4c O 10/15 – Kupplungshülse

Düsseldorfer Entscheidungs Nr.: 2500

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 23.Februar 2016, Az. 4c O 10/15

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen,

Hülsen für Gartengeräte, insbesondere betätigbare Kupplungshülsen einer Schlauch-Schnellkupplung, die einen Grundkörper aus relativ hartem Kunststoffmaterial und ein einen Oberflächenabschnitt der Hülse einnehmendes, aus flexiblem, gummiartigem Material bestehendes Zusatzelement aufweisen, das mit dem Grundkörper unlösbar verbunden ist,
im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wobei das Zusatzelement in schalen- oder rinnenartige Ausnehmungen des Grundkörpers eingespritzt und mit dem Grundkörper durch ein Zweikomponenten-Spritzverfahren haftend verbunden ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die dieser aus Handlungen gem. Ziff. I. seit dem 27. Juni 2014 entstanden sind und/oder künftig noch entstehen werden.

III. Die Beklagte wird weiter verurteilt,

1. der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziff. I. bezeichneten Handlungen seit dem 27. Juni 2014 begangen hat durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über

a. Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreise und gewerbliche Abnehmer, sowie den mit den unter Ziffer I. genannten Waren erzielten Umsatz,

b. Angebotsmengen, Angebotszeiten, Angebotspreise und Angebotsempfänger,

c. die nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und dem erzielten Gewinn,

d. die betriebene Werbung, insbesondere unter Angabe der Werbemedien, der Auflagenhöhe von Werbeprospekten und der für die Werbung aufgewandten Kosten;

2. der Kläger Auskunft zu erteilen über Herkunft und Vertriebsweg von Verletzungsgegenständen gemäß Ziffer I. seit dem 27. Juni 2014 durch Vorlage eines verbindlich unterzeichneten Verzeichnisses, das Angaben zu enthalten hat über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer I. sowie über die Menge der erhaltenen und bestellten Verletzungsgegenstände gemäß Ziffer I.;

3. im Umfang der vorstehenden Auskunft gemäß Ziffern III. 1. und 2. Belege herauszugeben (Rechnungskopien, hilfsweise Lieferscheine in Kopie, wobei Angaben über sonstige Ein- und Verkäufe sowie sonstige Preise auf den Belegen geschwärzt werden können).

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

V. Die Beklagte wird verurteilt, die unter Ziffer I. bezeichneten, seit dem 27. Juni 2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber gewerblichen Abnehmern unter Hinweise auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

VI. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.110,08 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2015 zu bezahlen.

VII. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 35%, die Beklagte zu 65%.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 97.500,00 €, für die Beklagte hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d:
Die Klägerin ist ein schwedischer Hersteller von Motorgeräten für die Forstwirtschaft sowie die Garten- und Landschaftspflege, u.a. Motorsägen und Rasenmäher. Ende des Jahres 2006 erwarb die Klägerin die Anteile an der A GmbH mit Sitz in B, einen der führenden Anbieter von Gartengeräten in Europa. Die Klägerin ist Inhaberin des Europäischen Patents EP 0 756 XXX B1 betreffend die Kupplungshülse einer Schlauch-Schnellkupplung (im Folgenden „Klagepatent“). Das Klagepatent wurde in deutscher Verfahrenssprache am 14. Juni 1996 unter Inanspruchnahme einer Priorität der DE 19526XXX vom 22. Juli 1995 angemeldet, die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 29. Januar 1997. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 14. März 2001 veröffentlicht. Ausweislich des als Anlage K 7 vorgelegten Registerauszugs ist die Klägerin am 27. Juni 2014 als Inhaberin des Klagepatents eingetragen worden. Das Klagepatent steht in Kraft.
Der vorliegend maßgebliche Anspruch 1 des Klagepatents lautet:
„Hülse eines Gartengerätes, insbesondere betätigbare Kupplungshülse einer Schlauch-Schnellkupplung, die einen Grundkörper aus relativ hartem Kunststoffmaterial und ein einen Oberflächenabschnitt der Hülse einnehmendes, aus flexiblem, gummiartigem Material bestehendes Zusatzelement aufweist, das mit dem Grundkörper unlösbar verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass das Zusatzelement in schalen- oder rinnenartigen Ausnehmungen des Grundkörpers eingespritzt und mit dem Grundkörper durch ein Zweikomponenten-Spritzverfahren haftend verbunden ist.“
Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und zeigen erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele. Dabei bildet Figur 1 einen Längsschnitt durch eine Betätigungshülse einer Schlauch-Schnellkupplung ab, Figur 2 zeigt eine Außenansicht der Hülse, Figur 3 einen Querschnitt nach der Linie III in Figur 1 und Figur 4 einen Querschnitt nach der Linie IV in Figur 1.
Die Beklagte ist eine Gesellschaft des europaweit tätigen C-Konzerns. Sie betreibt die Webseite www.C.de, insbesondere den dortigen Online-Shop. Die Klägerin stellte im Juli 2014 fest, dass die Beklagte in ihrem Online-Shop ein „Spiralschlauch-Set“ der Marke D anbot (Abbildung in Originalverpackung Anlage K 10). Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten erwarben drei dieser Sets gemäß Rechnung vom 8. Juli 2014 (Anlage K 9) im Wege des Testkaufs und untersuchten es. Bestandteil des „Spiralschlauch-Sets“ ist eine Schlauch-Schnellkupplung mit Kupplungshülse, wie nachfolgend (vergrößert) – Vorder- und Rückseite – wiedergegeben (im Folgenden „angegriffene Ausführungsform“):
Die Klägerin und die A GmbH ließen die Beklagte durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24. Juli 2014 wegen Markenverletzung, Patentverletzung und unlauterem Wettbewerb abmahnen. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, eine Unterlassungserklärung in Bezug auf die Bewässerungsspritze und die Kupplungshülsen abzugeben, Auskunft über dem Umfang der Verletzungshandlunge und die Herkunft der rechtsverletzenden Produkte zu erteilen sowie Patent- und Rechtsanwaltskosten zu erstatten (Anlage K 15). Bei der Berechnung der zu erstattenden Patent- und Rechtsanwaltskosten legten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine 1,3 Geschäftsgebühr sowie eine 0,3 Erhöhungsgebühr zugrunde, weil die Abmahnung nicht nur im Namen der Klägerin, sondern auch im Namen der Tochtergesellschaft der Klägerin, der A GmbH, ausgesprochen wurde. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten wiesen mit Schreiben vom 25. August 2014 (Anlage K 16) und vom 17. Dezember 2015 (Anlage K 17) den Vorwurf der Rechtsverletzungen, einschließlich den einer Patentverletzung zurück und lehnten die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab.
Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Soweit der Klagepatentanspruch voraussetze, dass eine „unlösbare Verbindung“ zwischen dem Grundkörper und dem Zusatzelement der Hülse bestehe, sei dies auf den Normalbetrieb bezogen.

Nachdem sie ihre Klageanträge zu Ziff. III, IV und VI auf den Zeitraum ab dem 27. Juni 2014 beschränkt und den Antrag zu Ziff. IV Nr. 1 c) entsprechend der üblichen Praxis der Kammer formuliert hat und die Beklagte dieser teilweisen Klagerücknahme zugestimmt hat,
beantragt die Klägerin nunmehr noch,
zu erkennen, wie geschehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Die Griffmulde bei der angegriffenen Ausführungsform sei weder unlösbar mit dem Grundkörper der Kupplungshülse verbunden, noch sei sie mit dem Grundkörper im Wege des Zweikomponenten-Spritzverfahrens verschweißt. Die Griffmulde lasse sich vielmehr mit zwei Fingern einfach von dem Grundkörper der Kupplungshülse ablösen.
Die Beklagte ist zudem der Auffassung, die Abmahnkosten seien jedenfalls in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe nicht begründet. Die Erhöhungsgebühr sei nicht nachvollziehbar, weil die Klägerin nicht vorgetragen habe, in welcher Hinsicht die A GmbH ein relevantes eigenes Interesse an dem Verletzungsgeschehen bzw. ein eigenes Recht aus dem Patent habe, das auch eine Abmahnung in ihrem Namen rechtfertigen würde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Abmahnschreiben selbst.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten und in der mündlichen Verhandlung auf den Zeitraum ab ihrer Eintragung als Inhaberin des Klagepatents (27. Juni 2014) beschränkten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzflicht, Rückruf, Vernichtung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten zu.
Die von der Beklagten vertriebene angegriffene Ausführungsform verletzt Anspruch 1 des Klagepatents.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Kupplungshülse einer Schlauch-Schnellkupplung.
Als im Stand der Technik bekannte Hülse eines Gartengerätes benennt das Klagepatent – ohne hieran Kritik zu üben – zunächst die DE–U-90 211 8, die eine Hülse beschreibt, bei der auf eine ringförmige Ausnehmung ein ringförmiges Band aus einem weichen Material gewickelt ist. Dieses Material kann Kautschukmaterial sein und eine raue Außenbeschaffenheit haben. Bei der ebenfalls im Stand der Technik bereits bekannten Schrift GB 785 282 wird ein Gummi-Schlauchabschnitt auf eine gattungsgemäße Hülse gezogen und ggf. festgeklebt. Auch an dieser vorbekannten technischen Lösung übt das Klagepatent keine Kritik.
Das Klagepatent formuliert es sodann als Aufgabe, eine Hülse und ein Herstellungsverfahren dafür zu schaffen, die es ermöglicht, an ergonomisch und aufgrund der Benutzungsumstände festgelegten Stellen griffgünstige und Beschädigungen verhindernde Zusatzelemente vorzusehen.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
1.1 Hülse eines Gartengeräts
1.2 insbesondere betätigbare Kupplungshülse (11) einer Schlauch-Schnellkupplung (12),
1.3 die einen Grundkörper (17) aus relativ hartem Kunststoffmaterial
1.4 und ein einen Oberflächenabschnitt der Hülse einnehmendes, aus flexiblem, gummiartigen Material bestehendes Zusatzelement (24) aufweist,
1.5 das mit dem Grundkörper (17) unlösbar verbunden ist
1.6 dadurch gekennzeichnet, dass das Zusatzelement (24) in schalen- oder rinnenartige Ausnehmungen (21, 22) des Grundkörpers (17) eingespritzt
1.7 und mit dem Grundkörper (17) durch ein Zweikomponenten-Spritzverfahren haftend verbunden ist.
II.
Zwischen den Parteien ist – zu Recht – allein streitig, ob die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1.5 bis 1.7 des vorliegend maßgeblichen Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß erfüllt, so dass sich Ausführungen der Kammer zu den anderen Merkmalen erübrigen.
1.
Merkmal 1.5 sieht vor, dass das Zusatzelement (24) mit dem Grundkörper (17) unlösbar verbunden ist. Merkmale 1.6 bis 1.7 charakterisieren die Art der unlösbaren Verbindung näher: Sie sehen vor, dass die unlösbare Verbindung dadurch gekennzeichnet ist, dass das Zusatzelement (24) in schalen- oder rinnenartige Ausnehmungen (21, 22) des Grundkörpers (17) eingespritzt (Merkmal 1.6) und mit dem Grundkörper (17) durch ein Zweikomponenten-Spritzverfahren haftend verbunden ist (Merkmal 1.7).
Die Klagepatentschrift definiert den Begriff der „unlösbaren Verbindung“ nicht. Der Beschreibung der Klagepatentschrift kann der Durchschnittsfachmann jedoch entnehmen, dass sich das Erfordernis der „Unlösbarkeit“ der Verbindung zwischen Grundkörper und Zusatzelement darauf bezieht, dass sich bei einer „normalen“, regulären Benutzung der Hülse das Zusatzelement (z.B. die Griffmulde) nicht von dem Grundkörper ablösen soll, d.h. die geschaffene Verbindung nicht aufgetrennt wird. Denn in Abs. [0006] spricht die Patentschrift davon, dass sich durch das umfassend beschriebene Spritzverfahren eine „jedenfalls im Normalbetrieb unlösbare Verbindung“ ergibt, mithin keine unter allen Umständen unlösbare Haftung beider Elemente vorausgesetzt wird. Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit dem technischen Zweck der klagepatentgemäßen Erfindung: Gemäß Abs. [0004] soll es durch das Vorsehen des Zusatzelements möglich sein, auf dem Grundkörper der Hülse gesonderte Oberflächenabschnitte vorzusehen, z.B. Griffmulden mit einer eigenen Oberflächenstruktur. Solche Griffmulden müssen, um ihren technischen Zweck zu erfüllen, so eine feste Verbindung zu dem „Grundkörper“ haben, dass sie sich nicht ablösen, wenn der Benutzer in die Griffmulde fasst.
Der Fachmann kann der Klagepatentschrift zudem entnehmen, dass die unlösbare Verbindung allein durch die Anwendung des Zweikomponentenspritzverfahrens, bei dem das Zusatzelement in schalen- oder rinnenartige Ausnehmungen des Grundkörpers eingespritzt wird, erreicht werden soll, nicht hingegen durch Einsatz zusätzlicher Elemente. Das Klagepatent macht dies in Abs. [0004] deutlich, indem es beschreibt, dass das Zusatzelement mit dem Grundkörper eine direkte haftende Verbindung Oberfläche zu Oberfläche eingeht. Der Formulierung „Oberfläche zu Oberfläche“ entnimmt der Fachmann, dass kein „Verbindungsmittel“, wie z.B. Klebstoff, eingesetzt werden soll, um die beschriebene unlösbare Verbindung herzustellen, sondern der Kunststoff des Grundkörpers direkt mit dem Kunststoff des Zusatzelements haftend verbunden sein soll. Das Klagepatent führt zudem weiter aus, dass die – im Normalbetrieb – haftende Verbindung dadurch erreicht werden soll, dass das Zusatzelement (24) in schalen- oder rinnenartige Ausnehmungen (21, 22) des Grundkörpers eingespritzt wird. Das erfindungsgemäße „Einspritzen“ des Zusatzelements erfolgt nach dem Klagepatent durch Einspritzen des Kunststoffmaterials des Zusatzelements unter Verwendung des Zweikomponenten-Spritzverfahrens. Diese erfindungsgemäße Herstellungsart wird in Abs. [0006] dahingehend beschrieben, dass in der Spritzgießform auf den noch warmen, aber schon erhärteten Grundkörper, der auch einem relativ harten Kunststoffmaterial besteht, in einem zweiten Arbeitsgang die zweite Komponente, nämlich das weichere Kunststoffmaterial des Zusatzelementes, aufgespritzt wird. In Abs. [0007] werden die Verfahrensschritte näher beschrieben: Das Herstellungsverfahren umfasst die Schritte der Herstellung des Grundkörpers im Kunststoffspritzverfahren aus einem thermoplastischen relativ harten Kunststoffmaterial mit gegenüber der Endform ausgebildeten, schalen- oder rinnenartigen Ausnehmungen, in die unmittelbar anschließend bei noch warmem Material des Grundkörpers ein flexibles gummiartiges thermoplastisches Kunststoffmaterial in Haftverbindung mit dem Material des Grundkörpers eingespritzt wird. In Abs. [0019] wird das Zweikomponenten-Spritzverfahren ebenfalls in dieser Weise beschrieben.
Über die beschriebene direkte Haftung zwischen Zusatzelement und Grundkörper bei „normaler“ Benutzung der Hülse des Gartengeräts, die durch die Anwendung des Zweikomponenten-Spritzverfahrens in der beschriebenen Weise erreicht werden soll, stellt das Klagepatent keine weiteren Anforderungen an die Qualität bzw. Ausprägung der geforderten Unlösbarkeit der Verbindung. Insbesondere setzt das Klagepatent nicht voraus, dass der Grundkörper mit dem Zusatzelement derart unlösbar verbunden ist, dass beide Komponenten nach Durchführung des beschriebenen Zweikomponenten-Spritzgußverfahrens überhaupt nicht mehr, d.h. auch nicht durch Aufbringung erheblicher physischer Kräfte voneinander getrennt werden können, ohne dass die Vorrichtung zerstört wird. Ein solches Verständnis ergibt sich zum einen nicht aus der Formulierung in Abs. [0006] der Klagepatentschrift, die beschreibt, dass bei der Durchführung des Zweikomponenten-Spritzgußverfahrens die zweite Komponente (d.h. das Kunststoffmaterial des Zusatzelements) mit dem Grundkörper zu einer unlösbaren Verbindung verschweißt wird oder der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels in Abs. [0014], wo davon die Rede ist, dass das Zusatzelement in den Ausnehmungen unlösbar bzw. flächenmäßig haftend, beispielsweise nach Art einer Verschweißung, festgelegt ist (Unterstreichungen hinzugefügt). Denn der Fachmann erkennt zunächst, dass die Formulierung „verschweißt“ lediglich „untechnisch“ verwendet wird, weil sich das Klagepatent nicht mit der Technik des klassischen Schweißens, z.B. von Metall, befasst. Dies ergibt sich auch aus der Formulierung, dass die Haftung zwischen Zusatzelement und Griffmulde „nach Art“ einer Verschweißung erfolgt. Darüber hinaus weist das Klagepatent in Abs. [0006] darauf hin, dass die Unlösbarkeit der Verbindung auf den Normalbetrieb bezogen ist. Dem kann der Fachmann entnehmen, dass Anspruch 1 des Klagepatents keine solche Verbindung verlangt, die verschweißten Metallteilen entspricht, die in der Regel nur durch eine Zerstörung des Materials wieder voneinander getrennt werden können. Er wird die Formulierung „zu einer unlösbaren Verbindung verschweißt“ vielmehr so verstehen, dass ohne Einsatz zusätzlicher Stoffe eine im Normalbetrieb unlösbare Verbindung beider Elemente – Grundkörper und Zusatzelement – Oberfläche zu Oberfläche erreicht werden soll. Dies ergibt sich auch aus Abs. [0019], der das Spritzgußverfahren in seinen Arbeitsschritten näher beschreibt und am Ende ausführt, dass das aufgeschmolzene Material für das Zusatzelement nach dem Einspritzen in die Ausnehmungen (21) an diesen „nach Art einer Verschweißung“ haftet.
Auch aus der Bezeichnung des erfindungsgemäß anzuwendenden Spritzverfahrens als „Zweikomponenten-Spritzverfahren“ lässt sich nicht der Schluss ziehen, der Klagepatentanspruch erfordere, dass Grundkörper und Zusatzelement durch eine „Verschlaufung“ der Moleküle beider Elemente absolut untrennbar miteinander verbunden werden. Denn über die in Abs. [0006], [0007] und [0019] enthaltene Beschreibung der Arbeitsschritte des Zweikomponenten-Spritzgußverfahrens hinaus enthält die Klagepatentschrift keinerlei weitere Vorgaben für die Art der mechanischen / chemischen Verbindung beider durch das Spritzverfahren hergestellten Elemente. Vielmehr folgt aus der Beschreibung in Abs. [0006], dass insoweit „nur“ eine „jedenfalls im Normalbetrieb unlösbare Verbindung“ durch das Spritzverfahren hergestellt wird.

