I-15 U 49/15 – Prozesskartusche II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2461

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 29.04.2016, Az. I-15 U 49/15

Vorinstanz: 4a O 45/14

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 11.06.2015, Az. 4a O 45/14, wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 950.000,- Euro abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Die Revision wird zugelassen.

 

 

G r ü n d e:

A.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 087 AAA B1 (im Folgenden Klagepatent, Anlage K 5; deutsche Übersetzung Anlage K 6a). Das Klagepatent wurde am 25.12.2007 unter Inanspruchnahme von drei japanischen Prioritäten in englischer Verfahrenssprache angemeldet und führt den Titel „Prozesskartusche, elektrophotografische Bilderzeugungsvorrichtung und photosensitive elektrophotografische Trommeleinheit“. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 17.07.2013 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.

 

Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 lautet in deutscher Fassung:

 

„Elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit (B),

 

die mit einer Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung verwendbar ist, wobei die Hauptbaugruppe eine durch einen Motor anzutreibende Antriebswelle (180) mit einem Rotationskraftanwendabschnitt enthält,

 

wobei die elektrofotografische Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe in einer Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Richtung (L3) der Antriebswelle demontierbar ist, wobei die elektrofotografische Trommeleinheit aufweist:

 

  1. i) eine elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) mit einer fotosensitiven Schicht (107b) auf einer Außenoberfläche davon, wobei die elektrofotografische fotosensitive Trommel rotierbar um eine Achse (L1) davon ist;

 

  1. ii) ein Kupplungsbauelement (150), das um eine Achse (L2) davon rotierbar ist, und das mit der Antriebswelle (180) in Eingriff bringbar ist, um eine Rotationskraft von dem Rotationskraftanwendabschnitt zu empfangen, um die elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) zu rotieren,

 

wobei das Kupplungsbauelement an einem axialen Ende der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) derart bereitgestellt ist, dass das Kupplungsbauelement (150) in der Lage ist,

 

eine Rotationskraftübertragungswinkelposition im Wesentlichen gleichachsig mit der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zur Übertragung der Rotationskraft zur Rotation der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zu der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107)

 

und eine Löswinkelposition einzunehmen, in der das Kupplungsbauelement (150) weg von der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) der Rotationskraftübertragungswinkelposition geneigt ist zum Lösen des Kupplungsbauelements (150) von der Antriebswelle (180),

 

wobei die elektrofotografische Trommeleinheit (B) derart eingerichtet ist, dass, wenn die elektrofotografische Trommeleinheit (B) von der Hauptbaugruppe in der Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) demontiert ist, sich das Kupplungsbauelement (150) von der Rotationskraftübertragungswinkelposition zu der Löswinkelposition bewegt.“

 

Im nebengeordneten Patentanspruch 25, den die Klägerin in diesem Rechtsstreit nicht geltend macht, stellt das Klagepatent eine Prozesskartusche mit einer elektrofotografischen fotosensitiven Trommeleinheit nach Anspruch 1 unter Schutz.

 

Die Klägerin ist ein japanisches Unternehmen, das unter anderem Kopiergeräte und Drucker einschließlich der dazu passenden Tintenpatronen und Lasertoner-Kartuschen (nachfolgend Prozesskartuschen) herstellt und vertreibt. Prozesskartuschen fertigt sie in Japan, China, den USA und Frankreich sowohl für Laserdrucker ihrer eigenen Marke „B“ als auch im Rahmen einer Kooperation für das Unternehmen C, das diese weltweit unter seiner Marke „D“ vertreibt. Sämtliche Prozesskartuschen der Klägerin sind mit einer „CE“-Kennzeichnung versehen. Ein Hinweis, für welchen Markt sie jeweils bestimmt sind, ist auf ihnen nicht angebracht.

 

Die Beklagte zu 1) vertreibt Prozesskartuschen, Tintenpatronen und anderes Druckerzubehör. Zu Ihrem Sortiment gehören Prozesskartuschen mit der Bezeichnung „E“ mit den folgenden Artikelnummern: F, G, H, I, J, K, L, M und N. Die Prozesskartuschen sind als Ersatz für bestimmte OEM („Original Equipment Manufacturer“)- Prozesskartuschen der Klägerin verwendbar, die unter den Marken B und D an Endkunden für einen Preis von zumindest überwiegend mehr als 100,- Euro verkauft werden, wobei in der Klageschrift unter Rn 70 (Seite 29) im Einzelnen aufgelistet ist, welche Artikelnummern der Beklagten zu 1) mit welchen Laserdruckern kompatibel sind. Die Beklagte zu 1) lieferte ihre Prozesskartuschen über die Verkaufsplattform „www.E24.de“ u. a. nach Deutschland. Der Beklagte zu 2) ist der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Beklagten zu 1).

 

Die Beklagte zu 1) fertigt die Prozesskartuschen, indem sie OEM-Prozesskartuschen der Klägerin erstmalig wiederaufbereitet. Sie erwirbt diese Kartuschen, wenn sie „leer“ sind, d. h. der Toner (weitgehend) aufgebraucht ist. Für diese verbrauchten Prozesskartuschen existiert ein Markt, auf dem sie für Preise zwischen etwa 5,- Euro und 20,- Euro gehandelt werden. Die Beklagte zu 1) kauft sie zum großen Teil von Leerguthändlern, die sie ihrerseits ausnahmslos auf dem europäischen Markt bezogen haben. Ursprünglich stammen diese Kartuschen von privaten oder geschäftlichen Endkunden, die sie bei Sammelstellen oder unmittelbar an Händler abgeben.

 

Die OEM-Prozesskartuschen enthalten eine Trommeleinheit (angegriffene Ausführungsform), die aus einer elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (Bildtrommel), einem Kupplungsbauelement und einem Verbindungsabschnitt (Flansch) besteht. Die Bildtrommel verfügt über eine fotosensitive Schicht, die durch Benutzung beim Druckvorgang regelmäßig verbraucht ist, wenn der Toner aufgebraucht ist. Die Trommeleinheit ist in der zweiten Rahmeneinheit des Gehäuses der Prozesskartusche verbaut und kann ohne Gefahr einer Beschädigung der Rahmeneinheit nicht entnommen werden. Die Beklagte zu 1) demontiert die OEM-Prozesskartuschen, um an die Trommeleinheit zu gelangen. Anschließend zerlegt sie die Trommeleinheit in ihre Einzelteile und ersetzt die verbrauchte Bildtrommel sowie teilweise den Flansch durch neue Bauteile, die nicht von der Klägerin stammen. Das Original-Kupplungsbauelement verwendet sie wieder und baut es mit einer neuen Bildtrommel und ggfs. einem neuen Flansch wieder zu einer funktionsfähigen Trommeleinheit zusammen, die sie im Rahmen der Wiederaufbereitung in die Prozesskartusche einbaut.

 

Die Klägerin und C haben im Jahr 2011 gegenüber der EU-Kommission eine Selbstverpflichtungserklärung abgegeben, deren Zweck eine verbesserte Umweltleistung u. a. von Druckern und Druckerzubehör sowie ein Beitrag zu den Zielsetzungen der Richtlinie 2009/125/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte ist.

 

In der Erklärung heißt es unter 4.4. in deutscher Übersetzung (Anlage EP 9a, 9b):

 

„4.4 Kartuschen

Für alle Produkte, welche nach dem 1. Januar 2012 auf den Markt gebracht werden:

 

4.4.1 Alle Kartuschen, die von einem OEM für die Benutzung in einem solchen Produkt hergestellt oder empfohlen werden, dürfen nicht so ausgestaltet sein, dass eine Wiederverwendung oder ein Recycling ausgeschlossen sind.

 

4.4.2 Das Gerät darf nicht so ausgestaltet sein, dass die Verwendung einer Nicht-OEM Kartusche ausgeschlossen ist.

 

Die Anforderungen des Absatzes 4.4 dürfen nicht so ausgelegt werden, dass sie Innovationen, Entwicklungen oder Verbesserungen im Design oder in der Funktionalität der Produkte, Kartuschen, etc. ausschließen oder behindern“

 

Die Klägerin ist der Ansicht, das Anbieten und Inverkehrbringen der angegriffenen Ausführungsform verletze das Klagepatent. Diese verwirklichten sämtliche Merkmale von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Sie nimmt die Beklagten wegen unmittelbarer Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht sowie Urteilsveröffentlichung und die Beklagte zu 1) zudem auf Vernichtung und Rückruf in Anspruch.

 

Die Beklagten haben angeführt, die angegriffene Ausführungsform mache nicht von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Abgesehen davon seien die Ansprüche aus dem Klagepatent erschöpft. Die von der Klägerin abgegebene Selbstverpflichtungserklärung habe zur Folge, dass die Durchsetzung patentrechtlicher Ansprüche wegen der Wiederaufbereitung der streitigen Prozesskartuschen eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Der Unterlassungsantrag sei unbestimmt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

 

Das Landgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 11.06.2015 antragsgemäß zur Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung verurteilt sowie ihre Verpflichtung zum Schadenersatz festgestellt. Ferner hat es die Beklagte zu 1) antragsgemäß zur Vernichtung und zum Rückruf verurteilt. Den weiteren Klageantrag auf Urteilsveröffentlichung hat es abgewiesen.

 

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klage stelle nicht wegen der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin eine unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB dar. Die angegriffene Ausführungsform mache unmittelbar und wortsinngemäß von Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch. Die Rechte aus dem Klagepatent seien nicht erschöpft. Abzustellen sei nicht auf die Prozesskartusche, sondern auf die patentgemäße Trommeleinheit, weil maßgeblich für die Beurteilung der Erschöpfung der nach dem Patentanspruch geschützte Gegenstand sei, auch wenn dieser nicht im Geschäftsverkehr gehandelt werde. Auf Grundlage des Vorbringens der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten sei nicht feststellbar, dass die Bildtrommel ein Verschleißteil der Trommeleinheit sei und daher ihr Austausch als Reparatur der Trommeleinheit und nicht als deren Neuherstellung zu beurteilen sei. Soweit die Beklagten neben der Bildtrommel außerdem den Flansch der ursprünglichen Trommeleinheit ersetzten, stelle dies damit erst recht keine reguläre Erhaltungsmaßnahme in Bezug auf die Trommeleinheit dar. Der Unterlassungsantrag sei hinreichend bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen.

 

Die Beklagten tragen zur Begründung vor: Das Landgericht habe der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Rechte der Klägerin seien hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform erschöpft. Der Austausch der fotosensitiven Trommel sei eine übliche Maßnahme im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs.

 

Bei der gebotenen Gesamtabwägung der schutzwürdigen Interessen der Klägerin und der Abnehmer überwiegten die Interessen der Abnehmer am ungehinderten Gebrauch der Prozesskartuschen eindeutig. Abzustellen sei dabei auf die Prozesskartusche, da diese das allein verkehrsfähige Wirtschaftsgut sei, während die Trommeleinheit nicht Gegenstand des Geschäftsverkehrs sei. Maßgebend sei daher, ob nach den berechtigten Erwartungen der Abnehmer während der Lebensdauer der Gesamtvorrichtung der Austausch der Bildtrommel eine übliche Erhaltungsmaßnahme der Prozesskartusche darstelle. Nicht vom patentgeschützten Gegenstand, sondern vom verkehrsfähigen Wirtschaftsgut sei insbesondere auch wegen des unionsrechtlichen Grundsatzes der Warenfreiheit gemäß Art. 34 AEUV auszugehen. Dieser führe wegen seines Zwecks, Handelsbeschränkungen abzubauen dazu, dass das Schutzrecht nach dem Inverkehrbringen gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der berechtigterweise in Verkehr gebrachten Waren zurücktreten müsse. Dieses schützenswerte Interesse der Abnehmer am freien Verkehr und Gebrauch beziehe sich auf die Prozesskartuschen als der mit Zustimmung der Klägerin tatsächlich in Verkehr gebrachten Ware. Demnach komme es bei der Erschöpfung allein auf die Bedingungen des tatsächlichen Inverkehrbringens und nicht auf die Ausschließlichkeitsrechte des Patentinhabers an. Dafür spreche zudem, dass es die freie Entscheidung des Patentinhabers sei, eine Gesamtvorrichtung auf den Markt zu bringen und den dafür erzielbaren Kaufpreis als Ausgleich für seine Erfindertätigkeit zu erhalten. Die Abnehmer, die ihrerseits einen weitaus höheren Kaufpreis entrichtet haben als für das beanspruchte Bauteil zu erlangen gewesen wäre, haben dementsprechend ein berechtigtes Interesse, diese Gesamtvorrichtung zu benutzen und ggf. zu reparieren. Die Klägerin habe unstreitig Prozesskartuschen auf den Markt gebracht, die über 100,- Euro kosten und damit 1/3 bis 7/8 des Neupreises für den Drucker erreichen, während das Landgericht die Trommeleinheit mit zwei Euro bewertet habe. Die Abnehmer erwarteten deshalb zu Recht, die Prozesskartusche frei von den Rechten der Klägerin gebrauchen zu dürfen. Der Umfang eines Patentanspruchs sei hingegen kein sinnvoller Maßstab für das Interesse der Abnehmer an der Gesamtvorrichtung, da es weitgehend im Belieben des Patentanmelders stehe, welche weiteren Bauteile er zusätzlich zu den erfindungswesentlichen Teilen in einen Patentanspruch einbeziehe. Die Folge wäre, dass einseitig im Interesse des Patentinhabers – und ohne die gebotene Abwägung der beiderseitigen Interessen – auf eine technisch willkürlich definierte Unterbaugruppe abgestellt würde. Die Willkür in der Wahl des Gegenstandes von Anspruch 1 zeige sich deutlich im Kontrast zu den Ansprüchen 25 ff. und 29 ff. des Klagepatents, die auf die Prozesskartusche bzw. den ganzen Drucker, mithin gehandelten Waren gerichtet seien. Überdies würde es zu einer ungerechtfertigten Ausdehnung des Patentschutzes führen, wenn man dem Patentinhaber auf diese Weise erlaubte, den Austausch von Standardbauteilen zu monopolisieren, die mit der Erfindung nicht in Zusammenhang stehen. Zudem könnte die Trommeleinheit als Untereinheit allein kein verbessertes Ankoppeln bei sicherem und gleichmäßigem Rotieren der Trommel bereitstellen, sondern dies allenfalls im Zusammenwirken mit der Prozesskartusche leisten.

 

Abgesehen davon seien die Rechte der Klägerin an der gesamten Prozesskartusche selbst dann erschöpft, wenn man auf den patentgeschützten Gegenstand abstellte, weil die Prozesskartuschen mit der darin enthaltenen Trommeleinheit unstreitig im unabhängigen Patentanspruch 25 des Klagepatents als Gesamtvorrichtung beansprucht seien. Habe der Klägerin daraus ein Verbietungsrecht hinsichtlich der Prozesskartusche zugestanden, so habe sie sich dieses Verbietungsrechts durch Inverkehrbringen begeben. Davon ausgehend sei es ihr verwehrt, sich auf Grundlage des nebengeordneten Patentanspruchs 1, der durch Bezugnahme in Patentanspruch 25 enthalten sei, die bestimmungsgemäße Nutzung der Prozesskartusche einschließlich ihrer Instandhaltung vorzubehalten.

 

Ungeachtet dessen habe das Landgericht fehlerhaft allein auf objektive Kriterien abgestellt. Stattdessen sei anhand der Verkehrsauffassung zu bestimmen, ob eine übliche Erhaltungsmaßnahme vorliege. Das sei konkret durch eine Verkehrsumfrage zu ermitteln, wobei die relevanten Verkehrskreise festzulegen seien. Das seien hier vorwiegend gewerbliche Kunden und – insbesondere wenn man auf die Trommeleinheit abstelle – die Wiederaufbereiter als Abnehmer der verbrauchten Prozesskartuschen. Mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen dazu habe sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Abgesehen davon lasse sich unstreitig eine Verkehrsauffassung ausschließlich anhand der gehandelten Gesamtvorrichtung ermitteln, was zusätzlich bestätige, dass es auf diese ankommen müsse. Objektive Umstände seien lediglich als Indizien zur Feststellung der Verkehrsauffassung heranzuziehen.

 

Lege man zutreffend die Gesamtvorrichtung zugrunde, so sei die Aufarbeitung der Prozesskartuschen nach den berechtigten Erwartungen der Abnehmer als übliche Erhaltungsmaßnahme anzusehen. Wie erstinstanzlich vorgetragen, würden etwa 50% aller leeren Prozesskartuschen von Wiederaufbereitern aufgekauft und weitere 20 % vom Hersteller gesammelt, so dass insgesamt 70 % gesammelt und verwertet würden. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil sei aus einer Entsorgung von 30 % der Prozesskartuschen – im Officebereich seien es sogar nur 11 % –

nicht zu schließen, dass leere Prozesskartuschen nach der überwiegenden Vorstellung der Abnehmer wertlos seien, sondern dies bestätige vielmehr die Werthaltigkeit nach der Verkehrsauffassung. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass ein Teil der Abnehmer die Kartuschen entsorge, obwohl er diese als werthaltig ansehe, z. B. aus Zeitgründen oder aus Bequemlichkeit, weil er sich für die am Markt gehandelten Preise nicht die Zeit nehme, einen Käufer zu suchen. Zudem bedeute das Angebot von Hewlett Packard zur kostenlosen Rücksendung und – bei gewerblichen Nutzern – zur Abholung leerer Prozesskartuschen einen erheblichen Vorteil für den Kunden, insbesondere wenn die Kartuschen nicht im Hausmüll entsorgt werden sollen.

 

Überdies spiegelten sich in der fotosensitiven Trommel und dem Flansch nicht die technischen Wirkungen der Erfindung wider – wobei die Beklagten auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweisen –, so dass es sich bei der angegriffenen Ausführungsform nicht um eine Neuherstellung handle.

 

Doch selbst wenn man auf die Trommeleinheit abstellen würde, wäre die Wiederaufarbeitung als üblich anzusehen. Da Abnehmer leere Prozesskartuschen als werthaltig ansehen, beziehe sich diese Vorstellung inzident auch auf die einzelnen Verschleißteile, selbst wenn ihnen diese nicht konkret bekannt seien. Demgegenüber sei das Größen- oder Wertverhältnis zwischen Austauschteil und erhaltenem Rest nicht von Bedeutung, weshalb der vom Landgericht angeführte Umstand, dass der Wertanteil der Bildtrommel an der Trommeleinheit mindestens 70 % betrage, kein Indiz für eine Neuherstellung sei. Dem Patentinhaber sei insbesondere der Wert eines ausgetauschten Standardprodukts nicht zuzurechnen, wenn sich die Erfindung darauf nicht in irgendeiner Weise auswirke. Die Bildtrommel sei ein patentfreies Standardprodukt, mit dessen Wert sich nicht begründen lasse, dass ihr Austausch unzulässig sei, nur weil die Klägerin sie als System mit einem verhältnismäßig günstigen Bauteil – dem Kupplungsbauelement – beanspruche, in welchem die Erfindung verwirklicht werde. Abgesehen davon geben die Material- und Produktionskosten des Kupplungsbauelements seinen ökonomisch richtigen Wert nicht wieder. Vielmehr seien die Kosten der Entwicklung und für die Umstellung der Drucker auf die neue Schnittstellentechnologie sowie der zusätzliche Wert, der dem Kupplungsbauelement aufgrund des Patentschutzes zukomme, ebenfalls zu berücksichtigen. Sie bestreiten mit Nichtwissen, dass der Bildtrommel bei Einbeziehung dieser Faktoren ein überwiegender Wertanteil zukomme. Das gelte umso mehr, als diese im Zeitpunkt der Aufarbeitung verbraucht und damit wertlos sei. Ferner seien die Kosten des Austauschs der Bildtrommel geringfügig im Vergleich zu den Kosten einer neuen Prozesskartusche. Das Kupplungsbauelement sei außerdem nicht leicht herzustellen, selbst wenn die Kosten dafür mit 0,20 bis 0,30 Euro gering seien.

