4a O 227/08 – Messwertaufnehmer

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1341

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. Februar 2010, Az. 4a O 227/08

I. Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 95 Prozent und der Beklagten zu 5 Prozent auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem europäischen Patent 0 573 XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent), dessen eingetragene Inhaberin sie seit dem 08.01.2008 ist, auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz in Anspruch. Das Klagepatent wurde am 11.11.1991 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 9015XXX vom 12.11.1990 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Veröffentlichung der Anmeldung des Klagepatents am 15.12.1993 erfolgte. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 21.02.1996 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE 591 07 XXX) ist in Kraft. Mit Schriftsatz vom 28.04.2009 hat die A in Bezug auf die Patentansprüche 1 bis 3 und 7 bis 9 Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent erhoben, über die noch nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Messwertaufnehmer zum Erfassen physikalischer Kenngrößen eines Personen- und/oder Lastenaufzugs“. Sein hier allein maßgeblicher Patentanspruch 1 lautet:

„Messwertaufnehmer (1) zum Erfassen physikalischer Kenngrößen, insbesondere von Beschleunigungswerten, eines Personen- und/oder Lastenaufzugs mit zumindest einem bewegbaren Fahrkorb (3), wobei der Messwertaufnehmer (1) einen Sensor (15) und einen diesem zugeordneten Zeitgeber (29) umfasst und über einen Schnittstellenbaustein (28) mit einer Auswerteeinheit (72) verbindbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Messwertaufnehmer (1) als transportable, an dem Fahrkorb lösbar befestigte Messeinheit (10, 11, 12) ausgebildet ist und einen Zwischenspeicher (25) und einen die Messwerterfassung und -speicherung auslösenden Triggerbaustein (21) umfasst.“

Die nachfolgenden Figuren 1 und 2 zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung. In Figur 1 ist nach der Beschreibung des Klagepatents ein Personen- oder Lastenaufzug mit dem erfindungsgemäßen Messwertaufnehmer dargestellt. Figur 2 gibt den erfindungsgemäßen Messwertaufnehmer in prinzipiell logischer Darstellung wieder.

Die Beklagte führt Prüfungen von Aufzugsanlagen durch, bei denen sie Messwertaufnehmer verwendet, die zusammen mit der zugehörigen Software als „B“ bezeichnet werden (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Hinsichtlich der genauen Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform wird auf das als Anlage K 7 vorgelegte Benutzerhandbuch Bezug genommen wird.

Das B erlaubt die Prüfung verschiedener physikalischer Kenngrößen, insbesondere die Überprüfung der Fangbremse in Gestalt der Verzögerungswerte beim Abfangen im simulierten freien Fall. Hierzu finden der Beschleunigungssensor C, die Seiltastsensoren D, die Seiltastauswerteeinheit E sowie das Synchronisationsmodul F Verwendung. Darüber hinaus ist der Einsatz eines – nicht mit der angegriffenen Ausführungsform ausgelieferten – Rechners erforderlich. Die für die Fangbremsmessung möglichen Messanordnungen lassen sich – je nachdem, ob die Verbindung mittels USB oder Bluetooth erfolgt – anhand der auf den Seiten 24 und 25 der als Anlage K 7 vorgelegten Bedienungsanleitung zu findenden Abbildungen wie folgt darstellen:

Bei der Durchführung einer Fangbremsmessung wird der – in den Abbildungen jeweils unten rechts dargestellte – Beschleunigungssensor C so starr wie möglich an die eigentliche Fangbremse gekoppelt. Im Anschluss wird dieser Beschleunigungssensor mit dem Rechner über ein USB-Kabel oder über Bluetooth verbunden. Da es für die Fangbremsmessung erforderlich ist, synchrone Daten vom Beschleunigungssensor und dem MSM (jeweils oben links dargestellt) zu bekommen, erfolgt zusätzlich der Einsatz des Synchronisationsmoduls F (jeweils unten links dargestellt). Nach Auswahl der durchzuführenden Messung erscheint auf dem angeschlossenen Rechner folgendes Dialogfeld:

