2 U 7/08 – Strahlregler

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1077

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. April 2009, Az. 2 U 7/08

Teilurteil: 2 U 7/08

I.
Die Berufung gegen das am 6. Dezember 2007 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. im Rechnungslegungstenor zu I.2.e) die Worte beginnend mit „… der nicht durch den Abzug …“ bis „… zugeordnet werden“ entfallen,

2. als Belege nur Kopien der Lieferscheine, ersatzweise Rechnungen, verlangt werden können,

3. der Vernichtungsausspruch zu I.3. entfällt.

II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 500.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zum 11.03.2009 auf 500.000 € und für die Zeit danach auf 490.000 € festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Klägerin, die ursprünglich unter der Bezeichnung A GmbH firmiert hat, ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung unter anderem für die D erteilten europäischen Patents 0 646 XXX, das unter Inanspruchnahme einer Priorität vom Oktober.1993 im September.1994 angemeldet und dessen Erteilung im Februar.1999 bekannt gemacht wurde. Das Klagepatent betrifft einen Strahlregler zum Anschluss an Sanitärarmaturen. Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 hat in deutscher Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:

„Strahlregler zum Anschluss an Sanitärarmaturen oder dergleichen, mit einer Strahlzerlege-Einrichtung, die eine Lochplatte hat, welche zur Erzeugung von Einzelstrahlen eine Anzahl Durchflusslöcher aufweist,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t,

dass wenigstens einigen der Durchflusslöcher (3) mit Abstand zu ihrer Ausströmseite zunächst eine Abweisschräge (6, 7) zugeordnet ist, welche mindestens in ihrem von wenigstens einem der Einzelstrahlen angeströmten Teilbereich schräg zur Strömungsrichtung (Pf 1) angeordnet ist, und dass diese Abweisschräge oder diesen Abweisschrägen (6, 7) in Abweisrichtung durch voneinander beabstandete Stifte (11) und/oder Rippen (12) gebildete Strömungshindernisse nachgeordnet sind.“

Die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (Figuren 1 bis 3 der Klagepatentschrift) verdeutlichen den Gegenstand der Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die Beklagte vertreibt in der D unter der Bezeichnung „B“ Strahlregler mit verschiedenen Durchflussklassen. Die konstruktiven Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsformen, welche die Klägerin als wortsinngemäße Patentverletzung beanstandet, erschließen sich aus dem als Anlage K 6 überreichten Muster sowie den nachfolgenden Abbildungen (Anlage BK 1), in denen die Bezugsziffer 3 einen Rost mit Kreisstruktur und die Bezugsziffer 2 drei Gitterroste bezeichnen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß wie folgt zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung, zur Vernichtung sowie zum Schadenersatz verurteilt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung der gesetzlichen (näher bezeichneten) Ordnungsmittel

in der D zu unterlassen,

einen Strahlregler zum Anschluss an Sanitärarmaturen, mit einer Strahlzerlege-Einrichtung, die eine Lochplatte hat, welche zur Erzeugung von Einzelstrahlen eine Anzahl Durchflusslöcher aufweist,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

der dadurch gekennzeichnet ist, dass wenigstens einigen der Durchflusslöcher mit Abstand zu ihrer Ausströmseite zumindest eine Abweisschräge zugeordnet ist, welche mindestens in ihrem von wenigstens einem der Einzelstrahlen angeströmten Teilbereich schräg zur Strömungsrichtung angeordnet ist, und dass diese Abweisschräge oder diesen Abweisschrägen in Abweisrichtung durch voneinander beabstandete Stifte und/oder Rippen gebildete Strömungshindernisse nachgeordnet sind,

2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 10.03.1999 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der D ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu a) und b), mit Ausnahme der jeweiligen Liefer- und Bestellpreise, Auftragsbelege, Auftragsbestätigungen, Rechnungen sowie Liefer- und Zollpapiere vorzulegen hat,