 

Das angefochtene Urteil berücksichtige ferner nicht die für eine Üblichkeit des Austauschs sprechenden Umstände, dass die Bildtrommel ein typisches Verschleißteil sei, bei der die fotosensitive Schicht durch Gebrauch abgetragen werde, während das Kupplungsbauelement ein langlebiger, stabiler Bestandteil der Prozesskartusche sei. Ein objektiver Betrachter würde diese Kombination aus Standard-Verschleißteil und voll funktionsfähigem Teil als reparabel ansehen. Dabei komme es auf den Reparaturaufwand nicht an. Der Austausch der Bildtrommel erfolge abgesehen davon bei der Trommeleinheit mit zwei Handgriffen. Bezogen auf die Prozesskartusche habe die Klägerin nur einmal unsubstantiiert vorgetragen, dass ein „Neuaufbau“ aus neuen und gebrauchten Teilen von verschiedenen gebrauchten Kartuschen erfolge. Im Übrigen widerspreche dies dem beidseitigen erstinstanzlichen Vorbringen. Zudem habe sich die Klägerin in Ziffer 4.4.1 ihrer Selbstverpflichtungserklärung dazu verpflichtet, ihre Kartuschen so auszugestalten, dass ihre Wiederverwendung nicht ausgeschlossen sei. Dies bedeute, dass die Verschleißteile von den nicht einem Verschleiß unterliegenden Bestandteilen trennbar sein müssten und eine übliche Erhaltungsmaßnahme darstellten. Die Klägerin habe somit kein schutzwürdiges Interesse, die Aufarbeitung zu verhindern, da sie sich durch die Selbstverpflichtungserklärung gerade dazu verpflichtet habe, diese zuzulassen. Das gelte umso mehr, als die Aufarbeitung von Prozesskartuschen eine seit Jahrzehnten etablierte Praxis sei

 

Darüber hinaus sei eine unzulässige Rechtsausübung darin zu sehen, dass die Klägerin gegen Ziffern 4.4.1 und 4.4.2 ihrer Selbstverpflichtungserklärung verstoße. Die Drucker seien entgegen Ziffer 4.4.2, die das Landgericht nicht gewürdigt habe, so ausgestaltet, dass die Klägerin die Verwendung von wiederaufbereiteten Nicht-OEM-Kartuschen aufgrund des Klagepatents faktisch ausschließen könne. Sie habe die Drucker allein aus dem Grund technisch zur patentgemäßen Kupplungstechnologie geändert, um durch die längere Patentlaufzeit die Verwendung von Nicht-OEM-Kartuschen zu verhindern. Wie erstinstanzlich dargelegt, habe diese Änderung keinen technischen Fortschritt gebracht, so dass auch die Ausnahme zum Schutz von Innovationen nicht greife.

 

Ferner stelle diese technische Umgestaltung ein missbräuchliches Verhalten dar, indem der Marktzutritt zu einem Markt, den das marktbeherrschende Unternehmen zu eröffnen verpflichtet sei, beschränkt werden solle. Die gegenüber der Europäischen Kommission zur Vermeidung gesetzlicher Vorschriften abgegebene Selbstverpflichtung sei mit einer FRAND-Erklärung vergleichbar, da die Klägerin mit ihr bei den Beklagten und anderen Marktteilnehmern die berechtigte Erwartung geweckt habe, ihre Kupplungstechnologie nicht dergestalt zu ändern, dass eine Verwendung von Nicht-OEM-Kartuschen zumindest für mehrere Jahre ausgeschlossen sei. Da die Klägerin mit der patentgemäßen Kupplungstechnologie Nicht-OEM-Kartuschen faktisch vom Markt ausschließe, enttäusche sie diese Erwartung und missbrauche ihre marktbeherrschende Stellung.

 

Überdies sei weltweit seit 2012 nirgends eine nicht unter das Klagepatent fallende, kommerzielle Alternativlösung erhältlich. Die Entwicklung einer Umgehungslösung sei schwierig, da der Patentanspruch sehr breit sei und die Kupplung beim Ein- und Ausbau sowohl die starr gelagerte Antriebswelle umgehen als auch gleichzeitig eine Verbindung mit den seitlichen Rotationsübertragungsstiften eingehen sowie mit den weiteren baulichen Gegebenheiten des Druckers zurechtkommen müsse.

 

Die Beklagten beantragen,

 

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 11.06.2015, Az. 4a O 45/14 abzuändern und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor: Das Landgericht habe bei der Erschöpfung zutreffend auf die Trommeleinheit und nicht auf die Prozesskartusche abgestellt. Bezugspunkt der Erschöpfung sei nicht die in Verkehr gebrachte Vorrichtung, sondern das vom Patentanspruch definierte Erzeugnis. Dies gelte auch im Lichte des Grundsatzes der Warenverkehrsfreiheit, der für nationale gewerbliche Schutzrechte durch Art. 36 AEUV eingeschränkt werde. Diese Regelung lasse Beschränkungen des freien Warenverkehrs als Folge der Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte insoweit zu, als sie zur Ausübung des spezifischen Gegenstands des jeweiligen Schutzrechts erforderlich und angemessen seien. Dieser „spezifische Gegenstand“ sei das patentgemäße Erzeugnis und nicht das auf dem Markt gehandelte Produkt. Nur diese Sichtweise wahre zudem die Rechtssicherheit, da allein der Patentanspruch eine trennscharfe Abgrenzung ermögliche, an welchem Erzeugnis sich die Rechte des Patentinhabers erschöpft haben.

 

Dem Patentinhaber könne ferner nicht vorgeschrieben werden, wie er den Patentanspruch zu formulieren habe, weshalb auch der Schutz einer Untereinheit einer in Verkehr gebrachten Gesamtvorrichtung nicht rechtsmissbräuchlich sei. Abgesehen davon habe sie Anspruch 1 des Klagepatents nicht willkürlich auf die Trommeleinheit festgelegt. Da dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde liege, eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte Ankopplung der Trommeleinheit einer Prozesskartusche an einer druckerseitigen Antriebswelle bereitzustellen, die gleichzeitig ein sicheres und gleichmäßiges Rotieren der Trommel während des Druckprozesses gewährleiste, stelle die Trommeleinheit mit der erfindungsgemäßen winkelvariablen Verbindung zwischen dem Kupplungsbauelement und der Trommel, die insgesamt die Funktion der Trommeleinheit positiv beeinflusse, vielmehr den Kern der in der Klagepatentschrift offenbarten technischen Lehre dar. Anspruch 25 des Klagepatents führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da die Prozesskartusche samt Trommeleinheit ein selbständiges patentgemäßes Erzeugnis bilde.

 

Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger Erhaltungsmaßnahme und unzulässiger Neuherstellung sei entscheidend, ob die Maßnahmen die Identität des konkreten Exemplars des patentgeschützten Erzeugnisses wahren oder zur Herstellung eines neuen patentgemäßen Erzeugnisses anderer Identität führen. Dafür sei zwar in erster Linie auf die Verkehrsauffassung abzustellen. Dies sei aber nicht das einzige Bewertungskriterium, zumal sich im vorliegenden Fall unstreitig keine tatsächliche Verkehrsauffassung zur nicht separat auf dem Markt gehandelten und dem Abnehmer als solche in Erscheinung tretenden Trommeleinheit bilden könne. Die Beklagten hätten dementsprechend eine ihnen günstige Verkehrsauffassung bereits nicht substantiiert dargelegt, obwohl sie – die Klägerin – eine solche bestritten habe. Eine hypothetische Verkehrsauffassung der Abnehmer des patentgeschützten Erzeugnisses könne ebenfalls nicht zugrunde gelegt werden, da sich deren Erwartungen zwangsläufig strukturell von denen tatsächlicher Abnehmer unterschieden. Angesprochener Verkehr wären im Übrigen neben den überwiegend privaten Nutzern nicht Originalhersteller und Wiederaufbereiter, weil beide Hersteller und nicht Abnehmer der Trommeleinheiten seien.

 

Deswegen seien im vorliegenden Fall objektive wirtschaftliche Kriterien maßgebend. Lege man diese zugrunde, hebe die Entfernung der Bildtrommel die Identität der Trommeleinheit auf, weshalb die Verbindung des gebrauchten Kupplungsbauelementes mit einer neuen Bildtrommel eine Neuherstellung sei. Dies folge schon daraus, dass kein Abnehmer das allein übrig bleibende Kupplungsbauelement als beschädigte oder reparable Trommeleinheit betrachte. Zudem entspreche unstreitig der Arbeitsaufwand zur Wiederaufbereitung der Trommeleinheit praktisch dem Aufwand zur Herstellung einer Original-Trommeleinheit. Des Weiteren verbleibe nach der Entfernung der Trommeleinheit nichts, was der Nutzer noch als verkehrsfähiges oder werthaltiges Wirtschaftsgut ansehe. Bei den Trommeleinheiten sei der Wertanteil der Bildtrommel noch höher als die erstinstanzlich unstreitig gebliebenen 70 %. Der durch den Patentschutz vermittelte Mehrwert des Kupplungsbauelements sei nicht zu berücksichtigen, da andernfalls die Erfindungswesentlichkeit in die Wertbetrachtung einbezogen würde. Das Kupplungsbauelement sei ein Gussbauteil aus Zink oder Plastik, das mit wenig Aufwand und zu geringen Kosten produziert werden könne.

 

Dieses Ergebnis werde durch die vorgelegten Daten zum Verbraucherverhalten zusätzlich bestätigt. Daraus ergebe sich, dass die Nutzer den Austausch der Bildtrommel nicht als reguläre Maßnahme zur Erhaltung der in Verkehr gebrachten OEM- -Trommeleinheit ansehen. Bis zu 90 % der Verbraucher entsorgten verbrauchte Prozesskartuschen entweder im Müll oder geben sie ohne Gegenleistung an den Originalhersteller zurück, wo sie zur Rohstoffgewinnung zerlegt werden. Des Weiteren kauften 80 % der Verbraucher OEM-Prozesskartuschen, um ihre verbrauchten Kartuschen zu ersetzen. Der Grund sei, dass die Nutzer die leeren Kartuschen für wertlos hielten und nicht etwa Bequemlichkeit oder Zeitmangel. Da die weit überwiegende Mehrheit eine Prozesskartusche mit nachlassender Druckqualität als insgesamt verbraucht ansehe, gelte dies erst recht für die darin enthaltene Trommeleinheit.

 

Abgesehen davon läge sogar eine Neuherstellung vor, wenn man auf die Prozesskartusche abstellen würde. Werde ein selbständig patentgeschütztes Teil (hier die Trommeleinheit) innerhalb einer Gesamtvorrichtung (hier die Prozesskartusche) insgesamt ersetzt, so stelle dies eine Neuherstellung des patentgemäßen Erzeugnisses dar. So sei es hier im Hinblick auf die Fertigung der neuen Trommeleinheiten. Hinzu komme, dass – wie erstinstanzlich unstreitig geblieben ist – die Beklagten die Prozesskartuschen aus Teilen verschiedener verbrauchter OEM-Prozesskartuschen wiederaufbereiteten. Diese Maßnahmen seien im Wesentlichen auch durch die DIN 33870-1 vorgeschrieben, wobei das als Anlage K 30 eingereichte Video die Anwendung dieses Verfahrens durch die Beklagten dokumentiere.

 

Schließlich sei eine Interessenabwägung nicht geboten, da sämtliche Anhaltspunkte nur den Schluss zuließen, dass die Entfernung der Bildtrommel zur Aufhebung der Identität einer verbrauchten Original-Trommeleinheit führe. Demgegenüber seien schutzwürdige Interessen der Beklagten nicht vorhanden.

 

Die Durchsetzung des Klagepatents sei ferner keine unzulässige Rechtsausübung. Sie stehe nicht im Widerspruch zu Ziffer 4.4 ihrer Selbstverpflichtung gegenüber der EU-Kommission. Insbesondere lasse sie Drucker der Marken B und D nicht so ausgestalten, dass die Verwendung von Nicht-OEM-Kartuschen ausgeschlossen sei. Vielmehr dürften lediglich neu hergestellte Kartuschen mit einer patentgemäßen Trommeleinheit nicht für entsprechende Drucker genutzt werden. Es seien technische Lösungen denkbar, die nicht von Anspruch 1 des Klagepatents Gebrauch machten. In Betracht kämen etwa Trommeleinheiten, deren Kupplungsbauelement keine Winkelposition einnehme, sondern durch einen Federmechanismus axial zur Achse der Trommel verschiebbar sei. Auf diese Weise könne es in den Trommelzylinder hineingeschoben werden, um beim Einsetzen der Kartusche das freie Ende der starr gelagerten Antriebswelle zu umgehen.

 

Sofern die Beklagten den Vorwurf unzulässiger Rechtsausübung in der Berufungsinstanz erstmals kartellrechtlich begründen, sei dieses neue Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen. Zudem sei es ihr – der Klägerin – tatsächlich nicht möglich, Nicht-OEM-Kartuschen durch den Einsatz des patentgemäßen Ankopplungsmechanismus aus dem Markt für kompatible Kartuschen fernzuhalten. Allein deswegen ergebe sich aus der Selbstverpflichtung keine Rechtspflicht, den Beklagten die Teilnahme am Wettbewerb im Kartuschenmarkt zu ermöglichen. Abgesehen von den unterschiedlichen Zwecken der Erklärungen sei sie einer FRAND-Erklärung ferner deshalb nicht gleichzustellen, weil der Abkopplungsmechanismus für Prozesskartuschen nicht durch Standards normiert sei. Vielmehr nutze jeder Originalhersteller eigene Technologien, zu denen jeweils Umgehungslösungen denkbar seien. Infolgedessen fehle es bereits an einer Wettbewerbsbeschränkung, der mit einer Lizenzbereitschaftserklärung entgegengewirkt werden müsste.

 

 

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

 

 

I.

Die Klage ist zulässig.

 

1.

Das Landgericht ist der erstinstanzlich erfolgten Rüge einer vermeintlichen Unbestimmtheit der Klageanträge mit zutreffender Begründung entgegen getreten. Mit ihrer Berufung gehen die Beklagten darauf nicht mehr ein, so dass keine näheren Ausführungen des Senats geboten sind.

 

2.

Die Klage ist auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer missbräuchlichen Rechtsausübung unzulässig.

 

Zwar untersteht das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien den Grundsätzen von Treu und Glauben und die prozessuale Beachtlichkeit einer Rechtshandlung kann ggf. sogar unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit sein (vgl. MünchKommBGB/Schubert, Band 2, 7. Aufl., § 242 Rn 109 f. m. w. N.; vgl. auch BGH Mitt 1997, 364 unter 4b) – Weichvorrichtung II). So hat die Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen schon das Anrufen des Gerichts, also das Ausüben der Klagebefugnis durch eine Partei als solches, nach § 242 BGB für unzulässig erklärt. Solches kommt grundsätzlich auch unter dem Aspekt der Verwirkung eines zu missbilligenden Handelns in Betracht. Jedoch ist mit Rücksicht auf den gebotenen effektiven Rechtsschutz, der durch die Grundrechte nach Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 Abs. 3 GG iVm Art. 2 Abs. 1 GG und durch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet wird, die Versagung des gerichtlichen Rechtsschutzes wegen unzulässiger Rechtsausübung nur in ganz engen Ausnahmefällen denkbar. Zumeist genügt es – so auch im vorliegenden Fall – die materielle Rechtsposition, wegen der geklagt wird, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu beurteilen.

 

Denn der Kern des von den Beklagten der Klägerin zur Last gelegten Vorwurfes liegt – soweit es die Frage eines rechtsmissbräuchlichen Handelns der Klägerin angeht – nicht in der Klageerhebung als solcher, sondern betrifft schwerpunktmäßig die Berechtigung der Geltendmachung des materiellen Unterlassungsanspruchs.

 

Wie unten im Einzelnen ausgeführt wird, fehlt es ohnehin an einem rechtsmissbräuchlichen Handeln der Klägerin, so dass dieser Gesichtspunkt jedenfalls deshalb keine Unzulässigkeit der Klage zu begründen vermag.

 

 

II.

Die Klägerin hat – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzpflicht und – nur gegen die Beklagte zu 1) – auf Vernichtung und Rückruf aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 9 S. 2 Nr. 1, 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.

 

1.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die angegriffene Ausführungsform von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar und wortsinngemäß Gebrauch macht. Die Beklagten greifen dies mit der Berufung zu Recht nicht mehr an.

 

a)

Das Klagepatent betrifft eine Prozesskartusche, eine elektrofotografische Bilderzeugungsvorrichtung (z. B. Kopiermaschine, Drucker), an der die Prozesskartusche abnehmbar montierbar ist, und eine elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit.

 

Die Prozesskartusche wird als Einheit durch einstückiges Zusammenbauen eines elektrofotografischen fotosensitiven Elements und einer Prozesseinrichtung, die auf das elektrofotografische fotosensitive Element wirkt (z. B. Entwicklungs-, Lade- und/oder Reinigungseinrichtung), bereitgestellt. Sie wird an einer Hauptbaugruppe der elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung, z. B. einen Drucker montiert und von dieser demontiert (Absatz [0003] der Klagepatentschrift), wobei sie durch den Anwender selbst abnehmbar ist (Absatz [0004] der Klagepatentschrift).