Sobald die „Starten“-Schaltfläche betätigt wurde, erscheint – ggf. nach Ablauf eines Countdowns – ein Hinweisfenster, dass die Messung nun begonnen werden kann, wobei während der Messung Rechner und Beschleunigungssensor stets in Verbindung bleiben. Der Beschleunigungssensor erfasst die Beschleunigung analog, wobei dieses Signal sodann mittels eines Analog-Digitalwandlers gewandelt und die Messwerte sodann über die USB- oder Bluetooth-Schnittstelle an den Rechner übertragen werden. Im Anschluss an die Durchführung des Fangversuchs wird die noch laufende Messung mit einem Klick auf „G“ beendet.

Nach Auffassung der Klägerin macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.

Die Klägerin beantragt daher,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

Messwertaufnehmer mit folgenden Merkmalen

(1) Messwertaufnehmer zum Erfassen physikalischer Kenngrößen, insbesondere von Beschleunigungswerten, eines Personen- und/oder Lastenaufzugs mit zumindest einem bewegbaren Fahrkorb,

(2) der Messwertaufnehmer umfasst einen Sensor und einen diesem zugeordneten Zeitgeber,

(3) der Messwertaufnehmer ist über einen Schnittstellenbaustein mit einer Auswerteeinheit verbindbar,

in der Bundesrepublik zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

(4) wenn der Messwertaufnehmer als transportable, an dem Fahrkorb lösbar befestigte Messeinheit ausgebildet ist und

(5) einen Zwischenspeicher und einen die Messwerterfassung und -speicherung auslösenden Triggerbaustein umfasst;

II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu Ziff. I. bezeichneten, seit 08.01.2008 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über den Umfang der vorstehend zu Ziff. I. bezeichneten, seit dem 08.01.2008 begangenen Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen mit den Messaufnehmern durchgeführten Prüfungen, aufgeschlüsselt nach Anzahl der Prüfungen, Prüfungszeiten und -preisen und der Namen und Anschriften der gewerblichen Eigner geprüfter Anlagen, wobei die zu den Prüfungen geführten Angebotsunterlagen, die Auftragsbestätigungen sowie Rechnungen vorzulegen sind,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Typenbezeichnungen,

c) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen;

hilfsweise: die Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil DE 591 07 XXX des Klagepatents EP 0 573 XXX auszusetzen;

2. der Beklagten zu gestatten, Rubrum, Tenor und auszugsweise tragende Gründe des Urteils auf Kosten der Klägerin durch eine in zwei aufeinanderfolgenden Ausgaben einer einschlägigen Fachzeitschrift erscheinende halbseitige Anzeige öffentlich bekannt zu machen.

Im Hinblick auf die durch die Beklagte begehrte Einräumung einer Befugnis zur öffentlichen Bekanntmachung des Urteils hat die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, bei der angegriffenen Ausführungsform fehle es zunächst an einem Zwischenspeicher. Ein solcher sei nur dann gegeben, wenn durch diesen alle Messwerte während des Messvorgangs zwischengespeichert und im Anschluss, das heißt nach Abschluss des Messvorgangs, an das Auswertegerät weitergegeben würden. Darüber hinaus verfüge auch der in dem Beschleunigungssensor C enthaltene Microcontroller über einen Datenspeicher („I“), in welchem die Werte der Messung abgespeichert werden könnten. Die Verbindung zwischen dem Beschleunigungssensor C und der Auswerteeinheit erfolge über eine USB-Schnittstelle, wobei der als Auswerteeinheit dienende Computer mit dem Betriebssystem „H“ ausgestattet sei. Da dieses Betriebssystem Daten nicht sofort nach Eingang in Echtzeit verarbeiten könne, müssten die Messwerte zwischengespeichert werden. Die Speichergröße werde dabei letztlich durch die Differenz von Zufluss und Abfluss innerhalb der Verweildauer bestimmt.

