4a O 284/10 – Hubstütze für Wohnmobile

Düsseldorfer Entscheidungs Nr.: 2519

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 14. Juni 2016, Az. 4a O 284/10

I. Die Beklagten werden verurteilt verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen

a) höhenverstellbare Hubstützen für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (A‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in einer Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) eine Stützachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘) versehen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, anzubieten oder zu gebrauchen oder zu diesen Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen sich die Umlenkstange (8, 8‘) entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite erstreckt und an der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) geführt ist;
(Anspruch 1 EP 1 916 XXX B1)

b) höhenverstellbare Hubstützen, für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger, an dem die ein äußeres Rohr sowie zumindest ein inneres Rohr aufweisende Hubstütze als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre durch eine eine antreibbare Gewindespindel aufweisende Mitnahmevorrichtung verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung die Hubstütze aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung hin verlagerbar und dabei das innere Rohr mittels der Gewindespindel in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung mit zumindest einer am äußeren Rohr geführten und am Träger eine ortsfeste Stützachse aufweisenden Umlenkstange versehen ist,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die stangenförmige Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist;
(Anspruch 1, DE 20 2006 016 XXX)

2. dem Kläger unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1.a) bezeichneten Handlungen seit dem 19.06.2010 sowie die zu Ziffer I.1.b) bezeichneten Handlungen seit dem 03.05.2008 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufge-schlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagten hinsichtlich der Angaben zu lit. a) Auftragsbestätigungen oder Rechnungen in Kopie vorzulegen haben,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, diesem gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen, dem Kläger auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nicht-gewerblicher Abnehmer der Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die vorstehend zu Ziffer I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Ab-nehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, darüber schriftlich informiert werden, dass das Gericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1 916 XXX und des Kla-gegebrauchsmusters DE 20 2006 016 XXX erkannt hat, ihnen ein Angebot zur Rücknahme dieser Erzeugnisse durch die Beklagte zu 1) unterbreitet wird und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rücknahme der Erzeugnisse eine Erstattung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises bzw. eines sonstigen Äquivalents für die zurückgerufenen Erzeugnisse sowie die Übernahme der Verpa-ckungs- und Transport- bzw. Versendungskosten für die Rückgabe zugesagt wird.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch ver-pflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die zu Ziffer I.1.a) bezeichneten, seit dem 19.06.2010 begangenen Handlungen sowie durch die zu Ziffer I.1.b) bezeichneten, seit dem 03.05.2008 begangenen Handlungen, entstanden ist oder noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.288,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.05.2010 zu zahlen.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die Widerklage wird abgewiesen.

VII. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Beklagte zu 1) zu 2/3 und die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) zu jeweils 1/9.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 200.000,00.
T a t b e s t a n d

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen behaupteter Patent- und Gebrauchsmusterverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Feststellung, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet sind, in Anspruch. Die Beklagte zu 1) nimmt er zusätzlich auf Rückruf patentverletzender Gegenstände und Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch. Die Beklagte zu 1) begehrt hilfsweise widerklagend die Übertragung des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters auf sie.

Der Kläger ist der im Register des Deutschen- Patent- und Markenamts eingetragene Inhaber des deutschen Teils des Europäischen Patents EP 1 916 XXX (nachfolgend: Klagepatent, vorgelegt als Anlage rop1). Das in deutscher Verfahrenssprache erteilte Klagepatent nimmt das Prioritätsdatum 26.10.2006 des Deutschen Gebrauchsmusters DE 20 2006 016 XXX (nachfolgend: Klagegebrauchsmuster) in Anspruch und wurde am 02.10.2007 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 19.05.2010 vom Europäischen Patentamt veröffentlicht.

Das Klagepatent steht in Kraft. In einem von der Beklagten zu 1) angestrengten Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt wurde das Klagepatent im Umfang eines Hilfsantrages beschränkt aufrecht erhalten (vgl. Anlage rop16). Nachdem der Kläger seine hiergegen eingelegte Beschwerde in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer zurückgenommen hat (vgl. Anlage rop24), ist der Beschluss der Einspruchsabteilung rechtskräftig geworden.

Der geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der von der Einspruchsabteilung beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt:

„Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) eine Stützsachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘) versehen ist,

dadurch gekennzeichnet, dass sich die Umlenkstange (8, 8‘) entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite erstreckt und an der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) geführt ist.“

Für die von Anspruch 1 abhängigen Unteransprüche wird auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung in Anlage rop16 verwiesen.

Im Folgenden werden zur Verdeutlichung der geschützten Lehre Fig. 1, 3 und 4 des Klagepatents verkleinert eingeblendet, die nach der Patentbeschreibung ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen:

Daneben ist der Kläger Inhaber des bereits erwähnten Gebrauchsmusters DE 20 2006 016 XXX (Klagegebrauchsmuster, vorgelegt als Anlage rop6). Das Klagegebrauchsmuster wurde am 26.10.2006 angemeldet, am 28.02.2008 eingetragen und dessen Eintragung am 03.04.2008 im Patentblatt bekannt gemacht.

Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft. Auf ein von der Beklagten zu 1) angestrengtes Löschungsverfahren wurde das Klagegebrauchsmuster von der Löschungsabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts in einem beschränkten Umfang aufrecht erhalten (vgl. Anlage rop18). Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde hielt das Bundespatentgericht das Klagegebrauchsmuster in einem anderen eingeschränkten Umfang aufrecht (vgl. Anlagen rop21 / rop22). In der vom Bundespatentgericht aufrechterhaltenen Fassung lautet Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wie folgt:

„Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile, mit einem an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2), an dem die ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) aufweisende Hubstütze (1, 1‘) als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert ist, wobei die beiden Rohre (3, 4) durch eine eine antreibbare Gewindespindel (5) aufweisende Mitnahmevorrichtung (6) verbunden sind, derart, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar und dabei das innere Rohr (4, 4‘) mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar ist, wobei die Mitnahmevorrichtung (6) mit zumindest einer am äußeren Rohr (3) geführten und am Träger (2) einer ortsfeste Stützachse (7) aufweisenden Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen ist,

dadurch gekennzeichnet, dass die stangenförmige Umlenkstange (8, 8‘) an der Innenseite (9) des äußeren Rohres geführt ist.“

Für die hiervon abhängigen Unteransprüche wird auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 10.06.2015 (Anlage rop22) verwiesen.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2), zu 3) und zu 4) sind, vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland eine Fußstütze „A“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform), die sie von dem Unternehmen B d.o.o. aus Slowenien bezieht. Diese Fußstütze ist wie aus den nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (aus Anlage rop9) ersichtlich gestaltet:

Die angegriffene Ausführungsform verfügt über einen lang gestreckten Gegenstand, der innenseitig an der Stütze angeordnet ist und an dessen Ende sich die in der vorstehenden, rechten Abbildung zu sehende Kreuzschlitzschraube befindet. Dabei handelt es sich um eine (von den Beklagten so bezeichnete) Linearführung. Darüber hinaus verfügt die Stütze über eine außen angeordnete, in der vorstehenden Abbildung zu sehende, längliche Platte (von den Beklagten als „Umlenkplatte“ bezeichnet), die an einer Achse am Träger der angegriffenen Ausführungsform angebracht ist und mit der Linearführung über die Kreuzschlitzschraube verbunden ist.

Wie sich auch aus dem in Anlage rop12 vorgelegten Katalog der Beklagten ergibt, wird die angegriffene Ausführungsform an ein Wohnmobil angebracht. Durch das Kurbeln an einer Sechskantschraube wird die angegriffene Ausführungsform zwischen einer horizontalen und einer vertikalen Stellung verschwenkt, wobei gleichzeitig das innere Rohr ausgefahren wird. Ist die vertikale Stellung der Stütze erreicht, führt die weitere Betätigung der Kurbel zum weiteren Ausfahren des inneren Rohrs samt daran angebrachten Standfußes. Zur Veranschaulichung wird nachfolgend ein Auszug aus einem Werbeprospekt der Beklagten (Anlage rop12) eingeblendet:

Der Kläger sandte an die Beklagte zu 1) ein patentanwaltliches Schreiben vom 09.07.2010 (Anlage B10) und machte hierin eine Patentverletzung geltend.
Der Kläger trägt vor, die angegriffene Ausführungsform mache jeweils von Anspruch 1 der aufrecht erhaltenen Fassung des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters (nachfolgend zusammenfassend: Klageschutzrechte) wortsinngemäß Gebrauch.

