4a O 266/09 – Heizleitungsmatte

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1473

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. März 2010, Az. 4a O 266/09

Die einstweilige Verfügung vom 17.12.2009 wird aufrechterhalten.

Die Antragsgegnerinnen tragen die weiteren Kosten der Verfahrens je zur Hälfte.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerinnen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 157 XXX (Verfügungspatent) auf Unterlassung in Anspruch. Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des Verfügungspatents, das am 09.09.1999 unter Inanspruchnahme einer schwedischen Priorität vom 14.10.1998 angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 19.11.2003 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Mit Schriftsatz vom 16.02.2010 erhob die Antragsgegnerin zu 1) beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage mit dem Antrag, das Verfügungspatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Über die Nichtigkeitsklage wurde bislang nicht entschieden.

Das Verfügungspatent bezieht sich auf eine Heizleitungsmatte und ein Verfahren zur Herstellung derselben. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Patentanspruch 1 des Verfügungspatents, dessen Verfahrenssprache englisch ist, lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

Vorgefertigte Heizleitungsmatte (1), umfassend ein Halteelement (2) aus einem durchstoßenen flexiblen Material und eine Heizleitung (4), die auf dem Halteelement (2) angeordnet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass die Oberfläche (3) des Halteelements (2) klebend ist, und dass die Heizleitung (4) an das Halteelement (2) anstoßend angeordnet ist.

Wegen des Wortlauts der in Form von „insbesondere“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2 und 3 wird auf die Übersetzung der Verfügungspatentschrift (Anlage ASt 5) Bezug genommen.

Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Verfügungspatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine Ansicht einer Ausführungsform einer Heizkabelmatte. In Figur 3 ist die Explosionsansicht einer Heizleitungsmatte während des Herstellungsvorgangs abgebildet.
Die Antragsgegnerinnen vertreiben Heizleitungsmatten. Am 16.11.2009 bestellten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin zu 2) eine Heizleitungsmatte. Gegenstand der Bestellung war nach der Eingangsbestätigung „1 Stück G 1 m² bis 5 m² mit Thermostat H“ (angegriffene Ausführungsform) mit einer Leistung von 160 Watt/m² und einer Größe von 1 m². Daraufhin wurde die Heizleitungsmatte von der Antragsgegnerin zu 1), die in der Eingangsbestätigung schon als Kontoinhaber für die Entgeltzahlung genannt war, verschickt und am 27.11.2009 ausgeliefert. Auf der Umverpackung lautet die Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform „I 160_1.0M2/i“. Ein Muster der angegriffenen Ausführungsform befindet sich als Anlage ASt 20 bei der Akte und ist nachstehend teilweise abgebildet. Bereits mit einer einstweiligen Verfügung vom 04.09.2009 in dem Verfahren 4a O XXX/XX wurde den Antragsgegnerinnen untersagt, vorgefertigte Heizleitungsmatten mit den Merkmalen des Verfügungspatentanspruchs 1 zu vertreiben. Die angegriffene Ausführungsform unterscheidet sich von den Heizungsmatten, die Gegenstand des Verfahrens 4a O XXX/XX waren, dadurch, dass nicht das sich über die gesamte Breite der Matte erstreckende Netzmaterial mit einer klebenden Oberfläche versehen ist, sondern nur die sich auf der anderen Seite der Matte längs erstreckenden Streifen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Das Halteelement werde durch die drei netzförmigen Streifen gebildet, die jeweils mit einer klebenden Oberfläche versehen seien. Weiterhin sei auch ein Verfügungsgrund gegeben, da der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert sei.

Auf den Antrag der Antragstellerin vom 16.12.2009 hat die Kammer mit Beschluss vom 17.12.2009 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der den Antragsgegnerinnen unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist,

vorgefertigte Heizleitungsmatten, umfassend
– ein Halteelement aus einem durchstoßenen, flexiblen Material mit einer klebenden Oberfläche, und
– eine Heizleitung, die auf dem Halteelement anstoßend (nämlich aufliegend) angeordnet ist
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen.