Des Weiteren verfüge die angegriffene Ausführungsform auch nicht über einen Triggerbaustein im Sinne des Klagepatents. Zum einen sei darunter nur ein sogenannter „Schwellwerttrigger“ zu verstehen, bei welchem das Ein- bzw. Ausschalten auf der Grundlage bestimmter Messwerte erfolge. Zum anderen werde bei der angegriffenen Ausführungsform der Messvorgang dadurch gestartet, dass auf dem Display des mit dem Messwertaufnehmer verbundenen und als Auswerteeinheit dienenden Rechners zunächst auf das Dialogfeld „Messung starten“ geklickt und anschließend nach Ablauf eines Countdowns die Messung gestartet werde. Entsprechend erfolge die Beendigung des Messvorgangs mit einem Klick auf das Dialogfeld „Beschleunigungs- und Lastmessung stoppen“ und damit ebenfalls extern. Im Übrigen sei der Messwertaufnehmer auch nicht über einen Schnittstellenbaustein mit einer Auswerteeinheit verbindbar, sondern vielmehr dauerhaft mit dieser verbunden. Schließlich werde sich das Klagepatent in dem durch die A eingeleiteten Nichtigkeitsverfahren auch als nicht rechtsbeständig erweisen.

Schließlich habe die Beklagte auch ein berechtigtes Interesse an einer Veröffentlichung des Urteils. Durch die Klage werde die Beklagte dem Verdacht ausgesetzt, Patente zu missachten, was den Ruf der Beklagten nachhaltig beschädige. Gerade im Bereich des technischen Überwachungs- und Prüfwesens würden die Kunden den Anbietern der technischen Dienstleistungen ein besonderes Vertrauen in deren technische Expertise und Zuverlässigkeit entgegen bringen, was mit dem Vorwurf der Missachtung von Patenten unvereinbar sei.

Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. Patentanspruch 1 sehe nicht vor, dass im Zwischenspeicher alle Messwerte des Messvorgangs gespeichert würden, bis sie über den Schnittstellenbaustein abgerufen und dann auf einer Auswerteeinheit komplett ausgewertet werden könnten. Ausreichend sei vielmehr auch, wenn die Daten im Rahmen der Umwandlung der Analogsignale in digitale Signale gepuffert würden. Darüber hinaus sei es nach der technischen Lehre des Klagepatents auch nicht erforderlich, dass der Messwertaufnehmer erst nach dem Messvorgang vom Fahrkorb entfernt und mit der Auswerteinheit verbunden werde.

Soweit die Klägerin mit ihrer Klage zunächst auch Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz für die Zeit vom 01.08.1998 bis zum 07.01.2008 verlangt hat, hat sie die Klage in der mündlichen Verhandlung insoweit mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage sowie die Widerklage haben in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadenersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB nicht zu, da die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht. Darüber hinaus hat die Beklagte kein hinreichendes Interesse an einer Veröffentlichung des Urteils dargelegt, so dass ihr kein Anspruch auf Einräumung einer Befugnis auf Veröffentlichung des Urteils zusteht, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140e PatG.

I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft einen Messwertaufnehmer zum Erfassen physikalischer Kenngrößen, insbesondere des Beschleunigungswertes, eines Personen- und/oder Lastenaufzugs mit zumindest einem bewegbaren Fahrkorb, wobei der Messwertaufnehmer einen Sensor und einen diesem zugeordneten Zeitgeber umfasst und über einen Schnittstellenbaustein mit einer Auswerteeinheit verbindbar ist.

Nach der Patentbeschreibung ist die Ermittlung solcher Kenngrößen für die regelmäßige Kontrolle von Personen- und Lastenaufzügen unabdingbar. Bei einer aus der EP 0 390 972 A1 bekannten Vorrichtung zur Messwertaufnahme werden ein oder mehrere Wegaufnehmer als Bewegungssensoren an einem Tragseil angeordnet und so die Geschwindigkeit, Geschwindigkeitsänderungen oder auch die Rutschfestigkeit des von der Drehscheibe angetriebenen Seilzugs ermittelt. Außerdem können auf diese Weise während des Fangvorgangs durch eine mit den Wegaufnehmern in Verbindung stehende Auswerteeinheit und einen entsprechenden Zeitgeber Weg-/Zeitkurven aufgenommen werden, um Aussagen über die Wirksamkeit der Fangvorrichtung zu machen (vgl. Anlage K 1, Sp. 1, Z. 11 – 25).