3.
die in ihrem (der Beklagten) unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1. bezeichneten, seit dem 10.03.1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr in erster Instanz erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter. Sie ist nach wie vor der Auffassung, dass die angegriffenen Ausführungsformen nicht über Strömungshindernisse verfügen, die durch voneinander beabstandete Stifte und/oder Rippen gebildet werden. In Gestalt der drei hintereinander geschalteten Gitterroste lägen vielmehr Reguliersiebe vor, die das Klagepatent bereits als solche ablehne, die erst recht aber als Siebpakete wegen des von der Klagepatentschrift kritisierten Herstellungs- und Montageaufwandes nicht als patentgemäße Lösung angesprochen werden könnten. Im Verhandlungstermin vom 12.03.2009 hat die Beklagte darüber hinaus geltend gemacht, dass es außerdem an Strömungshindernissen fehle, die „in Abweisrichtung“ nachgeordnet seien, was verlange, dass die an den Abweisschrägen abgelenkten Wasserstrahlen unmittelbar in Kontakt mit den nachgelagerten Strömungshindernissen gelangen. Mit Blick auf die Gitterroste der angegriffenen Ausführungsformen sei diesen Anforderungen nicht genügt, weil das von dem Rost mit Kreisstruktur (= Abweisschrägen) abgelenkte Wasser zunächst gegen die umlaufende Wandung der Hülse gerate.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Im Verhandlungstermin vom 12.03.2009 hat die Klägerin – mit Zustimmung der Beklagten – die Klage im Umfang des geltend gemachten Vernichtungsanspruchs sowie insoweit zurückgenommen, dass als Belege lediglich Kopien der Lieferscheine, ersatzweise Rechnungen, verlangt werden.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, dass die Gitterroste der angegriffenen Ausführungsform als Ganzes – und nicht nur hinsichtlich der aus ihrer horizontalen Ebene hervorstehenden Stifte – patentgemäße Strömungshindernisse bereitstellten. Das Vorbringen der Beklagten zur mangelnden Anordnung der Gitterroste in Abweisrichtung rügt sie als verspätet und tritt ihm auch in der Sache entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die angegriffenen Ausführungsformen als wortsinngemäße Patentverletzung beurteilt und die Beklagte dementsprechend zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verurteilt.

1.
Das Klagepatent betrifft einen Strahlregler zum Anschluss an eine Sanitärarmatur.

Wie die Klagepatentschrift einleitend erläutert, ist ein solcher Gegenstand bereits aus der DE 30 00 799 bekannt, dessen Figur 1 nachstehend wiedergegeben ist.

Die gezeigte Vorrichtung umfasst eine Lochplatte (7) mit einer Anzahl von Durchflusslöchern (8) zur Erzeugung von Einzelstrahlen. Der Lochplatte (7) in Durchflussrichtung nachgeschaltet sind eine Luftansaugeinrichtung sowie mehrere Strahlreguliersiebe (16), welche dazu vorgesehen sind, die aus der Sanitärarmatur austretende Flüssigkeit mit Luft zu durchmischen.

Nach der Würdigung der Klagepatentschrift ist die Anordnung einer größeren Zahl von Strahlreguliersieben (16) aufwändig. Außerdem – so heißt es – seien die Reguliersiebe anfällig für eine Verkalkung. In der DE 30 00 799 sei allerdings bereits vorgesehen, die Strahlreguliersiebe grobmaschig auszubilden, womit die Verstopfung – und Verkalkungsgefahr vergleichsweise gering sei.

Als weiteren Stand der Technik erörtert die Klagepatentschrift die DE–A 1 146 816, deren Figur 1 nachfolgend abgebildet ist.

Bei dem dort offenbarten Strahlregler sind die Durchflussöffnungen der Lochplatte (14) als nach unten offene Kammern (15) ausgebildet, wobei die Eintrittsöffnungen der Durchflusslöcher bereichsweise überdeckende Ansätze (16) vorgesehen sind, die zu einem verengten Eintrittsquerschnitt (17) führen. Die besagten Ansätze (16) stellen sich dem zuströmenden Wasser als Prallflächen entgegen, was eine erhebliche Geräuschbildung verursacht.

Auch der aus der DE-A 1 146 816 bekannte Strahlregler kommt – wie die Klagepatentschrift erläutert – nicht ohne eine Anzahl von am Auslaufende angeordneten Strahlreguliersieben (19) aus.