Mit Schriftsatz vom 12.01.2010 haben die Antragsgegnerinnen gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfügung vom 17.12.2009 aufrechtzuerhalten.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 17.12.2009 den Antrag der Antragstellerin vom 16.12.2009 zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen sind der Ansicht, durch die angegriffene Ausführungsform werde das Verfügungspatent nicht wortsinngemäß verletzt. Die erfindungsgemäße technische Lehre sehe ein Halteelement mit klebender Oberfläche vor. Die Anordnung weiterer Halteelemente werde vom Verfügungspatentanspruch nicht umfasst. Dieser würde vielmehr voraussetzen, dass bereits ein erstes Halteelement mit klebender Oberfläche vorhanden sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien jedoch nur die drei schmaleren längsverlaufenden netzartigen Streifen klebend ausgestaltet, nicht aber das sich über die gesamte Breite der Heizmatte erstreckende Netz. Die Streifen bildeten zudem kein erstes Halteelement, weil die Aufbringung der Streifen auf den Heizleiter für sich genommen nicht zu einer stabilen Anordnung führen könne. Die Streifen mit dem Heizleiter könnten vielmehr haltlos auseinander und zueinander geschoben werden. Daher sei bei der angegriffenen Ausführungsform ein weiterer, als erstes Halteelement dienender Träger erforderlich, der aber gerade keine klebende Oberfläche aufweise. Die drei Streifen seien lediglich Befestigungselemente. Im Übrigen fehle es an einem Verfügungsgrund, weil der Rechtsbestand des Verfügungspatents im Hinblick auf die anhängige Nichtigkeitsklage nicht hinreichend gesichert sei.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung vom 17.12.2009 war nach dem Widerspruch der Antragsgegnerinnen zu bestätigen. Denn der Antrag der Antragstellerin vom 16.12.2009 auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerinnen einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

A
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerinnen einen Anspruch auf Unterlassung des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG, da die beanstandete Heizleitungsmatte von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch macht und von den Antragsgegnerinnen angeboten und veräußert wird, ohne dass diese dazu berechtigt sind.

I.
Das Verfügungspatent schützt im Patentanspruch 1 eine vorgefertigte Heizleitungsmatte.

In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, dass zum Einrichten einer elektrischen Bodenheizung die Heizleitung auf einem Untergrund, gewöhnlich direkt auf das vorhandene Material in Räumlichkeiten wie zum Beispiel Beton platziert werde. Die Leitung werde an dem Untergrund in einem vorgegebenen Muster befestigt und anschließend mit Kittmaterial bedeckt, um die Leitung dauerhaft in dem vorgegebenen Muster zu befestigen und unregelmäßige Ladungen auf der Leitung zu verteilen. Zum Schluss werde der in den Räumlichkeiten gewünschte Bodenbelag auf den Kitt gelegt.

Besteht der Untergrund aus feuergefährlichem Material wie Kunststoff oder Holz, ist es nach der Verfügungspatentschrift notwendig, eine nicht brennbare Schicht unter der Heizleitung aufzubringen. Diese Schicht weise gewöhnlich die Form eines Netzes auf. Das Netz könne außerdem zum Befestigen der Heizleitung in dem beabsichtigten Muster mittels Halteschellen oder -bändern an dem Netz verwendet werden. Als nachteilig wird in der Verfügungspatentschrift angesehen, dass das Anbringen der Leitung an dem Untergrund oder dem Netz häufig zeitaufwendig sei und einen schwierigen Arbeitsvorgang beim Einrichten einer Bodenheizung darstelle.

Im Stand der Technik sei es daher bekannt, eine Heizleitungsmatte bestehend aus einem Netz und einer daran angeordneten Leitung vorzufertigen. Zur Einrichtung der Bodenheizung könne die Leitungsmatte leicht in dem gewünschten Raum ausgerollt werden. Dafür werde die Leitung bereits in einem vorgegebenen Muster auf dem Netz angeordnet. Im Stand der Technik werde die Leitung mit Klebestreifen oder Bändern an dem Netz befestigt, die auf einer Seite oder auf beiden Seiten des Netzes in der Längsrichtung der Leitungsmatte angebracht werden. Beispielsweise würden sich in einer Ausführungsform drei Klebestreifen entlang der Heizmatte erstrecken und die Leitung in Position halten. Nach der Verfügungspatentschrift besteht dabei der Nachteil, dass eine solche Befestigung ein verhältnismäßig kompliziertes Vorfertigungsverfahren voraussetze, bei dem die Leitung dem Netz benachbart in Position gehalten werden müsse, um das Klebeband anbringen und damit die Leitung befestigen zu können. Das Kittmaterial, das zum Sichern der Matte auf dem Untergrund aufgetragen werde, könne das Klebeband nicht durchdringen. Daher bestehe die Gefahr, dass sich Luftblasen unter dem Netz bildeten. Dies führe zu unzureichendem Kontakt zwischen dem Untergrund und dem Bodenbelag, der auf dem Kitt angeordnet sei, was Risse oder ungleichmäßige Spannungen im Boden bewirken könne. Eine andere in der DE 4 136 019 offenbarte Lösung, bei der die Leitung an das Netz „genäht“ werde, wird in der Verfügungspatentschrift als noch zeitaufwendiger und teurer angesehen.

Dem Verfügungspatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Heizleitungsmatte zur einfachen Einrichtung einer Bodenheizung bereitzustellen, die gleichzeitig leicht hergestellt werden kann. Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Heizleitungsmatte bereitzustellen, die in Verbindung mit der Einrichtung Kittmaterial zufriedenstellend durchlässt.

Dies soll durch den Verfügungspatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Vorgefertigte Heizleitungsmatte (1), umfassend
1.1 ein Halteelement (2)
1.1.1 aus einem durchstoßenen flexiblen Material und
1.1.2 dessen Oberfläche (3) klebend ist,
1.2 eine Heizleitung (4),
1.2.1 die auf dem Haltelement (2) angeordnet ist und
1.2.2 die an das Halteelement (2) anstoßend angeordnet ist.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Verfügungspatentanspruchs wortsinngemäß. Dies gilt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen auch für die Merkmalsgruppe 1.1.

1.
Erfindungsgemäß umfasst eine vorgefertigte Heizleitungsmatte zumindest ein Halteelement und eine Heizleitung. Das Halteelement besteht nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs aus einem durchstoßenen flexiblen Material und weist eine klebende Oberfläche auf. Die Heizleitung wird unmittelbar – mit den Worten des Verfügungspatentanspruchs: „anstoßend“ – auf der klebenden Oberfläche angeordnet. Begrifflich und auch nach der Beschreibung des Verfügungspatents hat das Haltelement damit die Funktion, noch vor der Einrichtung der Bodenheizung die Heizleitung mittels der klebenden Oberfläche in der für die Einrichtung gewünschten Position zu halten. Die klebende Oberfläche des Halteelements übernimmt damit die Aufgabe, die im Stand der Technik bereits die Halteschellen oder -bänder beziehungsweise die Klebestreifen innehatten, mit denen die Heizleitung am Netz befestigt wurde (Abs. [0005] und [0006]; Textstellen ohne Herkunftsangabe stammen aus der Verfügungspatentschrift). Im Unterschied zum Stand der Technik erlaubt die Verwendung eines Halteelements mit klebender Oberfläche jedoch eine schnellere und einfachere Vorfertigung und damit eine einfachere Bereitstellung einer Heizleitungsmatte (Abs. [0012]). Zudem lässt das durchstoßene Material, aus der das Halteelement bestehen soll, im Unterschied zu den aus dem Stand der Technik bekannten Klebestreifen das Kittmaterial besser durch (Abs. [0013]).

Der Begriff des Halteelements im Verfügungspatentanspruch setzt entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen nicht voraus, dass es sich um einen einzelnen, einstückig ausgebildeten Bestandteil der Heizleitungsmatte handeln muss. Nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs unter Berücksichtigung der Funktion des Halteelements bildet jedes durchstoßene, flexible Material mit einer klebenden Oberfläche ein Halteelement im Sinne der geschützten technischen Lehre, wenn es geeignet ist, die Heizleitung mittels der klebenden Oberfläche in der für die Einrichtung der Heizung gewünschten Position zu halten. Dafür ist es nicht erforderlich, dass sich das Halteelement über die gesamte Breite des von der Heizleitung gebildeten Musters erstreckt. Ebenso wenig ist es notwendig, das Halteelement einstückig auszubilden. Die Wortwahl „ein“ Halteelement ist nicht als Zahlwort zu verstehen, was durch die maßgebliche englischsprachige Originalfassung der Verfügungspatentschrift erst recht deutlich wird, in der es „a supporting element“ und nicht „one supporting element“ heißt. Darüber hinaus wird in der Verfügungspatentschrift eine bevorzugte Ausführungsform beschrieben (Abs. [0015] und [0024]) und figürlich dargestellt (Figur 1 bis 3), die ein zusätzliches, aus mehreren längs verlaufenden Streifen bestehendes Halteelement aufweist. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, den Begriff des Halteelements hinsichtlich des ersten und zweiten Halteelements unterschiedlich auszulegen, zumal in der Verfügungspatentschrift ausdrücklich darauf hingewiesen wird, „die Proportionen in dem gezeigten Beispiel zwischen den Abmessungen der Leitung, der Breite der Heizleitungsmatte, der Maschengröße des Netzes usw. sollten nicht als die Erfindung einschränkend betrachtet werden“ (Abs. [0023]).

2.
Die angegriffene Ausführungsform weist ein solches Halteelement im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs auf. Es handelt sich dabei um die drei längs der Heizleitungsmatte verlaufenden Streifen, die aus einem durchstoßenen, flexiblen Material bestehen und eine klebende Oberfläche aufweisen. Die Streifen sind geeignet, die Heizleitung mittels ihrer klebenden Oberfläche in der für die Einrichtung der Heizung gewünschten Position zu halten. Die Biegungen der schlangenförmig befestigten Heizleitung können sich nicht aufbiegen, weil sie durch die klebende Oberfläche des jeweils äußeren Streifens in ihrer Position gehalten werden. Aber auch die Streifen selbst können nicht nennenswert aufeinander zu und voneinander weg bewegt werden, weil die Heizleitung keine hohe Biegsamkeit aufweist und die Abstände zwischen den aus einem recht steifen Netzmaterial gebildeten Streifen gering sind. Wird bei dem zur Akte gereichten Muster das nicht klebende netzförmige Material von den drei gegenüberliegenden klebenden Streifen abgezogen, lassen sich die Streifen mit der darauf befestigten Heizleitung noch immer ausrollen, ohne dass das vorgefertigte Muster der auf dem Halteelement angeordneten Heizleitung wesentlich verändert wird. Das auf der anderen Seite der Heizleitungsmatte befindliche Netzmaterial mag zwar die Anordnung der Heizleitung zusätzlich stabilisieren. Das ändert aber nichts daran, dass bereits die mit der klebenden Oberfläche versehenen Streifen die erfindungsgemäße Funktion eines Halteelements erfüllen und als ein solches Halteelement anzusehen sind.