An der im Stand der Technik bekannten Lösung bezeichnet es das Klagepatent als nachteilig, dass damit bei bestimmten Aufzugsarten, wie z.B. bei indirekten hydraulischen Aufzügen mit Bremsfangvorrichtung, die Abtastung nicht möglich ist (vgl. Anlage K 1, Sp. 1, Z. 26 – 29).

Dem Klagepatent liegt daher nach der Patentbeschreibung die Aufgabe zugrunde, einen Messwertaufnehmer der eingangs genannten Art im Hinblick auf eine einfache Handhabung und vielfältige Einsatzmöglichkeiten unabhängig von den speziellen Eigenschaften des Aufzugs zu verbessern (vgl. Anlage K 1, Sp. 1, Z. 30 – 34).

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in Patentanspruch 1 einen Messwertaufnehmer vor, welcher durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:

1. Messwertaufnehmer (1) zum Erfassen physikalischer Kenngrößen, insbesondere von Beschleunigungswerten, eines Personen- und/oder Lastenaufzugs mit zumindest einem bewegbaren Fahrkorb (3);

2. der Messwertaufnehmer (1) umfasst einen Sensor (15) und einen diesem zugeordneten Zeitgeber (29);

3. der Messerwertaufnehmer ist über einen Schnittstellenbaustein (28) mit einer Auswerteinheit (72) verbindbar;

4. der Messwertaufnehmer (1) ist als transportable, an dem Fahrkorb lösbar befestigte Messeinheit (10, 11, 12) ausgebildet und

5. umfasst einen Zwischenspeicher (25) und einen die Messwerterfassung und -speicherung auslösenden Triggerbaustein (21).

II.
Zu Recht gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen 1, 2 und 4 von Patentanspruch 1 wortsinngemäß Gebrauch macht, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Jedoch umfasst der streitgegenständliche Messwertaufnehmer zumindest keinen Zwischenspeicher (Merkmal 5, erster Halbsatz), so dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht. Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt hierfür weder, dass die Messwerte bei der angegriffenen Ausführungsform unmittelbar nach ihrer analogen Erfassung gepuffert werden, um die Umwandlung der analogen Daten in digitale Daten zu ermöglichen, noch, dass nach dem Vortrag der Klägerin das auf dem als Auswerteeinheit dienenden Rechner eingesetzte Betriebssystem „H“ nicht in der Lage ist, die Daten in Echtzeit verarbeiten zu können, so dass diese in Abhängigkeit von Zufluss und Abfluss kurzzeitig vorgehalten werden müssen, bis diese verarbeitet werden können.

1.
Ob im allgemeinen Sprachgebrauch ein Puffer auch als Zwischenspeicher bezeichnet wird, kann dahinstehen. Der Patentanspruch ist nicht in einer wörtlichen Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen, das heißt der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Patent ergeben, bestimmt werden. Zwar können der allgemeine Sprachgebrauch wie auch der allgemeine technische Sprachgebrauch den Fachmann veranlassen, gegebenenfalls weitere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Allerdings ist stets zu berücksichtigen, dass Patentschriften im Hinblick auf die dort verwendeten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellen, die Begriffe abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch benutzt werden können und dass letztlich nur der sich aus der Patentschrift ergebende Begriffsinhalt maßgeblich ist (BGH GRUR 1999, 909, 912 – Spannschraube).