Schließlich geht die Klagepatentschrift auf den auf der DE–OS 34 04 662 bekannten Strahlregler ein (vgl. die nachfolgend eingeblendete Figur 1),

der über zwei hintereinander angeordnete Lochplatten (8, 9) verfügt, deren Durchflusslöcher versetzt zueinander angeordnet sind. Während die erste Lochplatte (8) dazu vorgesehen ist, Einzelstrahlen zu erzeugen, dient die zweite Lochplatte (9) dazu, die Einzelstrahlen in Turbulenzen zu versetzen, so dass dem Wasser Luft beigemischt wird und die Einzelstrahlen abgebremst werden. Der zweiten Lochplatte (9) sind anstelle der üblichen Strahlreguliersiebe mehrere Ringwände (22–24) nachgeordnet, die ringstufen – oder treppenförmige Abstufungen aufweisen.

In ihrer Würdigung hebt die Klagepatentschrift hervor, dass mit dem Verzicht auf Strahlreguliersiebe die Gefahr einer Verkalkung des Strahlreglers ausgeräumt sei. Demgegenüber weise die bekannte Vorrichtung jedoch eine vergleichsweise große Bauhöhe auf, die den Einsatz des Strahlreglers beschränke. Darüber hinaus erfordere die Herstellung und der Zusammenbau der beiden Lochplatten eine hohe Präzision, was mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sei.

Ausgehend von dem vorerwähnten Stand der Technik bezeichnet es die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, einen Strahlregler vorzuschlagen, der

– gegen eine Verkalkung unempfindlich ist,

– mit vergleichsweise geringem Aufwand herstellbar ist,

– die Erzeugung eines gleichmäßigen Vollstrahles bei möglichst geringem Geräuschpegel ermöglicht und

– dennoch die übliche Bauhöhe von Strahlreglern nicht übersteigt.

Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

(1) Strahlregler (1) zum Anschluss an Sanitärarmaturen oder dergleichen.

(2) Der Strahlregler (1) besitzt eine Strahlzerlegeeinrichtung.

(3) Die Strahlzerlegeeinrichtung verfügt über eine Lochplatte (2).

(4) Die Lochplatte (2) weist eine Anzahl Durchflusslöcher (3) zur Erzeugung von Einzelstrahlen auf.

(5) Wenigstens einigen der Durchflusslöcher (3) ist zumindest eine Abweisschräge (6, 7) zugeordnet.

(6) Die Abweisschräge (6, 7)

a) befindet sich mit Abstand zur Ausströmseite der Durchflusslöcher (3) der Lochplatte (2),

b) ist mindestens in ihrem Teilbereich, der von wenigstens einem der Einzelstrahlen angeströmt wird, schräg zur Strömungsrichtung (Pf 1) angeordnet.

(7) Der oder den Abweisschräge(n) (6, 7) sind in Abweisrichtung Strömungshindernisse nachgeordnet.

(8) Die Strömungshindernisse werden durch voneinander beabstandete Stifte (11) und/oder Rippen (12) gebildet.

Zu den Vorteilen einer derartigen Ausgestaltung führt die Klagepatentschrift aus, dass der erfindungsgemäße Strahlregler zur Erzeugung der Einzelstrahlen mit lediglich einer Lochplatte auskomme. Anstelle der üblichen Strahlreguliersiebe, die gegen eine Verkalkung und Verstopfung anfällig seien, besitze der neuerungsgemäße Strahlregler voneinander beabstandete sowie etwa in Längsrichtung des Strahlreglers orientierte Stifte und/oder Rippen. In diesen Strömungshindernissen könnten die Einzelstrahlen gut zerteilt und ggf. mit Luft durchmischt werden. Dabei werde auch eine hohe Strömungsgeschwindigkeit der Einzelstrahlen zunächst an den Abweisschrägen und anschließend zusätzlich an den Stiften und/oder Rippen in gewünschter Weise abgebremst, ohne dass damit eine besonders hohe Geräuschbildung verbunden sei. Da der patentgemäße Strahlregler regelmäßig nur eine Lochplatte aufweise, könne beispielsweise der mit einer versetzten Anordnung von zwei Lochplatten verbundene Aufwand vermieden und der erfindungsgemäße Strahlregler mit vergleichsweise geringer Bauhöhe hergestellt werden.

2.
Von der anspruchsgemäßen Merkmalskombination machen die angegriffenen Ausführungsformen – wie das Landgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt hat – wortsinngemäß Gebrauch.

a)
Auch im Berufungsrechtszug zieht die Beklagte – mit Recht – nicht in Zweifel, dass es sich um Strahlregler mit einer Strahlzerlegeeinrichtung handelt, die eine Lochplatte mit einer Anzahl Durchflusslöchern zur Erzeugung von Einzelstrahlen besitzt (Merkmale 1 bis 4).

b)
In Gestalt des Rostes mit Kreisstruktur ist der Lochplatte in Durchflussrichtung eine patentgemäße Abweisschräge zugeordnet (Merkmale 5, 6).

