen Sachvortrag aus den zu Gericht gereichten Schriftsätzen und Anlagen zusammenzusuchen muss (BVerfG, GRUR 2001, 48).

Dies gilt hier insbesondere, da es sich um eine englisch-sprachige Erklärung handelt, die wiederum auf ebenfalls englisch-sprachige „Bylaws“ verweist. Nach der zwingenden Regelung des § 184 GVG ist Gerichtssprache deutsch, was jedenfalls für Erklärungen gegenüber dem Gericht gilt. Die bloße Bezugnahme auf eine fremdsprachige Anlage erfüllt nicht die Anforderungen an einen ordnungsgemäß in den Prozess eingeführten Vortrag (OLG Hamburg, Urteil vom 12.07.2007 – 3 U 39/07 – Rn. 44 bei Juris; Zöller/Lückemann, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 184 GVG Rn. 3). Den Parteien ist zudem bereits in der Prozessleitenden Verfügung vom 15.06.2015 (Bl. 48R GA) aufgegeben worden, „von allen fremdsprachigen Unterlagen mit dem betreffenden Schriftsatz eine deutsche Übersetzung einzureichen“. Wird auf eine solche Auflage hin von einer Partei keine Übersetzung eingereicht, muss – jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden – das fremdsprachige Schriftstück unbeachtet bleiben (Zöller/Lückemann, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 184 GVG Rn. 4).

Zum anderen scheint die Erklärung von Herrn L nicht die Vertretungsbefugnis von Herrn J für die Klägerin zu betreffen, sondern nur die von Herrn I für die AB, so dass für die Befugnis die Klägerin wirksam zu vertreten, auch aus diesem Grund kein substantiierter Vortrag vorliegt.

d)
Der Beweisantritt der Klägerin durch Benennung der Zeugen M und L ersetzt keinen substantiierten Vortrag dazu, warum die Unterzeichner jeweils zur Vertretung der AB bzw. der Klägerin alleine berechtigt gewesen sein sollen. Es fehlt jede Darlegung dazu, was die Zeugen zur Frage der Vertretungsberechtigung aussagen können sollen. Deren Vernehmung liefe daher auf eine unzulässige Ausforschung heraus.
2.
Die Aktivlegitimation lässt sich auch nicht aufgrund der in der Replik in Bezug genommenen Dokumente feststellen.

Hinsichtlich der Lizenzeinräumung trägt die Klägerin insoweit vor, die Patentinhaberin (D/AB) habe zunächst mit EF/G einen Lizenzvertrag (Anlage K.A.13) geschlossen, wobei eine Rechtsvorgängerin der Klägerin von EF/G eine ausschließliche Unterlizenz erhalten habe (Anlage HL(A)3). Später sei dann der Vertrag vereinfacht worden, indem eine unmittelbare Lizenzierung der Rechtsvorgängerin der Klägerin vereinbart worden sei (Anlage K.A.15). Anschließend seien mit Vertrag vom 06.11.2006 Änderungen vereinbart worden (Anlage K.A.16).

Hinsichtlich all dieser Verträge lässt sich ebenfalls die Vertretungsbefugnis der jeweils unterschreibenden Personen nicht feststellen. Die Beklagte hat diese hinsichtlich der Vereinbarung vom 15.12.2000 (Anlage K.A.13) bestritten (S. 3 letzter Abs. der Duplik = Bl. 177 GA). Die Zeichnungsberechtigung der unterzeichnenden Personen hat die Beklagte ebenfalls für die Vereinbarungen vom 16.05.2003 (Anlage HL(A)3; vgl. S. 5 Abs. 2 Klageerwiderung = Bl. 78 GA und S. 6 Abs. 5 Duplik = Bl. 180 GA), vom 16.12.2004 (Anlage K.A.15 bzw. Anlage HL(A)4; vgl. Bl. 5 Abs. 7 Klageerwiderung = Bl. 78 GA und S. 6 Abs. 5 Duplik = Bl. 180 GA) und vom 06.11.2006 (Anlage K.A.16, vgl. S. 7 Abs. 1 Duplik = Bl. 181 GA) bestritten.

Die Beklagte hat daraufhin zur Bevollmächtigung der jeweils unterzeichnenden Personen nicht weiter vorgetragen und auch kein Beweismittel angeboten, sondern die Verträge vom 07.06.2016 und 21./23.06.2016 vorgelegt. Insoweit kann auch aufgrund der älteren Dokumente die Aktivlegitimation nicht festgestellt werden.

3.
Da nicht substantiiert vorgetragen wurde, dass der Vertrag vom 21./23.06.2016 wirksam geschlossen wurde, kann sich die Aktivlegitimation auch nicht aus Ziffer 4 dieser Vereinbarung ergeben, in der nach dem Vortrag der Klägerin ihr das Recht zur Prozessführung eingeräumt wurde (vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 24.06.2016 = Bl. 217 GA).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
III.
Der Beklagten muss keine Schriftsatzfrist eingeräumt werden. Zum Schriftsatz vom 24.06.2016 hatte die Beklagte eine Schriftsatzfrist nur für den Fall beantragt, dass die Kammer nicht zur Abweisung der Kläger käme, was aber der Fall ist.

Für eine Schriftsatzfrist zum Schriftsatz der Klägerin vom 23.06.2016 liegen die Voraussetzungen des § 283 ZPO nicht vor. Zwar war der Schriftsatz der Klägerin verspätet, da er innerhalb der Wochenfrist (§ 132 Abs. 1 ZPO) einging, jedoch ist nicht ersichtlich, zu welchem neuen Vortrag im Schriftsatz vom 23.06.2016 sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2016 nicht erklären konnte.
IV.
Der Streitwert wird auf EUR 500.000,00 festgesetzt.