2.
Was klagepatentgemäß unter dem Begriff des Zwischenspeichers zu verstehen ist, entnimmt der Fachmann der allgemeinen Patentbeschreibung. Danach sollen durch den integrierten Zwischenspeicher alle Messwerte während des Messvorgangs zwischengespeichert werden (vgl. Anlage K 1, Sp. 1, Z. 45 – 47), so dass der Messwertaufnehmer – in Abgrenzung zum Stand der Technik – unabhängig von der Auswerteeinheit einsetzbar ist (vgl. Anlage K 1, Sp. 2, Z. 13 f.). Der Zwischenspeicher muss nach dem Verständnis des Klagepatents damit so ausgelegt sein, dass er sämtliche Messwerte speichert, bis er voll ist oder nach dem Messvorgang durch die Auswerteeinheit ausgelesen wird (vgl. auch Anlage K 1. Sp. 1 Z. 54 und Sp. 8, Z. 27 ff.). Dadurch werden aufwendige Verbindungen zwischen Messwertaufnehmer und Auswerteeinheit unnötig und die Auswerteeinheit in Form des Rechners muss während des Fangvorgangs auch nicht am Fahrkorb verbleiben, wodurch dessen Zerstörung durch die hohen Verzögerungen vermieden wird (vgl. Anlage K 1, Sp. 2, Z. 13 – 20). Für die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents genügt es somit nicht, wenn die ermittelten Daten lediglich zu Zwecken der Weiterverarbeitung kurzfristig gepuffert und anschließend unmittelbar, das heißt noch während des Messvorgangs, an die Auswerteeinheit übermittelt werden. Für diese Auslegung spricht auch, dass in einem bevorzugten Ausführungsbeispiel die Verwendung eines A/D-Wandlers beschrieben wird, mit dem die Messwerte aufgenommen und verarbeitet werden (vgl. Anlage K 1, Sp. 5, Z. 29 – 34). Auch das Klagepatent unterscheidet somit ausdrücklich zwischen der Umwandlung der analogen Signale in digitale Signale, die sicherlich eine Pufferung voraussetzt, und einer davon zu unterscheidenden Zwischenspeicherung.

3.
Ausgehend von diesen Überlegungen genügt es für eine Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents somit nicht, wenn – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – die analog ermittelten Daten lediglich kurzfristig im Rahmen ihrer Umwandlung in digitale Signale gepuffert und anschließend unmittelbar, das heißt noch während des laufenden Messvorgangs, an die Auswerteeinheit übermittelt werden. Auch der Umstand, dass der Microcontroller zumindest nach dem Vortrag der Klägerin einen Datenspeicher („I“) aufweist, rechtfertigt nicht die Annahme, dass in dem Microcontroller eine über die Pufferung von Messwerten hinausgehende Speicherung stattfindet. Vielmehr zeigt auch der Vortrag der Klägerin, H könne die Daten nicht so schnell verarbeiten, wie die Messwerte eingehen, dass auch dieser Speicher lediglich der kurzfristigen Speicherung („Pufferung“), nicht aber einer Zwischenspeicherung im Sinne des Klagepatents dient.

III.
Soweit die Beklagte beantragt hat, ihr die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils zuzusprechen, hat sie die Voraussetzungen einer Urteilsveröffentlichung nicht dargelegt. Zwar kann nach § 140e PatG die Befugnis zur öffentlichen Bekanntmachung der obsiegenden Partei und damit grundsätzlich auch der Beklagten zugesprochen werden. Jedoch setzt dies ein entsprechendes berechtigtes Interesse der Beklagten voraus. Der bloße Hinweis der Beklagten, die durch die Klägerin „angezettelten“ Verfahren würden den Verdacht begründen, Patente zu missachten, genügt zur Begründung eines entsprechenden Interesses bereits deshalb nicht, da dieser Verdacht mit jedem Patentverletzungsverfahren verbunden ist. Auch der Umstand, dass es sich bei der Beklagten um ein Unternehmen aus dem Bereich des technischen Überwachungs- und Prüfungswesens handelt, rechtfertigt keine andere Bewertung. Zwar trifft es zu, dass es sich dabei um einen Bereich handelt, in welchem neben der technischen Expertise auch der Zuverlässigkeit ein hoher Stellenwert zukommt. Gleichwohl wird die Zuverlässigkeit der Beklagten bei der Prüfung durch den Vorwurf der Patentverletzung aufgrund der Anwendung einer möglicherweise patentverletzenden Prüfeinrichtung nicht in Frage gestellt.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.