Bereits das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die konzentrischen ebenso wie die radial umlaufenden Stege auf ihrer – in Strömungsrichtung betrachtet – oberen Seite dachschrägenartig ausgebildet sind und somit eine bezogen auf die Strömungsrichtung schräge Anordnung besitzen. Die konzentrischen und radialen Stege sind des weiteren mit Abstand zur Ausströmseite der Durchflusslöcher der Lochplatte angeordnet.

c)
Zu Unrecht stellt die Beklagte in Abrede, dass den Abweisschrägen (Rost mit Kreisstruktur) „in Abweisrichtung“ Strömungshindernisse nachgeordnet sind (Merkmal 7).

Zweifellos trifft es zu, dass die durch die Lochplatte hervorgerufenen Einzelstrahlen beim Auftreffen auf die durch die konzentrischen und radial umlaufenden Stege gebildeten Abweisschrägen radial abgelenkt werden, wobei die genaue Richtung der Ablenkung kaum exakt vorhersehbar ist. In Bezug auf die randnahen Stege des Rostes mag es insofern richtig sein, dass die abgelenkten Einzelstrahlen nicht unmittelbar auf einen Steg der nachgelagerten Gitterroste treffen, sondern statt dessen gegen die Wand der Hülse geraten.

Dieser Sachverhalt steht – anders als die Beklagte meint – einer Verwirklichung des Merkmals (7) indessen nicht entgegen. Da Patentanspruch 1 lediglich eine einzige Abweisschräge fordert, die wenigstens einigen Durchflusslöchern der Lochplatte zugeordnet ist (so dass jede weitere Abweisschräge, die anderen Durchflusslöchern zugeordnet ist, eine bloß fakultative Zusatzausstattung darstellt), geht die Betrachtung der Beklagten, die sich ausschließlich auf den Randbereich des Rostes mit Kreisstruktur bezieht, bereits im Ansatzpunkt fehl. Eine anspruchsgemäße Abweisschräge wird allein bereits durch den innersten Bereich des Rostes bereitgestellt, welcher dem das Zentrum der Lochplatte umgebenden Ring von Durchflusslöchern benachbart ist. In Anbetracht der in einer Sanitärarmatur üblicherweise herrschenden Strömungsverhältnisse, insbesondere der Strömungsgeschwindigkeit des Wassers, kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die durch die besagten Durchflusslöcher hindurchtretenden Einzelstrahlen auf die mit dem inneren Bereich des Rostes zur Verfügung gestellten Abweisschrägen treffen und von dort – der gegebenen Strömungsrichtung folgend – zwangsläufig auf die darunter befindlichen Streben der nachgeordneten Gitterroste treffen. Ob dabei restlos jeder Wasserpartikel, der von den Stegen des Rostes mit Kreisstruktur abgelenkt wird, ohne Umwege auf die Stege der nachgelagerten Gitterroste gelangt, bedarf keiner Entscheidung. Wenn Merkmal (7) verlangt, dass sich „in Abweisrichtung“ Strömungshindernisse in Form von Rippen/Stiften befinden, so ist damit nur gefordert, dass der mindestens einen Abweisschräge Strömungshindernisse der besagten Art in einer solchen Weise nachgelagert sind, dass die Einzelstrahlen auf ihrem Weg durch den Strahlregler, nachdem sie zunächst gegen die Abweisschräge geraten sind, von dort auf ihrem weiteren Strömungsweg auf die Rippen/Stifte treffen, um eine weitere Abbremsung zu erfahren. In Bezug auf die durch den inneren Kreis der Durchflussöffnungen hindurchtretenden Einzelstrahlen ist es offensichtlich, dass sich der besagte Strömungsweg tatsächlich einstellt. Dafür, dass es singuläre Wasserpartikel gibt, die an den Abweisschrägen nicht in der beschriebenen Weise radial in Richtung auf die nachgeordneten Gitterroste abgelenkt werden, hat die Beklagte keinen auch nur im Ansatz nachvollziehbaren Vortrag geleistet. Selbst wenn es solche vereinzelten Wasserpartikel geben würde, wäre dies jedoch unschädlich, weil es für die Zwecke der Erfindung nur darauf ankommt, wie sich die Einzelstrahlen auf ihrem Weg durch den Strahlregler in ihrem praktisch vollständigen Umfang verhalten. Allenfalls theoretisch fassbare und interessierende Anteile haben deshalb außer Betracht zu bleiben.