2.
Unter Zugrundelegung der dargestellten Auslegung erfüllt die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1.5 bis 1.7 wortsinngemäß.
Bei der angegriffenen Ausführungsform wird das Zusatzelement in zwei schalenartige Ausnehmungen des Grundkörpers eingespritzt, wobei ein Zweikomponenten-Spritzverfahren durchgeführt wird. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, die angegriffene Ausführungsform verletzte Anspruch 1 des Klagepatents nicht, weil sich das Zusatzelement aus Kunststoff durch Anwendung physischer Kraft von dem Grundkörper der Hülse – zumindest teilweise – ablösen lasse, führt dies nicht aus einer Verletzung heraus. Denn gemäß obigem Verständnis erfordert der maßgebliche Klagepatentanspruch keine „Unlösbarkeit unter allen Umständen“, sondern (lediglich) im Normalbetrieb, d.h. beim Einsatz der Hülse auf dem Gartenschlauch, bzw. beim An- und Abkoppeln der Hülse an den Schlauch. Dass es bei der regulären Nutzung der angegriffenen Ausführungsform zu einer Ablösung der Zusatzelemente kommt, hat auch die Beklagte nicht vorgetragen. Soweit sie geltend gemacht hat, aus der Tatsache, dass sich das Zusatzelement durch „Abknibbeln“ mittels zweier Finger zumindest teilweise von der Hülse ablösen lasse, folge, dass das Zweikomponentenspritzverfahren bei ihr nicht in mechanisch korrekter bzw. chemisch idealer Weise durchgeführt werde, führt dies zu keiner abweichenden Bewertung. Denn auch bei der vorgelegten, in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen angegriffenen Ausführungsform, bei der das Zusatzelement an einem Rand abgelöst war, war es im Übrigen haftend mit dem Grundkörper verbunden, ohne dass erkennbar war, dass ein anderer Grund bzw. ein anderer Stoff (z.B. Klebestoff) für die Haftung zwischen den Elementen gesorgt hätte. Hieraus ergibt sich, dass das bei der Beklagten angewendete Spritzverfahren jedenfalls zu einer – im Normalbetrieb – direkt haftenden Verbindung von Oberfläche zu Oberfläche und damit in der von dem Klagepatentanspruch geforderten Weise zu einer unlösbaren Verbindung geführt hat. Dass für die haftende Verbindung ein anderer Grund als die Anwendung des Zweikomponentenspritzverfahrens (z.B. eine Verklebung) gesorgt hat, hat die Beklagte nicht dargelegt. Auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung, dass der Vortrag der Beklagten in der Replik (Bl. 85 d.A.) dahingehend verstanden werde, dass die Beklagte nicht bestreite, dass bei der angegriffenen Ausführungsform das Zusatzelement mit Hilfe des Zweikomponenten-Spritzverfahrens hergestellt werde, sondern sich nach dem Verständnis der Kammer das Bestreiten allein auf die „haftende Verbindung“ zwischen Zusatzelement und Grundkörper beziehe, ist kein entgegenstehender Vortrag der Beklagten erfolgt. Insbesondere hat die Beklagte nicht dargelegt, ob und wenn ja welches von einem Zweikomponenten-Spritzverfahren (abweichende) (Spritz-)Verfahren bei der angegriffenen Ausführungsform für die Herstellung und Befestigung der Zusatzelemente angewendet wird. Daher war davon auszugehen, dass die Beklagte das Zweikomponenten-Spritzverfahren, wie im Klagepatentanspruch vorgesehen, anwendet.
Darüber hinausgehend verlangt das Klagepatent, wie dargelegt, keine über die Beschreibung der Verfahrensschritte in Abs. [0006] und [0019] reichende Qualität bzw. keinen darüber hinausgehende Wirkungsweise des Zweikomponentenspritzverfahrens außer der im Normalbetrieb haftenden Verbindung zwischen Grundkörper und Zusatzelement. Diese liegt, wie ausgeführt, vor.