Der Kläger ist der Auffassung, die Klageschutzrechte verlangten als Umlenkstange nur eine körperliche Ausgestaltung eines mechanischen, stangenförmigen Elements, die geeignet ist, zur Kraftübertragung und Stabilisierung der höhenverstellbaren Hubstütze beizutragen. Diese könne schutzrechtsgemäß auch mehrteilig ausgestaltet sein. Da eine mehrteilige Umlenkstange innerhalb der Lehre der Klageschutzrechte liege, sei es auch zulässig, dass lediglich ein Teil der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist, während der andere Teile der Umlenkstange die Stützachse aufweist und beide Teil miteinander gelenkig verbunden sind.

Auch das im Einspruchsverfahren des Klagepatents neu hinzugefügte Merkmal werde von der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.

Entsprechendes gelte für den geltend gemachten Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der aufrecht erhaltenen Fassung.

Der Kläger ist der Auffassung, das Schreiben vom 09.07.2010 sei eine Abmahnung, so dass die hierfür entstandenen Kosten erstattet werden müssten.

Der Kläger bestreitet einen Erfindungsbesitz und entsprechende Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung seitens der B, die ursprünglich für ein Unternehmen des Klägers schutzrechtsgemäße Stützen produziert hat. Dies sei schon nicht hinreichend dargelegt. Auch eine widerrechtliche Entnahme durch den Kläger sei nicht dargelegt und unzutreffend. Das von der C AG, einem Unternehmen des Klägers, an die B gelieferte Muster einer Hubstütze habe eine innen liegende Umlenkstange aufgewiesen.

Der Kläger beantragt,

im Wesentlichen wie zuerkannt, hinsichtlich des Zahlungsantrages (Ziff. IV) jedoch in Höhe von EUR 3.652,00.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise:

den Beklagten nachzulassen, die vorläufige Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden.

Hilfsweise widerklagend, für den Fall, dass die Klage nicht abgewiesen wird, beantragt die Beklagte zu 1),

1. den Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, das Europäische Patent EP 1 916 XXX B1 auf die Wiederklägerin, die Beklagte zu 1), zu übertragen und in die Umschreibung des Patents in der Rolle beim Europäischen Patentamt einzuwilligen;

2. den Kläger und Wiederbeklagten zu verurteilen, das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2006 016 XXX U1 auf die Wiederklägerin, die Beklagte zu 1), zu übertragen und in die Umschreibung des Gebrauchsmusters in der Rolle beim Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen.

Hinsichtlich der Widerklage beantragt der Kläger,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletzte das Klagepatent und das Klagegebrauchsmuster jeweils weder wortsinngemäß noch auf äquivalente Weise. Die angegriffenen Ausführungsformen verfügten nicht über eine Umlenkstange im Sinne der Klageschutzrechte. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei nur einerseits eine reine Linearführung und andererseits eine außen angeordnete Platte („Umlenkplatte“) vorhanden, wobei letztere zwar die Umlenkung bewirke, aber nicht als Stange ausgebildet sei.

Die Fig. 5 – 7 des Klagepatents zeigten den Stand der Technik und könnten damit die Zulässigkeit einer mehrteiligen Stange nicht begründen, da hierin eben keine schutzrechtsgemäße Umlenkstange gezeigt sei.

Daneben sei bei den angegriffenen Ausführungsformen auch keine innenseitige Führung gemäß den Klageschutzrechten vorhanden. Insofern verlangten die Klageschutzrechte eine Anordnung der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohrs. Selbst wenn man bei der angegriffenen Ausführungsform eine schutzrechtsgemäße Umlenkstange sehen würde, wäre diese an der Außenseite des äußeren Teleskoprohres angeordnet und geführt. Schutzrechtsgemäß müsse die gesamte Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohrs geführt werden.

Ferner hätten bei einer schutzrechtsgemäßen Ausführungsform wie nach Fig. 3 des Klagepatents Umlenkstange und Hubstütze mit äußerem Rohr jeweils unterschiedliche Rotationsachsen. Daher könne die Umlenkstange keine Führung an der Innenseite des äußeren Rohres haben. Insofern könne der Anspruchswortlaut „an der Innenseite geführt“ keinen Hinweis auf eine tatsächliche Führung sein, da es bei der beschriebenen Konstruktion keine solche Führung geben könne. Gefordert werde von den Klageschutzrechten daher mit diesem Merkmal, dass die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres angeordnet ist.

Die angegriffene Ausführungsform erfülle das Merkmal des Klagepatents nicht, wonach sich die Umlenkstange „entlang der Innenseite des äußeren Rohres an der der Gewindespindel zugewandten Seite erstreckt“. Die Umlenkplatte erstrecke sich auf der Außenseite des äußeren Rohres, alleine die (Linear-) Führung erfolge auf der Innenseite. Erfindungswesentlich sei das Vermeiden von Schlitzen durch dieses Merkmal, wodurch Verschmutzungen verhindert werden könnten. Diese werde bei der angegriffenen Ausführungsform nicht erreicht.

Das Klagegebrauchsmuster wiederum hebe sich vom Stand der Technik durch das Merkmal ab, dass die Umlenkstange „stangenförmig“ sein müsse. Bei der angegriffenen Ausführungsform existiere keine „stangenförmige Umlenkstange“, sondern nur die Umlenkplatte.

Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform liege zudem Erschöpfung vor. Die Lieferantin der Beklagten, das Unternehmen B, sei aufgrund eines Vorbenutzungsrechts berechtigt, klageschutzrechtsgemäße Hubstützen herzustellen und zu vertreiben. Die Erfindung (Gegenstand der Klageschutzrechte) stamme von einem Mitarbeiter der B und sei dem Kläger bereits unter dem 09.06.2006 angeboten worden (also 4 Monate vor dessen Prioritätstag). Der Kläger habe dann ohne Berechtigung die Klageschutzrechte angemeldet.

Wenn der Klage stattgegeben werde, seien die Klageschutzrechte aufgrund der Übertragung der Rechte aus der Erfindung durch B bzw. deren behaupteten Erfinder auf die Beklagte zu 1) von der Klägerin an die Beklagte zu 1) zu übertragen.

Es liege keine Abmahnung vor, da es an einer unbedingten Drohung mit einer Klageerhebung gefehlt habe. Angemessen sei zudem nur eine Gebühr von 1,3.

Die Klage ist den Beklagten jeweils am 03.05.2010 zugestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2012 (Bl. 91 f. GA) und vom 12.05.2016 (Bl. 188 f. GA) Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139, 140a, 140b PatG, §§ 24, 24a, 24b GebrMG, §§ 242, 259 BGB zu, allerdings ist der Zahlungsantrag hinsichtlich der Abmahnkosten nicht in voller Höhe begründet (hierzu unter E.). Die angegriffenen Ausführungsformen machen wortsinngemäß von den geltenden gemachten Ansprüchen des Klagepatents (hierzu unter A.) und des Klagegebrauchsmusters (hierzu unter B.) Gebrauch. Die gegen die Ansprüche des Klägers erhobenen Einwände greifen nicht durch (hierzu unter C.) Die zulässige Widerklage ist dagegen unbegründet (hierzu unter D.).
A.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen Anspruch 1 des Klagepatents in der geltend gemachten Fassung wortsinngemäß.

I.
1.
Das Klagepatent (nachfolgend nach Abs. als „KP“ in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung, d.h. der B2-Schrift, zitiert) betrifft eine höhenverstellbare Hubstütze für Wohnmobile.

In seiner einleitenden Beschreibung (Abs. [0002] KP) führt das Klagepatent aus, dass bekannte höhenverstellbare Hubstützen einen am Fahrzeugrahmen festlegbaren Träger aufweisen, an dem ein äußeres Rohr der mit zumindest einem weiteren Innenrohr als teleskopierbare Gruppe ausgebildeten Hubstütze schwenkbar gehalten ist. Zur Schwenkverlagerung dieser Hubstütze sind deren teleskopierbare Rohre durch eine mit einer antreibbaren Gewindespindel zusammenwirkenden Mitnahmevorrichtung verbunden. Als Beispiel hierfür nennt das Klagepatent die US 4,635,904 (vorgelegt in Anlage rop2), deren Fig. 1 nachfolgend verkleinert eingeblendet wird:

Gemäß der vom Klagepatent ebenfalls erörterten EP 0 597 406 (vorgelegt in Anlage rop3) ist eine derartige Hubstütze dadurch vereinfacht, dass der Mitnehmer nur noch mit einem einzigen Stegteil einen in Achsrichtung der Stütze verlaufenden Schlitz durchgreift und in einer preisgünstigen Ausführung mit dem inneren Rohr zusammenwirkt. Die Fig. 3 aus der EP 0 597 406 wird nachfolgend zur Veranschaulichung verkleinert eingeblendet:

Das Klagepatent erwähnt ferner die US-Anmeldung US 3 182 957 A (vorgelegt als Anlage rop4), aus der eine gattungsgemäße Hubstütze bekannt ist (Abs. [0003] KP). Deren Fig. 9 und 10 werden nachfolgend verkleinert eingeblendet:

Das Klagepatent führt aus, dass die Umlenkstange durch eine Klammer außenseitig am Außenrohr geführt ist, wobei das untere Ende mit einem Vorsprung an der Bodenplatte zusammenwirkt (Abs. [0004] KP).

Vor diesem Hintergrund nennt es das Klagepatent als seine Aufgabe (technisches Problem), eine höhenverstellbare Hubstütze zu schaffen, die mit geringem technischen Aufwand eine Mitnahmeverbindung der beiden Rohrteile ermöglicht und mit einfacheren Bauteilen kostengünstig herstellbar ist.

2.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung nach Maßgabe von Anspruch 1 vor, der sich in der beschränkt aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt gliedern lässt:

1 Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile.

2 Die Hubstütze (1, 1‘)

2.a weist einen am Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2) auf;

2.b weist ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) auf; und

2.c ist als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert.

3 Die beiden Rohre (3, 4) sind durch eine Mitnahmevorrichtung (6) derart verbunden, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im Wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im Wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar ist.

4 Das innere Rohr (4, 4‘) ist bei dieser Verlagerung mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar.

5 Die Mitnahmevorrichtung (6)

5.a weist eine antreibbare Gewindespindel (5) auf; und

5.b ist mit zumindest einer Umlenkstange (8, 8‘) versehen.

6 Die Umlenkstange (8, 8‘)

6.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt;

6.b weist am Träger (2) eine Stützsachse (7) auf; und

6.c erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.
3.
Das Klagepatent betrifft eine höhenverstellbare Hubstütze, die am Fahrzeugrahmen (etwa eines Wohnmobils) an einem Träger gehalten wird. Die Hubstütze ist zwischen einer horizontalen Ruhestellung und einer vertikalen Stützstellung verschwenkbar. Zur Höhenverstellung weist die Hubstütze ein inneres Rohr auf, das aus einem äußeren Rohr heraus teleskopierbar ist. Eine Mitnahmevorrichtung ermöglicht über eine Gewindespindel die Teleskopierbarkeit des inneren Rohres. Ferner weist die Mitnahmevorrichtung der anspruchsgemäßen Hubstütze erfindungsgemäß eine Umlenkstange auf. Diese ist am äußeren Rohr der Hubstütze geführt, während ihr anderes Ende am Träger (des Wohnmobils) eine Stützachse aufweist. Die genaueren Anforderungen des Klagepatents an die Umlenkstange sind zwischen den Parteien streitig (siehe sogleich). Beim Einfahren des inneren Rohres trägt die Umlenkstange zur Verschwenkung der Hubstütze bei und setzt dabei eine vertikale Bewegung in eine Schwenkbewegung um (vgl. die Ausführungen der Einspruchsabteilung auf S. 5 Anlage rop16).

4.
Zu Recht ist zwischen den Parteien die Verwirklichung der Merkmale 1 bis 5.a (Merkmale 1 – 7 nach der Gliederung der Parteien) nicht umstritten, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf.

5.
Darüber hinaus macht die angegriffene Ausführungsform auch von den weiteren Merkmalen (5.b bis 6.c) wortsinngemäß Gebrauch.

a)
Soweit die Beklagten das Vorhandensein einer „Umlenkstange“ gemäß Merkmal 5.b und der Merkmalsgruppe 6 in Abrede stellen, greift dies nicht durch.

aa)
Das Klagepatent erfordert eine Mitnahmevorrichtung (Merkmalsgruppe 5), welche mit einer Umlenkstange versehen ist (Merkmal 5.b). Diese wird hinsichtlich ihrer Anordnung und Abstützung in Merkmalsgruppe 6 näher definiert. Die Umlenkstange muss eine Geometrie aufweisen, die im weitesten Sinne als Stange angesehen werden kann, wobei auch mehrteilige, insgesamt längliche Bauteile eine Umlenkstange darstellen können.

(1)
Die Umlenkstange soll nach der allgemeinen Erfindungsbeschreibung (Abs. [0007] KP) für eine „optimale Mitnahmeverbindung sowohl für die am Tragteil schwenkbare Hubstütze als auch [für] das aus dem Außenrohr telekopierbare Innenrohr“ sorgen. Weiter hat die Umlenkstange den Vorteil, dass sie „mit geringem Raumbedarf in die Bauteile der Hubstütze integrierbar [ist], so daß eine vor Verschmutzungen geschützte Konstruktion erreicht ist“ (Abs. [0007] a.E. KP). Die patentgemäße Umlenkstange muss Kräfte übertragen und die Umlenkungsbewegung der Hubstütze stützen. Dies ist auch die Ansicht der Einspruchsabteilung, S. 6 Ziff. 4.5 Anlage rop16. Da hier eine neue, abgeänderte Patentschrift (die B2-Schrift) veröffentlicht wurde, treten die Ausführungen der Einspruchsabteilung zwar nicht an die Stelle der geänderten Beschreibungsstellen (Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. A.78). Deren Ausführungen sind gleichwohl als fachkundige Äußerungen zum Verständnis der anspruchsgemäßen Lehre zu berücksichtigen (Kühnen, a.a.O., Rn. A.75 m.w.N.).

(2)
Genauere Vorgaben hinsichtlich der Gestaltung der Umlenkstange enthält der Patentanspruch 1 nicht. Somit ist es insbesondere nicht erforderlich, dass die Umlenkstange, wie die Beklagten meinen, ein gerades Bauelement zur Kraftübertragung ist, das einen runden Querschnitt und eine gewisse Steifigkeit aufweist. Es genügt vielmehr jeder funktional als Stange wirkender Gegenstand, der eine eher längliche Form aufweist und Kräfte übertragen kann.

(3)
Es ist weiterhin in das Belieben des Fachmanns gestellt, ob die Umlenkstange ein- oder mehrteilig ist. Aus dem Anspruchswortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass nur eine einstückige oder einteilige Umlenkstange der Lehre des Klagepatents entspricht. Insofern sind keine Vorgaben ersichtlich. Auch funktional ergeben sich aus dem Klagepatent keine Gründe, die der mehrteiligen Ausgestaltung der Umlenkstange entgegenstehen. Als Indiz für die Zulässigkeit einer mehrteiligen Umlenkstange kann entnommen werden, dass das Klagepatent in Abs. [0007] KP im Rahmen der allgemeinen Patentbeschreibung den Begriff „Baugruppe“ als Synonym für die Umlenkstange verwendet. Eine Baugruppe kann regelmäßig mehr als nur ein Bauteil umfassen.