 

Nach den Erläuterungen in Absatz [0005] ff. der Klagepatentschrift sind im Stand der Technik Prozesskartuschen mit einem Aufbau bekannt, mit dem eine Rotationsantriebskraft von einer Hauptbaugruppe der Vorrichtung aufgenommen wird, um ein trommelförmiges elektrofotografisches fotosensitives Element („Bildtrommel“) zu drehen. Bei diesem in der US 5,903,AAB (Anlage K 7, Übersetzung Anlage K 7a) beschriebenen herkömmlichen Aufbau verfügt die Hauptbaugruppe über ein drehbares Element zur Übertragung einer Antriebskraft eines Motors, an dem sich ein nicht kreisförmiges, verdrehtes Loch befindet, das mit einer Vielzahl von Ecken versehen ist (Absatz [0006] der Klagepatentschrift). Die Prozesskartusche besitzt an einem der Längsenden der Bildtrommel einen dazu passenden Vorsprung (Absatz [0007] der Klagepatentschrift), der bei ihrer Montage an die Hauptbaugruppe in einen Eingriffszustand mit dem Loch gebracht wird (Absatz [0008] der Klagepatentschrift). Auf diese Weise wird eine Rotationskraft des drehbaren Elements der Hauptbaugruppe auf die Bildtrommel übertragen und diese während des Druckvorgangs bewegt.

 

An diesem herkömmlichen Aufbau sieht das Klagepatent als nachteilig an, dass es für den Eingriff zwischen Vorsprung und Loch erforderlich ist, das drehbare Element in einer horizontalen Richtung – d. h. parallel zur Achse des drehbaren Elements – zu bewegen, wenn die Prozesskartusche an der Hauptbaugruppe montiert oder von dieser demontiert wird. Dazu muss es in eine Richtung bewegt werden, die im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Linie des drehbaren Elements ist. Dies geschieht durch den Öffnungs- und Schließbetrieb einer Abdeckung der Hauptbaugruppe, die das Loch beim Öffnen vom Vorsprung wegbewegt und beim Schließen in Richtung Vorsprung bewegt, um mit dem Vorsprung einzugreifen (Absatz [0010] der Klagepatentschrift). Infolgedessen ist im Stand der Technik ein besonderer, zusätzlicher Aufbau an der Hauptbaugruppe zum Bewegen des drehbaren Elements in einer Drehachsenrichtung notwendig (Absatz [0011] der Klagepatentschrift).

 

Ferner ist – so die Klagepatentschrift weiter (Absätze [0010] und [0012]) – aus dem Patent US 4,829,AAC (Anlage K 8) ein Verfahren bekannt, bei dem eine Bildtrommel gedreht wird, indem ein an der Bildtrommel fixiertes Zahnrad in ein Antriebszahnrad an der Hauptbaugruppe eingreift. Bei diesem Aufbau kann ohne Bewegen des Antriebszahnrads entlang seiner Axiallinienrichtung die Kartusche an der Hauptbaugruppe montiert und von dieser demontiert werden, indem sie in einer Richtung bewegt wird, die im Wesentlichen senkrecht zu der Axiallinie ist. An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent, dass ein Antriebsverbindungsabschnitt zwischen der Hauptbaugruppe und der Kartusche gleichzeitig ein Eingriffsabschnitt zwischen Zahnrädern ist. Daher sei es schwierig, eine ungleichförmige Drehung der Bildtrommel zu verhindeRn

 

In den Absätzen [0013] und [0014] erwähnt die Klagepatentschrift weiteren Stand der Technik, bei dem z. T. ähnlich wie in der US 5,903,AAB eine Verbindung zwischen der Bildtrommel und der Antriebsachse des Druckers durch eine Bewegung der Antriebsachse koaxial zur Achse der Trommeleinheit hergestellt wird.

 

Davon ausgehend ist es die Aufgabe des Klagepatents, eine fotosensitive Trommeleinheit und eine Prozesskartusche bereitzustellen, die zur Montage an einer Hauptbaugruppe keinen Mechanismus zum Bewegen eines hauptbaugruppenseitigen Kopplungselements in Axialrichtung durch einen Öffnungs- und Schließbetrieb einer Hauptbaugruppenabdeckung erfordern, um eine Rotationskraft auf die fotosensitive Trommel zu übertragen, und bei denen gleichzeitig wie bisher eine Montage und Demontage von einer Hauptbaugruppe in einer Richtung erfolgen kann, die im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Linie der Antriebswelle ist und die fotosensitive Trommel gleichmäßig drehen kann (Absätze [0015] ff. der Klagepatentschrift).

 

b)

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt Anspruch 1 des Klagepatents ein Erzeugnis mit folgenden Merkmalen vor:

 

  1. Es handelt sich um eine elektrofotografische fotosensitive Trommeleinheit (B), die aufweist

 

  1. eine elektrofotografische fotosensitive Trommel (107)
  2. ein Kupplungsbauelement (150).

 

  1. Die elektrofotografische Trommeleinheit (B) ist

 

  1. mit einer Hauptbaugruppe einer elektrofotografischen Bilderzeugungsvorrichtung verwendbar, wobei die Hauptbaugruppe eine durch einen Motor anzutreibende Antriebswelle (180) mit einem Rotationskraftanwendabschnitt enthält,

 

  1. von der Hauptbaugruppe in einer Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu einer axialen Richtung (L3) der Antriebswelle demontierbar,

 

  1. derart eingerichtet dass,

 

  1. aa) wenn sie von der Hauptbaugruppe in der Demontagerichtung im Wesentlichen senkrecht zu ihrer Achse (L1) demontiert ist,

 

  1. bb) sich das Kupplungsbauelement (150) von der Rotationskraftübertragungswinkelposition zu der Löswinkelposition bewegt.

 

  1. Die elektrofotografische fotosensitive Trommel (107)

 

  1. verfügt über eine fotosensitive Schicht (107b) auf einer Außenoberfläche,

 

  1. ist um eine Achse (L1) rotierbar.

 

  1. Das Kupplungsbauelement (150) ist

 

  1. a) um eine Achse (L2) rotierbar,

 

  1. b) mit der Antriebswelle (180) in Eingriff bringbar, um eine Rotationskraft von dem Rotationskraftanwendabschnitt zu empfangen, um die elektrofotografische fotosensitive Trommel (107) zu rotieren,

 

  1. dergestalt an einem axialen Ende der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) vorgesehen, dass es in der Lage ist,

 

  1. aa) eine Rotationskraftübertragungswinkelposition einzunehmen,

 

(1) die im Wesentlichen gleichachsig mit der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) ist

 

(2)     zur Übertragung der Rotationskraft zur Rotation der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) zu der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107)

 

  1. bb) und eine Löswinkelposition einzunehmen,

 

(1)     in der das Kupplungsbauelement (150) weg von der Achse (L1) der elektrofotografischen fotosensitiven Trommel (107) der Rotationskraftübertragungswinkelposition geneigt ist

 

(2) zum Lösen des Kupplungsbauelements (150) von der Antriebswelle (180).

 

c)

Das Klagepatent löst die Aufgabe des Klagepatents demnach durch eine besondere Ausgestaltung des Kupplungsbauelements.

 

Dieses Element ermöglicht die Rotation der Bildtrommel, indem es so mit der Antriebswelle des Druckers verbunden wird, dass die Rotation der Antriebswelle auf die Trommel übertragen wird. Zur einfachen Montage und Demontage der Trommeleinheit ist das Kupplungsbauelement an einem axialen Ende der Bildtrommel derart beschaffen, dass es beweglich ist, indem es zwei verschiedene Positionen einnehmen kann. In der Rotationskraftübertragungswinkelposition verrastet es beim Einsetzen der Trommeleinheit in den Drucker und überträgt dadurch die Rotation der Antriebswelle auf die Bildtrommel, während es in der Löswinkelposition von der Antriebswelle freigegeben wird und die Trommeleinheit entfernt werden kann. Auf diese Weise sorgt das Kupplungsbauelement für eine vereinfachte Montage und Demontage der Trommeleinheit von der Hauptbaugruppe. Anders als im Stand der Technik erfordert die Hauptbaugruppe nicht ein in Axialrichtung bewegliches Kopplungselement und einen besonderen zusätzlichen Aufbau in Form eines Öffnungs- und Schließbetriebs einer Abdeckung, um die Rotationskraft auf die Bildtrommel übertragen und die Trommeleinheit beim Verbrauch der Bildtrommel austauschen zu können. Auf Seiten der Hauptbaugruppe kann dadurch auf einen Mechanismus zur koaxialen Bewegung der Antriebswelle vollständig verzichtet werden. Gleichzeitig wird bei der erfindungsgemäßen Ausgestaltung der Vorteil aus dem Stand der Technik, dass die Trommel gleichmäßig drehen kann, beibehalten.

 

d)

Das Landgericht hat zutreffend und mit überzeugender Begründung ausgeführt, dass die angegriffene Ausführungsform von Anspruch 1 des Klagepatents wortsinngemäß und unmittelbar Gebrauch macht.

 

Insbesondere lehrt dieser Anspruch lediglich, die beanspruchte Trommeleinheit so auszugestalten, dass sie mit einer Hauptbaugruppe kompatibel und verwendbar ist. Ferner ist Merkmal 4a) verwirklicht, da das Kupplungsbauelement der angegriffenen Ausführungsform um eine Rotationsachse L2 rotieren kann. All dem ist die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel zu Recht nicht mehr entgegen getreten, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Erläuterungen des Landgerichts verwiesen werden kann (LGU, Ziffer II. 3. und 4.).

 

2.

Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stellt auch unter Berücksichtigung der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin (Anlagen EP 9a, 9b) keine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) dar.

 

Abgesehen davon, dass die Beklagten dieses Verteidigungsmittel – ebenso wie das unten zu Ziffer 3. abgehandelte Verteidigungsvorbringen – unter dem Aspekt einer marktbeherrschenden Stellung der Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz geltend machen, so dass streitige entscheidungserhebliche Tatsachen mangels Darlegung / Glaubhaftmachung eines Zulassungsgrundes nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen sind, greifen sämtliche betreffenden Einwendungen jedenfalls aus nachfolgend erläuterten Gründen nicht durch.

 

Die Argumentation der Beklagten, wonach die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs verboten und ein das kartellrechtlich verbotene Verhalten der Klägerin von staatlichen Gerichten nicht angeordnet werden dürfe (vgl. BGH GRUR 2009, 694 Rn 27 – Orange Book Standard), überzeugt nicht. Namentlich liegen keine besonderen Umstände wie bei standardessentiellen Patenten vor, die die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs zumindest gegenüber einem willigen Lizenznehmer zu einem Verstoß gegen EU-Wettbewerbsrecht werden lassen (vgl. Europäische Kommission, Entscheidung vom 29.04.2014, AT.39985 in Sachen Motorola).

 

aa)

Zwar stellt die Selbstverpflichtungserklärung entgegen der Ansicht der Klägerin keine bloße (unverbindliche) Absichtserklärung, die Umweltverträglichkeit der eigenen Produkte zu verbessern (vgl. Art. 2 der Vereinbarung), dar.

 

Dagegen spricht bereits der Wortlaut der Ziffer 4 der Selbstverpflichtungserklärung („Signatories commit to…“, zu Deutsch:„Die Unterzeichner verpflichten sich…“). Es handelt sich um eine verbindliche Erklärung zur Ausführung von Art. 15 Abs. 2 der Ecodesign-Richtlinie 2009/125/EG, die eine entsprechende Verordnung der Europäischen Kommission ersetzt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Erwägungsgrund 19 der vorgenannten Richtlinie, der ebenfalls den Charakter einer „Verpflichtung“ zum Ausdruck bringt. Die Selbstverpflichtungserklärung sollte demnach ersichtlich entsprechenden Vorschriften der EU-Kommission zuvorkommen. Überdies ist in Art. 1 dieser Richtlinie als Ziel u.a. auch der freie Warenverkehr energieverbrauchsrelevanter Waren im Binnenmarkt erwähnt. Demgemäß trägt die Selbstverpflichtung auch dem Interesse des Marktes und der Abnehmer an einer kompatiblen Wiederverwendung von Prozesskartuschen für denselben Drucker Rechnung.

 

bb)

Soweit die Beklagte meint, die Selbstverpflichtungserklärung sei mit einer sog. FRAND-Erklärung vergleichbar, vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Die für FRAND-Erklärungen maßgeblichen Grundsätze, wie sie der EuGH zuletzt (GRUR 2015, 764 – Huawei Technologies/ZTE) aufgestellt hat, sind nicht auf die Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin anwendbar bzw. übertragbar. Insbesondere war die Klägerin daher nicht gehalten, zunächst von sich aus den Beklagten eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen anzubieten.

 

Die Interessenlage bei einer FRAND-Erklärung erweist sich nämlich als grundlegend verschieden von der hier gegebenen Konstellation: Eine FRAND-Erklärung zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sich ein Patentinhaber, der sein Schutzrecht in eine Standardisierungs-Organisation einbringt, ausdrücklich dazu verpflichtet, jedem interessierten Dritten eine Lizenz zu sog. FRAND-Bedingungen (fair, reasonable and non-discriminatory) zu gewähren. Eine solche FRAND-Erklärung, die also ausdrücklich die Bereitschaft zur Lizenzvergabe beinhaltet, schafft (unabhängig von der Frage, ob sie bloß deklaratorischer oder konstitutiver Natur ist) bei den Nachfragern ein schutzwürdiges Vertrauen in die freiwillige Lizenzbereitschaft des Schutzrechtsinhabers (EuGH GRUR 2015, 764 – Huawei Technologies/ZTE).

 

Das Klagepatent gehört unstreitig keinem marktumfassenden Industriestandard an, der durch eine Vereinbarung unter Wettbewerbern festgelegt wird, so dass schon deshalb kein Anlass zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung zwecks Schaffung der Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV im Interesse der Vermeidung eines Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV besteht und der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin aus der maßgeblichen Sicht des objektiven Empfängerhorizonts kein entsprechender Bedeutungsgehalt zukommen kann. Die Selbstverpflichtungserklärung ist weder nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut noch nach ihrem rechtlichen Kontext eine (konkludente) Lizenzbereitschaftserklärung gegenüber Dritten: Hintergrund der Selbstverpflichtungserklärung ist in erster Linie das „bloße“ Interesse der Allgemeinheit an einer verbesserten Umweltbilanz von Druckern und entsprechendem Zubehör sowie die intendierte Umsetzung der Zielvorgaben der Ecodesign-Richtlinie 2009/125/EG. Auch wenn daneben (siehe deren Art. 1) der freie Warenverkehr geschützt werden soll, haben Dritte, die nicht Adressat der Selbstverpflichtungserklärung sind, vor diesem Hintergrund und vor allem aufgrund des oben bereits erläuterten Aspekts der mangelnden Standardessentialität keinen berechtigten Anlass, die Selbstverpflichtungserklärung als Lizenzbereitschaftserklärung zu begreifen. Die Ziffer 4.4.1 der Selbstverpflichtungserklärung beschäftigt sich schlichtweg nicht mit der Zulässigkeit der Durchsetzung gewerblicher Schutzrechte; jedenfalls stellt – wie sogleich näher ausgeführt wird – die Ziffer 4.4.2. klar, dass die Selbstverpflichtungserklärung etwaigen Patentschutz unberührt lässt.

 

Schließlich lässt die Ziffer 4 der Selbstverpflichtungserklärung gänzlich offen, durch wen die Wiederverwendung (oder ein Recycling) möglich bleiben muss. Es ist daher nicht zwingend notwendig, dass solches (auch) Dritten rechtlich möglich sein müsse.

 

cc)

Auch der allgemeine auf § 242 BGB und den Inhalt der Selbstverpflichtungserklärung gestützte Missbrauchseinwand greift nicht durch.

 

(1)

In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob das Vorgehen der Klägerin (Begehren des Unterlassens des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsformen unter Hinweis auf Patentschutz) schon aus grundsätzlichen Erwägungen jedenfalls keine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB darstellt, auf die sich gerade die Beklagten berufen dürfen.

 

Die Beklagten machen im Kern geltend, sie hätten in Anbetracht der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin darauf vertrauen dürfen, „ungehindert“ Wiederaufbereitungs-Kartuschen herstellen / vertreiben zu dürfen. Allerdings ist die Selbstverpflichtungserklärung unmittelbar allein gegenüber der EU-Kommission abgegeben worden. Nur unter besonderen Umständen können Interessen Dritter, die selbst nicht Erklärungsadressat sind, unter dem Aspekt der unzulässigen Rechtsausübung beachtlich sein: Im Falle eines widersprüchlichen Verhalten kann nur ausnahmsweise ein erstes Handeln (hier: Abgabe der Selbstverpflichtungserklärung) das dann spätere Verhalten (hier: Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gegen die Beklagten) unzulässig machen. Solches kommt z.B. in Betracht, wenn Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit gemacht werden (vgl. BGH NJW 1996, 455; MünchKomm/Schubert, a.a.O, § 242 Rn 219). Ob die Beklagten als Wiederaufbereiter mittelbaren Vertrauensschutz genießen können, obwohl die in Rede stehende Selbstverpflichtungserklärung nur gegenüber der Kommission erfolgte und zudem nichts dazu ausgeführt ist, durch wen die Wiederverwertung der Kartuschen möglich sein muss, kann aus den unter (2) genannten Gründen letztlich offen bleiben.

 

(2)

An einem rechtsmissbräuchlichen Handeln der Klägerin fehlt es jedenfalls in Anbetracht des 2. Absatzes der Ziffer 4.4.2 der Selbstverpflichtungserklärung. Danach sind Innovationen, Entwicklungen oder Verbesserungen im Design gerade nicht durch die Selbstverpflichtung ausgeschlossen oder behindert. Aus der Ziffer 4.4.2 ergibt sich, dass entgegen der etwas missverständlichen Überschrift „Designanforderungen“ nicht bloß Design-Kriterien betroffen sind (wovon das Landgericht indes ausgegangen ist), sondern der Regelungsgehalt der Ziffer 4 betrifft vielmehr auch Fragen der Funktionalität und der Kompatibilität der Geräte (Drucker einerseits und Prozesskartusche andererseits).

 

Soweit die Beklagten meinen, nur solche Änderungen seien erfasst, die eine „echte Innovation“ bedeuteten, ist dem entgegen zu treten: Zunächst ist nochmals darauf zu verweisen, dass die hier maßgebliche Selbstverpflichtungserklärung gerade nicht auf den Verbrauchernutzen abstellt (siehe bereits oben). Der Begriff „Innovationen“ ist vor diesem Hintergrund patentrechtlich zu verstehen, so dass jedwede „erfinderische Tätigkeit“ im patentrechtlichen Sinne gerade nicht durch die Selbstverpflichtungserklärung untersagt ist.

 

Die in diesem Zusammenhang seitens der Beklagten angemeldeten Bedenken gegen die erforderliche Erfindungshöhe des Klagepatents bedürfen keiner näheren Erörterung durch den Senat. Denn diesbezüglich ist der Grundsatz der Tatbestandswirkung eines in Kraft stehenden Patents zu beachten: Das Verletzungsgericht kann die vermeintlich mangelnde Schutzfähigkeit eines Patents in einem Verletzungsverfahren nur im Rahmen einer Aussetzungsentscheidung berücksichtigen und hat nicht die Kompetenz, eigenverantwortlich über die Schutzfähigkeit zu befinden (BGH GRUR 2003, 550 – Richterausschluss; BGH GRUR 2004, 710, 711 – Druckmaschinen-Temperierungssystem). Das gilt auch für den Fall, dass der Einwand der mangelnden Schutzfähigkeit zwar nicht direkt, sondern mittelbar von Bedeutung ist, indem die Frage der Schutzfähigkeit inzidente Bedeutung erlangt (hier: mit Blick auf den Inhalt der Selbstverpflichtungserklärung). Andernfalls würde man das das deutsche Patentrecht prägende Trennungsprinzip umgehen. Eine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits kommt vorliegend jedoch schon mangels Anhängigkeit eines Einspruchs oder einer Nichtigkeitsklage nicht in Betracht (§ 148 ZPO).