Die Antragsgegnerinnen können dagegen nicht mit Erfolg einwenden, Trägermaterial sei bei der angegriffenen Ausführungsform das breite, nicht klebende Netzmaterial, während es sich bei den mit der klebenden Oberfläche versehenen Streifen lediglich um die aus dem Stand der Technik bekannten Klebestreifen handele, mit denen die Heizleitung auf dem Trägermaterial befestigt werde. Weder das Herstellungsverfahren noch die anschließende Verwendung der angegriffenen Heizleitungsmatte rechtfertigen eine solche Auffassung. Für die Frage, ob die Merkmale eines Vorrichtungsanspruchs verwirklicht sind, ist die Art und Weise der Herstellung der Vorrichtung grundsätzlich ohne Belang. Zwar besteht eine der im Verfügungspatent genannten Aufgaben darin, eine Heizleitungsmatte bereitzustellen, die leicht hergestellt werden kann. Das von den Antragsgegnerinnen dargestellte Herstellungsverfahren, bei dem zunächst das nicht klebende Netzmaterial auf der Arbeitsfläche ausgebreitet, anschließend die Heizleitung per Hand entlang der stiftförmigen Führungselemente angeordnet wird und schließlich die mit der klebenden Oberfläche versehenen Streifen aufgebracht werden, ist aber nicht aufwendiger als das in der Verfügungspatentschrift beschriebene Herstellungsverfahren, das in gleicher Weise abläuft (Abs. [0026] und Figur 3), insbesondere wenn ein zweites Halteelement aufgebracht wird. Der Umstand, dass die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform mit dem nicht klebenden Netzmaterial beginnt, macht dieses noch nicht zu einem ersten – allerdings nicht klebenden – Halteelement und die zum Schluss aufgebrachten Streifen zu Klebestreifen, wie sie im Stand der Technik bekannt waren. Zum einen ist die Herstellung der angegriffenen Ausführungsform nicht auf das Herstellungsverfahren der Antragsgegnerinnen beschränkt; vor allem kann die Herstellung auch mit den drei klebenden Streifen begonnen werden. Zum anderen sind die drei mit einer klebenden Oberfläche versehenen Streifen der angegriffenen Ausführungsform anders als im Stand der Technik netzförmig ausgebildet, so dass das Kittmaterial diese Streifen durchdringen kann und der mit den aus dem Stand der Technik bekannten Klebebändern verbundene Nachteil (vgl. Abs. [0007]) vermieden wird.

B
Die Antragstellerin hat einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

Als Verfügungsgrund erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung die unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermittelnde Dringlichkeit der einstweiligen Regelung. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 940 ZPO). Diese Prüfung erfordert unter anderem eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl., § 139 PatG Rn 153a m.w.N.). Dabei sind neben dem Interesse des Patentinhabers, sein zeitlich begrenztes Ausschlussrecht sofort durchzusetzen, und den mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung verbundenen Nachteilen für den Schuldner auch Zweifel an der Schutzfähigkeit des Patents und die Wahrscheinlichkeit seines Rechtsbestands zu berücksichtigen (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 139 Rn 391).

I.
In zeitlicher Hinsicht hat die Antragstellerin innerhalb von drei Wochen den Erlass der einstweiligen Verfügung beantragt und damit ihr Interesse an einer Eilentscheidung in tatsächlicher Hinsicht zu erkennen gegeben. Am Freitag, 27.11.2009 wurde dem Partner des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin das Muster der beanstandeten Heizleitungsmatte geliefert und bereits am 17.12.2009 ging der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Gericht ein.

II.
Was den Rechtsbestand des Verfügungspatents betrifft, ist dieser nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung des für den Erlass einer einstweiligen Verfügung geltenden Maßstabs hinreichend gesichert. Insofern gilt, dass bei einer Sachlage, die im Hauptverfahren zu einer Aussetzung wegen eines anhängigen Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahrens führen würde, eine einstweilige Verfügung nicht erlassen werden kann (OLG Düsseldorf GRUR 1983, 79; OLG Frankfurt GRUR-RR 2003, 263). Darüber hinaus kann der Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits unangemessen sein, weil der Antragsgegner aufgrund der Situation in einem Eilverfahren in seinen Möglichkeiten beschränkt ist, die mangelnde Schutzfähigkeit eines Patents und die Erfolgsaussichten eines Nichtigkeitsverfahren kurzfristig darzulegen, oder weil das Gericht aufgrund der Eilbedürftigkeit gehindert ist, neu entgegengehaltenen Stand der Technik im Hinblick auf die Frage der Schutzfähigkeit eingehend zu würdigen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl.: § 139 PatG Rn 153b m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Spätestens mit der Zustellung der ersten einstweiligen Verfügung vom 04.09.2009 am 10.09.2009 beziehungsweise 19.09.2009 war den Antragstellerinnen das Verfügungspatent bekannt. Entsprechend haben sie nach weiterem Stand der Technik gesucht und, nachdem sie die recherchierten Entgegenhaltungen der Antragstellerin bereits schriftsätzlich mitgeteilt hatten, am 16.02.2010 Nichtigkeitsklage erhoben. Aufgrund dieses Zeitabstands und der Tatsache, dass die mit dem Verfügungspatent geschützte Technik einfach gelagert ist, sind an den Rechtsbestand des Verfügungspatents keine übersteigerten Anforderungen zu stellen.

1.
Nach diesen Grundsätzen ist der Rechtsbestand des Verfügungspatents auch im Hinblick auf die als Entgegenhaltung AG 2 vorgelegte Offenlegungsschrift DE 41 12 565 A1 hinreichend gesichert, weil diese kein Halteelement mit einer klebenden Oberfläche offenbart. Gegenstand der Entgegenhaltung AG 2 ist eine Heizmatte bestehend aus einem flächenförmigen, flexiblen Träger mit poröser Struktur und einem mit dem Träger verbundenen Heizleiter (Sp. 1 Z. 3-5 und 36-39 der Anlage AG 2). Hinsichtlich einer bevorzugten Ausführungsform wird in der Entgegenhaltung AG 2 eine Heizmatte beschrieben, deren Träger aus zwei miteinander verbundenen Bahnen besteht, zwischen denen der Heizleiter angeordnet ist (Sp. 2 Z. 29-31 der Anlage AG 2). In der Entgegenhaltung wird vorgeschlagen, die beiden Bahnen durch Nähen, Heften, Anbinden oder durch Verkleben miteinander zu verbinden (Sp. 2 Z. 35-37 der Anlage AG 2). Es wird jedoch nicht beschrieben, dass eine der Bahnen eine klebende Oberfläche aufweist, deren erfindungsgemäße Funktion darin besteht, noch vor der Einrichtung der Bodenheizung den Heizleiter in der für die Einrichtung gewünschten Position auf dem Träger zu halten. Aus dem Hinweis in der Entgegenhaltung AG 2, dass die Bahnen durch Verkleben verbunden werden, lässt sich nichts für die Befestigung der Heizleitung auf einer der Bahnen entnehmen. Vielmehr wird in der Entgegenhaltung AG 2 vorgeschlagen, den Heizleiter mit dem Träger an Befestigungspunkten zu verbinden, die durch aufgeklebte Streifen oder Naht-, Heft- oder Anbindestellen gebildet werden (Sp. 2 Z. 17-26 der Anlage AG 2; vgl. auch Sp. 3 Z. 55-58 und Sp. 3 Z. 66 bis Sp. 4 Z. 2 der Anlage AG 2). Allgemein werden in der Entgegenhaltung AG 2 diese punktförmigen Befestigungsstellen als vorteilhaft angesehen; sie sollen auch dann verwendet werden, wenn der Heizleiter sandwichartig zwischen zwei porösen Bahnen liegt (Sp. 4 Z. 3-5 der Anlage AG 2). Die Befestigung des Heizleiters mittels einer klebenden Oberfläche des Trägers wird damit in der Entgegenhaltung AG 2 gerade nicht offenbart.