Diesem Auslegungsergebnis widerspricht es nicht, dass der Unteranspruch 4 im Zuge des Einspruchsverfahrens gestrichen wurde. Nach diesem Unteranspruch sollte eine erfindungsgemäße Hubstütze dadurch weiter gekennzeichnet sein, „dass die Umlenkstange (8‘‘) mehrteilig ausgebildet ist und zumindest zwei gelenkig verbundene Stangenteile (12, 13) aufweist“. Zwar gehört die ursprünglich erteilte Fassung der Patentschrift zum Interpretations- und Auslegungsmaterial im Sinne von Art. 69 EPÜ. Demzufolge sind nicht nur die früheren Patentansprüche, sondern ergänzend auch die frühere Beschreibung für die Bestimmung des Schutzbereichs heranzuziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.07.2014 – I-15 U 29/14 – Rn. 96 bei Juris). Jedoch kann aus der Streichung des ursprünglichen Unteranspruchs 4 vorliegend nicht hergeleitet werden, dass mehrteilige Umlenkstangen nach der beschränkten Aufrechterhaltung nunmehr außerhalb der geschützten Lehre stehen. Der Fachmann erkennt, dass das in Abs. [0012] f. KP und Fig. 5 – 7 genannte Ausführungsbeispiel deshalb nicht patentgemäß ist, da hier keine Führung der Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres vorhanden ist. Hieraus lässt sich aber nicht schließen, dass auch die Mehrteiligkeit der Umlenkstange außerhalb der patentgemäßen Lehre ist. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass auch eine mehrteilige Umlenkstange grundsätzlich geeignet ist, die patentgemäßen Funktionen zu erfüllen.

Dies bestätigt das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung (S. 7 Anlage rop16), die als fachkundige Äußerung zu werten ist. Hieraus ergibt sich, dass Unteranspruch 4 gestrichen werden musste, da die Einspruchsabteilung insoweit Bedenken hinsichtlich Art. 123 EPÜ (unzulässige Änderung) hatte. Eine mehrteilige Umlenkstange sei ursprünglich nur offenbart gewesen in Zusammenhang mit einer Ausführungsform, bei der die Umlenkstange an der Außenseite des äußeren Rohres geführt ist. Mit anderen Worten war Grund für die Streichung nicht, dass durch die Beschränkung mehrteilige Umlenkstangen nun außerhalb des Anspruchs liegen.
bb)
Damit sind die Merkmale 5.b und 6.b in der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Diese besteht hier aus der Kombination der sog. Umlenkplatte, die über eine Kreuzschlitzschraube mit einem länglichen Teil (Linearführung) verbunden ist. Diese Bauteile insgesamt ergeben auch eine stangenmäßige Form. Diese Baugruppe ist schließlich zur Kraftübertragung geeignet.

Hieraus ergibt sich zudem die Verwirklichung von Merkmal 6.b. Wie auch die Beklagten nicht in Abrede stellen, weist die „Umlenkplatte“ eine Stützachse am Träger der angegriffenen Ausführungsform auf.
b)
Die Merkmale 6.a und 6.c,

„Die Umlenkstange (8, 8‘)

6.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt; (…)

6.c erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.“,

werden von der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls verwirklicht.

aa)
Nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 muss die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres geführt sein und sich dort entlang der Innenseite an der Seite erstrecken, die der Gewindespindel zugewandt ist.

(1)
Der Begriff „geführt“ nach Merkmal 6.a bedeutet bereits nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nicht, dass die Umlenkstange an der Innenseite des äußeren Rohres angeordnet sein muss. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist vielmehr eine entsprechende Führung auf der Innenseite des äußeren Rohres.

Die Beklagten argumentieren im Schriftsatz vom 18.04.2016 (Bl. 164 – 169 GA), dass „an der Innenseite geführt“ keinen Hinweis auf eine tatsächliche Führung geben könne, da es eine solche Führung bei der Konstruktion nach dem Ausführungsbeispiel im Klagepatent nicht gebe. Um ausführbar zu sein, müsse Merkmal 6.a daher bedeuten, dass die Umlenkstange dort „angeordnet“ ist. Dieser Einwand greift nicht durch. Die Beklagten scheinen von einem sehr engen Verständnis des Begriffes „geführt“ auszugehen, das einen permanenten Kontakt der Umlenkstange zur Innenseite voraussetzt (vgl. Bl. 164 GA). Dies erklären sie für nicht ausführbar bzw. nicht im Klagepatent gezeigt und ersetzen den Begriff „geführt“ dann durch „angeordnet“. Dies widerspricht aber bereits dem eindeutigen Anspruchswortlaut, der eine Führung und keine Anordnung verlangt. Die Konstruktion des Ausführungsbeispiels zeigt ebenfalls eine Führung an der Innenwand, für die kein permanenter Kontakt zur Innenwand patentgemäß erforderlich ist.

(2)
Sowohl Merkmal 6.a als auch Merkmal 6.c verlangen nicht, dass die Umlenkstange vollständig an der Innenseite des äußeren Rohres geführt wird bzw. sich dort vollständig erstreckt. Ausreichend ist vielmehr, dass sich ein substanzieller, technisch relevanter Teil der Umlenkstange dort befindet.

Dem Anspruchswortlaut lässt sich keine Vorgabe entnehmen, wonach sich die Umlenkstange in ihrer gesamten Länge innerhalb des äußeren Rohres befinden muss.

Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann aus der Klagepatentbeschreibung. Danach soll durch die schutzrechtsgemäße Anordnung der Umlenkstange ein geringerer Raumbedarf entstehen, da die Bauteile der Hubstütze integrierbar sind, so dass eine vor Verschmutzungen geschützte Konstruktion entsteht (Abs. [0007] a.E. KP). Dies erfordert aber keine vollständige an der Innenseite geführte Umlenkstange. Der patentgemäße Vorteil kann auch dann (teilweise) erreicht werden, wenn die Umlenkstange nur teilweise in die Hubstütze integriert ist – d.h. nur teilweise auf der Innenseite des äußeren Rohres geführt ist. So erscheint es sinnvoll, nur den in der Stützposition unteren Teil vor Verschmutzungen zu schützen, da dieser näher zum Boden ist als der obere Teil der Hubstütze und damit eher Schmutz ausgesetzt ist.

Soweit in den Fig. 1 bis 4 nebst der zugehörigen Beschreibung die Umlenkstange vollständig innerhalb des äußeren Rohres angeordnet ist, handelt es sich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel, auf das die Erfindung nicht reduziert werden darf (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH, GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit).
(3)
Die Einspruchsabteilung, deren Aussagen zumindest als fachkundige Äußerungen zu würdigen sind, hat in ihrem Beschluss vom 16.11.2012 zu Hilfsantrag 3 (in dessen Fassung das Klagepatent aufrechterhalten worden ist) zum Merkmal „entlang der Innenseite des äußeren Rohres an der der Gewindespindel zugewandten Seite erstreckt“ ausgeführt:

„Dieses Merkmal bedeutet nicht, dass die ganze Umlenkstange immer innerhalb des äußeren Rohres bleiben muss, sondern, dass sie zumindest teilweise auf der Innenseite des Teleskoprohres liegt.“ (S. 10 Abs. 1 Anlage rop16).

Diese Ausführungen erfolgten im Zusammenhang mit der Frage, ob der letztlich aufrechterhaltene Hilfsantrag ursprungsoffenbart ist oder eine unzulässige Erweiterung darstellt (Art. 123 Abs. 2 EPÜ). Diese Aussage ist aber im Rahmen der Auslegung allgemeingültig.

Dem steht auch nicht die weitere Aussage der Einspruchsabteilung (S. 12 Abs. 2 u. 3 Anlage rop16) entgegen, eine patentgemäße Hubstütze (in der aufrechterhaltenen Fassung) benötige aufgrund der Vorgaben von Merkmal 6.c

„keine Schlitze oder Durchbrechungen in der Außenwand des äußeren Rohres, um die Umlenkstange mit dem Innenrohr der Hubstütze in Anschlag zu bringen. Damit wird ein besserer Schutz vor Verschmutzungen erzielt. (…) Ferner baut die beanspruchte Hubstütze außerordentlich kompakt, weil sich die Umlenkstange vollständig radial innerhalb des äußeren Rohres befindet.“

Hierbei dürfte es sich nur um mögliche Vorteile einer patentgemäßen Konstruktion handeln, deren Erzielung die patentgemäße Lehre ermöglicht, die aber nicht zwingend erreicht werden müssen. Andernfalls bestände ein innerer Widerspruch in der Entscheidung der Einspruchsabteilung, vergegenwärtigt man sich die zuerst zitierte Passage von S. 10 Abs. 1 Anlage rop16. Insofern erscheint es aber vorzugswürdig, keine vollständige Erstreckung an der Innenseite zu verlangen, da dies vom Anspruchswortlaut nicht gefordert wird und ein (gewisser) Schutz gegen Verschmutzungen auch durch eine nur teilweise Anordnung der Umlenkstange an der Innenseite erreicht werden kann.
bb)
Davon ausgehend sind bei der angegriffenen Ausführungsform die Merkmale 6.a und 6.c ebenfalls wortsinngemäß verwirklicht.

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das längliche Teil der Umlenkstange (Linearführung), der über einen Kreuzschlitzschraube mit der sog. Umlenkplatte verbunden ist, an der Innenseite des äußeren Rohres geführt. Es verläuft insoweit in einer Art Kanal, der nur eine translatorische Bewegung zulässt. Die Führungsfunktion der Umlenkstange wird bei der angegriffenen Ausführungsform damit auf der Innenseite des äußeren Rohres wahrgenommen.

In dem Umfang dieser Führung erstreckt sich die Umlenkstange bei der angegriffenen Ausführungsform auch auf der Innenseite des äußeren Rohres auf der der Gewindespindel zugewandten Seite.

Der sich bei der angegriffenen Ausführungsform innenseitig erstreckende Teil der Umlenkstange ist hinreichend groß, um von einem innenseitigen Erstrecken / Führen im Sinne des Klagepatents zu sprechen. Das längliche, geführte Teil macht etwa die Hälfte der Länge der Umlenkstange aus. Es nimmt auch die Führungsfunktion der Umlenkstange zumindest weit überwiegend wahr.
II.
Eine (erneute) Aussetzung kommt nicht in Betracht. Es existiert kein paralleles Rechtsbestandsverfahren. Das Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt ist rechtskräftig abgeschlossen (vgl. Anlage rop24). Eine Nichtigkeitsklage ist nicht anhängig.
B.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre von Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters in der vom BPatG aufrecht erhaltenen Fassung ebenfalls wortsinngemäß Gebrauch. Der geltende gemachte Anspruch ist auch schutzfähig.

I.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters.

1.
Das Klagegebrauchsmuster ist das Prioritätsdokument des Klagepatents, so dass die geschützten Lehren weitgehend übereinstimmend sind. Das Klagegebrauchsmuster (nachfolgend als DE‘XXX zitiert) betrifft ebenfalls eine höhenverstellbare Hubstütze für Wohnmobile.

In seiner einleitenden Beschreibung erörtert das Klagegebrauchsmuster zunächst bekannte höhenverstellbare Hubstützen, wie sie etwa in der US 4,635,904 (Anlage rop2, Entgegenhaltung D4 im Löschungsbeschwerdeverfahren) offenbart sind. Diese Hubstützen weisen einen am Fahrzeugrahmen festlegbaren Träger auf, an dem ein äußeres Rohr der mit zumindest einem weiteren Innenrohr als teleskopierbare Gruppe ausgebildeten Hubstütze schwenkbar gehalten ist. Zur Schwenkverlagerung dieser Hubstütze sind deren teleskopierbare Rohre durch eine mit einer antreibaren Gewindespindel zusammenwirkenden Mitnahmevorrichtung verbunden (Abs. [0020] DE‘XXX).

Diese Mitnahmevorrichtung ist dabei derart ausgeführt, dass diese bei einem durch die Gewindespindel bewirkten Ein- bzw. Ausfahren der teleskopierbaren Rohre gleichzeitig auch eine Schwenkbewegung der Hubstütze in bzw. auf ihrer Ruhelage bewirkt (vgl. S. 14 Abs. 2 des Beschlusses des BPatG vom 10.06.2015, Anlage rop22).

Ferner erörtert auch das Klagegebrauchsmuster die EP 0 597 406 (Anlage rop3, Entgegenhaltung D3), bei der eine derartige Hubstütze dadurch vereinfacht ist, dass der Mitnehmer nur noch mit einem einzigen Stegteil einen in Achsrichtung der Stütze verlaufenden Schlitz durchgreift und in einer preisgünstigen Ausführung mit dem inneren Rohr zusammenwirkt.

Das Klagegebrauchsmuster nennt es vor diesem Hintergrund in Abs. [0003] DE‘XXX als seine Aufgabe (technisches Problem), eine höhenverstellbare Hubstütze zu schaffen, die mit geringem technischen Aufwand eine Mitnahmeverbindung der beiden Rohrteile ermöglicht und mit einfacheren Bauteilen kostengünstig herstellbar ist.
2.
Zur Lösung schlägt das Klagegebrauchsmuster eine verstellbare Hubstütze nach Anspruch 1 vor. Dieser lässt sich in der vom BPatG aufrecht erhaltenen Fassung wie folgt gliedern, wobei die Abweichung zur Merkmalsgliederung des Klagepatents durch Unter- und Durchstreichungen kenntlich gemacht worden sind:

1 Höhenverstellbare Hubstütze für insbesondere Wohnmobile.

2 Die Hubstütze (1, 1‘)

2.a weist einen an dessen Fahrzeugrahmen (R) gehaltenen Träger (2) auf;

2.b weist ein äußeres Rohr (3) sowie zumindest ein inneres Rohr (4, 4‘) auf;

2.c ist als teleskopierbare Baugruppe schwenkbar gelagert.

3 Die beiden Rohre (3, 4) sind durch eine Mitnahmevorrichtung (6) derart verbunden, dass mit dieser Mitnahmevorrichtung (6) die Hubstütze (1, 1‘) aus einer im Wesentlichen horizontalen Ruhestellung zu einer im Wesentlichen vertikalen Stützstellung (H‘) hin verlagerbar ist.

4 Das innere Rohr (4, 4‘) ist bei dieser Verlagerung mittels der Gewindespindel (5) in eine Stützstellung teleskopierbar.

5 Die Mitnahmevorrichtung (6)

5.a weist eine antreibbare Gewindespindel (5) auf; und

5.b ist mit zumindest eine Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen.

6 Die Umlenkstange

6.a ist am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt;

6.b weist am Träger (2) eine ortsfeste Stützachse (7) auf; und

6.c ist stangenförmig.
erstreckt sich entlang der Innenseite (9) des äußeren Rohres (3) an der der Gewindespindel (5) zugewandten Seite.

3.
Hinsichtlich der allgemeinen Beschreibung der Lehre des Klagegebrauchsmusters kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Klagepatent verwiesen werden. Die Abweichungen im Anspruchswortlaut betreffen die streitigen Merkmale und werden sogleich erörtert.

4.
Die Verwirklichung der Merkmale 1 – 5.a (1 – 7 nach der Gliederung der Parteien) ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass hierzu keine weiteren Ausführungen mehr erforderlich sind.

5.
Bei der angegriffenen Ausführungsform lässt sich auch die Verwirklichung der streitigen Merkmale 5.b bis 6.c feststellen.

a)
Der in den Merkmalen 5.b bis 6.c verwendete Begriff der Umlenkstange ist im Klagegebrauchsmuster wie im Klagepatent zu verstehen. Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen.

(1)
Insbesondere kann anspruchsgemäß die Umlenkstange auch mehrteilig ausgebildet sein. Wie beim Klagepatent lassen sich weder im Anspruchswortlaut noch in der Beschreibung des Klagegebrauchsmusters Anhaltspunkte für eine Beschränkung der erfindungsgemäßen Lehre auf einteilige Umlenkstangen finden. Beim Klagegebrauchsmuster wird dies zusätzlich von Unteranspruch 4 belegt. Dieser ist im Klagegebrauchsmuster – anders als im Klagepatent – nicht im Rahmen des Rechtsbestandsverfahren gestrichen worden (vgl. S. 4 des Beschlusses des BPatG vom 10.06.2015, Anlage rop22). Hiernach ist die gebrauchsmustergemäße Umlenkstange u.a. nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, „dass die Umlenkstange (8‘‘) mehrteilig ausgebildet ist und zumindest zwei gelenkig verbundene Stangenteile (12, 13) aufweist.“ Damit ist klar, dass auch Anspruch 1 als Hauptanspruch mehrteilige Umlenkstangen erfasst.

(2)
Im Falle einer Teillöschung eines Gebrauchsmusters sind die Gründe der Entscheidung, soweit sie die Beschreibung ergänzen oder ersetzen, zwischen denselben Parteien zur Auslegung des Gebrauchsmusters heranzuziehen (Keukenschrijver in Busse, PatG, 7. Aufl. 2012, § 19 GebrMG Rn. 17) – hier also zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) als Antragstellerin des Löschungsverfahrens. Ansonsten sind die Ausführungen des BPatG zumindest als fachkundige Äußerungen zu berücksichtigen (zu der hier bestehenden Bindungswirkung der Entscheidung auch gegenüber den Beklagten zu 2) – zu 4) siehe unten).

Das Bundespatentgericht hat zum Begriff der Umlenkstange im Klagegebrauchsmuster Folgendes ausgeführt (S. 16 Abs. 1, 2 Anlage rop22):

„Die Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) ist dabei ein Bauteil, dessen Geometrie derart bemessen ist, dass dessen Länge dessen Querschnitt deutlich überragt. Es weist in seiner Längsrichtung eine charakteristische Achse auf, über die Druck oder Zugkräfte, die an einem ersten Ende des Bauteils in Richtung dieser Achse eingeleitet werden, zu dem anderen Ende übertragen werden können. Diese Achse muss jedoch nicht zwingend mit der Mittel- bzw. Schwerpunktlinie des Bauteils zusammenfallen. So kann das Bauteil auch gekrümmt ausgebildet sein, sofern durch es nur die entsprechend vorstehend beschriebene Kraftübertragung gewährleistet ist.

Ebenso wenig ist die Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) auf eine einteilige Ausführung beschränkt. Sie kann vielmehr auch mehrteilig ausgebildet sein, wie dies im geltenden Schutzanspruch 4 gemäß Hauptantrag, der auf den geltend Schutzanspruch 1 gemäß Hautpantrag rückbezogen ist, beansprucht wird.“

Diese Ausführungen des Bundespatentgerichts entsprechen der Auslegung der Kammer (vgl. die Auslegung beim Klagepatent), wobei das Bundespatentgericht die Geometrie der Umlenkstange und den Kraftfluss konkreter definiert, was aber für die Frage der Merkmalsverwirklichung keinen Unterschied macht.

Diese Geometrie wird durch das neu hinzugefügte Merkmal 6.c verdeutlicht, wonach die Umlenkstange anspruchsgemäß „stangenförmig“ sein muss. Bereits in dem Wort „Umlenkstange“ ist die Vorgabe einer Stangenform enthalten. Dass „stangenförmig“ etwas anderes als die Form einer Stange bezeichnet, lässt sich nicht ersehen. Insofern ist Merkmal 6.c als Betonung zu verstehen, dass die Umlenkstange auch geometrisch die Stangenform einhalten muss und insofern der Begriff der Umlenkstange nicht rein funktional zu verstehen ist. Dies ergibt sich freilich schon aus der obigen Auslegung des Bundespatentgerichts zum Begriff „Umlenkstage“.

Soweit die Beklagten ihre Auslegung auf Schriftsätze des Klägers im Löschungs(beschwerde)verfahren stützen (Schriftsatz vom 18.04.2016, Bl. 173 letzter Abs. – Bl. 175 GA), greift dies nicht durch. Aussagen der Parteien im Rechtsbestandsverfahren sind kein zulässiges Auslegungsmaterial für das Verständnis eines Schutzrechts. Zum Einwand aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) siehe unten.

bb)
Vor diesem Hintergrund lässt sich die Verwirklichung der Merkmale 5.b, 6.b und 6.c,

„5 Die Mitnahmevorrichtung (6) (…)

5.b ist mit zumindest Umlenkstange (8, 8‘, 8‘‘) versehen.

6 Die Umlenkstange (…)

6.b weist am Träger (2) einer ortsfeste Stützachse (7) auf; und

6.c ist stangenförmig.“

feststellen. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist eine anspruchsgemäße stangenförmige Umlenkstange vorhanden. Diese besteht dort in dem von den Beklagten als Umlenkplatte bezeichneten Bauteil in Kombination mit der „Linearführung“, wobei die beiden Teile durch eine Kreuzschlitzschraube miteinander verbunden sind. Diese Baugruppe insgesamt hat die Form einer Stange und ist damit „stangenförmig“ (Merkmal 6.c).

Diese ist auch an einer Stützachse am Träger befestigt, wobei diese Stützachse im Sinne des neu hinzugefügten Merkmals „ortsfest“ ist (Merkmal 6.b). Insoweit stellen die Beklagten die Verwirklichung dieses Merkmals zutreffend nicht in Abrede.
b)
Im Hinblick auf Merkmal 6.b, wonach die Umlenkstange,

„am äußeren Rohr (3), und zwar an dessen Innenseite, geführt“

ist, kann zunächst auf die Ausführungen zum Klagepatent verwiesen werden, die hier entsprechend gelten. Auch nach dem Klagegebrauchsmuster ist bereits nach dem Anspruchswortlaut keine Anordnung an der Innenseite erforderlich, sondern nur eine Führung. Ferner verlangen weder Anspruchswortlaut noch die Beschreibung, dass die Umlenkstange vollständig innenseitig verläuft.

Diese Auslegung entspricht der Einschätzung des Bundespatentgerichts, das im Beschluss vom 10.06.2015 explizit eine Auslegung von Merkmal 6.a der Beklagten abgelehnt hat, wonach die Umlenkstange tatsächlich vollständig an der Innenseite des äußeren Rohres geführt und dazu zwingend im Inneren des Rohrers angeordnet sein müsse (S. 16 Abs. 3 ff. Anlage rop22). Unter Führung ist nach der zutreffenden Ansicht des Bundespatentgerichts vielmehr „ein Maschinenelement zu verstehen, das eine Translation einer oder mehrerer beweglicher Baugruppen zueinander ermöglicht und dabei gleichzeitig die Einhaltung einer Bewegungsrichtung garantiert“. „Führen“ sei nicht mit „Anordnen“ gleichzusetzen (S. 17 Abs. 2 Anlage rop22). Weiter heißt es im Beschluss des Bundespatentgerichts:

„Dabei kann die Umlenkstange (8, 8‘‘, 8‘‘‘) selbst durchaus auch außerhalb des äußeren Rohres (3) angeordnet sein, sofern nur deren Führung an der Innenfläche (9) des äußeren Rohres (3) realisiert ist.

Ob die Führung unmittelbar oder mittelbar ausgestaltet ist, ist darüber hinaus nicht Bestandteil des Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag“
(S. 17 Abs. 3 und 4 Anlage rop22).

Zwar bezogen sich diese Aussagen des Bundespatentgerichts auf den Hauptantrag, der nicht aufrechterhalten wurde. Sie gelten aber auch für den nun geltend gemachten Anspruch nach Hilfsantrag 1, da bezüglich dieser Aspekte keine Änderungen zwischen Hauptantrag und Hilfsantrag erfolgt sind.

bb)
Hiernach ist Merkmal 6.b des Klagegebrauchsmusters bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Bei der angegriffenen Ausführungsform ist das längliche Element der Umlenkstange (Linearführung) an der Innenseite des äußeren Rohres geführt. Dessen Bewegung ist auf die Linearrichtung beschränkt.
II.
Das Klagegebrauchsmuster ist schutzfähig. Der nunmehr geltend gemachte Anspruch 1 des Klagegebrauchsmusters wurde in zweiter Instanz rechtskräftig durch das Bundespatentgericht für schutzfähig gehalten. Nach § 19 S. 3 GebrMG ist diese Entscheidung zwischen den Parteien des Löschungsverfahrens – hier: der Kläger und die Beklagte zu 1) – bindend. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall der beschränkten Aufrechterhaltung (Benkard/Rogge/Engel, PatG, 11. Aufl. 2015, § 19 GebrMG Rn. 10 f.).