 

Die Selbstverpflichtungserklärung soll lediglich die Wiederverwertung (bzw. das Recycling) von Prozesskartuschen im Rahmen des rechtlich Zulässigen ermöglichen. Sie darf daher nicht so verstanden werden, dass sie zur Behinderung von Innovationen (insbesondere solcher, die Gegenstand eines technischen Schutzrechts sind) führen dürfe und dementsprechend Patente unter bestimmten Umständen gar nicht mehr durchgesetzt werden könnten. Sie hat ihre Grenzen also dort, wo ein Patentschutz des Selbstverpflichteten oder Dritter besteht. Die Selbstverpflichtung ist so zu verstehen, dass die patentgeschützte Trommeleinheit einer Prozesskartusche nur wiederverwertet (bzw. recycelt), jedoch nicht wieder neu hergestellt werden darf. Die Selbstverpflichtung steht damit unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Patentschutzes und sie schließt die Weiterentwicklung von Trommeleinheiten oder Prozesskartuschen (insbesondere die Kupplungstechnologie) ebenso wenig aus wie die Anmeldung / Durchsetzung entsprechender technischer Schutzrechte.

 

Aufgrund des nach alledem patentrechtlich geprägten Bedeutungsgehalts des Innovationsvorbehalts in Ziffer 4.4.2, 2. Abs. begründet die Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin gerade kein schützenswertes Vertrauen der Beklagten darauf, dass diese explizit die Wiederaufbereitung der Kartuschen auch durch Dritte gestatte und Ausnahmen hiervon nur für Produktänderungen zugelassen seien, die „nachweislich einen Vorteil mit sich bringen“. Es mag zwar sein, dass die Selbstverpflichtungserklärung dem Zweck dient, den Verbrauchern mit der Wiederaufbereitung von Produkten eine ökologisch wichtige Alternative zum permanenten Neukauf zur Verfügung zu stellen, jedoch steht die betreffende Selbstverpflichtung der Klägerin in den Grenzen eines ihr zustehenden Patentschutzes, mit dem sie Dritte von der Wiederaufbereitung wirksam und zulässig ausschließen kann. Die Klägerin verhält sich daher gerade nicht widersprüchlich bzw. treuwidrig, wenn sie die Unterlassung entsprechender Verletzungshandlungen Dritter untersagt und entsprechende Verbote gerichtlich durchsetzt.

 

Demzufolge vermögen die Beklagten auch ungeachtet der oben erläuterten Tatbestandswirkung des Klagepatents nicht mit dem Argument durchzudringen, das Klagepatent stelle eine bloße Alternative für die auch bei anderen Druckern bereits zufriedenstellend gelöste technische Aufgabe bereit, den Drucker mit der Prozesskartusche zu verbinden, so dass der Vorteil der Erfindung sich im Genuss längeren Patentschutzes für die Klägerin erschöpfe. Dem rein patentrechtlich geprägten Begriff der „Innovationen“ ist eine Differenzierung zwischen vermeintlich bloßen „Scheininnovationen“ und „echten Innovationen“ fremd. Es muss daher nicht im Einzelnen geklärt werden, ob die klagepatentgemäße Kartusche eine „echte Innovation“ darstellt und ob (sämtliche) der zwischen den Parteien streitigen Vorteile verwirklicht sind.

 

3.

Auch der unabhängig von der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin auf Art. 102 AEUV gestützte Zwangslizenzeinwand der Beklagten ist unbegründet.

 

Ein Patentinhaber handelt grundsätzlich im Rahmen seiner ihm gesetzlich zustehenden Monopolmacht, wenn er Dritten nach seinem Belieben die Benutzung eines Patents verwehrt, wenn das in Rede stehende Schutzrecht bislang weder lizenziert wurde noch standard-essentiell ist. Denn die Nutzung der Substanz eines gewerblichen Schutzrechts stellt regelmäßig keinen Missbrauch dar (vgl. nur EuGH Rs. 238/87, Slg. 1988, 6211 Rn 8 – Volvo/Veng = GRUR 1990, 141; EuG, Rs. T-155/06, Slg. 2010, II-4361, Rn 39 ff – Tomra). Der Patentinhaber ist trotz einer etwaigen (hier zwischen den Parteien streitigen) marktbeherrschenden Stellung nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen kartellrechtlich (Art. 102 AEUV) verpflichtet, Dritten Lizenzen zu gewähren. Damit eine sog. de-novo-Geschäftsverweigerung als missbräuchlich anzusehen ist, bedarf es des kumulativen Vorliegens der folgenden Voraussetzungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 524 – IMS/Health; vgl. EuG Slg 2007, II-3601 Rn 337 ff; vgl. Berg, in: Berg/Mäsch, Deutsches und Europäisches Kartellrecht, 2. Aufl., Art. 102 AEUV Rn 98 ff; vgl. Ensthaler/Bock, GRUR 2009, 1; vgl. Höppner, EuZW 2004, 748; vgl. Wilhelmi WRP 2009, 1431; anders in Bezug auf die Voraussetzung eines „neuen Produkts“ Huttenlauch/Lübbig, in: Loewenheim u.a., Kartellrecht, 3. Aufl., Art. 102 AEUV Rn 266):

 

  • die begehrte Patentbenutzung muss für die Ausübung der Tätigkeit des Benutzers dergestalt unentbehrlich sein, dass für sie auch bei gehöriger eigener Anstrengung des Patentbenutzers kein tatsächlicher oder realistischer potenzieller Ersatz vorhanden ist;
  • das lizenzsuchende Unternehmen beabsichtigt, auf dem Markt neue Erzeugnisse oder Dienstleistungen anzubieten, die der Schutzrechtsinhaber nicht offeriert und für die eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht;
  • die Lizenzverweigerung darf nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sein;
  • durch die Weigerung des Patentinhabers muss jeglicher Wettbewerb auf einem abgeleiteten (benachbarten) Markt ausgeschlossen werden.

 

Es fehlt jedenfalls an der erstgenannten Voraussetzung. Weil es – wie ausgeführt – auf die kumulative Verwirklichung aller genannten Voraussetzungen ankommt, kann der Senat offen lassen, ob die angegriffenen Ausführungsformen ein „neues Produkt“ darstellen (im gebotenen kartellrechtlichen Sinne: vgl. nur Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Aufl., Kap. E Rn 212 m. w. Nachw. zur insoweit noch einhelligen Meinung zum im Übrigen sehr streitigen Neuheitsbegriff).

 

a)

Die Beklagten sind darlegungs- und beweisbelastet für diejenigen Tatsachen, aus welchen sich die o.g. Voraussetzungen ergeben. Denn derjenige, welcher Rechtsfolgen aus Art. 102 AEUV herleiten will, muss die den anderen Teil belastenden Tatsachen darlegen und beweisen (vgl. Art. 2 VO 1/2003; Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Rn 36 zu Art. 2 VO 1/2003; van der Hout/Reinalter, in: Berg/Mäsch, a.a.O., Rn 8 zu Art. 2 VO 1/2003; vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.01.2011, I-2 U 92/10).

 

aa)

Die Beklagten haben in diesem Zusammenhang im Wesentlichen geltend gemacht: Es bestehe keine realistische Möglichkeit, wiederaufbereitete Kartuschen anzubieten, die nicht patentverletzend seien. Seit 2012 sei nirgends auf der Welt eine Umgehungslösung erhältlich gewesen, so dass es der Klägerin faktisch gelungen sei, durch ihre Änderung der Schnittstellen-Technologie den patentfreien Vertrieb von Nicht-OEM-Kartuschen auszuschließen. Dies sei auch angesichts folgender Umstände nicht verwunderlich: Der Patentanspruch sei sehr breit, da die Kupplung beim Ein- und Ausbau die starr gelagerte Antriebswelle nicht nur umgehen, sondern gleichzeitig eine Verbindung mit den seitlichen Rotationskraftübertragungsstiften eingehen sowie mit den weiteren baulichen Gegebenheiten des Druckers zurechtkommen müsse. Sie – die Beklagten – hätten alle in Betracht kommenden Lieferanten ergebnislos zu etwaigen Umgehungslösungen befragt; mehr sei ihnen nicht möglich. Die Klägerin habe einen besseren Marktüberblick und sei daher zu einem substantiierten Vortrag zu Umgehungsmöglichkeiten anzuhalten.

 

bb)

Demgegenüber macht die Klägerin geltend, dass Nicht-OEM-Kartuschen ohne Benutzung des Klagepatents mit ihren Druckern verwendbar seien. Möglich seien z.B. Trommeleinheiten, deren Kupplungseinheit keine Winkelposition einnehme, sondern durch einen Federmechanismus axial zur Achse der Trommel verschiebbar sei. Es sei auch falsch, dass „trotz des großen Bedarfs über viele Jahre hinweg“ eine Ausweichlösung nicht verfügbar gewesen sei. Das Klagepatent sei (unstreitig) erst im Jahre 2013 erteilt worden. Etwa in denselben Zeitraum falle die Einführung der auf dem Klagepatent beruhenden Kupplungstechnologie. Schon Ende 2014 seien der Klägerin erste Umgehungsversuche bekannt geworden.

 

cc)

Die Argumentation der Beklagten läuft darauf hinaus, der Klägerin eine sekundäre Darlegungslast aufzubürden. Dafür sieht der Senat jedoch keinen Anlass.

 

Zwar sind die betreffenden Grundsätze des nationalen Prozessrechts nicht schon durch die Regelung des allein die materielle, aber nicht die formelle Beweislast betreffenden Art. 2 VO 1/2003 ausgeschlossen. Jene Regelung schließt nämlich die Anwendung nationaler Verfahrensregelungen in den Grenzen des effet utile bzw. der Loyalitätspflicht der Mitgliedsstaaten nicht aus (vgl. Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, a.a.O., Rn 38 zu Art. 2 VO 1/2003; vgl. van der Hout/Reinalter, in: Berg/Mäsch, a.a.O., Rn 10 und Rn 12 zu Art. 2 VO 1/2003).

 

Jedoch liegen die einschlägigen Anforderungen an die Bejahung einer sekundären Darlegungslast der Klägerin nicht vor: Eine solche besteht (nur und ausnahmsweise) dann, wenn der beweisbelasteten Partei näherer Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der nicht beweisbelastete Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGH NJW 2005, 2395 (2397); BGH NJW 2014, 3033 Rn 14; Bacher, in: BeckOK ZPO, § 284 Rn 84 f m. w. Nachw.). Solches ist vor allem anzunehmen, wenn die beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und über keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen verfügt, während der Gegner in zumutbarer Weise nähere Angaben machen kann (BGH NJW 2005, 2395 (2397); BGH NJW 2014, 3033 Rn 14). Wenn sich nicht schon aus dem Inhalt der in Rede stehenden Tatsachen ergibt, dass näherer Vortrag dazu für den Gegner zumutbar ist, muss die beweisbelastete Partei zumindest konkrete Anknüpfungspunkte vortragen, aus denen sich die Zumutbarkeit ergibt (BGH NJW 2014, 149 Rn 20).

 

Die Beklagten haben sich hier darauf beschränkt, darauf zu verweisen, die Klägerin habe „einen besseren Marktüberblick“. Diese pauschale Behauptung einer besseren Kenntnis genügt nicht, um der Klägerin eine sekundäre Darlegungslast aufzubürden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin als Schutzrechtsinhaberin per se über bessere Informationen verfügen sollte als ein „Wiederaufbereiter“ bzw. Abnehmer eines solchen, der es gewohnt ist, sich Gedanken darüber machen zu müssen, wie entsprechende Schutzrechte umgangen werden können. Hinzu kommt, dass es schon aus grundsätzlichen Erwägungen trotz der hier in Rede stehenden sog. negativen Tatsache (vgl. zu diesem Aspekt Bacher, a.a.O., § 284 Rn 86 ff m. w. Nachw.) problematisch erscheint, es dem Patentinhaber im Sinne einer prozessualen Obliegenheit abzuverlangen, Wettbewerbern Lösungen aufzuzeigen, mit denen jene sein eigenes technisches Schutzrecht umgehen können und so selbst sein Patent zu entwerten. Bleibt es demnach bei der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung, so liegt ein zu Lasten der Beklagten gehendes sog. non liquet vor. Die Beklagten haben trotz des Hinweises des Senats zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2016 ihre Darlegung zur behaupteten Unmöglichkeit eines erfindungsfreien Vertriebs entsprechender Prozesskartuschen nicht substantiiert.

 

b)

Soweit die Beklagten meinen, die Vermeidung von Wettbewerb sei per se missbräuchlich, widerspricht dies den oben erläuterten einschlägigen Vorgaben des EuGH und des EuG. Insbesondere verfängt der Hinweis der Beklagten auf die EuGH-Entscheidung „AstraZeneca/Europäische Kommission“ (NZKart 2013, 113) nicht. Das Verhalten der Patentinhaberin war in jenem Fall dadurch gekennzeichnet, dass sie durch stark irreführende Darstellungen gegenüber den Patentämtern und Gerichten ihr Monopolrecht möglichst lange bewahren wollte. Demgegenüber hat die Klägerin das Klagepatent in lauterer Weise erhalten, so dass es offenkundig an einem vergleichbaren Sachverhalt mangelt. Jedenfalls haben die Beklagten keine vergleichbaren Umstände aufgezeigt.

 

4.

Die Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin an den das Klagepatent benutzenden Trommeleinheiten, die in den von den Beklagten angebotenen und vertriebenen Prozesskartuschen verbaut sind, sind nicht erschöpft. Die Beklagten sind nicht befugt, bei den Prozesskartuschen der Klägerin die Bildtrommel der Trommeleinheit auszutauschen, weil diese Maßnahme als Neuherstellung zu bewerten ist, die der Klägerin als Patentinhaberin vorbehalten ist.

 

a)

Ein Patent gewährt seinem Inhaber ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht, weshalb grundsätzlich allein dem Patentinhaber die Befugnis zusteht, die in dem Patent geschützte Erfindung zu benutzen und zu verwerten. Übt der Patentinhaber sein Ausschließlichkeitsrecht aus, indem er oder mit seiner Zustimmung ein Dritter Exemplare des patentgeschützten Erzeugnisses in Deutschland, in der Europäischen Union oder in einem dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörigen Staat in den Verkehr gebracht hat, ist das Ausschließlichkeitsrecht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinsichtlich dieser Exemplare erschöpft. Durch das erstmalige in Verkehr bringen des patentgeschützten Erzeugnisses hat der Patentinhaber das ihm gewährte Recht „verbraucht“ und seine Befugnis verloren, dem Abnehmer oder Dritten den bestimmungsgemäßen Gebrauch des geschützten Erzeugnisses zu verbieten (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II; BGH GRUR 2003, 507 – Enalapril; BGH GRUR 2001, 223 – Bodenwaschanlage; BGH GRUR 2000, 299 – Karate, m. w. Nachw.). Das auf dem Erzeugnis „lastende“ Schutzrecht tritt von nun an gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurück (BGH GRUR 2001, 51 – Parfumflakon I; Benkard/Scharen, Patentgesetz, 11. Aufl., § 9 Rn 16). Der rechtmäßige Erwerber eines solchen Exemplars ist fortan befugt, dieses bestimmungsgemäß zu gebrauchen, an Dritte zu veräußern oder zu einem dieser Zwecke Dritten anzubieten. Infolge dessen stellt der bestimmungsgemäße Gebrauch eines solches Exemplars keine Patentverletzung dar. Dies gilt unabhängig davon, durch wen der Gebrauch erfolgt (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II). Begünstigt ist mithin auch ein Zweiterwerber, so dass die Beklagte zu 1) die verbrauchten Prozesskartuschen rechtmäßig entweder unmittelbar von den Nutzern oder von Zwischenhändlern erwerben konnte.

 

Das erstinstanzliche Bestreiten der Klägerin, dass diese Prozesskartuschen mit ihrer Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden seien, begründet keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieses Erwerbs. Das Inverkehrbringen eines patentgeschützten Gegenstands außerhalb des Gebiets der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes führt zwar nicht zur Erschöpfung des Rechts aus einem deutschen Patent oder einem deutschen Anteil eines europäischen Patents (BGH GRUR 2000, 299 – Karate m. w. N.). Die Beklagten haben allerdings konkret dargelegt, dass die Leerguthändler, von denen die Beklagte zu 1) die Kartuschen erwirbt, ihrerseits ausnahmslos die Kartuschen auf dem europäischen Markt beziehen, und sie hat als Beleg entsprechende Erklärungen von Händlern zur Akte gereicht (Anlage EP 16). Demnach zirkulieren die in Rede stehenden Prozesskartuschen im EU/EWR-Binnenmarkt. Dem ist die Klägerin nicht mehr entgegengetreten, so dass das Vorbringen der Beklagten gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist.

 

Dieses Inverkehrbringen ist ferner mit Zustimmung der Klägerin erfolgt. Dies folgt daraus, dass sämtliche Prozesskartuschen einerseits keinen Hinweis enthalten, für welchen Markt sie jeweils bestimmt sind, sie andererseits aber mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Mit dem Anbringen einer CE-Kennzeichnung bringt der Hersteller des Produkts zum Ausdruck, dass er die Verantwortung für die Konformität des Produkts mit allen in den einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft enthaltenen und für deren Anbringung geltenden Anforderungen übernimmt (Art. 30 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008). Der Kennzeichnung ist daher zu entnehmen, dass die Klägerin bei sämtlichen Prozesskartuschen mit einem Inverkehrbringen in der Europäischen Union rechnet. Indem sie gleichwohl keine Bestimmung trifft, dass die Prozesskartuschen für andere Märkte als die Europäische Union bestimmt sind, gibt sie ferner eindeutig zu erkennen, dass sie damit einverstanden ist.

 

b)

Gegenstand der Erschöpfung und damit Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob die Wiederaufbereitung der erworbenen Prozesskartuschen rechtmäßig ist, ist der geltend gemachte Patentanspruch und damit im vorliegenden Fall die in Anspruch 1 des Klagepatents geschützte Trommeleinheit.

 

aa)

Die Rechte aus einem Patent bestehen an der Vorrichtung, die der Patentanspruch schützt. Das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers folgt allein aus diesem Anspruch und kann daher auch nur soweit reichen wie dessen Schutzbereich. Umfang und Reichweite des Ausschließlichkeitsrechts werden mithin vom Anspruch bestimmt, so dass dieser dem Patentinhaber jenseits seines Schutzbereichs auch keinerlei Rechte gewährt. Ausgeübt und durch das erstmalige Inverkehrbringen eines patentgeschützten Erzeugnisses verbraucht werden kann ein Recht dementsprechend ebenfalls nur, soweit es besteht. Darüber hinaus kann sich der Patentinhaber nicht seiner „Rechte“ begeben, da er solche nicht besitzt. Wie weit die Ausübung und der Verbrauch des Ausschließlichkeitsrechts reichen und worauf sie sich beziehen, lässt sich daher nur anhand des Patentanspruchs mit der gebotenen Rechtssicherheit feststellen.

 

Dies gilt auch dann, wenn das patentgeschützte Erzeugnis kein selbständiger Gegenstand des Warenverkehrs ist, sondern nur als Bestandteil einer Gesamtvorrichtung gehandelt wird (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 09.04.2015 – 2 U 40/14; Benkard/Scharen, aaO, § 9 PatG Rn 18, 38 a. E.: Benkard/Grabinski/Zülch, aaO,§ 139 PatG Rn 10; Kühnen, aaO, Kap. E Rn 459, 464). Dass das patentgeschützte Erzeugnis nur ein Teil des gehandelten Wirtschaftsgutes ist, ändert nichts an dem rechtlichen Ansatz, dass das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers vom Anspruch bestimmt und begrenzt wird. Durch das Inverkehrbringen der Gesamtvorrichtung wächst das Recht des Patentinhabers keineswegs an oder verändert sich; sein (positives) Benutzungs- und sein Verbietungsrecht sind nach wie vor nur an den Anspruch geknüpft. Der Patentinhaber kann auf diese Weise mithin nur sein Ausschließlichkeitsrecht mit Blick auf das durch den Anspruch geschützte Erzeugnis ausüben und somit erschöpfen. Allein das patentgeschützte Erzeugnis wird hierdurch gemeinfrei.

 

bb)

Etwas anderes folgt weder aus Art. 34 AEUV, der den Grundsatz des freien Warenverkehrs beinhaltet, noch aus Art. 36 AEUV, wonach dieser Grundsatz zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums eingeschränkt werden kann. Diese Vorschriften gebieten nicht, dass für die Frage, was Gegenstand der Erschöpfung ist, auf das in den Verkehr gebrachte Wirtschaftsgut anstatt auf den Patentanspruch abzustellen ist.

 

Eine mitgliedstaatliche Regelung ist nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt, wenn sie zur Wahrung von Rechten erforderlich ist, die den „spezifischen Gegenstand“ des gewerblichen Schutzrechts ausmachen. Dieser spezifische Gegenstand besteht im Bereich des Patentrechts darin, dass der Inhaber zum Ausgleich für seine Erfindertätigkeit das ausschließliche Recht erlangt, gewerbliche Erzeugnisse herzustellen und in den Verkehr zu bringen, mithin die Erfindung entweder selbst oder im Wege der Lizenzvergabe an Dritte zu verwerten, und dass er ferner das Recht erlangt, sich gegen jegliche Zuwiderhandlung zur Wehr zu setzen (EuGH GRUR Int. 1997, 250 – Merck/Primecrown; EuGH GRUR Int. 1982, 47 – Merck/Stephar; EuGH GRUR Int. 1974, 454 – Centrafarm). Der freie Warenverkehr erfährt folglich durch das Patent Einschränkungen, deren Umfang und Reichweite sich auch auf europäischer Ebene allein nach dem Inhalt des Schutzrechtes, d. h. dem Anspruch des Patents bestimmt. Eine Ausweitung oder Veränderung des Ausschließlichkeitsrechts und damit eine weitergehende Einschränkung des freien Warenverkehrs erfolgt nach Art. 34, 36 AEUV nicht, auch dann nicht, wenn das patentgeschützte Erzeugnis lediglich als Teil einer Gesamtvorrichtung in den Verkehr gebracht wird.

 

Ebenso anerkannt ist im europäischen Recht, dass der „spezifische Gegenstand“ des Patents nicht betroffen ist, wenn das patentgemäße Erzeugnis vom Patentinhaber selbst oder mit seiner Zustimmung rechtmäßig in einem Mitgliedstaat auf den Markt gebracht worden ist. Daher tritt Erschöpfung für die gesamte Europäische Union ein und er kann den Vertrieb dieses Erzeugnisses in einem anderen Mitgliedstaat nicht unterbinden (EuGH GRUR Int. 1997, 250 – Merck/Primecrown; EuGH GRUR Int. 1974, 454 – Centrafarm), selbst wenn das Erzeugnis in diesem Mitgliedstaat keinen Patentschutz genießt (EuGH GRUR Int. 1982, 47 – Merck/Stephar). Der Grund hierfür ist, dass der Patentinhaber andernfalls in der Lage wäre, die nationalen Märkte abzuriegeln und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beschränken, obwohl eine derartige Beschränkung nicht notwendig ist, um den spezifischen Gegenstand des ihm zustehenden Ausschließlichkeitsrechts zu schützen (EuGH GRUR Int. 1997, 250 – Merck/Primecrown; EuGH GRUR Int. 1982, 47 – Merck/Stephar; EuGH GRUR Int. 1974, 454 – Centrafarm; BGH GRUR 2000, 299 – Karate m. w. N.). Der Erschöpfungstatbestand begrenzt mithin seinerseits das aus dem Patent folgende Ausschließlichkeitsrecht zu Gunsten des freien Warenverkehrs. Wenn Erschöpfung eingetreten ist, soll das patentgeschützte Erzeugnis behinderungslos verwendet werden können. Eine darüber hinausgehende Bedeutung gewinnt der Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nicht. Aus der zitierten Rechtsprechung folgt lediglich eine Anerkennung der Erschöpfung als „europäisches Rechtsinstitut“ und vor allem eine territoriale Erweiterung des Erschöpfungsgrundsatzes. Hingegen ist nicht ersichtlich, dass dadurch der Bezugspunkt oder der Gegenstand der Erschöpfung verändert werden sollte. Der Grundsatz des freien Warenverkehrs gebietet somit keine Abkehr von der anspruchsbezogenen Betrachtung, weil das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers am patentgeschützten Erzeugnis zum spezifischen Gegenstand des Patents gehört und deshalb den freien Warenverkehr in zulässiger Weise einschränkt.

 

cc)

Der maßgebliche Bezugspunkt der Erschöpfung ändert sich gleichfalls nicht, wenn auch die (allein) in Verkehr gebrachte Gesamtvorrichtung in dem Patent Gegenstand eines nebengeordneten Anspruchs ist.

 

Dem Patentinhaber steht es grundsätzlich frei, wie viele (nebengeordnete) Ansprüche er in ein Patent aufnimmt, für welchen Gegenstand er Schutz beansprucht und wie er die einzelnen Ansprüche formuliert. Dies bedeutet indes nicht, dass es im Belieben des Patentinhabers stünde, was unter Schutz gestellt wird. Die Freiheit des Patentinhabers besteht lediglich im Rahmen der Erteilungs- bzw. Schutzfähigkeit der einzelnen Ansprüche. Nur soweit der Anspruch – in der von ihm gewählten Ausgestaltung – neu und erfinderisch ist, wird der Schutz gewährt und kann die Erteilung des Patents verlangt werden (BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem; BGH GRUR 2006, 748 – Mikroprozessor).

 

Ebenso frei ist der Patentinhaber in der Entscheidung im Hinblick auf welchen erteilten Anspruch er mit welchem eigenen Produkt sein aus dem Anspruch selbst folgendes Ausschließlichkeitsrecht ausüben und damit verbrauchen will. Nebenansprüche sind unabhängig voneinander und bestehen nebeneinander. Aus der Ausübung des einen Rechts folgt kein Zwang zur Ausübung eines anderen Rechts. Ebenso wenig ist die Ausübung des einen Rechts identisch mit der Ausübung des anderen.

 

Bringt der Patentinhaber oder ein Dritter mit seiner Zustimmung ein Produkt in den Verkehr, das nicht nur einem Patentanspruch, sondern mehreren nebengeordneten Schutzansprüchen entspricht, entschließt er sich die ihm zustehenden Ausschließlichkeitsrechte (alle) gemeinsam in einem Akt auszuüben und verbraucht mithin auch alle diese Ansprüche durch das in Verkehr gebrachte Exemplar. Insoweit ist die Erschöpfung objektbezogen. Es ist demnach keineswegs so, dass der Patentinhaber durch das Inverkehrbringen einer Gesamtvorrichtung die Erschöpfung eines Anspruchs, den die Gesamtvorrichtung oder Teile von ihr verwirklichen, verhindern könnte. Diese Objektbezogenheit hat allerdings nicht zur Folge, dass es bei der Frage, welcher Anspruch durch das in den Verkehr gebrachte konkrete Exemplar tatsächlich erschöpft ist, zu einer Vermischung der Ansprüche oder des Gegenstands der Erschöpfung kommen darf. Es ist vielmehr jeweils anspruchsbezogen zu prüfen, ob die Erschöpfungsvoraussetzungen vorliegen.

 

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht den vorstehenden Ausführungen, wonach im Rahmen der Erschöpfung nebengeordnete Ansprüche unabhängig voneinander zu betrachten sind, nicht entgegen. Selbst wenn man der Entscheidung „Handhabungsgerät“ (BGH GRUR 1998, 130) entnehmen wollte, dass einheitlich Erschöpfung der Rechte aus einem Vorrichtungs- und einem Verfahrenspatent eintritt, wenn eine nur zur Ausübung dieses Verfahrens bestimmte Vorrichtung erstmals in den Verkehr gebracht wird, und man nicht stattdessen davon ausgeht, dass derjenige, der vom Inhaber des Verfahrenspatents eine zur Ausübung des Verfahrens erforderliche Vorrichtung erworben hat, diese regelmäßig aufgrund der stillschweigenden Erteilung einer Lizenz am Verfahrenspatent bestimmungsgemäß zur Ausübung des Verfahrens benutzen darf (so BGH GRUR 2007, 773 – Rohrschweißverfahren; Benkard/Scharen, aaO, § 9 PatG Rn 25 m. w. N.), ergibt sich aus der zitierten Entscheidung allenfalls, dass die Prüfung von Vorrichtungs- und Verfahrensanspruch im Hinblick auf die erstmalige Veräußerung der Vorrichtung zu einem gleichlaufenden Ergebnis – die Erschöpfung beider Ansprüche – führen kann. Dies bedeutet jedoch keine Abkehr von der anspruchsbezogenen Prüfung. Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs, die außerdem im Rahmen der von der Erschöpfung zu unterscheidenden Frage erfolgt sind, ob – was in der zitierten Entscheidung verneint wurde – für die Erteilung des Verfahrensanspruchs neben dem bestehenden Vorrichtungsanspruch ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, lässt sich insbesondere nichts dafür entnehmen, was Bezugspunkt oder Gegenstand der Erschöpfung bei nach dem Erwerb getroffenen Maßnahmen ist oder gar dass insoweit allein auf die Gesamtvorrichtung abzustellen wäre, wenn sowohl diese als auch Teile davon patentgeschützt sind.

 

Die somit maßgebliche anspruchsbezogene Sichtweise kann zwar zur Folge haben, dass beispielsweise der auf die Gesamtvorrichtung bezogene Anspruch durch das in Verkehr gebrachte Exemplar erschöpft ist, nicht aber der Anspruch, der sich auf einen darin enthaltenen patentgeschützten Bestandteil bezieht. Dies könnte wiederum die Konsequenz mit sich bringen, dass wegen des in ihr enthaltenen patentverletzenden Teils die Benutzung der Gesamtvorrichtung untersagt wird, obgleich im Hinblick auf diese Erschöpfung eingetreten ist. Gleichwohl führt dies aus den angeführten Gründen nicht zu einer Veränderung des Bezugspunkts oder des Gegenstands der Erschöpfung.

 

dd)

Dieses Verständnis steht zuletzt auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Palettenbehälter II“ (BGH GRUR 2012, 1118).

 

Diese Entscheidung bietet entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Grundsätze der Erschöpfung abgeändert werden sollten. Vielmehr heißt es dort in Übereinstimmung mit den vorstehenden Ausführungen, dass Erschöpfung an „Exemplaren“ des „geschützten Erzeugnisses“ eintreten kann (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter Rn 17). Damit nimmt der Bundesgerichtshof ausdrücklich Bezug auf den Patentanspruch. Eine Einschränkung dazu, wie das patentgeschützte Erzeugnis in den Verkehr gebracht wurde, findet sich hier nicht, Es ist insbesondere keine Einschränkung enthalten, dass es nur dann auf das patentgeschützte Erzeugnis ankäme, wenn es für sich genommen als Wirtschaftsgut tatsächlich gehandelt wird.

 

Soweit in der Entscheidung außerdem von einer Lebensdauer der „Gesamtvorrichtung“ und von der Identität als „verkehrsfähiges Wirtschaftsgut“ die Rede ist (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II, Rn 29), ist zu berücksichtigen, dass der dort streitgegenständliche Palettenbehälter mit Innenbehälter zugleich das durch den Patentanspruch geschützte Erzeugnis und das in den Verkehr gebrachte Wirtschaftsgut war. Anders als im vorliegenden Fall ging es somit nicht darum, dass das patentgeschützte Erzeugnis nur Bestandteil einer in den Verkehr gebrachten Vorrichtung ist. Über diese Konstellation hatte der Bundesgerichtshof bislang nicht zu entscheiden, weshalb sich aus den zitierten Formulierungen nicht schließen lässt, dass für die Beurteilung der Erschöpfung auf das gehandelte Wirtschaftsgut abzustellen ist, wenn der patentgeschützte Gegenstand ein Bestandteil davon ist und als solcher nicht in Verkehr gebracht wird.

 

c)

Durch das erstmalige Inverkehrbringen der OEM-Trommeleinheit als Bestandteil der Prozesskartusche hat die Klägerin zwar ihr Ausschließlichkeitsrecht im Hinblick auf Anspruch 1 des Klagepatents ausgeübt und verbraucht. Es besteht kein Grund, ihr weitere Einwirkungsmöglichkeiten auf das weitere Schicksal derselben zu geben; vielmehr ist es nunmehr allein Sache des – im Verhältnis zu ihr rechtmäßigen – Erwerbers, über dieses Erzeugnis zu verfügen. Der Austausch der Bildtrommel, so wie die Beklagte zu 1) ihn im Zuge der Wiederaufbereitung der OEM-Prozesskartuschen vorgenommen hat, überschreitet jedoch die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs, weil sie eine unzulässige Neuherstellung der durch Anspruch 1 des Klagepatents geschützten Trommeleinheit darstellt. Dies gilt erst recht, soweit darüber hinaus auch ein Austausch des sog. „Flansches“ erfolgt.

 

aa)

Zum bestimmungsgemäßen Gebrauch eines patentgeschützten Erzeugnisses gehört auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit, wenn die Funktions- oder Leistungsfähigkeit des konkreten Exemplars ganz oder teilweise durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen beeinträchtigt oder aufgehoben ist. Von der Wiederherstellung einer aufgehobenen oder beeinträchtigten Gebrauchstauglichkeit eines mit Zustimmung des Patentinhabers in den Verkehr gelangten Erzeugnisses kann jedoch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die getroffenen Maßnahmen nicht mehr die Identität des in Verkehr gebrachten Exemplars wahren, sondern darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II; BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem; BGH GRUR 2006, 837 – Laufkranz; BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler m. w. N. zur früheren Rechtsprechung; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2014, 17799 – Filtereinsätze; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 185 – Nespressokapseln).

 

Erfolgt die Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit des vom Patentinhaber in Verkehr gebrachten Exemplars durch den Austausch von Teilen, bedarf es zur Beurteilung der Frage, ob hierdurch die Identität des bearbeiteten Gegenstandes gewahrt bleibt und damit eine zulässige Reparatur vorliegt oder ob die Maßnahme auf eine unzulässige Neuherstellung hinausläuft, einer die Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses berücksichtigenden Abwägung der schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers an der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung einerseits und des Abnehmers am ungehinderten Gebrauch des in den Verkehr gebrachten konkreten erfindungsgemäßen Erzeugnisses andererseits (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II; BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem; BGH GRUR 2006, 837 – Laufkranz; BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler m. w. N. zur früheren Rechtsprechung; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2014, 17799 – Filtereinsätze; OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2013, 185 – Nespressokapseln).

 

Die Identitätsfrage kann nicht beantwortet werden, ohne in den Blick zu nehmen, worin die technischen Wirkungen der Erfindung bestehen und wo sie in Erscheinung treten. Denn die Grenze des bestimmungsgemäßen Gebrauchs kann sachgerecht nur unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften, Wirkungen und Vorteile der Erfindung festgelegt werden, die aus patentrechtlicher Sicht einerseits die Identität des Erzeugnisses prägen und andererseits Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit bei diesem Erzeugnis die einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten zu einem angemessenen Ausgleich des Schutzes bedürfen (BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem; BGH GRUR 2006, 837 – Laufkranz).

 

Im Rahmen der Abwägung ist auch von Bedeutung, ob es sich bei den ausgetauschten Teilen um solche handelt, mit deren Austausch während der Lebensdauer der (Gesamt-)Vorrichtung üblicherweise zu rechnen ist. Ob dies der Fall ist, bemisst sich nach der Verkehrsauffassung, für welche in erster Linie die berechtigten Erwartungen der Mehrheit der Abnehmer des Erzeugnisses von Bedeutung sind.

 

Ist der Austausch eines Verschleißteils nach der Verkehrsauffassung als übliche Erhaltungsmaßnahme ohne Aufhebung der Identität des patentgeschützten Erzeugnisses als Wirtschaftsgut anzusehen, liegt in dem Austausch regelmäßig keine Neuherstellung. Etwas anderes gilt in einem solchen Fall ausnahmsweise nur dann, wenn sich gerade in dem ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen der Erfindung wider, so dass durch dessen Austausch der technische oder wirtschaftliche Vorteil der Erfindung erneut verwirklicht wird (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II; BGH GRUR 2007, 769 – Pipettensystem; BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler; BGH GRUR 2006, 837 – Laufkranz). Ist demgegenüber nach der Verkehrsauffassung der Austausch als Neuherstellung zu werten, stellt sich der Austausch regelmäßig als Patentverletzung dar, und zwar auch dann, wenn das ausgetauschte Teil die technischen Wirkungen der Erfindung nicht widerspiegelt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhandensein eines solchen (ausgetauschten) Teils im Patentanspruch zwingend vorgesehen ist (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II).

 

bb)

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Neuherstellung der Trommeleinheit gegeben, weil die ursprünglich in den Verkehr gebrachte OEM-Trommeleinheit durch die Entfernung der verbrauchten Bildtrommel und den Einbau einer neuen Bildtrommel ihre Identität verliert.

 

Allein aus dem unstreitigen Umstand, dass sich die fotosensitive Schicht der Bildtrommel durch Benutzung beim Druckvorgang verbraucht und die Bildtrommel infolgedessen nach einer gewissen Anzahl von gedruckten Seiten nicht mehr zum Drucken benutzt werden kann, ergibt sich nicht die Feststellung, dass es sich bei der Bildtrommel um ein „Verschleißteil“ im Sinne der obigen Rechtsprechung handelt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Austausch der verbrauchten Bildtrommel „nach der Verkehrsauffassung als übliche Erhaltungsmaßnahme“ anzusehen, wofür in erster Linie die „berechtigten Erwartungen der Abnehmer“ der Trommeleinheit maßgeblich sind (siehe oben, BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II). Daran fehlt es hier:

 

(1)

Eine Neuherstellung folgt insbesondere daraus, dass üblicherweise während der Lebensdauer der Trommeleinheit nicht mit einem Austausch der Bildtrommel zu rechnen ist.

 

(a)

Der angesprochene Verkehr setzt sich – zumindest weit überwiegend – aus privaten und geschäftlichen Endkunden zusammen. Da diese keine konkrete Vorstellung über die anspruchsgemäße Trommeleinheit besitzen, ist die Verkehrsauffassung im vorliegenden Fall normativ zu ermitteln. Zu diesem Zweck ist auf objektive Kriterien zurück zu greifen, da sie Indizien für die berechtigten Erwartungen der Abnehmer der Trommeleinheit sind. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist deshalb nicht angezeigt.

 

(aa)

Unter der Verkehrsauffassung wird im gewerblichen Rechtsschutz grundsätzlich das verstanden, was der angesprochene Verkehrskreis tatsächlich denkt und nicht, was er denken soll. Dies ist keine Rechtsfrage, sondern eine dem Beweis zugängliche Tatsache (Ahrens/Bähr, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 27 Rn 10; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 47 Rn 4; Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG, 34. Aufl., § 12 Rn 2.71; Ohly/ Sosnitza, Kommentar zum UWG, 6. Aufl., § 5 Rn 134; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 8 Rn 71). Sie kann allerdings auch auf Grund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung des Richters festgestellt werden (BGH GRUR 2002, 550 – Elternbriefe). Die Ermittlung der Verkehrsauffassung ist dementsprechend keine Tatsachenfeststellung, sondern die Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (BGH GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft). Daher ist sie nicht durch Zeugenbeweis, sondern ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln, wobei sich der Sachverständige das erforderliche Fachwissen durch eine Meinungsumfrage verschafft (Köhler/Bornkamm, aaO, § 5 Rn 3.10). Gehören die entscheidenden Richter zu den angesprochenen Verkehrskreisen oder verfügen sie aufgrund ihrer besonderen Erfahrung über die erforderliche Sachkunde und besitzen sie deshalb selbst das notwendige Erfahrungswissen, so bedarf es indes im Allgemeinen keines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das Verständnis des Verkehrs zu ermitteln (BGH GRUR 2004, 244 – Marktführerschaft; BGH GRUR 2012, 215 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker; BGH GRUR 2013, 401 – Biomineralwasser; BGH GRUR 2016, 83 – Amplidect / ampliteq; Senat, Urteil vom 03.03.2016 – 15 U 30/15 m. w. N.). Dabei können objektive Umstände herangezogen werden, die als Indizien logische Rückschlüsse auf das Verkehrsverständnis zulassen (vgl. nur BGH GRUR 2012, 1159 – Preisverzeichnis bei Mietwagengebot; allgemein zum Indizienbeweis Zöller/Greger, Kommentar zur ZPO, 31. Aufl., § 286 Rn 9a).

 

Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall nicht allein deswegen ein Meinungsforschungsgutachten einzuholen, weil eine Verkehrsauffassung zu ermitteln ist. Die Mitglieder des Senats verfügen über eigene Sachkunde, weil sie zum angesprochenen Verkehrskreis gehören (siehe sogleich unter (bb)) und überwiegend über langjährige Erfahrung auf den Gebieten des Patent- und Wettbewerbsrechts verfügen, so dass sie mit der Feststellung von Verkehrsauffassungen hinreichend vertraut sind.

 

Den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Palettenbehälter II“ (BGH GRUR 2012, 1118) ist nicht zu entnehmen, dass er – für das Patentrecht – von den vorstehend dargelegten Grundsätzen aus dem gewerblichen Rechtsschutz abweichen wollte. Er hat weder vorgegeben, dass allein normativ zu bestimmen ist, was der Verkehr erwarten darf noch dass die Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens zur Feststellung der Verkehrsauffassung notwendig ist. Vielmehr hat er im dort zugrunde liegenden Sachverhalt auf objektive Umstände zurückgegriffen, die er als Beleg für die Verkehrsauffassung erachtete, wie etwa den Anteil der Abnehmer, der gebrauchte Palettenbehälter unentgeltlich abgibt, die Gründe für eine unentgeltliche Rückgabe und mit der Rückgabe verbundene typische Vorteile. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass dem objektiven Umstand der Notwendigkeit einer behördlichen Genehmigung Bedeutung als Indiz für eine bestimmte Verkehrsauffassung zukommen kann. Darüber hinaus enthält die zentrale Formulierung, dass in erster Linie die „berechtigten“ Erwartungen der Abnehmer zu berücksichtigen sind, ein wesentliches normatives Element. Maßgeblich sind demnach nicht die tatsächlich vorhandenen, sondern nur diejenigen Erwartungen, die berechtigt sind. Das kann indes nur objektiv und normativ bestimmt werden.

 

(bb)

Angesprochener Verkehrskreis sind die Abnehmer der patentgeschützten Einheit.

 

Die Abnehmer der Prozesskartuschen sind hierbei mit den Abnehmern der Trommeleinheiten identisch. Der Verkehrskreis richtet sich zwar nach dem jeweils patentgeschützten Gegenstand (vgl. Kühnen, aaO, Kap. E Rn 464). Wird dieser jedoch nur als Bestandteil einer größeren Einheit in Verkehr gebracht, so ist der Erwerber gleichzeitig Abnehmer der patentgeschützten Untereinheit. So ist es auch im vorliegenden Fall, indem die Erwerber der OEM-Prozesskartuschen stets gleichzeitig die darin verbaute Trommeleinheit erwerben und damit auch deren „Abnehmer“ sind.

 

Diese Abnehmer sind zumindest weit überwiegend private und geschäftliche Endkunden. Diese erwerben die Trommeleinheit als Bestandteil der Prozesskartusche, um sie für Drucker zu nutzen, mit denen sie kompatibel ist.

 

Es kann dahinstehen, ob Wiederaufbereiter und Hersteller von OEM – Trommeleinheiten ebenfalls zu den „Abnehmern“ der verbrauchten Trommeleinheiten gehören, indem sie diese entweder zum Zwecke der Wiederaufbereitung der Prozesskartuschen erwerben oder zwecks Recyclingmaßnahmen von Endkunden zurücknehmen. Denn aufgrund der sehr hohen Anzahl der privaten und geschäftlichen Endkunden ist davon auszugehen, dass ihr Anteil denjenigen der Wiederaufbereiter und Hersteller deutlich überwiegt. Auch zusammen genommen ist der Anteil der Wiederaufbereiter und Hersteller an den Erwerbern von OEM-Trommeleinheiten nur marginal. Einem entsprechenden Hinweis des Senats sind die Parteien nicht entgegengetreten. Tatsächlich existieren unstreitig in Europa 2.000 bis 3.000 wiederaufbereitende Unternehmen. Auch wenn die Parteien keine weiteren Zahlen vorgetragen haben, ist sicher davon auszugehen, dass einerseits die Anzahl der Hersteller von OEM-Trommeleinheiten noch deutlich geringer ist, während andererseits jährlich mindestens Hunderttausende private und geschäftliche Endkunden jedes Jahr Prozesskartuschen mit darin verbauten Trommeleinheiten erwerben. Infolgedessen haben indes die Wiederaufbereiter und Hersteller – wenn man sie zu den Abnehmern rechnen würde – keinen nennenswerten Einfluss auf die allein maßgebliche überwiegende Vorstellung der Abnehmer.

 

(cc)

Eine tatsächliche Verkehrsauffassung dieser Abnehmer ist nicht festzustellen, so dass diese im vorliegenden Fall nur normativ anhand von objektiven Kriterien ermittelt werden kann.

 

Es besteht unstreitig keine Verkehrsauffassung zu der anspruchsgemäßen Trommeleinheit, da diese den privaten und geschäftlichen Endkunden nicht als sichtbares Wirtschaftsgut entgegen tritt, sondern ausschließlich im Inneren der Prozesskartusche verbaut ist, und diese Abnehmer keine konkrete Vorstellung vom Inneren der Prozesskartusche besitzen. Da die insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten mithin selbst behaupten, dass keine tatsächliche Verkehrsauffassung der Abnehmer existiert, besteht keinerlei Veranlassung, dazu ein Sachverständigengutachten einzuholen.

 

Auf das Verständnis der Abnehmer im Hinblick auf die Prozesskartusche kann nach den obigen Ausführungen nicht abgestellt werden, da Gegenstand und Bezugspunkt der Erschöpfung die Trommeleinheit ist. Die Formulierung in der Entscheidung „Palettenbehälter II“ (BGH GRUR 2012, 1118), maßgeblich sei, „ob der Austausch eines Innenbehälters nach der Verkehrsauffassung als übliche Erhaltungsmaßnahme anzusehen ist, die die Identität des Palettenbehälters als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut nicht in Frage stellt“, steht dem nicht entgegen. Daraus ist nicht zwingend zu entnehmen, dass auf die Gesamtvorrichtung abzustellen ist, wenn ausschließlich ein auf einen Bestandteil gerichteter Patentanspruch geltend gemacht, dieser jedoch im Verkehr nicht gehandelt wird. Zum Einen war eine derartige Konstellation – wie bereits ausgeführt – nicht Gegenstand jener Entscheidung. Zum Anderen ist in der zitierten Entscheidung lediglich von einem „verkehrsfähigen Wirtschaftsgut“ die Rede und gerade nicht einem tatsächlich gehandelten Produkt. Dies spricht dafür, die patentgeschützte Einheit bereits dann zum Gegenstand der Beurteilung zu machen, wenn diese nur grundsätzlich im Verkehr gehandelt werden könnte, auch wenn dies tatsächlich nicht geschieht. So ist es bei der Trommeleinheit, weil es nicht unmöglich ist, sie nicht bloß als Bestandteil von Prozesskartuschen, sondern als eigenes Produkt in den Verkehr zu bringen, mögen auch gewichtige tatsächliche und wirtschaftliche Gründe aus Sicht der Klägerin gegen ein solches Vorgehen sprechen.

 

Ebenso wenig kann eine Verkehrsauffassung der Abnehmer zur Prozesskartusche unbesehen auf die Trommeleinheit übertragen werden. Die Gesamtvorrichtung ist nicht mit ihren einzelnen Bestandteilen gleichzusetzen. Wer eine Gesamtvorrichtung mit einem funktionsunfähigen Bestandteil insgesamt noch als werthaltig ansieht, weil es sich dabei um ein Verschleißteil handelt, das üblicherweise während ihrer Lebensdauer mehrfach ausgetauscht wird, hat nicht dieselbe Vorstellung im Hinblick auf diesen Bestandteil selbst, sondern betrachtet im Gegenteil dessen Austausch bezogen auf eine entsprechende patentgeschützte Untereinheit als Neuherstellung. Dementsprechend ließe sich hier selbst aus einer etwaigen Vorstellung der Abnehmer über einen verbleibenden Wert der verbrauchten Prozesskartusche nicht ohne weiteres schließen, dass die Trommeleinheit mit der auszutauschenden Bildtrommel ebenfalls werthaltig ist.

 

Keinesfalls ist es zulässig, beim Fehlen einer tatsächlichen Verkehrsauffassung auf die Prüfung zu verzichten, ob der Austausch des Teils eine übliche Erhaltungsmaßnahme darstellt, und stattdessen gleich zu fragen, ob das ausgetauschte Teil die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegelt. Dieser Ansatz, der bei den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angeklungen ist, lässt außer Acht, dass das zweitgenannte Kriterium nachrangig ist und regelmäßig erst Bedeutung erlangt, wenn mit dem Austausch während der Lebensdauer des geschützten Erzeugnisses üblicherweise zu rechnen ist. Diese mehrstufige Prüfung hat ihre Rechtfertigung darin, dass bei einer Bearbeitung, die keine übliche Erhaltungsmaßnahme ist, die Identität des bearbeiteten Gegenstandes nicht gewahrt bleibt und daher regelmäßig unabhängig davon, ob das ausgetauschte Teil die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegelt, eine unzulässige Neuherstellung vorliegt. Die fortbestehende Identität des patentgeschützten Erzeugnisses ist mithin das wesentliche Kriterium für die Beurteilung, ob das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers erschöpft ist. Diese Wertung würde unterlaufen, wenn man bei einer fehlenden tatsächlichen Verkehrsauffassung keine Identitätsprüfung vornimmt. Vielmehr muss in einer solchen Konstellation ein anderer Maßstab herangezogen werden, um festzustellen, ob der Austausch die Identität des bearbeiteten Gegenstands wahrt.

 

Dieser Maßstab besteht darin, die Verkehrsauffassung normativ zu ermitteln, indem man darauf abstellt, was unter Berücksichtigung der gesamten Umstände aus Sicht eines vernünftigen Mitglieds des Verkehrskreises sinnvoll wäre (Kühnen, aaO, Kap. E Rn 466, 467). Mangels einer tatsächlichen Vorstellung der Abnehmer kann die Verkehrsauffassung – will man nicht gänzlich auf sie verzichten – nur im Wege einer solchen wertenden Betrachtung festgestellt werden. Dafür ist indes notwendigerweise allein auf objektive Kriterien zurück zu greifen, die zuverlässige Rückschlüsse darauf erlauben, ob die Abnehmer bei verständiger Würdigung den Austausch des Teils als übliche Erhaltungsmaßnahme betrachten würden. Diese Heranziehung von Indizien, die nach allgemeinen Grundsätzen schon bei der Feststellung der (tatsächlichen) Verkehrsauffassung möglich ist (siehe oben), ist erst recht in dieser Konstellation zulässig und mangels bestehender Alternativen überdies geboten. (Nur) In diesem Rahmen können dabei auch die berechtigten Erwartungen der Abnehmer in Bezug auf eine in Verkehr gebrachte Gesamtvorrichtung berücksichtigt werden, soweit sie logische Schlussfolgerungen auf deren Vorstellungen hinsichtlich eines patentgeschützten Bestandteils ermöglichen.

 

(b)

Aus den maßgeblichen objektiven Umständen ergibt sich, dass die wiederaufbereitete Trommeleinheit nach der Verkehrsauffassung nicht identisch mit der OEM-Trommeleinheit ist, weil diese wertlos geworden ist, wenn die Bildtrommel verbraucht und damit funktionsunfähig ist. Das hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt und dabei im Wesentlichen die zutreffenden Kriterien herangezogen.

 

(aa)

Die Feststellung folgt zunächst aus den technischen und wirtschaftlichen Eigenschaften des ausgetauschten Teils Bildtrommel.

 

Da die Grenze des bestimmungsgemäßen Gebrauchs sachgerecht nur unter Berücksichtigung der spezifischen Eigenschaften, Wirkungen und Vorteile der Erfindung bestimmt werden kann (siehe oben), ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die technischen Vorteile von Anspruch 1 des Klagepatents auch auf die Bildtrommel auswirken. Den Beklagten ist zwar darin Recht zu geben, dass die Bildtrommel der anspruchsgemäßen Trommeleinheit bereits aus dem Stand der Technik bekannt war und Anspruch 1 des Klagepatents die Sacheigenschaften, die Funktionsweise oder die Lebensdauer der Bildtrommel nicht verändert, so dass sich die technischen Wirkungen der Erfindung in der Bildtrommel nicht widerspiegeln. Gleichwohl führt die durch das patentgemäße Kupplungsbauelement erzielte vereinfachte Montage und Demontage der Trommeleinheit dazu, dass auch die Bildtrommel leichter ein- und ausgebaut werden kann, weil sie Bestandteil der Trommeleinheit ist. Deswegen wirken sich die Vorteile der Erfindung auch positiv auf die Bildtrommel aus.

 

Insbesondere aber ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass – wie das Landgericht bereits überzeugend ausgeführt hat – die Bildtrommel objektiv der technisch und wirtschaftlich wesentliche Bestandteil der Trommeleinheit ist. Die Bildtrommel ist für den Druckvorgang zwingend notwendig, indem sie die Funktion hat, den Toner auf ein Aufzeichnungsmedium zu übertragen. Wenn sich die fotosensitive Schicht der Bildtrommel verbraucht hat, ist diese Funktion vollständig aufgehoben. Da die Bildtrommel nicht mehr zum Drucken verwendet werden kann, kommt der Trommeleinheit in diesem Zustand keine technische oder wirtschaftliche Bedeutung mehr zu. Der Abnehmer, der die Trommeleinheit bestimmungsgemäß zum Drucken nutzt, hat für die gesamte Einheit keine Verwendung mehr.

 

Im Vergleich dazu hat das Kupplungsbauelement eine wesentlich geringere technische und wirtschaftliche Bedeutung, weil sich seine Funktion darauf beschränkt, die Trommeleinheit an den Drucker zu koppeln. Auch wenn es eine verbesserte Montage und Demontage der gesamten Trommeleinheit bewirkt, ist dieser leichte Ein- und Ausbau für den Abnehmer wertlos, wenn die Bildtrommel verbraucht ist, weil die spezifische Leistung der Vorrichtung – die Übertragung des Toners auf Papier – nicht mehr erbracht werden kann.

 

(bb)

Ein weiteres erhebliches Indiz für eine Neuherstellung sind die von der Beklagtenseite durchgeführten Maßnahmen zum Austausch der Bildtrommel.

 

Zwar mag ein erheblicher Arbeitsaufwand für den Austausch eines Teils allein noch nicht gegen die Einschätzung sprechen, dass es sich um eine übliche Erhaltungsmaßnahme handelt, da tatsächlich in der Praxis durchaus umfangreiche Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden, die einen Austausch von fest mit anderen Elementen verbundenen Verschleißteilen umfassen. Im Streitfall wird die Trommeleinheit allerdings aufgebrochen und vollständig in ihre Einzelteile zerlegt. Die verbrauchte Bildtrommel, die einer von zwei Bestandteilen der anspruchsgemäßen Trommeleinheit ist, wird vollständig durch eine neue Bildtrommel ersetzt und nicht etwa bloß wieder „aufgefüllt“ oder neu beschichtet. Von der ursprünglich in Verkehr gebrachten Trommeleinheit verbleibt somit nur das Kupplungsbauelement. Bei dieser Sachlage würde der über diese Umstände informierte Abnehmer indes nicht mehr von einer „reparablen“ Trommeleinheit ausgehen. Das gilt umso mehr, als die Trommeleinheit in einer zweiten Rahmeneinheit der Prozesskartusche verbaut ist und ohne die Gefahr einer Beschädigung der Prozesskartusche nicht entnommen werden kann. Diese feste Verbindung der Trommeleinheit mit der Prozesskartusche macht deutlich, dass die Bildtrommel nicht als Austauschteil vorgesehen ist, weshalb der Verkehr sie im Einklang mit diesen objektiven Gegebenheiten ebenfalls nicht als austauschbar ansehen würde.