2.
Ebenso wenig wird in der von den Antragsgegnerinnen als Anlage AG 3 entgegengehaltenen Offenlegungsschrift DE 28 50 XXX ein Halteelement mit einer klebenden Oberfläche beschrieben. Gegenstand der DE 28 50 XXX ist eine elektrische Heizeinrichtung, bei der der Heizleiter zwischen zwei aus thermoplastischem Kunststoff bestehenden oder von thermoplastischem Kunststoff umhüllten Trägerteilen fixiert ist. In der Entgegenhaltung AG 3 wird ausgeführt, dass die „vorläufige Festlegung [des Heizleiters auf dem unteren Trägerteil] für die Montage, d. h. für die Befestigung zwischen oberem und unterem Trägerteil, z.B. durch einfach zu bildende Nagelschablonen, erfolgen kann. Die Festlegung selbst ist durch Verklebung, durch Fadenheftung oder durch jede andere geeignet erscheinende verbindende Maßnahme durchführbar“ (S. 5 letzter Absatz der Anlage AG 3). Es wird jedoch nicht beschrieben, dass die Oberfläche des unteren Trägerteils selbst klebend ausgestaltet sein soll, um den Heizleiter für die Einrichtung der Bodenheizung in der gewünschten Position zu fixieren. Vielmehr entnimmt der Fachmann der soeben zitierten Textstelle, dass lediglich die vorläufige Festlegung des Heizleiters für die Montage zwischen oberem und unterem Trägerteil beschrieben wird. Die abschließende Fixierung zwischen den beiden Trägerteilen erfolgt dergestalt, dass eine weitere Trägerfläche auf das untere Trägerteil gelegt wird und beide Trägerflächen thermisch verbunden werden (S. 6 dritter Absatz der Anlage AG 3). Entsprechend wird im Rahmen des dargestellten Ausführungsbeispiels dargestellt, dass der Heizleiter auf dem unteren Trägerteil lediglich ausgelegt und durch Hilfsmittel, zum Beispiel durch punktuelles Kleben, provisorisch in seiner Lage gesichert wird (S. 7 zweiter Absatz der Anlage AG 3). Der Fachmann wird daher aus dem Hinweis auf eine Verklebung zur vorläufigen Festlegung des Heizleiters nicht entnehmen, dass die gesamte Oberfläche des unteren Trägerteils klebend auszugestalten ist, weil dies mit einem höheren Materialaufwand verbunden wäre und eine abschließende Fixierung im Übrigen durch die thermische Verbindung der Trägerflächen erfolgt. Eine neuheitsschädliche Offenbarung der erfindungsgemäßen Lehre des Verfügungspatents enthält die Entgegenhaltung AG 3 demgemäß nicht.

3.
Gleiches gilt für die als Anlage AG 4 vorgelegte Offenlegungsschrift DE 2 209 XXX, weil diese ebenfalls kein Halteelement mit einer klebenden Oberfläche offenbart. Die Befestigung der Heizleitung am Träger erfolgt hier mittels Federn, Klammern, federnder Schellen oder mit Hilfe eines Bindedrahtes oder Bindebandes (S. 10 und Anspruch 14 der Anlage AG 4).

4.
In der als Anlage K 5 zur Nichtigkeitsklage vorgelegten Entgegenhaltung US 1,017,160 wird lediglich beschrieben, dass der Heizleiter auch mittels eines Klebemittels gesichert werden kann, statt ihn zu vernähen (S. 2 Z. 55-59 der Anlage K 5). Da aber die Verwendung des Klebers bevorzugt für offenes Gewebe empfohlen wird, besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die Oberfläche des Trägers selbst klebend ausgebildet sein soll. Vielmehr bildet der Kleber nur eine Alternative zum Vernähen des Heizleiters und soll daher allenfalls punktuell in bestimmten Abständen erfolgen (vgl. S. 2 Z. 52-54 der Anlage K 5). Entsprechend enthält der Patentanspruch 7 der Entgegenhaltung K 5 die Anweisung, das Heizelement auf seiner gesamten Länge nur in bestimmten Abständen mittels eines Klebers zu befestigen.

5.
Eine Heizmatte mit einem eine klebende Oberfläche aufweisenden Halteelement wird auch nicht in der Patentanmeldung DE 197 14 XXX A1 (Anlage AG 6) beschrieben. Gegenstand der Entgegenhaltung AG 6 ist eine flexible Heizmatte, die aus einem elektrisch leitfähigen flexiblen Heizmittel, das mit einer flexiblen Tragschicht verbunden ist, aus einer flexiblen Schutzabdeckung und einer Kabelzuführung besteht. Anspruch 2 der Patentanmeldung sieht eine Heizmatte vor, bei der das Heizmittel – eine elektrisch leitfähige Kunststofffolie – mit der Tragschicht ganzflächig klebend verbunden ist. Eine bevorzugte Ausführungsform wird in der Entgegenhaltung AG 6 dahingehend beschrieben, dass Heizmittel in Form einer elektrisch leitfähigen Kunststofffolie mit der Tragschicht ganzflächig klebend verbunden wird. Dabei werde eine einseitig klebend ausgestattete elektrisch leitfähige Kunststofffolie zum Einsatz gebracht, möglich sei es aber auch, für die Klebverbindung zwischen dem Heizmittel und der Tragschicht einen Klebstoff anzuwenden (Sp. 2 Z. 51-59 der Anlage AG 6). Die Entgegenhaltung AG 6 geht also davon aus, dass das Heizmittel selbst klebend ausgestattet wird oder ein separater Kleber verwendet wird. Es wird jedoch nicht beschrieben, dass die Tragschicht selbst eine an sich klebende Oberfläche aufweist. Welchen Anlass der Fachmann haben sollte, von dieser Beschreibung ausgehend die Oberfläche der Tragschicht ganzflächig klebend auszugestalten, ist nicht dargelegt. In der Entgegenhaltung werden verschiedene Möglichkeiten erläutert, das Heizmittel auf der Tragschicht zu fixieren (vgl. Sp. 2 Z. 60 bis Sp. 3 Z. 41 der Anlage AG 6). Die Möglichkeit, die Tragschicht selbst mit einer klebenden Oberfläche auszustatten, wird gerade nicht vorgeschlagen.

6.
Die erfindungsgemäße Lehre wird schließlich auch nicht durch die Patentanmeldung DE 43 21 XXX A1 (Anlage AG 7) neuheitsschädlich offenbart, weil die darin beschriebene elektrische Heizmatte ebenfalls kein Halteelement mit klebender Oberfläche offenbart. Vielmehr soll der Heizdraht zwischen verschieden verlaufende selbstständige Fadenscharen eingebettet sein, mit denen er mittels Klebemasse verbunden ist (Sp. 1 Z. 34-45 und Sp. 2 Z. 7-16). Dass die gesamte Oberfläche des aus Fadenscharen gebildeten Halteelements klebend ausgestaltet ist, wird nicht beschrieben.

7.
Da keine der vorstehenden Entgegenhaltungen ein Halteelement mit einer klebenden Oberfläche im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs offenbart, ist die erfindungsgemäße Lehre auch nicht durch eine beliebige Kombination der verschiedenen Entgegenhaltungen nahegelegt, wie es in der Nichtigkeitsklage vertreten wird. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Anlass der Fachmann die verschiedenen Entgegenhaltungen kombinieren sollte, um zur erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen.

8.
Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte, nicht nachgelassene Schriftsatz der Antragsgegnerinnen vom 24.03.2010 rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

C
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es aufgrund der die einstweilige Verfügung bestätigenden Entscheidung und der infolgedessen fortwirkenden Vollziehbarkeit der Verfügung nicht.

Streitwert: 250.000,00 EUR
Davon entfallen auf jede Antragstellerin jeweils 125.000,00 EUR