Diese Bindungswirkung ist auf die Beklagten zu 2) bis zu 4) auszudehnen. Bei diesen handelt es sich um die Geschäftsführer der Beklagten zu 1), so dass sie als gesetzliche Vertreter der Beklagten zu 1) ebenfalls am Löschungsverfahren beteiligt waren. Entsprechend dem Schutzzweck von § 19 S. 3 GebrMG ist die Voraussetzung der Personenidentität weit auszulegen (Kircher in Fitzner/Lutz/Bodewig, PatRKomm, 4. Aufl. 2012, § 19 GebrMG Rn 13). Die Rechtsprechung hat die Bindungswirkung aus § 19 S. 3 GebrMG auf die Gesellschafter einer OHG ausgeweitet, wenn die OHG Antragsstellerin des Löschungsverfahrens war (BGH, BGH GRUR 1976, 30 – Lampenschirm; Keukenschrijver in Busse, 7. Aufl. 2012, PatG, § 19 GebrMG Rn. 13). Sie gilt auch zugunsten des ausschließlichen Lizenznehmers des Schutzrechtsinhabers (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2015 – I-15 U 25/14). Eine Bindungswirkung muss daher erst recht für die Geschäftsführer einer als Antragstellerin am Löschungsverfahren beteiligten GmbH gelten.

Insofern können die Beklagten auch nicht mit ihrer Argumentation zum Verständnis der Entgegenhaltung D3 (Bl. 172 ff. GA) durchdringen. Diese wurde bereits abschließend vom Bundespatentgericht gewürdigt.
C.
Die gegen die Ansprüche des Klägers erhobenen allgemeinen Einwände greifen nicht durch.

I.
Der von den Beklagten erhobene Formsteineinwand verfängt nicht. Dieser kann nur gegen eine äquivalente Patentverletzung erhoben werden, die hier aber gar nicht geltend gemacht wird. Der Einwand der Beklagten erscheint – trotz der Benennung als Formsteineinwand – als allgemeiner Einwand der freien Technik. Ein solcher wäre aber allenfalls im Rahmen eines parallelen Rechtsbestandsverfahrens relevant, welches hier nicht (mehr) anhängig ist.

II.
Der Einwand des Rechtsmissbrauchs der Beklagten greift nicht durch. Der Einwand aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium) kann erfolgreich erhoben werden, wenn der Patentinhaber im Einspruchsverfahren erklärt, für eine bestimmte Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren und diese dann im Verletzungsverfahren angreift, soweit seine Erklärung Grundlage für die Erteilung oder Aufrechterhaltung des Patents war und wenn der in Anspruch Genommene auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Patentanmelders vertrauen durfte (BGH, NJW 1997, 3377 – Weichvorrichtung II).

Es ist hier nicht ersichtlich, dass der Kläger im Rechtsbestandsverfahren Aussagen bezüglich der angegriffenen Ausführungsform gemacht hat und die Beklagten darauf vertrauen durften, dass diese nicht mehr im Verletzungsverfahren angegriffen werden. Hiergegen spricht bereits die Existenz des Verletzungsverfahrens, was zum Zeitpunkt der von den Beklagten angeführten Äußerungen bereits lief. In einer solchen Situation ist ohne eine konkrete, gegenteilige Äußerung des Patentinhabers stets davon auszugehen, dass dieser das parallele Verletzungsverfahren fortsetzen und für ihn zu einen erfolgreichen Abschluss bringen möchte. Etwas anderes ist hier nicht ersichtlich.
III.
Ohne Erfolg erheben die Beklagten den Einwand der Erschöpfung. Die Beklagten berufen sich darauf, dass sie die angegriffenen Ausführungsformen von der Fa. B erhalten, welche sich wiederum auf ein Vorbenutzungsrecht stützen könne.

1.
Zutreffend ist, dass ein Vorbenutzungsrecht neben dem Vorbenutzungsberechtigten selbst auch seinen Abnehmern auf den nachfolgenden Handelsstufen zugutekommt (BGH, GRUR 2012, 895, 898 – Desmopressin; OLG Düsseldorf, InstGE 11, 193 – Desmopression-Tablette).

2.
Allerdings lässt sich nicht feststellen, dass die Fa. B aufgrund eines privaten Vorbenutzungsrechts nach § 12 Abs. 1 PatG (ggf. i.V.m. § 13 Abs. 3 GebrMG) zur Benutzung der durch die Klageschutzrechte beanspruchten Erfindung berechtigt wäre. Es fehlt zumindest an einem feststellbaren Erfindungsbesitz im Prioritätszeitpunkt.

a)
Nach § 12 Abs. 1 S. 1 PatG tritt die Wirkung des Patents gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung (bzw. dem Prioritätszeitpunkt) bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Das Vorbenutzungsrecht setzt also voraus, dass der Vorbenutzungsberechtigte einerseits im Prioritätszeitpunkt bereits selbstständigen Erfindungsbesitz hatte, andererseits, dass er diesen im Inland betätigt hat oder zumindest Veranstaltungen zu einer alsbaldigen Aufnahme der Benutzung des Erfindungsgegenstandes getroffen hat. Für die Voraussetzungen des Vorbenutzungsrechts ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der sich darauf beruft – hier also die Beklagten. An den Nachweis eines Vorbenutzungsrechts sind strenge Anforderungen zu stellen, da erfahrungsgemäß nach Offenlegung brauchbarer Erfindungen häufig andere Personen behaupten, entsprechendes schon vorher gemacht zu haben (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2007 – I-2 U 65/05 – Rn. 85 bei Juris – Klimagerät).

b)
Die Beklagten haben einen Erfindungsbesitz im Prioritätszeitpunkt nicht schlüssig vorgetragen.

aa)
Der für ein Vorbenutzungsrecht erforderliche Erfindungsbesitz ist gegeben, wenn die sich aus Aufgabe und Lösung ergebende technische Lehre objektiv fertig und subjektiv derart erkannt ist, dass die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich ist (BGH, GRUR 2012, 895, 896 – Desmopressin m.w.N.; Rinken/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 12 Rn. 9). An einer solchen Erkenntnis fehlt es, wenn das technische Handeln über das Stadium von Versuchen noch nicht hinausgegangen ist. Von derartigen Fällen eines unbewussten oder zumindest nicht hinreichend gefestigten Gebrauchs der technischen Lehre hebt sich ein Handeln ab, das planmäßig auf die Verwirklichung derselben gerichtet ist (BGH, GRUR 2012, 895, 896 – Desmopressin). Der Vorbenutzer muss somit die unter Schutz gestellte technische Lehre derart erkannt haben, dass ihm die Nacharbeitung planmäßig, dauerhaft und nicht nur in Form von „Zufallstreffern“ möglich war und er auch nicht mehr ausprobieren musste, ob er auf dem richtigen Weg war, und dass er am Anmeldetag die Erfindung bereits im Inland in Benutzung genommen oder zumindest die dafür erforderlichen Veranstaltungen getroffen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.01.2007 – I-2 U 65/05 – Klimagerät).

bb)
Davon ausgehend lässt das Vorbringen der Beklagten den Schluss nicht zu, die Firma B (oder einer ihrer Mitarbeiter) habe sich im Prioritätszeitpunkt bereits im Erfindungsbesitz befunden. Die Beklagten legen als Anlagen B4 sowie B8 Zeichnungen vor, welche die technische Gestaltung der Hubstützen, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Führung einer Umlenkstange, nicht erkennen lassen. Auf den Zeichnungen erscheint es vielmehr so, als wäre die Umlenkstange nur außen am äußeren Rohr geführt.