 

Diese Beurteilung wird bestätigt durch den Umstand, dass der beschriebene Arbeitsaufwand für den Austausch der verbrauchten Bildtrommel unstreitig genauso hoch ist wie der Aufwand für die Produktion einer OEM-Trommeleinheit. Bei dieser Sachlage ist jedoch gerade nicht typischerweise während einer weiteren Lebensdauer der Trommeleinheit mit einem Austausch der Bildtrommel zu rechnen. Vielmehr ist bei verständiger Würdigung aus Sicht des Verkehrs die Trommeleinheit insgesamt verbraucht, wenn die Bildtrommel nicht mehr funktionsfähig und deren Austausch ebenso aufwändig ist wie die Produktion einer neuen Trommeleinheit. Denn aus wirtschaftlicher Sicht besteht kein vernünftiger Grund, den vergleichsweise erheblichen Aufwand für den Austausch der Bildtrommel zu betreiben.

 

(cc)

Des Weiteren hat das Landgericht zu Recht auch den Umstand herangezogen, dass der Wert der Bildtrommel im Neuzustand mindestens 70 % der gesamten Trommeleinheit ausmacht und daher wirtschaftlich ihren Wert im Wesentlichen prägt.

 

Dagegen wenden die Beklagten in der Berufungsinstanz erstmals vergeblich ein, dass die Material- und Produktionskosten des Kupplungsbauelements seinen ökonomisch richtigen Wert nicht zutreffend wiedergeben würden. Dieses neue Vorbringen ist nicht zu berücksichtigen, weil die Beklagten einen Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht haben. Zudem ist es nicht erheblich, weil es nicht hinreichend substantiiert ist. Die Beklagten tragen nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Umstände, die sie zugunsten einer Erschöpfung anführen. Es reicht daher nicht aus, wenn sie die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen schlicht oder mit Nichtwissen bestreiten. Die Beklagten haben indes nicht einmal vorgetragen, geschweige denn unter Beweis gestellt, welchen abweichenden Wert das Kupplungsbauelement aufgrund der Kosten der Entwicklung, der Kosten für die Umstellung der Drucker auf die neue Schnittstellentechnologie und wegen des Patentschutzes im Verhältnis zur Bildtrommel haben soll. Ihr Bestreiten mit Nichtwissen, dass den Bildtrommeln ein überwiegender Wertanteil zukomme, ist deswegen unbeachtlich.

 

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann das Wertverhältnis zwischen Bildtrommel und Kupplungsbauelement auch grundsätzlich als Indiz für eine Neuherstellung herangezogen werden. Insbesondere verfängt ihr Hinweis auf die Entscheidung „Pipettensystem“ (BGH GRUR 2007, 769) in diesem Zusammenhang nicht. Danach rechtfertigt ein Austausch von Teilen, die während der Lebensdauer der Vorrichtung laufend erneuert werden und deren Gesamtkosten den Kaufpreis für die Vorrichtung bei weitem übersteigen, nicht die Annahme einer Neuherstellung, wenn sich die Erfindung auf das Austauschteil in keiner Weise auswirkt, weil dies andernfalls dazu führen würde, dem Patentinhaber den wirtschaftlichen Vorteil aus dem Vertrieb eines Massenprodukts zuzuweisen. Daraus ist indes nicht zu entnehmen, dass das Wertverhältnis für die Identitätsfrage stets außer Betracht zu bleiben hätte. Zudem ist die Konstellation im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen mit dem „Pipettensystem“ nicht vergleichbar: Die Spritze war dort ein Massenprodukt, weil laufend Bedarf an Spritzen bestand, während die Bildtrommel während der Lebensdauer der Trommeleinheit regelmäßig nur ein einziges Mal ausgetauscht wird (siehe näher unten (2) (b) (bb)). Zudem hatte dort eine einzelne Spritze im Verhältnis zum Pipettensystem nur einen geringen Wert, weshalb bei einem Austausch der Spritze die Identität des Pipettensystems als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut nicht in Frage stand. Dies zeigt aber gerade, dass die Berücksichtigung des Wertverhältnisses mit der Entscheidung „Pipettensystem“ im Einklang steht. Wie die Klägerin zu Recht anführt, ist dies zudem ein geeignetes Kriterium, um aus wirtschaftlicher Sicht zu bewerten, wie viel von der ursprünglichen Vorrichtung noch übrig bleibt, wenn das in Rede stehende (Austausch-) Teil verbraucht ist. Dementsprechend gehen die Abnehmer bei verständiger Würdigung tendenziell davon aus, dass bei einem Austausch gerade des Teils, das im funktionsfähigen Zustand den weit überwiegenden Anteil am Wert des bearbeiteten Gegenstandes hat, dessen Identität nicht gewahrt bleibt.

 

Die Größenverhältnisse zwischen Bildtrommel und Kupplungsbauelement untermauern in diesem Zusammenhang – wenn auch in untergeordnetem Maße – dieses Verständnis, indem der Verkehr bei verständiger Würdigung die Wiederverwendung der relativ kleinen Bauteile Kupplungsbauelement und ggf. Flansch nicht mit der Vorstellung verbindet, dass es sich weiterhin um die identische Trommeleinheit handelt. Vielmehr hat ein Austausch der die Trommeleinheit technisch und wirtschaftlich prägenden sowie zugleich deutlich größeren Bildtrommel zur Folge, dass bei verständiger Würdigung aus Sicht der Abnehmer eine andere, neue  Trommeleinheit vorliegt, bei der lediglich einzelne kleinere Teile erneut verwendet werden. Dies veranschaulicht ein Vergleich der Lichtbilder unter Rn 64 und 65 in der erstinstanzlichen Replik der Klägerin (Bl. 124 GA).

 

(dd)

Das Verhalten der Abnehmer im Hinblick auf die Prozesskartusche ist ein zusätzlicher wesentlicher Anhaltspunkt dafür, dass der Austausch der Bildtrommel keine übliche Maßnahme zum Erhalt der ursprünglich von der Klägerin oder mit ihrer Zustimmung in Verkehr gebrachten Trommeleinheit darstellt.

 

(aaa)

Denn es ist bereits nicht festzustellen, dass die Mehrheit der Abnehmer die verbrauchten Prozesskartuschen noch als werthaltig erachtet.

 

Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus der Abgabe von verbrauchten Prozesskartuschen zum Zwecke der Wiederaufbereitung nicht, dass der Verkehr die Wiederaufbereitung als eine übliche Erhaltungsmaßnahme ansieht, welche die Identität der Prozesskartusche als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut nicht in Frage stellt. Deswegen kann dahinstehen, ob die Beklagten unter Bezugnahme auf die Studie von C „O“, wonach Wiederaufbereiter und Händler etwa 50 % der OEM-Prozesskartuschen von Laserdruckern in Westeuropa sammeln (Anlage EP 7, Übersetzung Anlage EP 7a), und mit ihrem weiteren Sachvortrag, ein zusätzlicher Teil der Endkunden entsorge die verbrauchten Prozesskartuschen in Kenntnis der Wiederaufbereitung nur aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel im Müll, schlüssig vorgetragen haben, dass der überwiegende Teil der Abnehmer die verbrauchten Prozesskartuschen an Wiederaufbereiter und Händler abgibt oder zumindest als für eine Wiederaufbereitung geeignet erachtet.

 

Wesentliches Kriterium für die anhand der berechtigten Erwartungen der Abnehmer bestimmte Verkehrsauffassung ist, ob diese die Vorrichtung als praktisch wertlos ansehen, wenn die in Rede stehenden Teile ausgetauscht werden müssen. Das kann der Fall sein, wenn Abnehmer die Vorrichtung überwiegend unentgeltlich abgeben, wobei in diesem Zusammenhang allerdings auch zu berücksichtigen ist, aus welchen Gründen dies geschieht und ob der unentgeltlichen Abgabe typischerweise ein sonstiger Vorteil gegenübersteht. Daraus kann sich ergeben, dass Abnehmer die Vorrichtung gleichwohl als werthaltig ansehen (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II; OLG München, BeckRS 2014, 20361). Andererseits folgt aus einem Verkauf oder einer aus anderen Gründen bestehenden Werthaltigkeitsvorstellung noch nicht zwingend, dass Abnehmer den Austausch als übliche Erhaltungsmaßnahme betrachten. Vielmehr muss sich diese Vorstellung gerade auf die fortbestehende Identität der Vorrichtung als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut beziehen. Daran fehlt es etwa bei einer Abgabe zu Recycling-Zwecken. Selbst wenn damit Vorteile für die Abnehmer verbunden sind, wie z. B. ersparte Entsorgungskosten, haben diese Vorteile ihren Grund nicht darin, dass die „identische“ Vorrichtung in seiner Eigenschaft als verkehrsfähiges Wirtschaftsgut weiter genutzt und gehandelt wird (anders wohl OLG München, BeckRS 2014, 20361 unter 2. c)).

 

Davon ausgehend haben die Beklagten zum Einen nicht dargelegt, dass die Abnehmer überwiegend die verbrauchten Prozesskartuschen entgeltlich abgeben. Unstreitig werden zwar verbrauchte OEM-Prozesskartuschen auf dem Markt mit Preisen zwischen etwa 5,- Euro und 20,- Euro gehandelt. Die Beklagten haben indes nicht vorgetragen, dass die Mehrheit der Abnehmer tatsächlich Kenntnis von den Marktpreisen haben und diese Prozesskartuschen entgeltlich veräußern. Ohne weiteres zugrunde gelegt werden kann dies nur bei den Zwischenhändlern, welche die Prozesskartuschen von privaten und geschäftlichen Endkunden sammeln, sowie bei den Wiederaufbereitern, die jedoch – falls man sie überhaupt zum angesprochenen Verkehr rechnet (siehe oben) – allenfalls einen marginalen Anteil der Abnehmer ausmachen. Hingegen gibt es mangels entsprechenden Sachvortrages der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür, dass die zumindest weit überwiegende Mehrheit der Abnehmer, die aus privaten und geschäftlichen Endkunden besteht, mehrheitlich oder auch nur zu einem erheblichen Teil die Prozesskartuschen verkauft oder in Kenntnis von dieser Möglichkeit lediglich aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel davon absieht. Auf der Hand liegt eine unentgeltliche Abgabe überdies bei denjenigen Abnehmern, welche die Prozesskartuschen im Müll entsorgen oder auch an die Hersteller zurückgeben, weil dies nach dem unwidersprochen gebliebenen Sachvortrag der Klägerin kostenlos geschieht und die Hersteller zudem die Prozesskartuschen nicht aufbereiten, sondern durch Recycling einer stofflichen Verwertung zuführen. Diese Prozesskartuschen, die nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten zusammen bereits 50 % des Gesamtaufkommens ausmachen, werden somit vom Verkehr als praktisch wertlos angesehen. Denn wer ein Produkt zur stofflichen Verwertung abgibt, geht nicht davon aus, dass es sich weiterhin um ein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut handelt. Doch auch bei denjenigen Endkunden, die Prozesskartuschen an Wiederaufbereiter oder Händler abgeben, ist eine Abgabe gegen Zahlung eines Geldbetrages nicht festzustellen. Insoweit nutzen sie vielmehr unstreitig die bestehenden Möglichkeiten, die verbrauchten Prozesskartuschen unentgeltlich bei Sammelstellen abzugeben oder von Wiederaufbereitern oder Händlern kostenlos abholen zu lassen. Dass und in welchem Umfang die daneben existierende Alternative, die Prozesskartusche entgeltlich zu veräußern, privaten und geschäftlichen Endkunden bekannt ist und durch sie wahrgenommen wird, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Infolgedessen ist zu ihren Lasten davon auszugehen, dass die Abgabe weit überwiegend unentgeltlich erfolgt. Das ist jedoch ein Indiz dafür, dass die Prozesskartuschen nach der Verkehrsauffassung praktisch wertlos sind.

 

Soweit auch die Gründe, die Abnehmer dazu bewegen, verbrauchte OEM-Prozesskartuschen unentgeltlich abzugeben sowie sonstige Vorteile von Bedeutung sind, die typischerweise einer unentgeltlichen Abgabe gegenüberstehen (siehe oben) führt dies im vorliegenden Fall nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn eine sonstige Gegenleistung, wie etwa Preisvergünstigungen beim Erwerb von wiederaufbereiteten Prozesskartuschen, führen die Beklagten nicht an. Als sonstigen Vorteil machen sie lediglich geltend, dass verbrauchte Prozesskartuschen zum Teil kostenlos zurückgesendet werden können oder sogar abgeholt werden und infolgedessen nicht im Hausmüll entsorgt oder mit entsprechendem Aufwand zu Wertstoffhöfen gebracht werden müssen. Dieser Vorteil lässt aber nicht den Schluss zu, dass die Abnehmer die verbrauchten OEM-Prozesskartuschen als weiterhin verkehrsfähiges Wirtschaftsgut betrachten. Eine ökologisch sinnvolle Entsorgung oder ein geringerer Entsorgungsaufwand bedeuten gerade nicht, dass sie in diesem, allein maßgeblichen Sinne „werthaltig“ sind.

 

(bbb)

Dies zugrunde gelegt, ist bei verständiger Würdigung aus Sicht der Abnehmer die verbrauchte Trommeleinheit erst recht nicht werthaltig.

 

Wenn sogar die verbrauchte Prozesskartusche von Abnehmern weit überwiegend als praktisch wertlos angesehen wird, so muss dies umso mehr für die darin enthaltene Trommeleinheit gelten. Wie die Beklagten selbst näher dargelegt haben (vgl. Lichtbild und Auflistung in Rn 38 der erstinstanzlichen Duplik vom 31.03.2015, Bl. 177/178 GA), besteht die Prozesskartusche aus zahlreichen weiterverwendbaren Einzelteilen, insbesondere Gehäuseteilen. Die Trommeleinheit ist nur ein kleiner Teil davon, wobei von ihr einzig das Kupplungsbauelement und ggf. der Flansch noch funktionsfähig sind.

 

Deswegen sieht selbst derjenige, mangels anderslautender konkreter Angaben der darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten als gering einzustufende Teil der Abnehmer, der die verbrauchten OEM-Prozesskartuschen zum Marktpreis von etwa 5,- Euro bis 20,- Euro verkauft, nicht gleichzeitig auch die Trommeleinheit als werthaltig an. Vielmehr gelangt er in Kenntnis der Umstände bei verständiger Würdigung zu dem Schluss, dass diese „praktisch wertlos“ ist. Aufgrund der zahlreichen noch funktionsfähigen Einzelteile der verbrauchten Prozesskartusche entfällt nur ein geringer Teil des Marktpreises auf die Trommeleinheit. Die anteiligen Werte Kupplungsbauelement und Flansch bewegen sich dabei jeweils im Centbereich. Unstreitig beträgt der Einkaufspreis für eine neue Bildtrommel ca. 2,- Euro, während mangels entsprechender Darlegung der Beklagten nicht feststellbar ist, dass sich die Kosten für die Produktion des Kupplungsbauelements auf mehr als 0,30 Euro belaufen. Ferner ist davon auszugehen, dass die Bildtrommel mindestens 70 % des Werts der Trommeleinheit ausmacht (siehe oben). Auch wenn Produktions- und Einkaufskosten nicht mit dem Wert des gebrauchten Kupplungsbauelements gleichzusetzen sind, so zeigen die genannten Beträge im Verhältnis zu den genannten Marktpreisen für gebrauchte Prozesskartuschen, dass dieser im gebrauchten Zustand nur sehr gering sein kann. Für den Flansch gilt dies gleichermaßen, zumal er häufig nicht ohne Beschädigung von der Bildtrommel entfernt werden kann und dann ebenfalls zu ersetzen ist. Bei dieser Sachlage ist die gebrauchte Trommeleinheit jedoch insgesamt praktisch wertlos. Für sie ließe sich bei isolierter Betrachtung allenfalls ein geringfügiges Entgelt erzielen; zumindest ist etwas anderes mangels entsprechenden Sachvortrages der darlegungspflichtigen Beklagten nicht feststellbar.

 

Die Abgabe an Wiederaufbereiter und Händler bringt damit lediglich zum Ausdruck, dass die Abnehmer Teile der verbrauchten Prozesskartusche mit der darin befindlichen Trommeleinheit in dem Sinne für wiederverwendbar halten, als die Möglichkeit besteht, aus ihnen wieder eine funktionsfähige Prozesskartusche mit Trommeleinheit zu erhalten. Bei verständiger Würdigung wird aus ihrer Sicht bei dieser Wiederaufbereitung allerdings nicht die identische Trommeleinheit repariert, sondern eine neue Trommeleinheit hergestellt.

 

(c)

Die nachfolgenden, von den Beklagten angeführten Aspekte rechtfertigen keine davon abweichende normative Verkehrsauffassung der Abnehmer.

 

(aa)

So ist die Bedeutung des Umweltschutzes für die Abnehmer und ein daraus folgendes umweltbewusstes Handeln kein Indiz dafür, dass es sich beim Austausch der Bildtrommel um eine übliche Maßnahme zur Erhaltung der Trommeleinheit handelt.

 

Selbst wenn Abnehmer die verbrauchten Prozesskartuschen gezielt zur Wiederaufbereitung abgeben, um Ressourcen zu sparen und auf diese Weise einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten, so folgt daraus nicht, dass sie die Trommeleinheit noch als werthaltig und den Austausch der Bildtrommel als die Identität der Trommeleinheit wahrende Maßnahme ansehen. Umweltschutz ist nicht gleichbedeutend mit einer Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Maßnahmen zum Schutz der Umwelt auch darin bestehen können, ein Produkt – wie von der Klägerin im Hinblick auf die an sie zurückgegebenen Prozesskartuschen praktiziert – zu recyceln. Dabei wird aber gerade nicht das ursprüngliche Produkt erhalten, sondern ein neues, ggfs. völlig anderes Produkt hergestellt.

 

(bb)

Daran anknüpfend lassen sich auch die Regelung in § 4 Abs. 2 ElektroG (= § 4 S. 3 ElektroG a. F.), wonach Hersteller die Wiederverwendung nicht durch besondere Konstruktionsmerkmale oder Herstellungsprozesse verhindern sollen, oder DIN-Normen zur Wiederaufbereitung ebenfalls nicht zu Gunsten der Beklagten anführen.

 

Es mag zwar durchaus sein, dass diese Regelungen die Erwartungen der Abnehmer zugunsten einer Wiederaufbereitung beeinflussen. Dies besagt aber aus den bereits angeführten Gründen nichts über die hier konkret in Rede stehende Austauschmaßnahme und die Identität der wiederaufbereiteten Trommeleinheit.