III.
Da die angegriffene Ausführungsform Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß verletzt, ergeben sich die folgenden Ansprüche der Klägerin:
Die Beklagte ist der Klägerin im tenorierten Umfang zur Unterlassung ihrer Angebots- und Vertriebshandlungen verpflichtet (Art. 64 EPÜ, §§ 139 Abs. 1, 9 PatG).
Mit Rücksicht auf die bereits vorgefallenen Angebots- und Vertriebshandlungen haftet die Beklagten der Klägerin gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG auf Schadenersatz, da sie schuldhaft gehandelt haben. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte dies bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können (§ 276 BGB). Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Die Klägerin hat deshalb ein rechtliches Interesse daran, dass die Schadenersatzhaftung der Beklagten zunächst dem Grunde nach festgestellt wird (§ 256 ZPO).
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen (Antrag zu Ziff. I. 2) ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG.
Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist im Übrigen auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
Die Beklagte ist gemäß Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 und 3 PatG zum Rückruf und Vernichtung der im Tenor näher beschriebenen Erzeugnisse verpflichtet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechts- und Patentanwaltskosten jedenfalls in der beantragten Höhe von 3.110,08 €. Der Anspruch auf Erstattung der durch eine vorgerichtliche Abmahnung entstandenen Kosten ergibt sich aus §§ 139 Abs. 2 PatG, 823 Abs. 1 BGB. Der Klägerin stand gegen die Beklagte im Zeitpunkt der Abmahnung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu (s.o.). Die Erstattungspflicht der Beklagten gilt sowohl für die Kosten des Rechtsanwaltes wie auch des mitwirkenden Patentanwalts, dessen Einschaltung im Regelfall bei einem patentrechtlichen Sachverhalt notwendig ist.
Für die Berechnung der Rechts- und Patentanwaltskosten ist – nach Abtrennung der marken- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche – ein Streitwert von 150.000,00 € zugrunde zu legen. Die von der Klägerin angesetzte Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3 ist angemessen und wurde von der Beklagten nicht beanstandet. Jedoch steht der Klägerin gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung einer Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG zu. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Klägerin als Inhaberin des Klagepatents die Abmahnung nicht nur im eigenen Namen, sondern auch im Namen ihrer Tochtergesellschaft, der A GmbH, ausgesprochen hat. Die A GmbH ist keine Mitinhaberin des Klagepatents.
Die erstattungsfähigen Abmahnkosten sind durch eine streitwertanteilige Quotelung der Anwaltskosten in dem Sinne zu ermitteln, dass zunächst der Honoraranspruch für die Gesamtabmahnung unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 250.000,00 € (einschließlich der abgetrennten marken- und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche) berechnet und anschließend der Erstattungsanspruch um denjenigen Anteil gekürzt wird, der dem Verhältnis des unberechtigten bzw. abgetrennten Anspruchs zum Gesamtstreitwert entspricht (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 13, 199 – Schräg-Raffstore; BGH GRUR 2012, 949 – Mißbräuchliche Vertragsstrafe). Hieraus ergeben sich Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten in Höhe von jeweils 1.757,34 € (2928,90 € x 0,6), insgesamt 3.514,68 € (ohne Auslagen) und somit jedenfalls der beantragte Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 3.110,08 €.
Der Zinsanspruch besteht gem. §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 BGB.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird bis zum 28. Januar 2016 auf 150.000,00 €, danach auf 97.500 € festgesetzt.