Soweit die Beklagten demgegenüber meinen, der Kläger habe den Erfindungsbesitz nur unzureichend bestritten, verkennen sie, dass es zunächst ihnen obliegt, den Erfindungsbesitz schlüssig vorzutragen. Daran fehlt es hier jedoch bereits.
D.
Die durch die Beklagten hilfsweise erhobene, zulässige Widerklage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Vortrag der Beklagten lässt die Feststellung nicht zu, dass ein Mitarbeiter der Fa. B Erfinder der durch die Klageschutzrechte beanspruchten technischen Lehre ist. Die durch die Beklagten insoweit vorgelegten Anlagen B5 bis B9 lassen die genaue technische Gestaltung der Hubstütze, insbesondere eine Führung einer Umlenkstütze an der Innenwand des äußeren Rohres, nicht erkennen. Da es somit bereits an einem schlüssigen Vortrag der Beklagten fehlt, ist für eine Vernehmung der angebotenen Zeugen kein Raum. Aus diesem Grund kommt es auf das Musterteil, wie es aus der Anlage B12 ersichtlich ist, ebenfalls nicht an.
E.
Durch das Vertreiben der angegriffenen Ausführungsformen haben die Beklagten von der Lehre des Klagepatents und des Klagegebrauchsmusters widerrechtlich Gebrauch gemacht. Hieraus ergeben sich die zuerkannten Rechtsfolgen:

I.
Der Unterlassungsanspruch beruht auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG bzw. § 24 Abs. 1 S. 1 GebrMG, da die Benutzung des Erfindungsgegenstandes ohne Berechtigung erfolgt.

II.
Der Kläger hat gegen die Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz, der aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. § 24 Abs. 2 GebrMG folgt. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte zu 1) die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Die Beklagten zu 2) bis zu 4) haften als Geschäftsführer der Beklagten zu 1) (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – X ZR 30/14 – Glasfasern II). Da überdies durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten die Entstehung eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, der durch den Kläger noch nicht beziffert werden kann, weil er den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne sein Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse des Kläger an der Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

III.
Damit der Kläger in die Lage versetzt wird, die Schadensersatzansprüche zu beziffern, steht ihm gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG bzw. § 24b Abs. 1 GebrMG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 3 PatG bzw. § 24b Abs. 3 GebrMG. Die weitergehende Auskunftspflicht folgt aus §§ 242, 259 BGB (für das Klagepatent i.V.m. Art. 64 EPÜ). Der Kläger ist auf die Angaben angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

IV.
Der Rückrufanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) basiert auf Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG bzw. § 24a Abs. 2 GebrMG. Eine Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 140a Abs. 4 PatG bzw. § 24a Abs. 3 GebrMG ist nicht ersichtlich oder dargetan.

V.
Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) auch Ersatz der Kosten für das durch den Patentanwalt des Klägers versandte Abmahnschreiben verlangen, Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. § 24 Abs. 2 GebrMG. Jedoch besteht der Anspruch lediglich in Höhe von EUR 3.288,80.

1.
Das als Anlage B10 vorgelegte patentanwaltliche Schreiben vom 09.07.2010 ist eine Abmahnung, da es sich um ein an einen bestimmten Personenkreis gerichtetes, ernsthaftes und endgültiges Verlangen handelt, eine bestimmte als Patentverletzung beanstandete Handlung zu unterlassen (vgl. Benkard/Scharen, PatG, 11. Aufl. 2015, Vor §§ 9 bis 14, Rn. 14). Auch wenn sich in dem Abmahnschreiben am Ende der Hinweis findet, es soll dem Mandanten die Einleitung gerichtlicher Schritte empfohlen werden, ist dem Schreiben insgesamt die unmissverständliche Aufforderung zu entnehmen, die beanstandeten Handlungen zu unterlassen.

2.
Die Gebührenhöhe ergibt sich hier aus Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses, der einen Rahmen von 0,5 bis 2,5 Gebühren vorsieht. Innerhalb dieses Rahmens ist nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Soweit ein Sachverhalt vorliegt, der aufgrund des Umfangs oder der Schwierigkeit beim Tätigwerden des Rechtsanwalts ein Übersteigen der Regelgebühr von 1,3 zulässt, ist dem Rechtsanwalt ein Ermessen bei der Gebührenfestsetzung in einem Toleranzbereich von 20 % einzuräumen (BGH, GRUR-RR 2012, 491 – Toleranzbereich).

Ein Übersteigen der 1,3 Gebühr ist hier zulässig, da es sich um einen Patentverletzungsstreitfall handelt (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 8. Aufl. 2016, Rn. C.48), der auch nicht ausnahmsweise völlig unkompliziert ist. Für Fälle der vorliegenden Art, in denen es um die Verletzung von Patentrechten geht, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese zunächst unabhängig von einer konkreten Betrachtungsweise bereits als schwierig zu gelten haben, da es sich bei dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes nicht um einen solchen handelt, der üblicherweise in der Juristenausbildung behandelt wird. Hierzu bedarf es einer besonderen Spezialisierung, die von den Rechtsanwälten gefordert wird, wenn sie sich mit solchen Aufgaben befassen. Dass üblicherweise gleichzeitig auch ein Patentanwalt hiermit betraut ist, ändert an der Bewertung der Schwierigkeit der Angelegenheit für den verantwortlich tätigen Rechtsanwalt nichts. Gleiches hat für den Patentanwalt zu gelten, der in seiner Ausbildung nicht schwerpunktmäßig mit Fragen des Verletzungsprozesses und dessen Vermeidung befasst ist (vgl. LG Düsseldorf, InstGE 6, 37 – Abmahnkosten).

Aber auch unter Berücksichtigung des dem Kläger somit zustehenden Ermessenspielraums bei der Festsetzung der Geschäftsgebühr erscheint eine den Wert von 1,8 übersteigende Gebühr unangemessen hoch. Zu beachten ist hierbei, dass der vorliegende Fall patentrechtlich keine besonderen Schwierigkeiten bereitet. Es handelt sich um eine vergleichsweise überschaubare Technik, was einen Gebührensatz von 1,5 als angemessen erscheinen lässt. Unter Beachtung des den Anwälten zugestandenen Toleranzbereiches von 20 % ist somit eine Gebühr von 1,8 noch nicht als unbillig anzusehen.

Ausgehend von einem Gegenstandswert von EUR 200.000,00 und dem RVG in der Fassung bis zum 31.07.2013 ergibt sich hieraus folgende Gesamtberechnung:

1,8 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG 3.268,80 EUR
Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Gesamt: 3.288,80 EUR

Soweit die Beklagten einwenden, die Kosten eines Rechtsanwalts dürften nicht ersetzt verlangt werden, da ein solcher nicht am Schreiben mitgewirkt habe, ist festzuhalten, dass hier nur die Erstattung der Patentanwaltskosten streitgegenständlich ist.

3.
Der Zinsanspruch ab einen Tag nach Rechtshängigkeit ergibt sich aus §§ 291, 288 BGB.

VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 100 Abs. 1, Abs. 4, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der abgewiesene Teil – ein relativ kleiner Anteil der Kosten des Abmahnschreibens – ist geringfügig. Bei der Kostenverteilung zwischen den Beklagten waren das unterschiedliche Verhältnis der Beteiligung der Beklagten und die nur von der Beklagten zu 1) erhobene Widerklage zu berücksichtigen.

VII.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO. Der Antrag der Beklagten auf Einräumung einer Abwendungsbefugnis ist abzuweisen. Die Beklagten haben nicht hinreichend vorgetragen, dass die Vollstreckung hier einen nicht zu ersetzenden Nachteil im Sinne von § 712 Abs. 1 S. 1 ZPO darstellen würde. Dies gilt insbesondere, da sie nach ihrem eigenen Vortrag den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform eingestellt haben.

F.
Der Streitwert wird auf EUR 250.000,00 festgesetzt.