 

(cc)

Soweit die Beklagten geltend machen, die Laserdrucker seien für wesentlich mehr Druckvorgänge angelegt als eine Bildtrommel zu leisten vermag, trifft dies zwar unstreitig zu. Dies mag auch zu dem Verkehrsverständnis führen, dass der Drucker weiter benutzt werden kann, wenn die ursprünglich in ihm eingesetzte Trommeleinheit wegen einer verbrauchten Bildtrommel nicht mehr funktioniert. Maßgeblich sind jedoch nicht die Erwartungen der Abnehmer im Hinblick auf den Drucker, sondern auf die Trommeleinheit.

 

(2)

Die weitere Abwägung der beiderseitigen Interessen führt nicht zu einem anderen Ergebnis.

 

(a)

Das schützenswerte Interesse der Klägerin besteht in der wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung. Diesem Interesse ist zwar zunächst durch das erstmalige Inverkehrbringen der Trommeleinheit als Teil der Prozesskartusche Genüge getan, weil sie auf diese Weise ihre Erfindung wirtschaftlich verwerten konnte. Durch das Entgelt für die Prozesskartusche ist sie dabei auch für die darin befindliche patentgemäße Trommeleinheit entlohnt werden. Diese Entlohnung ist für sämtliche Trommeleinheiten, die von der Klägerin in den Verkehr gebracht worden sind, eingetreten. Werden indes Trommeleinheiten im Rahmen einer Wiederaufbereitung von Prozesskartuschen durch Dritte neu hergestellt und sodann vertrieben, so hat die Klägerin insoweit nicht den ihr zustehenden Lohn für die Erfindung erhalten. Da der von den Beklagten vorgenommene Austausch der Bildtrommel eine Neuherstellung der Trommeleinheit darstellt, zu der allein die Klägerin berechtigt ist, werden ihre schützenswerten Interessen durch diese Maßnahme beeinträchtigt.

 

Diese Interessen sind nicht aufgrund der Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin geringer zu bewerten, weil sie aus den bereits unter 2. b) cc) angeführten Gründen unter dem Vorbehalt eines entsprechenden Patentschutzes steht, mit dem sie Dritte von der Wiederaufbereitung wirksam und zulässig ausschließen kann, und die Erklärung daher so zu verstehen ist, dass die patentgeschützte Trommeleinheit einer Prozesskartusche nur wiederverwertet (bzw. recycelt), jedoch nicht wieder neu hergestellt werden darf.

 

(b)

Die schützenswerten Interessen der Abnehmer am ungehinderten Gebrauch der in Verkehr gebrachten Trommeleinheit werden demgegenüber jedenfalls nicht in einem solchen Maße beeinträchtigt, dass die Klägerin die Neuherstellung der Trommeleinheit hinnehmen müsste und ihre berechtigten Interessen zurückzutreten hätten.

 

(aa)

Das gilt zunächst mit Blick auf die Beklagten selbst, sofern man sie überhaupt zu den Abnehmern rechnet (siehe oben). Ihr Interesse ist nicht gleichzusetzen mit dem Interesse der privaten und geschäftlichen Endkunden, die erworbene Trommeleinheit über einen möglichst langen Zeitraum in einem Drucker zu verwenden. Das Interesse der Wiederaufbereiter geht vielmehr dahin, die wiederaufbereitete Prozesskartusche samt der darin befindlichen Trommeleinheit zu vermarkten und damit Gewinn zu erzielen. Dieses wirtschaftliche Interesse kann indes keinen Vorrang gegenüber dem Ausschließlichkeitsrecht der Klägerin an erneut hergestellten Trommeleinheiten erlangen.

 

(bb)

Demgegenüber haben die privaten und geschäftlichen Endkunden ein berechtigtes Interesse daran, die erworbene Trommeleinheit über einen möglichst langen Zeitraum in einem Drucker zu verwenden und möglicherweise auch, bei einem im Vergleich zu den anderen Bestandteilen frühen Verschleiß der Bildtrommel eine kostengünstige Alternative zum Originalprodukt zu haben. Dieses Interesse hat bei der gebotenen Gesamtabwägung aber keinen Vorrang gegenüber den schützenswerten Interessen der Klägerin.

 

Die Beklagten führen insoweit zunächst sinngemäß an, es sei bei der Interessenabwägung wesentlich zu berücksichtigen, dass die Trommeleinheit in Prozesskartuschen verbaut und nur als Bestandteil der Prozesskartusche mit dieser zusammen veräußert werde, obwohl sich die Vorteile der Erfindung allein in dem Kupplungsbauelement verwirklichten. Auf diese Weise realisiere die Klägerin den wirtschaftlichen Wert der Erfindung mit dem Verkauf der Prozesskartuschen, die sie zu einem weit höheren Preis veräußern könne als mit einer Veräußerung der patentgeschützten Trommeleinheit und erst recht des allein erfindungswesentlichen Kupplungsbauelements zu erzielen wäre. Mit diesen Preisen, die zumindest überwiegend mindestens 100,- Euro und mehr betragen und 1/3 bis 7/8 des Preises für den zugehörigen kompatiblen Drucker erreichen, korrespondiere ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse der Abnehmer, bei einem Verbrauch der nicht erfindungswesentlichen Bildtrommel die Prozesskartusche weiterhin frei von den Rechten der Klägerin nutzen zu dürfen, indem die Bildtrommel und ggf. der Flansch ausgetauscht werden.

 

Diese Argumentation greift jedoch im Ergebnis nicht durch. Es mag zwar durchaus sein, dass es zur im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigenden „Eigenart des patentgeschützten Erzeugnisses“ (vgl. BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter) gehört, dass in der vorliegenden Konstellation die anspruchsgemäße Trommeleinheit Bestandteil der Gesamtvorrichtung Prozesskartusche ist, die allein von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird. Zum Einen erhalten die Abnehmer allerdings mit dem Erwerb der Prozesskartusche auch wesentlich mehr als die Trommeleinheit, weil diese aus zahlreichen weiteren Einzelteilen besteht (siehe oben). Abgesehen davon liegen der Preisbildung zahlreiche verschiedene Faktoren zugrunde, zu denen neben den Herstellungskosten auch die Marktverhältnisse gehören, so dass aus einem im Vergleich zum Drucker relativ hohen Preis für die Prozesskartusche nicht ohne weiteres der Schluss auf eine berechtigte Erwartung der Abnehmer an einer Weiternutzung zu ziehen ist. Zum Anderen ist der Sachvortrag der Beklagten, dass die fiktive Lebensdauer der Prozesskartusche den üblichen Zeitraum, in welchem ein Verschleiß der Bildtrommel eintritt, bei weitem übersteige, nicht überzeugend, weil die Beklagte zu 1) ausschließlich OEM-Prozesskartuschen – und nicht schon einmal zuvor aufgearbeitete Kartuschen – erwirbt und wiederaufbereitet. Andere Wiederaufbereiter verfahren ebenso; ausweislich der bereits erwähnten D-Studie (Anlage EP 7a/7b) beträgt der Anteil der aus OEM-Prozesskartuschen wiederaufbereiteten Kartuschen mehr als 80 %. Dies bedeutet jedoch, dass OEM-Prozesskartuschen (weit überwiegend) lediglich ein einziges Mal wiederaufbereitet und anschließend entweder entsorgt oder recycelt werden, obwohl die Einzelteile mit Ausnahme von Toner, Bildtrommel und ggf. Flansch weiterhin funktionsfähig sind. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten, wonach ein Nutzer, der das empfohlene monatliche Druckvolumen benötigt, die Prozesskartusche monatlich wechselt, übersteigt die fiktive Lebensdauer der Prozesskartusche den Verschleiß der Bildtrommel somit lediglich um einen Monat. Dieser Umstand relativiert indes das wirtschaftliche Interesse der Abnehmer an einer Wiederaufbereitung der Prozesskartusche deutlich.

 

Die vorstehenden Erwägungen gelten ebenso mit Blick darauf, dass die Abnehmer daran interessiert sind, das patentgemäße Kupplungsbauelement weiter zu verwenden, weil es als Bestandteil von Trommeleinheit und Prozesskartusche mit dem Drucker kompatibel ist und daher für die Ankopplung der Prozesskartusche samt Trommeleinheit an den Drucker benötigt wird. Auch dieses Interesse wird durch die Wiederaufbereitung seitens der Beklagten nur eingeschränkt befriedigt, weil diese bei OEM-Prozesskartuschen (weit überwiegend) nur ein einziges Mal stattfindet.

 

(cc)

Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang beanstanden, dass die Klägerin mit der in Rede stehenden Ausgestaltung ein „Kompatibilitätshindernis“ geschaffen habe, das einem Austausch der Bildtrommel entgegenstehe, obwohl es sich dabei um ein einfaches, vorbekanntes und nicht erfindungswesentliches Standardverschleißteil handelt, verfängt dies ebenfalls nicht.

 

Damit beziehen sich die Beklagten zum Einen darauf, dass das Klagepatent nach ihrer Ansicht keinen besonderen Vorteil gegenüber dem Stand der Technik und keine Verbesserung für den Nutzer mit sich bringe. Das Verletzungsgericht ist indes an die Erteilung des Patents gebunden und nicht befugt, über dessen Schutzfähigkeit zu entscheiden. Auch wenn das erteilte und in Kraft stehende Klagepatent dazu führen sollte, dass nur bestimmte Ausgestaltungen der Trommeleinheit mit bestimmten Druckern zusammenwirken können, ist dies daher im Verletzungsrechtsstreit hinzunehmen. Diese Wirkung des Klagepatents würde in unzulässiger Weise unterlaufen, wenn ein sich aus der patentgemäßen Lehre ergebendes „Kompatibilitätshindernis“ bei der Interessenabwägung ausschlaggebende Bedeutung zugunsten der Abnehmer hätte. Hinzu kommt, dass den Abnehmern eine Wiederaufbereitung und damit eine Weiterverwendung der Prozesskartusche nicht generell untersagt sind, sondern sie dabei lediglich keine neuhergestellte patentgemäße Trommeleinheit verwenden dürfen. Schutzwürdige Interessen der Abnehmer könnten dementsprechend allenfalls in einem für die Interessenabwägung relevanten Umfang betroffen sein, wenn keine gemeinfreien Umgehungslösungen existieren und es deshalb praktisch nicht möglich ist, eine verbrauchte Prozesskartusche wiederzuverwenden. Das haben die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten indes – wie bereits unter 3. näher ausgeführt – nicht unter Beweis gestellt, so dass dieser Aspekt nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden kann. Ebenso wenig begründet die Selbstverpflichtungserklärung der Klägerin aus den unter 2. b) cc) dargelegten Gründen ein schützenswertes Interesse der Beklagten an einer Wiederaufbereitung von Prozesskartuschen mit einer anspruchsgemäßen Trommeleinheit.

 

Zum Anderen läuft die obige Argumentation darauf hinaus, die Frage, ob sich im ausgetauschten Teil die technischen Wirkungen der Erfindung widerspiegeln, bereits bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, die zur Abgrenzung zwischen einer die Identität des bearbeiteten Gegenstandes wahrenden Maßnahme und einer unzulässigen Neuherstellung dient. Auf diesen Aspekt kommt es indes – wie bereits ausgeführt – erst und regelmäßig nur dann an, wenn diese Abwägung ergeben hat, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch vorliegt. Liegt eine Neuherstellung vor, so stellt sich der Austausch hingegen als Patentverletzung dar, insbesondere wenn das Vorhandensein des ausgetauschten Teils im Patentanspruch zwingend vorgesehen ist (BGH GRUR 2012, 1118 – Palettenbehälter II). Daraus folgt gleichzeitig, dass eine unzulässige Neuherstellung im Rahmen der Interessenabwägung nicht mit der Begründung verneint werden darf, das ausgetauschte Teil spiegle nicht die technischen Wirkungen der Erfindung wider. So liegt es im Streitfall, weil die Bildtrommel im Klagepatentanspruch zwingend vorhanden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Gegenstand des Patentschutzes auch nicht willkürlich gewählt. Vielmehr bilden erst Kupplungsbauelement und Bildtrommel gemeinsam einen patentfähigen Gegenstand. Nicht schon das Kupplungsbauelement allein, sondern erst das funktionale Zusammenwirken mit der Bildtrommel führt zu der mit dem Klagepatent angestrebten verbesserten Montierbarkeit der Trommeleinheit an einer Antriebswelle des Druckers. Deswegen wäre auch nach dem unwidersprochen gebliebenen und nachvollziehbaren Vorbringen der Klägerin ein isoliert nur auf das Kupplungsbauelement gerichteter Anspruch nicht erteilt worden.

 

(c)

Falls man bei der Interessenabwägung – wie die Beklagten meinen – statt auf die Trommeleinheit auf die Prozesskartusche als das allein in den Verkehr gebrachte Wirtschaftsgut abstellt, so ist ebenfalls keine Erschöpfung eingetreten.

 

Die Abnehmer betrachten die von der Beklagten zu 1) vorgenommene Wiederaufbereitung der verbrauchten OEM-Prozesskartuschen jedenfalls deshalb nicht als übliche Erhaltungsmaßnahme, weil sie nicht etwa nur die Bildtrommel austauscht, sondern darüber hinaus auch die wiederaufbereiteten Prozesskartuschen aus den Teilen verschiedener gebrauchter Kartuschen zusammensetzt.

 

Denn werden aus gebrauchten, nicht mehr funktionsfähigen Erzeugnissen erhalten gebliebene Teile entnommen und zu wieder funktionsfähigen patentgemäßen Erzeugnissen zusammengebaut, liegt eine dem Patentinhaber allein vorbehaltene und Dritten verbotene Neuherstellung vor (BGH GRUR 1959, 232 – Förderrinne; Benkard/Scharen, aaO, § 9 Rn 24 und 36; Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 7. Aufl., § 9 Rn 68). Der Grund dafür ist, dass das hergestellte Erzeugnis nach der Verkehrsauffassung nicht mehr die Identität des in den Verkehr gebrachten Patentgegenstands wahrt. Diese Bewertung kann sich ebenso bei anderen umfangreichen Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten ergeben, insbesondere wenn sie zu einer Verlängerung der Lebensdauer der Vorrichtung führen (vgl. Benkard/Scharen, aaO, § 9 PatG Rn 36).

 

So ist es hier: Die Klägerin hat im ersten Rechtszug konkret vorgetragen, dass nicht jede eingesammelte OEM-Prozesskartusche für sich aufbereitet, sondern bei der Wiederaufbereitung auf Teile verschiedener Kartuschen zurückgegriffen wird. Demzufolge zerlegt die Beklagte zu 1) die verbrauchten OEM-Prozesskartuschen in ihre Einzelteile und setzt anschließend diese Einzelteile mit Komponenten von anderen verbrauchten Kartuschen wieder zusammen. Dies führt insbesondere unter anderem dazu, dass das Gehäuse und das Kupplungsbauelement nicht von derselben OEM-Prozesskartusche stammen. Die Beklagten sind dem erstinstanzlich nicht entgegengetreten. Ihre Behauptung in der Berufungsinstanz, das Vorbringen der Klägerin widerspreche ihrem erstinstanzlichen Vortrag, trifft daher nicht zu. Soweit sie ferner angeführt haben, es widerspreche auch dem sonstigen Vortrag der Klägerin, ist dies ebenfalls nicht richtig. Die Beklagten nehmen insoweit Bezug auf einen erstinstanzlichen Schriftsatz der Klägerin vom 31.03.2015 und eine Anlage K 24 aus dem Parallelverfahren 15 U 47/15, die sich auf den dortigen Beklagten zu 3) bezieht und deswegen schon im Ansatz kein widersprüchliches Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf die Beklagten dieses Rechtsstreits begründen kann. Selbst wenn man jedoch in der genannten Behauptung der Beklagten in der Berufungsinstanz ein Bestreiten erblicken wollte, ist es nach allgemeinen Grundsätzen unerheblich, da die Klägerin konkret zur Vorgehensweise durch die Beklagte zu 1) vorgetragen hat und die Beklagten somit darauf ebenso substantiiert hätten erwidern müssen, zumal es sich um Umstände aus ihrer eigenen Sphäre handelt. Es wäre von ihnen insbesondere näher darzulegen gewesen, auf welche andere Art und Weise als von der Klägerin dargelegt sie verbrauchte OEM-Prozesskartuschen aufbereitet. Das ist nicht geschehen, sondern die Beklagten haben sich auf ein pauschales und damit unzureichendes Bestreiten beschränkt. Abgesehen davon ist neues Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz zu diesem Punkt ohnehin wegen § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen, weil sie einen Zulassungsgrund nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht haben.

 

Werden die verbrauchten OEM-Prozesskartuschen bei der Wiederaufbereitung in ihre Einzelteile zerlegt und anschließend die noch verwendbaren Komponenten verschiedener gebrauchter Kartuschen mit neuen Bildtrommeln zusammengebaut, so liegt mithin eine Neuherstellung der Prozesskartusche vor, weil die wiederaufbereitete Prozesskartusche nicht die Identität der ursprünglich in Verkehr gebrachten Prozesskartusche der Klägerin wahrt.

 

Im Einklang mit diesen objektiven Gegebenheiten betrachten Abnehmer die oben beschriebene, von den Beklagten praktizierte Wiederaufbereitung einer Prozesskartusche auch nicht als übliche Maßnahme zur Erhaltung der OEM-Prozesskartusche, sondern als Herstellung eines neuen Produkts.

 

5.

Da die Beklagten somit das Klagepatent rechtswidrig benutzt haben, hat die Klägerin gegen sie im zuerkannten Umfang einen Unterlassungsanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG i. V. m. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.

 

Gegen die weiteren vom Landgericht zugesprochenen Rechtsfolgen wendet sich die Berufung der Beklagten zu Recht ebenfalls nicht. Tatsächlich hat die Klägerin gegen die Beklagten Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz dem Grunde nach und zudem gegen die Beklagte zu 1) auf Vernichtung und Rückruf. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts, auf die der Senat vollumfänglich Bezug nimmt, lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

 

 

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bislang – soweit ersichtlich – nicht entschieden worden, was Gegenstand der Erschöpfung ist, wenn der geltend gemachte Patentanspruch eine Untereinheit der allein in den Verkehr gebrachten, ebenfalls patentgeschützten Gesamtvorrichtung ist, ob in dieser Konstellation beim Austausch von Teilen der anspruchsgemäßen Untereinheit für die Identitätsfrage auf eine Verkehrsauffassung abzustellen und wie diese zu ermitteln ist sowie welche Bedeutung im Rahmen der Interessenabwägung der Gesamtvorrichtung zukommt.

 

 

IV.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 950.000,- Euro festgesetzt (Streitwert der 1. Instanz abzüglich des Anteils für den Anspruch nach § 140e PatG).

 

X                                                      Y                                                      Z