d)
Soweit Merkmal (8) voraussetzt, dass die den Abweisschrägen nachgeordneten Strömungshindernisse durch voneinander beabstandete Stifte und/oder Rippen gebildet werden, grenzt sich das Klagepatent von den im Prioritätszeitpunkt üblichen Strahlreguliersieben ab, die – auch wenn sie grobmaschig ausgeführt sind – wegen der Gefahr einer Verkalkung des Strahlreglers als nachteilig abgelehnt werden (Sp. 1 Z. 15-16, 23-26, 41-42, 53-56; Sp. 2 Z. 4-7). Als Aufgabe der Erfindung wird demgemäß herausgestellt (Sp. 2 Z. 24-25), einen Strahlregler vorzuschlagen, bei dem die Verstopfungs- und Verkalkungsgefahr nicht nur (wie bei grobmaschigen Reguliersieben) vergleichsweise gering, sondern – darüber hinaus – in einem solchen Maße ausgeschlossen ist, dass der Strahlregler gegen eine Verkalkung „unempfindlich“ ist. Dass die Lösung dieser Teilaufgabe in der Anordnung von Stiften/Rippen liegt, erschließt sich dem Fachmann aus den allgemeinen Vorteilsangaben (Sp. 2 Z. 44-48, wo es heißt, dass „anstelle der üblichen Strahlreguliersiebe, die gegen eine Verkalkung und Verstopfung anfällig sind, … der erfindungsgemäße Strahlregler voneinander beabstandete sowie etwa in Längsrichtung des Strahlreglers orientierte Stifte und/oder Rippen aufweist.“

Da das Klagepatent die herkömmlichen Siebkonstruktionen ablehnt, scheidet es aus, die angegriffenen Ausführungsformen allein mit Rücksicht darauf als Patentverletzung anzusehen, dass jeder Gitterrost mit zwei über seine horizontale Ebene vorstehenden Stiften ausgestattet ist. Bei einer solchen vom Landgericht angestellten Betrachtung müsste eine Merkmalsverwirklichung nämlich auch dann angenommen werden, wenn im Übrigen, d.h. abgesehen von den beiden „Stiften“, ein gewöhnliches Reguliersieb vorliegen würde, das prinzipiell nicht anders als der vorbekannte Stand der Technik die Gefahr einer Verstopfung oder Verkalkung mit sich bringen würde. Entscheidend muss vielmehr sein, ob die Gitterroste der angegriffenen Ausführungsformen als Ganzes aufgrund ihrer „Maschenweite“ als Siebe anzusprechen sind (in diesem Fall ändern auch einzelne Stifte an der Nichtverletzung nichts) oder ob die Gitterroste mit Rücksicht auf ihre „Maschenweite“ keine Siebkonstruktion darstellen, sondern mit ihren sich kreuzenden Stegen „Rippen“ i.S.d. Klagepatents bereitstellen.

Im Verhandlungstermin vom 12.03.2009 war zwischen den Parteien unstreitig, dass ein grobmaschiges Reguliersieb nach der DE 30 00 799, wie es in der Klagepatentschrift (Sp. 1 Z. 19-26) unter Hinweis auf eine vergleichsweise geringe Verkalkungsgefahr angesprochen ist, eine Maschenweite von 0,50 mm besitzt. Wie die zugehörigen Abbildungen der Anlage rop 2b (Positionen 6, 7) deutlich machen, berücksichtigt der genannte Wert auch die Dicke der die jeweilige Masche bildenden Drähte von jeweils 0,16 mm. Bei der angegriffenen Ausführungsform beträgt die Maschenweite demgegenüber – gemessen von der jeweiligen Innenseite einer die Masche bildenden Strebe (Anlage rop 3, Pos. 4), demgegenüber 1 mm. Die Öffnungsweite ist damit mindestens doppelt so groß wie bei einem grobmaschigen Sieb des Standes der Technik, für das die Klagepatentschrift eine nur noch vergleichsweise geringe Verkalkungsgefahr sieht. Unter den gegebenen Umständen ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass in Anbetracht der bei den Gitterrosten der angegriffenen Ausführungsformen gegebenen Maschenweite von 1 mm nicht davon gesprochen werden kann, dass es sich noch um grobmaschige Siebe handelt, wie sie die Klagepatentschrift mit Blick auf die DE 30 00 799 im Auge hat.

Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass die von der Beklagten ins Feld geführte Gebrauchsmusterschrift 88 14 456.XX (Anlage BK 12) in ihrem Schutzanspruch 3 ein Kunststoffsieb mit einer Maschenweite von 0,5 bis 5 mm vorsieht. Die genannte Schrift kann schon deshalb zum Verständnis des Klagepatents und der dort verwendeten Begrifflichkeiten nichts beitragen, weil sie weder in der Beschreibung des Klagepatents gewürdigt noch überhaupt im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist und die Beklagte auch nicht dargelegt hat, dass es sich um dem Fachmann allgemein geläufigen Stand der Technik handelt.

Vielmehr bleibt es dabei, dass die sich kreuzenden Stege der Gitterroste „Rippen“ im Sinne des Merkmals (8) bilden. Sie haben eine länglich-schmale und damit rippenartige Form und sie besitzen eine räumliche Ausdehnung, die sie für die an den Abweisschrägen abgelenkten Einzelstrahlen zu Strömungshindernissen macht.

Weitere Anforderungen an die Rippen formuliert Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht. Insbesondere ist der Auffassung der Beklagten zu widersprechen, dass die angegriffenen Ausführungsformen deshalb nicht als patentgemäß angesehen werden können, weil sie über drei (gleich ausgebildete) Gitterroste verfügen und damit ein Herstellungsaufwand betrieben sei, den die Klagepatentschrift im Hinblick auf die aus dem Stand der Technik bekannten Siebpakete ablehnt (Sp. 1 Z. 15-16, 41-42). Die Argumentation der Beklagten greift von vornherein deshalb nicht durch, weil eine Benutzung des Merkmals (8) bereits im Hinblick auf einen einzigen der insgesamt drei vorhandenen Gitterroste festzustellen ist, weswegen es sich bei den beiden weiteren Rosten um eine Zusatzausstattung handelt, die den Verletzungstatbestand nicht in Zweifel ziehen lässt. Auf lediglich einen der insgesamt drei Gitterroste abzustellen, rechtfertigt sich deshalb, weil bereits mit ihm Strömungshindernisse in Form voneinander beabstandeter Rippen bereitgestellt werden. Es ist evident, dass die Einzelstrahlen an den als Strömungshindernisse wirkenden Gitterstreben des Rostes abgebremst werden. Es ist gleichfalls offensichtlich, dass die besagten Strömungshindernisse dazu führen, dass die Einzelstrahlen weiter zerteilt und mit durch Unterdruck angesaugter Luft durchmischt werden, wie dies die patentgemäße Aufgabe der Rippen ist (Sp. 1 Z. 44-56). Zwar mag es sein, dass der Abbrems- und Durchmischungsprozess noch wirkungsvoller abläuft, wenn statt eines mehrere hintereinander angeordnete Gitterroste verwendet werden. Für die rechtliche Beurteilung hat dieser Gesichtspunkt jedoch keine Bedeutung, weil sich das Klagepatent nicht auf einen bestimmten Grad von Strahlregulierung festlegt. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass Patentanspruch 1 keine besondere zu einer bestmöglichen Strahlzerteilung führende Rippenform verlangt und namentlich ringstufen- oder kaskadenförmige Abstufungen als bloß bevorzugte Ausführungsformen angesprochen sind (Sp. 4 Z. 8-14). Dementsprechend hat auch bereits die Klägerin in der Klageschrift (S. 12) für ihre Verletzungsargumentation im Zusammenhang mit dem Merkmal (8) nicht auf die Gesamtheit der Gitterroste, sondern darauf abgehoben, dass jedes der Gitterroste den Vorgaben des Merkmals (8) genügt.

3.
Im angefochtenen Urteil (S. 17) hat das Landgericht dargelegt, dass und weshalb die Beklagte bei dem festgestellten Verletzungssachverhalt zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet ist. Hierauf wird Bezug genommen, soweit die nach der Teilklagerücknahme erledigten Rechtsfolgen noch im Streit stehen.

4.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Da es sich um eine reine Einzelfallentscheidung handelt, besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen.